Ètvrtek 20. února 1930

Nicht geändert hat sich leider auch unter dem neuen Regime die Behandlung der von deutscher Seite und zwar nicht bloß von Seite der Opposition, auch von Seite deutscher Regierungsabgeordneter in erdrückender Menge und Reichhaltigkeit vorgetragenen Beschwerden; das muß gegenüber den Vertuschungsmethoden deutscher Zeitungen, die nicht den Mut aufbringen, ihren Lesern diese Tatsache klar und deutlich mitzuteilen, ausdrücklich festgestellt werden. Ist es nicht beschämend, wenn die einzelnen Ressortminister die stundenlangen Ausführungen deutscher Redner über erfolgte Zurücksetzungen und Bedrückungen kurz mit der Bemerkung abtun, daß "die von deutscher Seite erhobenen Beschwerden vollständig unbegründet sind", siehe Mlèoch, dr Franke u. a. Es darf wohl angenommen werden, daß die deutschen Volksvertreter ihre Behauptungen nur auf Grund eines klaren Tatsachenmaterials vorbringen und keine Märchen erzählen werden. Wenn z. B. behauptet wird, daß bei den Ministerien und Zentralstellen deutsche Beamte gar nicht oder nur in geringer Zahl zu finden sind und wenn eine stärkere Berücksichtigung des deutschen Elementes verlangt wird, so kann doch diese Tatsache, die ohneweiteres ziffernmäßig nachzuweisen ist, nicht einfach damit abgetan werden, daß z. B. der Herr Minister erklärt. man frage nicht nach der Nationalität der Beamten, sondern nur nach ihrer Brauchbarkeit und Verwendbarkeit. Und das ist wohl die schmerzliche Erkenntnis für manchen Träumer auf deutscher Seite, besonders für die Herren der Arbeitsund Wirtschaftsgemeinschaft, daß auf dem auch jetzt wieder eingeschlagenen Wege des bedingungslosen Eintrittes deutscher Parteien in die Regierung ohne vorher vereinbartes Programm in alle Ewigkeit die Bereinigung der nationalen Frage in diesem Staate niemals möglich sein wird, was die Nationalpartei ja schon bei der Durchführung des ersten Experimentes behauptet hat. Wir sehen eben das Grundübel tiefer und glauben, daß eine Besserung nur durch eine radikale Änderung des ganzen Systems, das heute in der Verfassung und im ganzen Aufbau des Staates verankert ist, eintreten kann und daß die Èechen, die den Staat in Wirklichkeit beherrschende Nation, nur durch den geschlossenen deutschen Widerstandswillen gezwungen werden könnten, die von uns gewünschte und für unser Eigenleben als Volk notwendige Änderung vorzunehmen.

Zu diesen Gedankengängen kommt man unwillkürlich, wenn man die Vorgänge im Budgetausschusse auch bei Behandlung z. B. des Schulkapitels einer kritischen Betrachtung unterzieht. Die Schule ist die empfindlichste Stelle an unserem Volkskörper und das mit Recht, handelt es sich hier doch um ein Kulturgut, um eine Einrichtung, an deren Entwicklung alle Kreise unseres Volkes das lebhafteste Interesse haben, weil davon nicht zuletzt die Zukunft des Volkes selbst und seine Konkurrenzmöglichkeit im Kampfe um das Dasein mit anderen Völkern abhängt. Und gerade auf diesem lebenswichtigsten Gebiete mußten wir schon seit unserer erzwungenen Zugehörigkeit zum èechischen Staate eine schwere, verletztende, ja wie wir behaupten, beabsichtigte Zurücksetzung und Vernachlässigung beobachten, die in uns schließlich die Erkenntnis aufkommen ließ, daß eben Fremdnationale niemals imstande sind, Kulturgüter eines anderen Volkes unvoreingenommen zu betreuen und zu verwalten. Aus dieser im Laufe der Jahre gewonnenen Erkenntnis entstand auf deutscher Seite die selbstverständliche Forderung nach der kulturellen Autonomie, nach der Selbstverwaltung des Schulwesens. Wir vertreten die Ansicht, daß die Schule dem Streite der Völker, den nationalen Kämpfen und Reibungen, wie sie immer vorhanden sein werden, wo Völker so dicht und durcheinander siedeln, entrückt werden muß, soll sie ihrer hohen Aufgabe entsprechen können. Es wird immer, wie ich schon in meiner Budgetrede am 1. Dezember 1920 ausführte, ein Schandfleck auf der Ehre des èechischen Namens sein und bleiben, daß man mit der Begründung, daß das deutsche Schulwesen sich dank - der besonderen Fürsorge des österreichischen Staates besser entwickeln konnte, gleich nach dem Umsturze einen erbitterten Kampf gegen unser Schulwesen führte, der jedem Begriffe von Gerechtigkeit und Fürsorge für einen zeitgemäßen Ausbau des deutschen Schulwesens Hohn sprach und dem, wie Sie wissen, bei 3000 Schulklassen zum Opfer fielen, statt daß die Èechen in edlem Wettstreit ihr eigenes Schulwesen emporentwickelt hätten.

Es war begreiflich, daß die deutschen Vertreter auch bei der diesjäh rigen Schuhdebatte gerade über diesen für urser Volk wichtigsten Punkt, über die deutsche Schulselbstverwaltung, vom neuen Minister für Schulwesen und Volkskultur Aufklärung wünschten und eine klare Antwort und Stellungnahme erwarteten. Sie durften dies umsomehr, als Minister Dérer Mitglied der èechischen sozialdemokratischen Partei ist, die angeblich beim Eintri tte der deutschen sozialdemokratischen Partei in die Regierung den deutschen Genossen die weitestgehende Berücksichtigung der deutschen kulturellen Forderungen zugesagt hat, weiters die deutsche sozialdemokratische Partei selbst in dieser Richtung nach ihrer Vergangenheit unzweideutig festgelegt ist und die kulturelle Autonomie als ersten Schritt auf dem Wege des anzustrebenden nationalen Ausgleiches jederzeit verlangte, weiters die Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft vor ihrem Eintritte in die Regierung diese Forderung nachdrücklichst vertreten und schließlich der Bund der Landwirte seine diesbezüglichen Beschlüsse aus früherer Zeit bis heute nicht widerrufen hat. Was uns Herr Minister Dérer über diese von allen deutschen Parteien somit einmütig vertretene Forderung zu sagen hatte, ist mehr als dü rftig und darf schon jetzt nicht unwidersprochen bleiben. Er sagt darüber: "Die Forderung nach national-kultureller Autonomie der Deutschen kann nicht politisch beurteilt werden. sondern einzig und allein vom Standpunkt der pädagogischen und administrativen Zweckmäßigkeit. Zur Geltendmachung von nationalkulturellen Interessen unserer deutschen Mitbürger in der Schulerziehung wird sich genug Gelegenheit im Rahmen des gesamtstaatlichen Interesses finden. In pädagogischer Hinsicht gelangen die nationalkulturellen Bestrebungen unserer Deutschen bereits jetzt in vollem Maße zur Geltung. Ihre Geltendmachung in der Administrative ist freilich Sache der Schulverfassung."

Angesichts dieses unklaren und mehr als zweideutigen Wortlautes kann man wohl behaupten, daß die Pythia in Delphi seinerzeit bei ihren Orakelsprüchen klarer und deutlicher gewesen ist als der èechoslovakische Unterrichtsminister Dérer bei seiner Beantwortung der Frage nach der deutschen Schulselbstverwaltung. Der "Sozialdemokrat", das Organ der deutschen sozialdemokratischen Partei, hat durchaus recht, wenn er in seiner Nummer vom 9. Feber 1. J. in einem Aufsatze "Höchst überflüssige Aufregung" den Herrn Minister Dérer gegen Angriffe mit dem Hinweise verteidigt, daß man aus seinen Worten auch etwas anderes herauslesen kann, als "gründliches Mißverstehen oder gar böswillige Andeutung" darin zu finden. Es ist richtig, man kann darin alles, man kann darin aber auch gar nichts finden. Was heißt es denn, wenn der Herr Unterrichtsminister unsere Forderung nach der kulturellen Autonomie nicht vom politischen, sondern vom Standpunkte der pädagogischen und administrativen Zweckmäßigkeit beurteilt. Wir sind vollständig einverstanden, wenn diese Frage des politischen Charakters entkleidet wird. Gerade die erzieherische Aufgabe der Schule verlangt doch, daß das deutsche Schulwesen in die Hand Konnationaler gelegt wird, welche allein das richtige Verständnis für seine Bedürfnisse und Notwendigkeiten aufbringen. Die administrative Zweckmäßigkeit einer solchen Maßnahme ist doch schon dadurch gegeben, daß die ganze Verwaltung vereinfacht und verbilligt wird und sich reibungslos gestalten würde. Wird aber nicht gerade von èechischer Seite im Gegensatze zur deutschen Auffassung immer wieder betont, daß diese deutsche Forderung einen hochpolitischen Charakter hat und eben deshalb nicht verhandelt werden darf?

Der Abg. Lukavský sprach sich gerade dieser Tage in einem Artikel des Pilsner "Èeský Deník" entschieden gegen eine kulturelle Selbstverwaltung der Deutschen aus. Er erklärt u. a., es sei nicht wahr, daß die Autonomiebestrebungen der Deutschen von pädagogischen und administrativen Gründen geleitet sind, sondern ihr tatsächliches Hauptmoment sei politisch. Die deutsche Jugend soll nach Einführung der deutschen Schulautonomie so erzogen werden, daß sie den großen Kampf mit den Èechen um das deutsche Selbstbestimmungsrecht siegreich führen könne. Schließlich erklärt Dr. Lukavský: "Personalkataster und Finanzierung der Schulen nach der Nationalität ist nicht bloß Sache der Schuladministrative. Das wäre eine völlige Zerrüttung der Schulverwaltung, ein Entfachen von Schulkämpfen von Familie zu Familie, von Kind zu Kind. Und wer wirtschaftlich stärker ist, der ist auch rücksichtsloser und erzielt auch größere Erfolge." "Národ" fügt hinzu: "Die Gründe des Dr. Lukavský werden gewiß alle guten Èechen davon überzeugt haben, daß die deutsche Schulautonomie ein Verbrechen an der èechischen nationalen Sache wäre."

Es würde gewiß sehr verdienstvoll sein, wenn Herr Minister Dérer zunächst seine Aufgabe darin erblicken würde, die èechische Öffentlichkeit nach dieser Richtung aufzuklären und zu einer ruhigen und sachlichen Beurteilung dieser Frage zu bringen.

Was heißt es weiters, wenn Herr Dérer erklärt, daß sich zur Geltendmachung der nationalen, kulturellen Interessen der deutschen Mitbürger in der Schulerziehung genug Gelegenheit im Rahmen der gesamtstaatlichen Interessen findet? Darin, wie der "Sozialdemokrat" eine Verheißung zu erblicken, ist mir unverständlich. Gewiß wäre es möglich, bei der Schulerziehung die nationalen, kulturellen Interessen des deutschen Volkes wahrzunehmen, wenn die Schule eben eine Pflegestätte des deutschen Volkstums sein und die Kinder zu nationalbewußten Gliedern ihres Volkes heranziehen dürfte. Das war wohl im alten Österreich den Èechen sogar über den Rahmen der gesamtstaaltichen Interessen hinaus möglich und wurde auch in bewundernswerter Weise von ihren Volkserziehern besorgt, ist uns aber im èechoslovakischen Staate heute erschwert, ja geradezu unmöglich, wenn nicht der Lehrer seine Stellung selbst auf das Spiel setzen will. Nur in der vorsichtigsten Weise darf Liebe und Anhänglichkeit an das eigene angest ammte Volkstum gepredigt und gepflegt, deutsche Volks- und Heimatkunde und deutsche Geschichte ermittelt werden. Wehe dem Lehrer, der es wagen würde, über den Rahmen der staatlich punzierten èechischen Geschichtsauffassung und engherzigen einseitigen Geschichtsdarstellung hinauszugehen! Wie sollen wir unsere nationalen und kulturellen Interessen wahrnehmen, wenn die kulturellen Einrichtungen, die zu ihrer Wahrnehmung im alten Österreich geschaffen worden waren, im neuen Staate als unzeitgemäß weitestgehend abgebaut, unsere Kulturinstitute einer zur Mehrheit èechischen Schulaufsichtsbehörde unterstellt wurden! Ist es nicht richtig, wenn ich behaupte, daß wir in dieser Hinsicht vor dem Umsturze weiter waren wie jetzt, trotz aller demokratischen Betonung, da doch die nationale Sektionierung in allen Schulbehörden von unten bis zum Ministerium hinauf bestand? Man hätte es doch so leicht gehabt, wenn man auf dieser erprobten und bewährten Grundlage des alten Österreich weiter bauend, allmählich den Völkern in ruhiger stetiger Weiter- und Aufwärtsentwicklung ihr Kulturleben in eigene Verwaltung und Verwahrung übergeben hätte! Die Wiederherstellung nur des alten früheren Zustandes ist gewiß keine politische Angelegenheit, sondern nur, um mit Herrn Dérer zu sprechen, eine pädagogische und administrative Zweckmäßigkeit, die sofort vom Unterrichtsminister verfügt werden könnte und mehr als Worte beweisen würde, daß ein neuer fortschrittlicher und nicht national engherziger Geist in der Schulverwaltung eingezogen ist.

Die vorsichtig gehaltenen, meist dunklen und unklaren Ausführungen des Herrn Ministers Dérer über die deutsche Forderung nach der Schulselbstverwaltung können uns daher in keiner Weise befriedigen. Gerade in dieser Frage darf es keine Unklarheit, kein Vorbeireden geben! Denn hier handelt es sich um das ureigenste, primitivste Recht eines jeden Volkes, sich kulturell ohne fremdvölkische Beeinflussung in eigener Verwaltung ausleben zu können. Hier gilt das Bibelwort: "Deine Rede sei: Ja, ja, Nein, nein!" Wir verlangen eine klare und eindeutige Antwort, weil diese Antwort zugleich auch ein Prüfstein für die so oft und von vielen èechischen Staatsmännern immer wieder mit schönen Worten betonte friedliche Gesinnung den deutschen Mitbürgern gegenüber ist. Sie werden es begreiflich finden, daß wir an dieser Ausgleichsbereitschaft zweifeln, solange das èechische Staatsvolk noch nicht einmal so weit ist, über kulturelle Fragen vor- urteilsfrei und leidenschaftslos mit den Vertretern des deutschen Volkes zu verhandeln und sie dem unfruchtbaren Streite zu entziehen. Wir werden auch von den deutschen Parteien in der Regierung nach Jahr und Tag Rechenschaft fordern müssen, ob sie imstande waren, ihren Einfluß auf allen Gebieten des öffentlichen und staatlichen Lebens geltend zu machen und dem deutschen Volke die ihm gebührende Stellung im allgemeinen zu erkämpfen, besonders aber die Grundforderung nach der nationalen Selbstverwaltung und vor allem nach der Kulturautonomie durchzusetzen. Wir wollen diese Parteien nicht im Unklaren darüber lassen, daß wir diesen Kampf mit aller Schärfe führen werden, wenn ihr Versagen zu Tage treten wird. Es wird uns keineswegs genügen, wenn in der Zukunft auch von deutscher Regierungsseite am Voranschlage wie heuer immer nur heftig Kritik geübt wird, wenn sich aber an demselben zu Gunsten der deutschen Bedürfnisse nichts ändert, wenn auf der einen Seite die Posten, die unser Volk schwer schädigen, ja geradezu zu seiner Bekämpfung dienen, erhalten bleiben, auf der anderen Seite aber für dringende und äußerst notwendige deutsche Erfordernisse kein Geld vorhanden ist.

Wenn wir in dieser Richtung den Schulvoranschlag überprüfen, werden wir eine mehr als stiefmütterliche Behandlung der deutschen Schul- und Kulturbedürfnisse in allen Zweigen der Unterrichtsverwaltung feststellen können. Sie wurde bei den einzelnen Kapiteln ziffernmäßig nachgewiesen, ohne daß der Herr Minister Dérer uns auch nur mit einem Worte für die Zukunft versprochen hätte, hier gründlich Wandel zu schaffen. Wenn von deutscher Seite in ausführlichster Darstellung das kostspielige und höchst überflüssige Minderheitsschulwesen behandelt wurde, dann genügt es mir nicht, wenn der Herr Minister in seiner Antwort davon spricht, daß beiderseits eine gewisse nicht berechtigte Nervosität und die Neigung besteht, lokale Dinge zu verallgemeinern und daß die deutschen Befürchtungen übertrieben sind. Ist es nicht begreiflich, daß die deutsche Bevölkerung eine gewisse Nervosität erfassen muß, wenn sie sieht, wie hier mit den schwer erpreßten Steuergeldern gewirtschaftet wird, wie oft für wenige èechische Kinder, die zur nächsten èechischen Schule nur wenige Kilometer haben, eine eigene Schule erbaut und unterhalten wird, wie für einen èechischen Kindergarten, für den èechische Kinder im Orte nicht vorhanden sind, deutsche Kinder durch Geschenke eingefangen und damit ihrem Volkstum entfremdet werden. Handelt es sich nur um lokale Dinge, wenn hunderte Minderheitsschulen in Betracht kommen? Sind da die deutschen Befürchtungen nicht berechtigt?

Wenn der Herr Minister demgegenüber unter Hinweis auf die Èechen in Österreich und die Slovaken in Ungarn, die trotz schwersten Druckes nicht entnationalisiert werden konnten, behauptet, daß die Deutschen in der demokratischen Èechoslovakei mit Rücksicht auf die Möglichkeit nationaler und kultureller Entwicklung nicht èechisiert werden können und daß derartige Tendenzen überhaupt nicht bestehen, so irrt er zweifach. Er übersieht, daß das deutsche Volk infolge seiner alten Kultur mehr zum Kosmopolitismus neigt, als die Èechen und Slovaken, weiters daß die Kriegsverhältnisse eine mehr materialistische, opportunistische Einstellung der Bevölkerung zur Folge hatten, und er leugnet, daß die Absicht zur Èechisierung besteht. Das ist zwar in der Verfassung festgelegt, die jede Entnationalisierungsabsicht unter Strafe stellt, trotzdem wird sie ganz offensichtlich und zielbewußt sogar von Staats wegen betrieben. Sie äußert sich beim Seelenfang in den Kindergärten, in dem berüchtigten Reklamationsverfahren in den Volksschulen, bei dem Druck auf deutsche staatliche Beamte, Angestellte und Offiziere, ihre Kinder in die èechische Schule zu schicken, sie äußert sich bei Vergebungen von Tabaktrafiken, Bahnhofsrestaurationen und ähnlichen Stellen, sie zeigt sich bei allen Schritten der Regierung. Diese Entnationalisierungstendenz äußert sich auch bei der geistigen Beeinflussung, die durch eine von der Regierung unterhaltenen, deutsch geschriebenen Regierungspresse ständig vorgenommen wird, um den nationalen Widerstandsgeist in der deutschen Bevölkerung zu brechen und die seelische Einschmelzung und Èechoslovakisierung vorzubereiten.

Die Minderheitsschulen sind nicht, wie der Herr Minister Dérer sagt, ein rein pädagogisches und Schulproblem, sondern sie sind nach unserer Auffassung besonders in den Orten, wo sie keine durch die vorhandene Kinderzahl bedingte Notwendigkeit sind, der mit bewußter Absicht geschaffene Kristallisationspunkt der Èechisierung, die Brutstätte der Verhetzung beider Nationen, die Keimzelle der auf diesem Wege herbeizuführenden Entwicklung und damit für uns Deutsche berechtigterweise der Stein des Anstoßes, das Zwing-Uri, das uns täglich daran erinnert, daß wir in der Knechtschaft leben und einen harten unerbittlichen, fremdnationalen Fronvogt über uns haben. Schon die Rücksichtnahme auf die deutsche Gefühlswelt und Empfindlich keit sollte die verantwortlichen cechischen Staatsmänner veranlassen, bei der Neuerrichtung solcher Minderheitsschulen mit der größten Vorsicht und nur bei unbedingt gegebenem Bedarf vorzugehen. Dem Grundsatze, daß jedes Kind einer Minderheitsnation die Möglichkeit haben muß, in seiner Muttersprache unterrichtet zu werden, stimmen auch die Deutschen vorbehaltlos zu, müssen aber verlangen, daß er auch für die deutschen Kinder im èechischen Sprachgebiete zur Anwendung kommt. Viele hunderte deutsche Staatsbeamte wurden nach dem Umsturze angeblich zur Erlernung der èechischen Sprache, in Wirklichkeit aber, um für èechische Beamte in deutschen Gemeinden Platz zu machen und hier die Èechisierung zu fördern, ins èechische Sprachgebiet versetzt. Da sie nun bei den geringen Bezügen nicht die Möglichkeit haben, ihre Kinder außer Haus zu geben, sind sie gezwungen, diese in die èechische Schule zu schicken. Es ist bezeichnend, daß nach dem Ausweise des statistischen Staatsamtes im Schuljahre 1924/25 (ein späterer Ausweis liegt leider nicht vor) 9628 deutsche Kinder èechische Schulen, aber nur 3612 èechische Schulkinder deutsche Schulen besuchten. Es muß daher in logischer Entwicklung des von Herrn Minister Dérer vertretenen Grundsatzes, daß jedes Kind in seiner Muttersprache unterrichtet werden soll, verlangt werden, daß für die Kinder deutscher Beamten in èechischen Gemeinden ebenfalls deutsche Minderheitsschulen errichtet, deutsche Schulmöglichkeiten geschaffen oder aber die Eltern wieder ins deutsche Sprachgebiet zurückversetzt werden. Leider zeigt sich auch auf dem Gebiete des Minderheitsschulwesens die gleiche Ungerechtigkeit, so daß wir wohl mit dem Schuljahre 1929/30 192 èechische Minderheitsbürgerschulen und 1132 èechische Minderheitsvolksschulen und 685 Kindergärten, aber nur 6 deutsche Minderheitsbürgerschulen und 16 deutsche Minderheitsvolksschulen haben, die übrigens nicht neu errichtet, sondern nur aus öffentlichen Schulen zu Minderheitsschulen umgewandelt wurden, weil die betreffenden èechischen Gemeinden sich weigerten, die Kosten für diese Schulen weiterzutragen.

Wir werden auch auf dem Gebiete des Minderheitsschulwesens die neue Regierung genauest beobachten und überwachen und die deutschen Regierungsparteien für alle Handlungen mitverantwortlich machen, da wir nicht gewillt sind, einer weiteren Durchsetzung des deutschel Sprachgebietes ruhig zuzusehen.

In gleicher Weise werden wir auch sonst die Regierung nach ihren Handlungen beurteilen, vor allem nach dem, welches Wohlwollen und welche Fürsorge sie für die deutschen Schul- und Kulturbedürfnisse aufbringen wird. Es erscheint uns unerträglich, daß notwendige deutsche Schulgründungen trotz jahrelangen Betreibens nicht vorgenommen und deren Errichtung durch den Kulturverband hintertrieben wird, dafür aber überflüssige èechische Schulen in der kürzesten Zeit, gewissermaßen über Nacht bewilligt werden. Es ersch-eint uns unerträglich, wenn in einer überwiegend deutschen Gemeinde die deutsche Stammschule aufgelassen, dafür aber eine èechische Minderheitsschule gegründet wird, wobei die Kinder für diese überflüssige Schule von weit her geholt werden. Es erscheint uns unerträglich, wenn für die Unterbringung èechischer Hochschulen Pracht- und Prunkgebäude erstehen, während die deutschen Hochschulen in elenden, ungenügenden und ungesunden Räumen ein mehr als kärgliches Dasein fristen müssen, wobei die deutschen Studierenden an Seele und Leib schweren Schaden leiden und außerdem infolge der Unzulänglichkeit des wissenschaftlichen Betriebes nicht die entsprechende Ausbildung für die spätere Konkurrenzmöglichkeit im Leben erhalten. Es erscheint uns unerträglich, wenn deutsche Studierende infolge des Mangels an deutschen Hochschulen der betreffenden Disziplinen gezwungen werden, èechische Hochschulen zu besuchen. Ich erwähne nur die fehlende deutsche Handelshochschule, die montanistische Hochschule, die Forsthochschule, die Hochschule für bildende Kunst und für Leibesübungen. Ich verweise in diesem Zusammenhange auch auf die ungeheuerliche Vergewaltigung, deren zehnjähriger unrühmlicher Gedenktag am 19. Feber d. J., also gestern war, die darin bestand, daß durch das Universitätsgesetz vom 13. Jänner bezw. 19. Feber 1920 entgegen der klar formulierten Rechtsbasis der deutschen Universität ihr altehrwürdiger historischer Name "Carola - Ferdinandea" genommen wurde. Es wäre nur die Wiedergutmachung des schreienden Unrechtes für das èechische Staatsvolk die Tilgung eines Schandfleckes auf dem Schilde dieses demokratischen Staates wenn man vielleicht dieses Gesetz außer Kraft setzen und der deutschen Universität ihren alten Namen wieder zurückgeben würde, nach dem Vorschlage des Professorenkollegiums der deutschen Universität in der Weise, daß beide Prager Universitäten zur Führung des alten Namens berechtigt wären.

Ebenso unbefriedigend war die Antwort des Herrn Ministers auf meine Anfrage bezüglich des neuen Anschlages auf die deutschen Hochschulen in der Sprachenfrage, im konkreten Falle gegen die deutsche technische Hochschule in Brünn. Der Minister hätte nach meiner Auffassung nicht bloß das Recht, sondern sogar die Pflicht gehabt, diesen unglaublichen Erlaß sofort außer Kraft zu setzen und den schuldigen Beamten für diesen Übergriff sofort zur Verantwortung zu ziehen. Dies umsomehr, als dieser Erlaß durch eine Behörde veranlaßt wurde, die überhaupt mit der Schulverwaltung nichts zu tun hat. Er hat das nicht getan. Er hat sich auf die nichtssagende Erklärung, die Sachlage erst juridisch überprüfen zu lassen, zurückgezogen und damit unser Mißtrauen gegen den im Ministerium für Schulwesen und Volkskultur herrschenden Geist der Deutschfeindlichkeit, der unausrottbar scheint, noch verstärkt.

Wir sehen also auf keinem Gebiete der Staatsverwaltung auch nur die geringsten Anzeichen einer beginnenden Besserung zu Gunsten des deutschen Volkes, obwohl deutsche Parteien mit die Träger der Regierung und damit der Verantwortung sind. Wir werden selbst in den wichtigsten und Lebensfragen mit schönen Worten oder mit nichtssagenden Ausflüchten, wie die Antwort des Herrn Ministers Dérer und der übrigen Minister bei der Budgetberatung zeigt, abgespeist und immer wieder auf die Zukunft vertröstet. Unsere ohnehin an sträflichen Leichtsinn grenzende Geduld und Langmut geht langsam ihrem Ende entgegen. Wir sind der Ansicht, daß man bei der jahrelangen Mitarbeit deutscher Parteien doch schon wenigstens jenen Erfolg sehen müßte, der in der Anwendung der geltenden Gesetze besteht. Ich verweise wieder auf den jüngsten Sprachenzwischenfall in der Schulverwaltung, wo doch das Sprachengesetz für diesen Zweig der Verwaltung überhaupt nicht gilt. Der Zustand ist doch unerträglich, daß ein kleiner, unverantwortlicher Beamte heute die Möglichkeit hat, immer wieder einen für das deutsche Volk beschämenden, verletzenden Zustand herbeizuführen, wie es z. B. jüngst bei dem Hochschulerlaß der Fall war. Wir werden dem unhaltbaren Zustand gegenüber auf eine Klärung drängen und Anträge einbringen, welche unsere Rechte, besonders auch nach der kulturellen Seite hin, ein für allemal und für alle Zukunft zu sichern imstande sind, um auch der deutschen Bevölkerung zu zeigen, wie weit die Einsicht und das Verantwortungsgefühl des èechischen Volkes und auf der anderen Seite die Verantwortungslosigkeit deutscher Parteien geht. Wir verlangen und fordern nachdrücklichst, daß die in den Minderheitsschutzverträgen aufgestellten Wechsel, die gegebenen Zusagen und Versprechungen endlich eingelöst und auch dem sudetendeutschen Volke der ihm gebührende Anteil an der Macht im Staate gegeben werde.

Wir lehnen die, dem deutschen Volke scheinbar in diesem Staate zugedachte Rolle, nur Objekt der èechischen Politik zu sein, mit aller Entschiedenheit ab und rufen die deutsche Bevölkerung zum unerbittlichen, zähen Kampfe um ihre Rechte auf. Wir werden, wie ich bereits bei der Debatte anläßlich der Regierungserklärung ausgeführt habe, unsere Stellung der Regierung und damit auch den deutschen Regierungsparteien gegenüber abhängig machen von den Taten und Handlungen dieser Regierung unserem Volke gegenüber. Da wir selbst bei der nachsichtigsten Beurteilung ein Entgegenkommen nicht feststellen können, lehnen wir den Staatsvoranschlag ab und werden unsere Stimmen zum Zeichen des schärfsten Mißtrauens gegen den Voranschlag abgeben. (Potlesk.)

  1. 3. Øeè posl. Oehlingera (viz str. 48 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wir deutschen Christlichsozialen wünschen den Frieden im Innern und nach Außen und glauben damit nicht nur unserem Volke, sondern auch dem Staate, in dem wir wohnen, am besten zu dienen, denn der Frieden im Innern und nach Außen ist viel mehr wert, als noch so viele Militärkonventionen und noch so viele Armeekorps. Die Linie unserer Politik war und wird daher, sei es innerhalb, sei es außerhalb der Regierung, immer sein: Verständigung und Völkerversöhnung. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Taub.)

Wir haben bisher alle Friedensbestrebungen, die darauf ausgehen, sowohl den Völkern dieses Staates den Frieden zu sichern, als auch eine friedliche Entwicklung Europas sicherzustellen, auf das Wärmste begrüßt und das Tatkräftigste unterstützt. Wir wissen, daß in einigen Staaten starke Strömungen für eine umfassende Friedenspolitik vorhanden sind, wir müssen aber auch mit Bedauern feststellen, daß die auf militärische Machtpolitik eingestellte Gedankenrichtung in den meisten Staaten, leider auch in der Èechoslovakischen Republik, noch weit stärker ist, als die auf die Verständigung und Völkerversöhnung. Wir können daher diesen Friedensbestrebungen erst dann vollen Glauben schenken, wenn dieselben auf die Militärbudgets der Staaten, das Militärbudget der Èechoslovakischen Republik nicht ausgenommen, ihren Einfluß ausüben.

Gewiß ist auf vielen Tagungen der letzten Zeit über Abrüstung gesprochen worden der Minister des Äußern Dr. Beneš ist sogar Obmann der Abrüstungskommission beim Völkerbund - doch den schönen Worten folgte bisher nicht die Tat, so daß man mit Fug und Recht von einer Abrüstungskomödie sprechen kann. Nicht anders sind die Widersprüche z. B. zwischen den hohen Worten des Völkerbundpaktes, wo es im Art. 8 heißt: "daß die Aufrechterhaltung des Friedens eine Herabsetzung der Rüstungen auf das Mindestmaß erfordert, das mit der nationalen Sicherheit und mit der Erzwingung internationaler Verpflichtungen durch ein gemeinsames Vorgehen vereinbar ist"; wo im Art. 11 gesagt wird: "daß der Friede nicht von der Stärke der Rüstungen, sondern von dem guten Einvernehmen zwischen den einzelnen Nationen abhängen soll", wo im Art. 16 versichert wird: "daß die vorgesehenen Sanktionen gegen Friedensbrecher nur bei gleichmäßiger Beschränkuung der Rüstungen möglich sind", und dem tatsächlichen Verhalten der Siegerstaaten, zu denen sich ja auch die Èechoslovakische Republik, besonders vor und sogar nach der Haager Konferenz mit Stolz gerechnet hat und rechnet, zu bezeichnen.


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