Støeda 19. záøí 1928

Die Landesanstalt wird durch eine Verwaltungskommission von 24 Mitgliedern verwaltet. 8 davon ernennt die Zentralsozialversicherungsanstalt und gerade unser Antrag war es, daß bei dieser Ernennung auf die wirtschaftlichen, sozialen, insbesondere aber auf die nationalen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen ist. Das war eine Bestimmung, die erst mit hereingekommen worden ist unmittelbar vor Abschluß der Verhandlungen. (Posl. Horpynka: Das ersetzt aber noch lange nicht, was wir verlieren!) Ich komme gleich dazu. Aber das ist doch auch etwa., daß wir eine gewisse nationale Garantie festgelegt haben. Die Verwaltungskommission besteht aus 16 gewählten, in gemeinsamer Sitzung des Vorstandes und des Überwachungsausschusses bestimmten Mitgliedern. Die Beamten der Landesstellen müssen über Antrag so bestellt werden, daß das Verhältnis - auch eine Bestimmung, die wir durchgesetzt haben - der nationalen Zugehörigkeit annähernd dem Verhältnis der nationalen Zugehörigkeit der Versicherten entspricht. Darüber sprechen Sie nicht, deshalb muß ich es sagen. (Posl. Heeger: Welche Zusagen hat man schon gegeben und sie glatt gebrochen!) Herr Koll. Heeger, das sind keine Zusagen, sondern Bestimmungen des Gesetzes. (Posl. Heeger: Die waren auch nicht immer maßgebend bei der Entnationalisierung! - Posl. de Witte: Man weiß schon, was das Wort "annähernd" bedeutet! - Posl. Heeger: Fragen sie nur in den Tabakfabriken, was das "annähernd" bedeutet!) Im Jahre 1924 haben Sie (obrácen k nìm. soc. demokratickým poslancùm) ja für das "annähernd" gestimmt! Sie haben das "annähernd" ja für richtig gehalten. (Posl. de Witte: Sie wissen ganz genau, wie es im Jahre 1924 war!) Und Sie wissen ganz genau, wie es im Jahre 1928 ist. (Posl. Heeger: Warum stellen Sie solche Anträge?) Anträge kann man stellen, das ist eine ganz billige Sache. Man muß aber Anträge stellen, von denen man die Wahrscheinlichkeit hat, daß sie auch angenommen werden, sonst sind die Anträge nichts anderes, als eine bloße Demonstration, nichts anderes als ein Papier, das man für die Wahlen braucht. (Posl. Heeger: Sie haben Ihr Programm verleugnet, um der Koalition gefällig zu sein!) Bis Sie in der Regierungsmehrheit sein werden, werden wir Ihnen beweisen, was Sie imstande sind, was Sie alles durchsetzen werden. (Posl. Heeger: Sie werden von Seite der Koalition geprügelt und haben gar keine Rechte, Sie sind die Prügelhunde in der Koalition!) Bitte schön, das ist Ihre Auffassung. (Posl. Heeger: Nein, das beweisen die Tatsachen!) Ich danke, daß Sie mit uns Mitleid haben. Es ist das nur ein Ausdruck des Mitleids und nichts anderes und ich freue mich, wenn andere Leute mit jemandem Mitleid haben. (Posl. de Witte: Soll man nicht Mitleid mit Ihnen haben, wenn Sie sich unausgesetzt zum besten halten lassen? - Místopøedseda Stivín zvoní).

Damit hängt auch die wichtige Frage der Verbände zusammen. Von Seite derjenigen, die die Verbände nicht haben wollen, das sind wir nicht, wird eingewendet, daß die Verbände die Versicherung verteuern, weil die Beiträge zu hoch sind, und das ist eine Tatsache, über die wir nicht hinweg kommen; für die Verbände werden Millionen, nicht Hunderttausende an Jahresbeiträgen gezahlt. (Posl. Geyer: Die Landesstellen machen das umsonst?) Die Landesstellen werden von der Zentralsozialversicherungsanstalt dotiert, Herr Koll. Geyer. Das hat doch mit den Verbänden nichts zu tun. (Posl. Eckert: Das weiß er nicht!) Nun gut, er kann es nicht wissen, er ist erst kurz da.

Diese Beiträge für die Verbände sind ungeheuer, darüber ist kein Zweifel, z. B. der Verbandsbeitrag für eine so kleine Anstalt mit 5.000 Mitgliedern wie die Gremialkrankenkassa in Brünn beträgt für 1927 nicht weniger als 27.300 Kè. (Posl. Katz: Durch diese Maßnahme crsparen die Kassen Tausende!) Es gibt Kassen, die im Jahre an hunderttausend Kronen Beiträge für die Verbände bezahlen. Ich sage nur, was eingewendet wird. Es wird weiter eingewendet, daß in den Verbänden der Generalstab der sozialistischen Agitatoren verankert ist. (Posl. Heeger: Was ist für ein Generalstab in den Genossenschaftskassen?) Ich weiß nicht, das sind einfache Soldaten, das sind keine Generalstäbler. Tatsache ist es, und darüber werden Sie nicht streiten können, daß es politisch orientierte Verbände gibt. Das kann nicht bestritten werden. Wir haben im èechischen Lager einen sozialdemokratischen Verband der Krankenkassen und einen nationalsozialistischen Verband und wir haben im deutschen Lager ebenfalls einen sozialdemokratisch orientierten Verband, darüber sind wir uns ganz klar. Dann haben wir zwei sogenannte nichtmarxistische Verbände (Veselost na levici.) Bitte schön, das weiß ich nicht, so wird es gesagt, es ist nicht von mir. Aber ich sage ganz offen, es soll nicht bestritten werden, daß die Verbände auch für die Kassen und die Versicherten Großes geleistet haben, daß sie insbesondere als die Sozialversicherung Gesetz wurde, vieles getan haben, um die Sache populär zu machen. Das alles wird nicht bestritten. Es ist auch nicht richtig, daß die Verbände kassiert werden, sie sollen nur als Pflichtverbände aufhören, wenn die Landesanstalten errichtet werden. Die erste Regierungsvorlage, die Sie ganz genau kennen, hat deutlich ausgesprochen, daß die Verbände sofort zu liquidieren sind und ihr Vermögen aufgeteilt werden soll. In dieser Regierungsvorlage hat man den Verbänden den Todesstoß versetzt. (Posl. Schäfer: Hinter der standen Sie auch!) Herr Koll. Schäfer, ich habe damals gesagt: In der Frage der Verbände ist das letzte Wort noch nicht gesprochen und es war auch noch nicht gesprochen. Es ist nicht Ihre Errungenschaft, daß es so geworden ist. (Posl. Horpynka: Herr Šrámek wird am 1. Jänner 1929 die Verbände auflösen! Er hat sich nicht umsonst gegen eine bestimmte Terminierung gewehrt!) Lesen Sie das Gesetz, dort steht ausdrücklich, daß die Verbände nur als Pflichtverbände aufzuhören haben, wenn die Landesstellen errichtet werden, daß sie aber vorläufig 5 Jahre zu bestehen haben, 5 Jahre wirken können, 5 Jahre Beiträge einkassieren können (Posl. Heeger: Das muß ein Hintergedanke von der Seite sein!) Wir wissen genau, was kommen wird. Sie wissen, daß wir mit der Zeit einer politischen Umgruppierung zugehen und wenn heute oder morgen die sozialistischen Parteien in die Regierung eintreten, dann braucht ihnen um Ihre Verbände nicht zu bangen. Seien Sie froh, daß es nicht so geworden ist, wie es die erste Regierungsvorlage gebracht hat.

Ich muß zum Schluß kommen. Es gibt ohne jeden Zweifel in der Novelle der Sozialversicherung, und das müssen Sie als Vertreter der Arbeiter anerkennen, besondere Wohltaten für die Versicherten Wenn die weiblichen Versicherten heiraten, wird ihnen eine Abfertigung zugesichert, es wird die Warte zeit verkürzt, der Staatsbeitrag wird erhöht, die Karenzfrist wird verkürzt. Sie haben sich bestimmt nicht zu beklagen, daß die Interessen derjenigen, die Sie vertreten, irgendwie verkürzt werden. Eine weitere wichtige Bestimmung für uns ist der § 99, der vollständig klar umschreibt, wie die Beiträge für die Lehrlinge zu bezahlen sind, wenn sie keinnen Lohn beziehen. Das ist auch eine Lücke des Gesetzes gewesen, die unsere Standesgenossen sehr schwer getragen haben. Im § 131 ist festgesetzt, daß vorläufig, bevor die Wahlen durchgeführt werden, Verwaltungskommissionen, u. zw. mit 1. Jänner 1929 eingesetzt, werden sollen. Ich gebe Ihnen die Versicherung, daß es gerade im Interesse der Kleingewerbetreibenden gelegen ist, daß die Wahlen so bald kommen, als es nur halbwegs möglich ist. Sie haben es wiederholt in der Hand gehabt (obrácen k nìm. soc. demokratickým poslancùm), Sie nicht, aber ihre èechischen Genossen, die Wahlen auszuschreiben. (Posl. Schäfer: Das waren andere, die keine Wahlen wollten!) Sie haben den Minister gestellt und der Minister hatte es leicht in der Hand; Ihre Vorwürfe sind nicht gerechtfertigt, daß die jetzige Regierungsmehrheit die Wahlen nicht durchführt. Ich glaube, daß wir bestimmt damit rechnen können, daß die Wahlen in absehbarer Zeit durchgeführt werden. Wir haben bestimmt ein Interesse daran. Wir haben die Wahlen nicht zu fürchten, weil wir dadurch nur jene Vertretung, wenn auch nur teilweise bekommen werden, die uns bis heute durch die Bestimmungen des Pluralwahlrechtes vorenthalten worden ist.

Wenn ich nun alles zusammenfasse, so steht fest: Durch die Novellierung wird die Sozialversicherung verbilligt. Die Wohltaten für die Versicherten werden bedeutend verbessert das ist ohne Zweifel - und die Entpolitisierung der Verwaltung der Kassen wird wenigstens in die Wege geleitet. Wenn wir auch von der Novelle selbst nicht erbaut sind und noch weniger begeistert, so hat sie wenigstens teilweise unseren grundsätzlichen Forderungen Rechnung getragen und dadurch mit Recht unsere Arbeit im Rahmen der jetzigen Regierungsmehrheit für unseren Stand dokumentiert. Aus der Not dieses unserer Standes ist die Mitarbeit diktiert und nur im Kampfe um seine wirtschaftliche Besserstellung und nicht aus anderen Gründen werden wir für das Gesetz stimmen. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany. živnostenské.)

6. Øeè posl. Horpynky (viz str. 85 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Ein unheilvolles Kapitel parlamentarischer Tätigkeit wird jetzt in dieser Session abgeschlossen. Ich wage gar nicht zu entscheiden; ob man berechtigt ist, hier davon zu sprechen, daß sich jetzt letzte Szene einer Komödie oder einer Tragödie abspiele. Aber das Eine steht fest: Die anfangs viel versprechenden Verhandlungen über die Novellierung des Sozialversicherungsgesetzes haben jetzt zum Schluß einen merkwürdigen Tiefstand des Parlamentarismus in diesem Staate und alle schlechten Eigenschaften des herrschenden Systems klar und deutlich aufgezeigt. Der vorliegende Gesetzesantrag Druck Nr. 1777 stellt sich uns als vollkommen untaugliches, innerlich faules Kompromis dar. Wenn heute in der Plenardebatte von Seiten der Regierungsparteien höchstes Lob, von Seiten der sozialistischen Opposition vernichtender Tadel über ein und denselben Gesetzentwurf ausgesprochen wird, so ist das nur die zwangsläufige Folge der Entstehungsgeschichte des vorliegenden Gesetzesantrages.

Als im Herbst 1926 Švehla III. seine neue bürgerlich-konservative und gemischt nationale Regierung dem Parlamente vorstellte, wurde bald die wie immer nichtssagende Regierungserklärung in der Presse und in den Versammlungen der Regierungsparteien durch die klar ausgesprochene Ankündigung eines entschieden antisozialistischen Kurses ergänzt. Die neue Regierung und die Mehrheit, auf welche sie sich stützt, wollten alle Gesetze schaffen, für welche sie auch bei Teilnahme der sozialistischen Parteien an der Regierung unter normalen Umständen keine sozialistische Stimme bekommen konnten, sie wollten aber auch alle Vorteile abbauen, welche die sozialistischen Parteien durch ihre frühere Teilnahme an der Regierung sich zu erringen verstanden haben. So wurde die Gesetzesmaschine in Schwung gebracht und durch Ausnützung einer geringen Mehrheitsziffer an Stimmen wurde unter Außerachtlassung der Warnungen der Opposition eine ganze Reihe von Gesetzen, wie die Militärvorlagen, die Steuerreform, die Verwaltungsreform, das Gemeindefinanzgesetz und viele andere mehr dem Parlamente aufgezwungen. Bald mußte die Regierungsmehrheit erkennen, daß diese Gesetzesmacherei ihr kein Ruhmesblatt einbringen werde, daß diese Gesetze reformbedürftig sind, ehe sie noch in Rechtskraft erwach sen. Den Beweis und den eigentlichen Dank dafür erhielten die Regierungsparteien schon in den Gemeindewahlen, die ihnen nicht die erwarteten Erfolge gebracht, sondern sie von dem geraden Gegenteil belehrt haben. Alles, was der Kreis um Švehla bisher im Parlament getan hat, erwies sich als Versager. Für uns Deutsche aber war die größte Enttäuschung die Tätigkeit der drei deutschen Regierungsparteien. Ihr plan- und programmloser Eintritt in die èechische Regierung, ihr bedingungsloses Unterwerfen unter das herrschende Gewaltsystem machte sie sehr bald zu einem willenlosen Werkzeug einer gegen uns Deutsche gerichteten Versklavungspolitik, zwang sie, im Auftrage ihrer èechischen Herren und Meister über Symbiosetheorie und Taboritenverherrlichung hinweg zum Kampf gegen die eigenen Volksgenossen zu schreiten. So steuern die deutschen Regierungsparteien dem politischen Bankerott zu und ernten die Früchte einer Saat, die ein alter politischer Führer bei seinem ersten Weg auf den Hradschin ausgestreut hat. Als die Regierungsmehrheit die unheilvolle und für sie blamable Gesetzesmacherei erkannte, besann sie sich auf den zweiten Teil des Programms, auf den Kampf gegen die Sozialisten. Und der Minister für soziale Fürsorge Šrámek gab sich dazu her, um die von den bürgerlichen Standesparteien einerseits stürmisch gewünschte, von den Sozialisten andererseits als notwendig erkannte Novelle zum Sozialversicherungsgesetz dem Hause vorzulegen. Als der Regierungsantrag Druck Nr. 1225 mit Datum vom 25. Oktober 1927 dem Parlament vorgelegt wurde, erwies er sich, wie es beim Geiste Šrámeks nicht anders zu erwarten war, als sachlich unmögliches und unhaltbares Elaborat, das den Stempel der äußersten sozialen Reaktion an sich trug. Die sozialistischen Parteien erkannten sehr bald die Schwäche der Koalition, die sich naturnotwendig aus der ungleichen Struktur der einzelnen, die Regierung bildenden Standes- und Volksparteien ergibt, sie mobilisierten gegen diesen Gesetzesantrag die Straße, klärten die Öffentlichkeit darüber auf, wie sich der antisozialistische Kurs der Regierung in eine antisoziale Reaktion umgewandelt hat. Die Regierungskoalition, im Bewußtsein ihrer eigenen Schwäche und aus dem Wunsch, keinen Mißton in das Jubeljahr hineinzutragen und die èechischen Regierungsparteien mit der èechischen sozialistischen Opposition zu einem allnationalen èechischen Block zusammenzuschließen, der die Tätigkeit der Deutschen in der Regierung überflüssig macht, begann schrittweise den Rückzug vor der sozialistischen Opposition anzutreten. Im März 1928 begannen unter solchen Verhältnissen die Verhandlungen im sozialpolitischen Ausschuß über den Gesetzesantrag 1225. Die Unhaltbarkeit des Šrámek'schen Entwurfes einsehend, setzte der Ausschuß eine Subkommission ein, welche diesen Entwurf erst in eine taugliche Verhandlungsbasis umarbeiten sollte. Gleichzeitig wurde aber aus freien Stücken, weil der Minister Šrámek sich immer in verächtlicher Weise über die Gutachten von Fachmännern hinwegsetzt, bei der Zentralsozialversicherungsanstalt eine Fachkommission aus Vertretern der Arbeitergeber und Arbeitnehmer gebildet, die eine Novelle zum Sozialversicherungsgesetz ausarbeiten sollte. Es muß objektiv anerkannt werden, daß das Elaborat dieser Fachkommission hervorragend ist. Wenn man bedenkt, daß Menschen, die tagsüber ihrem Beruf nachgehen müssen, in den Abend- und Nachtstunden in beschleunigtem Tempo dieses Elaborat ausgearbeitet haben muß man das Urteil fällen, daß Glänzendes geleistet wurde. Wertvoll ist besonders dieses Elaborat dadurch, weil es ein Kompromiß zwischen dem Standpunkt der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu den wichtigsten Problemen der Sozialversicherung darstellt. Diese Fachkommission bei der Zentralsozialversicherungsanstalt hat weit mehr geleistet als das Ressortministerium des Herrn Ministers Šrámek. Der Antrag Druck Nr. 1225 wurde dem Hause vorgelegt ohne statistische Daten und Berechnungen, ohne versicherungsmathematische Prüfung des gegenwärtigen finanziellen Standes der Zentralsozialversicherungsanstalt, so daß dieser Gesetzentwurf nicht einmal den Forderungen des § 158 des Gesetzes Nr. 221 ex 1924 entsprochen hat. Dem gegenüber hat aber die Fachkommission der Zentralsozialversicherungsanstalt das ihr zur Verfügung stehende Material mühselig herbeigetragen und geliefert, hat alle ihre Forderungen und Wünsche sachlich belegt und begründet. Plötzlich wurde die Regierungskoalition nervös, denn einmal sah sie ihre eigene Unfähigkeit ein, das Problem der Novellierung der Sozialversicherung sachlich zu lösen, dann aber befiel sie die Furcht, daß durch gründliche und sachliche Beratung die Novelle verschleppt und dadurch der Prestigestandpunkt der Regierungsmehrheit geschädigt werden könnte. Daher wurden die Beratungen in der Subkommission plötzlich - abgebrochen und hinter den Kulissen des Parlaments haben die Beauftragten von vier èechischen Regierungsparteien und zwei èechischen Oppositionsparteien Verhandlungen gepflogen. Es ist äußerst beschämend für uns Deutsche, daß von diesen Verhandlungen die deutschen Regierungsparteien vollkommen ausgeschlossen waren. So gaben die Èechen den Deutschen selber zu fühlen, wie sie ihre Mitarbeit in der Regierung werten und würdigen. Nur in der politischen Osmièka wurden die deutschen Regierungsparteien von den vollendeten Tatsachen verständigt und vor dieselben gestellt. Leider waren auch die deutschen Sozialdemokraten trotz ihres sehr günstigen Verhältnisses zu ihren èechischen Genossen von diesen Verhandlungen ausgeschlossen. Was dort vorgegangen ist, wissen wir nicht, kennen nur den Erfolg. Der Regierungsantrag Druck Nr. 1225 wurde lautlos fallen gelassen und im sozialpoltischen Ausschuß begann man über einen ganz neuen Regierungsantrag zu verhandeln, der niemals den Ministerrat und das Abgeordnetenhaus passiert hat, sondern den das Präsidium des sozialpolitischen Ausschusses selbstherrlich zur Verhandlungsbasis erhob. Ich überlasse es dem Urteil des Abgeordnetenhauses, ob dieser Vorgang sich irgendwie durch eine Bestimmung der Geschäftsordnung begründen läßt. In einzelnen unzusammenhängenden Teilen, auf mit Schreibmaschine geschriebenen Blättern, kam der neue Gesetzentwurf in den Ausschuß. Der sozialpolitische Ausschuß war bei seinen Arbeiten vollkommen abhängig von den Ergebnissen der hinter den Kullissen des Parlamentes geführten Verhandlungen. Das häufige Stocken in den Beratungen, die ständigen Änderungen im Gesetzestext macht die Arbeit des Ausschusses qualvoll und zeitraubend. Bis zum letzten Augenblick war es fraglich, ob zwischen den èechischen Regierungs- und den èechischen Oppositionsparteien eine "dohoda" zustande kommen wird. Was heute als Druck Nr. 1777 dem Abgeordnetenhause vorliegt, ist eigentlich die gefundene, in manchen Fällen nur gesuchte, Kompromißfornel zwischen drei Elaboraten, zwischen dem abgesetzten Regierungsentwurf Druck Nr. 1225, zwischen dem Elaborat der Fachkomission bei der Zentralsozialversicherungsanstalt und zwischen den Initiativanträgen der sozialistischen Parteien, die zwar nicht unmittelbar in Erscheinung traten, die aber für die Forderungen und Anträge der sozialistischen Opposition maßgebend gewesen sind. Aus dieser Tatsache allein läßt sich nicht begründen, warum der Gesetzesantrag, Druck Nr. 1777 gerade ein schlechtes Kompromiß darstellt. Die Ursache für die Unvollkommenheit und Mangelhaftigkeit dieses Gesetzesantrages ist letztenendes in dem parteipolitischen Prestigewahn zu suchen, der leider Gottes nicht ausgeschaltet wurde und auch bei diesen Verhandlungen eine sehr große Rolle gespielt hat.

Und schließlich war es die Haupttendenz und das Endziel aller der hinter den Kulissen geführten Verhandlungen: "Es darf keine Besiegten, nur Sieger geben". So kam der Gesetzesantrag, Druck Nr. 1777, in seiner jetzigen Gestalt zustande. Die Agrarier haben entsprechend ihrer Macht und ihrem Gewicht fast alle Forderungen ihrer Standesgruppe durchgesetzt, Dr. Kramáø erlitt zwar in der Frage der Betriebskrankenkassen eine Niederlage, er behielt aber für parteidemagogische Zwecke das lächerliche Gebilde seiner Dienstbotenkrankenkassa für Groß-Prag. Die Gewerbeparteien, die, das muß offen gesagt werden, von keiner Seite unterstützt wurden, setzten doch nur die Hälfte ihrer Wünsche durch und die Sozialisten können stolz darauf verweisen, daß schließlich 70% ihrer Forderungen verwirklicht wurden. So können alle an den Verhandlungen beteiligten Parteien mit Stolz vor ihre Wähler gehen und die Erfolge aufzählen, die sie aus der Schlacht nach Hause bringen. Als dieser Zustand erreicht war, verloren die èechischen Regierungsparteien das Interesse an weiteren Verhandlungen zum Zustandekommen einer "dohoda", wendeten plötzlich rücksichtslos die Geschäftsordnung an und beendeten die Verhandlungen im sozialpolitischen Ausschuß. Scheinbar war dieser Abbruch der Verhandlungen, das Nichtzustandekommen einer "dohoda", den sozialistischen Parteien auch nicht so unangenehm, denn sie kommen dadurch in die Lage, gegen dieses Gesetz bei den Verhandlungen im Plenum des Hauses zu obstruieren, was sie gegen den demagogischen Druck der Kommunisten als Gegengewicht brauchen. Die historische Entwicklung und die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzesantrages beweist schon zur Genüge und erklärt es auch, warum dieser Gesetzesantrag so ein schlechtes Kompromiß geworden ist. Der Vollständigkeit halber sollte man an allen 138 Paragraphen der Gesetzesnovelle nachweisen, wie das zustandegekommene Kompromiß sich schädlich und verderblich bei der Textierung vieler Bestimmungen ausgewirkt hat. Das ist natürlich im Rahmen einer Plenardebatte mit beschränkter Redezeit unmöglich und deshalb will ich mich darauf beschränken, nur einige typische Fälle auszuwählen, wobei ich so vorgehen werde, daß ich gerade jene Fälle vornehme, bei welchen ich mich mit einigen Ansichten der sozialistischen Opposition nicht im Einklang befinde. Vor allem will ich objektiv feststellen, daß der Gesetzesantrag nicht in allen seinen Teilen falsch und verfehlt ist, so daß er in seiner Gänze abgelehnt werden müßte. Eine ganze Reihe von Bestimmungen ist wertvoll, vom sozialistischen und wirtschaftlichen Standpunkte gerecht und zweckdienlich. Wenn aber einer meiner Herren Vorredner, der Herr Koll. Schubert, dies als besonderes Verdienst der Regierungsparteien gebucht hat, so muß ich feststellen, daß diese wertvollen und akzeptablen Bestimmungen durchwegs solche Bestimmungen sind, die von den sozialistischen Unterhändlern den èechischen Regierungsparteien im Verhandlungswege abgerungen wurden, die entnommen wurden dem Elaborat der Fachkommission der Zentral-Versicherungsanstalt Die politische "Osma" durfte mit gnädiger Erlaubnis des Herrn Ministers Šrámek diese Abmachungen genehmigen, weil ihr nichts anderes übrig blieb. Hätte sie sich auf den gegenteiligen Standpunkt gestellt hätte sie diese Abmachungen abgelehnt, so hätten sie die ganze öffentliche Meinung gegen sich aufgebracht. Und so kam es, daß vom Gesetzesantrag, Druck Nr. 1225, fast kein Satz übrig blieb, der in die Regierungsvorlage, Druck Nr. 1777, aufgenommen wurde. Wenn ich an dieser Stelle der Hoffnung Ausdruck gebe, daß nicht die letzte Novellierung der Sozialversicherung jetzt im Parlamente verhandelt wird, so will ich damit in erster Linie nur ausdrücken, daß leider wichtige Probleme, wie die Übernahme der mehr als 60jährigen in die Versicherung, die gerechte Regelung der Witwenpension, die Krankenversicherung der Rentner, die Frage der sogenannten Überalterten, soweit sie dem Gesetze Nr. 221 ex 1924 unterliegen, nicht gelöst wurden, trotzdem die Fachkommission taugliche, zumindest diskutable Vorschläge gemacht hat. Das Prestige der Regierungsdiktatoren hat zur Eile gedrängt, und sachliche Beratungen über dieses Problem waren leider unmöglich. Außer den anerkennenswerten guten Änderungen und jenen, die auch gut gewesen wären, die aber nicht vorgenommen wurden, gibt es im vorliegenden Gesetzesantrag eine Reihe von zumindest anfechtbaren Bestimmungen, die die Mangelhaftigkeit des zustandegekommenen Kompromisses aufzeigen oder die, weil kein Kompromiß zustande kam, auf diktatorischem Wege hineingekommen sind. Da war vor allem die Frage der Sozialversicherungspflicht der Jugendlichen. Meine Partei hat schon im Jahre 1924 den Standpunkt vertreten, daß die Lehrlinge zwar nicht auszuscheiden seien aus der Sozialversicherungspflicht, daß sie dagegen zur Erleichterung des Gewerbes und des Handels gegen eine geringe Anerkennungsprämie in der Sozialversicherung belassen werden. Dieser Vorschlag wurde niemals ernstlich in Erwägung gezogen. Nun verlangen Handel und Gewerbe aus wirtschaftlichen Gründen die Ausscheidung der Lehrlinge bis zum 16. Lebensjahre. Ich gebe zu, daß man eine ganze Reihe berechtigter Gründe für diese Forderung anführen kann. Der Lehrherr trägt allein die sozialen Lasten für die Lehrlinge. Nicht alle Jugendlichen treten mit dem 14. Lebensjahr in den Lehrlingsdienst ein. Eine ganze Reihe von ihnen zieht es vor, ein bis zwei Jahre Fachschulausbildung durchzumachen. Es ist daher nur gerecht, wenn Lehrlinge und die aus Fachschulen kommenden zu gleicher Zeit, im gleichen Alter, in die Sozialversicherungspflicht eintreten. In dem Augenblicke aber, wo die Lehrlingsausscheidung aus der Sozialversicherungspflicht als berechtigt von der Opposition anerkannt wurde, mußte das Kompromiß auch die jugendlichen Fabriksarbeiter bis zum 16. Lebensjahre ausscheiden, denn durch keine gesetzliche Bestimmung hätte verhindert werden können, daß die materiell eingestellten Industriellen, begabt mit einem gewissen Egoismus, im Handumdrehen, sozusagen über Nacht, einen neuen Stand, den Stand der Fabrikslehrlinge geschaffen hätten, der an Stelle von Bequartierung und Naturalverpflegung ein Geldrelutum bekommt, sonst aber wie die Lehrlinge des Handels- und Gewerbestandes aus der Sozialversicherung auszuscheiden ist. Ich stehe auf dem Standpunkte, daß, wenn das Parlament heute die Ausscheidung der Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahre aus der Sozialversicherungspflicht beschließt, es damit noch lange nicht eine antisoziale Tat begangen hat. Deutschland, das uns immer als Muster in den Fragen der Sozialversicherung vorgehalten wird, hat die gleiche Bestimmung, wie wir sie jetzt bekommen sollen.

Die Untauglichkeit des Kompromisses kommt aber dann erst so recht zum Bewußtsein, wenn man eine Frage in Betracht zieht, die eigentlich kein Kompromiß verträgt, zu deren Lösung ein vollkommen klares Ja oder Nein notwendig gewesen wäre. Ich meine in diesem Falle die Errichtung und Erhaltung von Gremial- und Genossenschaftskrankenkassen. Die Agrarier haben es verstanden, ihre landwirtschaftlichen Krankenkassen sich zu sichern und die Herren Dr. Zadina und Schubert haben die Prosperität dieser Krankenkassen hier gepriesen. Dadurch war eigentlich schon der Weg gewiesen, wenn man gerecht sein wollte, eine ganze Reihe anderer Spezialkrankenkassen zu errichten. Die sozialistischen Parteien haben mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln gegen die Zersplitterung der Krankenkassenversicherung mit Recht sich gewehrt durch den Hinweis auf die veränderte Leistungsfähigkeit aller dadurch sich ergebenden Krankenkassen. Infolge dieser gerade entgegengesetzten Standpunkte mußte also notwendigerweise eine Mittellösung gefunden werden. Und was geschah? Auf der einen Seite verbietet man die Existenz und Errichtung von Betriebs und Vereinskrankenkassen, dafür bewilligt man aber auf der anderen Seite Gremial- und Genossenschaftskrankenkassen, man bewilligt ihren Bestand und ihre Neueinrichtung, bindet aber diese Errichtung gleichzeitig an eine Unzahl erschwerender Bedingungen, so daß kein Teil davon befriedigt sein kann. Die Frage bleibt daher offen und bedarf der endgültigen Bereinigung, die vielleicht erst nach Jahren erfolgen wird, wenn man genaue Erfahrungen gesammelt hat.

Zu welchen unsinnigen Fehlern aber das Suchen nach ungesunden Kompromißlösungen führen kann, das sieht man bei der Frage der Parität in den Krankenkassenverwaltungen. Ich befinde mich sicher nicht in Übereinstimmung mit den Sozialisten, die auf dem Standpunkt stehen, daß die Einführung der Parität in undemokratischer Weise die Selbstverwaltung der Krankenkassen verletze. Sie sehen eine Verletzung dieses Prinzips darin, wenn die Arbeiter nicht allein eine Institution verwalten, die für sie errichtet wurde. Ich nehme da einen anderen Standpunkt ein und bin der Ansicht, daß das Selbstverwaltungsprinzip auch vollkommen gewahrt ist, wenn solche Institutionen, wie die Krankenkassen, von jenen gleichberechtigt verwaltet werden, die gleiche Lasten bei der Schaffung und Erhaltung dieser Institutionen zu tragen haben und in gleicher Weise an dem Prosperieren dieser Anstalten interessiert sind. Doch der Unterschied zwischen diesen beiden Ansichten ist vollkommen belamglos für die Erörterung der vorliegenden Gesetzesbestimmung. Da auf der einen Seite die bürgerlichen Ständeparteien die Parität unbedingt verlangen, auf der anderen Seite die sozialistischen Parteien sie als unannehmbar ablehnen, so mußte eine Mittellösung gefunden werden, die vom gesetzestechnischen Standpunkt eine ganz unmögliche Bestimmung in dieses Gesetz hineingebracht hat. Da wird ein "pøedstavenstvo" gebildet aus neun Vertretern der Arbeitnehmer und drei Vertretern der Arbeitgeber und ein "dozorèí výbor", ein Aufsichtsausschuß aus drei Vertretern der Arbeitnehmer und neun Vertretern der Arbeitgeber. Um wenigstens den Schein einer Parität bei einer solchen Zusammensetzung zu wahren, mußten selbstverständlich gemeinsame Sitzungen zwischen Vorstand und Aufsichtsausschuß, zwischen "pøedstavenstvo" und "dozorèí výbor" eingeführt werden. Und der § 41 der Gesetzesnovelle umschreibt genau die Kompetenz dieser gemeinsamen Sitzungen. Das Resultat, das dabei herauskommt ist: es existiert ein "dozorèí výbor", der ein entscheidendes Organ in der Verwaltung der Krankenversicherungsanstalten ist und der sich als "dozorèí výbor" in dieser seiner Tätigkeit selbst beaufsichtigt und kontrolliert. Meine Herren, sagen Sie selbst, ob das nicht der blanke Unsinn ist, zeigen Sie mir das Statut irgendeiner Aktiengesellschaft, zeigen Sie mir das Statut irgendeines Kegelklubs, wo eine solche Bestimmung vorkommt!

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