Noch eine ganze Menge solcher Beispiele und
Bestimmungen, die absolut abgelehnt werden müssen, liessen
sich aufzählen. Den schwersten Schaden aber hat uns Deutschen
der eigensinnige Standpunkt des Min. Šrámek,
dieser unsympatischesten Figur der Ministerbank, durch die Auflösung
der Krankenkassaverbände zugefügt. Diese Auflösung
der Krankenkassaverbände erfolgte unter dem geschlossenen
Widerstand der gesamten Opposition und Herr Abg. Tichý,
der Vertreter einer Regierungspartei, hat von dieser Stelle selbst
erklärt, daß auch seine Partei mit der Auflösung
dieser Verbände nicht einverstanden ist. Es wäre überflüssig,
jetzt die Verdienste der Krankenkassenverbände aufzuzählen,
die sie sich durch Errichtung von Heilanstalten, durch Rechtsberatung
der Krankenkassen, durch Vereinheitlichung und Vereinfachung der
Buchführung, durch Errichtung von Fach- und Fortbildungskursen
für die Kassenbeamten, durch Retaxation der Medikamente und
Ärztekontrolle erworben haben. Die Krankenkassenverbände
haben sich bewährt, die Krankenkassen hatten zu jenen Verbänden,
denen sie sich freiwillig anschließen konnten, das größte
Vertrauen. Die Zentralsozialversicherungsanstalt braucht ein Mittelglied
zwischen sich und den Krankenkassen. Die Zentralsozialversicherungsanstalt
hat zwar nur beschränktes Interesse an der Ordnung in der
Verwaltung der Krankenkassen weil diese für sie nur als Sammelstelle
und Durchlaufposten des Gesamtvermögens der Zentralsozialversicherungsanstalt
in Betracht kommen. Aber die Verbände, wie sie bis zum heutigen
Tag bestanden haben, waren billig. Sie wurden zwar durch Beiträge
der Krankenkassen erhalten, sie machten sich aber bezahlt durch
die Ersparnisse, die sie den Krankenkassen durch Retaxation und
durch die Ärztekontrolle hereingebracht haben. Nur weil ein
Minister eigensinnig auf dem Prestigestandpunkt beharrt müssen
diese Verbände fallen. Das Gesetz selbst anerkennt die Notwendigkeit
solcher Krankenkassenverbände, denn in dem Augenblicke, wo
das Gesetz sie auflöst, ersetzt es sie durch die neue Institution
der Landesstellen. Der § 60 der Regierungsvorlagen
sagt in seinem zweiten Absatz: "Ze zmocnìní
Ústøední sociální pojišovny
mùže zemská úøadovna zejména:..."
Und nun zählt dieser Gesetzesparagraph den ganzen Aufgabenkreis
der Krankenkassenverbände auf. Ja,
mehr noch. Das Gesetz will sogar das Ersatzinstitut der Landesstellen
für diese Krankenkassenverbände mit einem noch erweiterten
Aufgabenkreis betrauen Denn es heißt im 4. Absatz desselben
Paragraphen: "Podrobná ustanovení o pùsobnosti
Zemských úøadoven budou
vydána vládním naøízením".
Was geschieht? Die bewährten, eingearbeiteten und noch ausbaufähigen
Institutionen der Krankenkassenverbände werden eingerissen
und durch neue nicht eingearbeitete Institutionen, die sich erst
einleben müssen, ersetzt. Die Landesstellen
werden außerdem nach der Konstruktion, die sie erhalten
sollen, weitaus teuerer sein, als die gewesenen Krankenkassenverbände
und ihre Erhaltung, die früher bei den Krankenkassenverbänden
ganz zu Lasten der Krankenkassen selbst ging, geht nun vollständig
auf die Zentralsozialversicherungsanstalt über, für
welche diese Landesstellen unterstellte Organe sein werden. Ist
das ökonomisch gedacht und gehandelt?
Und um das unsinnige Werk vollständig
zu krönen, dekretiert man, daß bei der Liquidierung
der Krankenkassenverbände das Vermögen derselben auf
die den Krankenkassenverbänden angeschlossenen einzelnen
Krankenkassen aufzuteilen ist. Ich frage: Wie wollen Sie eine
Bibliothek aufteilen? Wollen Sie einzelne Bücher den 100
Krankenkassen geben oder die Bibliothek verkitschen, wobei sie
natürlich nur ein Zehntel des Kaufpreises hereinbringen,
und die paar Knöpfe unter die Krankenkassenverbände
aufteilen? Wie wollen Sie die von den Krankenkassenverbänden
erhaltenen Heilanstalten auf die einzelnen Krankenkassen
aufteilen? Wollen Sie Anteilscheine á 100 Kè ausgeben
oder wie wollen die Krankenkassen diese Heilanstalten,
die sie von den Krankenkassenverbänden vererbt bekommen,
erfolgreich verwerten und fortführen?
Die Auflösung der Krankenkassenverbände
ist aber auch für uns Deutsche ein schwerer Schlag, weil
man wieder einen geringen Rest von Selbstverwaltung uns untergräbt.
Sie, meine Herren von der èechischen Seite
führen gegen uns Deutsche seit Jahren einen wirtschaftlichen
Vernichtungskrieg, Sie wissen ganz genau, daß Sie mit rein
politischen Mitteln uns 31/2 Millionen
Deutsche vom èechischen Globus nicht wegradieren werden.
Darum müssen wir ein so schweres Ringen um die Erhaltung
unseres deutschen Arbeitsplazez, um die Erhaltung unseres deutschen
Besitzstandes an Grund und Boden führen,
darum muß auch die Industrie der Deutschen so schwer um
ihre Existenz ringen. Die Krankenkassenverbände waren für
uns Deutsche noch ein gewisses Bollwerk. Ihnen verdanken wir es,
daß in den Krankenkassen noch deutsche Angestellte und noch
deutsche Ärzte vorhanden sind und daß das deutsche
Gewerbe durch Druckaufträge und sonstige Lieferungsaufträge
von den Krankenkassen unterstützt wird. Bei der Schaffung
einheitlicher èechischer Landesstellen geht das alles für
uns Deutsche verloren. Dem Herrn Tichý
wird es nicht gelingen, uns damit
zu vertrösten, daß wir einen Ersatz für diese
deutsche Institution dadurch bekommen, daß in das Gesetz
die Bestimmung aufgenommen wurde, daß bei der Zusammenstellung
der Verwaltung der kommenden Landesstellen auch auf den nationalen
Schlüssel Rücksicht genommen werden müsse. Die
deutschen Regierungsparteien müssen doch selbst aus
eigener Erfahrung wissen, daß es nicht genügt, nur
irgendwo vertreten zu sein, denn sonst wäre ihre Tätigkeit
im Interesse der Deutschen in der èechischen Regierung
weitaus fruchtbarer gewesen. Es wird immer unbegreiflich bleiben,
wie deutsche Parteien ihr Einverständnis
dazu geben konnten, daß die Krankenkassenverbände aufgelöst
werden müssen. Das ist ein Beweis mehr, daß wir durch
die Tätigkeit der regierungsdeutschen Parteien abermals eine
schwere nationale Schädigung erfahren haben.
Schließlich will ich nur noch erwähnen,
daß wir die Vormachtstellung des Ministeriums für soziale
Fürsorge und des Finanzministeriums in der ganzen Verwaltung
und in der Vermögensverwaltung der Zentralsozialversicherungsanstalt
ablehnen. Viel lieber wäre uns, die Vermögensverwaltung
würde durch ein frei gewähltes unparteiisches Kontrollorgan,
durch eine Art Finanzausschuß ausgeübt werden. In dieser
Bestimmung, welche sowohl dem Finanzministerium wie dem Ministerium
für soziale Fürsorge so weitgehende Macht einräumt,
sehen wir die ärgste Schädigung des Selbstverwaltungsprinzips
in den Krankenkassen.
Ich habe den Auftrag zu erklären, daß
meine Partei für einige Bestimmungen dieses Gesetzes in der
ersten Lesung stimmen wird, daß sie aber in der zweiten
Lesung das Gesetz in seiner Gänze ablehnen wird.