Støeda 19. prosince 1928

Was aber jedem normaldenkenden Menschen unverständlich sein und bleiben wird, ist die Tatsache, daß den maßgebenden Faktoren des èechischen Regierungssystems auch dieser vorliegende Gesetzesantrag dazu herhalten muß, um uns Deutsche in nationaler Beziehung zu verletzen und uns eine raffiniert ausgeklügelte Art und Weise nationaler Schädigung und Beeinträchtigung erkennen zu lassen, die man uns ganz langsam in Zukunft zufügen wird, ohne daß wir die Möglichkeit haben, uns dagegen zur Wehre zu setzen. Es handelt sich um die planmäßige Gefährdung der deutschen Landesstellen der Allgemeinen Pensionsanstalt in Prag, Brünn und Troppau, von denen die letztere bereits durch den Gesetzesantrag verloren gegangen ist, während die beiden ersteren langsam in Zukunft umgebracht werden sollen. Abgesehen von der Slovakei beruhen die heute bestehenden Landesstellen der Allgemeinen Pensionsanstalt auf dem Pensionsversicherungsgesetz vom 16. Dezember 1906 und auf der zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Verordnung des Ministeriums des Innern vom 5. November 1908. An diesem Zustand haben die folgenden Gesetzesnovellen, einschließlich der vom Jahre 1920 nichts geändert. Die im Jahre 1901 eingebrachte Regierungsvorlage des Pensionsversicherungsgesetzes hatte eine ganz zentral organisierte Pensionsanstalt für Österreich mit dem Sitze in Wien vorgesehen. Gegen diese Organisation, richtete sich der Kampf besonders der èechischen Abgeordneten im Wiener Parlamente, welcher schließlich zu einem Kompromiß, eben den jetzt noch bestehenden Landesstellen, führte. In den bestehenden Landesstellen der Pensionsanstalt haben wir eine durch Jahrzehnte eingelebte Organisation, die sich in jeder Hinsicht ausgezeichnet bewährt hat. Selbst der Motivenbericht bezeichnet es als überflüssig, eine alte bewährte Organisation zu zerstören und mit einer neuen Organisation zu experimentieren, deren Zweckmäßigkeit und Erfolg doch nur unsicher wäre. Es wird ausdrücklich zugegeben, daß man die Landesstellen nicht ohne bedeutenden, kaum zu überwindenden Widerstand aufgeben könnte. Tatsächlich wird ja auch das Landesstellensystem beibehalten, nur die deutschen Landesstellen werden als überflüssig erklärt. Die seinerzeit von den èechischen Abgeordneten im Wiener Parlament geltend gemachten nationalpolitischen Gründe werden jetzt den Deutschen nicht zugestanden. Schon bei den Beratungen der Fachkommission begann der Kampf der Èechen gegen die deutschen Landesstellen. Nach den Anträgen der Fachkommission sollten die bestehenden deutschen Landesstellen in Böhmen, Mähren und Schlesien aufgehoben, und nur drei gemeinsame Landesstellen, eine für Böhmen in Prag, eine für Mähren und Schlesien in Brünn und eine für die Slovakei und Karpathorußland in Bratislava errichtet werden. Der Einspruch der deutschen Kommissionsmitglieder, begründet durch den dringenden Wunsch der Dienstgeber und Dienstnehmer auf Erhaltung der deutschen Landesstellen blieb erfolglos. Bei allen Verhandlungen der Fachkommission war es die klare Absicht der Èechen, die deutschen Landesstellen aufzuheben. So kam der Regierungsantrag endlich vor den Ministerrat zur Vorgenehmigung. Wer den in dieser Vorlage enthaltenen § 84 las, konnte ihn nicht anders verstehen, als daß in Böhmen, in Mähren-Schlesien und in der Slovakei nur je eine Landesstelle bestehen solle, zumal diese Auffassung auch durch den Wortlaut der § 124, Abs. 11, § 134, Abs. 2 und § 135, Abs. 2 vollkommen bestätigt erschien. Die deutsche Bevölkerung konnte es nicht verstehen, daß dieser deutsche Besitzstand unter einer Regierung verloren gehen solle, in der zwei deutsche Ministersitzen, zumal die Regierung schon darauf aufmerksam gemacht worden war, daß die deutschen Regierungsparteien keinesfalls einer Gesetzesvorlage zustimmen können und werden, wenn dieselbe die seit 20 Jahren bestehenden deutschen Landesstellen der Allgemeinen Pensionsanstalt aufhebt oder auch nur in ihrem Wirkungskreis beschränkt. Und tasächlich wurde die deutsche Öffentlichkeit durch die Zeitungsnachricht angenehm überrascht, daß die beiden deutschen Minister die Forderung nach Erhaltung der deutschen Landesstellen mit aller Energie erhoben und sogar mit ihrer Demission gedroht haben, wenn diesem deutschen Wunsche nicht Rechnung getragen werden sollte. Die Presse der deutschen Regierungsparteien beschwichtigte wochenlang die deutsche Bevölkerung, daß die Erhaltung der deutschen Landesstellen so gut wie gesichert sei, daß nur die entsprechende Änderung des Textes des § 84 noch Gegenstand der Beratungen der politischen "Osmièka" bilden wer de. Erst im Zuge der Beratungen des sozialpolitischen Ausschusses sickerte abermals die Kunde durch, daß besonders der Minister Šrámek und der Vertreter der èechischen klerikalen Partei der Erhaltung der deutschen Landesstellen neue Schwierigkeiten entgegensetzen und daß die deutschen Regierungsparteien gezwungen sind, einen schweren Kampf mit ihren èechischen Koalitionsgenossen auszufechten. Unmittelbar vor der endgültigen Abstimmung im sozialpolitischen Ausschuß wurde den deutschen Regierungsparteien ein Text für den § 84 präsentiert, der zwar vorläufig die deutschen Landesstellen formell bestehen läßt, sie aber durch seine Bestimmungen der Willkür des Ministers für soziale Fürsorge ausliefert und sie zum ehesten Absterben verurteilt. Diese Gesetzesformel wurde den deutschen Regierungsparteien mit dem nicht ernst zu nehmenden Ultimatum vorgelegt, daß die deutschen Regierungsparteien dafür zu stimmen haben oder es werde das Pensionsversicherungsgesetz eben von einer anderen Mehrheit gemacht werden. Unbegreiflicherweise sind die deutschen Regierungsparteien vor diesem Druck zurückgewichen und haben wiederum die Politik der Nachgiebigkeit den Èechen gegenüber betätigt. Unter der allnationalen èechischen Koalition ist es gelungen, die deutschen Landesstellen in Böhmen, Mähren und Schlesien zu erhalten, unter der gemischnationalen Regierungsmehrheit wird die Axt an diesen deutschen Besitzstand angelegt. (Posl. dr Koberg: Die Troppauer Landesstelle verschwindet soeben!) Die ist schon erledigt. Alle solche Argumente, die für die Aufrechterhaltung der deutschen Landesstellen der Allgemeinen Pensionsanstalt sprachen, stoßen bei den èechischen Regierungsparteien auf taube Ohren. Die Vertröstungen der deutschen Regierungspresse, daß ja die deutschen Landesstellen vorläufig erhalten bleiben, daß ihre Organisation und ihr Wirkungkreis durch die Verordnung einer Regierung bestimmt werden solle, in der zwei deutsche Minister sitzen, die schon ihren Einfluß zur Erhaltung der deutschen Landesstellen entsprechend ausüben werden, sind nach unseren bisherigen Erfahrungen keineswegs geeignet, unsere Befürchtungen zu zerstreuen. Im Gegenteil, wir sehen klar und deutlich, daß die planmäßige, von den Èechen angestrebte Vernichtung der deutschen Landesstellen sich mit unheimlicher Schnelligkeit verwirklicht. Zuerst wird mit dem Hinweis auf die Auswirkung der Verwaltungsreform die deutsche Landesstelle in Troppau aufgelöst und in die deutsche Landesstelle in Mähren überführt. Damit ist schon eine von den verhaßten deutschen Landesstellen tatsächlich verschwunden. Bleiben also noch die beiden deutschen Landesstellen in Prag und Brünn übrig. Die Abgrenzung des Wirkungsbereiches der deutschen Landesstelle in Böhmen erfolgte bisher nach dem Territorialprinzip, während in Mähren das sogenannte Personalitätsprinzip zugrundegelegt wurde. Diese unterschiedliche Organisation des Wirkungsbereiches war auch bisher die einzigmögliche Gewähr für die Erhaltung des deutschen Besitzstandes in Böhmen und Mähren. Was wird nun geschehen? Vorerst wird gegen die Brünner deutsche Landesstelle ins Treffen geführt, daß der nationale Kataster, nachdem ihr Sprengel bestimmt ist, heute nicht mehr besteh e, daß also die gesetzliche Grundlage für die Beibehaltung des Personalitätenprinzips verloren gegangen sei. Aus Unifizierungsgründen wird man daher für die deutsche Landesstelle der vereinigten Länder Mähren und Schlesien das in Böhmen geltende Territorialprinzip einführen. Aus den von Dr Hotowetz in der Zeitschrift "Die Pensionsversicherung" veröffentlichten statistischen Daten wird die deutsche Landesstelle in Brünn in Zukunft maximal 13.000 Versicherte umfassen. Nach den Berechnungen des Dr Hotowetz hat Brünn dann eine zu kleine deutsche Landesstelle, die wegen ihrer verhältnismäßig höheren Verwaltungskosten und wegen ihres verhältnismäßig größeren Beamtenapparates im Vergleich zu einer größeren Landesstelle als unökonomisch bezeichnet werden muß. Die Regierung wird also aus Gründen der Ökonomie die deutsche Landesstelle in Brünn auflösen. Damit verschwindet die zweite deutsche Landesstelle. Aus Unifizierungsgründen wird dann die Regierung zu der Schlußfolgerung kommen, daß auch die deutsche Landesstelle in Prag überflüssig ist und daher ohne Beeinträchtigung der ganzen Organisation aufgelassen werden kann. So erreicht die èechische Regierung auf Umwegen das, was sie heute durch einen Gewaltakt gegen die Deutschen zu tun sich vorläufig noch scheut. Die Zukunft wird lehren, daß unsere Bedenken und Befürchtungen vollkommen berechtigt sind. Schlag auf Schlag wird sich verwirklichen, was die Opposition als angeblich wesenloses Gespenst heute an die Wand malt. Wir führen bisher einen ergebnislosen Kampf um unseren deutschen Besitzstand in diesem Staate. Wir bekämpfen furchtlos gesetzliche Bestimmungen, die durch die Dehnbarkeit ihrer Auslegung die èechischen Machthaber in die Lage versetzen, uns eine Niederlage nach der anderen zu bereiten.

Unverständlich bleibt uns nur das Verhalten der deutschen Regierungsparteien, die ihre günstige Position in der Regierungsmehrheit auch bei dieser Gelegenheit nicht auszunützen verstanden. Jetzt, da die èechischen Parteien noch nicht in der Lage sind, eine neue Regierungsmehrheit zu bilden, hätten die deutschen Regierungsparteien ruhig mit ihrem Austritt aus der Regierungsmehrheit drohen und so die Erhaltung der deutschen Landesstellen erzwingen können. Wenn sie dies nicht getan haben, so werden sie später einmal die Verantwortung vor dem ganzen deutschen Volke für ihre Handlungsweise zu tragen haben.

Ich gebe zu, daß eine ganze Reihe von gesetzlichen Bestimmungen der Regierungsvorlage ohne weiters vom sozialen Standpunkte auch für die Deutsche Nationalpartei annehmbar ist. Wir begrüßen es, daß eine der dringendsten Forderungen auf dem Gebiete der sozialen Politik, auf deren Notwendigkeit im Laufe der letzten Jahre auch die Deutsche Nationalpartei wiederholt nachdrücklichst hinzuweisen Gelegenheit hatte, endlich ihre Erfüllung finden soll. Wenn auch die Gestaltung der künftigen Pensionsversicherung, die eine Lebensfrage für tausende deutscher Privatangestellter darstellt, in manchen Punkten noch einer Verbesserung fähig ist, so könnte die deutsche Nationalpartei doch wenigstens jenen Bestimmungen zustimmen, die ohne Änderung und Verschlechterung aus dem Entwurf der Fachkommission in den Regierungsantrag übernommen wurden. Die deutsche Nationalpartei anerkennt auch die berechtigten Forderungen der Journalisten und könnte ohne Bedenken dem heute vorliegenden § 124 zustimmen, zumal ja diese Bestimmungen von der anerkannten Journalistenorganisation als Kompromiß mit der Regierungsmehrheit angenommen wurden. Solange aber von der Regierung dem Parlamente Gesetze vorgelegt werden, die eine schwere Schädigung des nationalen Besitzstandes der Deutschen enthalten, wie dies im Falle der deutschen Landesstellen in diesem Gesetze geschieht, darf die deutsche Nationalpartei der Regierung nicht ihr Vertrauen aussprechen und muß aus nationalpolitischen Gründen einem solchen Gesetz ihre Zustimmung versagen.

Wir haben aber noch andere nationalpolitische Bedenken gegen das vorliegende Gesetz. Während im § 69, Abs. 3 des Gesetzes Nr. 221/24 die Zentralsozialversicherungsanstalt verpflichtet wird, darauf zu achten, daß unter den Beamten das Verhältnis der nationalen Zugehörigkeit annähernd mit der nationalen Zugehörigkeit der Versicherten übereinstimme, vermissen wir eine analoge Bestimmung hinsichtlich der Zentrale der Allgemeinen Pensionsanstalt, in dem zur Verhandlung stehenden Gesetze. Wir befürchten, daß ein Auslassen dieser Bestimmung ein Präjudiz für das in Vorbereitung stehende Gesetz über die Krankenversicherung der Privatangestellten bedeutet, so daß auf diese Weise die deutschen Angestellten geschädigt erscheinen.

Leider müssen wir aber auch bemerken, daß gerade in einer Zeit, in der alle deutschen Parteien die Selbstverwaltung in diesem Staate wenigstens als Etappenziel ihrer Politik aufgestellt haben, der vorliegende Regierungsantrag alles enthält, was die Autonomie in der Verwaltung der Pensionsversicherung systematisch untergräbt. Unserer Ansicht nach hat die Verwaltung der Pensionsversicherung ausschließlich in den Händen der Nächstbeteiligten, der Dienstnehmer und der Dienstgeber zu liegen und die staatliche Aufsicht soll auf jenes Mindestmaß eingeschränkt werden, das notwendig ist, um die Erfüllung der gesetzlichen Obliegenheiten zu sichern und Mißbrauch hintanzuhalten. Wir lehnen es daher ab, daß die Regierungsvorlage die ehrenamtliche Verwaltung der Pensionsversicherung einschränkt.

Genau so wie wir bei dem Gesetz über die Bezirks- und Landesvertretungen das Recht der Regierung auf die Ernennung eines Drittels der Bezirks- und Landesvertreter bekämpft haben, so verweigern wir auch jetzt unsere Zustimmung dazu, daß die Regierung das Recht erhalten solle, zu den von den Dienstnehmern und Dienstgebern nach dem Grundsatz der Verhältniswahl gewählten Ausschußmitgliedern der Allgemeinen Pensionsanstalt auch noch Fachleute zu ernennen, weil dies dem Grundsatz der Demokratie und der Selbstbestimmung der Mitglieder der Allgemeinen Pensionsanstalt widerspricht, weil ferner durch die Ernennung das Ergebnis der Verhältniswahl verfälscht wird. Wenn wir uns auch damit abfinden können, daß der Vorsitzende der Allgemeinen Pensionsanstalt vom Präsidenten der Republik ernannt wird, so müssen wir auf der anderen Seite grundsätzlich verlangen, daß dessen Stellvertreter von der Gruppe der Dienstgeber und Dienstnehmer durch freie Wahl aus ihrer Mitte bestimmt werden. Die jetzt im Gesetze vorgesehene Ernennung der Stellvertreter soll wahrscheinlich nur dazu dienen, das nicht am Ende ein Deutscher einer der Stellvertreter werde. (Souhlas na levici.) Die gleiche Forderung nach Wahlen stellen wir auch bei den Stellvertretern der Obmänner der Landesstellen.

Wir erheben auch Einspruch gegen die weitgehende Vollmacht, die sich das Ministerium für soziale Fürsorge hinsichtlich der ganzen Gebarung der Pensionsversicherung einräumen läßt, nur um seine bürokratische Verwaltungsmethode der Pensionsversicherung aufzwingen zu können. Wir lehnen auch die jedem Prinzip der Selbstverwaltung abträgliche Vormachtstellung des Ministeriums für soziale Fürsorge und des Finanzministeriums in den Fragen der Vermögensgebarung ab, weil die in der Pensionsversicherung angehäuften Kapitalien, die aus der Volkswirtschaft angesammelt wurden, staatlichen Zwecken zur Verfügung gestellt, der Privatwirtschaft aber restlos entzogen werden sollen.

Heute wissen wir, daß alle unsere diesbezüglichen Wünsche unerfüllt bleiben werden, weil die Regierungsmehrheit beschlossen hat, das Gesetz so anzunehmen, wie es nach dem Wunsche der Regierung dem Hause vorgelegt wurde. So lange aber unsere wichtigsten Forderungen und Wünsche keine Aussicht auf Erfüllung haben, muß die Deutsche Nationalpartei gegen das Gesetz stimmen. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP