Wie aber die Ermächtigung seitens der
Ministerien benützt wird, ist deutlich aus der jüngsten
Zuckergeschichte ersichtlich. Nach dem Grundsatze "Kleine
Geschenke erhalten die Freundschaft" und nach dem Grundsatz
"Eine Hand wäscht die andere", wobei nur leider
meistens beide Hände schmutzig bleiben, hat man der Zuckerindustrie
Millionengeschenke auf Kosten der inländischen Konsumenten
gemacht. Was liegt daran, daß in unserem Industriegebiet,
wo die Bevölkerung zumeist als Nahrung nur Erdäpfel
und Kornkaffee kennt und wo heuer infolge der schlechten Erdäpfelernte
die Notlage jetzt schon sehr groß ist, die Zuckerteuerung
umso schwerer empfunden wird, als sie eine ganze Reihe weiterer
Verteuerungen nach sich zieht? Auch für den kleinen Beamten,
den Handwerker und den Pensionisten, kurz für uns alle, die
mit einem beschränkten Einkomnen, mit jedem Kreuzer rechnen
müssen, ist die Verteuerung geradezu katastrophal. Aus wessen
Tasche geht denn letzten Endes das Geschenk an die Zuckerindustrie?
Doch wieder nur aus den Taschen der Steuerträger, die für
das durch die Schenkung entstandene Defizit aus ihren Taschen
aufkommen müssen. Denn wenn irgendein kleiner Handwerker,
irgendein kleiner Betrieb bei irgendeinem Steueramt noch so genau
und richtig seine Umsatzsteuer verrechnet, so wird ihm doch trotzdem
die Steuer bedeutend hinaufgesetzt. Das nennt man dann eine Maßregel
zur Hebung der Steuermoral, weil man den armen Teufel zwingt,
falsch anzugeben, wenn er nicht mehr bezahlen soll, als ihm von
Rechts wegen zukommt. Warum gibt man der Zuckerindustrie? Es gibt
doch so viele andere Industrien! Ich verweise da auf Gablonz u.
s. w. Wird da vielleicht auch ein Unterschied gemacht,
daß es sich bei einzelnen Industrien um ausgesprochen deutsche
Industrien handelt? Vor einiger Zeit ging durch die èechischen
Blätter eine Meldung, daß die Zuckerindustrie für
èechische kulturelle und soziale Zwecke, ebenso auch für
nationale Zwecke 66 Mill. Kè gespendet hat. Ja, kleine
Geschenke erhalten die Freundschaft! Waren vielleicht auch die
5 Mill. Kè, von denen man vor kurzem in einem Aufsehen
erregenden Prozeß gehört hat, die seitens der Industrie
einer Partei gespendet wurden, aus derselben
Quelle? Oder kamen die enormen Wahlgelder, von denen gestern hier
gesprochen wurde, vielleicht auch von dort her? Ja, ist dann eine
Industrie, die sicht etwas derartiges leisten kann, wirklich so
notleidend, daß man deshalb alle übrigen doppelt belasten
muß? Ich fürchte, all das wird kaum ausreichend sein,
uns den Kaffee zu versüßen, ich glaube er wird besonders
uns Deutschen in diesem Staate immer bitter schmecken. Ich glaube,
es genügt dies eine Beispiel. Übrigens wurde ja von
dieser Stelle und in allen Zeitungen hinlänglich über
die Zuckersache gesprochen und geschrieben, um die Frage, ob die
Regierung hinlänglich Vertrauen verdient, um ein Gesetz wie
das vorliegende annehmen zu können, mit Nein zu beantworten.
An dieser Stelle hat unlängst ein deutscher
Regierungspolitiker erklärt, seine Partei lasse sich das
Recht der Kritik nicht nehmen und er kam danach zu dem Schlusse,
die von ihm in Grund und Boden soeben kritisierte Vorlage, es
war der Jahresvoranschlag, der als dem deutschen Rechte abträglich
bezeichnet wurde, trotzdem anzunehmen, weil damit der gute Wille
zur Mitarbeit gezeigt würde. Wir von unserem Standpunkt aus
bedanken uns für einen solchen, die Deutschen schädigenden
guten Willen der deutschen Regierungsparteien. Sie werden
natürlich den Befehlen der Osmièka gehorchen, abermals
ihren guten Willen zeigen und uns neuerdings der Willkür
der Machthaber ausliefern. Ich hoffe, daß die Herren Regierungspolitiker
vielleicht bei den bevorstehenden Wahlen die Antwort der deutschen
Frauen erhalten, die, der neuen Teuerungswelle
preisgegeben, ihren Kindern kaum mehr das Notwendigste an Nahrung
reichen können. Von meinem Hausfrauenstandpunkt aus verurteile
ich es auf das schärfste, daß man darangeht, durch
die heutige Vorlage der Regierung die Möglichkeit an die
Hand zu geben, so wie den Zucker auch noch eine Reihe anderer
Handelsartikel des inländischen Konsums zu verteuern und
hierdurch die Lebensverhältnisse besonders in unserem deutschen
Gebiet noch mehr zu verschlechtern. Auch wir lassen uns das Recht
des Parlamentariers auf Kritik keinesfalls nehmen, aber wir haben
andere Begriffe von Logik und erklären: Das vorliegende Gesetz
beinhaltet keineswegs einen ausreichenden Schutz der deutschen
Industrie, sondern kann in der Hand einer nicht vertrauenswürdigen
Regierung durch die unobjektive Handhabung zu einer direkten Gefahr
der deutschen Wirtschaft werden. Das Gesetz ist unzureichend,
die Regierung besitzt keinesfalls unser Vertrauen, daher wird
meine Partei gegen die Vorlage stimmen. (Potlesk
poslancù nìm. strany národní.)
Hohes Haus! Ich habe mich zu dem Inhalt des
vorliegenden Gesetzesantrages Druck 1686, betreffend Bewilligung
der Rückerstattung der Umsatz- und Luxussteuer und der Transportsteuer
für Industrie- und Exportunternehmungen, schon einigemale
geäußert, zuletzt geschah dies in meiner, der Besprechung
der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Staates
dienenden ausführlichen Rede vom 3. Juli 1928. Gerade in
dieser Rede stellte ich als meinen Standpunkt auf, daß der
Staat nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sein kann,
einer notleidenden Industrie in Form von Subsidien Hilfe zu bieten.
Das ist ein Standpunkt, der in der Praxis tatsächlich in
jedem Industriestaate gehandhabt wird, fallweise auch bestimmten
Teilen der Industrie gegenüber. Wir sehen diese Praxis in
Staaten umso mehr, je mehr sie Industriestaaten sind. Ich will
nur auf einen Fall hinweisen, der hierfür außerordentlich
illustrativ ist: auf England. Die neue Handels- und Industriepolitik
Englands ist geradezu aufgebaut auf einem System von Subsidien,
womit einerseits den notleidenden Industrien Hilfe, andererseits
gewissen Industrien Unterstützung im Konkurrenzkampf geboten
werden soll. Ich will die allgemeine Wirkung dieses Systems heute
nicht darstellen, ich will nur festgestellt haben, daß es
besteht und umso mehr gehandhabt wird in Staaten, je mehr diese
Staaten Industriestaaten sind, und daß es unter Umständen
ich darf es behaupten - gewisse Berechtigungen und Verpflichtungen
eines Staates geben kann, so vorzugehen.
Sachlich wäre somit gegen die Regierungsvorlage nichts einzuwenden.
Wenn die Regierung des èechoslovakischen Staates zur Einbringung
eines solchen Gesetzes schreitet, wird damit eigentlich nichts
außergewöhnliches getan, es geschieht nur etwas, was
auch in anderen Staaten geschieht. Wenn wir
uns trotzdem zur Kritik melden in dem Augenblicke, wo dieser Gesetzesantrag
beraten wird, so ist das auch nach dem Vorgesagten nicht unbegründet.
Es geschieht aus gewissen Umständen heraus, aus denen der
Regierungsantrag geboren wurde, es geschieht aus gewissen Verhältnissen
heraus, in denen dieser Regierungsantrag wirkt, es geschieht aus
der zeitlichen Einbringung dieses Antrages heraus, wie auch aus
der Art seiner projektierten Anwendung, die nicht Gewähr
für eine national gleichmäßige Behandlung der
verschiedenen Industrieen gibt.
Meine Herren! Ich habe gesagt, wir kritisieren
den vorliegenden Regierungsantrag aus den bestimmten Gründen
seiner zeitlichen Einbringung heraus, aus den unmittelbaren Ursachen,
aus denen dieser Antrag geboren wurde, wie auch aus der Art seines
bestimmten Inhalts.
Es darf ohne Zweifel behauptet werden, daß
der vorliegende Gesetzesantrag aus der Zuckerkrise herauswuchs,
aus keiner anderen Krise einer Exportindustrie. Die heimische
Zuckerindustrie, das soll zugegeben werden, befindet sich in Auswirkung
der neuen englischen Zoll- und Finanzmaßnahmen ohne Zweifel
in einem geschädigten Zustand. Mit der Wirkung der Steuerbegünstigungen
des Antrages soll im besonderen die Zuckerindustrie entschädigt
werden. Man will diese Industrie für den Entfall ihres englischen
Exportes an raffiniertem Zucker, der schätzungsweise 3.25
Mill. q Raffinade im Jahr ausmacht, nicht nur in einem Maße
entschädigen, wie das immerhin begreiflich wäre, sondern
man will mit dieser Steuerbegünstigung die Zuckerindustrie
durchaus schadlos halten, und zwar so, daß ihr die letzten
Erschwernisse genommen würden, wie solche etwa aus der englischen
Zoll- und Finanzmaßnahme der letzten Zeit für diese
Industrie entstanden. Es könnte mir von Seite der Regierung,
die hinter diesem Antrage steht, entgegnet werden, daß das
ja in das Subsidiensystem der Industriestaaten falle. Aber es
darf und muß behauptet werden, daß dieser Regierungsantrag
aufzeigt, wie ein Subsidiensystem nicht beschaffen sein darf und
wie es nicht geführt sein soll. Das Subsidiensystem kann
zur Unterstützung der Industrien führen, es soll ihnen
auch einen aus irgendwelchen Gründen heraus entstandenen
Schaden mit Rücksicht auf das Können der Allgemeinheit
irgendwie korrigieren, es soll ihnen aber nicht, wie dies im Falle
der Zukkerindustrie geschieht, exorbitante Extragewinne garantieren,
die dann nur durch die Allgemeinheit dieser Industrie geleistet
und nur durch die Allgemeinheit aufgebracht werden können.
Dazu ist das Subsidiensystem, dessen Kosten
die Allgemeinheit begleicht, nicht gedacht. Es soll gewiß
eine Hilfe der Allgemeinheit für ein en Zweig des staatlichen
Lebens sein, der der Allgemeinheit in seinen guten Tagen diente,
aber die Allgemeinheit darf nicht zum Gewinne der Träger
eines Zweiges des staatlichen Lebens belastet werden. Das darf
nicht geschehen, auch wenn dieser Zweig des staatlichen Lebens
die Zuckerindustrie ist. Das war beiläufig auch der Tenor
meiner anfangs erwähnten Rede vom 3. Juli 1928, in der ich
das, was sich in diesem Regierungsantrag mit besonderer Rücksichtnahme
auf die Zuckerindustrie ergibt, voraussagte und davor warnte,
daß bei einer Hilfsaktion für diese Industrie, deren
geschädigten Zustand wir anerkennen, so maßlos vorgegangen
würde, daß aus einem geschädigten Faktor Millionen
geschädigte Menschen des Staates werden. Ich führte
damals in meiner Rede wörtlich an: "Man verlangt seitens
der Zukkerindustrie und in diesem Falle auch der Rübenbauernschaft
nicht nur eine Paralisierung der Schäden, die aus der Auswirkung
der englischen Zoll- und Finanzmaßnahmen heraus geschehen,
sondern wünscht hierbei entsprechende Gewinne zu machen."
Und ich führte damals weiter an, und die Entwicklung hat
mir Recht gegeben: "Wir kennen die Akteure solcher Politik,
aber wir sagen hier öffentlich, daß wir auf das schärfste
gegen ein solches Experiment protestieren, das die Kosten eines
Faktors, der hier entschädigt werden soll, in dieser Weise
auf die Allgemeinheit überwälzt." Was ich damals
sagte, ist eingetreten, zunächst einmal durch den Versuch
einer unmoralischen Erhöhung des Zuckerpreises für das
Inland und als das durch den Protest der Verbraucher unmöglich
wurde, durch ein Äquivalent in der Form der ebenso schwer
für die Allgemeinheit wirkenden Steuersubsidien. Wir können
von hier aus den Verbrauchern deutlich sagen, daß auch diese
Steuersubsidien, die der Zuckerindustrie zugute kommen, von ihnen
geleitet werden müssen und daß sie eigentlich die verbrämte
Bezahlung jenes inländischen Zukkerpreises darstellen, welcher
im Proteststurm der Verbraucher abgewehrt werden konnte.
Wir wenden uns, wiederhole ich, nicht gegen
die Unterstützung einer notleidenden Industrie in einem beschränkten
Ausmaße, die dazu dient, einer Industrie zu helfen, die
in guten Tagen tatsächlich der Allgemeinheit etwas leistete,
wir wenden uns nicht gegen eine solche maßvolle Berücksichtigung
einer Industrie in Not, aber das, was der Zuckerindustrie an Geschenken
gegeben werden soll, ist im Verhältnis zur Not dieser Industrie,
ich will es nun schon einmal so aussprechen, etwas ganz und gar
Maßloses und muß unseren Protest auslösen. Was
sind die Gründe für die Benevolenz der Regierung in
der Behandlung der Zuckerindustrie? Fanden wir eine solche Benevolenz
der Regierung schon einmal gegenüber anderen notleidenden
Industrien? Wir haben in den Tagen des Bestandes des èechoslovakischen
Staates so manche Krisen von Industrien erlebt, die nicht gerade
im Innern des Staates plaziert waren, sondern an der Peripherie
des Staates, die Textilindustrie, die Glasindustrie,
die Kohlenindustrie usw. Aber ich frage Sie, ob jemals in der
Notlage auch nur einer Industrie, die sich plaziert findet im
sudetendeutschen Siedlungsgebiet, die Regierung so willfährig
war, ob sie in der Notlage, die in den Jahren 1920 bis 1923 für
andere Industrien bestand, so entgegenkommend war, wie sie sich
von Anfang an bereit hielt, der Zuckerindustrie entgegen zukommen?
Das ist die Frage, die in diesem Hause aufgestellt werden muß
und die mit nichts anderem beantwortet werden kann, als mit einem
glatten Nein! Da müssen wir freilich den Schleier lüften,
die Gründe, die hierfür bestehen, der Öffentlichkeit
bekanntgeben, etwa einen Unterschied zu machen im Verhältnis
der Regierung zur Zuckerindustrie und zu einer anderen Industrie,
auch wenn diese Industrie, ich will es offen zugestehen, nicht
etwa im deutschen Siedlungsgebiet läge und nicht ausschließlich
deutsch wäre. Was führt die Regierung zu dieser außerordentlichen
Bereitwilligkeit dieser Zuckerindustrie gegenüber? Lassen
Sie uns doch diese Frage einmal ganz klar beantworten vor aller
Öffentlichkeit, damit diese über gewisse Vorgänge,
die durchaus unhaltbar sind, Aufklärung erfährt. Der
wahre Grund der Benevolenz der Regierung der Zukkerindustrie gegenüber
ist der, daß sich die Regierung in dieser Benevolenz selbst
Subsidien schafft. Die Zuckerindustrie und die heutige Regierung,
das muß gesagt werden, sind nahezu eins. Die Exponenten
dieser Industrie sitzen in der Regierung und bestimmen die Handlungen
derselben in einer Weise, die aller Inkompatibilität, die
wir gesetzlich festgelegt haben, Hohn spricht. Nur ein Beweis.
Seinerzeit wurden die Rübenbauern vom Herrn Minister Udržal
zur Regierung geführt. Derselbe Minister
Udržal ist aber ein Teil
der Regierung und es ist doch selbstverständlich, daß
wenn er, dieser Teil der Regierung, zur Regierung fordern kommt,
in der Regierung als ein Teil sitzend, die Regierung sehr wohl
verhalten wird, seiner eigenen Forderung, die er der Regierung
gestellt hat, Nachdruck zu verleihen. Hinter der Zuckerindustrie
steht die Živno und der Wortführer der Koalition Dr
Kramáø. Wundern wir uns
also nicht, daß die Zuckerindustrie nur ganz leise eine
Forderung auszusprechen braucht, um sie dann bis zum letzten I-Punkt
erfüllt zu bekommen. Wenn die Öffentlichkeit sich bisher
in Unkenntnis der Beziehungen dieser Industrie mit der Regierung
befand und manche Handlung der Regierung nicht begriff, dann soll
durch diese Darlegungen der Zusammenhang zwischen Zuckerindustrie
und Regierung aufgezeigt worden sein.
Jede Anständigkeit, die sich noch in der
Regierung befand und sich anschickte, einem solchen Vorgang gegenüber
zu opponieren, wird umgebracht, wie das aus dem Fall des Finanzministers
Engliš klar hervorgeht. Wir weinen dem Herrn Finanzminister
keine Träne nach. Für uns ist er der Schöpfer des
Gemeindefinanzgesetzes, durch das die Finanzhoheit der deutschen
Gemeinden zerbrochen worden ist. Aber auch bei diesem unserem
Verhältnisse gegenüber dem Herrn Finanzminister Engliš
soll gesagt sein, daß er an seiner Anständigkeit
in der Regierung zugrunde gegangen ist. Er, der mit dem Gemeindefinanzgesetz,
mit der Steuerreform und anderen Finanzgesetzen den Faktoren,
die ihn mit der Peitsche zu weiteren Maßnahmen für
ihre Taschen antrieben, willfährig war, wollte doch dieses
System der Regierung, die endlose Förderung dieses Systems
der Auspowerung der Allgemeinheit zugunsten der Taschen einiger
weniger nicht mitmachen. Das wollen wir heute unbeschadet unserer
sonstigen Meinung über den Herrn Finanzminister von dieser
Stelle aus festgestellt haben. Es ist interessant, was
diesbezüglich auch èechische Zeitungen schreiben.
So schreibt über Engliš der
"Pražský Veèerník": "Seine
Energie wurde verbraucht im harten Kampfe, den er im Namen des
Staates, für den Staat, für dessen wirtschaftliche
Prosperität und für die gerechte Verteilung der Einnahmen
gegen das Finanzgroßkapital und einzelne Machtgruppen führte."
Wir haben schon öfters gezeigt, wie sich derartige Dinge
auswirken. Wir haben schon des öfteren auch besonders Veranlassung
genommen, den Übermut einer Geldmacht in diesem Staate
zu illustrieren, wie sie sich hauptsächlich im sogenannten
Živnokonzern konzentriert. Es ist nun interessant, daß
diese unsere Erkenntnis, die bisher in der èechischen Politik
nicht bestand, nunmehr auch dort aufdämmerte.
Es ist sicherlich sehr interessant, wenn der "Pražský
Veèerník" in dem vorher erwähnten Artikel
weiter schreibt: "Die Banken sind bei uns nicht bloß
Finanziers, sondern größtenteils auch Besitzer und
Unternehmer, deshalb wird bei uns die
Produktion fast ausschließlich vom Gesichtspunkt des Gewinns
der Banken geweckt". Es ist interessant, wenn der Artikel
dann noch weiter schreibt: "Die größte èechische
Bank, die Živnobank, hat sich einen ganzen Konzern geschaffen,
kontrolliert die Erzeugung und viele
Banken und hat in der èechischen Finanzwelt keinen Konkurrenten.
Der größte Schaden für den Staat ist der Umstand,
daß die finanzielle Leitung des Staates vom Anfang an bis
Engliš von der Živnobank
direkt kontrolliert wurde. Rašín
war Mitglied des Verwaltungsrates,
der Finanzminister Beèka sogar ihr Präsident,
und so fanden zahlreiche Operationen des Staates auch nur vom
Standpunkt dieser Bankengruppe aus statt, auch die Konstituierung
der Nationalbank fand unter dem starken Einfluß der Živnobank
statt".
Dieses System haben wir schon mehrmals kritisiert
und auch diese Regierungsvorlage ist aus diesem System geboren,
nicht aus der ehrlichen Absicht, immer und unter allen Umständen
und gleichmäßig etwa einer notleidenden Industrie zu
dienen, sondern aus der Absicht, augenblicklich einer bestimmten
Industrie zu dienen, die angibt, notleidend zu sein, die aber
getragen ist von einflußreichen Faktoren, die die Haltung
und Führung des Staates weit mehr bestimmen, als etwa das,
was wir in diesem Staate Regierung nennen. Diese ist nichts anderes
als ein Instrument der von mir gezeichneten Macht.
Nun wollen wir die Wirkung der Vorlage auf
das ganze staatsfinanzielle Leben etwas betrachten! Diese Millionensteuerrefundierungen
sind in keinem Staatsvoranschlage berücksichtigt. Ich behaupte,
daß diese Steuerrefundierungen den Voranschlag für
1929 ins Wanken bringen. Ich frage den Herrn Berichterstatter
des Staatsvoranschlages für 1929, den Herrn Abg. Hnídek,
ob er nicht mit mir gleicher Meinung ist. Wir haben im Budget
für 1929 Ziffern, die unserer Meinung nach nicht den Tatsachen
entsprechen und die sich bestimmt in Geld nicht werden umsetzen
lassen. Wir haben im Staatsvoranschlag für 1929 Summen für
Steuereingänge aller Art, von denen wir meinen, daß
sie 1929 bei den Finanzämtern nicht einlaufen werden. Schon
aus diesen Gründen ist der Staatsvoranschlag, wie wir schon
seinerzeit angeführt haben, auf schwachen Füssen basiert.
Nun kommen die Millionen-Refundierungen. Es
ist unmöglich, daß der Staatsvoranschlag unter der
Wirkung dieser Regierungsvorlage fest bleiben kann. Wir prophezeihen
gar nichts, wir stellen nur etwas fest, was notwendiger Weise
eintreten muß, daß durch diese Vorlage auch der Staatsvoranschlag
schwere Komplikationen erleben wird. Allerdings, es wird Ihnen
nicht bange um die Korrektur solcher Wirkungen. Wenn durch dieses
Gesetz eine große Menge Einnahmen für den Staat und
die Ballance des Staatsvoranschlages wegfallen, wird sich schon
die Möglichkeit einer Korrektur finden, und wir bekommen
schon die Andeutungen dieser Korrekturen in den Worten verantwortlicher
Führer der Regierung zu hören. Eine solche Korrektur
ist letzthin vom Minister für nationale Verteidigung angedeutet
worden, daß die Militärtaxe, und zwar stark progressiv,
wieder eingeführt werden solle, Unterrichtsminister Dr Hodža
sagte, daß das Schulgeld wieder eingeführt
werden solle. Das sind vielleicht Korrekturen der Wirkung dieser
Regierungsvorlage. Wenn auch alles andere an indirekten Abgaben
und Gebühren sich ins Ungemessene steigert und dadurch natürlich
die breite Masse aufs furchtbarste belastet, wenn die Taschen
der Staatsbürger maßlos ausgeplündert werden,
wie durch die Bezahlung von Amtshandlungen der gesamten Administrative
usw., so wird das Ihrer Meinung nach die Korrektur sein. Sie geht
aber auf Kosten der Allgemeinheit, die sie stark belastet und
wir als die Vertreter dieser Allgemeinheit, der Verbraucherschicht
der Bevölkerung, müssen uns gegenüber einem solchen
Vorgehen zur Wehr setzen. Wir sagen ihnen, daß die Herren
Zuckerbarone des Geschenkes, das sie mit dieser Regierungsvorlage
erhalten, nicht wert sind, wenn sich durch die Beteilung dieser
Herren mit einem solchen Geschenk für Tausende und Abertausende
der übrigen Bürger dieses Staates Not ergibt. Wenn die
Zuckerindustrie, wie angegeben wird, niemals mehr ohne staatliche
Zuwendungen zu prosperieren vermag, dann muß man nur eines
machen. Dann muß man vielleicht einmal an dem Fall einer
Industrie das Exempel statuieren, zu dem seinerzeit der Herr Minister
Novák riet, als die Textilindustriellen zu ihm um
Hilfe kamen, die sie natürlich damals nicht erhielten. Dann
mag man meinetwegen die Zuckerindustrie in ihrem Umfange etwas
reduzieren. Das ist eine Maßnahme, die vielleicht ursprünglich
gar nicht zur Anwendung hätte kommen müssen; trotzdem
diese Industrie in ihrer Art im èechoslovakischen
Staate zu groß ist, mußte es zu keiner Komplikation
für dieselbe und für den Staat kommen. Es ist eben wieder
auch die Auswirkung Ihrer Handels- und Wirtschaftspolitik, daß
es zur Komplizierung dieser Industrie in diesem Maße
kam. Ich erinnere daran, daß es schon Möglichkeiten
gegeben hätte, auch dieser Industrie, die für den eigenen
Staat gewiß viel zu groß ist, ihre Lebensmöglichkeit
zu gewähren und zu sichern, wenn man von allem Anfang des
Bestandes des Staates an sich bemüht hätte, eine vernünftige
Handels- und Wirtschaftspolitik zu treiben. Ich erinnere in diesem
Zusammenhang nur an den Artikel 222 des Friedensvertrages von
Saint Germain, der uns die Möglichkeit von Vorzugszöllen
mit den aus dem alten Österreich-Ungarn entstandenen Sukzessionsstaaten
gegeben hätte. Wenn wir aus diesem Vorteil des Friedensvertrages
rechtzeitig die Nutzanwendung gezogen hätten, so wäre
es für manche andere Industrie und insbesondere für
die Zuckerindustrie nicht zu jener schweren Komplikation gekommen,
die sie nunmehr zum Anlaß nehmen, hier in dieser Regierungsvorlage
dieses große Geschenk zu machen. Vielleicht wäre nicht
einmal ein Abbau dieser Industrie in dem Maße notwendig,
wie er von gewissen Kreisen empfohlen wird. Aber es wäre
vielleicht etwas anderes zu empfehlen. Warum konzentriert sich
die Zuckerindustrie nicht nach dem Muster der Zuckerindustrie
Deutschlands? Wir haben in Deutschland verhältnismäßig
weniger Zukkerfabriken, die aber im Jahre länger arbeiten.
In Deuschland arbeiten die Zuckerfabriken durchschnittlich
8 Monate, in der Èechoslovakei haben wir aber viel zu viel
Fabriken, die infolgedessen nur eine geringe Zeit im Jahre angespannt
sind, während sie die übrige Zeit des Jahres außer
Tätigkeit sind. Dies wäre vielleicht das Mittel,
diese Zuckerindustrie in Zukunft am Leben zu erhalten, indem sie
sich so konzentriert. Durch diese Konzentration würde sich
diese Industrie unter Umständen auch rentabler gestalten,
als sie heute vorgibt zu sein.
Wir haben aus diesen von mir angegebenen Gründen
diese Regierungsvorlage zu opponieren, deren Inhalt von uns akzeptiert
werden könnte, wenn er auf einer gesünderen Tendenz
aufgebaut wäre. Wir haben aber in diesem Zusammenhang auch
darauf zu verweisen, daß es an jenem Entgegenkommen der
Regierung, wie es gegenüber der Zuckerindustrie geschieht,
durchaus fehlt, wenn es sich um die Schonung, um die Erhaltung
von wirtschaftlich kleinen, ja kleinsten Menschen handelt. Die
Zuckerindustrie ist durch aus nicht so notleidend, wie aus ihren
letzten Ausweisen hervorgeht, die von ungeheueren Gewinnen sprechen.
Diese Gewinne würden diese Industrie in die Lage versetzen,
vielleicht ein bis zwei Jahre die Not allein zu tragen. Während
sie aber nur mit der Wimper zu zucken braucht, um eine ganze Regierung
zu mobilisieren, im höchsten Maße ihres Könnens
ihr zur Verfügung zu stehen, warten tausende und abertausende
kleine und kleinste Menschen draußen auf jene bescheidene
Rücksichtnahme seitens des Staates, auf welche sie ein Anrecht
haben, wie es etwa in Form eines Steuernachlasses oder einer Steuerabschreibung
geschehen könnte. Da häufen sich die Gesuche um Steuerabschreibungen
und um Berücksichtigung dieser kleinsten Existenzen zu Tausenden
und Abertausenden bei den Finanzbehörden, ohne daß
auch nur einem Teil der Regierung oder dem Finanzminister einfiele,
einmal in einen solchen Wust unerledigter Akten ein bißchen
Leben zu bringen. Ich habe mich bei einigen letzten Interventionen
bei der Prager Finanzdirektion dahin informieren lassen, daß
einzig und allein bei der Prager Finanzlandesdirektion 250.000
unerledigte Akten solcher kleiner und kleinster Menschen
liegen, denen vielleicht eine Steuerabschreibung von 1000 Kè
eine Wohltat und eine Existenzsicherung bedeutet. Während
die Zuckerbarone nur mit der Wimper zu zucken brauchen, um ein
Millionengeschenk zu erhalten, sind Tausende, ja Millionen von
Bürgern des Staates, die die gesunde Grundlage
des staatlichen Lebens darstellen - es soll mir einer beweisen,
daß die Herren Zuckerbarone mit ihrer Lebensführung
die gesunde Grundlage des Staates sein können - unberücksichtigt;
und - es wurde das schon von meiner unmittelbaren Vorrednerin
gesagt - während man auf der einen Seite Millionen zur Verfügung
hat, überlegt man es sich jahrelang, die eine kleine Aktion
zu Ende zu führen, wie die 20%ige Zulage an die Altruheständler,
man überlegt es sich jahrelang, die Lebensführung der
Kriegsverletzten zu bessern. Das sind die Gründe, weshalb
wir gegen eine solche Regierungsvorlage stimmen müssen, denn
sie entspringt einer unerträglichen Auffassung der Verhältnisse.
Wir wenden uns gegen die Regierungsvorlage aber auch aus dem Grunde,
weil sie eine Blankovollmacht an die Regierung darstellt, von
der wir nicht glauben können, daß sie unter allen Umständen,
zu jeder Zeit und gegen jeden gerecht angewendet wird. Deshalb
werden wir gegen diese Regierungsvorlage stimmen. (Souhlas
a potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)