Ètvrtek 8. listopadu 1928

Wie aber die Ermächtigung seitens der Ministerien benützt wird, ist deutlich aus der jüngsten Zuckergeschichte ersichtlich. Nach dem Grundsatze "Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft" und nach dem Grundsatz "Eine Hand wäscht die andere", wobei nur leider meistens beide Hände schmutzig bleiben, hat man der Zuckerindustrie Millionengeschenke auf Kosten der inländischen Konsumenten gemacht. Was liegt daran, daß in unserem Industriegebiet, wo die Bevölkerung zumeist als Nahrung nur Erdäpfel und Kornkaffee kennt und wo heuer infolge der schlechten Erdäpfelernte die Notlage jetzt schon sehr groß ist, die Zuckerteuerung umso schwerer empfunden wird, als sie eine ganze Reihe weiterer Verteuerungen nach sich zieht? Auch für den kleinen Beamten, den Handwerker und den Pensionisten, kurz für uns alle, die mit einem beschränkten Einkomnen, mit jedem Kreuzer rechnen müssen, ist die Verteuerung geradezu katastrophal. Aus wessen Tasche geht denn letzten Endes das Geschenk an die Zuckerindustrie? Doch wieder nur aus den Taschen der Steuerträger, die für das durch die Schenkung entstandene Defizit aus ihren Taschen aufkommen müssen. Denn wenn irgendein kleiner Handwerker, irgendein kleiner Betrieb bei irgendeinem Steueramt noch so genau und richtig seine Umsatzsteuer verrechnet, so wird ihm doch trotzdem die Steuer bedeutend hinaufgesetzt. Das nennt man dann eine Maßregel zur Hebung der Steuermoral, weil man den armen Teufel zwingt, falsch anzugeben, wenn er nicht mehr bezahlen soll, als ihm von Rechts wegen zukommt. Warum gibt man der Zuckerindustrie? Es gibt doch so viele andere Industrien! Ich verweise da auf Gablonz u. s. w. Wird da vielleicht auch ein Unterschied gemacht, daß es sich bei einzelnen Industrien um ausgesprochen deutsche Industrien handelt? Vor einiger Zeit ging durch die èechischen Blätter eine Meldung, daß die Zuckerindustrie für èechische kulturelle und soziale Zwecke, ebenso auch für nationale Zwecke 66 Mill. Kè gespendet hat. Ja, kleine Geschenke erhalten die Freundschaft! Waren vielleicht auch die 5 Mill. Kè, von denen man vor kurzem in einem Aufsehen erregenden Prozeß gehört hat, die seitens der Industrie einer Partei gespendet wurden, aus derselben Quelle? Oder kamen die enormen Wahlgelder, von denen gestern hier gesprochen wurde, vielleicht auch von dort her? Ja, ist dann eine Industrie, die sicht etwas derartiges leisten kann, wirklich so notleidend, daß man deshalb alle übrigen doppelt belasten muß? Ich fürchte, all das wird kaum ausreichend sein, uns den Kaffee zu versüßen, ich glaube er wird besonders uns Deutschen in diesem Staate immer bitter schmecken. Ich glaube, es genügt dies eine Beispiel. Übrigens wurde ja von dieser Stelle und in allen Zeitungen hinlänglich über die Zuckersache gesprochen und geschrieben, um die Frage, ob die Regierung hinlänglich Vertrauen verdient, um ein Gesetz wie das vorliegende annehmen zu können, mit Nein zu beantworten.

An dieser Stelle hat unlängst ein deutscher Regierungspolitiker erklärt, seine Partei lasse sich das Recht der Kritik nicht nehmen und er kam danach zu dem Schlusse, die von ihm in Grund und Boden soeben kritisierte Vorlage, es war der Jahresvoranschlag, der als dem deutschen Rechte abträglich bezeichnet wurde, trotzdem anzunehmen, weil damit der gute Wille zur Mitarbeit gezeigt würde. Wir von unserem Standpunkt aus bedanken uns für einen solchen, die Deutschen schädigenden guten Willen der deutschen Regierungsparteien. Sie werden natürlich den Befehlen der Osmièka gehorchen, abermals ihren guten Willen zeigen und uns neuerdings der Willkür der Machthaber ausliefern. Ich hoffe, daß die Herren Regierungspolitiker vielleicht bei den bevorstehenden Wahlen die Antwort der deutschen Frauen erhalten, die, der neuen Teuerungswelle preisgegeben, ihren Kindern kaum mehr das Notwendigste an Nahrung reichen können. Von meinem Hausfrauenstandpunkt aus verurteile ich es auf das schärfste, daß man darangeht, durch die heutige Vorlage der Regierung die Möglichkeit an die Hand zu geben, so wie den Zucker auch noch eine Reihe anderer Handelsartikel des inländischen Konsums zu verteuern und hierdurch die Lebensverhältnisse besonders in unserem deutschen Gebiet noch mehr zu verschlechtern. Auch wir lassen uns das Recht des Parlamentariers auf Kritik keinesfalls nehmen, aber wir haben andere Begriffe von Logik und erklären: Das vorliegende Gesetz beinhaltet keineswegs einen ausreichenden Schutz der deutschen Industrie, sondern kann in der Hand einer nicht vertrauenswürdigen Regierung durch die unobjektive Handhabung zu einer direkten Gefahr der deutschen Wirtschaft werden. Das Gesetz ist unzureichend, die Regierung besitzt keinesfalls unser Vertrauen, daher wird meine Partei gegen die Vorlage stimmen. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

5. Øeè posl. Simma (viz str. 55 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ich habe mich zu dem Inhalt des vorliegenden Gesetzesantrages Druck 1686, betreffend Bewilligung der Rückerstattung der Umsatz- und Luxussteuer und der Transportsteuer für Industrie- und Exportunternehmungen, schon einigemale geäußert, zuletzt geschah dies in meiner, der Besprechung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Staates dienenden ausführlichen Rede vom 3. Juli 1928. Gerade in dieser Rede stellte ich als meinen Standpunkt auf, daß der Staat nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sein kann, einer notleidenden Industrie in Form von Subsidien Hilfe zu bieten. Das ist ein Standpunkt, der in der Praxis tatsächlich in jedem Industriestaate gehandhabt wird, fallweise auch bestimmten Teilen der Industrie gegenüber. Wir sehen diese Praxis in Staaten umso mehr, je mehr sie Industriestaaten sind. Ich will nur auf einen Fall hinweisen, der hierfür außerordentlich illustrativ ist: auf England. Die neue Handels- und Industriepolitik Englands ist geradezu aufgebaut auf einem System von Subsidien, womit einerseits den notleidenden Industrien Hilfe, andererseits gewissen Industrien Unterstützung im Konkurrenzkampf geboten werden soll. Ich will die allgemeine Wirkung dieses Systems heute nicht darstellen, ich will nur festgestellt haben, daß es besteht und umso mehr gehandhabt wird in Staaten, je mehr diese Staaten Industriestaaten sind, und daß es unter Umständen ich darf es behaupten - gewisse Berechtigungen und Verpflichtungen eines Staates geben kann, so vorzugehen.

Sachlich wäre somit gegen die Regierungsvorlage nichts einzuwenden. Wenn die Regierung des èechoslovakischen Staates zur Einbringung eines solchen Gesetzes schreitet, wird damit eigentlich nichts außergewöhnliches getan, es geschieht nur etwas, was auch in anderen Staaten geschieht. Wenn wir uns trotzdem zur Kritik melden in dem Augenblicke, wo dieser Gesetzesantrag beraten wird, so ist das auch nach dem Vorgesagten nicht unbegründet. Es geschieht aus gewissen Umständen heraus, aus denen der Regierungsantrag geboren wurde, es geschieht aus gewissen Verhältnissen heraus, in denen dieser Regierungsantrag wirkt, es geschieht aus der zeitlichen Einbringung dieses Antrages heraus, wie auch aus der Art seiner projektierten Anwendung, die nicht Gewähr für eine national gleichmäßige Behandlung der verschiedenen Industrieen gibt.

Meine Herren! Ich habe gesagt, wir kritisieren den vorliegenden Regierungsantrag aus den bestimmten Gründen seiner zeitlichen Einbringung heraus, aus den unmittelbaren Ursachen, aus denen dieser Antrag geboren wurde, wie auch aus der Art seines bestimmten Inhalts.

Es darf ohne Zweifel behauptet werden, daß der vorliegende Gesetzesantrag aus der Zuckerkrise herauswuchs, aus keiner anderen Krise einer Exportindustrie. Die heimische Zuckerindustrie, das soll zugegeben werden, befindet sich in Auswirkung der neuen englischen Zoll- und Finanzmaßnahmen ohne Zweifel in einem geschädigten Zustand. Mit der Wirkung der Steuerbegünstigungen des Antrages soll im besonderen die Zuckerindustrie entschädigt werden. Man will diese Industrie für den Entfall ihres englischen Exportes an raffiniertem Zucker, der schätzungsweise 3.25 Mill. q Raffinade im Jahr ausmacht, nicht nur in einem Maße entschädigen, wie das immerhin begreiflich wäre, sondern man will mit dieser Steuerbegünstigung die Zuckerindustrie durchaus schadlos halten, und zwar so, daß ihr die letzten Erschwernisse genommen würden, wie solche etwa aus der englischen Zoll- und Finanzmaßnahme der letzten Zeit für diese Industrie entstanden. Es könnte mir von Seite der Regierung, die hinter diesem Antrage steht, entgegnet werden, daß das ja in das Subsidiensystem der Industriestaaten falle. Aber es darf und muß behauptet werden, daß dieser Regierungsantrag aufzeigt, wie ein Subsidiensystem nicht beschaffen sein darf und wie es nicht geführt sein soll. Das Subsidiensystem kann zur Unterstützung der Industrien führen, es soll ihnen auch einen aus irgendwelchen Gründen heraus entstandenen Schaden mit Rücksicht auf das Können der Allgemeinheit irgendwie korrigieren, es soll ihnen aber nicht, wie dies im Falle der Zukkerindustrie geschieht, exorbitante Extragewinne garantieren, die dann nur durch die Allgemeinheit dieser Industrie geleistet und nur durch die Allgemeinheit aufgebracht werden können.

Dazu ist das Subsidiensystem, dessen Kosten die Allgemeinheit begleicht, nicht gedacht. Es soll gewiß eine Hilfe der Allgemeinheit für ein en Zweig des staatlichen Lebens sein, der der Allgemeinheit in seinen guten Tagen diente, aber die Allgemeinheit darf nicht zum Gewinne der Träger eines Zweiges des staatlichen Lebens belastet werden. Das darf nicht geschehen, auch wenn dieser Zweig des staatlichen Lebens die Zuckerindustrie ist. Das war beiläufig auch der Tenor meiner anfangs erwähnten Rede vom 3. Juli 1928, in der ich das, was sich in diesem Regierungsantrag mit besonderer Rücksichtnahme auf die Zuckerindustrie ergibt, voraussagte und davor warnte, daß bei einer Hilfsaktion für diese Industrie, deren geschädigten Zustand wir anerkennen, so maßlos vorgegangen würde, daß aus einem geschädigten Faktor Millionen geschädigte Menschen des Staates werden. Ich führte damals in meiner Rede wörtlich an: "Man verlangt seitens der Zukkerindustrie und in diesem Falle auch der Rübenbauernschaft nicht nur eine Paralisierung der Schäden, die aus der Auswirkung der englischen Zoll- und Finanzmaßnahmen heraus geschehen, sondern wünscht hierbei entsprechende Gewinne zu machen." Und ich führte damals weiter an, und die Entwicklung hat mir Recht gegeben: "Wir kennen die Akteure solcher Politik, aber wir sagen hier öffentlich, daß wir auf das schärfste gegen ein solches Experiment protestieren, das die Kosten eines Faktors, der hier entschädigt werden soll, in dieser Weise auf die Allgemeinheit überwälzt." Was ich damals sagte, ist eingetreten, zunächst einmal durch den Versuch einer unmoralischen Erhöhung des Zuckerpreises für das Inland und als das durch den Protest der Verbraucher unmöglich wurde, durch ein Äquivalent in der Form der ebenso schwer für die Allgemeinheit wirkenden Steuersubsidien. Wir können von hier aus den Verbrauchern deutlich sagen, daß auch diese Steuersubsidien, die der Zuckerindustrie zugute kommen, von ihnen geleitet werden müssen und daß sie eigentlich die verbrämte Bezahlung jenes inländischen Zukkerpreises darstellen, welcher im Proteststurm der Verbraucher abgewehrt werden konnte.

Wir wenden uns, wiederhole ich, nicht gegen die Unterstützung einer notleidenden Industrie in einem beschränkten Ausmaße, die dazu dient, einer Industrie zu helfen, die in guten Tagen tatsächlich der Allgemeinheit etwas leistete, wir wenden uns nicht gegen eine solche maßvolle Berücksichtigung einer Industrie in Not, aber das, was der Zuckerindustrie an Geschenken gegeben werden soll, ist im Verhältnis zur Not dieser Industrie, ich will es nun schon einmal so aussprechen, etwas ganz und gar Maßloses und muß unseren Protest auslösen. Was sind die Gründe für die Benevolenz der Regierung in der Behandlung der Zuckerindustrie? Fanden wir eine solche Benevolenz der Regierung schon einmal gegenüber anderen notleidenden Industrien? Wir haben in den Tagen des Bestandes des èechoslovakischen Staates so manche Krisen von Industrien erlebt, die nicht gerade im Innern des Staates plaziert waren, sondern an der Peripherie des Staates, die Textilindustrie, die Glasindustrie, die Kohlenindustrie usw. Aber ich frage Sie, ob jemals in der Notlage auch nur einer Industrie, die sich plaziert findet im sudetendeutschen Siedlungsgebiet, die Regierung so willfährig war, ob sie in der Notlage, die in den Jahren 1920 bis 1923 für andere Industrien bestand, so entgegenkommend war, wie sie sich von Anfang an bereit hielt, der Zuckerindustrie entgegen zukommen? Das ist die Frage, die in diesem Hause aufgestellt werden muß und die mit nichts anderem beantwortet werden kann, als mit einem glatten Nein! Da müssen wir freilich den Schleier lüften, die Gründe, die hierfür bestehen, der Öffentlichkeit bekanntgeben, etwa einen Unterschied zu machen im Verhältnis der Regierung zur Zuckerindustrie und zu einer anderen Industrie, auch wenn diese Industrie, ich will es offen zugestehen, nicht etwa im deutschen Siedlungsgebiet läge und nicht ausschließlich deutsch wäre. Was führt die Regierung zu dieser außerordentlichen Bereitwilligkeit dieser Zuckerindustrie gegenüber? Lassen Sie uns doch diese Frage einmal ganz klar beantworten vor aller Öffentlichkeit, damit diese über gewisse Vorgänge, die durchaus unhaltbar sind, Aufklärung erfährt. Der wahre Grund der Benevolenz der Regierung der Zukkerindustrie gegenüber ist der, daß sich die Regierung in dieser Benevolenz selbst Subsidien schafft. Die Zuckerindustrie und die heutige Regierung, das muß gesagt werden, sind nahezu eins. Die Exponenten dieser Industrie sitzen in der Regierung und bestimmen die Handlungen derselben in einer Weise, die aller Inkompatibilität, die wir gesetzlich festgelegt haben, Hohn spricht. Nur ein Beweis. Seinerzeit wurden die Rübenbauern vom Herrn Minister Udržal zur Regierung geführt. Derselbe Minister Udržal ist aber ein Teil der Regierung und es ist doch selbstverständlich, daß wenn er, dieser Teil der Regierung, zur Regierung fordern kommt, in der Regierung als ein Teil sitzend, die Regierung sehr wohl verhalten wird, seiner eigenen Forderung, die er der Regierung gestellt hat, Nachdruck zu verleihen. Hinter der Zuckerindustrie steht die Živno und der Wortführer der Koalition Dr Kramáø. Wundern wir uns also nicht, daß die Zuckerindustrie nur ganz leise eine Forderung auszusprechen braucht, um sie dann bis zum letzten I-Punkt erfüllt zu bekommen. Wenn die Öffentlichkeit sich bisher in Unkenntnis der Beziehungen dieser Industrie mit der Regierung befand und manche Handlung der Regierung nicht begriff, dann soll durch diese Darlegungen der Zusammenhang zwischen Zuckerindustrie und Regierung aufgezeigt worden sein.

Jede Anständigkeit, die sich noch in der Regierung befand und sich anschickte, einem solchen Vorgang gegenüber zu opponieren, wird umgebracht, wie das aus dem Fall des Finanzministers Engliš klar hervorgeht. Wir weinen dem Herrn Finanzminister keine Träne nach. Für uns ist er der Schöpfer des Gemeindefinanzgesetzes, durch das die Finanzhoheit der deutschen Gemeinden zerbrochen worden ist. Aber auch bei diesem unserem Verhältnisse gegenüber dem Herrn Finanzminister Engliš soll gesagt sein, daß er an seiner Anständigkeit in der Regierung zugrunde gegangen ist. Er, der mit dem Gemeindefinanzgesetz, mit der Steuerreform und anderen Finanzgesetzen den Faktoren, die ihn mit der Peitsche zu weiteren Maßnahmen für ihre Taschen antrieben, willfährig war, wollte doch dieses System der Regierung, die endlose Förderung dieses Systems der Auspowerung der Allgemeinheit zugunsten der Taschen einiger weniger nicht mitmachen. Das wollen wir heute unbeschadet unserer sonstigen Meinung über den Herrn Finanzminister von dieser Stelle aus festgestellt haben. Es ist interessant, was diesbezüglich auch èechische Zeitungen schreiben. So schreibt über Engliš der "Pražský Veèerník": "Seine Energie wurde verbraucht im harten Kampfe, den er im Namen des Staates, für den Staat, für dessen wirtschaftliche Prosperität und für die gerechte Verteilung der Einnahmen gegen das Finanzgroßkapital und einzelne Machtgruppen führte." Wir haben schon öfters gezeigt, wie sich derartige Dinge auswirken. Wir haben schon des öfteren auch besonders Veranlassung genommen, den Übermut einer Geldmacht in diesem Staate zu illustrieren, wie sie sich hauptsächlich im sogenannten Živnokonzern konzentriert. Es ist nun interessant, daß diese unsere Erkenntnis, die bisher in der èechischen Politik nicht bestand, nunmehr auch dort aufdämmerte. Es ist sicherlich sehr interessant, wenn der "Pražský Veèerník" in dem vorher erwähnten Artikel weiter schreibt: "Die Banken sind bei uns nicht bloß Finanziers, sondern größtenteils auch Besitzer und Unternehmer, deshalb wird bei uns die Produktion fast ausschließlich vom Gesichtspunkt des Gewinns der Banken geweckt". Es ist interessant, wenn der Artikel dann noch weiter schreibt: "Die größte èechische Bank, die Živnobank, hat sich einen ganzen Konzern geschaffen, kontrolliert die Erzeugung und viele Banken und hat in der èechischen Finanzwelt keinen Konkurrenten. Der größte Schaden für den Staat ist der Umstand, daß die finanzielle Leitung des Staates vom Anfang an bis Engliš von der Živnobank direkt kontrolliert wurde. Rašín war Mitglied des Verwaltungsrates, der Finanzminister Beèka sogar ihr Präsident, und so fanden zahlreiche Operationen des Staates auch nur vom Standpunkt dieser Bankengruppe aus statt, auch die Konstituierung der Nationalbank fand unter dem starken Einfluß der Živnobank statt".

Dieses System haben wir schon mehrmals kritisiert und auch diese Regierungsvorlage ist aus diesem System geboren, nicht aus der ehrlichen Absicht, immer und unter allen Umständen und gleichmäßig etwa einer notleidenden Industrie zu dienen, sondern aus der Absicht, augenblicklich einer bestimmten Industrie zu dienen, die angibt, notleidend zu sein, die aber getragen ist von einflußreichen Faktoren, die die Haltung und Führung des Staates weit mehr bestimmen, als etwa das, was wir in diesem Staate Regierung nennen. Diese ist nichts anderes als ein Instrument der von mir gezeichneten Macht.

Nun wollen wir die Wirkung der Vorlage auf das ganze staatsfinanzielle Leben etwas betrachten! Diese Millionensteuerrefundierungen sind in keinem Staatsvoranschlage berücksichtigt. Ich behaupte, daß diese Steuerrefundierungen den Voranschlag für 1929 ins Wanken bringen. Ich frage den Herrn Berichterstatter des Staatsvoranschlages für 1929, den Herrn Abg. Hnídek, ob er nicht mit mir gleicher Meinung ist. Wir haben im Budget für 1929 Ziffern, die unserer Meinung nach nicht den Tatsachen entsprechen und die sich bestimmt in Geld nicht werden umsetzen lassen. Wir haben im Staatsvoranschlag für 1929 Summen für Steuereingänge aller Art, von denen wir meinen, daß sie 1929 bei den Finanzämtern nicht einlaufen werden. Schon aus diesen Gründen ist der Staatsvoranschlag, wie wir schon seinerzeit angeführt haben, auf schwachen Füssen basiert.

Nun kommen die Millionen-Refundierungen. Es ist unmöglich, daß der Staatsvoranschlag unter der Wirkung dieser Regierungsvorlage fest bleiben kann. Wir prophezeihen gar nichts, wir stellen nur etwas fest, was notwendiger Weise eintreten muß, daß durch diese Vorlage auch der Staatsvoranschlag schwere Komplikationen erleben wird. Allerdings, es wird Ihnen nicht bange um die Korrektur solcher Wirkungen. Wenn durch dieses Gesetz eine große Menge Einnahmen für den Staat und die Ballance des Staatsvoranschlages wegfallen, wird sich schon die Möglichkeit einer Korrektur finden, und wir bekommen schon die Andeutungen dieser Korrekturen in den Worten verantwortlicher Führer der Regierung zu hören. Eine solche Korrektur ist letzthin vom Minister für nationale Verteidigung angedeutet worden, daß die Militärtaxe, und zwar stark progressiv, wieder eingeführt werden solle, Unterrichtsminister Dr Hodža sagte, daß das Schulgeld wieder eingeführt werden solle. Das sind vielleicht Korrekturen der Wirkung dieser Regierungsvorlage. Wenn auch alles andere an indirekten Abgaben und Gebühren sich ins Ungemessene steigert und dadurch natürlich die breite Masse aufs furchtbarste belastet, wenn die Taschen der Staatsbürger maßlos ausgeplündert werden, wie durch die Bezahlung von Amtshandlungen der gesamten Administrative usw., so wird das Ihrer Meinung nach die Korrektur sein. Sie geht aber auf Kosten der Allgemeinheit, die sie stark belastet und wir als die Vertreter dieser Allgemeinheit, der Verbraucherschicht der Bevölkerung, müssen uns gegenüber einem solchen Vorgehen zur Wehr setzen. Wir sagen ihnen, daß die Herren Zuckerbarone des Geschenkes, das sie mit dieser Regierungsvorlage erhalten, nicht wert sind, wenn sich durch die Beteilung dieser Herren mit einem solchen Geschenk für Tausende und Abertausende der übrigen Bürger dieses Staates Not ergibt. Wenn die Zuckerindustrie, wie angegeben wird, niemals mehr ohne staatliche Zuwendungen zu prosperieren vermag, dann muß man nur eines machen. Dann muß man vielleicht einmal an dem Fall einer Industrie das Exempel statuieren, zu dem seinerzeit der Herr Minister Novák riet, als die Textilindustriellen zu ihm um Hilfe kamen, die sie natürlich damals nicht erhielten. Dann mag man meinetwegen die Zuckerindustrie in ihrem Umfange etwas reduzieren. Das ist eine Maßnahme, die vielleicht ursprünglich gar nicht zur Anwendung hätte kommen müssen; trotzdem diese Industrie in ihrer Art im èechoslovakischen Staate zu groß ist, mußte es zu keiner Komplikation für dieselbe und für den Staat kommen. Es ist eben wieder auch die Auswirkung Ihrer Handels- und Wirtschaftspolitik, daß es zur Komplizierung dieser Industrie in diesem Maße kam. Ich erinnere daran, daß es schon Möglichkeiten gegeben hätte, auch dieser Industrie, die für den eigenen Staat gewiß viel zu groß ist, ihre Lebensmöglichkeit zu gewähren und zu sichern, wenn man von allem Anfang des Bestandes des Staates an sich bemüht hätte, eine vernünftige Handels- und Wirtschaftspolitik zu treiben. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an den Artikel 222 des Friedensvertrages von Saint Germain, der uns die Möglichkeit von Vorzugszöllen mit den aus dem alten Österreich-Ungarn entstandenen Sukzessionsstaaten gegeben hätte. Wenn wir aus diesem Vorteil des Friedensvertrages rechtzeitig die Nutzanwendung gezogen hätten, so wäre es für manche andere Industrie und insbesondere für die Zuckerindustrie nicht zu jener schweren Komplikation gekommen, die sie nunmehr zum Anlaß nehmen, hier in dieser Regierungsvorlage dieses große Geschenk zu machen. Vielleicht wäre nicht einmal ein Abbau dieser Industrie in dem Maße notwendig, wie er von gewissen Kreisen empfohlen wird. Aber es wäre vielleicht etwas anderes zu empfehlen. Warum konzentriert sich die Zuckerindustrie nicht nach dem Muster der Zuckerindustrie Deutschlands? Wir haben in Deutschland verhältnismäßig weniger Zukkerfabriken, die aber im Jahre länger arbeiten. In Deuschland arbeiten die Zuckerfabriken durchschnittlich 8 Monate, in der Èechoslovakei haben wir aber viel zu viel Fabriken, die infolgedessen nur eine geringe Zeit im Jahre angespannt sind, während sie die übrige Zeit des Jahres außer Tätigkeit sind. Dies wäre vielleicht das Mittel, diese Zuckerindustrie in Zukunft am Leben zu erhalten, indem sie sich so konzentriert. Durch diese Konzentration würde sich diese Industrie unter Umständen auch rentabler gestalten, als sie heute vorgibt zu sein.

Wir haben aus diesen von mir angegebenen Gründen diese Regierungsvorlage zu opponieren, deren Inhalt von uns akzeptiert werden könnte, wenn er auf einer gesünderen Tendenz aufgebaut wäre. Wir haben aber in diesem Zusammenhang auch darauf zu verweisen, daß es an jenem Entgegenkommen der Regierung, wie es gegenüber der Zuckerindustrie geschieht, durchaus fehlt, wenn es sich um die Schonung, um die Erhaltung von wirtschaftlich kleinen, ja kleinsten Menschen handelt. Die Zuckerindustrie ist durch aus nicht so notleidend, wie aus ihren letzten Ausweisen hervorgeht, die von ungeheueren Gewinnen sprechen. Diese Gewinne würden diese Industrie in die Lage versetzen, vielleicht ein bis zwei Jahre die Not allein zu tragen. Während sie aber nur mit der Wimper zu zucken braucht, um eine ganze Regierung zu mobilisieren, im höchsten Maße ihres Könnens ihr zur Verfügung zu stehen, warten tausende und abertausende kleine und kleinste Menschen draußen auf jene bescheidene Rücksichtnahme seitens des Staates, auf welche sie ein Anrecht haben, wie es etwa in Form eines Steuernachlasses oder einer Steuerabschreibung geschehen könnte. Da häufen sich die Gesuche um Steuerabschreibungen und um Berücksichtigung dieser kleinsten Existenzen zu Tausenden und Abertausenden bei den Finanzbehörden, ohne daß auch nur einem Teil der Regierung oder dem Finanzminister einfiele, einmal in einen solchen Wust unerledigter Akten ein bißchen Leben zu bringen. Ich habe mich bei einigen letzten Interventionen bei der Prager Finanzdirektion dahin informieren lassen, daß einzig und allein bei der Prager Finanzlandesdirektion 250.000 unerledigte Akten solcher kleiner und kleinster Menschen liegen, denen vielleicht eine Steuerabschreibung von 1000 Kè eine Wohltat und eine Existenzsicherung bedeutet. Während die Zuckerbarone nur mit der Wimper zu zucken brauchen, um ein Millionengeschenk zu erhalten, sind Tausende, ja Millionen von Bürgern des Staates, die die gesunde Grundlage des staatlichen Lebens darstellen - es soll mir einer beweisen, daß die Herren Zuckerbarone mit ihrer Lebensführung die gesunde Grundlage des Staates sein können - unberücksichtigt; und - es wurde das schon von meiner unmittelbaren Vorrednerin gesagt - während man auf der einen Seite Millionen zur Verfügung hat, überlegt man es sich jahrelang, die eine kleine Aktion zu Ende zu führen, wie die 20%ige Zulage an die Altruheständler, man überlegt es sich jahrelang, die Lebensführung der Kriegsverletzten zu bessern. Das sind die Gründe, weshalb wir gegen eine solche Regierungsvorlage stimmen müssen, denn sie entspringt einer unerträglichen Auffassung der Verhältnisse. Wir wenden uns gegen die Regierungsvorlage aber auch aus dem Grunde, weil sie eine Blankovollmacht an die Regierung darstellt, von der wir nicht glauben können, daß sie unter allen Umständen, zu jeder Zeit und gegen jeden gerecht angewendet wird. Deshalb werden wir gegen diese Regierungsvorlage stimmen. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)


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