Ich möchte einige Worte zum Finanzgesetz sprechen und den Finanzminister bitten, er möge das Finanzgesetz in Hinkunft so einrichten, daß die Subventionen quartalsmäßig ausgezahlt werden. Das Finanzgesetz bestimmt, daß Subventionen erst im letzten Quartal ausgezahlt werden. Meine Damen und Herren, wer nimmt denn Subventionen in Anspruch? Institutionen, die das Geld notwendig brauchen, die kann man doch nicht dreiviertel Jahre hängen lassen; sie brauchen die Beiträge normal in jedem Vierteljahr. Der zweite Pu nkt des Finanzgesetzes, über den ich Aufklärung bitte, weil ich sie im Ausschuß nicht bekommen habe, ist der, daß ich im Artikel XIX, der vom Überschuß der Steuern handelt, einen Unterschied gegenüber früheren Jahren finde. In früheren Jahren hieß es im Finanzgesetz: Was über 5% an Einkommensteuer, Erwerbsteuer usw, einkommt, fließt dem Schuldentilgungsfond zu, während es heuer heißt: "Übersteigt der Ertrag ....... nach tatsächlicher Bezahlung der Vorschüsse auf die Lehrergehalte die nach Artikel IV veranschlagten Beträge, ist der weitere Ertrag der Steuern in den besonderen Fond im Sinne Artikels XVII abzuführen". Das ist eine Neuerung, weil nach dieser Stilisierung erst 800 Millionen Kè Vorschuß auf die Lehrergehalte bezahlt werden müssen, bevor der Überfluß in den Tilgungsfond gehen kann, während das anscheinend in den vorhergehenden Jahren nicht der Fall war, die Vorschüsse auf die Lehrergehälter vielmehr aus der allgemeinen Kassenverwaltung gingen und heute noch zu Lasten der Länder und jener Körperschaften stehen, die daran teilzunehmen haben.
Einer der wundesten Punkte und heute vielleicht der ausschlaggebendste im ganzen Budget ist das Kapitel "Staatliche Unternehmungen". Wenn heute die Quellen, die Steuern, Zölle und Gebühren in ihrer Ergiebigkeit schwächer werden, dann muß der Staat auf der anderen Seite, wenn er die Ausgaben nicht zwangsläufig abbauen kann, auch für Ersatz sorgen. Verzeihen Sie, aber ein Kaufmann kann es nicht verstehen, daß eine Betriebsveranlagung oder Betriebswirtschaft von jährlich mehr als 8 Milliarden nur einige Millionen Reingewinn ausweist. Da werden wir zu einer durchgreifenden Organisierung bei Post und Eisenbahn schreiten müssen, meine Herren, es nützt nichts, Sie werden nicht herumkommen, Sie werden es in Angriff nehmen müssen.
Ich möchte im weiteren an den Herrn Finanzminister die innige Bitte richten, in der Budgetierung der Staatsverwaltung doch einmal, ich will nicht sagen der Ungerechtigkeit, aber dem Unverständnis ein Ende zu machen, daß man dem Handelsministerium eine derartige Aschenbrödelrolle zuweist, wie es in der Subventionierung der einzelnen Zweige des Handelsministerium geschah. Das Handelsministerium als Repräsentant von Handel, Gewerbe und Industrie müßte doch im Grade der Leistungsfähigkeit und der Beiträge zu den ganzen öffentlichen Abgaben eine wesentlich andere Unterstützung erfahren. Aber wir sehen das Gegenteil, sehen bei diesem Ministerium einen durchgehenden Abbau der primitivsten Notwendigkeiten. Es ist doch unerhört, daß man sich entschließt, die Industrieförderung von 3.5 auf 2.8 Millionen Kè herabzusetzen, die Förderung des Handels, die ohnehin nur mit 500.000 Kè ausgewiesen war, auf 300.000 Kè herunterzusetzen und wenn man das Gewerbewesen und selbst die Sachausgaben abbaut. Man hat zur Unterstützung des Gewerbes einen Abbau um 1 Million Kè vorgenommen und dann durch eine Geste die Schuhmacher mit 2 Millionen Kè subventioniert, in Wirklichkeit haben sie dadurch bloß 1 Million bekommen. Meine Herren, geben wir den wahren Sachverhalt doch auch in den Ziffern wieder! Ganz unverständlich ist es aber, daß man sich entschlossen hat, die Post zur Förderung des Fremden, Turisten- und Kurorteverkehres von 2 auf 1.8 Millionen herabzusetzen. Meine Herren, das ist eine Verkennung der Tatsachen, denn der Fremdenverkehr stellt heute in der Zahlungsbilanz eine Summe von rund 1 Milliarde dar.
Weil ich gerade bei der Ziffer von 1 Milliarde bin, möchte ich eines nachholen und sagen, daß das Kapitel Steuerrückstände etwas anders aussieht. Wenn man sich der Mühe unterzieht und die Verzugszinsen, mit denen die Steuerrückstände bis jetzt belastet waren und die von der Bevölkerung bezahlt wurden, addiert, so bringt man die Ziffer von rund 1 Milliarde heraus, die die Bevölkerung für rückständige Steuern bereits bezahlt hat. Das ist eine sehr schöne Verzinsung, die der Staat einsteckt, wenn er für diese paar Jahre Steuerrückstände eine Milliarde einhebt. Da hat man keine Ursache, mit dieser Schärfe und mit unnötig scharfer Kritik über dieses Kapitel zu sprechen.
Ich möchte auch sagen, daß ich in der besseren Dotierung des Justizwesens eine wesentliche Erleichterung für die ganze Wirtschaft erblicken würde. Denn was hat die Wirtschaft davon, wenn der Schuldner in Ausgleich und Konkurs geht? Normaler Weise könnte der Gläubiger bei ra scherem Funktionieren des Justizwesens meist 100% seiner Forderung für geleistete Lieferungen einziehen. Das ist ein Kapitel, dem man zu wenig Bedeutung beimißt, das aber schwerwiegender Natur ist und Beachtung finden muß, genau so wie die Schaffung entsprechender Rechtshilfeverträge mit anderen Staaten, weil gerade das Fehlen solcher Verträge eine schwere Hemmnis für die Wirtschaft darstellt. Man wird sich auch entschließen müssen, heute der Gewerbeförderung in wirtschaftlicher und kulturpolitischer Hinsicht in viel fortschrittlicherer Art das Augenmerk zuzuwenden und beim Handelsministeri um in dieser Beziehung endlich einmal Remedur zu schaffen.
Eines der bösesten Kapitel ist Gruppe III. "Selbstverwaltungskörper"; und da wiederhole ich den Satz, den ich hier am Beginn gesprochen habe, daß das Gleichgewicht im Staatshaushalt erkauft wird zu Lasten des Gleichgewichts der Selbstverwaltungskörper, der Gemeinden, Bezirke und Länder. Leider weist das Exposé des Herrn Finanzministers nur eine vorläufige Unterstützung der Gemeinden und Länder in der Weise aus, daß es den Betrag von 100 Millionen, der den Gemeinden zum Fehlen kommt, und den Betrag von 100 Millionen, der den Ländern zum Fehlen kommt, aufbringen will, während er sich auf der anderen Seite noch nicht klar über die definitive Konstruktion des Gemeindefinanzgesetzes ausdrückt und nur das eine zum ausaruck bringt, daß er die Verkehrs und Handelssteuern in den Rahmen nicht wird einbauen können, weil sie durch den beabsichtigten Abbau das Ganze ins Wanken bringen würden. Aber ich möchte im Zusammenhang meiner Ausführungen im Ausschuß das Parlament dringend auf die Regelung des Gemeindefinanzgesetzes aufmerksam machen und wir nähern uns einem wahrscheinlichen Bedürfnis, wenn wir konstatieren, daß ungefähr ein Sechstel, oder in Böhmen ein Achtel der Gemeinden - also von 8.000 Geméinden 1.000 - im Ausgleichsfond stecken geblieben sind. Bezüglich dieser Gemeinden muß man aber auch dahin kommen, daß man ihnen die primitivsten Bedürfnisse zur Liquidierung bringt, nicht daß man ihre Vorschläge, geprüft von den Landesausschüssen, sagen wir auf ein Fünftel oder ein Sechstel zusammenstreicht und ihnen aus dem Ausgleichsfond für dieses ganze Sechstel nur rund 50% desselben überhaupt gibt. Das bringt die ganzen Selbstverwaltungskörper ins Wanken und es müßte dem Staate viel daran liegen, endlich einmal in dieser Hinsicht wenigstens zum Teil die Finanzhoheit der Selbstverwaltungskörper herzustellen und ihnen definitiv jene Einnahmsquellen zuzuweisen, die sie brauchen. Ich erkläre ganz klipp und klar, daß ich ein absoluter Gegner der Wiederherstellung der Umlagenfreiheit bin, daß ich es aber andererseits für unbedingt notwendig halte, daß der Staat den Selbstverwaltungskörpern jene Mittel zur Verfügung stellt, die sie für ihre Bedürfnisse und zur Verzinsung und Amortisation der Schulden brauchen. Und da kommen wir wieder in das Kapitel der Reorganisation des Kreditwesens der öffentlichen Verbände, weil sich auch das Finanzministerium damit beschäftigen wird, die Gemeinden aus den teueren kurzfristigen Verpflichtungen herauszubringen.
Ein paar Worte noch über das Kapitel der Schulden. Wenn wir über das Kapitel der Schulden sprechen, so müssen wir in dieser Hinsicht die Politik des Herrn Finanzministers restlos anerkennen. Die Politik des Herrn Finanzministers geht dahin, keine neuen Anleihen aufzunehmen und andererseits hat er während der ganzen Jahre dafür gesorgt, die Reserven, also die Differenz zwischen Rechnungsabschluß und Budget hauptsächlich zur Tilgung und Verzinsung der Staatsschuld zu benützen und daraus möchte ich Sie bitten keinen Fehlschluß zu ziehen; und da muß ich zum Schutze des Herrn Finanzministers das eine konstatieren, daß eben diese Differenz zwischen Rechnungsabschluß und Budget hauptsächlich in dieser Richtung Verwendung gefunden hat, daß die eigentliche Überschreitung der öffentlichen Verwaltung im Unterschied zwischen Budget und Rechnungsabschluß verhältnismäßig gering ist. In dem Zusammenhange hätte es sich eigentlich schon gebührt, daß man schon in das jetzige Budget die Summe der Reparationen nach dem Abkommen vom Haag hineingesetzt hätte, weil sie ziffernmäßig feststeht und auf der anderen Seite ein ganz anderes Bild gegeben hätte, als daß man wieder in dieser Beziehung auf die Reserven verweist oder gezwungenerweise den Betrag der Post wegn ehmen will, den sie selbst für die Reparationen verwendet.
In diesem Zusammenhang muß ich mir als deutscher Abgeordneter die Frage erlauben, in wessen Namen der Herr Finanzminister Dr Engliš in seinem Exposé am 14. d. M. bezüglich der Kriegsanleihe gesprochen hat. Der Herr Finanzminister Engliš hat klipp und klar erklärt, daß dieses Kapitel abgeschlossen ist. Da muß ich mir die Frage erlauben: Hat er das in seiner Person als Finanzminister oder namens der Regierung erklärt? Ich glaube, daß der Herr Finanzminister, kein Recht dazu hatte, daß darüber nur die Regierung als solche in der jetzigen politischen Konstellation, wenn sie dazu aufgefordert wird, sich äußern kann. Ich kann es nicht glauben, daß dieses Kapitel restlos abgeschlossen ist, wenn man es gerne si eht, daß von den Reparationen ein ungeheuerer Betrag gestrichen wird, denn es wäre für den Staat das unangenehmste gewesen, wenn man im Haag gesagt hätte, die Ziffern der Reparationen für die Èechoslovakei sind abgeschlossen. Wenn es aber nicht so ist, so muß man auch der Lösung pupillarsicherer Verpflichtungen Verständnis entgegenbringen und über dieses Kapitel nochmals sprechen. Der frühere Finanzminister Dr Rašín hat erklärt: "Ich würde die Kriegsanleihe sofort zu 100% einlösen, wenn ich die Gewißheit hätte, was wir an Reparationen zu zahlen haben". Dafür bin ich bereit, Ihnen Zeugen zu bringen. Nachdem Sie sein Vermächtnis so in Ehren halten, dann lösen Sie auch das Wort Rašín sein, nachdem die Voraussetzungen für die Erfüllung eingetreten sind. (Bravo!)
Ich will zum Schluß das nationale Problem berühren. Da möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Ich habe vor kurzem in ein em Regierungsblatt, im "Prager Abendblatt", vom 20. Jänner einen Artikel über die Zweite Schweiz gelesen, in dem es heißt: "Vor allem lebt im Staate der Dreimillionenstamm unserer Deutschen. Wäre dieser Stamm unbefriedigt, so könnte man keineswegs behaupten, daß die ganze Bevölkerung dieser Republik in ihrer nationalen Hauptkomponente zum Staate halte und stehe". Das veranlaßt mich denn endlich einmal die Klarstellung darüber auszusprechen für das In und Ausland, daß die deutschen Parteien nicht an der Regierung teilnehmen, weil die Deutschen in diesem Staate befriedigt sind, sondern daß sie daran teilnehmen, um aus ihrer Mitarbeit, ihrem loyalen Verhalten zu den Aufgaben des Staates die Berechtigung der gleichen Behandlung ableiten zu können. Meine geschätzten Damen und Herren, verzeihen Sie mir ein ganz aufrichtiges Wort. Ich halte es für ausgeschlossen, daß eine erprobte Mitarbeit der Deutschen, die sich, durch mehr als 4 Jahre auf die härtesten Proben gestellt, bewährt hat, daß diese Mitarbeit es verträgt, daß auf der anderen Seite uneingeschränkt die Nebenregierungen weiter laufen. Ich muß Ihnen sagen, ich war erschüttert von der Rede des Koll. Hodina im Budgetausschuß, der konstatierte, daß in der Zwischenzeit der Regierungsbildung der Minister der Nebenregierung, Sektionschef Mlèoch 148 Minderheitsschulen bewilligen konnte. Da meine ich, meine Herren, es gibt nur eine Entscheidung: entweder wollen Sie die loyale, aufrichtige, tatkräftige Mitarbeit der Deutschen haben und sich dafür entscheiden, oder Sie wollen in dem System der Nebenregierungen weiter regieren. (Posl. Knirsch: Dann muß die deutsche Mitarbeit aufhören!) Die deutsche Mitarbeit muß dann aufhören, das ist richtig, Koll. Knirsch, wir stehen aber beide auf dem Standpunkt, daß wir den restlosen Versuch aufrichtiger Zusammenarbeit in diesem Staate unternehmen wollen. Ich wäre froh, Koll. Knirsch, wenn auch Du bereits im Kreise des aktiven Versuches positiver loyaler Mitarbeit wärest. Ich behaupte aber, daß die Arbeit der Deutschen durch die Verhältnisse, wie sie tatsächlich hinter den Kulissen bestehen, ungemein erschwert, wenn nicht zum Schluß gar gefährdet wird.
Darum sage ich am Schluß meiner
Ausführungen Folgendes: Die beiden Völker, ebenso wie die Ungarn
und die anderen Minderheiten, die beiden Völker, konkret gesprochen
das èechische Volk und die 3 1/2 Millionen Deutschen, sind als
Völker ausgleichsreif, ausgleichsfähig und ausgleichsbereit. Aber
man muß es auf èechischer politischer Seite auch zulassen. Die
Zeit der Revolution ist vorbei und man kann die Methoden revolutionärer
Auffassungen und Psychosen nicht fortführen in evolutionären Stadien.
Man muß mit dem Zeitgeiste gehen und da empfehle ich Ihnen Folgendes:
Präsident Masaryk feiert in den nächsten Tagen seinen 80.
Geburtstag. Dieser Mann, der seinem Volke Führer und Befreier
war, hat im Wandel der Zeiten richtig erkannt, daß man revolutionäre
Methoden auf die Zeit der Evolution, der Bereitschaft zu friedlicher
Arbeit, nicht anwenden kann. Maßgebend wird auf èechischer politischer
Seite die Erkenntnis sein, daß Ihr Präsident, den Sie so hochschätzen
und der auf èechischer Seite allein berechtigt ist, das Vertrauen
der Deutschen zu genießen, gehört wird, daß Sie seine Ansichten
in die Tat umsetzen. In dieser Hoffnung rufe ich Ihnen zu: Es
besteht bei uns die Bereitschaft zu aufrichtiger loyaler Mitarbeit.
Ich sage Ihnen, meine Herren von der èechischen Seite, wir werden
für den Voranschlag stimmen, auf der anderen Seite aber werden
wir auch unser Bemühen fortsetzen im Sinne des Wunsches des Koll.
Knirsch, den nächsten Voranschlag zu ändern. Den Èechen
gebe ich aber Folgendes zu bedenken: Wenn man konstatiert, daß
die Bereitschaft zur Mitarbeit vorhanden ist, muß man auch auf
der anderen Seite bereit sein, den guten Willen in die Tat umzusetzen.
In dieser Erwartung haben wir uns zu aufrichtiger, loyaler Mitarbeit
entschlossen. (Potlesk.)
Meine verehrten Damen und Herren! Anläßlich der Beratung des Staatsvoranschlages wurden bereits im Haushaltungsausschuß in der General sowie in der Spezialdebatte im allgemeinen und im besonderen zu den einzelnen Kapiteln große Reden und Gegenreden gehalten, manch kluger Rat gegeben, manch wertvolle Anregung zum Sparen, sowie auch zu Mehraufwänden gemacht, gute und nicht gutgemeinte Kritik geübt und auch von dieser Stelle wird im Verlauf der Aussprache manch gut gemeinte und kluge Äußerung fallen. Alle Menschen und Bürger des Staates würden zufrieden sein, wenn von all dem Guten und Klugen, was hier gesprochen wird, nur ein winzig Teilchen Tatsache würde oder Tatsache werden könnte. Die Aussprache wird vorubergehen, die Worte und alle guten Anregungen werden vergessen und wenig oder nicht viel wird geschehen. Und das ist das Betrübli chste dabei soviel Aufwand an Geist, Zeit. Mühe und gutem Willen, und das Endergebnis gerade im umgekehrten Verhältnis! Wie würde es im Wirtschaftsleben aussehen, wenn ebensoviel Zeit, Geist und Geld für Aufwendungen verwendet würden, die schon anfangs bekannt unzweckmäßig und erfolglos sein werden. Es ist das scheinbar eine Gesetzmäßigkeit, die schwer oder gar nicht abzuändern ist.
Wenn ich die Gelegenheit der Aussprache über den Staatsvoranschlag benütze, um verschiedenes vorzubringen, so ist es wohl naheliegend, daß ich als Bauer und Vertreter vorwiegend bäuerlicher Interessen in der Hauptsache mich mit bäuerlichen und landwirtschaftlichen Fragen beschäftige. Zu den einzelnen Kapiteln gestatte ich mir einige Wünsche vorzubringen.
Zum Kapitel Landesverteidigungsministerium möchte ich bemerken, daß wenn sich die Regierung entschließen könnte, den Heeresstand um 30 bis 40 Tausend Mann zu verringern - der Wunsch ist bei uns Deutschen wie bei den Èechen ein gleicher - durch diese Ersparungen manch ersehnter Wunsch befriedigt werden könnte, ohne nach neuen Steuern suchen zu müssen, Beamtengehalte, die Altpensionistenfrage und anderes mehr wäre sofort lösbar. Ein Wunsch, nein, eine Forderung aller landwirtschaftlichen Kreise geht dahin, daß das Gesetz über die militärische Bequartierung und Vorspannleistung den jetzigen Verhältnissen endlich angepaßt werde. Ein weiteres Verlangen, das auch an dieser Stelle wiederholt werden muß, ist, daß die Artillerieschießübungen im Freudenthaler Bezirk in Gebiete verlegt werden, wo an landwirtschaftlichen Fluren kein oder kein nennenswerter Schaden angerichtet wird und wo die Landleute von den nötigen Feldarbeiten nicht abgehalten werden. Denn durch die Jahr für Jahr stattfindenden Übungen werden durch den Geschoßeinschlag viele Felder so verwüstet, daß mit Rücksicht auf die vorhandene geringe Humusschichte diese vollkommen ertraglos werden. Die Leute aber müssen die Felder haben, um existieren zu können, da ist auch die beste Geldvergütung kein vollwertiger Ersatz. Das Verlangen ist bescheiden und bei gutem Willen erfüllbar. Ein weiterer Wunsch, den ich ausspreche und der bestimmt erfüllt werden kann, ist der, daß die Militärverwaltung in allen jenen Fällen, wo ein Soldat durch einen Todes oder Unglücksfall in der Familie für die Fortführung der Wirtschaft oder des Gewerbes unentbehrlich wird, in der Wehrpflicht begünstigt werde, daß man ihn während der Dienstzeit entläßt und in die Ersatzreserve überstellt. In solchen Fällen, wo um eine Begünstigung angesucht wurde, oder wird, begegnet man einer absoluten Verständnislosigkeit, wenn nicht gar Hartherzigkeit. Das Gefühl für Gerechtigkeit wird einfach erschlagen, wenn ein solch betroffener Mensch oder seine Angehörigen sehen, wie zu Hause Jammer und Not ist und wie er die Zeit eigentlich nutzlos beim Militär verbringen muß. Um viele Fälle handelt es sich ja nicht und bei einem Mannschaftsstand von 120.000 Mann kommt es doch wahrlich auf 100 oder 200 mehr oder weniger nicht an. Bei loyalem Entgegenkommen aber würde die Zivilbevölkerung erkennen, daß das Militär keine Strafeinrichtung, sondern eine Organisation ist, in welcher vernünftiges, volkswirtschaftliches Denken und Verständnis für die Leiden und Nöte im zivilen Leben nicht abhanden gekommen ist. Denn am Ende wird ja diese Einrichtung - die Kosten sind ganz gewaltige von den Bürgern bezahlt und deswegen kann auch die Bevölkerung mit Recht die Forderung stellen, daß in allen solchen einwandfrei erhobenen Fällen ein Entgegenkommen seitens der Militärverwaltung einfach eine selbstverständliche Pflicht ist.
Nun zu einem anderen Kapitel. Der Herr Finanzminister bespricht in seinem Exposé sehr ausführlich die Mängel der Verwaltung. Ich glaube, daß es wohl niemanden geben wird, der nicht zustimmen würde. Er sagte unter anderem auch, daß die Staatsausgaben um eine Milliarde zu hoch sind. Auch das wird von niemandem bestritten werden. Wenn ich jedoch die verschiedenen Reden der Herren Ressortminister im Haushaltsausschuß betrachte, so klingt aus all diesen Darlegungen mehr oder weniger deutlich heraus, daß die Dotierungen der einzelnen Ministerien zu gering sind. Ich glaube, daß, wenn diesen Wünschen entsprochen würde oder entsprochen werden könnte, wenn weiters die verschiedenen Anträge, die zum Voranschlag gestellt werden, angenommen würden, eine Milliarde mehr als veranschlagt ist, kaum ausreichte, diese Wünsche zu befriedigen. Bezüglich des vom Herrn Finanzminister ausgesprochenen dringlichen Wunsches nach Ökonomisierung und Rationalisierung der Verwaltung muß man zumindest anerkennen, daß er den Mut hat, diese Fragen aufzurollen. Da seiner Überzeugung nach damit auch die Gehaltsfrage unmittelbar zusammenhängt, wird das Problem der Beamtengehalte weiter aufgerollt. Ich glaube, daß das alles noch recht lange schöne Wünsche bleiben werden, es wäre denn, daß es möglich gemacht werden könnte, die Leistungen der einzelnen Beamten gegeneinander ziemlich gerecht abzuschätzen und sie nach der Leistung zu bezahlen. Ich bin überzeugt, daß dadurch sehr schnell Ordnung in dieses sonst unleidliche Kapitel kommen würde. Warum sollte nicht hier auch der Grundsatz gelten: Jedem das Seine. Dabei möchte ich mir noch eine Anregung gestatten. In Österreich hat man, um die Existenz der ganz armen, sehr hoch gelegenen Haus und Landwirtschaftsbesitzenden nicht zu gefährden, die Übertragungsgebühren all denen erlassen, die über 700 m Meereshöhe siedeln. Auch bei uns wäre es nicht unangebracht, eine ähnliche Einrichtung zu schaffen und denen entge genzukommen, wo die Natur selbst den Menschen nur mehr ein Vegetieren ermöglicht.
Nun zur Meliorationsabteilung des Landw irtschaftsministeriums in Vršovice. Das Meliorationswesen ist sehr umfangreich. Das beweist, daß ein großes Verständnis vorhanden ist, und daß die Bauern den Mut haben, große Geldmittel für diese Zwecke aufzuwenden, um den Boden zu verbessern. Da diese Verbesserung ja in weiterem Sinne der gesamten Volkswirtschaft nützt, geben die Länder und der Staat bedeutende Beihilfen. Der dadurch notwendige Aktenverkehr steigt ins Ungemessene. Jeder Herr Kollege hat ständig Wünsche der Genossenschaften um Betreibung der Aktenerledigung. Ich habe mich sehr oft in der technischen Abteilung des Landwirtschaftsministeriums in Vršovice überzeugen können, daß die dort amtierenden Herren, auch wenn sie 12 und mehr Stunden arbeiten würden, außerstande sind, den dringenden Wünschen der Genossenschaften zu entsprechen. Es wäre unerläßlich, den Beamtenstand dort zu vermehren, u. zw. schon deswegen, um zu vermeiden, daß den Genossenschaften nicht so viel Zwischenzinsen auflaufen, die ja die Anlagen bedeutend verteuern.
Zum Kapitel öffentliche Arbeiten habe ich vorläufig nur den einen Wunsch, daß zur Entlastung der Straßenbezirke die Übernahme einer größeren Zahl und auch Kilometerzahl Bezirksstraßen in die Staatsstraßenverwaltung erfolgen möge. Die Gründe für dieses Verlangen sind zu bekannt, als daß es nötigwäre. Einzelnheiten anzuführen.
Stark im Vordergrunde und viel umstritten sind die Fragen, die mit der Notlage der Landwirtschaft zusammenhängen. Fast 4 Monate sind seit den letzten Wahlen vergangen. Wenn ich an die Wählerversammlungen zurückdenke und mir alles wieder in Erinnerung rufe, was und wovon die Wahlwerber fast aller Parteien zur Notlage der Landwirtschaft zu sprechen wußten, müßte man annehmen und überzeugt worden sein, daß längst Vorsorgen getroffen sein müßten, welche geeignet wären, die landwirtschaftliche Krise zu beseitigen. Wenn auch hier wieder das Wort Geltung hätte, ja wenn Worte Taten wären, dann wäre schon Hilfe gebracht und die hunderttausende von Sorgen gequälten, viel geplagten Menschen müßten nicht in bangem Harren die noch bangere Frage stellen, ob man ihnen überhaupt helfen wird. Zu dieser Frage muß leider der schlichte Mann kommen, wenn er an die Wahlreden denkt. Es ist zu hoffen, daß die ländlichen und besonders die bäuerlichen Wähler bei den kommenden Wahlen endlich die daraus logischer Weise abzuleitende Nutzanwendung ziehen werden.
Verlangt die ländliche bäuerliche Bevölkerung Ungebührliches? Unser Verlangen gipfelt in dem Satze: "Angemessenen Lohn auch für unsere Arbeit." Keinen übermäßigen, sondern einen möglichst gleichmäßigen, damit auch der Mann vom Land in den Stand gesetzt wird, einigermaßen zu wissen, wie er den Betrieb seiner Wirtschaft auf längere Sicht einstellen kann, was er zu investieren vermag, wieviel Darlehen er aufnehmen kann, kurz gesagt, einen Wirtsch aftsplan aufzustellen, zu welchem er leider heute keine brauchbaren Unterlagen hat. Alle anempfohlenen Ratschläge über Rationalisierung sind zwecklos, alle geplanten Aufwendungen nutzlos, wenn nicht einigermaßen die Gewähr dafür vorhanden ist, daß durch solche Maß nahmen nicht ein neuerlicher und nicht wieder gut zu machender Schaden für den Betrieb entsteht und die Verschuldung noch größer wird. Die verschiedenen Gruppen außerhalb der Landwirtschaft haben mehr oder minder geeignete Mittel zur Hand, um ihrem Verlangen entsprechenden Nachdruck zu verleihen und die Erfüllung womöglich zu erzwingen. Die Großindustrie hilft sich, indem sie in Form von Kartellen und Trusts Angebot und Nachfrage regelt, den Markt national oder international zu beherrschen und zu kontrollieren sucht. Staatsgrenzen bilden kein Hindernis, über diese hinweg sichern sie sich den Bestand und die Anlagewerte. Die Arbeiterschaft versucht mit den Mitteln der Lohn und Kollektivverträge sich in bezug auf die Lohnfrage eine gewisse Stabilität zu sichern und sie hat als letztes Mittel den Streik. Für die andern Gruppen versucht man im Wege der Gesetzgebung soweit als möglich ihr Einkommen zu sichern und gleichartig zu erhalten. Es läßt sich das alles auch weit besser durchführen, weil diese Fragen zum größten Teil innerhalb der Grenzen des Staates ihre Lösung finden können und sich zum großen Teil besser und halbwegs zur Zufriedenheit ordnen lassen. Bei der Landwirtschaft jedoch liegen die Verhältnisse ganz anders. In den letzten 50 Jahren hat die Landwirtschaft viele Krisen und Notlagen durchgemacht und hat - ich glaube diese Behauptung wagen zu dürfen - so ziemlich alles getan, um aus eigener Kraft sich zu erhalten. Auf organisatorischem wie wirtschaftlichem Gebiete kann man vorbildlich Geleistetes nachweisen. Die Arbeit ist ungeheuer, die Mühen und Aufwendungen erst nach langer Zeit erfolgreich. Ich erinnere nur an die Abschaffung von Betriebsmängeln, die ein Anlaß mit zur Schädigung waren. Umstellung der Betriebe, Leistungszucht, Bodenverbesserung, Saatgutzucht, Intensivität in Stall und Feldbetrieb, ungezählte Millionen wurden aufgewendet für Maschinen und maschinelle Einrichtungen. Welche Unsumme von Arbeit, Geld und Risiko. Der Erfolg all dieser Eigenhilfen zeigt sich ja auch tatsächlich in den Ergebnissen. Die Menge der erzeugten Produkte stieg ständig, die Quali tät verbesserte sich und es klingt eigentlich paradox, daß trotz alledem die Landwirtschaft heut e, trotz ungeheuer gesteigerter Leistung in die Verarmung, ja wenn dieser Zustand noch lange andauert, in die Verelendung gedrängt wird. Die Mängel und Fehler in den eigenen Betrieben konnten und können wir notgedrungen vielfach durch eigene Mittel und Maßnahmen beheben. Es ist zwar noch vieles da zu tun, ich zweifle jedoch nicht daran, daß wir das sicher nachholen werden. Das sind unsere größten Sorgen nicht. Wir sind daran gewöhnt, daß Erfolge uns nicht mühelos zuteil werden.
Aber vor der Konkurrenz des Auslandes können wir uns nicht schützen und vor einer förmlichen Dumpingkonkurrenz Amerikas überhaupt nicht. Dazu brauchen wir die Hilfe der Gesetzgebung und des Staates und das Verständnis der breiten Masse der Verbraucherschaft aller Schichten.
Ich stelle fest, daß am Zollgleis des Jägerndorfer Bahnhofes - auf andern Grenzbahnhöfen wird es eben so sein - Roggen aus Deutschland mit 85 Kè und Hafer mit 75 Kè per 100 kg angerollt wird. Die Fracht ist inbegriffen. Hätten wir den derzeitigen Zoll von ca. 30 Kè per 100 kg nicht, so könnte man diese Getreidearten mit 90 bzw. 80 Kè kaufen. Bei dem amerikanischen Weizen sind die Zustände analog, eher noch schlechter, dagegen aber können wir nichts tun, da sind wir vollkommen hilflos, sollte eine unbedingte Dumpingpolitik Amerikas in bezug auf Weizenlieferung einsetzen; die Amerikaner sind reich und können das, was wir in unserer Armut nicht können.
Ich erinnere an eine Notiz in der Presse, wonach sich die amerikanischen Farmer an die Regierung wenden, damit sie Vorsorge treffen hilft, daß ihre unverkäuflichen Getreideüberschüsse irgendwie und irgendwo Verwertung finden. Wenn auch, ebenfalls nach Zeitungsmeldungen, in China Millionen Menschen Hunger leiden und daran sterben, so wäre es wohl naheliegend genug zu glauben, daß man die Überschüsse an Lebensmitteln zuerst dort hinschafft, wo der Bedarf am größten ist. Die letzten Nachrichten besagen - siehe "Prager Tagblatt" vom 9. Feber - daß derzeit nach beendeter Kampagne ein Weltweizenüberschuß von 10 Millionen Tonnen vorhanden sein wird. Ist das auch nur teilweise richtig, so kann man sich schon einigermaßen ein Bild machen, wie sich das auf die europäische und besonders auf unsere Landwirtschaft auswirken muß. Daß man auch in den andern Zweigen der Wirtschaft den Geldmangel in der Landwirtschaft empfindet, macht es erklärlich, daß sich die verschiedenen Kreise auch mit den Fragen der Landwirtschaftslage beschäftigen. Nur muß man dabei feststellen, daß eigentlich weder die Handelskammern, noch die Industrie und Gewerkschaftsverbände der Sache tiefer auf den Grund gehen.