Die parlamentarische Interessenvertretung der
Landwirtschaft sah sich gezwungen, der an den Rand des völligen
Ruins gedrängten Landwirtschaft notdürftigen Schutz
zu bieten, und es wurden mit der Regierungsverordnung vom 4. Juli
1925 die gleitenden Getreide- und Mehlzölle eingeführt,
eine Maßnahme, die der Bodenproduktion keinen Schutz brachte,
sondern den Schiebern und Börsenjobbern eine Handhabe für
ihre dunklen Spekulationsgeschäfte bot. Die Zollgesetznovelle
vom 22. Juli 1926 brachte der Landwirtschaft die festen Zölle.
Trotz Warnung von Fachmännern, den Gewichtszoll an Stelle
des Stückzolles einzusetzen, wurde dem nicht Rechnung getragen
und der aus Österreich-Ungarn übernommene Stückzoll
festgesetzt. Der damals gemachte Fehler rächt sich heute
an der heimischen Landwirtschaft bitter, und es ist die Erfüllung
der damaligen Abmachung bei Bedarf den Gewichtszoll an Stelle
des Stückzolles zu setzen notwendig geworden. Die Industrie
hat nun Gelegenheit der Landwirtschaft die Einschränkung
der übermäßigen Einfuhr polnischer Schweine auf
das weitestgehende in der Form zu unterstützen, daß
die Industriellen nicht hinderlich unserer berechtigten Forderung
in den Weg treten, damit die Lösung der für die Landwirtschaft
äußerst wichtigen Fragen keine Verzögerung erleidet
Die Ausfuhr von Schweinen aus Polen in die Èechoslovakei
wächst von Woche zu Woche und die ständigen Nachrichten
über das polnische Schweineausfuhrsyndikat und dessen Verhandlungen
mit den Vertretern des èechoslovakischen und österreichischen
Einfuhrfirmen geben zu großer Besorgnis
für die Zukunft unserer Schweinezucht und Schweineproduktion
Anlaß. Wenn man die von Schweinezüchtern und Schweineproduzenten
erschienenen Artikel in der "Bohemia" über die
Einschränkung der polnischen Einfuhr und für die der
Umwandlung des Stückzolls in Gewichtszoll verfolgt, kommt
man zu der Annahme, daß möglicherweise die deutsche
Viehverkehrsanstalt mit zu jenen Firmen gehört, welche beabsichtigen,
in großzügiger Weise die Schweineeinfuhr zu organisieren.
Der Jahresumsatz dieses Schweineausfuhrsyndikats, dessen Vertreter
in der letzten Zeit in Wien mit Prager und Wiener Viehkommissären
Verhandlungen gepflogen haben, wurde auf rund 35 Millionen Dollar
oder 1.19 Milliarden Kè
beziffert. Das Schweineausfuhr-, bezw. Einfuhrgeschäft wird
also in ausgiebiger Weise ausgebaut, und wir
können mit einer neuen Überflutung des heimischen Schweinemarktes
mit polnischen Schweinen rechnen. Polen hat eine Verordnung vorbereitet,
die einen Ausfuhrzoll für lebende und geschlachtete Schweine
vorsieht. Die polnische Regierung wird dem Ausfuhrsyndikat
in einer besonderen Bestimmung eine überragende Stellung
in der Weise einräumen, daß dem Syndikat der geplante
Ausfuhrzoll zurückvergütet wird. Die Einfuhrfirmen der
Èechoslovakei bezahlen in Polen im Verhältnis zu den
bei uns erzielten Preisen niedrige Schweinepreise und es war selbstverständlich,
daß die Polen selbst an dem glänzenden Geschäft
beteiligt sein wollten, weshalb geschäftstüchtige Polen
das Ausfuhrsyndikat schufen, um auf leichte Weise viel Geld zu
verdienen, um so mehr als diese Gesellschaft eine Art Monopol
für die Ausfuhr von Schweinen erhält. Hätten wir
rechtzeitig unsere Viehzölle geregelt, die polnische Einfuhr
beschränkt und dadurch die Schweineproduktion und Zucht im
Inlande gehoben, dann wären unsere Konsumenten nicht in ein
Abhängigkeisverhältnis zu dem polnischen Ausfuhrsyndikat
gekommen, dessen Betätigung sich im Anfangsstadium befindet
und keineswegs zu Nutz und Frommen unserer Verbraucher ausfallen
wird. An dieser Frage ist die Regierung dieses Staates unbedingt
interessiert und kann auf keinen Fall der Sache ihren Lauf lassen.
Mit aller Entschiedenheit fordern wir die Einführung eines
entsprechenden Schutzzolles für tierische Produkte. Wir verlangen,
noch ehe das neu organisierte polnische Schweinegeschäft
mit Unterstützung verschiedener Banken in vollem Umfang die
Tätigkeit aufnimmt, die Beschränkung der Einfuhr polnischer
Schweine in die Èechoslovakei. In der gegenwärtigen
Zeit wird mit polnischen Schweinen fast ausschließlich Prag
und Wien beglückt. Die ganz unglaubliche
Steigerung der Schweineeinfuhr aus Polen ergibt sich aus nachstehenden
Zahlen. Es wurden eingeführt im Jahre 1924 214.191 Stück
im Werte von 292.6
Mill., im Jahre 1925 403.000 Stück im Werte von 340 Mill.,
im Jahre 1926 432.597 Stück im Werte von 376 Mill., im Jahre
1927 sogar 678.250 Stück im Werte von 617.1
Mill. und in 9 Monaten im Jahre 1928 582.622 Stück.
Nicht allein diese große Steigerung der
Einfuhr polnischen Borstenviehs ist zu verzeichnen, sondern auch
die fortgesetzte Überschreitung des Einfuhrkontingentes auf
das Drei- bis Vierfache. Das im Handelsvertrage festgesetzte Kontingent
wurde im Jahre 1924 um 91.767 Stück im Werte von 68 Mill.,
im Jahre 1925 297.776 im Werte von 203 Mill., im Jahre 1926 um
253.996 Stück im Werte von 172 Mill., im Jahre 1927
um 400.000 Stück im Werte von 282 Mill. überschritten.
Ich möchte dabei auf die Ausführungen des Herrn Berichterstatters
zurückkommen, der hier sagte, daß zwischen den Vertretern
von Polen und Èechoslovakei neue Einfuhrverbote,
welche einen Mißbrauch anstreben, nicht verhandelt werden
dürfen. Wir verlangen nicht den Mißbrauch von Einfuhrverboten,
wir verlangen aber, daß die Überschreitungen des im
Handelsvertrag festgesetzten Kontingents nicht mehr stattfinden.
Und wenn wir 400.000 Stück polnische Schweine im Werte
von 282 Millionen Kè weniger jährlich einführen
werden, dann wird die tierische Produktion unserer heimischen
Landwirtschaft gewiß einer besseren Zukunft entgegengehen
können. Diese Überschreitungen waren nur
dadurch möglich, daß im èechisch-polnischen
Handelsvertrage eine geheime Klausel enthalten ist, die der Schweineausfuhr
Polens unbedingtes Wohlwollen zusichert und dem polnischen Staate
die Möglichkeit der Nichtbeachtung der Kontingentziffern
gibt. Diese Geheimklausel wurde seinerzeit
dem Parlamente bei Abschluß des Handelsvertrages nicht zur
Genehmigung vorgelegt, sie besteht nicht zurecht und es ist an
der Zeit, daß die privaten Abmachungen von seinerzeit im
Interesse der heimischen schwer geprüften Landwirtschaft
verschwinden. (Sehr gut!) Am 4. Dezember 1928 hat der Vorsitzende
für Wirtschaftsverhandlungen mit Polen in Deutschland Dr.
Hermes der polnischen Regierung zwei Entschließungen der
deutschen Regierung, bezugnehmend auf die Fortsetzung der Wirtschaftsverhandlungen,
vorgelegt, welche besagen: 1. Die polnische Forderung, betreffend
die Einfuhr von Vieh- und Fleisch nach Deutschland, wird abgewiesen.
2. Das einfuhrfreie Kontingent von Lebend- oder geschlachtetem
Borstenvieh aus Polen nach Deutschland wird mit 280.000 Stück
jährlich festgesetzt, wobei dieses Kontigent ausdrücklich
für die fleischverarbeitenden Fabriken Deutschlands bestimmt
wird. Außerdem fordert die deutsche Regierung die Einführung
von Transitkontingenten für die Durchfuhr von Fleischerzeugnissen
und Fleisch über Deutschland nach anderen Staaten. Der preußische
Minister für Landwirtschaft Dr. Steiger erklärte, daß
für ihn die Einfuhr lebenden Viehs aus Ländern mit ungünstiger
Seuchenlage, wie Polen völlig außer Frage stehe. Er
werde alle auf dem Gebiete der Veterinärpolizei zur Verfügung
stehenden Mittel anwenden, um die mit einer solchen Ein- und Durchfuhr
für den Viehbestand Preußens verbundene Seuchengefahr
hintanzuhalten. Die strenge Handhabung der veterinär-polizeilichen
Vorschriften beim Viehverkehr ist auch bei uns einzuführen.
So schützt Deutschland heute seine Landwirtschaft, weil die
Erkenntnis sich überall durchgerungen hat, daß der
Ackerbau die Grundlage der Kultur, des Staates und seiner Völker
ist. Mögen auch die maßgebenden Kreise dieses Staates,
wenn auch in später Stunde, die Landwirtschaft in ein em
Maße schützen, daß sie leben kann und die Disparität
zwischen Landwirtschaft und Industrie nicht beiträgt, daß
erstere zum Schaden der Volkswirtschaft an den Abgrund gebracht
wird. Die Fleischpreise stehen oft in keinem Verhältnis zu
den Viehpreisen, wie überhaupt eine auffallend große
Spannung im Preise bei allen landwirtschaftlichen Urprodukten
gegenüber der veredelten Ware festgestellt werden kann. Solange
die Tatsache bestehen bleibt, daß die ungerechte Spannung
zwischen dem Ankaufspreis des lebenden Viehs und dem Fleischpreis
vom Konsumenten ohne Widerspruch hingenommen wird, haben die Vertreter
der Konsumenten wohl kein moralisches Recht, sich gegen eine allfällige
Viehpreiserhöhung zu stellen. Der Viehpreis kann noch
um 2 Kè per 1 kg Lebendgewicht steigen, ohne daß
eine Fleischpreiserhöhung gerechtfertigt erscheint. (Sehr
richtig!) Die Spannung zwischen
Vieh- und Fleischpreis betrug im Jahre 1918 214% gegenüber
einem Preisunterschied von 115% im Jahre 1925, als das
Kilogramm Schlachtvieh um 2 Kè bei der Landwirtschaft höher
bezahlt wurde als heute.
Wenn man Nr. 192 des in Aussig erscheinenden
nationalsozialistischen Tagblattes "Der Tag" über
den Verkauf von Fleisch im sozialdemokratischen Konsumverein in
Aussig liest, dann wundert man sich allerdings nicht, daß
die Vertreter der Konsumenten an niedrigen Fleischpreisen kein
Interesse haben. "Der Tag" stellt fest, daß trotz
Steuerbegünstigung und dergl. gegenüber den gewerbsmäßigen
Fleischermeister die Fleischverkaufsstelle des Konsumvereins dieselben
Preise für Fleisch verlangt wie der Fleischer, somit also
selbst durch den auch von uns begrüßten direkten Verkehr
vom Produzenten zum Konsumenten eine Verbilligung des Fleisches
nicht gebracht wird. Hervorragende Vertreter der èechoslovakischen
Wirtschaft, auch Abgeordnete in diesem Parlamente, haben im Interesse
der Hochfinanz im Parlament auf Tagungen der èechoslovakischen
Industriellen sich zu der Behauptung verstiegen, daß die
sachlich einwandfrei begründeten Forderungen der um die Existenz
ringenden Landwirtschaft ein Hindernis für die Abschlüsse
von Handelsverträgen mit Südslavien und Deutschland
bilden. Es ist uns bekannt, daß alle früheren Handelsverträge
auf Kosten der Landwirtschaft abgeschlossen worden sind. Wir ertragen
die einseitige verfehlte Wirtschaftspolitik aus den ersten fünf
Nachkriegsjahren nicht mehr, wir fordern dasselbe Recht wie die
Industrie, und deshalb ist der Vorwurf umsomehr als unberechtigt
zu bezeichnen, als wir von einer gutbeschäftigten prosperierenden
Industrie auf Grund des Berichtes der Nationalbank und der übrigen
Erfahrungen sprechen können. Südslavien hat seit Jahren
660 K autonomen und 528 K vertragsmäßigen Zoll per
Stück Vieh festgesetzt; Deutschlad hebt für 100
kg Lebendgewicht 144 K autonomen und 128 K vertragsmäßigen
Zoll ein; diese Zölle entsprechen den von uns für das
èechoslovakische Staatsgebiet beantragten. Die bisherigen
Stückzölle ergeben eine ungleichmäßige Belastung
der verschieden schweren Tiere und bilden
geradezu eine Prämie für schweres Rindvieh und Schweine
mit hohem Gewicht. Die Behauptung eines ungünstigen Einflusses
der Agrarzölle auf die Abschließung von Handelsverträgen
bezeichnet ein èechoslovakischer Gesandter, der sich
viel mit dieser Frage auch im Auslande befaßt hat, als historisch
und politisch falsch. Die Handelsverträge werden nicht wegen
der landwirtschaftlichen Zolltarife verloren, sondern aus ganz
anderen Gründen. An der Hand eines historischen Überblickes
auf die deutsche Handelspolitik von Bismarck und seinen Nachfolgern
kann dies aufgezeigt werden. Bismarck führte eine Politik
der Agrarzölle und es ging nicht nur der Landwirtschaft,
sondern auch der Industrie und den Arbeitern gut, weil die Handelsverträge
des Deutschen Reiches trotz der Agrarzölle günstig waren.
Der Sturz Bismarcks schuf in Deutschland die gegenteiligen Verhältnisse
und Caprivi als Nachfolger Bismarks ließ die landwirtschaftlichen
Schutzzölle schon in den ersten Tagen seiner Tätigkeit
auf. Der Handelsvertrag des Nachfolgers Bismarcks war trotz Auflassung
der Agrarzölle so schlecht, daß er von Bismarck als
eine Katastrophe bezeichnet wurde, und auch die politische Geschichtsforschung
bestätigt die Ansicht Bismarcks. Schwäche und Unzulänglichkeit
der Unterhändler und eine unrichtige Außenpolitik sind
die Gründe, daß Handelsverträge nicht abgeschlossen
werden können oder verloren gehen. Keinesfalls bildet die
Festsetzung von Zöllen zum Schutze der landwirtschaftlichen
Produktion die Ursache von Schwierigkeiten. Bülow
kehrte zu den Agrarzöllen zurück und erzielte weit bessere
Handelsverträge wie sein schwacher Vorgänger. Die Kampagne
gegen die landwirtschaftlichen Schutzzölle erschwert die
Stellung der èechoslovakischen Unterhändler bei den
Verhandlungen über Handelsverträge.
Von den Sozialdemokraten wird gern behauptet, daß die Agrarzölle
den Kleinbauern keinen Nutzen bringen, und der frühere Ernährungsminister
Herr Abg. Johanis erklärte im landwirtschaflichen
Ausschusse im Jahre 1926, daß vom Schutzzoll der Besitzer
bis zu. 10 ha keinen Vorteil hat. Herr Abg. Johanis war
aber als Ernährungsminister ganz anderer Meinung, als solcher
forderte er die strengste Requisition, unterstützt von den
Sozialdemokraten aller Nationen, bei Besitzern im Ausmaße
von 3 ha und nahm denselben bis 400 kg an Getreide weg. Damals
war nach Ansicht des Herrn Ernährungsministers in Ruhe beim
Kleinbauernstande sehr viel übrig. Heute soll ein Besitzer
mit 10 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche nichts verkaufen
können. Da muß man sich wohl die Frage stellen: Womit
bezahlt der Kleinbauer seine Steuern, wovon schafft er für
sich und seine Familie Kleidung usw.? Von dem Erlös des verkauften
Kalbes, der Schweine, des Hafers, der Kartoffeln, der Milch und
Butter. Wer verkauft, hat ein Interesse an der Preisentwicklung
seines abzugebenden Produktes. Der Einwurf, den auch am Dienstag
ein Redner der sozialdemokratischen Partei hier im Hause gemacht
hat, daß der Kleinbauer die Futtermittel teuer bezahlen
muß und die Mehreinnahmen dadurch aufgebraucht werden, ist
keinesfalls stichhältig. Ein Kleinbauer mit 3 Kühen
braucht jährlich unter Berücksichtigung der Verfütterung
der in der eigenen Wirtschaft erzeugten Futtermittel noch cca
800 kg Kleie. Seit Einführung der Zölle auf Getreide
ist der Preis des Futtermaises unverändert geblieben,
der der Kleie um 15 Kè per 100 kg gestiegen, so daß
durch die Einführung der Zölle dem Kleinbauern eine
Mehrausgabe von 120 Kè jährlich beim Ankauf von 800
kg Kleie und Mais erwächst. Durch die Mehreinnahme
durch die Zölle vom Verkauf von 400 kg Hafer, den er durchschnittlich
tatsächlich verkauft, sind diese 120 Kè aufgehoben.
Die Mehreinnahmen von den übrigen verkäuflichen Produkten,
wie Kartoffel, Mehl, Futter und Vieh, sind der Nutzen des Kleinbauern
aus den Agrarzöllen. Von internationaler,
einwandfreier anerkannter Seite wurden Studien angestellt, welche
ergaben, daß die Kleinlandwirte einen Vorteil vom Schutzzoll
haben. Nachstehende Tabelle, die von Fachleuten begutachtet worden
ist, gibt entsprechenden Aufschluß darüber Es betrug
für die Hektarflächen:
All das Bemühen der Sozialdemokratie,
den kleinen Landwirten aufzuzeigen, daß der Kleinbauer vom
Schutzzoll keinen Nutzen hat, bricht wie ein Kartenhaus in sich
zusammen. Nicht sachliche Argumente sind es, welche den Vertreter
bestimmter Parteien Anlaß geben, gegen den Schutz der landwirtschaftlichen
Produktion Stellung zu nehmen. Die Ausschrotung einer Lebensfrage
der Landwirtschaft zu politischen Zwecken ist oftmal die Ursache
aller Feindschaft. Noch kann ich mich sehr gut erinnern, wie im
landwirtschaftlichen Ausschuß im Mai 1926 ein Abgeordneter
der deutschen sozialdem. Partei die Schutzzölle als ein Faulbett
für die Landwirtschaft bezeichnete; ich kann mich noch an
die Erklärung desselben Abgeordneten erinnern daß das
Erträgnis aus dem Schutzzoll die Landwirtschaft nicht für
Investitionszwecke zur Hebung der Produktion verwendet, sondern
in die Sparkasse trägt. Das sind Gedankengänge, von
welchen wohl gesagt werden kann, daß sie nur jene befallen
können, welche mit der heimischen Landwirtschaft sehr wenig
vertraut sind. Den Vertretern der deutschen sozialdemokratischen
Partei im Parlamente möchte ich anempfehlen, sich bei den
ungarischen Genossen über die Ansichten des landwirtschaftlichen
Schutzzolles in der Èechoslovakei zu befragen. Die Budapester
sozialdemokratische Zeitung "Nepszava"
beschäftigte sich mit den èechoslovakischen Agrarzöllen.
Durch Einführung der Agrarzölle schreitet die èechoslovakische
Regierung folgerichtig auf dem Wege fort, der schon auf dem Gebiete
des Industrieschutzes betreten wurde, und wehrt
sich, wie dies auch eine ganze Reihe anderer Staaten tut, gegen
das Gespenst der Arbeitslosigkeit. Das Blatt schreibt: "Es
ist ganz logisch, daß die èechoslovakische Regierungsmehrheit
sich entschließt, durch Einschränkung der Einfuhr von
Agrarprodukten die eigene Landwirtschaft zu
fördern und dadurch dem Staate unzählige Millionen zu
ersparen. Durch die Hebung des Niveaus der Landwirtschaft trägt
sie auch automatisch zur Belebung der inländischen Nachfrage
nach Industrieerzeugnissen bei und fördert so wiederum indirekt
auch die Interessen der Industrie." Die offenen und volkswirtschaftlich
einsichtigen Worte der ungarischen Sozialdemokraten mögen
sich die Herren der deutschen Sozialdemokratie recht gut merken.
Wir stellen uns keinesfalls gegen die genossenschaftliche Idee,
jedoch müssen wir mit Bestimmtheit erklären, daß
Konsument wie Produzent noch eine jahrelange Erziehung und Schule
notwendig haben und daß wir bis zu diesem Zeitpunkte, wo
die Produzenten und Verbrauchsorganisationen als Genossenschaften
manches zu leisten im Stande sind, die Landwirtschaft nicht schutzlos
preisgeben können. Die innenpolitischen Verhältnisse
dieses Staates haben im Monat Feber eine Wendung genommen. An
die Spitze der Regierung ist ein Mann getreten, von dem man voraussetzt,
daß er über die schwierige Lage der Landwirtschaft
als Landwirt vollkommen im Bilde ist und den seit vielen Monaten
gestellten Forderungen im Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsminister
nach Schutz der landwirtschaftlichen Produktion, namentlich der
tierischen Erzeugnisse, Rechnung tragen wird. Die Aussichten
auf Regelung dieser langwierigen Angelegenheit haben sich seit
Sonntag den 24. Feber insofern gebessert, als von einem führenden
Manne der èechischen Agrarpartei, vom Herrn Koll. Prokùpek,
anläßlich der Eröffnung der landwirtschaftlichen
Woche bei der Manifestation in Prag der äußerst ungünstigen
Lage der Landwirtschaft gedacht wurde und er es als Aufgabe der
parlamentarischen Vertretung der Landwirtschaft bezeichnete, die
Lebensnotwendigkeiten des Standes durchzusetzen und ihm das zu
geben, was ihm gebührt. Herr Landwirtschaftsminister Srdínko
stellte die Durchführung der geforderten Zollmaßnahmen
in Aussicht und bezeichnete diese Maßnahmen vorläufig
als den einzigen Weg, der die Arbeit des Bauern und Kleinbauern
ertragreich und nutzbringend zu gestalten in der Lage ist. Der
Volkswirtschaftler, Herr Prof. Brdlík, erklärte auf
der Tagung der èechischen Landwirtschaft am Sonntag, daß
eine Industriekonjunktur zu verzeichnen ist, die Landwirtschaft
aber daran weder einen Anteil noch einen Nutzen
hat. Der ungenügende Schutz gegenüber der ausländischen
Produktion und die durch die anhaltende Dürre entstandene
Futtermittelnot belasten die Landwirtschaft schwer. Er bezeichnete
die Durchsetzung entsprechender Zollmaßnahmen und
Beschränkung der Schweineeinfuhr als Mittel zur Behebung
der Krise in der Landwirtschaft. Minister, sowie hervorragende
Führer der èechischen Agrarpartei haben am Sonntag
vor vielen hunderten Angehörigen der èechischen Landwirtschaft
bestätigt, was wir schon im Juli 1928,
aus dem praktischen landwirtschaftlichen Leben die Erfahrungen
schöpfend, für die heimische Landwirtschaft gefordert
haben.
Mögen die Minister- und Führerworte
auf der großen landwirtschaftlichen Kundgebung von Sonntag
ehebaldigst in die Tat umgesetzt werden. Tausende von Bauern und
Kleinbauern rufen nach Hilfe. (Potlesk poslancù
klubu "Bund der Landwirte" a poslancù èsl.
strany republikánské.)
Meine Damen und Herren! Ich muß
anerkennen, daß diesmal die Berichterstattung über
den Handelsvertrag mit Frankreich mit ziemlicher Offenheit zugibt,
daß die Èechoslovakei der durch den bisher bestehenden
Handelsvertrag geschädigte Teil war. Wenn wir die Ziffern
unserer Ein- und Ausfuhr von und nach
Frankreich in den Jahren 1924 bis 1927 zusammenziehen, finden
wir, daß die Ausfuhr nach Frankreich rund 1.041 Millionen
und die Einfuhr von dort in die Èechoslovakei 2.688 Mill.
Kè ergibt. Demnach ist also ein ganz bedeutendes Passivum
von 1.647 Millionen Kè vorhanden. Der Wunsch nach Revision
des Handelsvertrages mit Frankreich ist nicht neu, er drang zu
wiederholtenmalen, u. zw. immer lauter aus den Kreisen unserer
Wirtschaftsorganisationen hervor. Wenn auch der neue, heute in
Verhandlung stehende Vertrag für
die èechoslovakische Ausfuhr nach Frankreich Erleichterungen
bringt, kann dessen ungeachtet mit vollem Recht behauptet werden,
daß auch aus diesem Vertrag nicht erkenntlich ist, daß
Frankreich, unter dessen Bevormundung sich
die Èechoslovakei so gerne stellt, seiner Vormundschaft
ganz gerecht wird, und es zeigt sich, daß Frankreich dem
èechoslovakischen Staat und seiner Volkswirtschaft gegenüber
kein allzu warm fühlendes Herz an den Tag legt. Auf mich
macht es überhaupt den Eindruck, alsob
beim Abschluß, bei Erneuerung und Verlängerung von
Handelsverträgen immer mehr das politische Interesse als
das wirtschaftliche Interesse in den Vordergrund gestellt wird.
Wie ja allseits bekannt, haben die bisher mit Rumänien und
Jugoslavien geführten Verhandlungen, welche den Zweck
haben, das mit diesen Staaten bestehende politische Verhältnis
noch wirtschaftlich zu festigen, in Deutschland, in Ungarn und
Deutschösterreich berechtigtes Befremden ausgelöst.
Wenn man auch seitens des èechischen
Staates versucht, dieses Befremden als vollkommen unberechtigt
hinzustellen, ist es, objektiv betrachtet, doch nur ein sehr gewagtes
Spiel mit dem Feuer. Die èechischen Staatsmänner,
namentlich jene, in deren Hand die äußere und die Wirtschaftspolitik
liegt, müßten doch wissen,
daß die für den èechoslovakischen Export hauptsächlich
in Betracht kommenden Länder Deutschland, Österreich
und Ungarn sich von diesem in sie geographisch eingefügten
èechoslovakischen Staat nicht alles bieten lassen können.
Wenn auch die beiden Staaten Rumänien
und Jugoslavien in Bezug auf Absatz nach dort, weil sie aufnahmsfähig
sind, nicht unterschätzt werden sollen, dürften doch
wohl die èechischen Politiker trotz aller nationalen Abneigung,
die sie ja bei jeder Gelegenheit gegen Deutschland,
Österreich und Ungarn an den Tag legen, nicht ganz vergessen,
daß der Staat zu seinem Dasein und zu seiner Existenz, zu
seinen Lebensmöglichkeiten auch wirtschaftliche Möglichkeiten
haben muß; es müßte bei ihm also der im Werte
stehen, der von ihm mehr abkauft, mehr abnimmt. Ein vernünftiger
Kaufmann handelt in der Regel so.
Ich will Ihnen nun auch in dieser Beziehung
einige ganz interessante Vergleiche vor Augen führen. Die
Einfuhr und Ausfuhr in die von mir genannten 5 Staaten ergibt
folgendes Bild, in Prozenten ausgedrückt. Ich bemerke, daß
die erstgenannte Ziffer die Einfuhr und die zweite Ziffer die
Ausfuhr bedeutet: Deutschland steht an erster Stelle mit 3.755
Millionen, das sind 20.9% Einfuhr, die Ausfuhr beträgt 4.851
Millionen oder 24.1%;
Deutschösterreich 1.280 Millionen oder 7.1%
an Einfuhr und 3.069 Millionen oder 15.2%
an Ausfuhr; Ungarn 963 Millionen oder 5.4%
an Einfuhr und an Ausfuhr 1.622 Millionen oder 8.1%.
Insgesamt ergibt das eine Summe von 5.998 Millionen oder 33.
4% Einfuhr und 9.542 Millionen oder 47.4%
Ausfuhr, so daß sich also ein Aktivum in der Handelsbilanz
nach diesen drei Staaten von 3.545 Mill. Kè ergibt. Schon
diese Ziffern allein bestätigen, von welcher Bedeutung diese
drei Staaten für den Export der Èechoslovakischen
Republik sind.
Die Ein- und Ausfuhr nach Rumänien und
Jugoslavien zeigt folgende Ziffern: Die Einfuhr nach Jugoslavien
beträgt 586 Millionen oder 3.3%,
die Ausfuhr 927 Millionen oder 4.6%;
die Einfuhr nach Rumänien beträgt 663 Millionen oder
3.7% und die Ausfuhr 908 Millionen oder 4.5%.
Aus diesen Zahlen ist zu ersehen, daß die Ausfuhr nach den
ersteren drei Staaten fast die Hälfte der gesamten èechoslovakischen
Ausfuhr beträgt, während die letzteren zwei Staaten
nur rund 9% der Ausfuhr aufnehmen. Selbst dann,
wenn es gelingen sollte, die angestrebte wirtschaftliche Vereinigung
mit Jugoslavien und Rumänien zu zeitigen, so muß doch
schon heute reiflich erwogen werden, ob dieser kleine Vorteil
nicht vielleicht doch einen größeren Nachteil zeitigen
könnte.
Nun möchte ich die Gelegenheit ergreifen,
von dieser Stelle aus auch auf unsere Bahn- und Verkehrsverhältnisse
zu sprechen zu kommen, da sie ja in engster Verbindung mit unserem
Wirtschaftsleben stehen. Wenn von leitender Stelle des Eisenbahnministeriums
auch alles mögliche als Entschuldigungsgrund angeführt
und sogar ausgesprochen wurde, daß das Erstarren von Öl
die Beweglichkeit der Achsen gehemmt hätte, so kann eine
solche Behauptung dem Fachmann nur ein mitleidiges Lächeln
abringen. Es ist ja vollkommen richtig, daß die riesigen
Schneemassen und die kolossalen Frosterscheinungen den Eisenbahnverkehr
ungünstig beeinflussen. Aber das, was wir in den letzten
Wochen auf den Bahnen erleben konnten, das spottet jeder Beschreibung,
und es ist ja auch erwiesen, daß sich solche Ereignisse
in keinem anderen mitteleuropäischen Staate abspielten. Ich
möchte zuerst auf die Hauptursachen dieser Zustände
zu sprechen kommen, die es mit sich brachten, daß wir so
kolossale Verkehrsstörungen hatten. Wenn behauptet wird,
daß durch das Erstarren von Öl in den Stoffbüchsen
oder in den Lagern die Beweglichkeit der Achsen gehemmt wurde,
so finde ich keinen Ausdruck dafür, weil ich als Fachmann
weiß, daß gutes Öl auch bei totaler Erstarrung,
wenn durch die Reibung auch nur noch so wenig Wärme erzeugt
wird, wieder flüssig wird, und wenn ich im Staatsbahnbetrieb
irgendetwas dreinzureden hätte, würde ich nicht das
Inlandsöl, diesen Dreck, kaufen, sondern ich würde für
die Lokomotiven, Maschinen und Wagen sowie für jedes Räderwerk,
das schnelle Touren zu machen hat, gutes Öl kaufen. Vom Eisenbahnminister
kann man nicht verlangen, daß er diese Frage fachmännisch
beurteilt, er muß selbstverständlich das sagen, was
der Referent ihm sagt. Ich habe Gelegenheit gehabt, mit einer
Unmasse von Lokomotivführern zu sprechen, die mir erklärten,
daß es selbstverständlich ist, daß sie bei diesen
kolossalen Frösten und Schneeverwehungen, die tatsächlich
ein Hemmnis für den Verkehr waren, nicht imstande sind, mit
dem Mist von Kohle, der ihnen geliefert wird, die Maschinen vorwärts
zu bringen. Bei Kälten, wie sie heuer vorgekommen sind, ist
der Lokomotivführer nicht nur verpflichtet, rascher zu fahren,
er muß auch dafür sorgen, den nötigen Dampf zu
erzeugen, damit die Passagiere nicht erfrieren. Dazu braucht er
aber gute Kohle, und sei es auch Braunkohle. In Ostböhmen
hat man aber den Dreck von Petschek, von Weinmann, aus Schatzlar
mit verheizen müssen. Nun stellen Sie sich vor, was ein solcher
Heizer oder Lokomotivführer ausstehen muß, wenn er
die Maschine mit einem solchen Mist anheizen soll. Die Hauptursache
aber, warum im Betriebe derartige Stockungen eingetreten sind,
ist die, daß Hunderte und Tausende jener Leute, die mit
dem Eisenbahndienst verwachsen waren und in demselben alt geworden
sind, entlassen wurden und man an ihre Stelle vollkommen unfähige
Menschen im Eisenbahndienst angestellt hat. Ich betrachte das
Urteil von Saitz, wo man diese beiden Weichenwächter verurteilt
hat, als einen Justizmord - den hätte man einsperren müssen,
der sie auf den Posten des Weichenwächters hingestellt hat,
denn es wurde festgestellt, daß sie weder die Vorbildung,
noch die Nerven hatten, die ein Weichenwächter braucht.