Ètvrtek 20. února 1930

Trotz Völkerbund und Locarno - die in Locarno geschlossenen Verträge und Abkommen wurden gleichfalls als das geeignete Mittel hingestellt, in wirksamer Weise die im Art. 8 der Völkerbundsatzung vorgesehene Entwaffnung zu beschleunigen - trotz Unterzeichnung des Kelloggpaktes und der in diesen Tagen in London stattfindenden Flottenabrüstungskonferenz ist die Frage der Abrüstung unentschiedener denn je, und mit Ausnahme der besiegten Staaten Deutschland, Österreich, Ungarn und Bulgarien und den im Weltkrieg neutralen Staaten sehen wir die sogenannten Siegerstaaten bestrebt, statt abzurüsten, mit größtem Eifer und unter Aufwand von Unsummen aufzurüsten. Bis an die Zähne bewaffnet, sind diese Staaten bestrebt, ihre Rüstungsindustrie reichlich auszustatten und alle Mobilisierungsvorbereitungen zu treffen. So wurde unlängst vor dem Kapitol in Washington, von wo einst die Friedensbotschaft an die Völker ausging, Amerikas neuester und schnellster Armeetank den Kongreßmitgliedern vorgeführt. Wir sehen, daß in Frankreich die Mobilmachung am vollkommensten vorbereitet ist. Frankreich besitzt unter anderem die größte Luftflotte der Welt und verfügt gleichfalls über neukonstruierte Tanks. Wir wissen ferner, daß Frankreich von seinen Verbündeten, zu denen leider auch die Èechoslovakische Republik zu zählen ist, die höchste Entfaltung der Rüstungsfähigkeit fordert.

Wenn nun auch in der Èechoslovakischen Republik ein förmliches Rüstungsfieber herrscht, so verdanken wir dies der Außenpolitik des Ministers des Äußern Dr. Beneš, der, statt eine im Interesse der Zukunft des Staates liegende Neutralitätspolitik, statt eine selbständige Außenpolitik zu treiben, sei es aus dankbarer Freundschaft, sei es aus Abhängigkeit Frankreich gegenüber nur Trabanten- und Sekundantenpolitik die ganzen Jahre hindurch bis zum heutigen Tage betrieben hat. Vielleicht könnte man mir erwidern, dies sei eben im Wesen der Diplomatie der Èechoslovakischen Republik begründet. Gewiß, das Wesen der Diplomatie ist es, sich Freunde im Ausland zu verschaffen, doch vernünftigerweise vor allem und zuerst in den Nachbarstaaten, nicht aber nur in dem fernen Frankreich und in den gleichfalls entfernt gelegenen Staaten der Kleinen Entente. Der èechoslovakische Staat müßte im ureigensten Interesse - man kann dies nicht oft und stark genug betonen lieber die Freundschaft und Zusammenarbeit mit dem ohnedies entwaffneten Deutschland, mit Österreich und Ungarn suchen - schon die Grenzverhältnisse des Staates und die große Zahl der deutschen und ungarischen Staatsbürger weisen diesen Weg - als weiterhin mit Polen gegen Deutschland und mit der Kleinen Entente gegen Österreich und Ungarn die beschämende und eines selbständigen Staates wahrlich unwürdige Rolle eines französischen Vorpostens in Mitteleuropa zu spielen.

Wenn der Minister des Äußern Dr. Beneš vor einigen Tagen im Senat am Schluß der Debatte über sein Exposé seine Bündnispolitik in der Weise verteidigte, daß er meinte. Bündnispolitik müsse entwicklungsfähig sein, so können wir diesen Worten so lange keinen Glauben schenken, als der Herr Außenminister seinen Worten nicht auch einmal die Tat folgen läßt und seine bisherige starre und einseitige Bündnispolitik aufgibt und wirklich entwicklungsfähige Bündnispolitik betreibt. Leider sehen wir diesbezüglich noch keine Gesinnungsänderung des Außenministers und es ist für eine solche nicht das geringste Anzeichen vorhanden. Wenn der Herr Minister in seinem Schlußworte weiter sagte, er sei immer bestrebt gewesen, nichts zu sagen, was irgendwie hätte die zukünftige Entwicklung behindern können, so gestatte ich mir zu erwähnen, daß dies nicht immer der Fall gewesen ist. Der Herr Minister Dr. Beneš scheint bei seiner Behauptung ganz vergessen zu haben, daß er bezüglich des Anschlusses Österreichs an Deutschland einmal den Ausspruch getan hat: "Der Anschluß - das ist der Krieg." Dieser Ausspruch sieht wahrlich nicht danach aus, wie wenn der Herr Außenminister wirklich immer bestrebt gewesen wäre, nichts zu sagen, was irgendwie die künftige Entwicklung hätte behindern können.

Der Besuch des Bundeskanzlers Dr. Schober vor einigen Tagen beim italienischen König und beim Ministerpräsidenten Mussolini in Rom und sein Besuch in den jüngsten Tagen in Berlin ist ein deutlicher Fingerzeig dafür, daß man in Österreich von einer aufrichtigen Freundschaft des èechoslovakischen Staates doch nicht ganz überzeugt ist und trachtet, die Wege nicht nur nach Ungarn, sondern sogar trotz Südtirol nach Italien frei und gangbar zu machen, um auf alle Fälle vor eventuellen Liebkosungen und Überraschungen der Kleinen Entente, deren führender Staat die Èechoslovakische Republik ist, gesichert zu sein. Wenn der Herr Minister des Äußern in seinem Schlußwort noch sagte, er habe immer gute Beziehungen zu den Nachbarstaaten aufrecht erhalten und insbesondere mit Deutschland niemals einen ernsteren Konflikt gehabt, so kann diese Bemerkung in Deutschland nur so aufgefaßt werden, daß die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten bisher korrekte waren. Mehr wird man in Deutschland dem Ausspruche des Außenministers kaum entnehmen, da eben die dem èechoslovakischen Staate von Frankreich aufgezwungene Rolle in Deutschland allzubekannt ist und Deutschland Kenntnis davon hat, daß vor allem in der Èechoslovakei und auch in Polen heute ein Wettrüsten stattfindet. um eintretendenfalls binnen kürzester Frist den Vormarsch nach Berlin zu vollziehen. Diese starre und einseitige Bündnispolitik des Außenministers haben wir deutschen Christlichsozialen jederzeit, auch damals, als wir einen Vertreter in der Regierung hatten, bekämpft. Wir sehen auch heute in dieser Hinsicht keine Änderung des Kurses in der Außenpolitik, können daher den Arbeiten des Außenministers kein Vertrauen entgegenbringen und müssen neuerdings gerade im Interesse des èechoslovakischen Staates eine Änderung in der Außenpolitik verlangen, ein aufrichtig freundschaftliches Verhältnis vor allem zu Deutschland und Österreich fordern.

Unter freundsch aftlichem Verhältnis verstehen wir allerdings mehr als nur gute, das heißt korrekte Beziehungen. Ein solch freundschaftliches Verhältnis ist um so leichter herzustellen, als weder von Deutschland, noch von Österreich eine Gefahr droht.

Herr Abg. Vanèo hat im Budgetausschuß unlängst die Meinung vertreten, die Ungarn werden nicht erst nach dem Haag oder nach Genf gehen, um zu fragen, ob sie die Èechoslovakei überfallen sollen oder nicht. Sie werden sie überfallen, wenn sie sehen, daß sie nicht hinreichend vorbereitet ist. Diese Ansicht teile ich nicht, für die Behauptung fehlen die Beweise und Prophezeiungen haben nur einen sehr problematischen Wert. Wenn Herr Abg. Vanèo mit Rücksicht auf die geographische Situation des èechoslovakischen Staates findet, daß das Militärbudget kaum hinreichend genannt werden könne, gestatte ich mir zu bemerken, daß ja die Gründer dieses Staates die Grenzen desselben sich selbst gezogen haben und die Grenzen des unbewaffneten Deutschlands noch viel ausgedehnter sind, als die des èechoslovakischen Staates. Eine eventuelle Spannung mit Ungarn läßt sich auch auf friedlichem Wege bereinigen. Äußerungen, die Verdächtigungen ähnlich sehen, vergrößern nur eventuell vorhandene Schwierigkeiten mit Ungarn, statt dieselben zu verringern, und der Sache des Friedens ist mit einer solchen Argumentation nur ein sehr schlechter Dienst erwiesen. Die Deutschen, Österreicher und Ungarn als unverläßlich und revanchelustig zu bezeichnen, zu sagen, für die èechoslovakische Armee käme nur Deutschland, Österreich und Ungarn als Gegner in Betracht, die Notwendigkeit der Rüstungen der Èechoslovakischen Republik zu begründen mit den ungeheuren und geheimen Rüstungen Deutschlands und Ungarns, alle diese böswilligen Behauptungen stehen auf schwachen Füßen und sind nur als Ausreden zu werten. Solche Klagen über Unsicherheit gegenüber total abgerüsteten Nachbarn sind geradezu lächerlich und nichts anderes als leicht erkennbare Verschleierungsmanöver, um den Militarismus des eigenen Staates irgendwie, wenn auch auf eine noch so schlechte Weise begründen und der so notwendigen Abrüstung aus dem Wege gehen zu können.

Eine der wichtigsten zu lösenden Aufgaben der Èechoslovakischen Republik muß aber immer die Frage der Abrüstung sein, wie auch der Völkerbund verpflichtet ist, den Weg aufzuzeigen und die Staaten zur Abrüstung zu zwingen, wenn überhaupt der Völkerbund noch eine Existenzberechtigung. haben soll. Mit schönen Worten am grünen Tisch ist nichts getan, den Worten müssen endlich einmal die Taten folgen. Wenn die ehemaligen Siegerstaaten leider noch immer stark ausgerüstete Armeen unterhalten, so darf dies keine Richtschnur für die kleinen Staaten sein, zu denen auch die Èechoslovakische Republik gehört, vorausgesetzt natürlich, daß diese kleinen Staaten sich einer vollen Unabhängigkeit erfreuen, was allerdings bei der Èechoslovakischen Republik nicht der Fall zu sein scheint. Sollte aber die Èechoslovakische Republik, wie der Herr Außenminister uns immer versichert, doch ein unabhängiger Staat sein, der über volle Aktionsfreiheit verfügt, se möge der Herr Minister des Äußern einmal den Beweis erbringen und mit dem Minister für nationale Verteidigung sofort an einen Abbau des Militarismus gehen und diesen Abbau umso rascher bewerkstelligen, als die jetzt auf agrarischem und industriellem Gebiete herrschenden Krisen geradezu nach einem Abbau des alle Schichten der Bevölkerung drückenden Militarismus schreien, und daher die ohnedies geduldige Bevölkerung die drückenden Militärlasten nicht mehr länger ertragen kann. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch auf den § 1 des Wehrgesetzes vom 19. März 1920 hinweisen, wo es heißt: "Das Wehrsystem der Èechoslovakischen Republik wird auf der Grundlage des Milizwesens aufgebaut werden. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten für die Übergangszeit." Ich muß es als eine Kuriosität bezeichnen, wenn die damaligen Gesetzgeber ihr Gesetz heute verleugnen und nicht mehr die geringste Absicht haben, jemals die Miliz einzuführen, wie aus einer Äußerung hervorgeht, welche der heutige Ministerpräsident als seinerzeitiger Minister für nationale Verteidigung gemacht hat, daß sich die Miliz für unsere verhältnisse als unanwendbar und auch als zu teuer erweise. Ich würde es für ehrlicher und der Wahrheit entsprechender halten, das Wehrgesetz vom Jahre 1920 abzuändern in dem Sinne, daß die Heeresverwaltung an die Einführung der Miliz und an die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht gar nicht mehr denkt. Daß das heutige Wehrsystem weniger Kosten verursachen soll, als eine Miliz, und daß bei dem heutigen Wehrsystem die Militärlasten weniger drückend sein sollen, bestreite ich und mit mir die meisten Redner in der Budgetberatung, die auch lebhaft Klage darüber führten, daß die allgemeine Wehrpflicht der Bevölkerung enorme Lasten auferlegt.

Damit komme ich zu einem der unangenehmsten Kapitel in unseren Staatsausgaben, zum Voranschlag des Ministeriums für nationale Verteidigung. Das Budget des Verteidigungsministeriums wurde durch die frühere Regierungskoalition mit 1.4 Milliarden begrenzt und bewegt sich daher auch für das Jahr 1930 in denselben Grenzen. Die Heeresverwaltung hat sich im Jahre 1928, wie aus dem Staatsrechnungsabschluß für das Jahr 1928 zu ersehen ist, nicht an diese Grenzen gehalten, sondern sie um cca. 83 Millionen überschritten. Der Fehlbetrag wurde damals offenbar aus den Steuereinnahmen des Staates gedeckt. Auch im Jahre 1929 hat die Heeresverwaltung den ihr zugewiesenen Betrag von 1.4 Milliarden um cca. 75 Millionen überschritten. Die Absicht, diesen Ausfall dadurch zu decken, daß der Voranschlag für 1930 um diesen Betrag erhöht werden sollte, konnte infolge des Widerstandes einiger Parteien der früheren Koalition, darunter auch meiner Partei, nicht verwirklicht werden. Man kann daher auch für 1930 die 1.4 Milliarden Ausgaben der Heeresverwaltung nicht als definitiv ansehen, sondern muß sie um den Betrag der anscheinend zur Gewohnheit gewordenen Budgetüberschreitung erhöhen.

Dazu kommt noch die alljährliche Quote des Rüstungsfondes, so daß die präliminierten Gesamtauslagen der Heeresverwaltung für 1930 mit 1780 Millionen, nicht mit inbegriffen die Auslagen für Militärbauten, Militärpensionisten, Luftschiffe usw. anzusetzen sind. Wenn man bedenkt, daß die Gesamtau sgaben der Staatsverwaltung mit 9.36, die Gesamteinnahmen mit 9.41 Milliarden präliminiert sind, muß man die Auslagen der Heeresleitung als sehr große bezeichnen. Die Auslagen für die èechoslovakische Wehrmacht absorbieren noch immer nahezu den fünften Teil oder 20% der Staatseinnahmen. Wenn man aber die Pläne der Heeresverwaltung, z. B. die Erhöhung der Gagistengehalte, die Erhöhung des Aufwandes für die länger dienenden Unteroffiziere, die Einführung der vormilitärischen Jugenderziehung, die Ersetzung der Soldaten bei verschiedenen Handwerksleistungen durch Zivilangestellte, die Übernahme eines Teiles des Wachtdienstes durch eine Zivilgesellschaft, die Rationalisierung der militärischen Administrative usw. in Betracht zieht, muß man zur Ansicht gelangen, daß die Heeresverwaltung mit den ihr zur Verfügung stehenden, für die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Èechoslovakei gewiß sehr ansehnlichen Beträgen auch nicht das Auslangen finden wird.

Die Heeresverwaltung war zwar ängstlich bemüht, die Grenze des Voranschlages zu wahren, um sagen zu können, daß man dem Gesetze Nr.-240/26 über die Regelung des Militärbudgets entsprochen und die Grenze von 1400 Millionen für die Militärausgaben eingehalten habe. Dieses Vorgehen kann man ja als ganz schön und korrekt bezeichnen, doch die Bevölkerung wünscht mehr als die Korrektheit eines Voranschlages, sie wünscht, daß die Militärverwaltung ihre Ausgaben in vielen Punkten ist dies sehr leicht möglich - einschränkt, sie fordert einen Abbau der drückenden Militärlasten und empfindet es nicht als eine Erleichterung, wenn ihr zur Beruhigung gesagt wird, die Heeresausgaben hätten die äußerste Grenze nicht überschritten. Die Bevölkerung will auch nicht immer in der Angst leben, mit neuen Militärforderungen beglückt und überrascht zu werden und sie hat nicht den Ehrgeiz, in einem Staate wohnen zu dürfen, der rücksichtlich der relativen Höhe des Heeresbudgets nur von vier Staaten übertroffen wird.

Wenn in Dänemark und Finnland ein Abbau der Militärausgaben möglich ist, so muß dies auch im èechoslovakischen Staate durchführbar sein. (Posl. dr Luschka: So wie die neuen Uniformen!) Ja, ganz richt ig. Dänemark hat als erstes Land freiwillig ohne jeden äußeren Druck seine Streitkräfte vermindert, weil der Heeresetat seine Finanzen allzusehr anspante. In Finnland ist man gleichfalls bestrebt, die Wehrauslagen herabzusetzen, ohne damit die Verteidigung des Landes zu gefährden. Neben anderen Reformen ist in Finnland auch eine Herabsetzung der Dienstzeit durchgeführt worden. Dänemark und Finnland sind zwar kleine Staaten, doch auch die Èechoslovakische Republik ist keine Großmacht und sollte sich mehr ein Beispiel an den kleinen Staaten nehmen und nicht mit gewissen Großmachtallüren über die berechtigten Lebensinteressen ihrer Bürger hinweggehen.

Mit Bedauern muß ich ferner feststellen, daß sich im Ministerium für nationale Verteidigung der sehr kostspielige Brauch eingebürgert hat, nicht nur Militärattachés, sondern auch noch ständig Offiziere zu fremden Heeren zu delegieren, um angeblich die fremden Heereseinrichtungen zu studieren und die hiesigen Rüstungen dann entsprechend zu vervollständigen. Solche Offiziere werden meistens nach Frankreich geschickt, einige auch nach Polen, Jugoslavien usw. Es ist für die Steuerträger ein sehr kostspieliger und überflüssiger Luxus, sowohl für die französische Militärmission im Inlande, als auch für die 47 nach Frankreich und in das andere Ausland delegierten Offiziere aufkommen zu müssen. Der Steuerträger ist der Meinung, daß wenn die èechoslovakische Armee lediglich zur Verteidigung bestimmt ist, wie ihm immer vorgesagt wird, solche Ausgaben überflüssig sind und besser für Teuerungszulagen an die Mannschaft und Aufbesserung der Kost derselben verwendet werden sollten. Wenn die èechoslovakische Armee kein Ziel, sondern Mittel ist, eine Garantie für die Sicherheit des Staates, wie der Herr Minister für nationale Verteidigung unlängst erklärt hat, so ist es überhaupt nicht notwendig, in der Armee so viele aktive Offiziere zu haben. Auf 400 Soldaten entfällt ein General, auf 5 Soldaten ein Offizier, auf ein Regiment entfallen durchschnittlich 31 Stabskapitäne, obwohl nur 12 gebraucht werden. Im Ministerium für nationale Verteidigung sind neben 383 Zivilbeamten systemisiert 10 Divisionsund 15 Brigadegenerale und ca 600 Offiziere der verschiedensten Grade tätig. Dem Heere gehören allein 8656 Offiziere an, dazu kommen noch ebensoviel Fähnriche und Rottmeister. Wohin soll dies führen? Die Èechoslovakische Republik ist ein Militärstaat ersten Ranges geworden, was sicher nicht im Interesse aller den Staat bewohnenden Völker gelegen ist, die vor allem das Bes treben haben, sich dem Wiederaufbau der Wirtschaft und der Pflege der soyialen und kulturellen Aufgaben widmen zu können. Der- heute in Erscheinung tretende Militärstaat muß abgebaut werden und aus finanziellen Gründen muß vor allem ein Abbau der übermäßig großen Anzahl von Offiziersstellen erfolgen. Dadurch könnten namhafte Ersparnisse gemacht und unter anderen zur Verbesserung der Lage der Militärpensionisten verwendet werden, da es ein schreiendes Unrecht ist, die Militärpensionisten hungern zu lassen und immer nur einseitig für die Verbesserung der Lage der aktiven Gagisten besorgt zu sein. Durch Verminderung des Offizierskorps könnte auch ein Teil jener Beträge leicht sichergestellt werden, die notwendig sind, um die Voraussetzungen für die Herabsetzung der Präsenzdienstzeit zu erfüllen und vor allem für das neue Gesetz über die länger dienenden Unteroffiziere, ohne der Bevölkerung neue finanzielle Opfer auferlegen zu müssen, die Bedeckung zu haben.

Wahrlich, als eine Erleichterung hätte es die Bevölkerung freudigst begrüßt, wenn nun endlich einmal mit der Abkürzung der Dienstzeit Ernst gemacht und die 14monatige Präsenzdienstpflicht eingeführt worden wäre. Tatsachen hat man einmal erhofft, doch wiederum, wie schon so oft, nur Versprechungen gehört, Versprechungen, denen man keinen Glauben mehr schenken kann, denn wiederholt wurden die gemachten Versprechungen nicht eingehalten.

Das Wehrgesetz vom 19. März 1920, Nr. 193 Slg. d. G. u. V., sah im § 61 die Einführung der 14monatigen Dienstzeit schon für das Jahr 1926 vor. Aus militärtechnischen Gründen wurde durch das Gesetz vom 8. April 1927, Nr. 51 Slg. d. G. u. V., der Termin bis auf weiteres hinausgeschoben, zugleich aber - und daran möchte ich besonders erinnern - von dem damaligen Minister für nationale Verteidigung, dem jetzigen Ministerpräsidenten die Zusicherung gegeben, daß es in längstens drei Jahren zuversichtlich möglich sein werde, die normale 14monatige Dienstzeit einzuführen. Dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen. Was hören wir aber nun aus dem Munde des der zeitigen Heeresministers: "Daß die Bestimmung des Wehrgesetzes vom Jahre 1920, das diese Dienstzeit vom Jahre 1926 an mit 14 Monaten fixierte, übereilt gewesen sei, daß die Voraussetzungen hiezu bisher nicht gegeben sind und daß das seinerzeit beschlossene Gesetz über die Zivilanstellung der längerdienenden Unteroffiziere - eine Voraussetzung für die Herabsetzung der Präsenzdienstzeit - nicht den erwarteten Erfolg gebracht habe." Der Herr Minister für nationale Verteidigung versicherte zwar wie sein Vorgänger, daß die Militärverwaltung den besten Willen habe, unter Erfüllung gewisser Voraussetzungen zur Abkürzung der Präsenzdienstzeit zu schreiten, erklärte aber, das Versprechen seines Vorgängers, die Dienstzeit binnen zwei bis drei Jahren herabzusetzen, sei nur ein bedingungsweises Versprechen gewesen, ein Versprechen, an das er nicht gebunden ist, da eben die nötigen Vorbedingungen zur Einlösung des Versprechens zur Herabsetzung der Dienstzeit noch nicht vorhanden wären. Unter solchen Verhältnissen könnte man wirklich bald den Glauben an die Menschheit, sicher aber den Glauben an Ministerversprechungen in der Èechoslovakei verlieren. Wo ein Wille, da ist ein Weg, heißt ein Sprichwort. Wenn man aber immer betont, den Weg zu kennen, der zur Herabsetzung der Dienstzeit führen soll, diesen Weg aber niemals ernstlich beschreitet, dann muß man zur Überzeugung kommen, daß es vor allem am ernsten Willen fehlt und daß die fortwährenden Erklärungen, die nötigen Vorbedingungen zur Herabsetzung der Dienstzeit seien noch lange nicht erfüllt, nichts anderes als haltlose Ausreden sind, da man Zeit genug gehabt hätte, die Voraussetzungen zur Herabsetzung der Dienstzeit einmal der endgültigen Lösung zuzuführen.

Der Militärverwaltung hat es bisher an gutem Willen gefehlt oder an der Macht, die Herabsetzung der Dienstzeit ernstlich in Angriff nehmen zu dürfen. Wir wissen ja, daß leider in der Èechoslovakischen Republik Militärfragen immer mit Fragen der Außenpolitik im Zusammenhange stehen. Zu dieser Ansicht muß man kommen, wenn man die immer wieder zögernde Haltung der Militärverwaltung bezüglich Herabsetzung der Dienstzeit beobachtet, wenn man sieht, wie die Militärverwaltung bestrebt ist, immer mehr und mehr Schwierigkeiten aufzutü rmen, neue Bedingungen zur Herabsetzung der Dienstzeit aufzustellen, Bedingungen, welche, wie z. B. die vormilitärische Ausbildung der Jugend, auf energischen Widerstand stoßen werden. Auf diese Weise will man anscheinend die Herabsetzung der Dienstzeit hinausschieben, wenn nicht überhaupt unmöglich machen.

Wir deutschen Christlichsozialen haben seinerzeit, um die Voraussetzung für die Kürzung des Präsenzdienstes zu schaffen, für das Gesetz über die Zivilanstellung der längerdienenden Unteroffiziere gestimmt, aber die vormilitärische Ausbildung. der Jugend abgelehnt. Der Herr Minister für nationale Verteidigung greift heute das Problem der vormilitärischen Ausbildung der Jugend, wenn auch in einer sehr vorsichtigen Weise, abermals auf. Dies ist eine Tatsache, die nicht geleugnet werden kann, wenn auch der Herr Minister schlauerweise und vorsichtshalber als die Aufgabe des in Vorbereitung befindlichen Gesetzentwurfes nicht mehr die vormilitärische Ausbildung. der Jugend, sondern nur die ganz harmlos erscheinende körperliche Erziehung der Jugend, die allerdings pflichtmäßig sein soll, bezeichnet. Daß die pflichtmäßige körperliche Erziehung der Jugend nichts anderes ist als die vormilitärische Ausbildung der Jugend, ist klar. Das ist ein und dasselbe und nur ein Spiel mit Worten. Die Titeländerung verfolgt eben nur den Zweck, die eigentliche Absicht zu verschleiern und die leichtgläubigen Staatsbürger zu täuschen. Daß man den Ge-setzentwurf der vormilitärischen Erziehung der Jugend, dem Spruche folgend, "Hannemann, geh du voran, du hast die größeren Stiefel an", im Ministerium für öffentliches Gesundheitswesen und nicht mehr im Ministerium für nationale Verteidigung ausarbeiten läßt, ist auch nichts anderes als eine Verschleierung der eigentlichen Absichten und eine klugberechnete Täusch ung. (Posl. dr Luschka: Eine deutsche Belastung!) Ja! Da der Gesetzentwurf die gesamte männliche Jugend bis zum Alter der Militärdienstpflicht betrifft, so ist daraus der eigentliche Charakter des Gesetzentwurfes zur Genüge ersichtlich. Wenn die Durchführung der vormilitärischen Erziehung der Jugend überdies in die Hände der Turn- und Sportorganisationen gelegt werden soll, so bedeutet dies das Grab der Freiheit der deutschen Turn- und Sportorganisationen.

Wir verlangen und erwarten, daß sich das Ministerium für öffentliches Gesundheitswesen dem Heeresministerium nicht zu solchen Vorspanndiensten zur Verfügung stellen und ihm nicht die heißen Kastanien aus dem Feuer holen wird. Wir deutschen Christlichsozialen werden eine vormilitärische Erziehung der Jugend, von welcher Seite und unter welchem Titel immer eine solche kommen mag, auf das schärfste bekämpfen. Die vormilitärische Ausbildung der Jugend soll nun wiederum eine Vorbedingung für die Herabsetzung des Präsenzdienstes sein. Man merkt auch hier wie auf anderen Gebieten wieder sehr deutlich den französischen Einfluß und Druck. Daß die Militärverwaltung der Èechoslovakischen Republik in allem das französische Beispiel nachahmen will, ist aus einer Aktion ersichtlich, die der èechoslovakische Offiziersverband unternommen hat, indem er den Entwurf eines Gesetzes über die vo rmilitärische Erziehung der Männer und militärische Ausbildung der Frauen allen kulturellen, turnerischen und Sportorganisationen dieser Tage mit der Bitte zugesendet hat, sich darüber bis 3. März zu äuß ern und sich an der an diesem Tag über dieses Problem stattfindenden Enquete zu beteiligen. Der Entwurf sieht vor, daß nicht nur die Jugend vom 14. Lebensjahre bis zur Einrückung, sondern auch die bereits abgerüsteten Männer bis zum 50. Lebensjahre im Gebrauch der Waffe geschult werden. Auch die Frauen sollen militärisch erzogen werden, allerdings in erster Linie im Hilfsdienst, hauptsächlich im Sanitätsdienst. Die ersten Anfänge vor- und nebenmilitärischer Erziehung sollen im Rahmen der Schule erfolgen. Die Beteiligung soll freiwillig sein, doch sollen die Teilnehmer durch besondere Begünstigungen und Belohnungen angezogen werden, die das Verteidigungsministerium zu bestimmen hätte. Da möchte ich um Aufklärung ersuchen, ob das Ministerium für nationale Verteidigung den èechoslovakischen Offiziersverband mit der Durchführung dieser Aktion betraut hat und ob der èechoslovakische Offiziersverband eine Zweigstelle des Ministeriums für nationale Verteidi gung ist, wenn nicht, woher der èechoslovakische Offiziersverband die Berechtigung zu einer derartigen Aktion nimmt, denn nach meiner Anschauung ist zur Durchführung solcher Aktionen doch nur das Parlament legitimiert. Entweder hofft der Herr Minister, in der heutigen Mehrheit, in der auch die sozialistischen Parteien sehr einflußreich vertreten sind, die Erziehung der Zivilbevölkerung zur Wehrhaftigkeit, insbesondere die vormilitärische Ausbildung der Jugend unter dem Decknamen "körperliche Erziehung der Jugend und der Zivilbevölkerung" leichter durchbringen zu können als sein Vorgänger in der früheren Mehrheit, in der die vo rmilitärische Ausbildung der Jugend gerade wegen des Widerstandes mehrerer bürgerlicher Parteien, zu denen auch meine Partei gehörte und die von den Sozialdemokraten immer als militaristisch angefeindet wurden, fallen gelassen werden mußte, oder der Herr Minister hofft, falls die Sozialdemokraten in die Mausefalle nicht gehen sollten, auf diese einfachste Weise die Herabsetzung der Dienstzeit ad kalendas Graecas zu verschieben. Aus dieser Haltung der Militärverwaltung zur Frage der Herabsetzung der Dienstzeit ist ersichtlich, daß die Bevölkerung noch sehr lange auf die Erfüllung ihres so berechtigten Wunsches wird warten müssen oder sich die Herabsetzung der Dienstzeit - da die fünf Voraussetzungen für die Herabsetzung der Dienstzeit mit gewissen, sicher nicht kleinen finanziellen Opfern verbunden sein werden, wie der Herr Minister bereits angekündigt hat - nur mit groß en finanziellen Opfern wird erkaufen können.

Statt Entlastung wieder Belastung! Der Weg zur Herabsetzung der Dienstzeit ist durch die diesbezüglichen Erklärungen des Herrn Ministers im Wehrausschuß am 23. Jänner 1930 nicht kürzer und einfacher, sondern länger und komplizierter geworden und die Bevölkerung um eine Hoffnung ärmer, was umso trauriger ist, als dieselbe bei der jetzt herrschenden Agrar- und Industri ekrise ohnedies sonst genug Leiden zu erdulden hat. Es ist höchste Zeit, daß auch die Militärverwaltung einmal auf die Leistungsfähigkeit der Staatsbürger Rücksicht nimmt, denn ein Zusammenbruch der Volkswirtschaft hätte unleugbar den Bankrott und schließlich den Ruin des Staates im Gefolge.

Wenn ich über die Behandlung der deutschen Soldaten in der Armee noch sprechen soll, gebe ich gerne zu, daß dieselbe mancherorts ein wenig besser geworden, aber noch lange nicht gut ist. Die Animosität gegen die Deutschen ist in der Heeresleitung noch nicht ganz gewichen. Die deutschen Rekruten teilt man immer noch meistens in Regimenter ein, die fern der Heimat in der Slovakei liegen und deren Regimentsstab vorwiegend aus ehemaligen Legionären, jetzt natürlich Offizieren, be steht. Man kann sich vorstellen, daß die Behandlung der Deutschen in diesen Regimentern keine besonders wohlwollende ist; der deutsche Soldat findet weder beim èechischen Soldaten oder Unteroffizier, noch beim èechischen Offizier auch nur die geringste Anlehnung. Auch sein Verkehr mit etwaigen deutschen Kameraden wird überwacht und mit scheelen Augen angesehen. Eine traurige Isolierung ist es, in der sich der Deutsche in der èechoslovakischen Armee befindet, und es ist infolgedessen kein Wunder, wenn sich der jungen Leute sehr oft tiefe seelische Niedergedrücktheit bemächtigt, die bei empfindsamen Naturen sogar zum Selbstmord führen kann. Die Heeresleitung darf in einem Volksheer, wie es ja die èechoslovakische Armee sein soll, keinesfalls eine die übrigen Nationalitäten des Staates zurücksetzende und abstoßende Behandlung dulden; denn es müssen nicht nur die Èechen und Slovaken, sondern auch die Deutschen und Ungarn zur Erhaltung der Armee sehr große Opfer bringen, sie haben daher ein Recht zu verlangen, auch in der Armee als Gleiche unter Gleichen behandelt zu werden, falls dieser Satz ernste Wirklichkeit und nicht nur eine lächerliche Farce bedeuten soll.


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