Ètvrtek 20. února 1930

Mit der gleichen Behandlung in der Armee sieht es aber noch lange nicht so aus, daß man auf mili tärischer Seite das Recht hätte, wie es unlängst geschehen ist, zu sagen: "Unsere deutschen und magyarischen Landsleute haben nicht den geringsten Grund zur Klage, denn sie erfreuen sich einer geradezu idealen Gleichberechtigung."

Wir deutschen Christlichsozialen empfinden es ferner als unerträglich, daß die Heeresleitung die deutsche Wirtschaft, Industrie, Handel und Gewerbe und Landwirtschaft immer noch nicht in jenem Maße berücksichtigt, daß ihrer Steuerkraft entspricht. Auch hier muß der Grundsatz gelten: Gleiche Pflichten, gleiche Rechte. Es darf bei Vergebung von Lieferungen, bei Kasernenbauten nicht der chauvinistische Geist, sondern nur der Geist der Objektivität ausschlaggebend sein. Ich vermisse diesen Geist der Objektivität bei der Vergebung der Arbeiten für den neuen Kasernenbau in Trautenau, ich vermisse diesen Geist der Objektivität bei Vergebung der Lieferungen für die Garnisonen, wie z. B. in Tetschen a. E., wo die landwirtschaftliche Umgebung Tetschens gegen Prager Firmen zurückgesetzt wird.

Wir deutschen Christlichsozialen verlangen ferner die baldigste Neuregelung des Einquartierungs- und Vorspanngesetzes, um die Einquartierungslasten der Gemeinden mit Rücksicht auf deren geringere Leistungsfähigkeit zu ermäßigen. Wir hören seit langem, daß das Ministerium für nationale Verteidigung an einem neuen Gesetz über Einquartierung, welches die bisherigen Vorschriften zusammenfaßt, arbeitet, daß ferner das Vorspanngesetz modernisiert und in ein Gesetz über Anforderung von Verkehrsmitteln für militärische Zwecke im Frieden umgewandelt werden soll, doch bis heute vermissen wir noch immer die diesbezüglichen neuen, Erleichterung bringenden Gesetzesvorlagen, insbesondere eine ganze Umschreibung der Begriffe der vorübergehenden und der dauernden Einquartierung. Wir deutschen Christlichsozialen erklären uns mit den Forderungen der deutschen Garnisonsgemeinden auf der achten ordentlichen Hauptversammlung des Verbandes der deutschen Selbstverwaltungskörper in der èechoslovakischen Republik am 19. Mai 1928 in Trautenau solidarisch. Insbesondere fordere ich als zuständiger Abgeordneter, daß die Militärverwaltung dem langjährigen Einquartierungsskandal in Trautenau und Braunau endlich einmal ein Ende bereitet, in Trautenau das städtische Gebäude, die "Union" der Stadtgemeinde zur freien Verfügung wieder zurückstellt, in Braunau das Stift und in Ölberg dessen Industrieunternehmen von der langjährigen Einquartierung endlich befreit. Meine Partei verlangt ferner die Verlegung der Garnison des Kurortes Gräfenberg, damit sich nicht wieder ein ähnlicher trauriger Fall wie in der letzten Zeit ereignet.

Gleichzeitig fordern wir, daß die ehemaligen Berufsunteroffiziere endlich einmal zu ihrem Rechte kommen. Es handelt sich da nicht nur um Deutsche, sondern auch um èechische ehemalige Berufsunteroffiziere. Es geht wohl nicht an, daß in einem Rechtsstaate Menschen, welche genau so wie jeder andere Staatsdiener treu und ehrlich dem èechoslovakischen Staate gegenüber ihre Pflicht getan haben und in vielen Fällen sogar die Gesundheit opferten, in der Weise erledigt werden, daß man sie ohne jede Begründung nicht in die èechoslovakische Armee übernommen, bzw. nach einigen Dienstjahren aus der Armee Knall und Fall entlassen hat, wodurch ein großer Teil der ehemaligen Berufsunteroffiziere unverschuldet dem größten Elend preisgegeben wurde. Die Frage der ehemaligen Berufsunteroffiziere muß, da viele derselben mit ihren Familien am Hungertuche nagen, von der Militärverwaltung baldigst einer gerechten Lösung zugeführt werden. Wir sind der Anschauung, daß die èechoslovakische Armee ihren Aufgaben, Ruhe und Ordnung im Staate aufrecht zu erhalten, die friedliche Fortentwicklung des Staates zu sichern, die Grenz en des Staates zu schützen, um in Zeiten politischer Spannung die Neutralität sicherzustellen, nur dann voll und ganz erfüllen kann, wenn die Heeresleitung alles aufbietet, um in den Völkern dieses Staates, besonders im deutschen Volke endgültig den Glauben zu begraben, die Armee sein ein Staat im Staate, die Armee sei ein Fremdkörper im Volkskörper.

Wir deutschen Christlichsozialen können zur Außen- und Militärpolitik der gegenwärtigen Regierung und Mehrheit kein Vertrauen haben, lehnen daher den Staatsvoranschlag ab. (Potlesk.)

4. Øeè posl. Katze (viz str. 58 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Das dreijährige Regime des Bürgerblocks hat auch auf dem Gebiete der inneren Verwaltung des Staates ungeheuere Schäden verursacht, die die jetzige Regierung unmöglich von heute auf morgen wieder gutmachen kann. Wenn aber die Opposition ihre Anklage erhebt, so wolle sie auf diesen Umstand Rücksicht nehmen, vor allem aber wollen das diejenigen Parteien beachten, die früher als Regierungsparteien durch ihre reaktionäre und arbeiterfeindliche Tätigkeit die bestehenden sehr unerquicklichen Verhältnisse mitverschuldeten und das Leben in diesem Staat für die arbeitenden Menschen vielfach zu einer Hölle gestalteten, die wir jetzt beim besten Willen nicht in ein Paradies verwandeln können. Wir sind durchaus nicht mit Begeisterung in die Regierung gegangen, weil wir nur zu gut wissen, daß bei einer Koalitionsregierung, in der die Sozialisten in der Minderheit sind der Wirkungskreis für uns wesentlich beschränkt bleibt. Wenn wir es trotzdem getan haben, so ist es geschehen im Interesse unserer Arbeiterschaft, die wir dadurch vor weiteren reaktionären Anschlägen schützen wollen. Unsere Tätigkeit wird daher zunächst darauf gerichtet sein, wenigstens die ärgsten Mängel und Mißstände auf den verschiedenen Gebieten zu beseitigen. Beim Kapitel "Ministerium des Innern" gibt es solche Mängel und Mißstände in Hülle und Fülle. Das Hauptübel liegt da wohl in dem glatten Versagen der Verwaltungsreform, die nicht nur die Selbstverwaltung restlos ausrottete, sondern den reaktionären Kurs ungemein verschärfte und die Macht der Bürokratie geradezu unglaublich erhöhte. Alle Befürchtungen, die wir seinerzeit bei der Beratung dieses Gesetzes zum Ausdruck brachten, sind eingetroffen. Es ist weder eine Verbesserung in der Administrative, noch eine Verbilligung der Verwaltung eingetreten. Wir können da infolgedessen die Meinung des Innenministers, die er im Budgetausschuß über die Verwaltungsreform äußerte, nicht teilen. Die Verwaltungsreform hat sich nach keiner Richtung hin bewährt, so daß dieses Gesetz eine dringende Novellierung erfordert. Wenn der Herr Minister meint, daß eine neuerliche Reform des Verwaltungsgesetzes jetzt deshalb nicht durchgeführt werden kann, weil der geregelte Gang der Verwaltung eine gewisse Stabilität erfordert, damit sich die neue Verwaltungsordnung überhaupt einleben kann und Zeit findet, sich zu entfalten, so können wir nach den bisherigen Erfahrungen nur sagen, daß bei unverändertem Weiterbestand dieses Gesetzes sich nur Eines stabilisieren wird, nämlich das Chaos in der Verwaltung. Wenn der Herr Minister gezwungen wäre, so wie die meisten Abgeordneten bei den verschiedenen Ämtern und Behörden in diversen Angelegenheiten intervenieren zu müssen, wenn er bei so manchen Beamten den Machtdünkel und auch die Nachlässigkeit beobachten könnte, so würde er über die Verwaltungsorganisation gewiß sehr rasch eine andere Meinung bekommen. Ich verweise da nur auf die direkt skandalösen Zustände bei den Landesbehörden, wo durch die monströse Verwaltungseinheit von einer Vereinfachung, Zweckmäßigkeit oder Sparsamkeit in der Amtierung nicht im geringsten etwas zu verspüren ist.

Bei der Landesbehörde in Prag laufen täglich 4.000 Aktenstücke ein, das sind über eine Million jährlich. Daß bei einem derartigen Umfange der Agenda von einer gründlichen fachgemäßen Amtierung nicht gesprochen werden kann, ist nahezu eine Selbstverständlichkeit. Und deshalb ist es auch nicht zu verwundern, daß sich in den einzelnen Abteilungen der Landesbehörden und selbst auch in den Ministerien die Akten zu hunderten häufen und die Erledigung jahrelang auf sich warten läßt. Was daraus für die Öffentlichkeit und für jeden einzelnen für Schäden entstehen, brauche ich nicht näher zu sagen. Es wäre wirklich dringend notwendig, so wie es der Koll. Bergmann vorgeschlagen hat, daß für die Erledigung der Akten eine bestimmte Frist festgesetzt werden würde. Ich will gar nicht darauf eingehen, wie es seit dem Bestand der Verwaltungsreform draußen in den Bezirken ausschaut, wie der kulturelle und wirtschaftliche Verfall immer weiter vorwärts schreitet, wie statt einer Verbilligung durch die èechische Amtierung eine Verteuerung eingetreten ist. Auf all das hat schon Koll. de Witte in der Generaldebatte verwiesen, so daß ich mir weitere Details ersparen kann.

Der Herr Minister hat auch davon gesprochen, daß er moderne Behörden schaffen will, die mit ihrer ganzen Arbeit der Bevölkerung dienen sollten. Er erklärte, daß zu diesem Zwecke überall neue Bureaumöbel angeschafft wurden. Wir haben durchaus nichts gegen eine moderne Ausstattung der Ämter einzuwenden, glauben aber nicht, daß da die Anschaffung von neuen Bureaueinrichtungen allein genügt. Es könnte vielleicht da dem Herrn Minister so ergehen, wie jenem Ehemanne, der das Kanapee aus seiner Wohnung hinauswerfen läßt, um dadurch die Untreue seiner Frau zu verhindern. (Veselost.) Ich will damit sagen, daß zur Modernisierung der Verwaltung nicht allein neue Bureaumöbel gehören, sondern daß auch ein neuer moderner Geist platzgreifen muß, der nur durch die Entbürokratisierung der Verwaltung, durch die Wiederherstellung der Autonomie herbeigeführt werden kann. Daß bei der Modernisierung der Verwaltung eine anständige Bezahlung der Beamten erforderlich ist, ist wiederum nur selbstverständlich. Bei Hungerlöhnen, wie sie derzeit bestehen, vor allem bei den niedrigen Angestellten, läßt sich eine Gesundung nicht durchführen. Der Herr Minister wird sich demnach doch wohl oder übel bequemen müssen, die Novellierung des Gesetzes in Angriff zu nehmen, weil die Zustände auf diesem Gebiete von Tag zu Tag unhaltbarer werden.

Ein weiteres unrühmliches Kapitel bildet die dem Ministerium unterstellte Staatspolizei, die den Gemeinden gegen ihren Willen aufoktroyiert wurdeund die fast überall den Nachweis ihrer Unzweckmäßigkeit erbrachte Unfähigkeit und Brutalität sind ihre besten Eigenschaften, was die Vorfälle in Gablonz, Zwittau, Aussig, Eger, Troppau und Karlsbad beweisen. Die Mannschaft ist zum größten Teile ortsfremd und sprachunkundig, so daß sie in vielen Fällen nur heillose Verwirrung anrichtet. Bei dem gewaltigen Kurverkehr in Karlsbad tritt die Unfähigkeit der Polizei besonders kraß hervor. Sie erteilt den Passanten falsche Auskünfte, dirigiert die Autos in die verkehrte Richtung, verursacht unnütze Aufläufe usw. nur deshalb, weil die meisten dieser Polizisten weder die Straßen und Plätze der Stadt, noch die besonderen Eigentümlichkeiten der Bevölkerung kennen. An der Einhaltung der ortspolizeilichen Vorschriften sind sie vollkommen desinteressiert, so daß die Städte zur Erhaltung und Überwachung dieser Vorschriften eigene Aufsichtsorgane aufstellen müssen, die natürlich den Apparat bedeutend verteuern. Die mangelhafte Ausbildung der Mannschaft äußert sich in der totalen Ratlosigkeit bei verschiedenen Vorfällen und Anlässen, wobei oft sehr komplizierte Situationen geschaffen werden, denen man mit Verhaftungen und Eskorten begegnet. Eine derartige Verhaftung hatte in Karlsbad den Tod eines ungefährlichen, harmlosen Chauffeurs zur Folge, der in angeheitertem Zustand von der Polizei einfach in den Arrest gesteckt wurde, wo er sich erhängte. Ein vernünftiges Wort, eine ruhige Auskunft würde oft genügen, um die Ordnung aufrechtzuerhalten.

So untüchtig viele von den Staatspolizisten in ihrem eigentlichen Dienst sind, so tüchtig sind sie bei politischen Anlässen. Bei Versammlungen, Demonstrationen und dgl. bringen sie ihre Intelligenz mit Säbel und Pendrek voll und ganz zum Ausdruck.

Ähnlich wie bei der Staatspolizei liegen die Verhältnisse bei der Gendarmerie, die ihren eigentlichen Aufgaben auch nur sehr unzureichend gewachsen ist. Die Ausbildung der Mannschaft ist auch hier äußerst mangelhaft, so daß die Sicherheit der Öffentlichkeit besonders darunterleidet. Bei Einbrüchen, Diebstählen, Verbrechen usw. versagt die Gendarmerie in den meisten Fällen, sie ist vielfach nicht einmal imstande, eine ordentliche fachgemäße Erhebung durchzuführen. Diese Mängel werden wohl auch durch die schlechte Entlohnung mit herbeigeführt, die die fähigeren Elemente diesem Dienst entzieht. Auch bei der Gendarmerie scheint die Haupttätigkeit in der politischen Gesinnungsschnüffelei zu liegen, wobei man ganz vormärzliche Methoden zur Anwendung bringt. Besonders unsinnig ist das Vorgehen der Gendarmerie gegen die Kommunisten, die oftmals überhaupt keine Aktion zustandebrächten, wenn nicht die Gendarmerie durch ihre brutalen Attacken für sie Reklame machen würde. Bei einem kommunistischen Aufmarsch von 100 und 200 Personen marschieren oft 40 und 60 Gendarmen auf. Wir müssen das z. B. in Falkenau immer wieder erleben, zuletzt beim kommunistischen Putsch in Bleistadt und Unter-Reichenau.

Wenn es da durch das Eingreifen der Gendarmen, das wir entschieden verurteilen, zu bedrohlichen Vorfällen kam, die diesmal glücklicherweise ohne größeres Unglück abliefen. so tragen aber auch daran die kommunistischen Macher ein vollgerüttelt Maß von Schuld, weil sie in unverantwortlichem Leichtsinn die Arbeiter vor die Gewehre der Gendarmen treiben, sich selber aber dabei hübsch im Hintergrund halten. Wenn die Moskauer Auguren durchaus Blut haben wollen, sollen sie ihre bezahlten Knechte und Unterläufel opfern, nicht aber die unschuldigen Arbeiter, die ohnehin durch die blödsinnigen kommunistischen Streikmethoden schwer geschädigt werden. Der Glasarbeiterstreik in Bleistadt und Unter-Reichenau hat das mit aller Deutlichkeit aufgezeigt. Dort hat man 1500 Glasarbeiter mit ihren Familien ins Elend gejagt. In einer Zeit der Krise, in einer Zeit des schwersten Absatzmangels, in einer Zeit, wo in beiden Glasfabriken die Magazine von Glasvorräten überfüllt waren, just in diesem Augenblick, wo in beiden Fabriken 1000 Arbeiter wegen Absatzmangels gekündigt wurden, haben die kommunistischen Führer den Streik provoziert. Den Arbeitern, die in diesen Betrieben mit einigen geringfügigen Ausnahmen der kommunistischen Organisation angehören, wurde der Schwindel vorgemacht, daß durch den Streik die Kündigungen zurückgenommen werden. Die Vorschläge der Betriebsleitungen, die Kündigungen durch Einführung von Feierschichten und Kurzarbeit einzuschränken, wurden von dem kommunistischen Betriebsausschuß den Arbeitern nicht einmal zur Kenntnis gebracht, ja man ist sogar daran gegangen, den Streik durch das Auslöschen der Öfen zu verschärfen. Der Einspruch der wenigen sozialdemokratischen Arbeiter gegen den Streik wurde völlig unbeachtet gelassen und diese Arbeiter waren infolge des kommunistischen Terrors gezwungen, den Betrieb mitzuverlassen. Nun hatte der eigentliche Arrangeur dieses Streikes, der Herr Abg. Haiblick, die von ihm gewollte Situation, bei der er immer auf der richtigen bolschewisierenden Linie seine hervorragenden Talente entwickelte. Er berief die Betriebsversammlungen ein, forderte dort die Glasarbeiter auf, sich mit Frauen und Kindern zu einer großen Demonstration am Falkenauer Marktplatz einzufinden, belog die Glasarbeiter, indem er ihnen erklärte, daß die Arbeiterschaft der anderen Betriebe des Falkenauer Bezirkes die Arbeit niederlegen und mitaufmarschieren werde, so daß sich 20 bis 30 Tausend Menschen versammeln würden. Damit gab der Herr Haiblick der Gendarmerie einen Wink zu Maßnahmen, die auch tatsächlich die Demonstration, bei der natürlich die 30.000 Teilnehmer ausblieben, unmöglich machte und die 1200 demonstrierenden Glasarbeiter zerstreute. Daß es dabei nicht zu einer größeren Katastrophe kam, ist durchaus nicht das Verdienst des Herrn Haiblick, der bei dem Zusammenstoß der Streikenden mit der Gendarmerie in Unterreichenau nicht zu sehen war, sondern auf dem gefahrlosen Marktplatz in Falkenau mit seiner Abgeordnetenlegitimation in der Hand auf und ab spazierte. Die kommunistische Presse war begeistert von dem revolutionären Elan der streikenden Glasarbeiter und brachte ihre bekannten Kampfberichte, in denen es von jubelnder Begeisterung nur so rauschte. Inzwischen aber vollzog sich in geradezu überraschender Weise der Zusammenbruch des Streikes. Sofort nach der verunglückten Demonstration, also nach knappen 8 Tagen, liefen dieselben kommunistischen Glasarbeiter, die von den kommunistischen Zeitungen ob ihrer revolutionären Tatkraft nach allen Regeln bolschewistischer Kunst gefeiert wurden, massenhaft in die Betriebe. An einem Tag meldeten sich in Bleistadt allein 400 Arbeiter zur Arbeitsaufnahme. Auch in Unter-Reichenau lagen die Dinge ähnlich. Trotzdem der Streik innerhalb 8 Tagen so gut wie erledigt war, brachten die Kommunisten in ihren Zeitungen noch fortwährend lügenhafte Streikberichte und sie behaupten heute noch, daß der Streik weitergehe, wenn sie es auch nur in sehr unauffälligen Notizen bringen. So haben die Kommunisten wieder einmal in der gewissenlosesten Weise hunderte Familien ins Elend gestürzt. 1500 Glasarbeiter liegen auf dem Pflaster und hungern mit Weib und Kind, ohne daß ihnen die Kommunisten nennenswerte Hilfe bringen. Was kümmert das den Herrn Gottwald und Haiblick, die ob dieser ihrer schmachvollen Tat vielleicht noch als Belohnung einen roten Orden von Moskau erhalten. Die kommunistische Gewerkschaft hat zwar von den Glasarbeitern die Mitgliedsbeiträge einkassiert, Streikunterstützung zu zahlen aber hielt sie für überflüssig. Die einzige revolutionäre Tat, die sie jetzt unternehmen, ist, daß sie die Arbeiter zu der von ihnen verhaßten Bourgeoisie betteln schicken und sie entrüsten sich noch, wenn dieses Bürgertum nicht wunschgemäß mit den Unterstützungen herausrückt. Die kommunistischen Agitatoren mit Herrn Haiblick an der Spitze sind jetzt allerdings kleinlaut geworden und versuchen die Schuld auf die Sozialfaszisten abzuwälzen, die selbstredend mit diesem Streik aber schon gar nichts zu tun hatten. Ja, die wenigen sozialdemokratischen Arbeiter sind wie die übrigen Glasarbeiter die Leidtragenden. Erst jetzt, freilich viel zu spät, gehen den kommunistischen Glasarbeitern die Augen auf über das Verbrechen, daß an ihnen und an ihren Familien verübt wurde. Es ist eine furchtbare Tragödie, die sich hier abspielt, die das verbrecherische Spiel der Moskauer Bolschewisatoren, das sie mit den Arbeitern treiben, mit ganzer grausamer Deutlichkeit aufzeigt. Daß dabei die Arbeiter nicht nur ins Elend gejagt wurden, sondern daß man ihnen auch den Glauben an die gute und gerechte Sache der Arbeiterschaft raubte, daß man durch diesen wahnsinnigen Putsch die große und herrliche Idee des Sozialismus bewußt schändete, vergrößert nur noch dieses Verbrechen der Kommunisten. Das Gerhard Hauptmannsche Wort, das der verstorbene Paul Levi einmal in einer Variierung über die Kommunisten brauchte, wird hier zur traurigen Wahrheit, das Wort, indem er sagte: "Der Sozialismus ist eine große Sache, eine herrliche Sache, in den Händen der Kommunisten ist er wie ein Kleinod in einem Saustall." Wieder haben sich die Kommunisten als die Zutreiber der Reaktion gezeigt. Die betrogenen und belogenen Arbeiter sind auf lange Zeit hinaus ganz unfähig gemacht und viele von ihnen werden in den Sumpf des Indifferentismus oder in die Arme unserer Klassengegner getrieben. Wir erleben, daß jetzt speziell in Unter-Reichenau, - wo, wie von den Kommunisten immer behauptet wird, die Glasarbeiter die Revolutioniertesten sind, daß die Unter-Reichenauer Glasarbeiter in dem Wahlkampfe vorangingen, daß die Unter-Reichenauer Glasarbeiter die Elite der kommunistischen Partei sind - daß gerade ein großer Teil dieser kommunistischen Glasarbeiter in Unter-Reichenau jetzt zu den Christlichsozialen und zu den Hakenkreuzlern übergeht. Das ist das Ergebnis, das der kommunistische Putsch in Unter- Reichenau und Bleistadt gezeitigt hat.

Es wird unsere Aufgabe sein, die verzweifelten Arbeiter wieder auf den rechten Weg zu führen. Wir hoffen, daß es die letzte Untat war, die die hündischen Knechte Moskaus an den westböhmischen Arbeitern begehen konnten. Klipp und klar werden wir den Arbeitern vor Augen führen, daß durch diese wahnsinnigen kommunistischen Putschmethoden die Arbeiterschaft nur verlieren kann. Die Herren Kommunisten sollen uns beschimpfen, soviel sie wollen, sie sollen uns "Sozialfaszisten" schimpfen, so oft sie wollen, wir werden unseren Weg weiter gehen, wir werden auch jetzt in der Regierung alles, was in unseren Kräften liegt, tun, um die Interessen der Arbeiter in dieser schweren Zeit zu schützen. Die Herren Kommunisten können schimpfen, wir aber werden arbeiten.

Zur Frage des Militarismus brauchen wir wohl nicht besonders zu betonen, daß sich da unsere prinzipielle Einstellung durch unseren Regierungseintritt um kein Jota geändert hat. Nach wie vor stehen wir auf dem Standpunkte, daß der Militarismus nicht nur der gefährlichste Gegner der Arbeiterschaft, sondern jeder menschlichen Kultur überhaupt ist. Militarismus bedeutet in seiner letzten Konsequenz immer wieder Krieg. Wenn man uns einzureden versucht, daß der Militarismus bei uns nur der Verteidigung dient, so ist das nur die reinste Augenauswischerei, weil die Verteidigung dieses Staates durch seine geographische Lage und territoriale Gliederung ein Ding der Unmöglichkeit ist. Wir müssen auch zur Ermäßigung der drückenden finanziellen Lasten, die der Militarismus mit sich bringt, endlich einmal kommen. Die Milliarden, die die Soldatenspielerei verschlingt, können wir für soziale Zwecke dringender verwenden. Es wird daher unsere Aufgabe sein, den Abbau des Militarismus zu beschleunigen. Zuerst glaube ich, muß die Einführung der vierzehnmonatigen Dienstzeit realisiert werden. Die Ausrede des Herrn Verteidigungsministers, daß er die vierzehnmonatige Dienstzeit wegen Mangels an Berufsunteroffizieren nicht einführen kann, entbehrt jeder sachlichen Begründung. Die èechische Generalität hat schon im Jahre 1920 zwei Gesetzentwürfe ausgearbeitet, die die vierzehnmonatige Dienstzeit ad absurdum führen. Sie haben in diesen Gesetzentwürfen vorgeschlagen, die Dienstzeit bei einem Präsenzstand von 80.000 Mann auf 7 Monate und bei einem Stand von 120.000 Mann auf 12 Monate zu restringieren. Hervorragende militärische Fachleute haben nachgewiesen, daß zu einer vollkommenen militärischen Ausbildung nur 166 Tage oder 5 Monate notwendig sind. Daraus ergibt sich, daß man ohne weiters die vierzehnmonatige Dienstzeit einführen kann.

Ich möchte nur ein Wort zu den Anträgen und den Ausführungen des Herrn Exministers Mayr-Harting, die er zu dieser Sache vorbrachte, verlieren. Er verlangt den Abbau des Militarismus, die Einführung der vierzehnmonatigen Dienstzeit usw. Man muß sich nur fragen, warum die Christlichsozialen, die drei Jahre in der Regierung saßen, diese Forderungen nicht selbst verwirklicht haben? Gerade bei der Verkürzung der Dienstzeit hätten die Christlichsozialen Gelegenheit gehabt; das Wehrgesetz hat ja die vierzehnmonatige Di enstzeit vorgesehen, und trotzdem wurde es im Jahre 1927 dahin abgeändert, daß man wieder die 18monatige Dienstzeit einführte. Die Christlichsozialen hätten also schon die Möglichkeit gehabt, mit ihrem Willen Ernst zu machen, wenn sie auch tatsächlich die gute Absicht gehabt hätten. Der Herr Exminister Mayr-Harting ist über die jetzige Regierungskoalition nicht sehr entzückt. Das glauben wir aufs Wort. Und dies umsomehr, als wir wissen, wie groß die Anstrengungen gerade der christlichsozialen Partei waren, in die Regierung, die sie jetzt in Grund und Boden verdonnern, hineinzukriechen. Er hat die frühere Koalition eine Vernunftsehe genannt und keine Liebesehe und er hat weiter erklärt, daß die jetzige Regierungskoalition weder eine Vernunfts- noch eine Liebesehe ist. Nun, wir müssen schon sagen, wir haben, als die Christlichsozialen in der Regierung saßen, von einer Vernunftsehe wenig zu spüren bekommen, wir haben das Gefühl gehabt, daß das nicht nur nicht eine Liebesehe, viel weniger eine Vernunftsehe war, sondern daß es nackte und reine Prostitution war, die die Christlichsozialen damals begangen haben.

Beim Kapitel Militarismus möchte ich noch auf die außerordentlich schlechte Entlohnung der Soldaten hinweisen. Wir müssen konstatieren, daß die Löhnung der Soldaten in der Gesamtsumme gerechnet im Gegensatz zu den Gagen der Offiziere viel zu niedrig angesetzt ist. Für die Offiziersgehälter ist ein Betrag von 425 Millionen Kronen, für die Mannschaftslöhnung ein solcher von nur 80 Millionen Kronen ausgeworfen. Der einfache Soldat hat eine Löhnung von 1·50 Kè täglich und wie er damit das Auslangen finden soll, darum kümmert sich wahrscheinlich die Militärverwaltung sehr wenig.

In diesem Zusammenhang müssen wir auch auf den Skandal der Unterhaltsbeiträge verweisen. Es ist eine Kulturschande, daß man heute den Unterhaltsbeitrag auf der Höhe von 1·80 Kè erhält. Wie davon die nötigen Bedürfnisse bestritten werden sollen, auch darum kümmert sich die Verwaltung des Staates im allgemeinen nicht im geringsten. Wir ver!angen, daß endlich einmal mit dieser Schande aufgeräumt wird. Als erschwerendes Moment kommt noch die Praxis bei der Zuerkennung der Unterhaltsbeiträge hinzu, eine Methode, die einfach jeder Beschreibung spottet. Es werden die unsinnigsten Entscheidungen gefällt. Man weist Frauen von Eingerückten mit der lakonischen Begründung ab, daß sie erwerbsfähig seien. Wo sie aber diesen Erwerb hernehmen und wie sie sich überhaupt einen Verdienst verschaffen sollen, darnach wird nicht gefragt. Auch hier verlangen wir, daß endlich eine Änderung in dieser Praxis eintrete.

Ich will nur noch über die Zuerkennung der Staatsbürgerschaft einige Worte verlieren. Wir hoffen, daß hier endlich eine liberalere Handhabung platzgreifen wird, um den beschämenden Zustand zu beseitigen, daß Tausende von armen Teufeln jahrelang auf die Erledigung ihres Ansuchens warten müssen und dabei empfindlich geschädigt werden.

Auf dem Gebiete des Justizwesens verlangen wir die rasche Verwirklichung des Jugendstrafrechtes, dessen Vorentwurf jetzt schon fertiggestellt ist und einen merklichen Fortschritt darstellt. Zu seiner Wirksamkeit ist die Schaffung eines Jugendwohlfahrtsgesetzes notwendig, demzufolge unsere Besserungsanstalten in moderne Fürsorge- und Erziehungsanstalten umzuwandeln wären. Die Dringlichkeit der Sache beweist die Zahl der jugendlichen Häftlinge. Von 78.875 Inhaftierten entfallen 10.148 auf Jugendliche im Alter von 10 bis 18 Jahren. Die Jugend soll nicht gebessert, sondern erzogen werden. Nur dann wird man die Strafdelikte der Jugend herabmindern und Rückfälligkeiten verhindern. Die Reformierung des Preßgesetzes ist gleichfalls eine Notwendigkeit, we-il die meisten Zeitungen durch die massenhaft gegen sie gerichteten Klagen in ihrer Existenz bedroht werden. Wir nehmen die Erklärung des Justizministeriums zur Kenn nis und hoffen, daß die angekündigte Gesamtrevision des Preßgesetzes ehestens durchgeführt wird. Nur wenn die Presse die erforderliche Freiheit genießt, kann sie den Dienst an der Öffentlichkeit einwandfrei erfüllen.

Besondere Kritik erheischen die Zustände in vielen Gefängnissen. Die Räume sind meistens überfüllt, schlecht gelüftet, Wasserund Kanalanlagen ungenügend, die Beheizungs- und Beleuchtungseinrichtungen äußerst rückständig. Die Reinlichkeit läßt gleichfalls bei manchen Gefängnissen alles zu wünschen übrig, was am besten die Verlausung des Gefängnisses beim Bezirksgericht Tetschen beweist. Der Strafvollzug bringt unter diesen Verhältnissen die schwersten gesundheitlichen Gefahren mit sich. Wir verlangen weiter mit aller Entschiedenheit die Sonderstellung der politischen Häftlinge.

Was die Strafprozeßordnung anlangt, können wir uns mit den im Vorentwurfe zu ihr vorgesehenen Einschränkungen der Schwurgerichtsbarkeit nicht einverstanden erklären. Gegen diese Einschränkung stellen sich auch die Fachleute - wie der Juristentag in Teplitz bewies - deren Meinung mit zu berücksichtigen ist. Es müßte nicht nur die Kompetenz der Geschworenengerichte erweitert werden, sondern auch die Rechte der Geschworenen, u. zw. in der Richtung, daß sie nicht nur über die Schuld, sondern auch über das Strafausmaß mit entscheiden können.


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