Der Vorstand des Verbandes deutscher Gewerkschaften in Aussig nahm vor kurzem zur landwirtschaftlichen Krise Stellung und kam zu folgendem Ergebnis: Er erblickt eine wirtschaftlich und sozialpolitisch gerechte Behebung der drückenden allgemeinen Wirtschaftslage nur in der Erhöhung der Kaufkraft der breiten Arbeitermassen durch Abschluß günstiger Handelsverträge. Er sieht keine Lösung des Krisenproblems durch Einführung eines Getreidemonopols oder erhöhter Agrarzölle. Gewiß, auch wir wissen und erkennen, daß es gut und wünschenswert ist, daß die breiten Massen der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung gut verdienen, um so kaufkräftiger zu sein und haben das unzähligemale betont. Wie aber durch diese oder ähnliche Maßnahmen die heimische Landwirtschaft vor der mörderischen Konkurrenz des Aus andes, und da wieder vornehmlich vor Amerika, geschützt werden soll, das ist unerfindlich. Es ist wohlweislich darüber nichts gesagt. Die erhöhte Konsumkraft der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung steht doch mit der Preisbildung der landwirtschaftlichen Produkte in so bescheidenen Zusammenhängen, daß im Ernst darin eine ausreichende Hilfe zu erblicken, nicht gesprochen werden kann. Als ein Beweis hiefür kann gelten: Angeblich, und das blieb bisher unwidersprochen, wurden von cca. 500 inländischen Brauereien im Jahre 1929 über 11 Millionen Hektoliter Bier ausgestoßen. Nach Berechnungen von Fachleuten braucht man zu dieser Menge Bier 270 Millionen kg Gerste.
Die niedrigen Gersten und Hopfenpreise brachten nach eingehender Berechnung der Brauindustrie einen Sondergewinn von über 300 Millionen Kè. 11 Millionen hl sind gewiß eine ganz annehmbare Menge, und man kann schon sagen, daß hier der Konsum nicht unkräftig war oder versagt bätte. Doch einen Nutzen davon hatten weder der gerstenbauende Landwirt noch die Hopfengartenbesitzer, noch die Biertrinker. Nur die Aktien und Brauanteile der Brauereien sind dabei nicht notleidend geworden. Siehe die Ausweise über Ausschüttung der Dividenden. (Posl. Hodina: 26 und 28%.) Jawohl, in Pilsen ein Anteil 86.000 Kè.
Der Staatsvoranschlag steht zur Aussprache, die Annahme durch das Parlament bedeutet, daß die staatliche Administrative gesetzlich das Recht eingeräumt erhält, die bewilligten Steuern und Abgaben einzuheben, um die ebenfalls bewilligten Ausgaben decken zu können. Dasselbe tun nun die Gemeinden, Bezirke und Länder. Weil nun die Landwirtschaft ein Betriebszweig ist, von dem man bei passenden und unpassenden Gelegenheiten behauptet, daß sie für Staat und Völker lebenswichtig ist, daß er lebenswichtige Werte und Produkte schafft, ungeheuere Mengen und Werte für die Volkswirtschaft in Umsatz bringt, so müßte eigentlich folgerichtig nach der Rentabilität dieses Berufszweiges gefragt werden, bevor man ihm Steuern und Abgaben der unterschiedlichsten Art vorschreibt. Ist die Landwirtschaft noch zahlungsfähig? Oja, das muß man sagen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Zierhut.) Sie besitzt heute noch zum Teil unverschuldete Realwerte und an die hält man sich bei der Steuereintreibung. (Posl. Hodina: 27 Milliarden bücherliche Schulden!) Rentabilität und Zahlungsfähigkeit! Ich will hier mit keinen Zahlen kommen das haben die verschiedenen dazu berufenen staatlichen und privaten Buchführungsstellen, Landeskulturräte usw. viel besser getan und die Ergebnisse können wenigstens nicht als einseitig aufgemacht angezweifelt werden. Nehmen wir einen landwirtschaftlichen Betrieb mit 15 ha Acker in einer Bonitätslage mit cca. 20 Kè Katastralreinertrag. Um diesen Betrieb ordentlich zu führen und die notwendigen Arbeiten zu besorrgen, sind dauernd mindestens vier vollalterliche Menschen nötig. Wenn eingewendet würde, daß vier Leute zu viel sind, so kann ich nur antworten, daß es jeder einmal selbst versuchen möge. Wären aber in der sogenannten minder arbeitsreichen Zeit nur drei Menschen erforderlich, so braucht man zu arbeitsreichen Zeiten sicher noch Taglöhner, um der Arbeit überhaupt Herr zu werden. Der Durchschnitt ist mit 4 ganz niedrig angesetzt. Rechnen wir für diese Menschen einen Durchschnittsarbeitslohn für den Tag mit 20 Kè ohne Rück sicht auf die Arbeitsstunden, ob 8 oder 15 Stunden - soviel beträgt der Mindestdurchschnittstaglohn - so macht das bei 300 Arbeitstagen allein einen Arbeitslohn von 24.000 Kè, der auch erreicht würde, wenn diese vier Personen in anderen Betrieben tätig wären. Ich möchte sehr gerne einen landwirtschaftlichen Betrieb in dieser Größe kennen lernen, wo neben dem gesamten Betriebsaufwand und einer kleinen, sagen wir 2 % igen Kapitalsverzinsung noch ein Arbeitslohn für die vier in der Wirtschaft tätigen Menschen in derselben Höhe effektiv nachgewiesen werden kann. Deswegen wäre es nur recht und billig, sich davon zu überzeugen, ob die Landwirtschaft dermalen soviel verdient, daß es gerecht erscheint, sie zu besonderer Steuerleistung heranzuziehen. Jahr für Jahr müssen wir uns um die Höhe der Pauschalsätze für die Einkommen und Umsatzsteuer herumraufen. Die meisten der Herren Steuerbeamten wollen es nicht als glaubhaft anerkennen, daß die Einkommen bei der Landwirtschaft tatsächlich so niedrig sind. Allerdings muß auch bemerkt werden, daß es solche gibt, welche die Landwirtschaft kennen und ihr freundlich gegenüberstehen. Der Prozentsatz ist allerdings nicht groß. Die groß eZahl der anderen steht aber der Landwirtschaft absichtlich oder unabsichtlich - das läßt sich schwer feststellen - nicht gerade freundschaftlich gegenüber. Ein sehr gutes Mittel, um dieses Verhältnis zu bessern, würde ich darin erblicken, daß man jedem Steuerreferatssprengel eine Landwirtschaft zuteilen würde, die sie in eigener Regie zu führen hätte, anstatt der Schrebergärten eine ganze Landwirtschaft.(Sehr gut!) Nach der sitzenden Arbeit wäre sowohl für die Herren als auch die Frauen dieser Herren die gesunde Beschäftigung im Stall und auf dem Felde sicher auch noch gesundheitsförderlich Der Gewinn aus solchen Betrieben hätte ausschließlich als besondere Zubuße für die Beamten Verwendung zu finden. Ich bin überzeugt, daß das eine sehr gesunde Maßnahme wäre und ich glaube, daß es keine geeignetere gibt, um die Zweifel über die Rentabilität in der Landwirtschaft gründlich zu beseitigen, aber auch um ein sehr gutes Einvernehmen zwischen Landwirtschaft und Steueramt herzustellen. Daß ich das nicht nur ironisch meine, geht auch aus Folgendem hervor: In den Anzeigenteilen der Tages-presse findet man allerhand Interessantes. Angebot und Nachfrage sind rege. Man findet da fast täglich Anzeigen, die ungefähr lauten: Mangels an Bekanntschaft suche auf diesem, nicht mehr ungewöhnlichem Wege die Bekanntschaft eines Herrn zwecks Heirat, Beamte mit Pensionsberechtigung bevorzugt. Männliche Brautwerber suchen auch gelegentlich gut erzogene, vermögende Landwirtstöchter auf diesem Wege. Ich habe aber noch nichts davon gehört, daß Töchter von Beamten der verschiedensten Kategorien durch die Zeitung den Wunsch aussprechen, in eine Landwirtschaft einheiraten zu wollen. Gibt das nicht zu denken? Gibt nicht auch das zu denken, daß der Andrang an die Hochschulen aller Art als unmäßig groß bezeichnet werden kann? Es muß sich doch noch immer besser in anderen Lebensstellungen leben lassen, als in Landwirtschaft und Gewerbe, oder ist ees die Scheu vor körperlicher Arbeit? In denselben Zusammenhang kann man die Dienstbotenfrage bringen. Die Dienstbotenfrage ist nicht bloß ein Problem der Bezal lung allein, das können wir in allen jenen Gebieten feststellen und beweisen, wo Industrie ist und wo die Löhne derselben oft niedriger sind als die, welche die Landwirtschaft bezahlt oder bezahlen kann. Da wir leider um 5 Uhr nachmittags in der Landwirtschaft nicht Feierabend machen können, so müssen wir bestrebt sein, unsere Helfer wenigstens so zu entlohnen, daß im Geld noch ein Anreiz erblickt werden kann. Das aber hängt wieder mit der Entlohnung unserer Arbeit zusammen. Derzeit sieht auch das so verteufelt elend aus, daß auch diese Möglichkeit vorläufig außer Frage kommt.
Manche haben geglaubt, daß das Gesetz der Sozialversicherung für manche ein Anreiz sein könnte, zur landwirtschaftlichen Arbeit zurückzukehren, weil ja dadurch eine gewisse Sicherung ihres Alters in Aussicht gestellt ist. Bis jetzt aber spürt man nichts davon und ich glaube auch, daß auch diese Hoffnung trügen wird. Es wäre denn, daß Bestimmungen in dieses Gesetz aufgenommen würden, wonach landwirtschaftliche Arbeiter im Falle der Invalidität und des Alters Sondervergütungen erhalten würden. Wäre das zu ungerecht? Man könnte anschließend gleich auf die soziale Frage in oder für die Landwirtschaft eingehen. Unendlich viel wurde darüber schon geschrieben und gesprochen. Behauptet aoer kann werden: solange die Frage eines halbwegs gerechten Arbeitslohnes auch für die in der Landwirtschaft Tätigen nicht gelöst ist, so lange ist die Lösung der sozialen Frage schlechtweg ausgeschlossen. Es gibt keine spezifische Arbeiterklasse, weil jeder, der arbeitet, ein Arbeiter ist, also ebenso der Beamte wie der Bauer. Es kann auch nur eine wahre Sozialpolitik geben, und das ist eine Sozialpolitik für alle.
Bei den Beamten hat man sie zu lösen versucht, indem man ihnen nach gewissen gesetzlichen Bestimmungen Pensionen zuerkennt. Für die Arbeiterschaft hat man das Gesetz der Sozialversich erung geschaffen. Krankenkassen und andere Einrichtungen sorgen für die Leiden und Gebrechen des Alters.
Bei der Landwirtschaft fehlen solche Vorsorgen. Bei uns besteht die Lösung der sozialen Frage einzig und allein, daß man unserer Arbeit einen gerechten Lohn zubilligt und auch mithilft, daß wir ihn erhalten. Alles andere werden wir durch Fleiß und Sparsamkeit selbst besorgen. Wenn ich nun behauptet habe, daß eine schlechte Entlohnung unserer Arbeit unsere Stellung herabdrückt, so wirkt sich dieser Zustand sehr schnell fortpflanzend weiter. Denn ein Sinken der Kaufkraft der Landwirtschaft mit Rücksicht auf ihre Bedeutung, Größe und ihren Bedarf macht sich recht bald und recht unliebsam auch bei allen anderen Berufen sehr bemerkbar. Sollte eine baldige Hilfe für die Landwirtschaft ausbleiben und dieser Zustand lange dauern, dann wird man erst erkennen, was eine kaufkraftlose Landwirtschaft für den Staat und die Gesellschaft bedeutet.
Staat und Länder wenden für die Förderung der Landwirtschaft bedeutende Gelder auf. Aufwendungen für Versuchswesen, Schulung, Forschung auf verschiedenen Gebieten, Einrichtungen, wodurch die Menge und Güte der landwirtschaftlichen Produkte gehoben werden, um dem inländischen Boden so viel als möglich Werte abzubringen, um auf diese Weise sich von der Einfuhr, welche ja die Handelbilanz ungünstig beeinflußt, mehr und mehr unabhängig zu machen, diese Aufwendungen, die im weiteren Sinne der Gesamtheit dienen und nützen, sind zwecklos, wenn anderseits die Einfuhr die heimische Produktion erschlägt. Der Beigeschmack des Geschenkes wird immer größer und am Ende ist es dann nur mehr ein Almosen.
Die Landwirtschaft verzichtet gern und will auch keine Geschenke und braucht sie auch nicht, denn sie will, daß sie die Arbeit entlohnt erhält. Daß wir hier und in allen in der Kultur höheren Staaten teurer erzeugen als in den kulturell tieferen Ländern, das kann uns doch niemand zum Vorwurfe machen, denn dafür können wir doch nicht, und uns wieder auf eine solche niedere Kulturstufe zu drücken das ist heute ohne außerordentlich schwere Schäden für die Volkswirtschaft gar nicht möglich. Deswegen müssen sich notgedrungen auch die verschiedenen anderen Kreise mit der Lage der Landwirtschaft beschäftigen, ob sie wollen oder nicht. Das ist vielleicht der einzige Lichtblick fûr uns, denn sonst überließe man uns sicher ohne Bedenken dem Schicksal. Denn hat der Bauer Geld, so hat es die ganze Welt, ist heute mehr wahr, denn je.
Die nächste Aufgabe, die vor uns liegt und die wir selbst lösen werden, ist die, daß wir mit der Verbraucherschaft in eine enge Verbindung treten, um manchen unnötigen Zwischenhandel auszuschalten. Denn bisher hat der Konsum aus unseren niederen Produktionspreisen so gut wie keinen Vorteil gehabt, und deswegen auch das geringe Interesse dieser Kreise für uns. Heute sind leider noch nicht so viele organisatorische Einrichtungen auf beiden Seiten, um diese enge Verbindung jetzt schon allgemein durchführen zu können. Aber sie sind schon auf beiden Seiten in einem Umfange da, daß wir in vielen Gebieten beginnen können. Das Genossenschaftswesen ist dafür geschaffen. Immer und immer größere Kreise treten diesem Gedanken näher, um durch ihn wirtschaftliche Vorteile und nicht zuletzt Mittel zur Annäherung auch in anderer Hinsicht zu gewinnen, um Erzeuger und Verbraucher einander zu nähern. Das Genossenschaftswesen, seine Einrichtungen, seine Umsätze sind heute innerhalb der Volkswirtschaft ein sehr bedeutend mitbestimmender Faktor. Man hat sich bereits gewöhnt, das als selbstverständlich hinzunehmen, doch fehlt vielfach noch das nötige Verständnis, und es ist unerläßlich, daß dieses Verständnis und die genaue Kenntnis dieser Bewegung besonders bei den akademisch Gebildeten gründlichst vorhanden sei. Als einen großen Mangel betrachte ich, daß an den Hochschulen nicht schon seit langem eigene Lehrabteilungen dafür vorhanden sind. Daß das hiefür aufgewendete Geld gut angelegt wäre, kann nicht bezweifelt werden. Denn der Einfluß der sogenannten Intellektuellen, der Akademiker, auf die Kultur und ihre Einrichtungen wurde auch von uns nie bestritten.
Die Grundsätze, die im Genossenschaftswesen wirken und ihm zugrundeliegen, sind doch Selbstverwaltung und Selbstverantwortung, kulturaufbauende Eigenschaften, die besonders in demokratischen oder sich demokratisch nennenden Staaten ganz besonders gefördert werden müssen. Darum unser ständiges Verlangen, das Genossenschaftswesen aller Art weitestgehend zu fördern, mehr als es bis jetzt geschah, und eine besonders wirksame Förderung würde ich eben darin erblicken, wenn dasselbe an den Hochschulen als besondere volkswirtsch aftliche Lehrmeinung gelehrt und studiert werden müßte.
Über den Umfang und die Bedeutung des schon heute bestehenden Genossenschaftswesens brauche ich wohl nicht viel zu sagen, aber wenigstens soviel, daß sich eine Begründung für das Verlangen nach einer Lehrkanzel rechtfertigen läßt. 9463 landwirtschaftliche Genossenschaften sind im Zentrokooperativ vereinigt. Außerdem sind noch viele neuentstandene verschiedener Art, Sparund Konsumgenossenschaften, die hier nicht mitgezählt sind. Gewiß ein Beweis auch dafür, daß dem genossenschaftlichen Gedanken bereits große Bedeutung zukommt, umsomehr, als die genossenschaftlichen Vereinigungen der europäischen Staaten schon längst zu einer internationalen europäischen Organisation schritten, um sich ihren gebührenden Platz in der Volkswirtschaft und Gesetzgebung zu sichern. Und alle diese Einrichtungen haben nicht das Odium an sich, herrschen zu wollen, sondern sie entspringen der Absicht, zu dienen, zu helfen, zu nützen und nicht bloß um Gewinne einzuheimsen.
Vielfach sind diese genossenschaftlich en Einrichtungen nur Ergänzungen und darum sollte endlich besonders bei den Molkereien und einer Anzahl anderer wiederholt genannter Einrichtungen die Umsatzsteuer entweder den anliegenden Landwirten oder den Molkereien erlassen werden. Gerade jetzt wäre eine Gelegenheit, diesem schon oft geäußerten gerechten Verlangen zu entsprechen.
Die Landeskulturräte, die Wirtschaftsorganisationen, die Geschäftsstelle der deutschen Landwirtschaft und eine Reihe bekannter Volkswirtschaftler haben alle die Fragen, die jetzige Landwirtschaftskrise betreffend, in allen Einzelheiten verarbeitet und durch Presse und Druckschriften weitestgehend bekanntgemacht. Die Beachtungen, welche alle diese ausgezeichneten und sorgfältigst wissenschaftlich auf Erfahrung und Vergleiche gestützten Arbei ten bei der nicht landwirtschaftlichen Bevölkerung gefunden haben, sind leider als gering zu bezeichnen. Geht es aber um Sachen, welche andere Berufsstände betreffen, dann sind die Zeitungen seitenweise mit Stoff gefüllt. Aber so - es sind ja nur Bauern und daß diese jammern, ist man ja schon gewöhnt, so arg wird es deswegen nicht sein. Wenn nun aber das Wort "Zoll" oder "Monopol" irgendwie und irgendwo gehört wird, dann ein Geschrei im Blätterwald, um die öffentliche Meinung entsprechend gegen die Landwirtschaft zu beeinflussen. Was fûr schöne Blüten solche Dinge treiben können, ein Beispiel: Als man ernstlich darüber sprach, ein Getreidemonopol zu errichten, als man davon hörte, daß ein Mehlmischzwang kommen soll, konnte man feststellen, daß noch über Hals und Kopf amerikanisches Weizenmehl in geradezu unglaublich großen Mengen angekauft und eingeführt wurde. Ein kleiner Händler, der sonst 15 bis 20 Säckchen lagernd hat, hat geschwind sein Anwesen einer Kreditanstalt zum Pfand gegeben und dafür zwei Waggon amerikanisches Weizenmehl gekauft. Dieses liegt nun in seinem Lager, sein Preis ist inzwischen gefallen, und, wie das alte Sprichwort sagt, wer den Sch aden hat, braucht sich um den Spott nicht zu kümmern. Wie groß die Menge ist, die in den letzten zwei Monaten eingeführt wurde, weiß ich zwar nicht, aber jedenfalls ist sie gewaltig. Diese bereits hier lagernden Mehlvorräte müssen natürlich die Nachfrage jetzt und in der kommenden Ernte stark beeinflussen und drückend auf die Preisgestaltung für inländisches Getreide wirken. Sollte es zu irgend einer Steigerung der Getreidepreise kommen, so heimsen diese Importeure gewaltige Gewinne ein, welche wiederum die konsumierende Bevölkerung zu tragen hat.
Und stellen wir weiters fest, daß die Gemeinden verschuldet sind, daß es die Bezirke und die Länder sind und daß auch der Staat davon genügend hat, daß auch die Landwirtschaft, sicherlich keine Übertreibung, unter einer Schuldenlast von mehr als 20.000 Millionen seufzt - nehmen Sie die Tageszeitungen zur Hand und stellen Sie fest, wieviel Ausgleiche und Konkurse Woche für Woche angemeldet werden - so haben sie eine Ergänzung unseres Wirtschaftsbildes. Nebenbei bemerkt, wäre es Zeit, die derzeit gültige Ausgleichsordnung ganz gehörig abzuändern, denn unter den verschiedenen Ausgleichen versteckt sich allerhand Betrug und ebenso wäre in die Konkursordnung ein viel schärferes Strafsystem zu bringen. Betrügerische Krida ist ein ganz gemeines Verbrechen und sollte unter die Strafsätze der schwersten Verbrechen eingereiht werden. Diese Ausgleiche und Konkurse lassen wenigstens im allgemeinen darauf schließen, daß es auch in anderen Berufszweigen nicht gerade rosig aussieht. Die Arbeitslosigkeit nimmt zu.
Der Bedarf aber von der Gemeinde angefangen bis zur Staatsverwaltung wird eher größer als kleiner. Dieser Weg kann nun logischerweise nicht zur Gesundung der autonomen und Staatswirtschaft führen. Die Ausblicke sind deswegen grau in grau. Um so trostloser wird dieser Zustand, wenn wir erwägen, daß alle europäischen Staaten sich in solchen oder ähnlichen Verhältnissen befinden. Man kann da wohl mit Berechtigung ausrufen: "Armes Europa!" Einem vom Unglück betroffenen Bauer, wenn er sich und das Anwesen seinen Kindern erhalten will, bleiben nur zwei Mittel: Viel Arbeit und viel sparen.
Und welche Mittel bleiben für uns alle? Auch auf die Gefahr hin ausgelacht zu werden, sage ich, auch uns, der ganzen Kommunal und Staatswirtschaft bleibt kein anderes Mittel und kein anderer Weg. Gehen wird man diesen Weg wahrscheinlich nicht oder erst dann, wenn es möglicherweise zu spät sein wird. Jede Regierung und jedes Parlament ist doch deswegen da, damit in dem betreffenden Lande solche Vorsorgen und Einrichtungen getroffen und geschaffen werden, die geeignet und imstande sind, dem einzelnen Bürger und Bewohner neben geordneten und klaren Rechtsverhältnissen Gelegenheit zu schaffen, daß er durch Arbeit eine halbwegs mögliche Existenz sich zu verschaffen vermag, daß seine Arbeit auch einen angemessenen Lohn trägt. Um einen solchen wünschenswerten Zustand herbcizuführen, kann man wohl sagen, daß ein Berg von Arbeit vor uns liegt. Es wäre nur zu wünschen, daß mehr als bisher unter bedeutender Ausschaltung parteipolitischer Tendenzen an die Lösung so vieler harrender volkswirtschaftlicher Probleme herangeschritten wird und auch an eine gründliche Revision bereits bestehender Gesetze gegangen würde unter dem Leitwort: "Jedem das seine, nicht allen das gleiche." Die planmäßige Verfolgung dieses Grundsatzes birgt in sich die Gewähr, daß zwischen den einzelnen Menschen verschiedenster Gesellschaftsstellung und den verschiedenen Produktionsgruppen eine größ ere Annäherung erfolgen müßte, gegenüber dem jetzigen, des gegenseitigen Abstoßens. Daß das alles sehr schwer ist, weiß ich, daß es scneinbar utopisch klingt, ist mir bewußt und dennoch ist es meines Erachtens der einzige Weg, das einzige Mittel, das uns zu besseren wirtschaftlichen und sozialen und nationalen Verhältnissen bringen kann.
Ist man aber unbelehrbar und unverbesserlicher Pessimist, so kann man auch die folgende Folgerung ziehen: Die Behauptung kann getan werden, daß sich die Geschichte wiederholt. Schon deswegen, weil sich die menschlichen Eigenschaften in moralischer und sittlicher Beziehung seit 2000 und 3000 Jahren nicht wesentlich geändert haben, viele Erscheinungen und Ursachen, die dem Verfall und dem Untergang großer Weltreiche vorausgingen, sind auch heute da, oder zumindest sehr merkbar vorhanden. Die dauernd anhaltende Verelendung des Landvolkes hat und muß eine starke Abwanderung nach der Stadt mit sich bringen, in dem Bestreben, lohnendere Arbeit zu erlangen oder zumindest einer Arbeitslosenunterstützung teilhaftig zu werden. Der lateinische Spruch: "panem et circenses", Brot und Spiele, mag heute als absurd bezeichnet werden, doch es kann auch nicht bestritten werden, daß sich alles schon darauf zu bewegt. Deswegen helfen sie alle mit, der Landwirtschaft und ihren Menschen das wird, was ihnen kraft ihrer für die gesamte Gesellschaft geleisteten vielfach unbezahlten Arbeit zukommt, und sie helfen damit nicht nur der Landwirtschaft, sondern noch viel mehr sich selbst und der ganzen Volkswirtschaft, den Völkern und dem Staate. Daß dieses Ersuchen nicht grundlos oder gar demagogisch aufgemacht ist, beweisen die nachstehenden Zahlen, die ich einer Arbeit des Herrn Direktor Hilmer, Brünn, entnehme. Ich zitiere wörtlich: Wenn die 14 Millionen ha Grund nur mit 5000 Kè bewertet einen Wert von 70 Milliarden K haben und ein Drittel Wertverlust 23 Milliarden K beträgt, wenn der Preisrückgang von 2 K bei 4.5 Millionen Rindern laut statistischem Handbuch, 3. Band, 3050 Millionen und ein Preisrückgang von gleichfalls 2 Kè pro Kilogramm bei dem vorhandenen Schweinebestand einen Verlust von 2.5 Milliarden beträgt, wenn von der 22 Milliarden Kè betragenden Jahresproduktion der Landwirtschaft cca. ein Drittel auf Getreide entfällt, d. s. 7.5 Milliarden, was bei dem bisherigen 30% igen Preisrückgang 2.5 Milliarden weniger Einnahmen bedeutet, wozu eine weitere Milliarde Mindereinnahmen bei Kartoffeln kommt. Ich füge hinzu die Mindereinnahmen aus dem Obst durch die Frostkatastrophe, die Elementarschäden, so sind die Schäden, die Mindereinnahmen in der Landwirtschaft zweimal so groß als der ganze Exportüberschuß der Textil-, Eisen-, Konfektions und Leinenindustrie. Das sind Zahlen, mit denen sich der Herr Finanzminister einigermaßen wird beschäftigen müssen, bevor er die Steuervorschreibungen für das nächste Jahr herausgibt. Ein Kommentar dazu ist wohl überflüssig, aber rasche Hilfe ist notwendig.
Zur Lösung der drängenden wirtschaftlichen Probleme ist die Zusammenarbeit der Vertreter auch aller in diesem Staate lebenden Völker erforderlich. Das aber kann nur wieder mit bestem Erfolg zustande kommen, wenn auch auf völkischem Gebiete uns Deutschen und den anderen Minderheiten ein solches Entgegenkommen bewiesen wird, daß sie sich im Staate wirklich wohlfüllen können. Ist ein solchre Zustand herbeigeführt, dann können wir mit gutem Grund sagen: Man gab uns, was uns gebührt, wir geben dem Staate, was er braucht.
Gestern sprach Herr Koll. Dr.
Èerný über die Notwendigkeit freundschaftlicher Zusammenarbeit.
Wir danken ihm für dieses öffentliche Bekenntnis und hoffen, daß
seine Auffassung auch die seines Klubs und seiner Partei ist.
Dann können wir mit Genugtuung
feststellen, daß unsere dreijährige Arbeit Früchte trug, die nun
endlich beginnen, sich bemerkbar zu machen. Hoffen wir, daß sich
diese unsere mühsame Arbeit bald, recht bald, zum Segen der Völker
und des Staates voll auswirke. (Potlesk.)