Støeda 19. prosince 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 179. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve støedu dne 19. prosince 1928 dopol.

1. Øeè posl. Krebse (viz str. 18 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Es ist jetzt nahezu 10 Jahre, daß die Angestellten in Handel und Industrie für die Novellierung der Pensionsversicherung eintreten und fordern, daß die Leistungen sowohl der Altersals auch der Invaliditätsversicherung der Privatangestellten auf ein Niveau gehoben werden, das wenigstens einigermaßen den wirklichen Verhältnissen ihrer wirtschaftlichen Lage entspricht. Die Regierungsvorlage, die heute das Abgeordnetenhaus zur endgültigen Erledigung zu beraten hat, ist also schon seit vielen Jahren fällig und es ist somit keine Errungenschaft, sondern nur die Einlösung einer längst fälligen Schuld, daß die Pensionsversicherung der Privatangestellten endlich novelliert wurde. Trotzdem also mit der endgültigen Verabschiedung der Regierungsvorlage eine alte Schuld eingelöst wird, ist es kein Zweifel, daß sich die Privatangestelltenschaft im Allgemeinen und die deutsche Privatangestelltenschaft im Besonderen freut, daß endlich die sozialen Leistungen des Gesetzes verbessert werden.

Leider fällt in den Kelch dieser Freude nicht nur der bittere Tropfen, daß sich die Regierungsmehrheit zu keiner wirklich grundlegenden und großzügigen sozialen Auffassung durchringen konnte und deshalb eine Reihe berechtigter Forderungen der Privatangestelltenschaft unerfüllt geblieben sind, sondern auch ein anderer noch bitterer Tropfen, der den deutschen Angestellten auch an den mäßigen sozialen Erfolgen dieses Gesetzes die Freude nimmt: die Tatsache, daß man trotz zahlreicher Versicherungen der Regierungsparteien sich nicht gescheut hat, die Axt an die deutschen Landesstellen zu legen.

Die Pensionsversicherung der Angestellten besteht bekanntlich seit etwa 20 Jahren. Als sie im alten Österreich durch das Abgeordnetenhaus beschlossen wurde, erhoben die èechischen Parlamentarier, unter denen sich damals auch der jetzige stellvertretende Ministerpräsident und Minister für soziale Fürsorge Msgre. Šrámek befand, die Forderung, daß die Pensionsanstalt auf Grund des nationalen Autonomieprinzipes zu organisieren sei. (Hört! Hört!) Tatsächlich wurde damals sowohl in Prag als auch in Brünn je eine deutsche und eine èechische Landesstelle der Pensionsanstalt errichtet und neben den historischen Ländern auch in Troppau eine Landesstelle, die in ihrer großen Mehrheit deutsch war, geschaffen. Damals gab es auf dem Gebiete von Böhmen, Mähren und Schlesien insgesamt rund 45.000 Versicherte, von denen kaum 15.000 der èechischen Nation angehörten. Für diese 15.000 Angestellte wurden damals 2 Landesstellen eingerichtet. Während in Böhmen der Grundsatz der Gebietszuteilung, also das territoriale System festgelegt, wurde, so daß jene Bezirke, die in ihrer Mehrheit èechisch waren, ihre Angestellten bei der èechischen Anstalt zu versichern hatten, während die Angestellten jener Bezirke, die in ihrer Mehrheit deutsch waren, ihre Versicherungen bei der deutschen Landesstelle aktivierten, wurde dagegen in Mähren das sogenannte Personalitätsprinzip eingeführt. (Posl. inž. Jung: Dieses Prinzip bildete eine Grundlage des mährischen Ausgleiches!) Jawohl! Dieser Grundsatz war kurze Zeit vorher bei Schaffung des mährischen Ausgleichs von beiden Völkern angenommen worden und ist auch den Siedlungsverhältnissen der beiden Völker in Mähren durchaus angepaßt. Auf Grund des Personalitätsprinzips wurde in Mähren, gleichgültig, ob der Angestellte in einer deutschen oder in einer èechischen Stadt wohnte, der deutsche Angestellte bei der deutschen Landesstelle und der èechische Angestellte bei der èechischen Landesstelle eingetragen. Im alten Österreich hatte man also das Bestreben, auch den nationalen Interessen der Angestelltenschaft gerecht zu werden, so daß die deutschen Angestellten ihre deutschen Landesstellen und die èechischen ihre èechischen Institute selbst verwalteten. Diese Regelung der Organisation der Pensionsversicherung hat sich außerordentlich bewährt. Die Landesstellen, gleichgültig ob die deutschen oder die èechischen, waren gut und gewissenhaft verwaltet und, was ja der Zweck der nationalen Sektionierung war, es gab niemals nationale Konflikte in dieser für die Angestellten eingerichteten Institution.

Gegenwärtig ist die Anzahl der verschiedenen Angestellten wesentlich größer als vor 20 Jahren. Mit 1. Mai 1928 gab es folgende Landesstellen: 1. Die Prager deutsche Landesstelle mit 61.881 Versicherten, 2. die Prager èechische Landesstelle mit 105.184 Versicherten, 3. die deutsche Landesstelle in Brünn mit 18.246 Versicherten, 4. die èechische Landesstelle in Brünn mit 28.215 Versicherten, 5. die Landesstelle in Troppau mit 10.408 und 6. die slovakische Landesstelle in Bratislava mit 26.530 Versicherten. Wenn man die historischen Länder vor allem in Rechnung stellt, ergeben sich folgende Ziffern, wobei festgehalten wird, daß die Troppauer Landesstelle überwiegend deutsch ist: 135.000 èechische Angestellte und rund 90.000 deutsche Angestellte. Aus diesen Ziffern ergibt sich das klare Recht, daß den Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien die deutschen Landesstellen zugebilligt werden müßten. Leider müssen wir heute beim Abschluß der Beratungen über das vorliegende Gesetz feststellen, daß infolge der neuen Fassung des § 84, der die deutschen Landesstellen betrifft und der mit Zustimmung der deutschen Regierungsparteien im sozialpolitischen Ausschuß zum Beschluß erhoben wurde, nachfolgende Lage geschaffen wurde: 1. Die Landesstelle Troppau wird vollständig beseitigt, 2. der Wirkungskreis der Landesstelle von Böhmen, Mähren und Schlesien wird durch den Abs. 2 von der Regierungsverordnung neu bestimmt werden. Im Gesetzestext heißt es ausdrücklich, daß die Mitglieder der schlesischen Landesstelle in Troppau an die einzelnen Amtsstellen von Mähren aufgeteilt werden. 3. Auf die Landesstellen in Mähren soll ebenso wie bisher auf die Landesstelle in Böhmen das Territorialprinzip angewendet werden, d. h. es sollen die Angestellten, gleichgültig, ob deutscher oder èechischer Nationalität, die in Bezirken mit èechischer Mehrheit wohnen, der èechischen Landesstelle und Angestellte in Bezirken mit deutscher Mehrheit, der deutschen Landesstelle zugeteilt werden. Was bedeutet das? Es bedeutet, daß die Anwendung des Territorialprinzipes für das mährischschlesische Gebiet gleichbedeutend damit ist, daß viele tausende deutscher Privatangestellten nunmehr bei der èechischen Landesstelle versichert sein werden und dort natürlich nicht nur um das Recht ihrer Selbstverwaltung, sondern auch um ihre sprachlichen Rechte betrogen werden. Wer die Verhältnisse in Mähren und Ostschlesien kennt, weiß, daß das bedeutet, daß die Angestellten von Brünn, Iglau, Znaim, Olmütz, Mähr. Ostrau und vielen anderen politischen Bezirken von nun an in die èechischen Landesstellen inkorporiert werden. Da besonders die deutschen Industrieangestellten in ihrer Mehrheit in diesen Gebieten tätig sind, besteht kein Zweifel darüber, daß die deutschen Landesstellen wesentlich geringeren Umfang aufweisen werden als gegenwärtig, trotzdem sie von der Troppauer Landesstelle mindestens 7000 bis 8000 deutsche Angestellte zugewiesen erhalten haben werden. Von den mehr als 54.000 Angestellten in Mähren-Schlesien sind rund 25.000 deutscher und 29.000 èechischer Nationalität. Die deutsche Landesstelle in Brünn würde, wenn das Personalitätsprinzip aufrecht erhalten bleibt, zweifellos eine große und rentable Landesstelle sein. Durch die Beseitigung des Personalitätsprinzips und die Einführung des Territorialprinzipes werden aber aller Wahrscheinlichkeit nach mehr als 12.000 Angestellte der èechischen Landesstelle zugewiesen werden, so daß die deutsche Landesstelle in Brünn nur mehr 13.000 Versicherte aufweisen wird. Was das zu bedeuten hat, ist jedem Eingeweihten klar. Vor einigen Monaten erst ist ein Sonderdruck der Zeitschrift "Die Pensionsversicherung" erschienen, in der sich der Präsident der Allgemeinen Pensionsanstalt Dr Rudolf Hotowetz eingehend mit den Verwaltungskosten der Allgemeinen Pensionsanstalt beschäftigt. Diese Schrift ist nicht umsonst als ein Präludium für die Beseitigung der kleineren Landesstellen von den deutschen Kreisen bezeichnet worden. Am Schlusse seiner Ausführungen weist er darauf hin, daß die Verwaltungskosten der deutschen Landesstelle in Böhmen im Jahre 1927 50.63 Kè und die der èechischen Landesstelle 48.32 betrug, während sie bei der deutschen Landesstelle in Brünn 91.93, bei der èechischen Landesstelle in Brünn 64.61 Kè und bei der Landesstelle in Troppau 76.44 Kè betrug. Präsident Dr Hotowetz schließt aus diesen Verwaltungskosten, daß, je größer die Landesstelle ist, desto geringer ihre Verwaltungskosten im Verhältnis zur Vorschreibung des Versicherungsbeitrages seien. Je kleiner aber die Landesstelle ist, desto verhältnismäßig größer seien die Verwaltungskosten. Ganz abgesehen davon, daß man mit solchen mathematischen Rechnungen das viel wichtigere und bedeutsamere nationalpolitische Problem nicht aus der Welt schafft, können diese Ziffern bis zu einem gewissen Grade stark angegriffen werden. Da könnte man ebenso sagen, das alte Österreich mußte aufrecht erhalten werden, weil der österreichische Verwaltungsapparat billiger war, als der èechoslovakische oder der der vielen kleinen Nationalstaaten. Mit solchen mathematischen Beweisen kann man staatliche oder andere Probleme nicht aus der Welt schaffen. Wir lassen uns auf solche Rechenexempel überhaupt nicht ein und lehnen es grundsätzlich ab, uns mit derartigen Beweisführungen unser Recht auf die nationale Selbstverwaltung in der sozialen Gesetzgebung irgendwie vorenthalten zu lassen. Ich verweise nur darauf, daß die neue Fassung des § 84 die Möglichkeit bietet, eine wesentlich kleinere deutsche Landesstelle in Mähren-Schlesien zu schaffen, um bestimmten Kreisen den Anlaß zu geben, auf deren Unrentabilität hinzuweisen und sie in einem bestimmten Zeitpunkte zu beseitigen. Aus diesem Grunde können wir der Fassung des § 84 nicht zustimmen, der noch dazu die Durchführung dieser Bestimmung einer Regierungsverordnung überläßt, also dem Parlament gar keinen Einfluß darauf gewährt, in welcher Art und Weise diese Regelung erfolgt, wie hoch der Prozentsatz in den sog. gemischtsprachigen Bezirken sein wird, wie die Zuteilung erfolgt, ob Ausnahmebestimmungen geschaffen werden usw., eine Regierungsverordnung, der das ganze Schicksal der mährischen, aber auch der böhmischen deutschen Landesstelle überlassen ist. Wir erklären die Fassung des § 84, der die Auflösung der deutschen Landesstelle in Troppau und die Dezimierung der deutschen Landesstelle in Brünn ermöglicht, für einen Kriegsfall und stellen fest, daß die deutschen Regierungsparteien kein Mandat haben, einer solchen Lösung zum Schaden der deutschen Angestellten und etwa noch unter Berufung auf die deutschen Angestellten zuzustimmen. (Posl. dr Schollich: Sie machen gar manches ohne Mandat!) Sie machen vieles ohne Mandat, aber künftighin werden sie es machen ohne Parlamentsmandate! Der § 84 enthält auch noch die Möglichkeit der Neuabgrenzung des Wirkungsgebietes der Landesstellen in Böhmen und es ist kein Zweifel, daß auch diese Möglichkeit dazu benützt werden kann, um der deutschen Landesstelle in Prag Abbruch zu tun. Der Herr Minister Šrámek hat, wie wir berichtet sind, die Einführung des Territorialsystems in Mähren damit begründet, daß es unmöglich sei, in Mähren ein anderes Prinzip als in Böhmen einzuführen oder aufrecht zu erhalten. Daß dieses Argument nicht stichhältig ist, geht daraus hervor, daß in den beiden Ländern seit 20 Jahren verschiedenartige Prinzipien bei der Zuteilung der Mitglieder an die einzelnen Landesstellen möglich waren und daß sich diese Verschiedenheit in beiden Gebieten nicht nur bewährt hat, sondern auch aus den nationalen Siedlungsverhältnissen erklärbar und berechtigt ist. Wenn die Regierung so konsequent wäre, wie sie in der Frage des Zuteilungsprinzips bei den deutschen Landesstellen erscheinen will, dann hätte die Regierung das Territorialprinzip auch bei der Verwaltungsreform gelten lassen müssen und für das einsprachige deutsche Siedlungsgebiet die sudetendeutsche autonome Selbstverwaltung einrichten und den Sudetendeutschen das Recht auf eine eigene sudetendeutsche Landesvertretung einräumen müssen. (Posl. Matzner: Das hätten die deutschen Regierungsparteien auch verlangen sollen!) Jawohl! (Posl. inž. Jung: Damals haben Sie gegen unseren Antrag gestimmt!) Jawohl, mit der Begründung, er sei undurchführbar. Aber die Herren Èechen sind nur dann konsequent, wenn es zu ihrem Vorteil gereicht. Sie haben ja schon bei der Gründung dieses Staates diesen Grundsatz vertreten und aus den Gründen des nationalen Selbstbestimmungsrechtes die Zertrümmerung des ungarischen Staates gefordert, der als Wirtschafts- und Staatseinheit ein mindestens ebenso ideales Raumgebild war, wie es etwa Böhmen ist. Sie haben aus den Gründen der nationalen Selbstbestimmung diesen pannonischen Raum zertrümmert, aber gleichzeitig erklärt, daß man den Sudetendeutschen das Selbstbestimmungsrecht nicht gewähren könne, weil das angeblich so ideale Wirtschafts- und Raumgebilde der historischen Kronländer nicht zertrümmert werden dürfe. Sie haben also in der Slovakei das nationale Selbstbestimmungsrecht angewendet und gleichzeitig in den Sudetenländern dasselbe nationale Selbstbestimmungsrecht geleugnet und hier den èechischen Wirtschaftsimperialismus als Begründung der Staatsbildung angewendet. So konsequent also, wie die Herren jetzt bei den Landesstellen erscheinen wollen, sind sie niemals gewesen. Das bezeugt auch eine andere Tatsache, die im Zuge des Gesetzes feststellbar ist. (Posl. inž. Jung: Aber Politiker waren sie stets zum Unterschied von den deutschen Regierungsparteien!) Jawohl! Bekanntlich hat die Verwaltungsreform vier autonome Ländergebilde geschaffen, Böhmen, Mähren, Schlesien, die Slovakei und Karpathorußland. Die Regierung begründet ihren Antrag auf Auflassung der Landesstelle Troppau der Pensionsanstalt mit der neuen Organisation der Verwaltung. Diese Begründung ist allerdings nur ein Vorwand, um der deutschen Stadt Troppau auch diese Einrichtung wegnehmen zu können. Obzwar also die Landesstelle aus Gründen der Verwaltungsreform verschwinden muß, wird für die Slovakei und Karpathorußland nur eine einzige Landesstelle in Bratislava errichtet, sodaß für Karpathorußland keine eigene Landesstelle vorhanden ist. (Posl. inž. Jung: Obzwar Karpathorußland eine eigene Stellung in der Verfassung eingeräumt ist!) Jawohl, über diese Dinge haben wir schon einigemale gesprochen. Die Herren sind aber nicht prinzipienfest, denn wenn man aus prinzipiellen Gründen dort, wo eine Landesverwaltung aufgehoben wird, die Landesstelle aufheben muß, muß man ungeachtet der Anzahl der zu versichernden Mitglieder auch dort, wo eine neue Landesverwaltung geschaffen wird, wie dies in Karpathorußland der Fall ist, auch eine eigene Landesstelle einrichten. Prinzip bleibt Prinzip, wenn sich schon die Herren an das Prinzip klammern. Aber die Prinzipienreiterei des Herrn Ministers für soziale Fürsorge im Falle der Landesstelle Troppau und des Territorialprinzipes, derzufolge die neu zu bildenden Landesstellen in Mähren anstelle der gegenwärtigen Landesstellen Troppau und Brünn entstehen sollen, ist nichts anderes als ein Vorwand, um viele tausende deutscher Angestellten in die èechische Landesstelle zu pressen und sie so um das Recht, sich in deutschen Landesstellen zu versichern, zu prellen. Diese Frage ist mehr als eine Frage der Privatangestelltenschaft. Wir richten daher an die Mehrheitsparteien die Frage, ob sie der Meinung sind, daß mit der Vernichtung bestimmter deutscher Einflußgebiete, die durch 20 Jahre zum unbestrittenen Besitzstand des deutschen Volkes gehörten, der Sache des nationalen Friedens in diesem Lande gedient ist. Was hat das Deutschtum dieses Landes noch zu erwarten, wenn selbst eine deutschèechische Koalitionsregierung daran geht, deutsche Verwaltungskörper, die jahrzehntelang bestanden und sich bewährt haben, aufzulösen, zu beseitigen und einzuschränken. Ich habe den Auftrag, namens der deutschen national-sozialistischen Arbeiterpartei zu erklären, daß wir dieser Regelung der Frage der deutschen Landesstellen niemals zustimmen werden, daß wir sowohl die Auflösung der Landesstelle in Troppau, als auch die Benachteiligung der deutschen Landesstelle in Brünn durch die Einführung des Territorialprinzips als einen schweren Schlag gegen die sudetendeutsche Selbstverwaltung empfinden und den Regierungsparteien die volle Verantwortung für die unwiderruflich eintretenden Schädigungen deutschen Lebens und deutscher Selbstverwaltung überlassen werden. Bei dieser Frage kann die sudetendeutsche Bevölkerung klar und deutlich erkennen, welch ein gewaltiger politischer Fehler und welch schweres nationales Unglück es war, daß die deutschen Regierungsparteien ohne irgendwelche Sicherheiten in die Regierung eintraten, daß die nationalen Rechte unserer Bevölkerung gewahrt und in vollem Maße durchgesetzt werden würden, weil sie bedingungslos in diese Regierung eingetreten sind.

Wenn wir unsere Betrachtungen von diesem traurigsten Kapitel des Pensionsversicherungsgesetzes auf den sozialpolitischen Teil lenken, dann müssen wir aufrichtig gestehen, daß die Vorlage in einer großen Reihe von Bestimmungen den Forderungen und Wünschen der Angestellten zuwiderläuft und daß es nicht so ist, wie der geehrte Herr Referent Koll. Petr gesagt hat, daß die Forderungen der Angestelltenschaft in dem Gesetz zu 100% honoriert worden sind. Es hat schon mein geschätzter Herr Vorredner darauf hingewiesen - und ich werde an der Hand der einzelnen Teile des Gesetzes nachweisen können - daß dies nicht nur solche Bestimmungen betrifft, bei denen es sich um finanzielle Fragen handelt; der geehrte Herr Referent hat gemeint, die Opposition hätte leicht, eine Forderung von 500 Millionen Kè aufzustellen, aber sie kümmere sich nicht um die Bedekkung. (Posl. inž. Jung: Der Referent muß es ja nicht bezahlen!) Er muß es zwar nicht bezahlen, aber ich gebe zu, daß dieses Argument sachlich sein könnte. Ich verweise aber darauf, daß eine ganze Reihe von Bestimmungen, die kein Geld erfordern, nicht berücksichtigt worden ist und daß diese Forderungen lediglich aus antisozialen Erwägungen von der Regierungsmehrheit abgelehnt worden sind.

Vor allem anderen gibt die Tatsache, daß die Regierungsmehrheit auch bei diesem Gesetze die Selbstverwaltung der Angestellten soweit eingeschränkt hat, daß man nur von einer scheinbaren Selbstverwaltung sprechen kann, Anlaß zu begründeten Beschwerden Nach den Beschlüssen der Mehrheit des sozialpolitischen Ausschusses wird der Verwaltungsausschuß der Allgemeinen Pensionsanstalt gemäß § 77 aus den Vorsitzenden, die von der Regierung ernannt werden, und aus 34 Mitgliedern, von denen 14 von den Angestellten und 14 von den Arbeitgebern gewählt werden und außerdem aus 6 von der Regierung aus Kreisen der Fachmänner Ernannten bestehen. Wenngleich hier das Verhältnis der ernannten zu den gewählten Vertretern nicht so aufreizend wie bei der politischen Verwaltung ist, wo sie bekanntlich ein Drittel betragen, so muß doch auch hier entschiedenster Einspruch gegen den Versuch erhoben werden, daß den Versicherten das Recht, ihre Institutionen selbst zu verwalten, neben einer ganzen Reihe anderer gesetzlicher Bestimmungen, der Aufsicht usw., noch weiterhin durch diese Ernennungen eingeschränkt wird. "Die Versicherung den Versicherten!" ist eine so klare und selbstverständliche Losung, daß sie durch keinerlei Argumente widerlegt werden kann, am allerwenigsten bei der Pensionsversicherung, die ohne die berühmten Ernannten bisher auskam und schon im alten Österreich ausschließlich von gewählten Vertretern verwaltet wurde. Es sind bedauerliche Verfallserscheinungen der Demokratie in einer demokratischen Republik, wenn sie zur Erhaltung der Macht bestimmter herrschender Kreise nurmehr durch das Hilfsmittel von Ernennungen aufrechterhalten werden kann. Dieses Prinzip kann auch dadurch nicht schmackhafter gemacht werden, daß der Abg. Dubický im sozialpolitischen Ausschusse die Beibehaltung der Ernennungen damit begründete, daß sie im Jahre 1924 bei der Versicherung der Arbeiter von dem damaligen sozialdemokratischen Minister für soziale Fürsorge, dem jetzigen Abg. Dr Winter, in die Gesetzgebung eingeführt worden sei. Wir lehnen jedenfalls diese scheindemokratische Vertretung ab und stehen auf dem Standpunkte, daß die Versicherten allein das Recht haben sollen, ihre Versicherung durch gewählte Vertreter zu verwalten. Wir werden nicht rasten und ruhen, bis hier und in allen anderen Körperschaften die Ernennungen gefallen sind. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.) Wir werden jede Mehrheit in solchen Belangen unterstützen, die bereit ist, das System der Ernennungen zu beseitigen.

Wir begrüßen, daß der Umfang der Versicherungspflichtigen bei der neuen Novelle wesentlich ausgedehnt worden ist, wenngleich wir gewünscht hätten, daß noch eine Reihe von Bestimmungen aus dem Gesetze entfernt werde, die wir für schädlich und die Diktion des Gesetzes verschlechternd halten. Zu diesen Bestimmungen gehört die Festsetzung der Zahl 6 im § 1, demzufolge an Stelle des Wortlautes "Angestellten, die dauernd und nicht bloß vorübergehend beschäftigt sind" das Wort "überwiegend" verwendet wurde. Die Änderung, die scheinbar nur geringfügig ist, muß bewirken, daß die im § 1, Zahl 6 a) angeführten Arbeitnehmer nur dann versicherungspflichtig erklärt werden, wenn diese Arbeiter neben der einen überwiegend andere versicherungspflichtige Arbeiten ausüben. Dadurch ist die Mögliehkeit zu zahllosen neuen Streitfällen gegeben, weil sich die Arbeitgeber auf den Standpunkt stellen können, daß z. B. wenn ein Werkmeister, Aufseher usw. zwar dauernd angestellt ist, jedoch nur einen kleinen Teil seiner Arbeitszeit täglich als Aufsichtsperson ausübt, während er einen größeren Teil seiner Tagesbeschäftigung den manuellen Arbeiten widmet, er nicht versicherungspflichtig ist. Es war leider nicht möglich, diese Bestimmung zu beseitigen, wie es leider auch nicht gelang, die im § 2 neu eingeführte Bestimmung, daß Angestellte, die das 16. Lebensjahr nicht überschritten haben, von der Versicherungspflicht ausgeschlossen sind, zu beseitigen.

Eine sehr gefährliche Bestimmung enthält der § 2 in der Zahl 8, die festlegt, daß Personen, welche eine Altersrente beziehen, von der Versicherungspflicht ausgenommen sind. Die Angestelltenschaft vertritt den Standpunkt, daß alle im Dienste stehenden Angestellten zu versichern sind. Die Altersrentner sollen eine ständige Altersrente bezieh en, die sie unabhängig von einem Nebenverdienst macht. Der genannte Punkt wird auch weiterhin ermöglichen, daß altgewordene Angestellte als Lohndrücker benützt werden, weil es immer Arbeitgeber gibt, die glauben, auf diese Art und Weise die Pensionsprämie ersparen zu können. Wir haben beantragt, daß für diese Personen wenigstens der Anteil des Arbeitgebers zur Pensionsprämie bezahlt werde, damit die angeführten sozialen Schwierigkeiten wegfallen.

Auch im § 4, Abs. 4 gelang es leider nicht, die Wünsche der Gewerkschaft der Angestellten durchzusetzen, daß zur Festsetzung des Wertes der Naturalbezüge zur Anrechnung für die Pensionsversicherung auch die Mitwirkung der Berufsorganisation gesichert werde. Es liegt in der Tendenz der gewerkschaftsgegnerischen Regierungsmajorität, daß auch dieser Antrag leider nicht angenommen wurde.

Eine viel umstrittene Bestimmung ist die der anrechenbaren Beitragszeit auf Grund des § 13 vom aktiven Militärdienst in die Pensionsversicherung. Wir haben schon im sozialpolitischen Ausschuß eingehend begründet, daß es eine schwere Ungerechtigkeit für die zum Militärdienst eingezogenen Angestellten ist, daß ihnen die Militärdienstzeit nur in der ersten, bezw. zweiten Beitragsklasse eingerechnet werde. In diese Klasse sind bekanntlich nur die Lehrlinge und Angestellten mit höchstens 3000 Kè eingereiht. Es bedeutet in 90% aller Fälle eine Unterversicherung des eingerückten Angestellten, wenn man ihn mit 20 oder 21 Jahren mit einem Jahresgehalt von insgesamt 3000 Kè versichern will. Wir haben deshalb beantragt, daß, wie es die interministerielle Kommission getan hat, die Einrechnung der Militärdienstzeit in der vierten Gehaltsklasse, das es mit einer Beitragsleistung erfolge, die einem Jahresdienstbezug von 9000 bis 12.000 Kè gleichkommt. Ich habe gefordert, daß der Vertreter des Ministeriums für nationale Verteidigung den Beratungen des sozialpolitischen Ausschusses beiwohne und ein Gutachten abgebe, und in der Tat hat Herr Ministerialrat Dr. Hubáèek vom Ministerium für nationale Verteidigung in dieser Frage das Gutachten dahin abgegeben, daß das Ministerium Wert darauf lege, daß dem zum Militärdienst eingerückten Soldaten möglichst wenig soziale Schäden zugefügt werden. Ich habe in meiner Antragsbegründung im sozialpolitischen Ausschusse darauf hingewiesen, daß der Antrag der Regierungsparteien eine schwere Schädigung der zum Militärdienst einrückenden Angestellten bedeutet, die um mindestens zwei bis drei Gehaltsstufen geschädigt werden. Es muß sicher auf den zum Militärdienst eingerückten Angestellten aufreizend wirken, daß er nicht nur durch 18 Monate seinen Gehalt vollständig einbüßt, sondern auch durch das Ausscheiden aus seinem Beruf in einer wichtigen Entwicklungszeit wirtschaftlich und in seiner Vorrückung geschädigt wird und daß er noch dazu bei seiner Anwartschaft bei der Pensionsversicherung Sehaden leidet, während der nicht zum Militärdienst eingerückte Kollege in der Kanzlei oder in seinem Geschäfte weiter wirken, seinen Gehalt beziehen und im Dienst vorrücken kann und überdies natürlich auch in der Pensionsversicherung seine Anwartschaft wesentlich erhöht. Wir haben darum gefordert, daß die Anrechnung der Militärdienstzeit für die eingerückten Angestellten in der vierten Gehaltsklasse erfolge und diese Beitragsleistung von der Finanzverwaltung getragen werde.

Die im Regierungsantrag gewünschte Einreihung in die erste Klasse bedeutet allerdings eine große Ersparnis für den Finanzverwalter, weil er dureh diese Unterversicherung an einem Soldaten während 18 Monaten 1512 Kè an Beiträgen ersparen kann. Wir haben berechnet, daß die Einrechnung der notwendigen Beiträge etwa 3 bis 3 1/2 Millionen Kè ausmachen dürfte. Ein Staat, der jährlich mehr als 2000 Millionen Kè für militärische Zwecke ausgibt, muß in der Lage sein, auch 3 1/2 Mill. Kè für die Angestelltenversicherung auszugeben oder irgendwo einzusparen. Es ist keine Ausrede, wenn die Regierungsparteien darauf hinweisen, daß die Soldaten, die im Zivil Gewerbetreibende oder Landwirte sind, auch keine Versicherungsbeiträge beim Militär erhalten, denn es ist ja nur die Schuld der Regierungsparteien, daß die im Jahre 1924 bei der Gesetzwerdung des Sozialversicherungsgesetzes der Arbeiter beschlossene Herausgabe eines Gesetzes über die Altersversicherung der selbständig Gewerbetreibenden und Landwirte bis zum heutigen Tag dem Abgeordnetenhaus noch nicht vorgelegt wurde. Wäre die Altersversicherung der selbständigen Gewerbetreibenden bereits Gesetz, dann müßte natürlich auch ihnen die militärische Dienstzeit in die Versicherung eingerechnet werden. Wir urgieren daher gleich bei diesem Anlaß auch die ähnliche Vorlage des Altersversicherungsgesetzes für Gewerbetreibende, Landwirte und selbständige Berufe.

Ganz besonders gefährlich aber sind die neuen Bestimmungen über den Anspruch auf die Invaliditätsrente nach dem § 17 der neuen Gesetzesvorlage. Bisher besagte das Gesetz: "Erwerbsunfähig ist, wer infolge eines körperlichen oder geistigen Gebrechens den Berufspflichten seiner letzten versicherungspflichtigen Stellung nicht mehr zu obliegen vermag". Wer also bisher nachweisen konnte, daß er nicht mehr imstande sei, seiner letzten Stellung als Buchhalter, Korrespondent, Ingenieur, Werkmeister usw. nachzukommen, hatte gesetzlichen Anspruch auf die Invaliditätsrente. Diese Bestimmung ist jetzt wesentlich verschlechtert worden. Die Fassung des Regierungsantrages sagt, daß nur jener invalid und damit rentenberechtigt sei, der den Pflichten seines letzten Berufes oder eines anderen, seinem bisherigen Berufe und der Art, in welcher er in ihm beschäftigt war, seiner Stellung in ihm, sowie seiner praktischen Vorbildung entsprechenden Berufes nicht weiter zu obliegen vermag, so daß die Rentenkommission z. B. einen Prokuristen nicht zwingen kann, noch weiter als Maschinenschreiber zu dienen oder einen Betriebsingenieur, daß er etwa Aufseher sein könnte oder ähnliches, weil das Stellungen wären, die seiner bisherigen Tätigkeit nicht entsprechen. Ich habe aber im sozialpolitischen Ausschuß ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß die Möglichkeit, ja daß es sogar die Absicht der Verfasser ist, den Rentenanspruch zu erschweren, indem die Rentenkommission feststellt, der Rentenbewerber könne zwar z. B. nicht mehr als Korrespondent arbeiten, daß er also für diese Stellung invalid sei, daß er aber noch ganz gut z. B. Buchhalter sein könne, also eine Stellung ausfüllen könne, die gleichbezahlt oder gleichbewertet ist wie seine bisherige. Damit würde der Korrespondent seinen Posten, für den er anerkannt invalid ist, verlieren. Wer aber beschafft ihm, der auf einem bestimmten Arbeitsgebiet invalid ist, einen anderen Arbeitsposten? Es ist doch bekannt, daß Industrie- oder Handelsangestellte in vorgerücktem Alter schwer oder nie eine Anstellung bekommen können. Wir haben eine ganze Reihe von Betrieben, die ihre Angestellten bei Erreichung des 50. Lebensjahres automatisch entlassen und alljährlich eine sogenannte Flugperiode veranstalten, wo sie die älter gewordenen Angestellten entlassen. Der Angestellte wird also nach den neuen Bestimmungen des § 17 weder eine Anstellung bekommen, noch in den Genuß seiner Invaliditätsrente gelangen und somit trotz jahrelanger Beitragsleistungen dem wirtschaftlichen Elend und der sozialen Unsicherheit preisgegeben sein. Es ist eine schwere Verantwortung der Regierungsparteien, daß sie auch diesen im sozialpolitischen Ausschuß eingehend dargelegten Verhältnissen nicht Rechnung tragen und die harten und sicher zu ungerechten Entscheidungen verführenden Bestimmungen des § 17 angenommen haben. Es ist nur ein geringer Trost, wenn der Vertreter des Ministeriums dem Ausschuß erklärte, diese Bestimmung werde ja loyal angewendet werden. Wozu nimmt man überhaupt eine solche Bestimmung ins Gesetz, wenn man von vornherein sagen muß, ihre restlose und penible, also wirklich dem Gesetze entsprechende Durchführung führe zu großen Schwierigkeiten und zu großen sozialen Härten?

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP