Ètvrtek 8. listopadu 1928

6. Øeè posl. de Witteho (viz str. 65 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Die zur Beratung stehende Regierungsvorlage mit dem schönen Titel "betreffend die Bewilligung der Rückerstattung der Umsatz- oder Luxussteuer und der Transportsteuer für Industrieexportunternehmungen" soll natürlich, wie jedermann weiß, in erster Linie ein Geschenk an das Zuckerkapital sein. Sie gehört aber außerdem auch noch in die Reihe jener berüchtigten èechoslovakischen Ermächtigungsgesetze; denn sie beginnt mit dem Satz: "Der Finanzminister wird ermächtigt". Wozu wird er ermächtigt? Industrie-, Exportunternehmungen oder Vereinigungen solcher Unternehmungen die Umsatzsteuer, die Luxussteuer, Transportsteuer usw. ganz oder teilweise zurückzuerstatten. Darüber zu entscheiden, in welchem Maße solche Steuern zurückerstattet werden, ist der Finanzminister und bei einzelnen Rückersätzen, soweit es sich um Transportunternehmungen handelt, auch noch der Eisenbahnminister, der dabei mit befragt werden muß, berufen. Aber das, was bezweckt wird, das ist ein wirtschaftlicher Protektionismus allerschlimmster Art. Riesengeschenke werden an Industrieunternehmungen gemacht und es ist für uns ein außerordentlich magerer Trost, daß die Durchführung in die Hände der èechoslovakischen Verwaltung gelegt wird. Aber durch diesen Regierungsantrag sind vor allem auch noch zwei Tatsachen ins grellste Licht gerückt worden, nämlich die eine, daß die wahren Herren der Èechoslovakischen Republik die Großbanken sind und daneben die andere, daß wir es hier mit einer Regierung zu tun haben, deren einzelne Parteien sich zwar ständig als Dienstknechte des Großkapitals, als Werkzeuge der Wucherer aller Nationen und Konfessionen betätigen, die aber auch - und ich werde dies nachher noch eingehender begründen durch eine geradezu beispiellose Demagogie, durch ebenso freche als plumpe Fälschungen des wahren Sachverhaltes, die Bevölkerung dupieren wollen. Es gibt heute wenige Staaten neben der Èechoslovakischen Republik, in denen das Volk dermaßen ausgebeutet und nach allen Regeln der Kunst gebrandschatzt wirt als hier; es dürfte aber auch kaum anderswo von den Dienstmannen seiner Ausbeuter derart zum Narren gehalten werden, wie es in der Èechoslovakischen Republik gang und gäbe ist. Es ist bekannt, daß der Finanzminister deshalb geht, weil auch er sicherlich ein Anwalt des Kapitalsprofites wie selten einer - glaubt, für diese durch den gegenwärtigen Regierungsantrag zum Ausdruck gebrachte Frivolität die Verantwortung nicht tragen zu können. Es ist weiter bekannt, daß die Zuckerherren drohten, den Zuckerpreis wieder um 60 Heller zu verteuern, wenn man ihnen dieses Geschenk nicht bewilligen würde. Und die Regierungsparteien gehen nicht den selbstverständlichen Weg, das Zuckerkartell zur Raison zu bringen. Sie ignorieren den sozial demokratischen Antrag auf Einführung der Zuckerzwangswirtschaft, unseren Antrag " den Zuckerzoll aufzuheben und damit dem Wucher und Machtdiktat des Kartells den Boden abzugraben. Die Regierungsmacht versagt. Die Herren, die gegen die Arbeiter so stark sind, knicken knieweich vor der Živnobanka zusammen und sie werden wieder zum Dienstknecht der unverschämtesten Wuchergelüste, die sich denken lassen. Wie sehr diese Zuckermagnaten der Regierungshilfe bedürftig gewesen sind, die ihnen in so ausgiebigem Maße zuteil werden soll, geht aus den Bilanzveröffentlichungen der Zucker industrie hervor. So betrug im letzten Jahre der Reingewinn der Zuckerfabrik Schoeller 8.2 Mill. Kè, bei 36 Mill. Aktienkapital, es haben die Aktionäre 20% Dividende erhalten und die Verwaltungsräte extra noch 600.000 Kè. Die Nestomitzer Zuckerraffinerie verteilte nach Abschreibung von 2,989.327 Kè noch immer 15% Dividende, die Schönpriesener Zuckerrafinerie hat allerdings nur 12 1/2 % - nur - ausgeschüttet, aber der Reingewinn hätte für die Verteilung einer Dividende von 27% gereicht. Nicht weniger als 2.6 Millionen Kè hat man dort zum Zwecke der Verschleierung des Riesengewinnes abgeschrieben, hauptsächlich wohl deshalb, damit der Schutz des Dividendenwuchers durch die Regierung dem Volke nicht klar zum Bewußtsein gebracht werde. So kann man die Liste fortsetzen. Es verdienten die Chropiner Zuckerraffinerie, die Launer landwirtschaftliche Zuckerraffinerie, die Peèeker Zuckerraffinerie, die Zuckerfabrik Sokolnitz je 10%, die Böhmische Zuckerindustriegesellschaft 17.5%, die Zuckerfabrik Mähr. Kromau 25%, die Troppauer Zuckerraffinerie 32.5% und die Zuckerfabrik Schlapanitz gar 40% Dividende. (Výkøiky posl. Grünznera.) Die Aussiger und die Nestomitzer würden, noch höhere Gewinne ausweisen, wären sie nicht so stark verschuldet und müßten sie nicht außer dem Reingewinn noch jährlich Millionen verdienen, um die Zinsen der Bankschulden zu bezahlen. Würden die Fabriken die Schulden abstoßen, wozu notwendig wäre, daß die Aktionäre das Aktienkapital, für das sie Dividenden beziehen, voll einzahlen. So würde z. B. bei der Aussiger Zuckerraffinerie noch ein Mehrgewinn von 8.2 Mill. Kè zu verzeichnen sein. (Posl. Kaufmann: Es sind doch dieselben Herren, die die Zinsen einstecken!) Gewiß, sie verdienen zweimal, einmal die Dividende des Aktienkapitals der Fabrik und außerdem noch ihre Dividende bei der Bank.

Aber das alles ist allgemein bekannt, und natürlich auch den Regierungsparteien. Aber diese Patentchristen, die den Kriegskrüppeln die Rente abbauen und die Kriegswaisen und Kriegswitwen hungern lassen müssen, weil der Staat kein Geld hat, ihre berechtigten dringenden Forderungen zu honorieren, die sind ohne weiters bereit, Millionen, mit denen man das Los der Kriegsopfer erleichtern könnte, den Dividendenjägern in den Schoß zu werfen. Ich erinnere daran, daß wir hier seinerzeit beantragt haben, daß man die Anmeldefrist für jene Kriegsrentner, die ihre Anmeldung verspätet eingebracht haben und deshalb mit ihren berechtigten Ansprüchen abgewiesen wurden, neuerdings auflegen möchte, wir haben darauf hingewiesen, daß es heute Tausende von Kriegswitwen gibt, die keine Rente beziehen, weil ihr Gesuch seinerzeit verschmissen wurde, wir haben darauf hingewiesen, daß Zehntausende von Kriegerwaisen, deren Vormund versäumte, das Gesuch rechtzeitig einzubringen, heute hilflos dastehen, und wir haben an die Regierungsmehrheit appelliert, sie möchte einer Neuauflage der Fristen zustimmen, sie möchte unseren diesbezüglichen Antrag annehmen, damit diesen Allerärmsten, denen man den Ernährer weggeschossen hat, geholfen werden könne; sie haben aber mit der Achsel gezuckt und erklärt, sie seien dazu leider nicht in der Lage, es blute ihnen zwar das Herz, aber sie könnten nicht, weil das notwendige Geld nicht in der Kasse vorhanden sei. Es hat damals geheißen, daß man, um alle Wünsche befriedigen zu können, eine Summe von etwas über 100 Mill. Kè brauchen würde. Ich weiß nicht, ob diese Rechnung nicht übertrieben ist; aber nehmen wir an, es wären 100 Mill. Kè gewesen: mit diesen hätte man Zehntausenden von Menschen, die ein volles Anrecht auf diese Unterstützung haben, einigermaßen helfen können; aber man hat erklärt, man habe dazu das Geld nicht. Aber einen höheren Betrag gibt man ohne weiters diesen Dividendenjägern, Leuten, die 25 bis 40% auch ohne dieses Geschenk verdienen. Deutlicher als an dieser Gegenüberstellung läßt sich dieses Christentum nicht charakterisieren, wie es im Verhalten unserer Christlichsozialen und Regierungsparteiler zum Ausdruck kommt. (Výkøiky na levici.)

In diesem Staate, in dem der Reallohn der Arbeiterschaft nicht einmal die Hälfte des in London gezahlten erreicht, wo der Lebensstandard der arbeitenden Bevölkerung unter der Hälfte des Lebensstandards des englischen Arbeiters steht, leistet sich die Regierung noch eine Preistreiberei nach der anderen. Dieser Bürgerblock, nur von Wuchergelüsten zusammengeschweißt, hat Mehl, Brot und Fleisch verteuert und zu einem seiner ersten Werke gehört die Erhöhung der Zuckersteuer. Die Herrschaften wollen dessen nicht mehr gewahr sein und legen keinen Wert darauf, daß die Bevölkerung daran erinnert werde. Aber es muß ihnen heute noch einmal nachgesagt werden, daß das eines ihrer ersten Werke war; und dabei ist der Zuckerpreis bei uns schon ein unerhörter. Ich möchte nur folgende Gegenüberstellung vornehmen, aus der hervorgeht, wie hier die Bevölkerung ihren Bedarf an Zucker, trotzdem wir in einem der zuckerreichsten Länder Europas leben, nicht decken kann und wie hier der Zuckerpreis hoch geschraubt wird. Es kostet èechoslovakischer Zucker in England 4.30 Kè, in Österreich 4.75 Kè, in der Schweiz 3.60 Kè, in der Èechoslovakischen Republik aber kostet èechoslovakischer Zucker 6 1/2 Kè pro kg. Selbstverständlich, daß auch die Konsumziffer in der Èechoslovakei eine unverhältnismäßig niedrige sein muß. In England werden 38 kg Zucker pro Jahr und Kopf verbraucht, in Dänemark 44 kg. Das sind Länder, in denen der Fleischkonsum wesentlich höher ist als bei uns und wo infolgedessen die dringende Notwendigkeit nicht besteht, Zucker zu dem Zwecke zu genießen, um den Körper heizen zu können. In der Èechoslovakei aber kann sich die Bevölkerung im Durchschnitt pro Kopf und Jahr nur 26 kg leisten, also um 18 kg weniger als in Dänemark und um 12 kg weniger als in England.

Aus dieser Gegenüberstellung folgt nicht allein, daß durch die übertriebenen Zuckerpreise der Èechoslovakei und das niedrige Lohnniveau die Menschen genötigt sind, ihren Kaffee ohne entsprechende Zuckerquantum zu trinken, sondern auch noch anderes. Die Zuckerindustrie schreit um Hilfe. Die Zuckerindustrie schreit deshalb um Hilfe, weil der Zuckerexport nach England voraussichtlich, wie sie meint, durch den Zoll, den England heute auf èechoslovakischen Zucker einhebt, zurückgehen würde, aber der Rückgang dieses Zuckerexports konnte wettgemacht werden im Inland durch Erhöhung des Inlandskonsums, es könnte das, was durch den englischen Einfuhrzoll auf èechoslovakischen Zucker unserer Zuckerindustrie eventuell an Exportausfall entsteht, durch Hebung des Inlandskonsums wettgemacht werden. Aber dieser Weg, der mit einer Herabsetzung des Zuckerpreises verbunden sein müßte, wird nicht gewählt. Es würde auch wahrhaftig den Tendenzen dieser Regierung nicht entsprechen. Es würde außerhalb der Wucherlinie liegen, die unter dem Regime des Bürgerblocks maßgebend sein muß. Es läge auch nicht im Profitinteresse der Banken, die am Zucker ungemein verdienen wollen. Der èechische Sozialdemokrat Dr. Macek hat unlängst im "Právo Lidu" einen sehr interessante Aufsatz veröffentlicht, in dem er von den riesigen Gewinnen erzählt, die die Banken aus dem Zuckergeschäft machen können. Er weist danach: Wenn eine Bank für eine Raffinerie Rohzucker einkauft, so hebt sie 15 bis 20 Heller für einen Zentner speziell für sich ein. Wenn sie Rohzucker für die Fabrik verkauft, rechnet sie abermals eine Provision. Die größte Provision hat sie allerdings beim Verkauf des raffinierten Zuckers, nämlich 5/4 bis 6/4%, das ist 8.20 bis 8.64 Kè für einen Meterzentner Kristallzucker. Von dem gesamten Umsatz rechnet die Bank ungefähr 2 Promille Provision und außerdem, was für dieses Hyänentum besonders bezeichnend ist, versucht die Bank sogar noch Provisionen an den Staatssteuern zu verdienen. Damit das alles so bleibt, deshalb müssen wir den überteuerten Zucker kaufen, müssen unseren Zuckerkonsum ungebührlich einschränken und noch den Großverdienern ein Steuergeschenk in einem solchen Ausmaß machen, wie es in dieser Regierungsvorlage verlangt wird. Ich habe schon gesagt, daß diese gegenwärtige Regierungsmehrheit sich nicht nur dadurch auszeichnet, daß sie den Reichsten ununterbrochen Geschenke auf Kosten der Armen macht. Auch noch durch ein anderes, daß sie nämlich mit einer Demagogie arbeitet, die heute sonst nirgendsmehr landesüblich ist. Es ist geradezu grotesk, wie diese Regierungsparteien und natürlich die Christlichsozialen voran das Volk, das sie durch ihre Knechtseligkeit gegenüber dem Zuckerkartell so schwer schädigen, auch noch übertölpeln wollen. Nun möchte ich mir erlauben, für diese Behauptung auch sofort den Wahrheitsbeweis zu erbringen. Am 29. April d. J. hat die christlichsoziale "Deutsche Presse" in einem Artikel "Neuerliche Zuckerteuerung?" sich bereits entschieden dagegen ausgesprochen, daß ein eventueller Exportrückgang der Zuckerindustrie durch eine Erhöhung des Inlandspreises für Zucker paralysiert wird. Es heißt in dem Artikel wörtlich: "Es hat den Anschein, als soll durch gewisse Übertreibungen der letzten Tage die Bevölkerung mürbe gemacht werden, um sich so leichter eine neue Preiserhöhung für Inlandszucker gefallen zu lassen. Nur Direktor Hartmann von der Böhmischen Zuckerindustrie A. G. hat diese Absicht durchblicken lassen, aber wir wissen, daß solche Absichten im Zuckerkartell immer auf Verständnis stoßen. Deshalb ist es am Platze," heißt es im Hauptorgan der deutschen christlichsozialen Volkspartei, "schon heute auf das Verfehlte einer solchen Maßnahme hinzuweisen. Erstens könnte durch eine Inlandspreisverteuerung ein eventueller Entfall im Export nach England nicht wettgemacht werden, anderseits müßte man im Gegenteil alles tun, um den inländischen Zuckerkonsum, der seit der letzten Preiserhöhung erschreckend zurückgegangen ist, zu heben." Das war schon am 29. April und damit sollte die Leserschaft der christlichsozialen Presse in den Glauben versezt werden, daß ihre Partei sich einer neuerlichen Verteuerung des Zuckers widersetzen würde. (Posl. Kaufmann: Sie spielen jetzt gern die Oppositionellen!) O, Herr Kollege, es kommt noch wesentlich ärger, das ist das Erste, was die christlichsoziale Pressen in dieser Beziehung von sich gegeben hat. Als dann der September kam, wurde die Sache toll und ich möchte sagen, von Tag zu Tag immer toller. Am 2. September hat die "Deutsche Presse", das christlichsoziale Hauptorgan, unter einer großen Überschrift einen Artikel gebracht: "Hart bleiben." Wir werden ja sehen, wer da hart geblieben ist. Hart bleiben? Warum? Der Zucker darf nicht teuerer werden. "Morgen," heißt es in dem Artikel, "tritt der Ausschuß des Zuckerkartells zusammen, um, wie er angekündigt hat, seine Beschlüsse zur Beseitigung der Krisenerscheinungen in der Zuckerindustrie zu fassen. Eine der Absichten besteht darin, den Inlandszuckerpreis zu erhöhen, um dadurch die Konkurrenzfähigkeit auf den Auslandsmärkten zu bessern. Nun hat die Regierung und die Parlamentsmehrheit ihren einmütigen Willen kundgetan, eine Preiserhöhung nicht zuzulassen." So wird die Wählerschaft dieser Herren zum Narren gehalten und gefoppt. Diese Regierung, die heute diese Vorlage einbringt, hat einmütig beschlossen, eine Erhöhung des Zuckerpreises nicht zuzulassen und da sagt die "Deutsche Presse": "Diese Willenskundgebung war zeitgemäß und gerechtfertigt." Ja, sie wäre es gewesen. Wenn sie bestanden hätte, wenn sie nicht nur auf dem christlichsozialen Papier gestanden hätte, wenn es nicht Lug und Trug gewesen wäre, Falschmünzerei, was die christlichsoziale Presse hier vor sich gegeben hat. Weiter heißt es in dem Artikel.... (Výkøiky posl. Blatné.) Es ist nicht das Ärgste, es kommt noch viel dicker.

"In Nr. 165 der "Deutschen Presse" vom 20. Juli d. J. schrieben wir, als erstmalig Gerüchte über geplante Preiserhöhungen für Inlandszucker auftauchten: Wir sind jederzeit für gerechte Forderungen jeglichen Standes und jedes Produktionszweiges eingetreten und werden es auch weiter tun." (Posl. Katz: Vor allem für die Zuckerbarone!) Vor allen Dingen nicht, wenn diese Forderungen von Arbeitern erhoben werden, dann sind sie eben leider nicht gerecht, oder man kann beim besten Willen den Forderungen der Arbeiter nicht entsprechen. "Jederzeit," heißt es wörtlich weiter, "werden wir uns aber auch gegen eine weitere Verteuerung der Lebenshaltung der breiten Schichten stellen. Bisher haben wir nicht den Eindruck und die Überzeugung gewinnen können, daß die Forderungen der Zuckerindustrie genügend begründet wären, bzw. den einzig möglichen Weg beinhalten, auf dem eine Lösung der Krise herbeigeführt werden kann." Weiter heißt es in dem Artikel wörtlich: "Die Hypertrophie der Zuckerfabriken in der Èechoslovakei hat durch die abenteuerlichen Pläne und Wünsche auf Sonderbehandlung einen schlagenden Beweis erhalten. Das Problem wird nicht gelöst werden können und die Volkswirtschaft keine dauernde Erleichterung erfahren, wenn man sich nicht früher oder später, hoffentlich nicht zu spät, zu der notwendigen Operation entschließt." Das ist also schon die Ankündigung der Christlichsozialen eine großzügige Handlung gegen die Preistreiberei des Zuckerkartells zu unternehmen. Sie sprechen von der notwendigen Operation, zu der man sich entschließen müsse und wie sie sich dann zu dieser notwendigen Operation gestellt haben, wird noch weiter zu sagen sein.

"Fürs erste," sagen sie hier wörtlich, "muß vor allem der Regierung zugerufen werden: Hart bleiben! Der Zucker darf nicht teurer werden." Das rufen sie der Regierung zu, in der sie selber sitzen, in der ihr èechischer Parteifreund stellvertretender Ministerpräsident augenblicklich ist und das Amt des Vizepremiers ausübt. Das rufen sie der Regierung zu, in der Herr Mayr-Harting sitzt. "Hart bleiben! Der Zucker darf nicht teurer werden. Die Regierung darf sich auch nicht dem Versuche eines Oktrois durch eine mäßige Preiserhöhung, wozu an und für sich die gegenwärtige Form der Zuckerbewirtschaftung dem Kartell leider die Möglichkeit gibt, beugen, weil eine Erhöhung des Zuckerpreises gemessen an den Produktionskosten gänzlich ungerechtfertigt wäre. Also kein Oktroi des Zuckerkartells, die Regierung darf sich nicht beugen, muß hart bleiben, der Zucker darf nich teurer werden und auch eine mäßige Erhöhung des Zuckerpreises ist nicht gerechtfertigt und könnte unter keinen Umständen geduldet werden." So wörtlich in der "Deutschen Presse", im christlichsozialen Hauptorgan, vom 2. September 1928. Und so geht die Sache fort. Am 9. September erschien ein Artikel (ukazuje noviny), bitte das anzusehen, diese Riesenlettern: "Im Ringeltanz der Preisverteuerung." So werden diesen armen bedauernswerten Menschen, die sich diese Zeitung halten und aus der sie ihre ganze politische Weisheit beziehen, hier zum besten gehalten. Es heißt: "Sollte der Ringeltanz der Preisverteuerung ungehindert weiter gehen, ist damit zu rechnen, daß die ganze Stabilität des Wirtschaftsleben über den Haufen geworfen wird. Lohn- und Gehaltsforderungen werden kommen, weil es ja nicht angeht, daß der arme Lohnempfänger alles auf seinen Rücken austrommeln läßt, zumal er an und für sich bereits um die nackte Existenz einen verzweifelten Kampf führt. Wir erwarten, daß die Regierung die angekündigten Maßnahmen, die der Preistreiberei ein Ende setzen sollen, mit aller Beschleunigung und Energie durchführe." Das erwarten sie von ihrer Regierung.

Und gleich darauf am 12. September, wieder die große Aufmachung im christlichsozialen Hauptorgan: "Kein Zurückweichen vor dem Preiswucher! Gegen ein faules Kompromiß. Heute beginnen die angekündigten Verhandlungen zwischen den Vertretern der Regierung und des Zuckerkartells wegen Bereinigung der durch die eigenmächtige Preiserhöhung geschaffenen unhaltbaren Lage. Einzelnen Blättern zufolge gibt man sich in interessierten Kreisen der Zuckerindustrie der Hoffnung hin, daß das Ergebnis der Verhandlungen umfassende Maßnahmen zur Beseitigung der drohenden Krise der Zuckerindustrie sein werden, daß aber andererseits die Zuckerindustrie nur einen Teil der Preiserhöhung werde rückgängig machen müssen, daß die verbleibende Zuckerverteuerung 20 bis 30 Kè per Meterzentner ab Fabrik sein werde." Und fett gedruckt heißt es nun: "Mag auch ein Teil der Regierungserklärung des Herrn Dr Šrámek eine andere Interpretierung ermöglichen" - als die Schreiber der christlichsozialen Presse nämlich darzustellen sich bemüht haben - "so stehen wir doch nicht an, unumwunden zu erklären, daß die Regierung ein faules Kompromiß zurückweisen werde. Jedenfalls erscheint es ausgeschlossen, daß sich die parlamentarische Vertretung der deutschen christlichsozialen Volkspartei mit einem solchen identifizieren und es decken könnte." Ausgeschlossen, daß die christlichsoziale Partei einem faulen Kompromiß zustimme, ausgeschlossen, daß sie auch nur einer Verteuerung um 25 Heller zustimme, ausgeschlossen, daß sie sich dazu bereit erklären könnte, der Industrie Steuergeschenke zu machen, alles, alles ausgeschlossen! Und dabei haben die Leute doch alles das bis heute mitgemacht, das ganze faule Kompromiß mitgetätigt, und sind augenblicklich bereit, für die Vorlage zu stimmen, haben es bereits im Ausschuß getan und sind dafür, daß diese Riesengeschenke aus Steuergeldern den Zuckerindustriellen zugeworfen werden. Ich glaube ärger kann man von der Wahrheit nicht mehr abweichen, ärger kann man mit dem, was man erklärt, nicht im Widerspruch zur Wirklichkeit stehen, ärger kann man es nicht treiben, der Bevölkerung ein X für ein U vorzumachen, wie es hier im Hauptorgan der christlichsozialen Volkspartei geschehen ist. (Posl. Kaufmann: Du sollst nicht lügen!) Nun, da kämen Sie schön weit, mit dem was Sie den Leuten erzählen. Ich habe in Straßburg im Elsaß ein kleines Gäßchen gesehen, das einen ganz merkwürdigen Namen aus alter Zeit trägt. Es heißt nämlich: "Wo der Fuchs den Enten predigt." Ich glaube den Vorschlag machen zu sollen, jede Gasse, in der sich eine christlichsoziale Redaktion befindet, mit diesem Namen zu belegen.

Und weiter heißt es in dem gleichen Artikel des christlichsozialen Blattes: "Der Bevölkerung ist nicht gedient mit Regierungserklärungen allein, Daten müssen reden! Zucker, Kohle und Fleisch sind Massenartikel, in denen die Regierung keine Preispolitik seitens der Produzenten und des Handels dulden darf, die einem Raubbau an der Kraft der Bevölkerung gleichkommt". Mit der christlichsozialen Vergangenheit das zu schreiben, ist eine Kühnheit sondergleichen, nachdem die christlichsoziale Partei diesem Raubbau an der Bevölkerung ununterbrochen zugestimmt hat, und die Christlichsozialen gar nicht in der Regierung sitzen würden, wenn sie nicht durch gemeinsamen Raubbau mit den anderen Bürgerblockparteien in diese Regierung hineingetrieben worden wären. Aber gemessen an dem, was sie augenblicklich vorhaben, und seit diesem Tage, seit dem 12. September noch in der Zuckerfrage gemacht haben, muß man das, was sie hier geschrieben haben, wirklich als eine Unerhörtheit bezeichnen. In der "Deutschen Presse" vom 12. September heißt es dann weiter: "Damit dies geschehe, hat die christlichsoziale Volkspartei die Mitverantwortung in der staatlichen Verwaltung übernommen. Geschieht dies aber nicht," d. h. also geschieht ein faules Kompromiß mit der Zuckerindustrie, "wird es zur Zuckerpreiserhöhung kommen, bekommen die Zucker industriellen das große Geschenk aus Steuermitteln, dann" - so schreibt das Blatt "muß die deutsche christlichsoziale Volkspartei wohl erwägen, ob sie die Mitverantwortung weiter tragen kann". Sie hat erwogen. Sie trägt die Mitverantwortung. Sie bleibt schön drin und dokumentiert damit, daß sie im vollen Bewußtsein und in der Erwartung, daß sie diesen Schritt gehen werde, der Bevölkerung einfach einen Schmäh erzählt hat, daß sie die Bevölkerung genarrt hat.

Dann wird die Zeitung einen Tag wieder ruhig, kommt aber dann wieder mit einem großen zweispaltigen Titel am 14. September "Folgen des Wuchers". Darin heißt es: "In einer am Mittwoch in Aussig stattgefundenen Sitzung der deutschen christlichsozialen Volkspartei wurde unter Vorsitz des Postoberdirektors Znamínka nach einem Referat des Sekretärs Roller einstimmig eine Entschließung angenommen, in der gegen die Preiserhöhung beim Zucker und die dadurch ausgelöste Teuerungswelle scharfer Protest eingeleitet wird. Der Reichsparteileitung, dem parlamentarischen Klub sowie der "Deutschen. Presse" wurde Dank gezollt für die unzweideutige Stellungnahme gegen die Urheber der Teuerung". Man muß sich vorstellen, was man den Menschen zumutet. Da sitzen die Herrschaften in einer Sitzung beisamen, die Christlichsozialen, ich weiß nicht welcher Unterkörper der Partei es war, der in Aussig tagte, da reden sie über Teuerung, über die Zuckerpreiserhöhung, die mit Zustimmung des christlichosozialen Ministers gemacht worden ist, mit Zustimmung der christlichsozialen Partei gemacht worden ist, erklären, daß die unerträglich ist und drücken der Reichsparteileitung und dem parlamentarischen Klub, der sie mit verschuldet hat, Dank und Vertrauen aus, drücken Dank und Vertrauen der "Deutschen Presse" dafür aus, daß sie in solches Lügenmanöver ausgeführt hat. (Posl. Kaufmann: Selig sind die Armen!) Es gehört aber eine tüchtige Portion Armut dazu, Armut im Geiste - das kann es wohl nicht sein denn ein Blinder sieht, was vorgeht, es muß Armut an etwas anderem sein, eine Armut an Moral, Armut am Charakter. Die glaube ich, kommt hier zum Ausdruck. Aber wenn Sie glauben, daß all das nicht mehr zu überbieten sei, was Sie da hören, so haben Sie sich getäuscht. Am 25. September erscheint abermals die "Deutsche Presse", das christlichsoziale Blatt, mit einem Artikel, der sich betitelt "Schärfste Verurteilung der Zuckerverteuerung, für vollständige Widerrufung". Darin heißt es: "Sonntag, den 23. September fand in Karlsbad eine erweiterte Kreisleitungssitzung der deutschen christlichsozialen Volkspartei im Karlsbader Wahlkreise statt." "An das Referat" -heißt es weiter "schloß sich eine zweistündige Wechselrede an, die Ergebnisse der Beratung wurden in folgender Resolution festgelegt, welche von den Anwesenden einstimmig angenommen wurden." Der Herr Mayr-Harting hat also auch für diese Resolution mitgestimmt, ebenso wie alle anderen christlichsozialen Herren, die in Karlsbad beisammen waren. Die Resolution lautet: "Die erweiterte Kreisleitungssitzung des Kreises Karlsbad verurteilt in schärfster Weise die von der Zuckerindustrie diktierte und unbegründete Preiserhöhung als schwerste Schädigung breitester Volksschichten und als Anlaß zu einer Reihe ebenso unbegründeter Preiserhöhungen lebenswichtiger Artikel. Die Kreisparteileitung begrüßt aufrichtig die entschiedene Stellungnahme der Kreisparteileitung, des Klubs der christlichsozialen Parlamentarier und der christlichsozialen Presse gegenüber diesem Kreisdiktat und erwartet von den christlichsozialen Parlamentariern, daß die mit allen Mitteln den ehebaldigsten und vollen Widerruf der Preiserhöhung herbeiführen und falls sie das in der gegenwärtigen Koalition nicht erreichen können, daraus die letzten Folgerungen ziehen." In Gegenwart des Herrn Ministers Mayr-Harting wurde also einstimmig beschlossen, daß absolut keine Preiserhöhung des Zuckers geduldet werden kann, daß die ganze Preiserhöhung restlos zurückgenommen werden müsse und daß wenn das nicht in diesem Sinne geschieht, die Christlichsozialen aus der Regierung und aus der Regierungsmehrheit auszutreten haben, der Herr Minister Mayr-Harting also, vom Regierungstisch zurückzutreten habe. So wird das beschlossen und heute haben sie diese Vorlage hier liegen.

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