Støeda 19. záøí 1928

Noch eine ganze Menge solcher Beispiele und Bestimmungen, die absolut abgelehnt werden müssen, liessen sich aufzählen. Den schwersten Schaden aber hat uns Deutschen der eigensinnige Standpunkt des Min. Šrámek, dieser unsympatischesten Figur der Ministerbank, durch die Auflösung der Krankenkassaverbände zugefügt. Diese Auflösung der Krankenkassaverbände erfolgte unter dem geschlossenen Widerstand der gesamten Opposition und Herr Abg. Tichý, der Vertreter einer Regierungspartei, hat von dieser Stelle selbst erklärt, daß auch seine Partei mit der Auflösung dieser Verbände nicht einverstanden ist. Es wäre überflüssig, jetzt die Verdienste der Krankenkassenverbände aufzuzählen, die sie sich durch Errichtung von Heilanstalten, durch Rechtsberatung der Krankenkassen, durch Vereinheitlichung und Vereinfachung der Buchführung, durch Errichtung von Fach- und Fortbildungskursen für die Kassenbeamten, durch Retaxation der Medikamente und Ärztekontrolle erworben haben. Die Krankenkassenverbände haben sich bewährt, die Krankenkassen hatten zu jenen Verbänden, denen sie sich freiwillig anschließen konnten, das größte Vertrauen. Die Zentralsozialversicherungsanstalt braucht ein Mittelglied zwischen sich und den Krankenkassen. Die Zentralsozialversicherungsanstalt hat zwar nur beschränktes Interesse an der Ordnung in der Verwaltung der Krankenkassen weil diese für sie nur als Sammelstelle und Durchlaufposten des Gesamtvermögens der Zentralsozialversicherungsanstalt in Betracht kommen. Aber die Verbände, wie sie bis zum heutigen Tag bestanden haben, waren billig. Sie wurden zwar durch Beiträge der Krankenkassen erhalten, sie machten sich aber bezahlt durch die Ersparnisse, die sie den Krankenkassen durch Retaxation und durch die Ärztekontrolle hereingebracht haben. Nur weil ein Minister eigensinnig auf dem Prestigestandpunkt beharrt müssen diese Verbände fallen. Das Gesetz selbst anerkennt die Notwendigkeit solcher Krankenkassenverbände, denn in dem Augenblicke, wo das Gesetz sie auflöst, ersetzt es sie durch die neue Institution der Landesstellen. Der § 60 der Regierungsvorlagen sagt in seinem zweiten Absatz: "Ze zmocnìní Ústøední sociální pojišovny mùže zemská úøadovna zejména:..." Und nun zählt dieser Gesetzesparagraph den ganzen Aufgabenkreis der Krankenkassenverbände auf. Ja, mehr noch. Das Gesetz will sogar das Ersatzinstitut der Landesstellen für diese Krankenkassenverbände mit einem noch erweiterten Aufgabenkreis betrauen Denn es heißt im 4. Absatz desselben Paragraphen: "Podrobná ustanovení o pùsobnosti Zemských úøadoven budou vydána vládním naøízením". Was geschieht? Die bewährten, eingearbeiteten und noch ausbaufähigen Institutionen der Krankenkassenverbände werden eingerissen und durch neue nicht eingearbeitete Institutionen, die sich erst einleben müssen, ersetzt. Die Landesstellen werden außerdem nach der Konstruktion, die sie erhalten sollen, weitaus teuerer sein, als die gewesenen Krankenkassenverbände und ihre Erhaltung, die früher bei den Krankenkassenverbänden ganz zu Lasten der Krankenkassen selbst ging, geht nun vollständig auf die Zentralsozialversicherungsanstalt über, für welche diese Landesstellen unterstellte Organe sein werden. Ist das ökonomisch gedacht und gehandelt?

Und um das unsinnige Werk vollständig zu krönen, dekretiert man, daß bei der Liquidierung der Krankenkassenverbände das Vermögen derselben auf die den Krankenkassenverbänden angeschlossenen einzelnen Krankenkassen aufzuteilen ist. Ich frage: Wie wollen Sie eine Bibliothek aufteilen? Wollen Sie einzelne Bücher den 100 Krankenkassen geben oder die Bibliothek verkitschen, wobei sie natürlich nur ein Zehntel des Kaufpreises hereinbringen, und die paar Knöpfe unter die Krankenkassenverbände aufteilen? Wie wollen Sie die von den Krankenkassenverbänden erhaltenen Heilanstalten auf die einzelnen Krankenkassen aufteilen? Wollen Sie Anteilscheine á 100 Kè ausgeben oder wie wollen die Krankenkassen diese Heilanstalten, die sie von den Krankenkassenverbänden vererbt bekommen, erfolgreich verwerten und fortführen?

Die Auflösung der Krankenkassenverbände ist aber auch für uns Deutsche ein schwerer Schlag, weil man wieder einen geringen Rest von Selbstverwaltung uns untergräbt. Sie, meine Herren von der èechischen Seite führen gegen uns Deutsche seit Jahren einen wirtschaftlichen Vernichtungskrieg, Sie wissen ganz genau, daß Sie mit rein politischen Mitteln uns 31/2 Millionen Deutsche vom èechischen Globus nicht wegradieren werden. Darum müssen wir ein so schweres Ringen um die Erhaltung unseres deutschen Arbeitsplazez, um die Erhaltung unseres deutschen Besitzstandes an Grund und Boden führen, darum muß auch die Industrie der Deutschen so schwer um ihre Existenz ringen. Die Krankenkassenverbände waren für uns Deutsche noch ein gewisses Bollwerk. Ihnen verdanken wir es, daß in den Krankenkassen noch deutsche Angestellte und noch deutsche Ärzte vorhanden sind und daß das deutsche Gewerbe durch Druckaufträge und sonstige Lieferungsaufträge von den Krankenkassen unterstützt wird. Bei der Schaffung einheitlicher èechischer Landesstellen geht das alles für uns Deutsche verloren. Dem Herrn Tichý wird es nicht gelingen, uns damit zu vertrösten, daß wir einen Ersatz für diese deutsche Institution dadurch bekommen, daß in das Gesetz die Bestimmung aufgenommen wurde, daß bei der Zusammenstellung der Verwaltung der kommenden Landesstellen auch auf den nationalen Schlüssel Rücksicht genommen werden müsse. Die deutschen Regierungsparteien müssen doch selbst aus eigener Erfahrung wissen, daß es nicht genügt, nur irgendwo vertreten zu sein, denn sonst wäre ihre Tätigkeit im Interesse der Deutschen in der èechischen Regierung weitaus fruchtbarer gewesen. Es wird immer unbegreiflich bleiben, wie deutsche Parteien ihr Einverständnis dazu geben konnten, daß die Krankenkassenverbände aufgelöst werden müssen. Das ist ein Beweis mehr, daß wir durch die Tätigkeit der regierungsdeutschen Parteien abermals eine schwere nationale Schädigung erfahren haben.

Schließlich will ich nur noch erwähnen, daß wir die Vormachtstellung des Ministeriums für soziale Fürsorge und des Finanzministeriums in der ganzen Verwaltung und in der Vermögensverwaltung der Zentralsozialversicherungsanstalt ablehnen. Viel lieber wäre uns, die Vermögensverwaltung würde durch ein frei gewähltes unparteiisches Kontrollorgan, durch eine Art Finanzausschuß ausgeübt werden. In dieser Bestimmung, welche sowohl dem Finanzministerium wie dem Ministerium für soziale Fürsorge so weitgehende Macht einräumt, sehen wir die ärgste Schädigung des Selbstverwaltungsprinzips in den Krankenkassen.

Ich habe den Auftrag zu erklären, daß meine Partei für einige Bestimmungen dieses Gesetzes in der ersten Lesung stimmen wird, daß sie aber in der zweiten Lesung das Gesetz in seiner Gänze ablehnen wird.

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