Ètvrtek 8. listopadu 1928

3. Øeè posl. Blatné (viz str. 37 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Gestatten Sie, daß ich mich, bevor ich auf das Meritorische der Vorlage eingehe, in kurzen Worten mit den Ausführungen meines unmittelbaren Vorredners beschäftige. Meine Herren und Frauen! Im Leben der Volksmassen vollzieht sich ein Prozeß, der vielleicht für das Leben der Völker entscheidender ist als manche politische Revolution. Es werden immer weniger Kinder geboren, aber es sterben auch immer weniger Säuglinge. Wir haben aus dem Jahre 1923 eine internationale statistische Aufstellung, daß die Geburtenzahl nicht mehr von den abnormalen Verhältnissen des Krieges abhängig ist; wir haben da ganz interessante Dinge erfahren können, so z. B., daß in jenen Ländern, wo der Boden einen guten Ertrag aufweist, wo es eine gute Arbeiterschutzgesetzgebung gibt, wo die Schulen auf einer bestimmten Höhe sind, wenig Kinder geboren werden, aber auch wenig Säuglinge dahinsterben. Aber in jenen Ländern, wo es viele Analphabeten gibt, wo die Verelendung groß ist, werden viele Kinder geboren, es sterben aber auch viele Säuglinge dahin. Lassen Sie sich aus meiner Erfahrung ein wenig erzählen, wie es dort unten, in der Mitte Mährens, ausschaut, wo die Hausweber und Barchentweber zuhause sind, wo der Mann webt und die Frau spult und die Kinder beim Spulen helfen und alle miteinander einen Wochenverdienst von 45 bis 50 Kè haben. Die Säuglinge dürfen die Eltern bei der Arbeit nicht stören - das Garn hat immer die Neigung zum Zerreißen - und darum wird der Zummel dieser Säuglinge in Schnaps eingetaucht, die Schläfen werden mit Schnaps eingerieben; dann freilich sind die Kinder wirklich still. Ich bin in ungefähr 20 Familien gewesen und habe die Frauen dort gefragt, wieviel Kinder sie geboren haben. Manche dieser Frauen haben sich gar nicht erinnern können, wieviel Geburten sie gehabt haben, sechs, acht, zehn und noch mehr Geburten, (Výkøiky na levici.), aber am Leben sind bloß zwei oder drei Kinder geblieben. Die meisten Kinder sind in den ersten Tagen und Monaten ihres Lebens dahingesiecht. Je verelendeter und unwissender eine Bevölkerung ist, desto mehr Kinder werden geboren, aber desto mehr Kinder sterben auch dahin. Mein unmittelbarer Vorredner hat gesagt, die Unterbrechung der Schwangerschaft sei mit dem Mord zu vergleichen, mit dem Mord am lebendigen Menschen, aber derselbe Vorredner und seine gesamte Partei haben niemals das Wort "Mord" gesagt, als in dem verheerendsten aller Völkerkriege 12 Millionen Männer dahingerafft (Sehr gut! Rùzné výkøiky nìm. a èsl. soc. demokratických poslancù.) worden sind, und zwar kräftige, gesunde Männer. Niemals haben diese Herren das Wort "Mord" gesagt, als man aus den Kirchen die Glocken herausgeholt hat, um sie zu Mordwerkzeugen zu verwenden. (Výkøiky na levici.) Sie haben auch nicht das Wort "Mord" gesagt, wenn es galt, dem Militarismus Opfer zu bringen, sondern für den Rüstungsfond von 31/2 Milliarden K gestimmt, für die dann Giftgase und Sprengstoffe nach Herzenslust eingekauft werden. Das ist kein Mord? (Souhlas na levici.) Mein unmittelbarer Vorredner hat gesagt, es sei nur die Genußsucht der Frauen, die zu den häufigen Unterbrechungen der Schwangerschaft führt. Meine Herren und Frauen, dieser Ausspruch ist nicht nur reaktionär, dieser Ausspruch ist nicht nur gehässig, er ist töricht und höchst oberflächlich (Výkøiky.), denn es ist statistisch nachzuweisen, daß von allen Fällen der Schwangerschaftsunterbrechung, welche de. Gerichten bekanntwerden, die übergroße Mehrzahl sich auf Ehefrauen beschränkt, die zwei und drei Kinder bereits geboren haben, die sich also aus ihrem tiefen Verantwortlichkeitsgefühl ihren lebenden Kindern gegenüber zu diesem verzweifelten Schritt entschlossen haben. (Posl. Kaufmann: Und bei den reichen Frauen handelt es sich darum, die Folgen des Hausfreundes zu verbergen!) Nicht die Genußsucht spielt dabei eine Rolle, der Zwischenruf ist ganz richtig. Ich meine aber, draußen in den Dörfern haben die reichen Bauern längst nur zwei und drei Kinder und die reichen Frauen in den Städten haben ebenfalls nur zwei oder drei Kinder Aber wir haben auch arme Familien, die zwei und drei Kinder aufweisen und da spielt sich nun die große Tragödie ab. Die Reichen, die haben es leichter, die können den Ärzten die groß en Beträge bezahlen, die sich ihr Risiko bezahlen lassen, mit dem Strafgesetz in Konflikt zu kommen. Aber wenn wir sehen, daß auch Arme die Schwangerschaft unterbrechen, müssen wir uns doch ein wenig fragen, wie das geschieht. Hier wird die Sache zu einem Klassengesetz bitterster Ordnung. Wir sind vor nicht langer Zeit in Karlsbad bei einer Beratung gesessen; zu uns kam da eine Frau und wollte ein Empfehlungsschreiben, mit dem sie in die Fabriken gehen wollte, um den Arbeiterinnen vorbeugende Mittel zu empfehlen. Wir haben das nicht getan, wollten eine solche Verantwortung nicht übernehmen, wir kennen ja die Dinge nicht, aber diese Frau hat uns erzählt, was die armen Frauen heute alles aufführen, um die Schwangerschaft zu unterbrechen. Ich bin überzeugt: heute gehen Tausende und Tausende von arbeitenden Frauen durch die Mittel, wie sie die Schwangerschaft unterbrechen, dem Siechtum entgegen; ich bin überzeugt: Tausende und Tausende gehen in den Tod hinein, und ich habe hier auch schon erzählt, daß es Fälle gibt, wo sie zum Verbrechen greifen. Und dabei liebt jede Mutter ihr Kind. So verkommen ist kein Weib, daß es sein Kind nicht lieben würde, so verkommen ist kein Weib, daß es sich nicht auch ein Kind wünschen würde. Wir sind keine begeisterten Verehrerinnen der Schwangerschaftsunterbrechung, durchaus nicht, wir wollen sie nur in ganz bestimmten Fällen; nur dann, wenn eine vererbliche Krankheit in einer Familie oder wenn die soziale Not in einer Familie so groß ist, daß die Aufzucht der bereits vorhandenen Kinder gefährdet sein könnte, nur dann wollen wir, daß die Unterbrechung der Schwangerschaft frei sein soll. Wenn aber mein unmittelbarer Vorredner hier sagte, daß trotz der starken Strafandrohungen in diesem Staate jährlich so viele Fälle von Schwangerschaftsunterbrechung zu verzeichnen sind, hätte er doch ein wenig überlegen sollen, daß die Gründe dafür doch zwingender Natur sein müssen. Ich meine, ein Staat, eine Regierung, die ein Gemeindefinanzgesetz verbrochen, eine Regierung, die den Mieterschutz abgebaut, eine Regierung, die die Sozialversicherung verdorben hat, eine Regierung, die den Menschen ein menschenwürdiges Leben nicht gewährleisten kann, eine solche Regierung hat kein Recht auf ein solches Gesetz.

Meine Frauen und Herren! Es ist überhaupt nicht gut, wenn im Zusammenhang mit der Vorlage sich ein Geistlicher Herr mit der Geburtshilfe befaßt. Dabei kommt gewöhnlich nichts Gutes heraus. Jedenfalls ist bei dieser Vorlage nichts Gutes herausgekommen. Dabei kann man noch die Streitfrage aufwerfen, ob es sich hier um eine Frühgeburt oder um eine Spätgeburt handelt. (Veselost.) Um eine Frühgeburt einerseits, weil man in dieser Vorlage die Hebammen mit Verpflichtungen belastet, sie förmlich reglementiert, während die Gesetze aus den Jahren 1920 und 1922, die zu ihrem Schutze gemacht wurden, heute noch nicht durchgeführt erscheinen. Andererseits um eine Spätgeburt, weil es so lange gedauert hat, bis sich das Ministerium entschloß, diese Vorlage einzubringen. Oder sollte es unserem demokratischen Gesundheitsministerium ganz und gar unbekannt sein, daß die Geburtsassistentinnen heute unter Instruktionen arbeiten, die niemals im Zusammenhang veröffentlicht worden sind, also unter einem ungesetzlichen Zustand? Wie immer wir die Frage stellen, ob Frühgeburt, ob Spätgeburt: auf alle Fälle handelt es sich um eine Mißgeburt. Diese Vorlage ist wahrhaftig nicht das Gesetz, welches sich die Geburtsassistentinnen gewünscht haben, auch nicht das Gesetz, welches wir erwartet haben. Dabei will ich ohne weiteres anerkennen, daß in dieser Vorlage die Schulungs- und Ausbildungsverhältnisse der Hebammen zumindest angebahnt werden, will ohne weiteres anerkennen, daß in dieser Vorlage die unlautere Ausübung der Praxis zumindest ein wenig eingeschränkt wird, will ohne weiteres anerkennen, daß gegenüber den Strafen eine humanere Stellung bezogen wurde, aber das alles ist gänzlich ungenügend, unvollkommen, wir können damit durchaus nicht einverstanden sein. Und an den wichtigsten Problemen des Berufes geht die Vorlage überhaupt blind und achtlos vorüber. Und das ist umso schwererwiegend, meine Frauen und Herren, weil es sich hier um eine Gruppe von arbeitenden Menschen handelt, die stündlich mit schwerster Verantwortung belastet sind, mit Verantwortung für menschliche Gesundheit, mit Verantwortung für menschliches Leben. Diese Fragen gehen weit über die des Berufsstandes hinaus, werden zu einer Frage des allgemeinen Gesundheitswesens, zu einer Frage des Volksganzen, und darum sind diese Mängel so außerordentlich schwerwiegend. Was wir an diesem Gesetz vor allem bemängeln müssen, ist, daß die entscheidenden Paragraphen, um die es eigentlich geht, reine Ermächtigungsmaßnahmen beinhalten. Das dient dem Stande und der Sache nicht, um die es sich handelt. Ich will in diesem Zusammenhang nicht von den Erfordernissen der Demokratie reden, die es einfach nicht erlauben würde, daß wichtige Belange der Gesellschaft der Willkür der Bürokratie überantwortet werden. Die wahre Demokratie hat in dieses Haus noch keinen Eingang gefunden, aber das Geringste, was wir in Bezug auf dieses Gesetz hätten erwarten müssen, wäre doch gewesen, daß in den entscheidenden Paragraphen selbt klar umschrieben werde, wie die Geburtsassistentinnen ihren Beruf auszuüben haben und wie die Schulung usw. aussehen soll. Und es ist die größte Enttäuschung für die Geburtsassistentinnen, die auf dieses Gesetz seit Jahren mit einer wahren Sehnsucht gewartet haben, daß die §§ 7 bis 9 so verschwommen sind, daß sie einen so kautschukartigen Charakter haben, daß sie einer willkürlichen Auslegung Tür und Tor öffnen. Das Einfachste, was wir von diesem Gesetz hätten erwarten müssen, wäre eine juridisch klare und einwandfreie Formulierung gewesen, und da das hier nicht der Fall ist, gibt dieses Gesetz aus diesem Grunde zu den schwersten Bedenken Anlaß.

An anderen wichtigen Dingen, an dem eigentlichen Problem des Berufes ist aber die Vorlage ganz achtlos und blind vorübergegangen und darum stellen wir von dieser Stelle aus den Antrag, daß höchste- und niedrigste Tarife für die Geburtsassistentinnen festzusetzen sind. Der ganze Stand der Geburtsassistentinnen ringt heute schwer um seine Existenz, und wenn Sie durch die Annahme dieses unseres Antrages den Geburtsassistentinnen Existenzsicherheit gewährleisten, so heben Sie das soziale Niveau des ganzen Standes, Sie heben aber auch sein moralisches Niveau, denn ich bin felsenfest davon überzeugt, daß finanziell sichergestellte Geburtsassistentinnen weit weniger als es bisher der Fall war, den Verlockungen unterliegen werden, sich durch Kurpfuscherei Nebeneinnahmen zu verschaffen. Dieser unser Antrag geht weit hinaus über einen Antrag im Interesse der Geburtsassistentinnen selbst und wird zu einer Forderung für die gesamte Volksgesundheit. In einem weiteren Antrage fordern wir, daß auch die Rayonierung der Geburtsassistentinnen durchgeführt werde. Ist es denn nicht geradezu eine Kulturschande - und darüber hätte mein Vorredner ein wenig sprechen können - daß mitten im Herzen Europas noch weite Strecken ohne Geburtshilfsdienst bestehen? Das ist fürwahr eine Schande. (Souhlas èsl. a nìm. soc. demokratických poslancù.) Was wir auf diesem Gebiete im Gesundheitsausschusse berichtet haben über skandalöse Zustände in den historischen Ländern, ist wahrhaftig Skandal genug. Was wir aber über analoge skandalöse Zustände in der Slovakei hören mußten, das schreit geradezu zum Himmel. Aber nicht nur aus Gründen der Kultur haben wir diesen Antrag gestellt, sondern auch aus psychologischen, aus rein menschlichen Gründen, denn heute leben tausende und tausende von Frauen in ständigem Angstgefühl, in einer Angstpsychose, daß sie in ihrer schweren Stunde ohne fachgemäße Hilfe sein werden. Und ich bin überzeugt, daß sie unter diesen seelischen Qualen viel mehr leiden als unter den körperlichen Beschwerden der Schwangerschaft und den Schmerzen der Geburten.

Ich möchte, wenn es auch in diesem Gesetze nicht verankert werden kann, hier in diesem Zusammenhang von einer Sache sprechen, die mir außerordentlich am Herzen liegt. Ich glaube, daß es außerordentlich wichtig wäre, daß in unseren Spitälern und in allen unseren Krankenhäusern Kreiszimmer angegliedert würden, sog. Entbindungszimmer, denn der heutige Stand der Geburtshilfe überläßt alle Geburten der öffentlichen Sanitätspflege. Aber nicht nur aus diesem Grunde. Wenn wir daran denken, wie es dank der Regierungskunst jener Herren, deren Vertreter unmittelbar vor mir gesprochen hat, draußen am Lande aussieht, wenn wir an das Wohnungselend und die Wohnungsnot denken, die uns diese Herrschaften beschert haben, wenn wir uns ein wenig damit beschäftigen, wie es in diesen überfüllten Stuben aussieht, wo die unteren Bevölkerungsklassen - wohnen möchte ich gar nicht sagen - sondern aneinandergepfercht wie die Heringe vegetieren, eine große Zahl von Personen, Männer und Frauen, alte und junge, einige Familien zusammen, dann muß es uns klar sein, daß unter solchen Verhältnissen die Entbindung in einer solchen Stube der Frau weit mehr seelische Qualen aufbürdet als die Qualen der Geburt. Posl. Hackenberg: Und die gesundheitliche Gefahr für die Frau!) Das kommt noch dazu. Darum würde ich Sie bitten, auch diesen unseren Antrag zu unterstützen.

In Anbetracht der Wichtigkeit dieser Berufsgruppe erheben wir gemeinsam mit den èechischen Genossen die wichtige Forderung, daß die Geburtsassistentinnen in den öffentlichen Dienst zu übernehmen sind. Wenn dieser unser Antrag hier angenommen würde, dann wären zugleich alle Detailanträge, von denen ich bereits gesprochen habe, günstig erledigt, dann wären die Geburtsassistentinnen finanziell sichergestellt, dann wäre ihre Rayonierung durchgeführt, dann wären sie auch von der Kranken-, Unfall- und Altersversicherung übernommen. Wo immer der Versuch gemacht wurde, die Geburtsassistentinnen in öffentliche Dienste zu übernehmen, sind damit außerordentlich gute Erfolge erzielt worden, Erfolge nach verschiedener Richtung hin; ich verweise auf die Versuche von Sachsen. Wenn wir hier die Forderung aufstellen, daß die Geburtsassistentinnen von der Krankenversicherung, aber auch von der Unfall- und Altersversicherung zu übernehmen sind, so möchte ich hier einem Einwand steuern, dem man immer wieder begegnet, wenn man von diesen Dingen spricht, dem Einwand, daß die Geburtsassistentinnen ihren Beruf vielfach nur als Nebenberuf und sein Erträgnis als eine Art Taschengeld auffassen und daß es daher durchaus nicht notwendig ist, sie noch gesondert gegen die Wechselfälle des Lebens durch die Kranken-, Unfall- und Altersversicherung zu schützen. Das ist eine ganz irrige Annahme und es ist zahlenmäßig nach zuweisen, daß die weitaus größte Zahl der Hebammen ihren Beruf als Hauptberuf auffassen und daß sie das Erträgnis aus ihren Beruf durchaus nicht als Nebeneinnahmen betrachten können, sondern daß viele von ihnen damit noch ganze Familien ernähren müssen. Und wenn wir auch annehmen können, daß eine Anzahl von ihnen verheiratet ist, daß eine Anzahl von ihnen das Glück hat, einen erwerbenden Mann an ihrer Seite zu haben, so müssen wir bedenken, daß die Frauen, die verhalten sind, durch ihre Dienstesvorschrift sich die Hände rein zu halten von schmutzenden und groben Arbeiten, also auch von grober Hausarbeit, daß diese Frauen sich eine Hausgehilfin halten und sie bezahlen müssen und also auch ihr Einkommen nicht als Taschengeld betrachten können. In Wirklichkeit ist es also so, daß die Geburtsassistentin, wenn sie alt und erwerbsunfähig ist, der Not gegenübersteht, ob sie nun ledig oder verheiratet ist.

Wir erheben aber auch die Forderung, daß die Geburtsassistentinnen der Unfallversicherung zuzuführen sind. Der Beruf birgt schwere Gefahren nach verschiedener Richtung hin in sich. Ich will da nur auf die Gefahr der Infektion hinweisen, ich möchte Sie nur erinnern, wie immer wieder neue Fälle bekannt werden, wie sich die Geburtsassistentinnen durch ihren Beruf schwer infizert haben und für die weitere berufliche Tätigkeit gänzlich unfähig waren. Aber der Beruf beinhaltet auch Gefahren anderer Art. Denken Sie nur daran, wie insbesondere am Lande draußen die Geburtsassistentinnen oft stundenweit gehen müssen, oft auf unwegsamen Wegen und des Nachts und welche Gefahren da auf sie lauern. So ist vor gar nicht langer Zeit der Fall gewesen, daß eine Geburtsassistentin auf so einem Wege in eine Grube gefallen ist und sich schwer verletzt hat. Nach langwierigem Prozesse ist es dem Verband gelungen, der Geburtsassistentin zu ihrem Rechte zu verhelfen. Das war in diesem Falle möglich, weil ein Verantwortlicher zu finden und weil er auch besitzend war. Aber in den meisten Fällen ist ein Verantwortlicher gar nicht festzustellen. So hat sich erst vor kurzer Zeit ein analoger Fall ereignet, wo sich eine Geburtsassistentin wiederum schwer verletzt hat, ein Verantwortlicher aber nicht zu finden war und sie so lediglich den Schaden hatte. Wir stellen auch die Forderung auf, daß die Geburtsassistentinnen der Altersversicherung zuzuführen seien, schon aus dem Grunde, weil sie der Allgemeinheit die schwersten Dienste leisten, weil, sie, solange sie beruflich tätig sind, Tausenden von Frauen - zwei-, drei-, ja viertausend Frauen - in schweren Stunden beigestanden sind und, wenn sie selbst erwerbsunfähig geworden sind, dann dem Nichts und der Not gegenüberstehen. Deshalb erheben wir diese Forderung auch von dieser Stelle

Die Vorlage stellt fest, daß die Ausbildungszeit für die Geburtsassistentinnen zehn Monate währen soll. Das ist ein Fortschritt gegenüber dem gegenwärtigen Zustande, aber es ist natürlich viel zu wenig, insbesondere wenn wir daran denken, welch große Anforderungen die moderne Wissenschaft über die Geburtshilfe an die Geburtsassistentinnen stellt. Es ist viel zu wenig, weil wir wissen, wie es draußen am Lande aussieht, in unseren Industriedörfern und in den Bauerndörfern, wo oft die Geburtsassistentin, die Hebamme, die einzige Beraterin der Frauen ist und ihren Einfluß lange über die Zeit der Pflege hinaus, ja oft das ganze Leben geltend macht. Darum muß es uns klar sein, wie segensreich dieser Einfluß ausgeübt werden könnte, wie erzieherisch er sich auswirken könnte, wenn die Geburtsassistentinnen nach allen Richtungen hin, so auch nach der sozialen Richtung hin, sichergestellt wären, und wir stellen in dieser Hinsicht eine ganze Reihe von Detailforderungen, über die ich nicht sprechen werde, damit die Geburtsassistentinnen gut ausgebildet werden.

Sie haben es in der Hand - damit will ich zum Schlusse kommen - durch Annahme unserer Anträge zu bewirken, ob sich geistig höher stehende Frauen dem Geburtsassistentinnenstande widmen können, ob sie dadurch diesen Stand dazu machen, was er eigentlich sein sollte, zum führenden aller weiblichen Sozialfürsorgestände. Sie haben es in der Hand, noch vieles davon gutzumachen, was eine reaktionäre Regierung und eine unorientierte Bürokratie mit dieser Vorlage hier verbrochen hat, die ganz die Merkmale trägt, die Grillparzer als Kennzeichen der Habsburger nennt: "Auf halben Wegen und zu halber Tat mit halben Mitteln zauderhaft zu streben"! (Potlesk nìm. a èsl. soc. demokratických a èsl. nár. socialistických poslancù.)

4. Øeè posl. Weberová (viz s tr. 53 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Einstellung der deutschen Nationalpartei zum vorliegenden Gesetzentwurfe kann nur im Zusammenhang mit der Beantwortung von zwei Fragen gegeben sein. Die erste Frage lautet: Ist das Gesetz gut und verbürgt es auch den Deutschen einen gewissen Schutz? Und die zweite Frage lautet: Verdient die Regierung unser Vertrauen oder ist es nicht der Fall?

Zur ersten Frage: Wir sehen gerade in den letzten Wochen wieder, daß im Èechoslovakischen sogenannten Nationalstaat die Gesetze en gros und daher etwas schleuderhaft erzeugt werden. Wirklich gute Gesetze sind besonders hierzulande selten, wie Schnee im August. Man scheint durch die Quantität die Qualität ersetzen zu wollen, und angesichs der Überproduktion kommt mir manchmal in Erinnerung ein Cicerowort, das besagt: Je korrupter ein Staat, desto mehr Gesetze hat er. [Další èást øeèi byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 8. listopadu 1928 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 83 této tìsnopisecké zprávy.] Aber wir gehören nicht zu jenen, die sich bereits befriedigt fühlen, wenn sie einmal, um im Bilde zu bleiben, einen Abfallbrocken vom Kapitänstisch erschnappen können.

Der vorliegende Entwurf betrifft die Landwirtschaft, die Industrie und die Eisenbahnen. Das Gesetz ist ein Rahmengesetz und ermächtigt den Finanzminister, im Einvernehmen mit dem Ministerium für Landwirtschaft und dem Eisenbahnministerium Industrie- und Exportunternehmungen, falls ihre Konkurrenzfähigkeit bedroht erscheint, die Umsatz-, Luxs- und Transportsteuer rückzuerstatten. Ein Schutz der Industrie ist gewiß sehr zu begrüßen. Aber verbürgt diese Vorlage einen solchen? Angesichts der trüben Erfahrungen, die wir Deutsche mit solchen Ermächtigungsgesetzen leider bisher immer gemacht haben, mindestens soweit die deutsche Industrie betroffen erscheint, müssen wir dies leider verneinen. Ja, das Gesetz kann sich sogar durch die zu erwartende ungleiche Behandlung der èechischen Industrie gegenüber der deutschen für letztere gefahrbringend erweisen. Hier setzt das Moment ein, das die Frage betrifft, ob die Regierung Vertrauen verdient oder nicht.

Bisher ging die Tendenz immer dahin, der èechischen Industrie möglichst Vorschub zu leisten. Die èechische Regierung schließt die deutsche Industrie konsequent von allen Staatslieferungen aus. Die èechischen Steuerämter bemühen sich nach Kräften, die Existenz der deutschen Industrie zu erschweren. Kurz, man kennt die Objektivität, mit der bisher vorgegangen wurde. Die Regierung hätte sicher andere Mittel und Wege genug, um die Industrie zu schützen und ihr den Konkurrenzkampf zu erleichtern. Die Regierung möchte vorerst trachten, zu geregelten Handelsbeziehungen zum nächsten Nachbar und größten Abnehmer zu kommen. Heraus endlich mit einem guten Handelsvertrag mit Deutschland! Die Regierung besitzt ja in Herrn Krofta einen äußerst gewiegten Unterhändler. Aber natürlich genügen in diesem Falle die süßen Worte des den Parteimantel geschickt nach dem Winde drehenden Herrn Gesandten Krofta nicht, wenn die Handlungen der Regierung eine der deutschen Wirtschaft gegenüber ausgesprochen feindliche Tendenz zeigen, wenn der Unterschied zwischen Wort und Tat so scharf zutage tritt, wie z. B. in der Frage der Markprioritäten. Die Antworten, welche in der Frage der Markprioritäten Herr Exminister Engliš auf die bezüglichen Fragen unserer Partei gegeben hat, die im Ausschuß durch Dr Keibl und im Plenum durch Koll. Horpynka gestellt wurden, sind nicht stichhältig und nicht unwidersprochen geblieben. Glaubt jemand, daß man in Deutschland den Wert der Gesetze nach der schönen Geste bemißt oder daß die draußen die jüngsten aufsehenerregenden Aussprüche führender èechischer Wirtschaftspolitiker nicht kennen? Worte, welche klar und deutlich die der deutschen Wirtschaft abträglichen Bestrebungen kennzeichnen! Ich verweise z. B. auf die Absicht, der deutschen Wirtschaft an allen leitenden Stellen Èechen aufzuzwingen. Es ist nur ein Glück, daß auch die èechischen Bäume nicht in den Himmel wachsen, denn im èechischen Wald wütet die Nonne. Wir hatten gestern Gelegenheit, eine kleine Probe davon zu erleben, wie weit die Korruption vorgedrungen ist, und stellen nun die Frage, aus welchen geheimen Korruptionsfonden die Mittel zur Beeinflussung der bevorstehenden Wahlen im Sinne der Regierung fließen? Ja, zu derlei ist natürlich immer Geld vorhanden, aber für andere uns weit nötiger erscheinende Zwecke ist nichts zu erhalten. Der größte Teil unserer Altpensionisten wartet heute noch bei Hunger und Elend und kalten Öfen auf die schäbigen 20%, deren Wert durch die Indexziffern längst überholt worden ist. Die armen Teufel von Kriegsinvaliden haben umsonst auf ein Ergebnis ihrer Jubiläumsbitte gewartet, ja man bestrebt sich, ohne sich ob dieser schmählichen Verhältnisse vor dem Ausland zu schämen, den Ärmsten noch wegzunehmen, was sie haben. Es wurde vor längerer Zeit ein Resolutionsantrag gestellt und ich glaube sogar angenommen, daß die Rückzahlung der sogenannten Überzahlungen den Kriegsbeschädigten, deren Witwen und Waisen und Vorfahren geschenkt werden sollte. Wir behalten uns vor, diese Angelegenheit neuerlich zur Sprache zu bringen. Es wäre jetzt anläßlich des 10. Stiftungsfestes dieses Staates wohl die beste Gelegenheit gewesen, einigen guten Willen zu zeigen, aber nach wie vor sehen sich die Ärmsten der gerichtlichen Pfändung ihrer letzten Habe gegenüber, wenn sie die verlangte Rückzahlung nicht leisten können. Mir ist z. B. auch ein Fall bekannt, wo ein armer Schuster, der durch eine schwere Verletzung am Gebrauche des rechten Armes gehindert ist, der zwei Kinder und eine Frau zu erhalten hat und ein Gesamteinkommen von höchstens 8.000 Kè im Jahre hat, der somit die Einkommensgrenze sicher nicht überschritten hat, der als èechoslovakischer Staatsbürger in Deutschland unter den dortigen teueren Lebensverhältnissen wohnen muß, bisher eine Rente von 252 Kè erhalten hatte, die ihm aber für das Jahr 1928 auf 126 Kè herabgesetzt wurde. Als der arme Kerl sich daraufhin beschwerte und als einfacher Mann sich zu dem Wort hinreißen ließ: "Und dies nennt man noch eine Kriegsbeschädigtenfürsorge!", wurde ihm am 21. September die Beschwerde mit den Worten zurückgeschickt, daß "das Landesamt für Kriegsbeschädigtenfürsorge in Praha die Eingabe retourniert, mit dem, daß wegen unzulässiger Art von Schreiben im Verkehr mit den Ämtern diese nicht angenommen und verhandelt werden kann. Gezeichnet Dr. Krasucí", oder wie sonst. Ja, für den Umgang mit Behörden ist leider noch kein Knigge geboren worden, der ein entsprechendes Buch darüber schreiben würde. Jedenfalls, hat der arme Teufel nichts erreicht, denn, bedenken Sie, eine Ersparnis von monatlich 126 Kè kann jedenfalls imstande sein, diesen Staat vor dem Untergang zu retten.


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