Ètvrtek 8. listopadu 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 174. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 8. listopadu 1928.

1. Øeè posl. dr Koberga (viz str. 5 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Haben in Amerika bei der Präsidentenwahl die Trockenen gesiegt, so bedeutet der vorliegende Gesetzentwurf über den Ausschank alkoholischer Getränke vor und am Wahltag einen wenigstens teilweisen Sieg der Nassen hierzulande. Vielleicht hofft man, auf diesem Wege die Wahlen in Karpathorußland in einem den Regierungsparteien günstigen Sinne beeinflussen zu können. In unseren Gebieten ist die vorgeschlagene Gesetzesänderung mehr oder weniger bedeutungslos. An derartigen Äußerlichkeiten hat unsere Öffentlichkeit kein besonderes Interesse, seit die Wahlen für die neuen Bezirks- und Landesvertretungen ausgeschrieben sind, auf die sich schließlich und endlich das gesamte Interesse konzentriert. Die Regierungskoalition hat bekanntlich den traurigen Mut aufgebracht, mit dem nächsten Monat das Schandwerk der Verwaltungsreform unverändert in Kraft zu setzen, trotz aller Warnungen und Mahnungen. Zu ihrer Rechtfertigung berufen sich die Herren von der Mehrheit auf die Demokratie, die angeblich durch die Wahl der neuen Vertretungskörper gefördert wird. Sie verschweigen dabei, daß ein Drittel aller Vertreter ernannt wird, was nicht gerade nach Demokratie riecht, sie verschweigen, daß die politischen Beamten als Vorsitzende der Körperschaften Beamte zur Abstimmung kommandieren und jedweden Beschluß aufheben können daß die Geschäftsordnungen von der Regierung oktroiiert werden und daß in jeder Hinsicht das Gegenteil eines Fortschrittes der Demokratie zu verzeichnen ist. Wenn man an die alten Landtage und Bezirksvertretungen denkt, so muß einem selbst das alte Österreich als hundertfach demokratischer erscheinen, als diese Neuordnung, deren sich nun auch die deutschen Regierungsparteien in ihren Blättern und Versammlungen rühmen. Vom deutschen Standpunkte wollen die Herrschaften darin eine Besserung erblicken und zwar in der Hinsicht, daß nach ihrer Behauptung die nationale Selbstverwaltung im Landesschulrat und Landeskulturrat gesichert ist - so zu lesen im Wahlaufruf der Christlichsozialen. Die Kühnheit dieser Behauptung übersteigt jedenfalls den Mut der deutschen Christlichsozialen, der Landbündler und Gewerbeparteiler, den sie bisher bei Verfechtung deutscher Forderungen an den Tag gelegt haben, um ein ganz Beträchtliches. Jetzt vor den Wahlen sprechen sie von dem Ausbau unserer Selbstverwaltung, mimen den wilden Mann, nachdem sie vorher selbst an der Zerstörung der Grundlagen aller lebenden Selbstverwaltung in Gemeinden, Bezirken und Ländern ausschlaggebend mitgewirkt hatten; und nach den Wahlen werden sie weiter in dem gleichen Sinne arbeiten wie vor den Wahlen, sie werden, wenn sie an der Macht bleiben, wieder nichts tun, um ihre Versprechungen einzulösen. Wer die Demokratie erschlägt, der kann die Selbstverwaltung nicht leben lassen, denn beide bedingen sich. Deshalb ist alles Gerede davon, auf der Grundlage dieses antidemokratischen Gesetzes irgendeine Selbstverwaltung erstehen zu lassen, von vornherein als Geflunker deutlich erkennbar. Mehr als kühn ist aber die Behauptung der deutschen Koalitionsgenossen, in den neuen Vertretungen und Vertretungskörpern werde die politische Gleichberechtigung der Deutschen in diesem Staate zum Ausdruck kommen. Der christlichsoziale Senator Dr. Hilgenreiner hat erst jüngst im Budgetausschuß des Senates festgestellt, daß die Deutschen von der Verwaltung fast ganz ausgeschlossen sind und daß man uns fremden Beamten unterstellt, wie die Inder den englischen. Wie nun bei einer solchen Sachlage die Aufrichtung einer deutschen Selbstverwaltung, die Gleichberechtigung usw. möglich sein soll, ist wohl unerfindlich. Bei dieser absoluten Beamtenherrschaft, die ja nach den Worten des Herrn Dr. Hilgenreiner fast ausschließlich in èechischen Händen liegt, kann wohl von politischer Gleichberechtigung der Deutschen in Zukunft unter der segensreichen Auswirkung der kommenden Verwaltungsreform nicht die Rede sein. Ein solcher Dreh ist selbst als Wahlschlager zu plump, um von vernünftigen Wählern geglaubt zu werden. Ebenso dreist ist die Unterstellung, daß die beiden deutschen Gaue und Schlesien aus höheren nationalen Rücksichten geopfert werden müßten, damit nämlich das Deutschtum in Böhmen und in Mahren-Schlesien ein absolut stärkerer Machtfaktor werde. (Výkøiky na levici.) Die deutschen Regierungsparteien vertuschen dabei, daß die deutschen Gaue Karlsbad und Böhm. Leipa den èechischen Chauvinisten unerträglich erscheinen und bezüglich Schlesiens hat der Koll. Rýpar von der èechischen Volkspartei erst am 3. d. M. in Troppau offen gesagt: Das Land Schlesien ist deshalb nicht erhalten geblieben, weil in ihm noch zuviel von dem irredentistischen Geist des alten Sudetenlandes lebt. Deshalb mußte es seine Selbständigkeit verlieren und fest an Brünn angegliedert werden. Wie reimen sich damit die bei der Verwaltungsreform geleisteten Handlangerdienste der deutschen Regierungsparteien, die doch angeblich nach wie vor für die Rechte der Deutschen in diesem Staate kämpfen? Auch unsere Betätigung im Hultschiner Ländchen, welche angeblich die Konsolidierung - das ist nämlich die Èechisierung dieses Gebietes - verzögert, macht Koll. Rýpar mitverantwortlich für den Verlust des Landes Schlesien und er hat uns gesagt: "Ja, Ihr deutschen Oppositionellen, die Ihr euch darüber beklagt, daß Schlesien seine Selbständigkeit aufgeben mußte, Ihr deutschen Oppositionellen seid also selbst daran schuld. Denn erstens seid Ihr noch immer im Geiste des Sudetenlandes befangen und zweitens macht Ihr uns einen Wirbel in Hultschin und verhindert dadurch die vollständige Assimilierung dieses Gebietes." Der Landespräsident Šrámek hatte bereits im März dieses Jahres den gleichen Grund für die jetzt vollzogene Teilung des Hultschiner Bezirkes ins Treffen geführt und trotzdem hatte wenige Wochen darauf Herr Dr. Luschka alle christlichsozialen Gemeindevertreter des Hultschiner Ländchens zusammengetrommelt und sie dort in einer Entschließung, die er beantragt und begründet hatte, beauftragt, gegen jede Entschließung in den Gemeindevertretungen zu stimmen, welche die ungeteilte Aufrechterhaltung dieses Gebietes forderte. Nun wurden tatsächlich durch eine Verordnung 12 Gemeinden mit 3400 deutschen Stimmen durch diese Regierungsverordnung vom Hultschiner Bezirk abgesprengt und dem Bezirk Troppau-Land zugeteilt, der im ganzen nur 3000 deutsche Stimmen hatte. Hingegen wurden 5 rein èechische Gemeinden des Waagstädter Bezirkes Hultschin angegliedert, um so sicher eine èechische Mehrheit im Hultschiner Ländchen zu schaffen und andererseits dem Auslande vorzutäuschen, die Hultschiner Bevölkerung habe sich bereits freiwillig größtenteils zum Èechentume bekannt. Der Ausnahmszustand im Hultschiner Ländchen ist selbst in diesen jetzt abgetrennten 12 deutschen Gemeinden des Hultschiner Ländchens noch immer nicht aufgehoben, der deutsche Unterricht darf auch dort noch immer nicht erteilt werden. Ist das nicht eine Schmach und Schande für die deutschen Regierungsparteien? (Výkøiky na levici.) So sieht die mühevolle nationale Arbeit aus, die Herr Dr. Luschka mit seinen Getreuen seit 2 1/2 Jahren für Schlesien, für das Hultschiner Ländchen und für die Rechte des Sudetendeutschtums im allgemeinen leistet. Einen besseren Helfershelfer konnten sich die Herren Èerný und Kramáø gar nicht wünschen. (Souhlas na levici.) Mühelos bekommen sie durch ihn und durch seine Getreuen das in die Hände gespielt, was sie sonst nur durch schwerste Kämpfe erreichen könnten. Hultschin und Schlesien wird ihm hoffentlich bei den Wahlen den Dank dafür abstatten. Ganz besondere Ursache, mit den Regierungsparteien im allgemeinen und dem Herrn Dr. Luschka im besonderen zufrieden zu sein, hat aber die Stadt Troppau. Die verliert, dank der eifrigen Mitarbeit dieser Herren an der Verwaltungsreform, nicht nur die politische und autonome Landesverwaltung mit allen dazugehörigen Ämtern, sondern auch den Landesschulrat, die Finanzlandesdirektion mit dem Zolldepartement, die ja seit dem 1. Jänner d. J. bereits von Troppau weggekommen ist, den Landeskulturrat, das Landesgendarmeriekommando, wahrscheinlich das Militärdivisionskommando, dann die schlesische Kommunal- und Bodenkreditanstalt, die Landesstelle der Pensionsversicherungsanstalt, also mindestens 10 Anstalten, Ämter und Behörden, die Troppau weggenommen werden. Die vagen Versprechungen, die demgegenüber einer Troppauer Abordnung in verschiedenen Ämtern wegen Schaffung von Ersatzinstitutionen gestern und vorgestern hier in Prag gemacht wurden, haben nur den Wert von allgemein verbindlichen, oder sagen wir besser: unverbindlichen Redensarten und sind Beruhigungspillen zu vergleichen, die dem Patienten zur vorübergehenden Schmerzstillung verabreicht werden. Selbst wenn wirklich diese oder jene Amtsstellen in Troppau verbleiben oder ganz neue hinkommen sollten, wäre dadurch der Schade, den Troppau und ganz Schlesien erleidet, noch lange nicht gutgemacht. Denn erstens kann jede künftige Regierung das, was jetzt zugesagt wird, jederzeit widerrufen, zweitens ist der große Fremdenverkehr, den Troppau jetzt hat, durch die dort befindlichen zweiten Instanzen bedingt, die infolge der Verwaltungsreform nun allesamt verschwinden müssen. Das hat auch der Herr Finanzminister Engliš ganz richtig gesagt: es sei eine logische Konsequenz der Verwaltungsreform, daß im einheitlichen Mähren-Schlesien jetzt nur eine Landesdirektion und eine Landesstelle, ein Landesamt bei jedem Ressort sein können. Das ist begreiflich und es ist deshalb ein Unsinn, wenn jetzt von den Regierungsparteien den armen Troppauern immer eingeredet wird: Ihr bekommt das, was wir Euch versprochen haben. Es ist ein Irrtum, es ist gar nicht wahr, was der Herr Finanzminister Engliš gesagt hat, es bleibe die Landesfinanzdirektion. Sie bleibt natürlich nicht, es kommt nur eine Bezirksfinanzdirektion hin. Und drittens dienen alle Ämter, die allenfalls nach Troppau verlegt werden könnten, doch nur der Verèechung der Stadt. So sind z. B. sämtliche 45 Beamten der staatlich en Forstdirektion, deren Verlegung von Friedek nach Troppau in Erwägung gezogen wurde, Èechen. Von diesen 45 Familien würden die deutschen Handels- und Gewerbetreibenden Troppaus nichts zu verdienen bekommen. Dasselbe wäre bei Errichtung eines Eisenbahnbetriebsinspektorats, oder bei einer Vermehrung der Zahl der Postwenzel der Fall. Es wäre unter allen Umständen nichts weiter als eine neuerliche Verèechung Troppaus. Wirkliche Hilfe kann Troppau und Schlesien nur zuteil werden durch eine angemessene Novellierung der Verwaltungs reform. Nur mit diesem Vorbehalt können wir für die Zeit, solange das Unrecht, das Troppau und Schlesien zugefügt wurde, noch nicht wieder gutgemacht ist, jenen Forderungen zustimmen, die von deutschen und èechischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Troppaus in einer großen Manifestationsversammlung am 22. Oktober einmütig erhoben wurden. Überdies verlangen wir eine entsprechende Vertretung Schlesiens im neuen mährisch-schlesischen Landesausschuß, ferner in allen Kommissionen und. Abteilungen der Landesbehörden, und zwar sowohl durch Volksvertreter als auch durch schlesische Beamte. Ferner verlangen wir die Erweiterung der Zuständigkeit der schlesischen Landesverwaltungskommission nach § 28 des Gesetzes auf alle in die Kompetenz des Landesausschusses fallenden Angelegenheiten, die Schlesien betreffen, zu welchem Behufe auch die erforderlichen Beamten des Landesrechnungsamtes, der Landesbuchhaltung, der Landeskasse und der Landeskanzlei in Troppau und des Landesbauamtes in Troppau zu belassen sind. Selbstverständlich soll auch der Landesschulrat eine eigene Abteilung für Schlesien in Troppau behalten, samt den dazu gehörigen Rechnungsbeamten. Bleiben müssen weiter das Landesarchiv, das Amt für die Bemessung der Wertzuwachsabgabe und das Revisionsamt für die Gemeinden und Bezirke. Schließlich verlangen wir, wenn schon nicht die vom Abg. Jung geforderte deutsche Hochschule errichtet wird, zumindest die unverzügliche Umbildung der zweiklassigen deutschen Handels schule in eine deutsche Handelsakademie, die vollständige Wiederherstellung der jetzt nur aus zwei abwechselnden Jahrgängen bestehenden deutschen Lehrerbildungsanstalt samt dem Kindergärtnerinnenkurs in der früheren Form, also mit allen vier Jahrgängen, eine ausgiebige Förderung der deutschen Haushaltungsschule und der deutschen Mädchenmittelschule in Troppau durch den Staat. Die Èechen haben dort einen Palast errichtet, eine èechische Haushaltungsschule. Sie haben für sich gesorgt, aber unsere deutschen Anstalten, die aus privaten Mitteln gegründet und erhalten werden müssen, die können zugrunde gehen. Der Staat hat sich bisher in äußerst schäbiger Weise ihnen gegenüber benommen. (Posl. Geyer: Wenn wenigstens die Subventionen ausbezahlt werden würden, die im Budget stehen!) Ganz richtig. Im Budget stehen sie drinnen, tatsächlich werden aber 30 bis 40% für die deutschen Anstalten hergegeben, mit den restlichen Beträgen päppeln die Èechen ihre Anstalten auf. Troppau hätte also für die Übergangszeit tatsächlich die Möglichkeit, wenigstens als Schulstadt irgendwie entschädigt werden zu können und so würde auch das Deutschtum Troppaus nicht geschädigt durch das Hinversetzen von èechischen Beamten, was ja doch nur den Zweck hat, die deutsche Stadt Troppau èechisch zu machen. Wir verlangen, daß also auch die deutschen Mitterschulen, die dort sind, die deutsche Staatsrealschule und das deutsche Staatsgymnasium, die man angeblich zu einem einzigen deutschen Staatsrealgymnasium zusammenlegen will, ungeschmälert für die Stadt Troppau erhalten bleiben. Die große Gefahr besteht darin, daß dabei wieder Schulen zusammengeschweißt werden - in Olmütz ist das so geschehen. Das wäre keine Entschädigung für die Stadt, sondern nur eine weitere fürchterliche Schädigung. Man hat beiden Anstalten die Räumlichkeiten weggenommen und in das deutsche Gymnasium die èechische Fachschule hineingesteckt. Wir verlangen also, daß diesen Anstalten, dem Gymnasium ebenso wie der deutschen Lehrerbildungsanstalt, die von den èechischen Schulen beschlagnahmten Räumlichkeiten unverzüglich wieder zurückgegeben und daß die für einen ungestörten Lehrbetrieb notwendigen Räumlichkeiten wieder zur Verfügung gestellt werden. Die Èechen breiten sich in deutschen Schulen gehörig aus. Das muß endlich einmal aufhören und wenn man schon von Kompensationen für Troppau spricht, muß auch ein entsprechendes Entgegenkommen gezeigt werden. Das sind unsere Mindestforderungen zur teilweisen Kompensation des großen Verlustes, den Troppau erleidet. Ganz wird sich ja der Schade nicht gutmachen lassen. Für die Zukunft besteht überdies die große Gefahr, die auch von èechischer Seite bereits zugegeben wurde, daß, wenn einmal eine Änderung der Gebietseinteilung vorgenommen wird, wenn also eine Novellierung der Verwaltungsreform erfolgen und vielleicht wieder kleinere Verwaltungsgebiete geschaffen werden sollen, Schlesien, vergrößert durch Ostmähren, als selbständige Verwaltungseinheit wieder ersteht, wobei nicht wieder Troppau, sondern Mährisch-Ostrau die Hauptstadt wird. Das bedeutet selbstverständlich den Ruin des blühenden Geschäftslebens in Troppau, die Vernichtung tausender deutscher Existenzen dort. Dr. Luschka, der Troppauer Stadtvertreter, kann auf jeden Fall stolz darauf sein, an diesem Werke bestimmend und ausschlaggebend mitgewirkt zu haben. Ich wünsche ihm, daß er dafür von den dankbaren Troppauern zur bleibenden Erinnerung ausgehauen wird. In Stein selbstverständlich (Veselost na levici.), in Marmor, so wie hier der Herr Präsident Masaryk. So möchte ich ihm Böses mit Gutem vergelten. (Rùzné výkøiky na levici.) Mich hat er erst neulich hier in einem Zwischenruf bei der Rede seines Klubkollegen Bartel einen Hetzer genannt, dessen Patzereien er nun wieder gutmachen müsse. Ich weiß nicht, was ich durch mein beständiges Eintreten für die Rechte Schlesiens verpatzt habe. Ich glaube nur, das Konzept Luschkas, das eine vollständige Einschläferung und Pazifizierung der schlesischen Bevölkerung vorsah, gestört zu haben. (Sehr richtig.) Ihm war, wie er wiederholt betonte, daran gelegen, daß sich der Zusammenschluß Schlesiens mit Mähren reibungslos und wider standslos vollzieht, und in dieser Beziehung habe ich ihm allerdings einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber mich deswegen einen Hetzer zu nennen, ist gerade nicht sehr freundlich vom Koll. Luschka. Es läßt mich aber selbstverständlich kalt, da ich mir dessen bewußt bin, nichts als meine Pflicht getan zu haben. Wenn Dr. Luschka sich durch den Schlußsatz meiner letzten Rede: "Mördern der Selbstverwaltung gebührt der politische Tod" betroffen fühlt, so zeugt das nur von seinem schlechten Gewissen, und wenn mir hier der Abg. Bartel deshalb vorgeworfen hat, daß ich Worte in den Mund nehme, die man sonst bei einem Akademiker nicht zu finden gewohnt ist, Ausdrücke, die man nur in den untersten Schichten der Bevölkerung gebraucht, so ist mir das Urteil dieses Anstandslehrers nicht maßgebend. Ich nehme mir allerdings kein Blatt vor den Mund und scheue gewiß auch nicht vor volkstümlichen Ausdrücken zurück. Es ist aber, verzeihen Sie das harte Wort, eine freche Lüge und Entstellung, daß der Abg. Wagner z. B., der durch seine Jauchenrede berühmt geworden ist, von mir behauptet, ich hätte anläßlich der Zoll- und Kongruaabstimmung die deutschen Bauern "Bauern-schweine" (Hluk na levici.) genannt. Gleich damals wurde einwandfrei festgestellt, daß ich meiner Entrüstung über das unerwartet schmähliche Verhalten der jetzigen deutschen Regierungsparteien, die damals noch keine Regierungsparteien waren, durch den Zwischenruf "Schweinerei" Luft gemacht hatte. Daraus schmiedet Herr Wagner in Wählerversammlungen in Südmähren den Vorwurf, ich hätte den gesamten deutschen Bauernstand als "Bauernschweine" beschimpft und der "Landruf" in Brünn druckt das selbstverständlich breit, dick und fett ab, um der deutschen Nationalpartei eins aufs Zeug zu flicken. Mit derartigen Mitteln wird gegen uns gekämpft, da es den Herren an sachlichen Argumenten zur Widerlegung unserer Politik mangelt. Auch der schon vorgenannte Bartel wußte nichts anderes gegen meine rein sachlichen Ausführungen über die Notwendigkeit einer baldigen Novellierung der Verwaltungsreform vorzubringen, als daß er die Behauptung aufstellte, die Bevölkerung nehme mich schon längst nicht mehr ernst, denn ich sei unter jene Politiker gegangen - das habe ich dem stenographischen Protokoll entnommen die scheinbar ständig vom Hetzkoller besessen sind. Ich überlasse es ruhig der Beurteilung meiner Kollegen und der Wählerschaft, ob sie meinen Kampf gegen die Preisgabe der Selbständigkeit Schlesiens als "Hetzkoller" qualifizieren, ob sie damit, wie ich diesen Kampf geführt habe, einverstanden sind oder nicht. Soviel ich aus vielen hunderten Unterredungen und Zuschriften weiß, haben wirklich heimattreue und deutschbewußte Schlesier mir die Art meines Kampfes um Schlesiens Rechte nicht nur nicht übel genommen, sondern mir im Gegenteil Dank und Anerkennung in reicher Fülle bezeugt. Bei Luschkas getreuen Schildknappen habe ich allerdings niemals Verständnis dafür vorausgesetzt. Bartel hat sich zum Schluß seiner Rede besonders darüber ereifert, daß ich mich als Retter der heiligen Hedwig in Schlesien aufspielte, wie er sich auszudrücken beliebte. Mein Verbrechen bestand einfach darin, daß ich mich im Vorjahre erfrechte, ohne vorher die Genehmigung der christlichsozialen Volkspartei einzuholen, einen Artikel zum Hedwigstage, dem ehemaligen schlesischen Landesfeiertag, zu veröffentlichen, in dem ich die Schlesier erinnerte, an diesem nunmehr gesetzlich abgeschafften Landesfeiertag der alten, schlesischen Selbständigkeit zu gedenken. Weil dieser Zeitungsartikel in Schlesien überail Anklang fand und weil Dr. Luschka offenbar vergessen hatte, nebst dem schlesischen Adler und dem schlesischen Wappen auch noch die hl. Hedwig, den Landesfeiertag für Schlesien, zu retten, so zürnt er mir und hat mir durch den Mund Bartels das Recht absprechen lassen, als Schutzpatron der hl. Hedwig aufzutreten. Das soll mich selbstverständlich nicht daran hindern, auch fernerhin jede mir passend erscheinende Gelegenheit zu benützen - und dazu zähle ich auch den jetzt abgeschafften Landesfeiertag - um die Schlesier wach zu rütteln, meine Landsleute, die Herr Luschka und Konsorten einzuschläfern sich immer bemühten. (Sehr gut!) Das geht diesen Herren auf die Nerven, ich kann ihnen nicht helfen, im Gegenteil, je mehr sie sich getroffen fühlen, desto besser. Den Schlesiern werden sie, so hoffe ich, doch einmal kein X für ein U mehr vormachen können. Die Schlesier werden aber einsehen, daß sie von diesen Leuten das Heil nicht zu erwarten haben und vielleicht werden dann diese Herren in Schlesien zumindest im allgemeinen in der Politik ihr klägliches Verhalten doch endlich einmal ändern und davon ablassen und vielleicht eine andere Politik machen als in den letzten Jahren. Möge schon der Ausgang der Wahlen am 2. Dezember ihnen ein Fingerzeig sein, daß unser Sudetendeutschtum mit ihrer opportunistischen Politik, die eine deutsche Position nach der anderen kampflos preisgibt, nicht einverstanden ist, möge der gesunde Sinn der Bevölkerung trotz List und Gewalt, trotz Verleumdung und Irreführung sieh allmählich durchringen und unserem guten deutschen Rechte schließlich zum Siege verhelfen. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany národní.)

2. Øeè posl. Weberové (viz str. 30 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Wir sind ja leider daran gewöhnt, daß Gesetze, die hier zur Beratung kommen, schon bei der ersten Vorlage förmlich nach der Novellierung schreien. Auch das eben zur Beratung stehende Gesetz ist ein halb fertiges Machwerk, welches das ganze Problem als nebensächlich mit einer außerordentlichen Oberflächlichkeit behandelt, ohne Rücksicht darauf, wieviel und wie schwer diese Frage unseren Frauen am Herzen liegt, ohne Rücksicht darauf, daß Volksaufzucht und Volkswohlfahrt im engsten Zusammenhange damit steht. Die ganze Gesetzesvorlage ist ein bloßer Auswuchs des Bürokratismus und bedeutet nichts weiter als die staatliche Kontrolle möglichst weit anzudehnen, und wir wissen leider aus trauriger Erfahrung, wie sich derartiges besonders an uns Deutschen auszuwirken pflegt. Daß den berechtigten Forderungen der Geburtsassistentinnen in keiner Weise auch nur im geringsten Genüge geleistet wird, darf allerdings nicht wundernehmen, denn man spricht in diesem Staate soviel von Demokratie, daß zu einem wirklich demokratischen Handeln einfach keine Zeit gegeben ist. Der schwer um seine Existenz ringende Stand der Hebammen erhält in der Vorlage höchstens leere Versprechungen, eine soziale Sicherung ist für die Hebammen nicht zu erreichen. Es ist in der Vorlage staatlicherseits auch nicht die geringste Maßregel vorgeschlagen, keine Vorsorge getroffen für Unfall, Krankheit, Invalidität und Alter der Geburtsassistentinnen. Man fordert von ihnen die höchste Aufopferung bei ihrer Pflichterfüllung, bei Tag und Nacht müssen sie, zu jeder Stunde, ob schön, ob Regen, den an sie ergangenen Rufen folgen. Im Alter aber, da können sie betteln, und jede Monatsversammlung der Hebammenvereine bringt die Beweise dafür, daß arbeitsunfähige alte Vertreterinnen des Standes dort sind, um die Hilfe ihrer noch aktiven Berufskolleginnen anzusprechen. Es besteht ein förmlicher Aberglaube unter der Bevölkerung, wie auch anscheinend im Ministerium für Gesundheitsfürsorge über die glänzende Lage der Hebammen. Vielleicht genügen einige Ziffern, um diesen Aberglauben zu zerstören. Während in Deutschland z. B. Krankenkassen für eine normale Geburt den Hebammen 35 Mark, also rund 280 Kè bezahlen, hat es das Gesundheitsministerium mit dem Erlaß vom 12. Mai 1927, Z. 6681, für gut befunden, die Tarife nach eigener Ansicht festzusetzen, ohne Rücksicht auf die durch den Geburtenrückgang hervorgerufene Verringerung der Einnahmen, ohne Rücksicht auf den steigenden Index wird einfach kurzerhand verfügt, daß z. B. die bisher mit 100 Kè bezifferte Mindesthonorarleistung auf 75 Kè herabgesetzt wird. Die Krankenkassen bezahlen durchwegs 100 Kè für eine einzelne normale Entbindung, es gibt aber auch einzelne Kassen, die nur bis zu 40 Kè bezahlen. Für diese horrenden Beträge muß nun die Geburtsassistentin entsprechend auch der heutigen Vorlage durch 9 Tage zweimal täglich ihre Pflicht erfüllen. Ihr ist das Wohl und Wehe der Mutter anvertraut, in der schwersten Stunde muß sie ihr hilfreich beistehen, alle Aufmerksamkeit, Sorgfalt und Pflege der ringenden Mutter widmen, kurz es lastet auf ihr eine ganz außerordentliche Verantwortung, auch wenn sie dafür, was häufig genug geschieht, gar nichts bekommt. Daß speziell in unseren Industriegebieten nur in ganz vereinzelten Fällen die höheren Taxen von 200 Kè aufwärts bezahlt werden, ist jedem, der die Verhältnisse kennt, vollständig klar, dafür aber muß die Hebamme noch die 2%ige Umsatzsteuer bezahlen und es ist ein helles Wunder, daß sich der Herr Finanzminister die Gelegenheit entgehen ließ, die 10%ige Luxussteuer vorzuschreiben, (Veselost na levici.), denn anscheinend ist in diesem Staate das Kinderkriegen ein Luxus, den sich demnächst nurmehr Millionäre gestatten können. Daß hiebei hinter den Hebammen noch der Gendarm steht, durch den jede Verfehlung, die sich die Mutter oder das dieselbe pflegende andere Personal zuschulden kommen läßt, der Hebamme in die Schuhe geschoben und sie dafür verantwortlich gemacht wird, ist eine alte Tatsache.

Der § 7 der Vorlage räumt den Behörden 2. Instanz weitestgehenden Einfluß auf die Berechtigung zur Ausübung des Berufes ein. Hier wird z. B. darauf verwiesen, daß die Behörde die Ausübung des Berufes einstellen kann, wenn die Leistungsfähigkeit der betreffenden Geburtsassistentin eine herabgeminderte wird. Aber man vergißt dabei vollständig, daß man nicht dafür Sorge trägt, daß in dem Momente, wo durch Alter und Krankheit ihre Leistungsfähigkeit nachläßt, die Betreffende auch von Staatswegen irgend etwas bezieht, das sie vor dem Verhungern schützt. Gehen Sie hinaus in unsere Ortschaften, wo Sie alte Weiblein mit 70 Jahren und mehr finden werden, die dort den Dienst der Geburtsassistentinnen versehen müssen, weil sie in dem Augenblick, wo sie den Beruf nicht mehr ausüben, einfach nichts mehr zu essen haben. (Posl. dr Koberg: Das ist eben soziale Fürsorge!) Die ist weitestgehend in jeder Richtung. Es gibt noch Tausende von anderen Fällen. Es ist immer wieder dasselbe, daß man hier sehr viel spricht, aber wenn es gilt, soziale Einrichtungen zu treffen, dann sind die heutigen Machthaber überhaupt nicht zu sehen. Dieselbe Leere immer, wie sie heute hier im Saale herrscht.

Im § 7 und ganz besonders in den §§ 8 und 9 liegen auch unsere nationalen Bedenken. Durch die Dehnbarkeit ihrer Bestimmungen ist den berüchtigten Verordnungen der weiteste Spielraum gelassen und wir haben ja leider in dieser Richtung schon geradezu traurige Erfahrungen gemacht. Die gründliche Ausbildung und Schulung der Geburtshelferinnen ist im Interesse der Volkswohlfahrt natürlich von größter Wichtigkeit. Es ist ein Zeitraum von 10 Monaten angenommen, um die Ausbildung einer Geburtsassistentin vollständig zu besorgen und ihr nach diesem Zeitraum ein Diplom zu geben. Ob in diesen 10 Monaten das Ziel faktisch erreicht werden kann? Ich bezweifle es. Nach meiner Ansicht wäre die Ausbildungszeit entschieden auf einen längeren Zeitraum zu erstrecken. Es ist hier aber noch etwas anderes zu bemerken. Die Regierung hat seinerzeit ohne sachliche Gründe die Ausbildung der deutschen Hebammen der deutschen Universität in Prag entzogen. Dadurch wurde den deutschen Anwärterinnen die Möglichkeit einer gründlichen Ausbildung ganz bedeutend erschwert. Ein Antrag meiner Partei, daß nuerlich ein deutscher Hebammenkurs an der medizinischen Fakultät in Prag eingeführt werden soll, wurde wie gewöhnlich unter Mithilfe der deutschen Regierungsparteien niedergestimmt. Nun möchte ich aber sagen, daß sich in unserem deutschen Gebiet mehr und mehr, besonders draußen am Lande, der Mangel deutscher Hebammen fühlbar macht. Männer, die den Mutterschmerz niemals kennengelernt haben, können kein volles Verständnis für unsere Klagen haben, aber irgendwelche Gerechtigkeit muß doch auch bei Ihnen zu finden sein, mögen Sie auch der anderen Nation angehören; es muß doch um Gottes Willen die deutsche Frau, die der Menschheit die schwersten Opfer bringt, das Recht haben, in ihrer Muttersprache Rat und Hilfe zu erhalten. Diese Vorlage wird unseren Wünschen ganz gewiß nicht gerecht. Es ist ein dringendes Bedürfnis, daß deutsche Hebammenkurse in deutschen Städten abgehalten werden. Eine einwandfreie Lösung dieser Frage ist von der heutigen Vorlage gewiß nicht zu erwarten. Sie sieht Wiederholungskurse vor, deren erster 5 Jahre nach der Diplomerteilung von den jeweiligen Hebammen besucht werden muß. Diese Wiederholungskurse wären gewiß zu begrüßen, ich würde aber noch weitergehen und sagen, daß es notwendig wäre, daß jeweilig in den betreffenden Orten, wo ein Arzt vorhanden ist, die Hebammen stets mit allen großen Errungenschaften auf dem Gebiete der Geburtshilfe bekanntgemacht werden müssen, so daß sie immer auf dem Laufenden sind. Betreffs der Wiederholungskurse möchte ich bemerken, daß es auch in dieser Beziehung notwendig wäre, daß in gleicher Weise wie die èechischen auch die deutschen nationalen Wünsche berücksichtigt werden. Außerdem kommt hier noch etwas anderes in Frage. Die Hebammen sind heute faktisch nicht auf Rosen gebettet, ihre verhältnismäßig geringen Einnahmen gestatten ihnen nicht die Ansammlung von Kapitalien. Der Besuch der Wiederholungskurse bedeutet einen mehrwöchentlichen Aufenthalt in einer fremden Stadt und bedingt weiters den Verdienstentgang während dieser Zeit. Es wäre daher Pflicht und Schuldigkeit, aus Staatsmitteln einen Fond zu schaffen, der es mittellosen Anwärterinnen ermöglicht, durch Erhalt einer Subvention diese Kurse zu besuchen. Ich habe diesbezüglich auch zwei Resolutionsanträge gestellt und empfehle sie zur Annahme.

Da die Vorlage in keinerlei Form als genügend bezeichnet werden kann, außerdem in nationaler Hinsicht unsere schwersten Bedenken wachruft und schließlich den Geburtsassistentinnen selbst nicht die geringste Hilfe bei Unfall, Krankheit. Invalidität sichert, wird meine Partei gegen die Vorlage stimmen. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)


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