Leider ist es auch nicht gelungen, die überaus
wichtigen Bestimmungen des § 21 zu ändern, die die Invaliditätsrente
betreffen. Die Invaliditätsrente besteht aus einem
Grundbetrag von 3600 Kè jährlich und aus den Steigerungsbeträgen,
die je nach der Beitragsklasse jährlich um einen bestimmten
Betrag die Höhe der Rente steigern. Der gleichbleibende Grundbetrag
in allen Klassen schädigt alle jene Versicherten,
die infolge höheren Alters in die höheren Gehaltsklassen
kommen. Zwar bedeutet der gleichbleibende Grundbetrag eine verhältnismäßig
höhere Versicherung der Invaliditäts- oder auch der
Altersrentner, die in niedrigeren Gehaltsklassen stehen. Ein Blick
auf die Statistik über die Verteilung der Versicherten auf
die einzelnen Alters- und Gehaltsklassen zeigt aber, daß
dieser Vorteil der höheren Anfallsrente nahezu ausschließlich
jüngeren Angestellten zukommt, die aber bekanntlich nur in
seltenen und in besonderen Fällen vor dem 30. Lebensjahr
invalid werden. Nur ein ganz geringer Prozentsatz älterer
Angestellter über 30 Jahre befindet sich in diesen Gehaltsklassen
und nur diese haben Aussicht, einen Vorteil aus diesen Anfallsrenten
zu ziehen. Wir haben deshalb gefordert, daß von der 5. Gehaltsklasse
angefangen 30% der klassenmäßigen Bemessungsgrundlagen
als Grundbetrag anzusetzen wären. Leider war eine Änderung
auch dieser Bestimmungen im sozialpolitischen Ausschuß nicht
zu erreichen. Ebenso ist es bedauerlich, daß die Einschränkungen,
wonach die Alters- und Invaliditätsrente den Durchschnitt
der verrechenbaren Bezüge nicht übersteigen darf, nicht
beseitigt werden konnte. Der Motivenberieht zum Pensionsversicherungsgesetz
zeigt auf der 15. Tafel, daß z. B. die Privatangestellten
im Alter von 26 bis 30 Jahren durchschnittlich einen Jahresgehalt
von rund 26.000 Kè aufweisen. Im Alter zwischen 66 bis
70 Jahren dagegen ist der durchschnittliche Dienstbezug nur rund
18.000 Kè, ist also wesentlich niedriger.
Diese statistischen Ziffern zeigen uns im Durchschnitt, daß
die Gehälter bis zum Alter von 41 bis 45 Jahren ansteigen,
in diesem Alter den Höchststand erreichen, dann wieder abnehmen
und im 70. Lebensjahr so gering sind, daß diese alten Angestellten
weniger verdienen als die jungen Angestellten. Daraus ergibt sich,
daß durch die Bestimmung des § 24, Abs. 1 bei vielen
Angestellten, die in einem höheren Alter in den Genuß
ihrer Rente kommen, eine arge Verkürzung ihrer Rente vorgenommen
wird, und zwar besonders immer dann, wenn die Angestellten im
vorgerückten Alter stellenlos werden und gezwungenermaßen
mit den niedrigen Gehältern einen neuen Posten antreten müssen,
in dem sie später rentenberechtigt werden, wo sie auch nur
einen niedrigeren Rentenanspruch geltend machen können. Sie
haben auf diese Art die früher eingezahlten hohen Beträge
verloren. Es ist bedauerlich, daß es auch bei diesem Paragraphen
nicht gelungen ist, eine entsprechende Änderung herbeizuführen.
Eine kleine Verbesserung gegenüber dem Gesetz ist durch die
Annahme des Antrages in den §§ 34 und 37 - Altersrente
und Witwenrente - durchgesetzt worden. Die Bestimmung, daß
zum Bezug der Rente die Bedürftigkeit nachzuweisen sei, ist
gefallen. Dagegen bereitet die Novelle zur Pensionsversicherung
der Angestellten eine schwere Enttäuschung für die Altersversicherten
und vor allem für die Altrentner, insbesondere aber für
die Altersrentner. Diese sind um ihre Hoffnungen betrogen worden,
weil sich die Finanzverwaltung nicht dazu verstehen konnte und
die Regierungsparteien nicht den entschiedenen Willen dazu aufbrachten,
einen Staatsbeitrag für die nichtversicherte Zeit bereit
zu stellen. Wie sehr diese Gruppen von alten Angestellten im Nachteile
gegenüber den gesetzlichen Bestimmungen der österreichischen
Versicherten sind, soll ein kleines Beispiel dartun: Ein Angestellter
hatte z. B. am 1. Jänner 1909 300 Goldkronen Monatsgehalt,
war also bis zum 1. Jänner 1920 immer in der ersten Gehaltsklasse
(9000 Kè versicherter Gehalt ab 1. Juni 1920). Er bezog
im Jahre 1928 einen Gehalt von 2000
Kè, was etwa einer siebenfachen Aufwertung seines Friedensgehaltes
von 300 Goldkronen gleichkommt. Dieser Angestellte bekommt die
nach der Novelle höchst mögliche Rente nach 20jähriger
Versicherung in der höchsten Klasse, also
ab 1. Jänner 1929 bei einem Alter von 65 Jahren eine Altersrente
von 9420 Kè jährlich. In Österreich bekommt derselbe
Angestellte jährlich eine Grundrente von 13.200 Kè
und dazu noch die Anrechnung der nichtversicherten Zeit, während
diese bei uns bekanntlich nicht eingerechnet
wird. Daß er nach unserem System in den beiden niedrigsten
Klassen nach fünf Jahren mehr erhält als die österreichische
Versicherung aufweist, ist nur eine schöne Geste, denn die
Zubilligung der Invaliditätsrente in dieser kurzfristigen
Versicherungszeit sind seltene Ausnahmen, die für die Gesamtheit
nicht jene Bedeutung haben, wie die ordentliche Altersversicherung
der Angestellten. Mir ist in den letzten Tagen eine Reihe von
Zuschriften von den Altersversicherten zugekommen und ich will
an Hand einer solchen Zuschrift beiläufig zeigen, wie sehr
diese alten Angestellten um ihre berechtigten Hoffnungen betrogen
worden sind.
Mir schreibt hier einer dieser alten Kollegen
unter anderem: "Wie sich das z. B. bei mir auswirken wird,
sei nachstehend angeführt: Ich erhalte an Pension
jährlich 6165 Kè gegen mein letztes Gehalt von ca
22.000 Kè. Hätte man mir die Jahre vor dem 1. Jänner
1909 eingerechnet, so wäre meine Pension 3240 Kè,
hierzu der Grundbetrag von 3600 Kè, dazu noch die verschiedenen
anderen Zulagen von 4000 Kè; ich hätte also zusammen
10.840 Kè bekommen So aber erhalte ich lediglich 3600 Kè
und 4000 Kè Zulage, insgesamt also 7600 Kè. Ich
erleide also durch die jetzige Fassung des Gesetzes einen Schaden
von 1435 Kè, rund 120 Kè monatlich
würde ich mehr bekommen, als ich bisher habe. Ich frage Sie
und die ganze Welt: Ist das eine Pension? Können drei Leute
mit einem Betrag von 633 Kè monatlich leben? Und das wagt
uns die Regierungsmehrheit zu bieten? Ist denn niemand da, welcher
der Sache auf den Grund geht und die Renten
berechnet, wie sie sich ergeben werden nach dieser Reform? Warum
verweigert man uns den Staatsbeitrag, den jeder Taglöhner
bekommen soll? Wo bleibt die Gerechtigkeit, wo die entsprechende
Valorisierung unserer Goldkronenzahlungen?" Zum Schlusse
schreibt er dann noch in einer Randbemerkung: "Dieses Weihnachtsgeschenk,
das uns die Regierungsparteien zugedacht haben, bleibt ihnen ewig
unvergessen." Das schreibt ein 65jähriger Greis, dem
man heute mit der jetzigen Vorlage die Hoffnung seines Alters
genommen hat.
Eine leider auch nicht genügend berücksichtigte
Forderung der Angestellten ist die Frage der Unterstützung
bei Beschäftigungslosigkeit. Die Bestimmungen des §
56, welche die Arbeitslosigkeit regeln sollen, sind so gefaßt,
daß die Pensionsanstalt und die Ersatzinstitute vollständig
freie Hand in der Gebarung der Stellenlosenunterstützung
haben. Nicht nur die Höhe der Unterstützung, sondern
auch die Art der Auszahlung ist vollständig der freien Willkür
der Versicherungsangestellten ausgeliefert. Es ist selbstverständlich,
daß mit einer solchen Regelung die Angestellten nicht einverstanden
sein können. In dieser Hinsicht hat der Entwurf der interministeriellen
Kommission eine Art vorläufigen Gesetzes für die seit
längerer Zeit geforderte ordentliche Arbeitslosenversicherung
geliefert. Es war dort der jährlich zur Verfügung stehende
Unterstützungsbetrag mit einer Summe von 1/2%
der vereinnahmten Versicherungsbeiträge für Unterstützungszwecke
vorgesehen und außerdem sollte dieser Betrag noch durch
bestimmte Gewinnüberschüsse, Strafgelder und Widmungen
erhöht werden, sodaß verhältnismäßig
hohe Geldmittel zur Unterstützung der Arbeitslosigkeit der
Privatangestellten zur Verfügung gestanden wären. Diese
Bestimmungen fehlen im Regierungsantrag vollständig. Dafür
aber soll der § 56, Abs. 2 die Unterstützung noch von
der Bewilligung des Ministers für soziale Fürsorge abhängig
machen, der doch zu diesen Unterstützungen keinen Heller
zahlt und daher auch in die Regelung dieser Unterstützung
nichts dreinzureden hätte. Es ist uns leider nicht gelungen,
im § 56 eine solche Formulierung durchzusetzen, welche dem
Antrag der interministeriellen Kommission entsprochen hätte
und womit den Wünschen der Angestellten Rechnung getragen
worden wäre. Auch hier hat den Regierungsparteien das nötige
Verständnis für die schwere Lage der arbeitslosen Privatangestellten
vollständig gefehlt.
Die Allgemeine Pensionsanstalt wendet bekanntlich
gegenwärtig in ihrer Unterstützungspraxis das sog. Genter
System an, demzufolge den vollen Unterstützungsbetrag nur
jene Angestellten erhalten, welche bei solchen Gewerkschaften
organisiert sind, die sich dem Genter System angeschlossen haben.
Bekanntlich haben der Deutsche Handelsangestelltenverband und
der Verband der deutschen weiblichen Angestellten, aber auch andere
finanziell weniger kräftige Organisationen, das Genter System
als vollständig verfehlt abgelehnt. Dadurch sind 18.000 deutsche
Angestellte, die in diesen beiden Verbänden organisiert sind,
von der Unterstützung der Allgemeinen Pensionsanstalt ausgeschlossen,
so daß diese Verbände aus eigenen Mitteln ihren Angestellten
die Arbeitslosenunterstützungen auszahlen. Die Pensionsversicherungsanstalt
teilt demnach die Versicherten in eine Gruppe von Bevorzugten
und in eine Gruppe Benachteiligter ein, obzwar doch alle Angestellten
die gleichen Beiträge zur Pensionsversicherung zahlen müssen.
Die Beseitigung dieser unhaltbaren Zustände ist leider durch
die jetzige Fassung des § 56 wieder nicht gelungen und daher
bleibt auch dieser Paragraph Gegenstand berechtigter Beschwerden
seitens eines großen Teiles der deutschen Angestelltenschaft.
Eine sehr bedeutsame Neueinführung beinhaltet
der neunte Abschnitt des vorliegenden Gesetzes, in dem er für
die Journalisten eine Sonderversicherung vorsieht. Der Motivenbericht
zum § 124 begründet die Sonderversicherung der Journalisten
damit, daß dieser Beruf mehr als irgend ein anderer die
geistigen und physischen Kräfte der in ihm beschäftigten
Menschen aufreibt, da er nicht nur überaus anstrengend, sondern
auch bei den großen Tageszeitungen ein Beruf ist, der fast
ausschließlich Nachtarbeit erfordert. Für die Einführung
einer besonderen Journalistenversicherung war weiterhin maßgebend
die Tatsache, daß die Versorgungsmöglichkeit gerade
in diesem Stande in vorgerücktem Alter infolge der politischen
Verhältnisse nahezu unmöglich ist, weil ein Berufswechsel
in vorgerücktem Alter infolge der politischen Verhältnisse
nahezu nicht durchführbar ist. Nun hat sich die Regierung
endlich entschlossen, den Journalisten eine angemessene Altersversicherung
zu schaffen. Wir begrüßen diesen Teil des Gesetzes
ganz besonders und stellen mit Vergnügen fest, daß
die Regierung auch einen für unsere Verhältnisse immerhin
angemessenen Betrag von 20,000.000 Kè zu dieser
Versicherung zur Verfügung stellt. Damit hat die hierländische
Sozialgesetzgebung eine mustergültige Einrichtung geschaffen,
die gegenwärtig nur von der deutschösterreichischen
Sozialgesetzgebung erreicht wird, die allerdings schon seit
einigen Jahren die Journalistenversicherung eingeführt hat.
Es muß aber in diesem Zusammenhang festgestellt werden,
daß leider die Regierung bei der Überweisung von Staatsbeiträgen
für die Pensionsversicherung mit dieser einzigen Ausnahme
der Journalisten außerordentlich unsozial vorgegangen ist.
Hier hat sie tatsächlich einen bevorzugten Berufsstand -
möchte ich sagen - beinahe geschaffen, sie hat aber die übrigen
Angestellten, besonders die alten Angestellten, nahezu unberücksichtigt
gelassen, und wenn heute hier Koll. Petr darauf
hingewiesen hat, daß die alten Journalisten, die heute mehr
als 60, 65 und 70 Jahre alt sind, ihren Beruf nicht mehr ausüben
können, von nun an eine Pension von 2000 Kè monatlich,
von 24.000 Kè jährlich zu erwarten haben, und wenn
wir sehen, daß daneben ein Privatangestellter, der vielleicht
auch in einem Zeitungsunternehmen beschäftig war, aber nicht
als Journalist, sondern als Buchhalter mit 72 Jahren eine Pension
von 6300 Kè jährlich bekommt, dann, meine Herren,
muß ich sagen, muß das aufreizend
wirken. (Posl. inž. Jung: Man merkt die Absicht
und man wird verstimmt!) Man könnte
sich ja gewiß auf den Standpunkt des Koll. Petr stellen
und sagen, es seien vorläufig eben nur für einen Teil
der Angestellten die Mittel vorhanden. Aber man weiß schon,
warum man den Journalisten entgegengekommen ist. Ich beglückwünsche
die Journalisten dazu, ich gehöre ja selbst diesem Berufsstande
an; es ist eben eine Gruppe, die sich wehren kann, während
die übrigen Gruppen wehrlos einer Vergewaltigung unsozialer
Art ausgesetzt sind, und gerade weil ich ein Angehöriger
des Journalistenberufes bin, muß ich und müßten
wir alle uns gerade für die übrigen Angestellten mit
ganzer Kraft einsetzen, damit auch sie eine anständige Sozialversicherung
bekommen. (Potlesk poslancù nìm. strany
nár. socialistické.)
So ist es leider nicht möglich gewesen,
den Staatsbeitrag, der in den §§ 194 und 195 des Kommissionsentwurfes
gefordert worden ist, in seinem vollen Umfang in dieses Gesetz
aufzunehmen. Es hat sich hier darum gehandelt, den älteren
Versicherten jene Dienstjahre als Versicherungsjahre in die Pensionsversicherung
mit einem bestimmten Betrag einzurechnen, welche schon vor Inkrafttreten
des Pensionsversicherungsgesetzes, also vor dem Jahre 1909, Dienstjahre
aufzuweisen hatten. Die Angestelltenschaft begründet ihre
Forderung damit, daß sie bei zur Verfügungstellung
des Staatsbeitrages gar nichts vom Staate geschenkt wollen. Die
Angestellten müssen bekanntlich eine Sondersteuer zahlen,
die sonst kein Stand oder Beruf leisten muß, die
Dienstvertragsgebühr, die bei Gehalten ein halbes Prozent
ausmacht. Die 300.000 Privatangestellten bezahlen nicht weniger
als 23 Millionen Kè jährlich an Dienstvertragsgebühren.
Sie haben demnach seit dem Jahre 1921 rund 150 Millionen
Kè in Form dieser Standessteuer bezahlt und es ist demnach
ein berechtigtes Verlangen der Angestellten, daß der Staatsbeitrag
auch eine entsprechende Höhe erreichen soll, damit die Altersversicherten
wenigstens einigermaßen eine Aufbesserung ihrer Versicherungsrente
zu erwarten haben. Dabei kommt in Betracht, daß der Staatsbeitrag
in einigen Jahren ja gänzlich verschwinden müßte,
weil diese Art Versicherten mit der Zeit wegfallen und es sich
also nur um eine vorübergehende Maßnahme handeln würde.
Es ist leider nicht gelungen, diese wichtige Forderung in vollem
Umfange durchzusetzen.
Zusammenfassend ist zu sagen, daß wir
das vorliegende Gesetz betreffend die Pensionsversicherung der
Privatangestellten als eine Abschlagzahlung auf die langjährigen
und berechtigten Forderungen der gesamten Angestelltenschaft betrachten.
Wir stellen ausdrücklich und mit besonderem Vergnügen
fest, daß durch dieses Gesetz neuerdings das Recht auf eine
Sonderversicherung und Sondersozialgesetzgebung der Angestelltenschaft
auch in die Gesetzgebung dieses Staates verankert worden ist.
Es war ein großer und schwerer Streit unter der Angestelltenschaft
und der Sozialgesetzgebung selbst, ob es nötig sei, für
die Angestelltenschaft eine Sondergesetzgebung einzurichten. Während
vor 20 Jahren über diese Dinge noch gestritten wurde, ist
der Standpunkt, den insbesondere die völkischen Gewerkschaften
auf diesem Gebiete eingenommen haben, auf der ganzen Linie erfolgreich
durchgeführt und diese Gesetzgebung der Angestelltenschaft
eine unbestrittene Forderung und eine gesetzliche Tatsache geworden.
Wenn wir am Schlusse der Beratungen über
die Pensionsversicherung stehen, haben wir gleichzeitig die Pflicht
zu sagen, daß die Regelung einer ganzen Reihe wichtiger
gesetzlicher Bestimmungen nötig sein wird, um die Angestelltenschaft
in diesem Lande sicherzustellen. Wir fordern vor allem die Schaffung
eines ordentlichen Angestelltengesetzes, wie es im Jahre 1923
von der Regierung versprochen wurde und wie es im Deutschen Reiche
seit langem besteht. Dieses Angestelltengesetz müßte
eine Zusammenfassung aller für die Angestelltenschaft maßgebenden
Sondergesetze und Sonderrechte enthalten. Die Forderung nach diesem
besonderen Angestelltengesetz ist die Voraussetzung für die
künftige Entwicklung der Gesetzgebung im Interesse der gesamten
Angestelltenschaft und damit der sozialen Gesetzgebung dieses
Landes. Es darf in Zukunft nicht mehr sein, daß die Angestelltenschaft
wohl Dienstvertragsgebühren an den Staat bezahlt, daß
sich aber der Staat selbst um ihre Dienstverträge nicht kümmert.
Wir fordern ferner als Ergänzung zur Pensionsversicherung
der Angestellten den ehesten Abschluß von Gegenseitigkeitsverträgen
mit dem Deutschen Reich, mit Österreich, Polen und Ungarn,
damit die in Nachbarstaaten aus beruflichen Gründen übersiedelnden
Angestellten nicht ihr durch lange Beitragsjahre erworbenen Versicherungsrechte
verlieren. Wir fordern ferner, daß die Stellenlosenunterstützung
nicht so wie in diesem Gesetze der Willkür der Pensionsanstalt
und der Ersatzinstitute überlassen bleibt, sondern durch
ein besonderes Stellenlosengesetz endgültig geregelt werde.
Wir fordern in diesem Zusammenhange die endgültige Beseitigung
des Genter Systems.
Im § 196 der ursprünglichen Regierungsvorlage
Druck Nr. 1706 wurde das Inkrafttreten des Pensionsversicherungsgesetzes
mit dem gleichzeitigen Inkrafttreten der Krankenversicherung der
Privatangestelltenschaft gefordert. Leider hat die Regierung das
Gesetz über die Krankenversicherung der Privatangestellten
nicht auch gleichzeitig mit dem Pensionsversicherungsgesetz dem
Abgeordnetenhaus unterbreitet. Daher bleibt nach wie vor eine
dringende und wichtige Forderung der Angestelltenschaft, die rasche
Vorlage des Gesetzes über die Krankenversicherung der Angestellten,
offen. 15.000 Rentner haben nach dem heutigen Gesetz Anspruch
auf Krankenbehandlung auf Kosten der Pensionsversicherungsanstalt.
Nirgends aber im Gesetz wird diese Frage geregelt, weil das Krankenversicherungsgesetz
noch ausständig ist. Schon au diesem Grunde ist die rasche
Vorlage dieses Gesetzes eine selbstverständliche Pflicht
der Regierung und des Ministers für soziale Fürsorge.
Wir kündigen aber gleich an, daß wir niemals die jetzige
Regelung der Einteilung der Landesstellen anerkennen werden und
daß wir fordern, daß die deutschen Angestellten das
Recht und die Möglichkeit besitzen, sich in ihrer deutschen
Anstalt versichern zu lassen und daß wir nicht ablassen
werden, diese Forderung solange zu erheben, bis sie zum Gesetze
geworden sein wird. Die Forderung nach nationaler Selbstverwaltung
ist nicht allein eine politische und kulturelle Forderung, sondern
auch ein wichtiges Postulat in der Sozialgesetzgebung. So wie
wir bei der Beratung über die Sozialversicherung der Arbeiter
gefordert haben, daß die 800.000 deutschen Arbeiter, die
der Sozialversicherung unterliegen, das Recht erhalten sollen,
eine deutsche Abteilung der Zentralsozialversicherungsanstalt
zu bilden, genau so werden wir darauf bestehen, daß auch
den nahezu 100.000 deutschen Angestellten ihr Recht auf deutsche
Landesstellen ungeschmälert zugebilligt wird. Wir erheben
Protest, daß das selbstverständliche Recht: "die
Versicherung den Versicherten" mit der Ernennung von Mitgliedern
der Verwaltung der Pensionsanstalt durch die Regierung aufgehoben
bezw. geschmälert worden ist und bestehen auf der Forderung,
daß die Verwaltung ausschließlich von gewählten
Vertretern besorgt wird. Wir werden auf der Forderung beharren,
daß den Betriebsausschüssen das Recht der Mitwirkung
bei Schaffung gesetzlicher Bestimmungen eingeräumt werde,
daß sie gehört werden und wir werden nicht von der
Forderung ablassen, daß die Beherrschung des gesamten Vermögens
durch die Organe der Pensionsanstalt allein erfolgt. Nach der
heutigen Vorlage hat alle Macht das Ministerium für soziale
Fürsorge, höchstens noch das Finanzministerium als übergeordnetes
Organ, dem Ministerium kann aber im besten Falle nur das Aufsichtsrecht,
niemals aber das entscheidende Recht über die von den Angestellten
und Arbeitgebern eingezahlten Beträge zugebilligt werden.
Wir anerkennen ohne weiteres, daß das vorliegende Gesetz
über die Pensionsversicherung der Angestellten in vielen
Stücken ein Fortschritt und die teilweise Einlösung
alter berechtigter Forderungen der gesamten Angestelltenschaft
ist. Wir bedauern nochmals, daß auch dieses Gesetz
dazu benützt wurde, um neue nationale Gegensätze zu
entfachen und damit auch den nationalen Kampf in jene Institute
zu tragen, in denen bisher durch die friedliche Nebeneinanderarbeit
der getrennten deutschen und èechischen Landesstellen
von diesem Kampfe nichts zu verzeichnen war. (Posl.
inž. Jung: Dazu haben wir ausgerechnet eine gemischtnationale
Regierung gebraucht!) Jawohl, es ist eine
Ironie, daß das traurige Verdienst, diesen Kampf heraufbeschworen
zu haben, einer Partei zukommt, nach deren ethischen und
sittlichen Grundsätzen der Friede unter den Völkern
eine selbstverständliche Forderung sein sollte, nämlich
der èechischen christlichsozialen Volkspartei. Ihr Exponent,
der Priester Šrámek,
der im alten Österreich selbst die nationale Selbstverwaltung
der Pensionsversicherung forderte, und seine Partei sind es, die
die Axt an die deutschen Landesstellen legen und die durch lange
Jahre bewährte Einrichtung der Landesstellen zu einem Kampfobjekt
für die Zukunft gestalten. (Posl. inž.
Jung: Als ich das in Oderberg einem christlichen Geistlichen gesagt
habe, sagte er mir: Der Pater Šrámek ist kein Priester.
Auf meine Frage, was er denn sei, sagte mir der Geistliche: "Ein
Religionslehrer!") Das ist
auch so einer von jenen Kniffen, die sich nur diese Herren erlauben
können. Es ist ganz gleichgültig, ob er ein Priester
ist oder nicht, wenn er der Angehörige einer Partei ist,
die christlich denkt, müßte er das Recht der Selbstverwaltung
aus den christlich ethischen Prinzipien, aus den Prinzipien des
Friedens unter den Völkern konzedieren. Wir werden diesen
Kampf um die Landesstellen getrost aufnehmen. Wir sind überzeugt
davon, daß der Tag kommen wird, wo wir in diesem Lande anders,
als die deutschen Regierungsparteien zu tun belieben, die Rechte
unseres deutschen Volkes auf nationale Selbstverwaltung verteidigen
und endlich heimholen werden. Unser Kampf wird weiter gehen mit
dem Rufe: "Heraus mit der sudetendeutschen Selbstverwaltung
auf allen Gebieten!"
Ich habe den Auftrag und die Ehre, namens der
parlamentarischen Vereinigung der deutschen nationalsozialistischen
Arbeiterpartei des Abgeordnetenhauses die Erklärung abzugeben,
daß wir in Anbetracht des oben dargestellten Sachverhaltes
in der ersten Lesung des Gesetzes für eine Anzahl von Paragraphen
stimmen werden, daß wir aber mit Rücksicht auf die
unberücksichtigten nationalen und wirtschaftlichen Forderungen
insbesondere aber mit Rücksicht auf die Beseitigung der Landesstelle
Troppau überhaupt und die Einschränkung der anderen
deutschen Landesstellen, wie sie im § 84 vorgesehen sind,
gegen das Gesetz stimmen werden. (Souhlas a potlesk
poslancù nìm. strany nár. socialistické.)
Meine Damen und Herren! Die soziale Notwendigkeit
der großen Standesgruppe der Privatangestellten anerkennend
hat das Ministerium für soziale Fürsorge schon vor mehr
als zwei Jahren die Absicht gezeigt, die Pensionsversicherung
einer den gegenwärtigen Verhältnissen angepaßten
Reform zu unterziehen. Es muß anerkannt werden, daß
zum Vollbringen dieses Werkes anfangs ein guter Weg eingeschlagen
wurde. Das Ministerium für soziale Fürsorge setzte nämlich
eine aus Fachmännern zusammengestellte Kommission ein, welche
die entsprechenden Vorschläge für die Reform des Pensionsversicherungsgesetzes
ausarbeiten sollte. Seit diese Kommission ihre Arbeit vollendet
und ihr Elaborat nicht nur dem Ministerium für soziale Fürsorge,
sondern auch den interessierten Kreisen vorgelegt hatte, beschäftigt
der Entwurf zum neuen Pensionsversicherungsgesetz fast unausgesetzt
den weitesten Kreis der Öffentlichkeit. In Versammlungen
und Enqueten, in Sitzungen und Beratungen, in der Tagespresse
und in Fachzeitschriften, in einer Unzahl von Eingaben an die
parlamentarischen Körperschaften wurde eine Fülle von
Wünschen und Anregungen der interessierten Kreise kundgetan,
die auf eine Verbesserung der Elaborate der Fachkommissionen abzielten.
Wie groß war daher die Enttäuschung als das Ministerium
für soziale Fürsorge endlich im Juli d. J. mit einer
Regierungsvorlage Druck Nr. 1706 vor das Abgeordnetenhaus kam,
die eine weitgehende Verschlechterung des Entwurfes der Fachkommission
darstellte und die auch den begeisterten Anhängern der jetzigen
Regierungskoalition unverständlich sein müßte.
Und so begann im soz. politischen Ausschuß
ein Ringen, um wenigstens die bedenklichsten Härten dieser
Regierungsvorlage zu beseitigen. Was heute dem Abgeordnetenhaus
zur Beschlußfassung vorgelegt wird, kann man mit wenigen
Worten als eine Zusammenstellung von gesetzlichen Bestimmungen
charakterisieren, die teils durch ein mangelhaftes Kompromiß
zwischen dem Standpunkt des Fachministeriums und den Forderungen
der Opposition zustande gekommen sind, teils von der Regierungsmehrheit
unter Ausnützung der Stimmenübermacht der Opposition
aufgezwungen wurden.