Pátek 21. února 1930

Masaryk ist aber nicht allein Mensch und Politiker, er ist auch zugleich in seiner Eigenschaft als Präsident der Èechoslovakischen Republik der erste Staatsmann dieses Staates und das zwingt uns, seine Tätigkeit gerade auch nach dieser Seite hin einer kritischen Betrachtung und kurzen Untersuchung zu unterziehen. Und hier müssen wir leider mit Bedauern feststellen, so uneingeschränkt unser Lob früher sein konnte, daß Masaryk als Staatsmann das schuldig geblieben ist, was er als Mensch und Politiker versprochen hatte, was man nach seiner Vergangenheit, nach seinen Worten und Schriften von ihm erwarten konnte, ja geradezu von ihm erwarten mußte. Gerade bei der von ihm im Leben immer bekundeten Einsicht in die realen Tatsachen mußte er die Bedeutung des deutschen Problems für den Staat und seine Zukunft von Haus aus erfassen und mußte sein Lebenswerk darin sehen, u. zw. im Interesse des von ihm geschaffenen Staates, dieses schwere, aber nicht unlösbare Problem, an dem doch die durch die gemeinsame Geschichte und durch das Jahrhunderte alte Herrscherhaus zusammengehaltene österreichisch-ungarische Großmacht zugrunde gegangen war, einer rechtzeitigen und zufriedenstellenden Lösung zuzuführen.

Wohl haben es gefügige deutsch geschriebene Regierungszeitungen und willfährige Lobredner im deutschen Lager verstanden, der heimischen deutschen Bevölkerung einzureden und dem Auslande vorzutäuschen, daß Masaryk auch heute noch in seiner grundsätzlichen Auffassung über die sudetendeutsche Frage, über die Stellung des sudetendeutschen Volkes auf diesem historischen Boden, die er selbst so oft in seinen Werken und Schriften in der Vorkriegszeit behandelt hat, festhalte und aufrichtig bestrebt sei, die von ihm seit jeher als richtig erkannte Lösung herbeizuführen. Doch klafft zwischen seinen Worten als Politiker und seinen Taten als Staatsmann und Staatspräsident gerade in dieser Frage ein derartig scharfer Widerspruch, daß der Zerfall Österreichs, der sogenannte Umsturz, die bedeutungsvollen Tage des Oktobers 1918, als ein entscheidender Einschnitt im Leben Masaryks bezeichnet werden muß, der auch bemerkenswerte und grundlegende Änderungen und Wandlungen seiner Ansichten zur Folge hatte. Diese Wandlung yeigte sich schon beim ersten Betreten des Landes, als Masaryk in seiner Botschaft:, An die èechoslovakische Nation" im Widerspruche mit der auch ihm bekannten objektiven Geschichtsforschung die bösen und beleidigenden und verletzenden Worte gebrauchte: "Soweit es sich um die Deutschen in unseren Ländern handelt, ist unser Programm schon seit langem bekannt; das von den Deutschen bewohnte Gebiet ist unser Gebiet und wird unser bleiben. Wir haben unseren Staat errichtet, wir haben ihn erhalten, wir bauen ihn von neuem auf... Die Deutschen kamen ursprünglich als Emigranten und Kolonisten in das Land. Wir haben vollen Anspruch auf den Reichtum unseres Gebietes ..."

Und diese denkwürdigen Worte sprach Masaryk gerade zu einer Zeit, wo er als verantwortungsbewußter Staatsmann die Pflicht gehabt hätte, dem Siegeswahn seines freiheitsberauschten Volkes den deutschen Mit- und Zwangsbürgern gegenüber, die doch gegen ihren Willen und ohne Befragung in diesen Staat hineingezwungen wurden und infolge des erlittenen Unrechtes doppelt empfindlich waren, zu dämpfen und in die richtigen Bahnen zu leiten.

Selbst der èechische Gelehrte Prof. Dr. Emanuel Rádl sagt in seinem bekannten Buche "Der Kampf zwischen Èechen und Deutschen": "Der Widerspruch zwischen dieser Kundgebung und dem, was man vor. dem Kriege lehrte, ist allzu offensichtlich." Das Wort von den Emigranten und Kolonisten soll unvergessen bleiben, es hat durch die Schwere der Beleidigung zwischen Masaryk und dem sudetendeutschen Volke eine tiefe Kluft aufgerissen, zu deren Überbrückung weder Masaryk noch ein anderer Staatsman bisher etwas Ernstliches beigetragen haben. Es gab allerdings auch Zeiten, wo Masaryk auch über die deutschen Landsleute und über die böhmischen Siedlungsverhältnisse anders dachte. In seinem bemerkenswerten Aufsatz in der Wiener Wochenschrift "Die Zeit" VII. Band Nr. 82 vom 25. April 1896 mit der Überschrift "Zur deutsch-böhmischen Ausgleichsfrage", den ich mir noch öfter zu zitieren erlauben werde, sagt er gerade darüber folgendes: "Auf der anderen Seite gebe ich gerne zu, daß bei uns gegen unsere deutschen Landsleute hie und da kindiscj und beleidigend, als wie von Einwanderern, Fremden und ähnliches gesprochen wird. Peccatur intra muros et extra."

Welche tiefe Wirkung für unser Volkstum diese Worte Masaryks in seiner ersten Botschaft hatten, zeigt Rádl an der gleichen Stelle auf, in der er sagt: "Der neue Staat erließ neue Gesetze nur zur Sicherung seiner Macht. Die Ansicht über die Deutschen machte eine radikale Wandlung durch. "Die Deutschen sind Kolonisten", so lautet das Leitmotiv der èechisch en Nationalitätenpolitik nach dem Kriege... Alle Èechen nahmen die Kundgebung des Präsidenten mit Genugtuung auf, nicht einmal die Sozialisten stießen sich daran, daß sich diese Kundgebung der bourgeoisen Ideologie vom Eigentum nähert." Der Ausspruch des Präsidenten, sagt Rádl weiter, wurde zur Grundlage der Nationalitätengesetzgebung.

Alles also, was wir später und die ganzen Jahre über an Bedrückungen und Entrechtungen, an Drangsalierungen und Demütigungen erfahren mußten, geht letzten Endes auf die Worte Masaryk und auf die dadurch entfesselten nationalen Leidenschaften zurück. Wie groß auch sonst der Gegensatz zwischen Masaryk einst und jetzt in seinen Ansichten ist, das will ich nur an einigen wenigen, schnell herausgegriffenen Beispielen aufzeigen: Durchaus unverständlich und gewunden ist zunächst das Verhalten Masaryks zur Frage des Selbstbestimmungsrechtes der Nationen, für das er doch an der Seite Wilsons und der Entente angeblich kämpfte, und dem der èechische Staat seine Existenz verdankt. Nun, da dieses ureigenste Recht jedes Volkes auf freie Selbstbestimmung für das èechische Volk seine restlose Erfüllung gefunden, polemisiert derselbe Masaryk gegen die von den Deutschen vertretene Auffassung vom Selbstbestimmungsrecht der Nationen und schreibt: "Die Bezeichnung "Selbstbestimmungsrecht" bedeutet nicht ohne weiteres das Ende politischer Selbständigkeit, auch unsere Deutschen könnten bestimmen, bei uns zu bleiben, wie die Deutschen in der Schweiz ihr Verbleiben außerhalb Deutschlands bestimmen. Die Selbständigkeit des ganzen und eines Teiles wird nicht allein durch das eigene Recht bestimmt, sondern auch durch das Recht der anderen. Die Frage unserer deutschen Minderheit, sagt er weiter, ist eine Frage des Rechtes nicht nur der Deutschen, sondern auch der Èechen, so wie eine Frage der beiderseitigen Vorteile, namentlich der wirtschaftlichen" - siehe "Weltrevolution", Seite 526.

Um den Sudentendeutschen das Selbstbestimmungsrecht vorenthalten zu können, wird hier das historische Recht angerufen. Da sich daraus aber zwangsläufig der Widerspruch mit den Slovaken und mit dem Pittsburger Vertrag ergibt, somit auch die Slovaken das Selbstbestimmungsrecht nicht für sich in Anspruch nehmen könnten, wird wieder das natürliche Recht als oberste Rechtsquelle angenommen.

Auch Professor Rádl bezeichnet diese Äußerung als ein Schwanken zwischen der Auffassung der Demokratie als Mehrheit und als Vertrag Auch über die viel erörterte Frage der Autonomie hat sich Masaryk ehedem klar und eindeutig ausgesprochen: "Die Autonomie, richtig ausgebildet", sagt er, "ist der beste Schlüssel zur Schlichtung des nationalen Streites in Österreich, wenn einmal die Nationen, also z. B. bei uns in Böhmen die Èechen und Deutschen, soweit geschieden sein werden, so weit dies überhaupt möglich ist." Das sagt Masaryk im österreichischen Abgeordnetenhaus; und in seiner bereits zitierten Schrift "Zur deutsch-èechischen Ausgleichsfrage" sagt er darüber folgendes: "Wer im Ernste die Freiheit und soziale Gerechtigkeit will, der muß in concreto für die politische Autonomie arbeiten." Dann schlägt er die Abgrenzung nach Kreisen vor, läßt Schlesien als ein administratives Ganze bestehen, teilt Böhmen in zehn, Mähren in vier Kreise in der Große von Schlesien ein, macht aus den einzelnen Gemeinden bewußte politische und soziale Reformeinheiten und führt weiter aus: "Das Territorium der Kreise sowie auch der Bezirke sei womöglich sprachlich getrennt: "Ich Herr, Du Herr, sage ich mit Havlíèek." Demgegenüber sanktioniert er als Staatspräsident am 18. Feber 1920 das Gesetz über die Gaueinteilung, das deutsche und èechische Bezirke ohne Rücksicht auf die Nationalität der Bevölkerung zusammenlegt, sanktioniert das Gesetz über die Verwaltungsreform, das mit den Resten autonomer Rechte aufräumt, obwohl er noch in seiner "Weltrevolution" auf Seite 529 erklärte: "Die vollkommenste Selbstverwaltung und die proportionale Vertretung der Minderheiten sind in einem demokratischen Staate ein gutes Mittel zum Schutze der Minderheiten. Selbstverwaltung und eine proportionale Vertretung sind eine Forderung der Demokratie."

Und in seiner Neujahrsbotschaft erklärt er ausdrücklich: "Über territoriale Autonomie wird und kann nicht gesprochen werden." Welcher Gegensatz tut sich weiters auf, wenn man die Sprachenfrage in den Kreis der Betrachtungen zieht: "Jemandem seine Sprache zu nehmen, ist nach meiner Meinung ein geistloser Materialismus und politischer Mechanismus," sagt er mit Recht in seinem Aufsatze "Zur deutsch-böhmischen Ausgleichsfrage", da die Sprache nach ihm nur das Mittel ist, dem Geiste im Bösen wie im Guten zu dienen. Sein damaliger Vorschlag über die Sprachenregulierung ist einfach und natürlich und sollten die nötigsten Sprachenverordnungen ungefähr folgend aussehen: "In den böhmischen Ländern sind alle 3 Sprachen, die polnische in Schlesien, Amtssprache. Die Amtssprache der Behörde richtet sich nach der Sprache der Majorität der Bevölkerung, der die Behörde dient. Die Behörden korrespondieren miteinander in ihrer Sprache. Die Zentralbehörden korrespondieren mit anderen Behörden und Korporationen in der Sprache dieser Behörden und Korporationen. Die Zentralbehörden sind utraquistisch, gegebenenfalls kann einzelnen Personen eine Sprachendispens erteilt werden. Bei der Arbeitsteilung kann natürlich in den einzelnen Abteilungen auf die Sprachenkenntnis Rücksicht genommen werden. Zu den Ämtern erster Instanz werden einsprachige Be amte zugelassen. Die Regierung, indem sie einseitig die vermeintliche Notwendigkeit einer einzigen Amtssprache festhält, begeht alle Fehler des chauvinistischen Nationalismus und fordert diesen geradezu heraus."

24 Jahre später sanktionierte derselbe Masaryk als Staatspräsident das vom Revolutionsausschuß beschlossene und aufgezwungene Sprachengesetz vom 18. Feber 1920, in dem die èechoslovakische Frage, die gar nicht existiert, zur staatsoffiziellen Sprache der Republik gemacht wird und in dem den nationalen sprachlichen Minderheiten nur dann beschränkte Sprachenrechte zuerkannt werden, wenn sie in einem Gerichtsbezirke zumindest 20% ausmacht, in der man deutschen Ausländern den Gebrauch ihrer Muttersprache ganz verwehrt, während auf der anderen Seite jedem einzelnen èechischen Staatsbürger im rein deutschen Sprachgebiete weitgehende sprachliche Sonderrechte gesichert sind, ein Sprachengesetz, das sogar gesetzwidrig die Grundlage der zwangsweisen Einführung des èechischen Amtsverkehrs zwischen deutschen Bildungsstätten und Land- und Zentralämtern wird. Es würde zu weit führen, und es fehlt auch die Zeit dazu, alle Gegensätze bei Masaryk und seinen Ansichten aufzuzeigen und alle Gesetze aufzuzählen, für deren Gesetzwerdung wir Masaryk mitverantwortlich machen müssen, weil er die Möglichkeit besaß, und nach unserer Auffassung sogar die Pflicht hatte, sie durch ein entschiedenes "Nein" zu verhindern, bezw. durch ein Nichtunterfertigen die Gesetzwerdung hintanzuhalten. Ich erwähne in diesem Zusammenhange nur jene Gesetze, welche das sudetendeutsche Volk am schwersten trafen und uns sowohl in ideeller Hinsicht, als auch in wirtschaftlicher Beziehung unersetzbaren Schaden zufügen. Auf politischem Gebiete: die auf undemokratische Weise entstandenen Verfassungsgesetze, die letzten Endes die Quelle alles folgenden Unrechtes gegen das sudetendeutsche Volk wurden, die bereits behandelten Sprachengesetze, die Beamtenfrage, die eine Vertreibung Tausender deutsher Beamter und lediglich ihrer Volkszugehörigkeit wegen von ihrem Arbeitsplatze war. Auf kulturellem Gebiete: die Schulgesetze vom 3. April 1919 und 9. April 1920, das Universitätsgesetz vom 19. Feber 1920, wie überhaupt der für ein Kulturvolk beschämende Kampf gegen unsere Schulen und kulturellen Einrichtungen. Auf wirtschaftlichem Gebiete: Nach Übernahme der Aktiven des alten Österreich die Nichtübernahme der Passiven, vor allem der Kriegsanleihe mit ihren schrecklichen Folgen für das gesamte deutsche Wirtschaftsleben, die Nichtanerkennung der Vorkriegsrenten, die nach Professor Rádl nur aus nationalistischen Gründen durchgeführte Bodenreform, die uns um mehr als ein Drittel unseres Heimatbodens und ein Heer von Beamten und Arbeitern um ihren gesicherten Arbeitsplatz und um ihre Existenz brachte, weiters die Wälderverstaatlichung, die gewaltsam und tast ohne Entschädigung deutsches Eigentum in fremdnationale Hände, bezw. in staatlichen Besitz überführt, die verstaatlichung der Privatbahnen u. a. m.

Erlassen Sie es mir, alle Wunden neu aufzureißen. Aus diesen wenigen, nur in aller Eile herausgerissenen Aussprüchen und Handlungen Masaryks, die noch in unendlicher Reihe vermehrt werden können, geht wohl zur Genüge hervor, daß Masaryk als Staatspräsident nicht die Kraft hatte oder den Mut besaß, sich auf das deutschèechische Problem, dessen Bedeutung für den Staat und seinen Bestand er immer anerkannt, praktisch einzustellen und dem èechischen Volke die Augen zu öffnen, da es von der einzigen möglichen und richtigen Basis ihres Staates und ihres Verhältnisses zu den deutschen Mitbürgern weit abgewichen war.

Und das sind auch die Gründe, warum wir Sudetendeutschen heute in den allgemeinen Jubel anläßlich des 80. Geburtstages des Staatspräsidenten Masaryk nicht miteinstimmen können, wenn wir nicht unsere nationale Würde als Volk ganz auf das Spiel setzen wollen. Wir müssen daher in aller Schärfe den gestern vom Kollegen Dr. Rosche gebrauchten Worten entgegentreten, daß Masaryk der einzige Èeche ist, dem wir Deutsche Vertrauen entgegenbringen können. Nach allem, was vorgefallen ist, müssen wir feststellen, daß auch Masaryk unsererseits kein Vertrauen genießt und auch keines beanspruchen kann. Jeder volksbewußte Èeche muß diese Haltung verstehen und billigen. Wenn in èechischen Landen über alle Parteien hinweg der 7. März festlich begangen wird, wenn Fahnen flattern und Böllerschüsse wie in den Glanzzeiten monarchistischen und absolutistischen Herrschertums den Tag begrüßen und beschließen, wenn schwungvolle Reden über die Verdienste Masaryks von Tausenden offiziellen Persönlichkeiten und loyalen Staatsbürgern gehalten werden, dann ist dies vom Standpunkte des Staates und des èechischen Volkes aus gesehen durchaus begreiflich und verständlich. Aber gerade bei diesen Freudenfeiern kommt uns Deutschen so recht und klar zum Bewußtsein, daß wir unsere Freiheit verloren haben, kommt uns zum Bewußt sein, daß wir nur Objekt der èechischen Politik und von jeder positiven Mitarbeit ausgeschaltet sind, selbst soweit sie unser eigenes Sch icksal betrifft. Wir lehnen diese Festfeiern auch deshalb ab, weil sie, im rechten Lichte gesehen, doch nur den Zweck verfolgen, im Innern die nationale Widerstandskraft unseres Volkes zu brechen, nach außen eine Konsolidierung der Verhältnisse vorzutäuschen und weil sie im leichtgläubigen und oberflächlichen Ausland leicht den Anschein erwecken können, daß das sudetendeutsche Volk mit seinen Wünschen abgefertigt ist oder sich mit seiner Lage bereits abgefunden hat und daß somit die deutsche Frage im èechischen Staate bereits einer zufriedenstellenden Lösung zugeführt wurde. Das ist, wie wir ausdrücklich feststellen wollen, nicht der Fall. Wir halten auch einen patriotischen Servilismus für ein freies Volk und für eine freie demokratische Republik für unwürdig, unsittlich und verächtlich.

Noch zu kurz ist auch die Zeit, die seit dem Tage vergangen ist, als uns unser Geschick in seiner ganzen tragischen Größe zum Bewußtsein kam. Würden die Èechen ein Verständnis für die deutsche Gefühls- und Gedankenwelt aufbringen, dann würden sie von den Deutschen nicht Loyalitätsakte verlangen und sie zwingen, Gefühle zu heucheln, die nicht vorhanden sind und nach den Verhältnissen nicht vorhanden sein können. Aus den Äußerungen und Schriften èechischer Führer geht hervor, daß sie es im alten Österreich am schmerzlichsten empfunden haben, zu Loyalitätskundgebungen für das Herrscherhaus, das sie haßten, für das Reich, dessen Vernichtung sie herbeisehnten, gezwungen worden zu sein. Erst dieser Tage schilderte mir ein national bewußter Professor, ein Geistlicher, wie er sich diesen Kundgebungen immer zu entziehen wußte, wie er nach jedem Hoch auf den Kaiser vor Verachtung ausspuckte, um auf solche Weise wenigstens seinem gepreßten Herzen Luft zu machen. Auch Masaryk selbst äußert sich einmal darüber in dem Sinne, daß es zu seinen schmerzlichsten Erinnerungen aus seiner Kinderzeit gehört, daß er schon im zartesten Alter bei solchen Loyalitätskundgebungen zur Heuchelei gezwungen wurde.

Man sollte doch annehmen, daß die Èechen auf Grund der eigenen Erfahrung, des eigenen Empfindes in der Vergangenheit heute nicht in denselben Fehler verfallen werden, daß sie sich erinnern werden, daß solche Zwangshandlungen nur das Gegenteil herbeiführen und nicht geeignet sind, patriotische Begeisterung zu erwecken. Patriotismus und Loyalität ist keine Ware, die man kaufen kann. Patriotismus und Loyalität ist eine Sache des Empfindens, ein Mitschwingen des Herzens, wenn der kühl überlegende und berechnende Verstand durch die spontane und von selbst enstandene, aus der Seele quillende Begeisterung emfach ausgeschaltet, bezw. mitgerissen wird. Patriotismus und Loyalität entstehen also nicht auf Kommando durch Anwendung roher Gewalt, sei sie nun psychischer oder physischer Art; Menschen aber unter Druck, unter Gewissenszwang zu setzen, zu Handlungen zu pressen, die ihren Gefühlen widersprechen, ist unmoralisch, verwerflich und vergeblich und sollte in einem demokratischen Staate nicht mehr vorkommen, der doch allen Staatsbürgern die Möglichkeit freiester Meinungsäußerung gewährleistet. Nachdrücklichst müssen wir daher unsere Stimmen gegen Kundgebungen erheben, die durch Androhung von Strafen erzwungen werden, Methoden, wie sie vielleicht in Polizeistaaten üblich, wie sie aber einer Republik unwürdig sind. Solche Kundgebungen sind gewiß auch nicht im Sinne Masaryks selbst. Leider wurde auch der 80. Geburtstag Masaryks von einigen übereifrigen Bezirkshauptleuten dazu benützt, einen solchen unmoralischen Druck auszuüben und ihre Macht zu ungesetzlichen Verfügungen zu mißbrauchen. Ich verweise in diesem Zusammenhange nur als Beispiel auf den Erlaß der Bezirksbehörde in Mähr.-Weißkirchen vom 3. Feber, woselbst den Gemeindevorstehern zufolge des Beschlusses der Vorbereitungskommission, welche zu desem Feste bei der Bezirksbehörde in Mähr.-Weißkirchen errichtet wurde, also in einer durchaus ungesetzlichen Weise, der Auftrag erteilt wird, Verhandlungen mit den Schulleitungen und den anderen Körperschaften im Orte zu pflegen, um gemeinsame Feiern in der Gemeinde abzuhalten. Andere Bezirkshauptleute verfügen z. B., daß die Bezirks- und Gemeindevertretungen in dieser Zeit Festsitzungen abzuhalten haben, bei welchen eine Loyalitätsansprache gehalten wird, daß eine Huldigungsadresse von allen unterschrieben oder mindestens ein Telegramm an die Kabinettskanzlei abgesendet werde. Die Landesbehörde soll angeblich verfügt haben, mitzuteilen, welche Gemei nden sich weigern, solche Huldigungsadressen zu unterschreiben, wobei offen ausgesprochen wurde, daß man solchen Gemeinden als Strafe keine Zuwendungen aus dem Ausgleichsfonds werde zukommen lassen. (Hört! Hört!) Ein besonders übereifriger Bezirkshauptmann ließ sich sogar die Genossenschaftsvorsteher und die Vertreter der Industrie kommen und trug ihnen auf, für den Präsidenten Geschenke anzufertigen und noch vor dem 7. März zu übersenden und ließ dabei durchblicken, daß im Nichtbefolgungsfalle mit Staatslieferungen in der Zukunft nicht mehr zu rechnen sei. Dieses Vorgehen der Bezirkshauptleute erfolgt angeblich über geheime Weisung der Landesämter, die möglicherweise wieder ihre Weisungen vom Ministerium des Innern empfangen haben.

Wir müssen gegen ein derartiges Vorgehen, das stark nach Erpressung riecht und durchaus unmoralisch ist, schärfste Verwahrung einlegen und fragen den Herrn Vorsitzenden der Regierung, ob er dieses Vorgehen der unterstellten Organe gutheißt und mit seinem Namen deckt. Für die Zukunft appellieren wir an die Vernunft der Èechen selbst, das deutsche Volk bei solchen Anlässen nicht zu solchen unwürdigen Handlungen zu zwingen.

Ich komme zum Schlusse. Ich glaube, Ihnen unsere Stellung dem Staatspräsidenten Masaryk gegenüber genügend klargestellt zu haben, so daß Sie bei ruhiger Überlegung und vorurteilsfreier Betrachtung unsere Haltung verstehen und begreifen werden. Die nationale Würde ist in der jetzigen Zeit und unter den gegeben en Umständen für das sudetendeutsche Volk das höchste und einzige Gut. Gerade in diesen schweren Zeiten für unser Volkstum einzutreten und sich stolz zu unserem armen Volke zu bekennen, erachten wir als unsere heiligste Pflicht und als ein Gebot unserer nationalen Selbstachtung und Würde. Wir lehnen daher die Masaryk-Gesetze und die Teilnahme an solchen Festlichkeiten ab. (Potlesk.)

3. Øeè posl. Knirsche (viz str. 28 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wir deutschen Nationalsozialisten sind nicht in der Lage, den vorliegenden beiden Gesetzanträgen der Regierung unsere Zustimmung zu geben. Der Gesetzantrag, mit welchem die Verdienste des Präsidenten Masaryk um den Staat verewigt werden sollen, verlangt von uns die Würdig ung einer Politik, die für unser sudetendeutsches Volk tiefstes Unrecht in sich schließt. Von der Vorenthaltung des Selbstbestimmungsrechtes bis zur Behandlung als rechtloses Minderheitsvolk haben wir Sudetendeutsche in den Jahren von der Staatsgründung bis heute alle damit verbundenen Leiden und Demütigungen über uns ergehen lassen müssen. Ich erspare es mir, sie im einzelnen aufzuzählen, denn ich müßte die Ausführungen meines verehrten Herrn Vorredners zum größten Teil wiederholen. Wenn wir auch gerne anerkennen. (Posl. dr Stern: Also auch!) - Ja, also auch - daß Präsident Masaryk persönlich in den letzten Jahren in Wort und Schrift bemüht war, die Politik dieses Staates mit dem Geiste der nationalen Versöhnlichkeit und des sozialen Fort schrittes zu erfüllen, so müssen wir doch fest stellen, daß das an unserem Volke verübte Unrecht noch fortbesteht und bis heute keine Maßnahme der Regierung vorliegt, die einen grundsätzlichen Wandel auch nur andeuten würde. Solange das Unrecht andauert, bleibt der Name des Staatspräsidenten und Staatsgründers Masaryk mit diesem Unrecht untrennbar verbunden. Wir lehnen daher, so sehr wir die Persönlichkeit Masaryks als Mensch voll würdigen und so große Achtung uns sein ehrwürdiges Alter abringt, aus Gründen der geschichtlichen Wahrheit und aus unserer Auffassung von nationaler Freiheit und Gleichberechtigung die Teilnahme an einer Ehrung ab, die wie die geplante nicht dem Menschen, sondern dem Politiker und Staatsmann Masaryk gilt.

Der Gesetzantrag über die Widmungen trägt zwar humanitären Charakter, aber sein Sinn ist gleich dem des ersteren Antrages. Daher müssen wir ihn aus gleichen Gründen ablehnen. (Potlesk.)

4. Øeè posl. dr Sterna (viz str. 32 tìsnopisecké zprávy):

Ich glaube. daß mein Vorredner mit genügender Klarheit und Deutlichkeit unseren Standpunkt zu diesem Gesetzentwurfe dargelegt hat. Wenn ich das Wort dennoch ergreife, geschieht es, um die Stellung der sogenannten, der angeblichen Vertreter der unterdrückten Nationen in diesem Staate zu diesem feierlichen staatspatriotischen Akt zu kennzeichnen. Wir haben hier zwei solche Vertreter gehört, den Vertreter der Deutschnationalen und den der Nationalsozialisten, der Hakenkreuzler. Was haben sie hier erklärt? Eine schändliche Betrugskomödie haben sie hier zur Verschleierung der Tatsache aufgeführt, daß sie mit an dieser patriotischen Einheitsfront zur Verteidigung des èechoslovakischen Unterdrückerstaates, zur Vorbereitung des imperialistischen Krieges dieses Staates und zur Vorbereitung des Faszismus in diesem Staate teilnehmen. Sie haben unter dem Anschein einer Kritik hier nur in dieselbe Pauke hineingeschlagen wie die anderen, haben Masaryk gelobt und gepriesen. Der Tenor - ob nun der eine damit angefangen und der andere damit aufgehört hat - war: Sogar wir, die wir kritisieren, die wir ganz objektiv sind, müssen anerkennev, wer dieser Masaryk ist, wir wünschen unserem deutschen Volke einen Masaryk, hat sogar Dr. Schollich gesagt, einen Masaryk und einen Beneš; sie haben unterschieden zwischen der Person Masaryk und dem Staatsmann Masaryk. Sie haben dazu beitragen wollen, dem èechischen arbeitenden Volke einzureden, daß es Ursache hat, Masaryk zu ehren, während in Wirklichkeit ur die Bourgeoisie aller Nationen mit Masaryk zufrieden sein kann. Kommt hieher und helft mit, unter den èechoslovakischen Arbeitern diese Illusion zu verstärken, daß das ihr Staat ist, daß sie diesen Staat verteidigen sollen, Masaryk ihr Freund, ein Humanist ist u. s. w. Das heißt, in der gefährlichsten und raffiniertestenWeise helft Ihr der Bourgeoise gegen die Arbeitenden, weil Ihr selbst genau so wie die Bourgeoisie der anderen Nationen Angst habt vor der heranmarschierenden proletarischen Revolution, und weil Ihr mithelft, die nationale Unterdrückung zu verschärfen und das kapitalistische System gegen die heranmarschierende proletarische Revolution zu verteidigen. Was Ihr hier erklärt habet... (Posl. Krebs: Sie werden vor den Arbeitern zittern! - Rùzné výkøiky.) Das glaube ich, daß Ihr Euch aufregt... (Posl. Krcbs: Die Arbeiter werden mit Euch fertig werden, Ihr Schwindler!) Das glaube ich, daß Ihr Euch aufregt, wenn man Eueren Betrug an den Arbeitenden entlarvt, das paßt Euch nicht, daß man den arbeitenden Massen des deutschen Volkes zeigt, wie Ihr sie auch national verratet im Interesse der kapitalistischen Unterdrückung. (Potlesk komunistických poslancù.)

Das gilt von diesen Vertretern aller Nationen aller bürgerlichen Parteien, und insbesondere möchte ich eine bürgerliche Partei hervorheben, die deutschen Sozialfaszisten; sie sind mit unterschrieben unter diesem Antrag, welcher besagt, daß Masaryk geehrt werden soll, weil er sich um diesen Staat verdient gemacht hat. Das bedeutet das offene Bekenntnis zu dieser Unterdrückungs- und Ausbeutungspolitik in diesem Staate und zu diesem kapitalistischen Unterdrückungs- und Ausbeutungsstaat selbst. Die Sozialfaszisten haben wie alle anderen immer eine staatserhaltende, arbeiterfeindliche, kontrerevolutionäre Politik gemacht, aber heute haben sie ganz offen zum erstenmal erklärt: Wir sind für diesen Staat! Was bedeutet das? Das bedeutet, daß hier, wie schon mein Vorredner festgestellt hat, genau dasselbe geschieht, wie jetzt jenseits der Grenzen in Ungarn. (Výkøiky. - Pøedseda zvoní.) Es wird hier die Komödie aufgeführt und der Versuch gemacht, eine derartige einheitliche patriotische Stimmung hervorzurufen, wie man sie braucht, um die Arbeitenden über ihr Elend, über die Mordtaten an ihnen hinwegzutäuschen, um den faszistischen Umsturz, an dessen Spitze Masaryk steht, vorzubereiten, um eine Stimmung hervorzurufen, die notwendig ist, wenn man die Massen in den imperialistischen Krieg. und den Krieg gegen Sowjetrußland führen will. Daran arbeiten die deutschen Sozialfaszisten diesmal ganz offen mit. In Ungarn machen sie es etwas verschleiert, aber sie machen es auch, wo Horthy so geehrt wird - und jeder Arbeiter weiß, was Horthy ist. Offen trauen es sich diese Sozialfaszisten dort in Ungarn nicht. Was machen die Sozialfaszisten in Ungarn? (Výkøiky komunistických poslancù.)


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