Pátek 20. prosince 1929

Welches sind nun die Gründe einer unsicheren Gegenwart und Zukunft für Tausende und Abertausende Menschen, voran der Arbeiter der Faust und der Stirn, welches sind die Gründe einer furchtbar wirkenden Depression auf die Grundlagen unseres Lebens, die Quellen unserer Arbeit, durch die allein Erwerb, somit Brot und Leben, geliefert werden kann, welches sind die Gründe der Störung der ehernen Relation von Arbeit und Leben? Ich sprach schon einmal davon, daß diese eherne Relation bestehen muß, weil der beste Wille zur Arbeit nicht genügt, wenn die Arbeit nicht vorhanden ist und nicht verrichtet werden kann. Die Arbeit muß tatsächlich verrichtet werden können, um jenen Effekt zu erzielen, der Brot und Leben heißt.

Es wäre verfehlt, die Gründe der Krise einzig im Umkreis des èechischen Staates zu suchen. Ich bin kein Anwalt dieses Staates und ich werde mich mit seiner Politik, soweit sie die Dinge in wirtschaftlicher Beziehung in den letzten Jahren verschärfte, noch auseinandersetzen. Die bestehende Krise ist nicht allein bei uns verursacht. Zu dieser Objektivität bekennen wir uns auch als deutsche Nationalsozialisten, deren Stellungnahme zu den Regierungen des Staates und auch zu der heutigen bekannt ist. Diese Krise ist vielmehr ein Ergebnis der Eigenart jener Ordnung, welche die Friedensschlüsse in wirtschaftlicher Beziehung setzten und die, solange sie bestehen, nie zu der von uns als notwendig erkannten Relation von Arbeit und Leben in Europa führen können. Um sich ihrer üblen Wirkungen zu entledigen, versuchen die Einzelstaatswirtschaften zwar zu Protektionismus, Dumping, Hochschutzzollpolitik und anderen Mitteln zu greifen. Auch hier in der Èechoslovakei geschieht das und was wir eben aus dem Munde des Herrn Koll. Zadina gehört haben, wie in dieser Beziehung seiner und seiner Partei Meinung nach noch weiter vorgegangen werden soll. (Posl. Geyer: Es ist das System der Morphinisten!) Koll. Geyer hat ein sehr treffendes Wort geprägt. Es ist das alles nichts an Korrektur, es ist das alles nichts heilsames, auch nichts persönliches, es führt das alles nur zum brutalen Kampfe Aller gegen Alle.

Wie also aus diesem Sumpfe heraus? Das ist die Frage, die wir uns stellen müssen und die wir uns gestellt haben, die wir aufrichtig und ernsthaft genug in die Dinge zu schauen uns bemühen. Wir können, um die Frage zu beantworten, nur andeutungsweise vorgehen. Eine ausführliche Stellungnahme würde aber nicht mehr sein als die Richtlinie, die wir aufzeigen, und zu der sich jeder leicht das Beiwerk zurechtlegen kann. Es ist zweifellos - und damit leitete ich ja meine Bemerkungen ein - daß der Urgrund des Wirtschaftsunglückes, das Europa in fortgesetzter Erregung hält, in den Friedensverträgen gelegen ist. Das ist heute allgemeine Erkenntnis und es ist weitere Tatsache, daß versucht wird, die katastrofalen wirtschaftlichen Auswirkungen der Friedensverträge zu verringern. Wir können hier nur feststellen, daß es in dem Augenblicke, in dem die Friedensverträge nicht eine durchgreifende Verbesserung erfahren können, zumindest zur Erledigung jener Wirtschaftspolitik kommen muß, die rekonstruktiv ist. Die Rekonstruktion Europas in wirtschaftlicher Beziehung ist über alle politische Mentalität hinweg in die Wege zu leiten. Das kann alles seine Vorbereitung durch eine Handelspolitik finden, die ihr Hauptaugenmerk auf die Erstellung von Verträgen richtet. Das ist der Weg, der zunächst zu gehen ist. Er ist diametral entgegengesetzt den heutigen Methoden des Protektionismus, des Dumping, der Hochschutzzollpolitik. Aber er wird, wenn er gegangen wird, auch nicht den Kampf aller gegen alle bedeuten, sondern die Vorbereitung schaffen für eine gemeinsame Arbeit Aller für Alle.

Im Sinne dieser Meinungen haben, soweit es sich um eine Mitarbeit der Èechoslovakei bei der Rekonstruktion Europas handelt, besonders das Außen- und das Handelsministerium aktiv zu sein. Wenn wir die Regierungserklärung Udržals vernehmen, so könnten wir vielleicht hoffen, daß in Hinkunft außenund handelspolitisch richtige Wege gegangen werden. Was uns bei der Ankündigung des Herrn Udržal nur skeptisch macht, ist, daß sich in dieser Regierung das Außenressort weiter in der Hand Beneš's befindet. Dieser Außenminister hat niemals, solange er sein Ressort innehat - und das sind nun über zehn Jahre - einsichtig genug die Lage des Staates betrachtet und dessen Politik so gestaltet, daß sie den Staatsnotwendigkeiten gedient hätte. Seine Politik war bisher stets entgegengesetzt den natürlichen Bedürfnissen des Staates, und es ist nicht zuletzt seine Schuld, daß wir heute vor der Katastrofe halten. Ich muß feststellen, daß nicht einmal das Handelsministerium in diesem Maße Schuld an der Verschärfung der aus der allgemeinen Weltwirtschaftslage entstandenen Katastrofe trägt als das Außenministerium. Schließlich und endlich, es hätte das Handelsministerium hinsichtlich der Behebung der Dinge noch so aktiv sein können, es konnte aber keinen Effekt erzielen, wenn seine Arbeiten ständig vom Außenministerium konterkarriert wurden. Niemals hat Herr Beneš bedacht, daß sein Staat ein Industrieund Exportstaat ist, der mit Berücksichtigung der für die Bevölkerung notwendigen Erhaltung der Industrie und der Exportmöglichkeiten geleitet werden muß, vielmehr bewegte er sich in der unfruchtbarsten politischen Theorie. Alles Mahnen und Warnen der Wirtschaftspolitiker war vergeblich und wir kennen heute den Inhalt einer Menge von Aussprachen solcher Wirtschaftsleute mit Herrn Beneš. Wir kennen den Inhalt, wir verschweigen ihn aber, weil wir der Èechoslovakischen Republik eine Charakterisierung und Klassifizierung ihres Außenministers ersparen möchten, wie über Herrn Beneš Wirtschaftsleute des Staates denken, wie sie die letzten Jahre hindurch immer mehr zu der Annahme kommen mußten, daß die Bekleidung des Außenressorts durch Herrn Beneš ein Unglück für die Gestaltung der Handelspolitik des Staates ist, auch im Sinne der heutigen Regierungserklärung. Darüber brauche ich kein Wort zu sprechen, weil diese Tatsachen zu bekannt sind. Was Herr Beneš im Laufe der letzten Jahre getan hat, macht uns so skeptisch gegenüber den Ankündigungen der heutigen Regierung, es war entgegengesetzt den Notwendigkeiten des Staates, nicht erst von gestern und vorgestern, sondern von allem Anfange an. Nie war die Außenpolitik Beneš's in dem Sinne konstruktiv, wie ich sagte, daß die Politik Europas, zumindest die Wirtschaftspolitik Europas rekonstruktiv sein müsse, um gewissen schweren Auswirkungen der Friedensverträge zumindest in wirtschaftlicher Beziehung zu begegnen, sondern diese Politik war entgegengesetzt den natürlichen Bedürfnissen. Ich erinnere daran, daß der Art. 222 des Friedensvertrages von St. Germain en Laye vom 10. September 1919 vorsieht, daß zwischen der Èechoslovakei und dem aus der Zerteilung der alten Österreichisch-Ungarischen Monarchie entstandenen Sukzessionsstaaten zolltarifarische Abmachungen getroffen werden konnten, die nicht der Meistbegünstigung unterliegen. Das war ein Weg zur Rekonstruktion des alten Staates in wirtschaftlicher Beziehung, eine Maßnahme, aus der die Èechoslovakei mit ihrem für ihre Verhältnisse zu großen Wirtschaftsapparat die größten Vorteile gehabt hätte. Aber was tat Beneš? Anstatt diesen natürlichen Weg zu gehen, den im Interesse der Wirtschaft seines Staates gelegenen Weg, zerstörte er jede tragbare Konzeption durch seine Politik, wie das die Handlungen der èechischen Außenpolitik in den Jahren 1920 und 1921 beweisen. Die Folgen einer solchen Außenpolitik zeigen sich heute in der Verelendung der Wirtschaft, sie zeigen sich heute in der katastrophalen Verelendung Tausender und Zehntausender von Menschen, und es muß hier das Wort von der Schuld gesprochen werden. Es ist keiner im Staate so schwer belastet mit den trüben Entwicklungen, die wir heute zu tragen haben, als der verantwortliche Leiter der Außenpolitik, der die letzte Chance des Staates verwarf, die, wenn sie praktisch angewendet worden wäre, das Unheil, wie wir es heute allenthalben finden, hätte vermeiden können. Die Kosten einer solchen Außenpolitik, der sich natürlich die Handelspolitik unterordnen mußte, trägt, wie wir es heute sehen, die Allgemeinheit sehr hart und sauer. Zunächst wird die betreffende Industrie ramponiert; wenn sie Einnahmsquelle des Staates gewesen ist, wird sie in dieser Hinsicht ein imaginärer Posten. Sind aber die in Wegfall gekommenen Einnahmen als Einnahmen unerläßlich, muß der Herr Finanzminister die Entgänge ersetzen durch andere Einnahmen. Meistens werden es allgemeine Verbrauchssteuern sein. In diesem bösen Zirkel hat sich die sog. Konjunkturpolitik dieser Außen- und Handelspolitik bewegt. Die Arbeiter, die Angestellten und Angehörigen aller schaffenden Stände des Staates wissen davon wohl ein sehr böses Lied zu singen. Wenn der Herr Außenminister vor kurzem in Tábor eine Jeremiade angestimmt hat, daß Deutschland in seiner Wirtschaftsexpansion so stark ist, daß die natürlichen Absatzmärkte, die für die Èechoslovakei in der Vergangenheit immer bestanden haben, wie z. B. Österreich, verloren gehen, so ist das nach der Darlegung der Schuld, wie ich sie hier vorgenommen habe, wohl die größte Verspottung der Öffentlichkeit des Staates und jener, die unter den Entwicklungen zu leiden haben, wie sie sich besonders im èechoslovakischen Staate in der durch Maßnahmen des Staates verschärften Wirtschaftskrise ergeben. Es konnte nicht anders möglich sein. Wir plädieren als für ein Mittel zur Behebung des krisenhaften Zustandes für eine sachliche Außen- und Handelspolitik, denn diese beiden Dinge hängen natürlicherweise zusammen. Es ist ein Wahnsinn zu glauben, etwa mit Deutschland in ein tragbares Handelsverhältnis zu kommen, wenn man Deutschland gegenüber eine Politik inauguriert, die Deutschland nicht veranlassen wird, uns bei den Handelsvertragsverhandlungen irgendwie entgegenzukommen. Wir plädieren für eine sachliche Außenpolitik und eine solche Handelspolitik, die uns die Sorgen erleichtern könnte. Sie zu verwirklichen liegt in unserer Hand, es ist nur notwendig, um dies tatsächlich tun zu können, daß wir uns keinen Illusionen hingeben und die Realitäten betrachten. Eine dieser Realitäten ist die schicksalsmäßige Verbundenheit mit Mitteleuropa. Wenn es der Politik des Staates und besonders der Außenpolitik des Herrn Dr Beneš möglich ist, diese schicksalsgemäße Verbundenheit Mitteleuropas in allen seinen Teilen zu erkennen, dann können wir schon einen Schritt zum Besseren zu tun imstande sein. Suchen wir vor allem mit Deutschland in ein erträgliches Verhältnis zu kommen, daß wir die Handels- und Wirtschaftspolitik mit diesem Staate endlich vertraglich festlegen können. Wie notwendig das ist, davon überzeugt uns ein Blick in die Handelsbilanzen. Stets war gegenüber Deutschland unser eigenstaatlicher Außenhandelsüberschuß groß und bedeutsam. Er war trotz der unerquicklichen Außenbeziehungen zu Deutschland groß und bedeutsam und er hat zu Zeiten alle Abgänge ausgeglichen, welche die Handels- und Wirtschaftspolitik mit Frankreich, Polen usw. zur Folge hatten. Schauen wir aber auch, daß wir mit unserem zweiten deutschen Nachbar, mit Österreich, in ein gutes Verhältnis gelangen, um aus diesem gleich wie aus dem Verhältnis zu Deutschland Sicherheiten für unser Leben zu gewinnen. Die Zahlen sprechen dafür, ich verwies schon auf die Handelsbilanzen, daß die èechoslovakische Handelspolitik eng an Deutschland und Österreich gekettet sein muß und daß die Wege der bisherigen Politik, die insgeheim diese natürlichen Zusammenhänge zu verneinen trachteten, als falsch erkannt werden müssen. Alle größere Sorge des neuen Handelsministers muß darauf gerichtet sein, stabile Handelsverträge zu erzielen. Der Herr Handelsminister wird es nicht schwer haben in der Gesamtregierung sich Gehör zu verschaffen, wenn er auf die Tageslage verweist. Wir können nicht annehmen, daß er etwa nicht imstande wäre, die utopische Außenpolitik des Staates noch in der Regierung legitimiert fortzuführen.

Ich sprach schon davon, wie unsere Außenpolitik von üblen Folgenwirkungen für die gesamte Öffentlichkeit des Staates begleitet war. Das Größte und Folgenschwerste besteht immer hierin, und das hat besonders das Verhältnis zu Deutsch-Österreich im Jahre 1920 aufgezeigt, daß sich der Staat, dessen Glieder sich eine Wirtschaftsmaßnahme, wie sie durch die Èechoslovakei Deutsch-Österreich gegenüber so oft erflossen sind, nicht gefallen lassen muß und daß er sich zur Wehr setzt und daß dann eben diese Gegenmaßnahmen kommen. So sehr wir für eine vernünftige sachliche Handelspolitik und Außenpolitik des Staates im Interesse der Millionen Verelendeten plädieren, aus den Fehlern der Vergangenheit heraus plädieren, sind wir auch für eine Verbesserung der Produktionsgrundlagen sowie des Güterverkehrs. Es darf nicht möglich sein, daß die Produktionsgrundlagen und der Güterverkehr verschlechtert wird, weil sich hieraus die Lage nur noch kritischer gestalten könnte, als sie ohnehin schon ist. Des weiteren hat sich aber die èechoslovakische Handelspolitik und Außenpolitik - wenn ich das hier nochmals erwähne, so wiederhole ich einen in meinen heutigen Darlegungen schon gebrauchten Gedanken - freizumachen von einer widersprechenden Politik. In einem Augenblick, wo man über das, was der Èechoslovakei an Reparationsmaßnahmen aufgelastet werden soll, jammert, freut man sich über das, was Deutschland an unendlich größerer Last aufgebürdet wird. Und man bedenkt nicht, wie die Dinge auch in dieser Beziehung zusammenhängen. Der Druck der Reparationen, die Deutschland aufgeladen werden, wird sich auch auf die Reparationsempfänger bemerkbar machen.

Das ist längst nachgewiesen. Wie ist der kausale Zusammenhang? Reparationen können nur geleistet werden, wenn Deutschland seine Leistungsfähigkeit auf ein Maximum und seinen Verbrauch auf ein Minimum bringt. Man muß deshalb auch bei der Beurteilung der Deutschland von der großen Feindesmasse auferlegten Verpflichtungen sehr vorsichtig sein, denn sonst könnten sich die Wirkungen vervielfachen, wie sie wieder aus einer Maßnahme Deutschlands hervorgehen. Deutschland hat bekanntlich seine Schutzzölle erhöht in Verfolg der Notwendigkeit, sich womöglich freizuhalten von jeder Einfuhr, um zu sparen, um seine Verpflichtungen leisten zu können. Was das für die einheimische Schuhindustrie für Folgewirkungen haben kann, ist im Augenblick vielleicht noch gar nicht abzusehen.

Wir wenden uns aber in unseren Darlegungen heute nicht nur an die Verantwortlichkeit der Regierung des Staates, wir wenden uns auch an die breiten Massen der èechischen Öffentlichkeit in unseren Forderungen nach Sachlichkeit in der Politik dieses Staates und zwar aus einem ganz bestimmten Grunde. Die èechische Öffentlichkeit hat in der letzten Zeit sehr oft die Gelegenheit wahrgenommen, mit schelen Augen auf den noch trotz aller Maßnahmen übrig gebliebenen Besitz an deutscher Wirtschaft zu schauen. Sie erblickt im Besitzstand des deutschen Volkes in wirtschaftlicher Beziehung etwas, was für sie untragbar ist. Die èechische Öffentlichkeit wird darüber belehrt werden müssen, daß nicht so sehr in einer Eroberungspolitik gegenüber der deutschen Wirtschaft auch ihr Heil gelegen ist, sondern in einem Versuch, mit uns den Staat zu einer sachlichen Außen-, Wirtschafts- und Handelspolitik zu bringen. Wie dem entgegengesetzt die èechische Öffentlichkeit handelt, davon nur einen kleinen Beweis. Dieser Tage sprach der Organisator der Jugendbewegung der "Národní Jednota" für Ost- und Nordmähren, der Mähr.-Schönberger Gymnasial-Direktor Franz Haderka in einer eigens hierzu einberufenen Versammlung zu den Studenten aller èechischen Fach- und Mittelschulen in Olmütz und führte unter anderem aus, daß der Umsturz zwar die politische, nicht aber auch die wirtschaftliche Unabhängigkeit gebracht hätte und die èechische Jugend, die draufgeherisch sein muß, die Pflicht und das Recht habe, diese zu unterstützen und hierbei mitzureden. Das Èechentum müsse sich unerbittlich daranmachen, den gesamten Staat, vor allem auch seine Wirtschaft, allein in die Hand zu bekommen. Haderka forderte die èechische Jugend auf, sich mehr der Grenzkämpferfrage als dem Sport zu widmen. Die Turistik müsse in den Dienst der Èechisierung gestellt werden. Die deutschen Berge könnten durch die Turistik leicht kennen gelernt werden. Die èechische Jugend ist die Hoffnung der Nation. In allen Mittelschulen wurden sofort Arbeitsausschüsse eingesetzt, die für die chauvinistischen Ziele der Národní Jednota werben sollen. Nach den bisherigen Erfahrungen ist es völlig ausgeschlossen, daß das Schulministerium der Erziehung der èechischen Jugend zum radikalen Chauvinismus irgendwelche Schwierigkeiten bereiten wird, es wird vielmehr diese Bestrebungen wohlwollend fördern. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß sogar das Ministerium für öffentliche Arbeiten, als es noch unter Leitung des deutschen Agrariers Dr Spina stand, die nordmährische Národní Jednota aus Fonds, die von öffentlichen Steuergeldern stammten, finanziell unterstützte. Daß die Leitung der Národní Jednota in ständiger Verbindung mit den Ministerien, Staatsämtern und staatlichen Unternehmungen steht, ist heute wohl allgemein bekannt.

Ich habe nur das eine angeführt, um eine ganz andere Pflicht auch der èechischen Öffentlichkeit zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Krisenverhältnisse darzutun, als jene Pflicht, die in so weiten Kreisen allein zu bestehen scheint, mit scheelen Augen auf die letzten Reste der deutschen Wirtschaft zu blicken, die dem Staat so dient, und daß versucht wird, diese Wirtschaft in èechische Hände zu bringen, wenn auch in ramponiertem Zustand. Sowie der Professor Haderka in Olmütz gesprochen hat, hat auch der Herr Dubický vor wenigen Monaten in Böhm. Leipa gesprochen, ebenso auch der Dr Kramáø und der Dr Hodáè. Wir sind verpflichtet, die Verhältnisse im wirtschaftlichen Leben des Staates aufzuzeigen und wir erachten es als unsere erste Pflicht, bei der Aufnahme der Beratungen in der neuen Nationalversammlung die Regierung aufzufordern, positive Maßnahmen zur Besserung dieser Verhältnisse einzuleiten. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.)

Über einzelne Dinge habe ich schon gesprochen. Es liegt in dem, was ich dargetan habe, viel Kritik, aber in dieser Kritik ist auch der Fingerzeig für das Positive enthalten, das ausgearbeitet werden müßte. Als Augenblicksmaßnahmen verlangen wir von der Regierung, daß sie unverweilt alle Mittel bereitstellt, welche notwendig sind, um die Arbeitslosen in den Krisengebieten und auch anderwärts mit Lebensmitteln, Heizmaterial und fehlender Kleidung und auch mit den entsprechenden Geldbeträgen zu beteilen. Dann ist seitens der Regierung eine Aktion einzuleiten, durch welche im Rahmen der eventuellen Möglichkeit ein Teil der Arbeitslosen in anderen Berufen Unterkommen findet. In den betroffenen Gebieten sind Notstandsarbeiten raschestens vorzubereiten und auszuführen, wobei die Arbeitslosen des betreffenden Gebietes vor allem zu beschäftigen sind. Staatsaufträge für die in Frage kommenden Unternehmungen sind unter der Bedingung zu erteilen, daß die geschlossenen Betriebe wieder eröffnet und die entlassenen Arbeitslosen wieder eingestellt werden. Es ist ein gesetzlicher Schutz der Arbeiter in der Richtung zu organisieren, daß für Betriebseinstellungen eine Übergangszeit von mindestens 6 Monaten in der Weise geschaffen wird, daß die Arbeiterschaft des zur Stillegung kommenden Betriebes bei vorheriger mindestens halbjähriger Ankündigung wenigstens um ein halbes Jahr länger in Kurzarbeit beschäftigt werden muß. Es ist ein Enqu@ete einzuberufen, aus Vertretern der Regierung, der politischen Parteien, der Industrie und der Gewerkschaften, um klarzustellen, welche Möglichkeiten etwa bestehen, damit die zum Stillstand gekommenen Industrien, die nach der Gesamtlage in Europa oder Mitteleuropa keinen Aufbau mehr erfahren können, durch andere Industriezweige ersetzt werden, auch solche, welche eventuell durch Initiative neugeschaffen werden müßten. Es ist ferner das durchzuführen, was ich in meiner Kritik der Handels- und Wirtschaftspolitik sagte: Es ist die Handelsund Wirtschaftspolitik auf eine sachliche und der Allgemeinheit dienende Grundlage zu stellen. Wenn die Regierung, die sich vor wenigen Tagen dem Abgeordnetenhaus vorgestellt hat, in dieser Hinsicht praktische Arbeit zu leisten sich anschickt, dann werden sie auch an uns, auch wenn wir ihr gegenüber als oppositionelle Partei uns unsere Stellung vorbehalten, Mitarbeiter haben. Aber es geht nicht an, daß wir mit der Regierungserklärung, wie sie vom Herrn Ministerpräsidenten Udržal abgegeben wurde, einverstanden sein können, die lediglich den Hinweis auf die Zustände bringt, ohne auch nur eine einzige positive Maßnahme zur Behebung der Krise für die Tausende und Zehntausende Menschen darzutun. Wir appellieren an die Regierung, keinen Augenblick mehr zu versäumen, mit diesen positiven Maßnahmen vorzugehen, weil ein einziger Augenblick des Versäumens die ganze Sachlage überhaupt unentwirrbar machen nönnte. Die Weihnachtszeit steht vor der Tür und es ist heute schon von einem Redner gesagt worden, daß es ein grauenhaftes Weihnachtsfest für Tausende und Abertausende Menschen des Staates sein wird. Wenn sich die verantwortlichen Kreise nur bemühen wollten, die Kulisse vom tatsächlichen Leben der Menschen wegzurücken, jene Kulisse, die manche aus Scham noch vor ihr Leben gestellt haben, so dürften sie die grauenhafte nackte Wirklichkeit sehen. Gegenüber diesen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen fordern wir die Regierung auf, keinen Augenblick mehr zu versäumen. Für die Regierungserklärung, die nicht in diesem Sinne gehalten ist und nicht in diesem Sinne positive Maßnahmen aufzeigt, sondern sich lediglich mit ganz geringfügigen Feststellungen begnügt, können wir aus diesem Grunde nicht stimmen. (Potlesk poslancù nìm. strany nár.-socialistické.)

5. Øeè posl. dr Kafky (viz str. 70 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Deutsche Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft vertritt als solche in dieser Legislaturperiode zum ersten Male den Boden des èechoslovakischen Parlaments. Es wäre gewiß naheliegend, den ersten Anlaß zu benützen, um von dieser Stelle aus, über uns selbst, über die Aufgaben, die wir uns gesetzt haben, und über die Wege, die wir zu ihrer Erfüllung zu beschreiten gedenken, eine programmatische Erklärung abzugeben. Die Struktur der heutigen Debatte nötigt uns, hievon abzusehen. Wir können uns indessen zu diesem Verzicht aus mancherlei Gründen leicht entschließen. Wir könnten heute nichts anderes sagen, als was der deutschen Öffentlichkeit bereits bekannt ist. Gerade in der letzten Zeit haben wir reichlichst Gelegenheit gehabt, über unsere Ziele und die Methoden unserer Arbeit vor dem breitesten Forum klar zu sprechen, und da wir niemals demagogisch sind, müssen wir das, was wir in Wahlversammlungen und in Aufrufen sagen, weder revidieren, noch nuancieren, wenn wir die Tribüne des Parlaments betreten. Wir können ferner auch schon auf die praktische Arbeit verweisen, die wir in einem anderen Vertretungskörper, der böhmischen Landesvertretung geleistet haben. Und schließlich verfügen wir auch bereits über eine parlamentarische Tradition. Die Deutsche Arbeitsund Wirtschaftsgemeinschaft setzt sich aus 2 Gruppen zusammen, von denen die eine in der ersten gewählten Nationalversammlung vertreten war, während der Führer der anderen, in der letzten Legislaturperiode dem Parlamente durch mehrere Jahre angehörte. Wir haben einfach nur dort anzuknüpfen, wo wir unsere parlamentarische Tätigkeit unterbrochen haben und wir können uns daher mit der einfachen Feststellung begnügen, daß wir bei der Linie bleiben, die wir immer verfolgt haben. Das bedeutet vor allem unseren ernstesten Willen, mit dem größten Nachdruck zur Gestaltung der unerläßlich notwendigen, immer geforderten und niemals verwirlichten Volksgemeinschaft mitzuwirken, das bedeutet das Festhalten an allen unseren grundsätzlichen und programmatischen Erklärungen, deren letzte durch den Marienbader Gründungsbeschluß der Deutschen Arbeitsund Wirtschaftsgemeinschaft am 31. Juli 1928 abgegeben wurde, das bedeutet das Beharren bei der von uns seit langem vertretenen Erkenntnis und Überzeugung, daß das Wohl der deutschen Bevölkerung in der Èechoslovakischen Republik, das unser höchstes und wichtigstes Ziel ist und bleibt, am besten durch aktive und positive Mitarbeit im Staate und am Staate gefördert werden kann.

Ich habe heute die Aufgabe vor mir, mit aller Klarheit zu der Regierungserklärung vom letzten Freitag Stellung zu nehmen. Ich glaube jedoch, mich zunächst nicht unmittelbar dieser Aufgabe zuwenden zu können, ohne mit einigen Worten auch auf die Vorgänge zurück zu kommen, die sich in den letzten Wochen bei der so langwierigen und schwierigen Bildung der jetzigen Regierung abgespielt haben. Diese Vorgänge haben in gleicher Weise in der deutschen und in der èechischen Öffentlichkeit Befremden erregt, und wir wollen nicht leugnen, daß wir dieses Befremden in vollem Maße teilen. Wenn man Demokratie und Parlamentarismus bejaht, dann muß man sich davor hüten, jenen Anschauungen Nahrung zu geben, die eine unüberwindbare Krise von Demokratie und Parlamentarismus behaupten. Solche Anschauungen werden aber nur gefördert, wenn man beim Zustandekommen einer parlamentarischen Regierung den naturgemäßen Weg, der von der Feststellung eines Regierungsprogramms ausgeht und über die Gewinnung der mit diesem Programm einverstandenen Parteien zur letzten Phase der Ressortverteilung führt, verläßt und sich für ein Vorgehen entscheidet, das das Wesentliche nicht nur als das zeitlich Letzte, sondern ein wenig wohl auch das Mindestbedeutsame erscheinen läßt. Die Ergebnisse der Wahlen hatten nach unserer Ansicht klar die Richtung gezeigt, nicht nur für die Feststellung des Programms, sondern auch für die Beantwortung der Frage, welchen politischen Gruppen die Verantwortung für das weitere politische Geschehen nach dem Willen der Bevölkerung zuzufallen hatte. Wollte man über diesen Rahmen hinausgehen und im Hinblick auf die schweren wirtschaftlichen Probleme, die in der nächsten Zukunft zu lösen sind, eine große Konzentration anstreben, dann war es zu vermeiden, aus Prestigegründen oder parteitaktischem Opportunismus Parteien auszuschließen, die unter dem Gesichtswinkel einer umfassenden Konzentration zweifellos heranzuziehen waren. Wir können uns eine gewisse Kritik, auch nach einer anderen Richtung hin, nicht versagen. Es erhöht nicht gerade die Werbekraft des parlamentarischen Regimes, wenn die Ressorts, bei deren Zuteilung in erster Linie Erwägungen der sachlichen Notwendigkeit und der Qualifikation maßgebend sein sollen, zu Objekten von einander bekämpfenden parteipolitischen Egoismen werden. Und es ist mehr als ein Schönheitsfehler, wenn Minister, die aus der früheren Regierung übernommen werden und sich während deren Wirksamkeit in ihrem Amte eingearbeitet haben, genötigt werden, ihren Platz zu tauschen. Unser besonderes Bedauern gilt für diese Phase der jüngsten Vergangenheit den zum Teile gelungenen Versuchen, das deutsche Element innerhalb der Regierung ziffernmäßig und in gewissem Sinne auch qualitativ zu verkürzen. Da man die deutsche Mitarbeit will, so muß man von vornherein auch den Anschein vermeiden, als ob eine gewisse Anzahl èechischer Stimmen in der Regierungsmehrheit schwerer wiegt, als die gleiche Anzahl Stimmen, die deutsche Gruppen zur Verfügung stellen.

Wenn ich an eine kurze Analyse der Regierungserklärung selbst herantrete, so will ich vor allem keinen Zweifel daran aufkommen lassen, daß wir keineswegs den Wert von Worten überschätzen und das Wesentliche für die Beurteilung einer Regierung nicht in dem sehen, was sie bei Beginn ihrer Tätigkeit ankündigt, sondern in der Arbeit, die sie tatsächlich leistet. Immerhin kann man an den Ideen und Formulierungen eines Regierungsprogramms nicht völlig achtlos vorübergehen, wenn man vor die Notwendigkeit der Entscheidung gestellt ist, ob man dem sein Amt antretenden Kabinett einen Vorschuß an Vertrauen - um mehr kann es sich in einem solchen Zeitpunkt ja niemals handeln - zu gewähren bereit ist oder nicht. Die Regierungserklärung sagt von sich selbst aus, daß sie kein genau abgegrenztes Programm anführt und den Charakter einer gewissen Unfertigkeit verleugnet sie tatsächlich fast in keinem ihrer Teile. Auch in jenem nicht, dem wir begreiflicherweise bei der Prüfung der Regierungserklärung unsere besondere Aufmerksamkeit zugewendet haben. Ich denke hiebei an die Stellungnahme zu dem größten und wichtigsten Problem des ganzen Staates, zu dem Nationalitätenproblem. Die meisten Regierungserklär ungen, die wir bisher gehört haben, haben diesen Fragenkomplex so behandelt, als ob er eigentlich gar nicht vorhanden wäre und auch in dem Programm, das uns jetzt vorgelegt worden ist, vermissen wir die erforderliche Klarheit und vor allem eine Konkretisierung der Aufgaben, die sich in dieser Hinsicht die neue Regierung gesetzt hat. Es scheint, als wäre auf èechischer Seite allmählich die Erkenntnis gereift, daß die Lösung des nationalen Problems eine der höchsten Staatsnotwendigkeiten darstellt, aber man schreckt offenbar noch davor zurück, von dieser Frage, deren Existenz man durch die längste Zeit, zum Schaden der Gesamtheit und der verschiedenen Völker dieses Staates zu leugnen versuchte, mit der notwendigen Deutlichkeit zu sprechen. Wir müssen dieser Zaghaftigkeit die Binsenwahrheit gegenüber stellen, daß in demokratisch regierten Staaten eine erfolgreiche Politik nicht geführt werden kann, wenn sich zu einer gewonnenen Einsicht nicht auch der Mut gesellt, sich offen zu ihr zu bekennen. Einen gewissen Fortschritt leugnen wir nicht. Noch die letzte Regierungserklärung, die auch die Erklärung eines gemischtnationalen Kabinetts war, scheute sich, von der Mitwirkung der deutschen Bevölkerung überhaupt zu reden, und sprach mit durchsichtiger Vorsicht, nicht von den verschiedenen Nationen, die in diesem Staate wohnen, sondern nur von verschiedenen Volkskulturen, die einander berühren. Im übrigen beschränkte man sich darauf, mit unerfreulicher Gewundenheit den wenig inhaltsreichen Gedanken zu paraphrasieren, daß nunmehr Gleiche mit Gleichen verhandeln können. Heute wagt man sich vieleicht schon einen kleinen Schritt weiter vorwärts. Aber wir können und wollen selbstverständlich diesen einleitenden Floskeln nicht mehr als höchstens symptomatische Bedeutung zusprechen. Wichtiger erscheinen uns jene Stellen der Regierungserklärung, in denen wir ein konkreteres Eingehen auf gewisse Teilfragen des nationalen Problems - wir wollen vorsichtig sein - vermuten.


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