Meine Damen und Herren! Haben in Amerika bei
der Präsidentenwahl die Trockenen gesiegt, so bedeutet der
vorliegende Gesetzentwurf über den Ausschank alkoholischer
Getränke vor und am Wahltag einen wenigstens teilweisen Sieg
der Nassen hierzulande. Vielleicht hofft man, auf diesem Wege
die Wahlen in Karpathorußland in einem den Regierungsparteien
günstigen Sinne beeinflussen zu können. In unseren Gebieten
ist die vorgeschlagene Gesetzesänderung mehr oder weniger
bedeutungslos. An derartigen Äußerlichkeiten hat unsere
Öffentlichkeit kein besonderes Interesse, seit die Wahlen
für die neuen Bezirks- und Landesvertretungen ausgeschrieben
sind, auf die sich schließlich und endlich das gesamte Interesse
konzentriert. Die Regierungskoalition hat bekanntlich den traurigen
Mut aufgebracht, mit dem nächsten Monat das Schandwerk der
Verwaltungsreform unverändert in Kraft zu setzen, trotz aller
Warnungen und Mahnungen. Zu ihrer Rechtfertigung berufen sich
die Herren von der Mehrheit auf die Demokratie, die angeblich
durch die Wahl der neuen Vertretungskörper gefördert
wird. Sie verschweigen dabei, daß ein Drittel aller Vertreter
ernannt wird, was nicht gerade nach Demokratie riecht, sie verschweigen,
daß die politischen Beamten als Vorsitzende der Körperschaften
Beamte zur Abstimmung kommandieren und jedweden Beschluß
aufheben können daß die Geschäftsordnungen von
der Regierung oktroiiert werden und daß in jeder Hinsicht
das Gegenteil eines Fortschrittes der Demokratie zu verzeichnen
ist. Wenn man an die alten Landtage und Bezirksvertretungen denkt,
so muß einem selbst das alte Österreich als hundertfach
demokratischer erscheinen, als diese Neuordnung, deren sich nun
auch die deutschen Regierungsparteien in ihren Blättern und
Versammlungen rühmen. Vom deutschen Standpunkte wollen die
Herrschaften darin eine Besserung erblicken und zwar in der Hinsicht,
daß nach ihrer Behauptung die nationale Selbstverwaltung
im Landesschulrat und Landeskulturrat gesichert ist - so zu lesen
im Wahlaufruf der Christlichsozialen. Die Kühnheit dieser
Behauptung übersteigt jedenfalls den Mut der deutschen Christlichsozialen,
der Landbündler und Gewerbeparteiler, den sie bisher bei
Verfechtung deutscher Forderungen an den Tag gelegt haben, um
ein ganz Beträchtliches. Jetzt vor den Wahlen sprechen sie
von dem Ausbau unserer Selbstverwaltung, mimen den wilden Mann,
nachdem sie vorher selbst an der Zerstörung der Grundlagen
aller lebenden Selbstverwaltung in Gemeinden, Bezirken und Ländern
ausschlaggebend mitgewirkt hatten; und nach den Wahlen werden
sie weiter in dem gleichen Sinne arbeiten wie vor den Wahlen,
sie werden, wenn sie an der Macht bleiben, wieder nichts tun,
um ihre Versprechungen einzulösen. Wer die Demokratie erschlägt,
der kann die Selbstverwaltung nicht leben lassen, denn beide bedingen
sich. Deshalb ist alles Gerede davon, auf der Grundlage dieses
antidemokratischen Gesetzes irgendeine Selbstverwaltung erstehen
zu lassen, von vornherein als Geflunker deutlich erkennbar. Mehr
als kühn ist aber die Behauptung der deutschen Koalitionsgenossen,
in den neuen Vertretungen und Vertretungskörpern werde die
politische Gleichberechtigung der Deutschen in diesem Staate zum
Ausdruck kommen. Der christlichsoziale Senator Dr. Hilgenreiner
hat erst jüngst im Budgetausschuß des Senates festgestellt,
daß die Deutschen von der Verwaltung fast ganz ausgeschlossen
sind und daß man uns fremden Beamten unterstellt, wie die
Inder den englischen. Wie nun bei einer solchen Sachlage die Aufrichtung
einer deutschen Selbstverwaltung, die Gleichberechtigung usw.
möglich sein soll, ist wohl unerfindlich. Bei dieser absoluten
Beamtenherrschaft, die ja nach den Worten des Herrn Dr. Hilgenreiner
fast ausschließlich in èechischen Händen liegt,
kann wohl von politischer Gleichberechtigung der Deutschen in
Zukunft unter der segensreichen Auswirkung der kommenden Verwaltungsreform
nicht die Rede sein. Ein solcher Dreh ist selbst als Wahlschlager
zu plump, um von vernünftigen Wählern geglaubt zu werden.
Ebenso dreist ist die Unterstellung, daß die beiden deutschen
Gaue und Schlesien aus höheren nationalen Rücksichten
geopfert werden müßten, damit nämlich das Deutschtum
in Böhmen und in Mahren-Schlesien ein absolut stärkerer
Machtfaktor werde. (Výkøiky na levici.)
Die deutschen Regierungsparteien vertuschen dabei, daß
die deutschen Gaue Karlsbad und Böhm. Leipa den èechischen
Chauvinisten unerträglich erscheinen und bezüglich Schlesiens
hat der Koll. Rýpar von
der èechischen Volkspartei erst am 3.
d. M. in Troppau offen gesagt: Das Land Schlesien ist deshalb
nicht erhalten geblieben, weil in ihm noch zuviel von dem irredentistischen
Geist des alten Sudetenlandes lebt. Deshalb mußte es seine
Selbständigkeit verlieren und fest an Brünn angegliedert
werden. Wie reimen sich damit die bei der Verwaltungsreform geleisteten
Handlangerdienste der deutschen Regierungsparteien, die doch angeblich
nach wie vor für die Rechte der Deutschen in diesem Staate
kämpfen? Auch unsere Betätigung im Hultschiner Ländchen,
welche angeblich die Konsolidierung - das ist nämlich die
Èechisierung dieses Gebietes - verzögert, macht Koll.
Rýpar mitverantwortlich
für den Verlust des Landes Schlesien und er hat uns gesagt:
"Ja, Ihr deutschen Oppositionellen, die Ihr euch darüber
beklagt, daß Schlesien seine Selbständigkeit aufgeben
mußte, Ihr deutschen Oppositionellen seid also selbst daran
schuld. Denn erstens seid Ihr noch immer im Geiste des Sudetenlandes
befangen und zweitens macht Ihr uns einen Wirbel in Hultschin
und verhindert dadurch die vollständige Assimilierung dieses
Gebietes." Der Landespräsident Šrámek hatte
bereits im März dieses Jahres den gleichen Grund für
die jetzt vollzogene Teilung des Hultschiner Bezirkes ins Treffen
geführt und trotzdem hatte wenige Wochen darauf Herr Dr.
Luschka alle christlichsozialen Gemeindevertreter des Hultschiner
Ländchens zusammengetrommelt und sie dort in einer Entschließung,
die er beantragt und begründet hatte, beauftragt, gegen jede
Entschließung in den Gemeindevertretungen zu stimmen, welche
die ungeteilte Aufrechterhaltung dieses Gebietes forderte. Nun
wurden tatsächlich durch eine Verordnung 12 Gemeinden mit
3400 deutschen Stimmen durch diese Regierungsverordnung vom Hultschiner
Bezirk abgesprengt und dem Bezirk Troppau-Land zugeteilt,
der im ganzen nur 3000 deutsche Stimmen hatte. Hingegen wurden
5 rein èechische Gemeinden des Waagstädter Bezirkes
Hultschin angegliedert, um so sicher eine èechische Mehrheit
im Hultschiner Ländchen zu schaffen und andererseits dem
Auslande vorzutäuschen, die Hultschiner
Bevölkerung habe sich bereits freiwillig größtenteils
zum Èechentume bekannt. Der Ausnahmszustand im Hultschiner
Ländchen ist selbst in diesen jetzt abgetrennten 12 deutschen
Gemeinden des Hultschiner Ländchens noch immer nicht aufgehoben,
der deutsche Unterricht darf auch dort noch immer nicht erteilt
werden. Ist das nicht eine Schmach und Schande für die deutschen
Regierungsparteien? (Výkøiky na levici.)
So sieht die mühevolle nationale Arbeit
aus, die Herr Dr. Luschka mit seinen Getreuen seit 2 1/2
Jahren für Schlesien, für das Hultschiner Ländchen
und für die Rechte des Sudetendeutschtums im allgemeinen
leistet. Einen besseren Helfershelfer konnten sich die Herren
Èerný und Kramáø
gar nicht wünschen. (Souhlas na
levici.) Mühelos bekommen sie durch ihn und durch seine
Getreuen das in die Hände gespielt, was sie sonst nur durch
schwerste Kämpfe erreichen könnten. Hultschin und Schlesien
wird ihm hoffentlich bei den Wahlen den Dank dafür abstatten.
Ganz besondere Ursache, mit den Regierungsparteien im allgemeinen
und dem Herrn Dr. Luschka im besonderen zufrieden zu sein,
hat aber die Stadt Troppau. Die verliert, dank der eifrigen Mitarbeit
dieser Herren an der Verwaltungsreform, nicht nur die politische
und autonome Landesverwaltung mit allen dazugehörigen Ämtern,
sondern auch den Landesschulrat, die Finanzlandesdirektion mit
dem Zolldepartement, die ja seit dem 1. Jänner d. J. bereits
von Troppau weggekommen ist, den Landeskulturrat, das Landesgendarmeriekommando,
wahrscheinlich das Militärdivisionskommando, dann die schlesische
Kommunal- und Bodenkreditanstalt, die Landesstelle der Pensionsversicherungsanstalt,
also mindestens 10 Anstalten, Ämter und Behörden, die
Troppau weggenommen werden. Die vagen Versprechungen, die demgegenüber
einer Troppauer Abordnung in verschiedenen Ämtern wegen Schaffung
von Ersatzinstitutionen gestern und vorgestern hier in Prag gemacht
wurden, haben nur den Wert von allgemein verbindlichen, oder sagen
wir besser: unverbindlichen Redensarten und sind Beruhigungspillen
zu vergleichen, die dem Patienten zur vorübergehenden Schmerzstillung
verabreicht werden. Selbst wenn wirklich diese oder jene Amtsstellen
in Troppau verbleiben oder ganz neue hinkommen sollten, wäre
dadurch der Schade, den Troppau und ganz Schlesien erleidet, noch
lange nicht gutgemacht. Denn erstens kann jede künftige Regierung
das, was jetzt zugesagt wird, jederzeit widerrufen, zweitens ist
der große Fremdenverkehr, den Troppau jetzt hat, durch die
dort befindlichen zweiten Instanzen bedingt, die infolge der Verwaltungsreform
nun allesamt verschwinden müssen. Das hat auch der Herr Finanzminister
Engliš ganz richtig gesagt: es sei eine logische Konsequenz
der Verwaltungsreform, daß im einheitlichen Mähren-Schlesien
jetzt nur eine Landesdirektion und eine Landesstelle, ein Landesamt
bei jedem Ressort sein können. Das ist begreiflich und es
ist deshalb ein Unsinn, wenn jetzt von den Regierungsparteien
den armen Troppauern immer eingeredet wird: Ihr bekommt das, was
wir Euch versprochen haben. Es ist ein Irrtum, es ist gar nicht
wahr, was der Herr Finanzminister Engliš gesagt hat,
es bleibe die Landesfinanzdirektion. Sie bleibt natürlich
nicht, es kommt nur eine Bezirksfinanzdirektion hin. Und drittens
dienen alle Ämter, die allenfalls nach Troppau verlegt
werden könnten, doch nur der Verèechung der Stadt.
So sind z. B. sämtliche 45 Beamten der staatlich en Forstdirektion,
deren Verlegung von Friedek nach Troppau in Erwägung gezogen
wurde, Èechen. Von diesen 45 Familien würden die deutschen
Handels- und Gewerbetreibenden Troppaus
nichts zu verdienen bekommen. Dasselbe wäre bei Errichtung
eines Eisenbahnbetriebsinspektorats, oder bei einer Vermehrung
der Zahl der Postwenzel der Fall. Es wäre unter allen Umständen
nichts weiter als eine neuerliche Verèechung
Troppaus. Wirkliche Hilfe kann Troppau und Schlesien nur zuteil
werden durch eine angemessene Novellierung der Verwaltungs reform.
Nur mit diesem Vorbehalt können wir für die Zeit, solange
das Unrecht, das Troppau und Schlesien zugefügt wurde, noch
nicht wieder gutgemacht ist, jenen Forderungen zustimmen,
die von deutschen und èechischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
Troppaus in einer großen Manifestationsversammlung am 22.
Oktober einmütig erhoben wurden. Überdies verlangen
wir eine entsprechende Vertretung Schlesiens
im neuen mährisch-schlesischen Landesausschuß, ferner
in allen Kommissionen und. Abteilungen der Landesbehörden,
und zwar sowohl durch Volksvertreter als auch durch schlesische
Beamte. Ferner verlangen wir die Erweiterung der Zuständigkeit
der schlesischen Landesverwaltungskommission nach § 28 des
Gesetzes auf alle in die Kompetenz des Landesausschusses fallenden
Angelegenheiten, die Schlesien betreffen, zu welchem Behufe auch
die erforderlichen Beamten des Landesrechnungsamtes, der Landesbuchhaltung,
der Landeskasse und der Landeskanzlei in Troppau und des Landesbauamtes
in Troppau zu belassen sind. Selbstverständlich soll auch
der Landesschulrat eine eigene Abteilung für Schlesien in
Troppau behalten, samt den dazu gehörigen Rechnungsbeamten.
Bleiben müssen weiter das Landesarchiv, das Amt für
die Bemessung der Wertzuwachsabgabe und das Revisionsamt für
die Gemeinden und Bezirke. Schließlich verlangen wir, wenn
schon nicht die vom Abg. Jung geforderte deutsche Hochschule
errichtet wird, zumindest die unverzügliche Umbildung der
zweiklassigen deutschen Handels schule in eine deutsche Handelsakademie,
die vollständige Wiederherstellung der jetzt nur aus zwei
abwechselnden Jahrgängen bestehenden deutschen Lehrerbildungsanstalt
samt dem Kindergärtnerinnenkurs in der früheren
Form, also mit allen vier Jahrgängen, eine ausgiebige Förderung
der deutschen Haushaltungsschule und der deutschen Mädchenmittelschule
in Troppau durch den Staat. Die Èechen haben dort einen
Palast errichtet, eine èechische Haushaltungsschule. Sie
haben für sich gesorgt, aber unsere deutschen Anstalten,
die aus privaten Mitteln gegründet und erhalten werden müssen,
die können zugrunde gehen. Der Staat hat sich bisher in äußerst
schäbiger Weise ihnen gegenüber benommen. (Posl.
Geyer: Wenn wenigstens die Subventionen ausbezahlt werden würden,
die im Budget stehen!) Ganz richtig. Im Budget stehen
sie drinnen, tatsächlich werden aber 30 bis 40% für
die deutschen Anstalten hergegeben, mit den restlichen Beträgen
päppeln die Èechen ihre Anstalten auf. Troppau hätte
also für die Übergangszeit tatsächlich die Möglichkeit,
wenigstens als Schulstadt irgendwie entschädigt werden
zu können und so würde auch das Deutschtum Troppaus
nicht geschädigt durch das Hinversetzen von èechischen
Beamten, was ja doch nur den Zweck hat, die deutsche Stadt Troppau
èechisch zu machen. Wir verlangen, daß
also auch die deutschen Mitterschulen, die dort sind, die deutsche
Staatsrealschule und das deutsche Staatsgymnasium, die man angeblich
zu einem einzigen deutschen Staatsrealgymnasium zusammenlegen
will, ungeschmälert für die Stadt Troppau erhalten bleiben.
Die große Gefahr besteht darin, daß dabei wieder Schulen
zusammengeschweißt werden - in Olmütz ist das so geschehen.
Das wäre keine Entschädigung für die Stadt, sondern
nur eine weitere fürchterliche Schädigung. Man hat beiden
Anstalten die Räumlichkeiten weggenommen und in das
deutsche Gymnasium die èechische Fachschule hineingesteckt.
Wir verlangen also, daß diesen Anstalten, dem Gymnasium
ebenso wie der deutschen Lehrerbildungsanstalt, die von den èechischen
Schulen beschlagnahmten Räumlichkeiten
unverzüglich wieder zurückgegeben und daß die
für einen ungestörten Lehrbetrieb notwendigen Räumlichkeiten
wieder zur Verfügung gestellt werden. Die Èechen breiten
sich in deutschen Schulen gehörig aus. Das muß endlich
einmal aufhören und wenn man schon von
Kompensationen für Troppau spricht, muß auch ein entsprechendes
Entgegenkommen gezeigt werden. Das sind unsere Mindestforderungen
zur teilweisen Kompensation des großen Verlustes, den Troppau
erleidet. Ganz wird sich ja der Schade nicht gutmachen lassen.
Für die Zukunft besteht überdies die große Gefahr,
die auch von èechischer Seite bereits zugegeben wurde,
daß, wenn einmal eine Änderung der Gebietseinteilung
vorgenommen wird, wenn also eine Novellierung der Verwaltungsreform
erfolgen und vielleicht wieder kleinere Verwaltungsgebiete
geschaffen werden sollen, Schlesien, vergrößert durch
Ostmähren, als selbständige Verwaltungseinheit wieder
ersteht, wobei nicht wieder Troppau, sondern Mährisch-Ostrau
die Hauptstadt wird. Das bedeutet selbstverständlich den
Ruin des blühenden Geschäftslebens in Troppau, die Vernichtung
tausender deutscher Existenzen dort. Dr. Luschka, der Troppauer
Stadtvertreter, kann auf jeden Fall stolz darauf sein, an diesem
Werke bestimmend und ausschlaggebend mitgewirkt zu haben. Ich
wünsche ihm, daß er dafür von den dankbaren Troppauern
zur bleibenden Erinnerung ausgehauen wird. In Stein selbstverständlich
(Veselost na levici.), in Marmor, so wie hier der Herr
Präsident Masaryk. So möchte ich ihm Böses
mit Gutem vergelten. (Rùzné výkøiky
na levici.) Mich hat er erst neulich hier
in einem Zwischenruf bei der Rede seines Klubkollegen Bartel
einen Hetzer genannt, dessen Patzereien er nun wieder gutmachen
müsse. Ich weiß nicht, was ich durch mein beständiges
Eintreten für die Rechte Schlesiens verpatzt habe. Ich glaube
nur, das Konzept Luschkas, das eine vollständige Einschläferung
und Pazifizierung der schlesischen Bevölkerung vorsah, gestört
zu haben. (Sehr richtig.) Ihm war, wie er wiederholt betonte,
daran gelegen, daß sich der Zusammenschluß Schlesiens
mit Mähren reibungslos und wider standslos vollzieht, und
in dieser Beziehung habe ich ihm allerdings einen Strich durch
die Rechnung gemacht. Aber mich deswegen einen Hetzer zu nennen,
ist gerade nicht sehr freundlich vom Koll. Luschka. Es
läßt mich aber selbstverständlich kalt, da ich
mir dessen bewußt bin, nichts als meine Pflicht getan zu
haben. Wenn Dr. Luschka sich durch den Schlußsatz
meiner letzten Rede: "Mördern der Selbstverwaltung gebührt
der politische Tod" betroffen fühlt, so zeugt das nur
von seinem schlechten Gewissen, und wenn mir hier der Abg. Bartel
deshalb vorgeworfen hat, daß ich Worte in den Mund nehme,
die man sonst bei einem Akademiker nicht zu finden gewohnt ist,
Ausdrücke, die man nur in den untersten Schichten der Bevölkerung
gebraucht, so ist mir das Urteil dieses Anstandslehrers nicht
maßgebend. Ich nehme mir allerdings kein Blatt vor den Mund
und scheue gewiß auch nicht vor volkstümlichen Ausdrücken
zurück. Es ist aber, verzeihen Sie das harte Wort, eine freche
Lüge und Entstellung, daß der Abg. Wagner z.
B., der durch seine Jauchenrede berühmt geworden ist, von
mir behauptet, ich hätte anläßlich der Zoll- und
Kongruaabstimmung die deutschen Bauern "Bauern-schweine"
(Hluk na levici.) genannt. Gleich damals wurde einwandfrei
festgestellt, daß ich meiner Entrüstung über das
unerwartet schmähliche Verhalten der jetzigen deutschen Regierungsparteien,
die damals noch keine Regierungsparteien waren, durch den Zwischenruf
"Schweinerei" Luft gemacht hatte. Daraus schmiedet Herr
Wagner in Wählerversammlungen in Südmähren
den Vorwurf, ich hätte den gesamten deutschen Bauernstand
als "Bauernschweine" beschimpft und der "Landruf"
in Brünn druckt das selbstverständlich breit, dick und
fett ab, um der deutschen Nationalpartei eins aufs Zeug zu flicken.
Mit derartigen Mitteln wird gegen uns gekämpft, da es den
Herren an sachlichen Argumenten zur Widerlegung unserer Politik
mangelt. Auch der schon vorgenannte Bartel wußte
nichts anderes gegen meine rein sachlichen Ausführungen über
die Notwendigkeit einer baldigen Novellierung der Verwaltungsreform
vorzubringen, als daß er die Behauptung aufstellte, die
Bevölkerung nehme mich schon längst nicht mehr ernst,
denn ich sei unter jene Politiker gegangen - das habe ich dem
stenographischen Protokoll entnommen die scheinbar ständig
vom Hetzkoller besessen sind. Ich überlasse es ruhig der
Beurteilung meiner Kollegen und der Wählerschaft, ob sie
meinen Kampf gegen die Preisgabe der Selbständigkeit Schlesiens
als "Hetzkoller" qualifizieren, ob sie damit, wie ich
diesen Kampf geführt habe, einverstanden sind oder nicht.
Soviel ich aus vielen hunderten Unterredungen und Zuschriften
weiß, haben wirklich heimattreue und deutschbewußte
Schlesier mir die Art meines Kampfes um Schlesiens Rechte nicht
nur nicht übel genommen, sondern mir im Gegenteil Dank und
Anerkennung in reicher Fülle bezeugt. Bei Luschkas getreuen
Schildknappen habe ich allerdings niemals Verständnis dafür
vorausgesetzt. Bartel hat sich zum Schluß seiner
Rede besonders darüber ereifert, daß ich mich als Retter
der heiligen Hedwig in Schlesien aufspielte, wie er sich auszudrücken
beliebte. Mein Verbrechen bestand einfach darin, daß ich
mich im Vorjahre erfrechte, ohne vorher die Genehmigung der christlichsozialen
Volkspartei einzuholen, einen Artikel zum Hedwigstage, dem ehemaligen
schlesischen Landesfeiertag, zu veröffentlichen, in dem ich
die Schlesier erinnerte, an diesem nunmehr gesetzlich abgeschafften
Landesfeiertag der alten, schlesischen Selbständigkeit zu
gedenken. Weil dieser Zeitungsartikel in Schlesien überail
Anklang fand und weil Dr. Luschka offenbar vergessen hatte,
nebst dem schlesischen Adler und dem schlesischen Wappen auch
noch die hl. Hedwig, den Landesfeiertag für Schlesien, zu
retten, so zürnt er mir und hat mir durch den Mund Bartels
das Recht absprechen lassen, als Schutzpatron der hl. Hedwig
aufzutreten. Das soll mich selbstverständlich nicht daran
hindern, auch fernerhin jede mir passend erscheinende Gelegenheit
zu benützen - und dazu zähle ich auch den jetzt abgeschafften
Landesfeiertag - um die Schlesier wach zu rütteln, meine
Landsleute, die Herr Luschka und Konsorten einzuschläfern
sich immer bemühten. (Sehr gut!) Das geht diesen Herren
auf die Nerven, ich kann ihnen nicht helfen, im Gegenteil, je
mehr sie sich getroffen fühlen, desto besser. Den Schlesiern
werden sie, so hoffe ich, doch einmal kein X für ein U mehr
vormachen können. Die Schlesier werden aber einsehen, daß
sie von diesen Leuten das Heil nicht zu erwarten haben und vielleicht
werden dann diese Herren in Schlesien zumindest im allgemeinen
in der Politik ihr klägliches Verhalten doch endlich einmal
ändern und davon ablassen und vielleicht eine andere Politik
machen als in den letzten Jahren. Möge schon der Ausgang
der Wahlen am 2. Dezember ihnen ein Fingerzeig sein, daß
unser Sudetendeutschtum mit ihrer opportunistischen Politik, die
eine deutsche Position nach der anderen kampflos preisgibt, nicht
einverstanden ist, möge der gesunde Sinn der Bevölkerung
trotz List und Gewalt, trotz Verleumdung und Irreführung
sieh allmählich durchringen und unserem guten deutschen Rechte
schließlich zum Siege verhelfen. (Souhlas
a potlesk poslancù nìm. strany národní.)
Meine Damen und Herren! Wir sind ja leider
daran gewöhnt, daß Gesetze, die hier zur Beratung kommen,
schon bei der ersten Vorlage förmlich nach der Novellierung
schreien. Auch das eben zur Beratung stehende Gesetz ist ein halb
fertiges Machwerk, welches das ganze Problem als nebensächlich
mit einer außerordentlichen Oberflächlichkeit behandelt,
ohne Rücksicht darauf, wieviel und wie schwer diese Frage
unseren Frauen am Herzen liegt, ohne Rücksicht darauf, daß
Volksaufzucht und Volkswohlfahrt im engsten Zusammenhange damit
steht. Die ganze Gesetzesvorlage ist ein bloßer Auswuchs
des Bürokratismus und bedeutet nichts weiter als die staatliche
Kontrolle möglichst weit anzudehnen, und wir wissen leider
aus trauriger Erfahrung, wie sich derartiges besonders an uns
Deutschen auszuwirken pflegt. Daß den berechtigten Forderungen
der Geburtsassistentinnen in keiner Weise auch nur im geringsten
Genüge geleistet wird, darf allerdings nicht wundernehmen,
denn man spricht in diesem Staate soviel von Demokratie, daß
zu einem wirklich demokratischen Handeln einfach keine Zeit gegeben
ist. Der schwer um seine Existenz ringende Stand der Hebammen
erhält in der Vorlage höchstens leere Versprechungen,
eine soziale Sicherung ist für die Hebammen nicht zu erreichen.
Es ist in der Vorlage staatlicherseits auch nicht die geringste
Maßregel vorgeschlagen, keine Vorsorge getroffen für
Unfall, Krankheit, Invalidität und Alter der Geburtsassistentinnen.
Man fordert von ihnen die höchste Aufopferung bei ihrer Pflichterfüllung,
bei Tag und Nacht müssen sie, zu jeder Stunde, ob schön,
ob Regen, den an sie ergangenen Rufen folgen. Im Alter aber, da
können sie betteln, und jede Monatsversammlung der Hebammenvereine
bringt die Beweise dafür, daß arbeitsunfähige
alte Vertreterinnen des Standes dort sind, um die Hilfe ihrer
noch aktiven Berufskolleginnen anzusprechen. Es besteht ein förmlicher
Aberglaube unter der Bevölkerung, wie auch anscheinend im
Ministerium für Gesundheitsfürsorge über die glänzende
Lage der Hebammen. Vielleicht genügen einige Ziffern, um
diesen Aberglauben zu zerstören. Während in Deutschland
z. B. Krankenkassen für eine normale Geburt den Hebammen
35 Mark, also rund 280 Kè bezahlen, hat es das Gesundheitsministerium
mit dem Erlaß vom 12. Mai 1927, Z. 6681, für gut befunden,
die Tarife nach eigener Ansicht festzusetzen,
ohne Rücksicht auf die durch den Geburtenrückgang hervorgerufene
Verringerung der Einnahmen, ohne Rücksicht auf den steigenden
Index wird einfach kurzerhand verfügt, daß z. B. die
bisher mit 100 Kè bezifferte Mindesthonorarleistung
auf 75 Kè herabgesetzt wird. Die Krankenkassen bezahlen
durchwegs 100 Kè für eine einzelne normale Entbindung,
es gibt aber auch einzelne Kassen, die nur bis zu 40 Kè
bezahlen. Für diese horrenden Beträge muß nun
die Geburtsassistentin entsprechend auch der
heutigen Vorlage durch 9 Tage zweimal täglich ihre Pflicht
erfüllen. Ihr ist das Wohl und Wehe der Mutter anvertraut,
in der schwersten Stunde muß sie ihr hilfreich beistehen,
alle Aufmerksamkeit, Sorgfalt und Pflege der ringenden Mutter
widmen, kurz es lastet auf ihr eine ganz außerordentliche
Verantwortung, auch wenn sie dafür, was häufig genug
geschieht, gar nichts bekommt. Daß speziell in unseren Industriegebieten
nur in ganz vereinzelten Fällen die höheren Taxen von
200 Kè aufwärts bezahlt werden,
ist jedem, der die Verhältnisse kennt, vollständig klar,
dafür aber muß die Hebamme noch die 2%ige Umsatzsteuer
bezahlen und es ist ein helles Wunder, daß sich der Herr
Finanzminister die Gelegenheit entgehen ließ, die 10%ige
Luxussteuer vorzuschreiben, (Veselost na levici.), denn
anscheinend ist in diesem Staate das Kinderkriegen ein Luxus,
den sich demnächst nurmehr Millionäre gestatten können.
Daß hiebei hinter den Hebammen noch der Gendarm steht, durch
den jede Verfehlung, die sich die Mutter oder das dieselbe pflegende
andere Personal zuschulden kommen läßt, der Hebamme
in die Schuhe geschoben und sie dafür verantwortlich gemacht
wird, ist eine alte Tatsache.
Der § 7 der Vorlage räumt den Behörden
2. Instanz weitestgehenden Einfluß auf die Berechtigung
zur Ausübung des Berufes ein. Hier wird z. B. darauf verwiesen,
daß die Behörde die Ausübung des Berufes einstellen
kann, wenn die Leistungsfähigkeit der betreffenden Geburtsassistentin
eine herabgeminderte wird. Aber man vergißt dabei vollständig,
daß man nicht dafür Sorge trägt, daß in
dem Momente, wo durch Alter und Krankheit ihre Leistungsfähigkeit
nachläßt, die Betreffende auch von Staatswegen irgend
etwas bezieht, das sie vor dem Verhungern schützt. Gehen
Sie hinaus in unsere Ortschaften, wo Sie alte Weiblein mit 70
Jahren und mehr finden werden, die dort den Dienst der Geburtsassistentinnen
versehen müssen, weil sie in dem Augenblick, wo sie den Beruf
nicht mehr ausüben, einfach nichts mehr zu essen haben. (Posl.
dr Koberg: Das ist eben soziale Fürsorge!) Die ist weitestgehend
in jeder Richtung. Es gibt noch Tausende von anderen Fällen.
Es ist immer wieder dasselbe, daß man hier sehr viel spricht,
aber wenn es gilt, soziale Einrichtungen zu treffen, dann sind
die heutigen Machthaber überhaupt nicht zu sehen. Dieselbe
Leere immer, wie sie heute hier im Saale herrscht.
Im § 7 und ganz besonders in den §§
8 und 9 liegen auch unsere nationalen Bedenken. Durch die Dehnbarkeit
ihrer Bestimmungen ist den berüchtigten Verordnungen der
weiteste Spielraum gelassen und wir haben ja leider in dieser
Richtung schon geradezu traurige Erfahrungen gemacht. Die gründliche
Ausbildung und Schulung der Geburtshelferinnen ist im Interesse
der Volkswohlfahrt natürlich von größter Wichtigkeit.
Es ist ein Zeitraum von 10 Monaten angenommen, um die Ausbildung
einer Geburtsassistentin vollständig zu besorgen und ihr
nach diesem Zeitraum ein Diplom zu geben. Ob in diesen 10 Monaten
das Ziel faktisch erreicht werden kann? Ich bezweifle es. Nach
meiner Ansicht wäre die Ausbildungszeit entschieden auf einen
längeren Zeitraum zu erstrecken. Es ist hier aber noch etwas
anderes zu bemerken. Die Regierung hat seinerzeit ohne sachliche
Gründe die Ausbildung der deutschen Hebammen der deutschen
Universität in Prag entzogen. Dadurch wurde den deutschen
Anwärterinnen die Möglichkeit einer gründlichen
Ausbildung ganz bedeutend erschwert. Ein Antrag meiner Partei,
daß nuerlich ein deutscher Hebammenkurs an der medizinischen
Fakultät in Prag eingeführt werden soll, wurde wie gewöhnlich
unter Mithilfe der deutschen Regierungsparteien niedergestimmt.
Nun möchte ich aber sagen, daß sich in unserem deutschen
Gebiet mehr und mehr, besonders draußen am Lande, der Mangel
deutscher Hebammen fühlbar macht. Männer, die den Mutterschmerz
niemals kennengelernt haben, können kein volles Verständnis
für unsere Klagen haben, aber irgendwelche Gerechtigkeit
muß doch auch bei Ihnen zu finden sein, mögen Sie auch
der anderen Nation angehören; es muß doch um Gottes
Willen die deutsche Frau, die der Menschheit die schwersten Opfer
bringt, das Recht haben, in ihrer Muttersprache Rat und Hilfe
zu erhalten. Diese Vorlage wird unseren Wünschen ganz gewiß
nicht gerecht. Es ist ein dringendes Bedürfnis, daß
deutsche Hebammenkurse in deutschen Städten abgehalten werden.
Eine einwandfreie Lösung dieser Frage ist von der heutigen
Vorlage gewiß nicht zu erwarten. Sie sieht Wiederholungskurse
vor, deren erster 5 Jahre nach der Diplomerteilung von den jeweiligen
Hebammen besucht werden muß. Diese Wiederholungskurse wären
gewiß zu begrüßen, ich würde aber noch weitergehen
und sagen, daß es notwendig wäre, daß jeweilig
in den betreffenden Orten, wo ein Arzt vorhanden ist, die Hebammen
stets mit allen großen Errungenschaften auf dem Gebiete
der Geburtshilfe bekanntgemacht werden müssen, so
daß sie immer auf dem Laufenden sind. Betreffs der Wiederholungskurse
möchte ich bemerken, daß es auch in dieser Beziehung
notwendig wäre, daß in gleicher Weise wie die èechischen
auch die deutschen nationalen Wünsche berücksichtigt
werden. Außerdem kommt hier noch etwas
anderes in Frage. Die Hebammen sind heute faktisch nicht auf Rosen
gebettet, ihre verhältnismäßig geringen Einnahmen
gestatten ihnen nicht die Ansammlung von Kapitalien. Der Besuch
der Wiederholungskurse bedeutet einen mehrwöchentlichen Aufenthalt
in einer fremden Stadt und bedingt weiters den Verdienstentgang
während dieser Zeit. Es wäre daher Pflicht und Schuldigkeit,
aus Staatsmitteln einen Fond zu schaffen, der es mittellosen Anwärterinnen
ermöglicht, durch Erhalt einer Subvention diese Kurse zu
besuchen. Ich habe diesbezüglich auch zwei Resolutionsanträge
gestellt und empfehle sie zur Annahme.
Da die Vorlage in keinerlei Form als genügend
bezeichnet werden kann, außerdem in nationaler Hinsicht
unsere schwersten Bedenken wachruft und schließlich den
Geburtsassistentinnen selbst nicht die geringste Hilfe bei Unfall,
Krankheit. Invalidität sichert, wird meine Partei gegen die
Vorlage stimmen. (Potlesk poslancù nìm.
strany národní.)