Ich habe Ihnen schon gesagt, daß die
Gefahr besteht, daß, wenn der § 154 in der Fassung
der Fachkommission nicht übernommen wird, die Heilbehandlung
überhaupt unterbunden wird. Und was das für uns bedeutet,
möchte ich Ihnen nur mit einigen knappen Skizzen und Strichen
aufzeichnen. Unsere Gesundheitsverhältnisse sind allgemein
bekannt als nicht die rosigsten. Ich habe mich schon einmal der
Aufgabe unterzogen, im sozialpolitischen Ausschuß eine Betrachtung
darüber aufzustellen, wie es nach der Richtung hin bestellt
ist. Ich habe damals nachgewiesen, daß wir in Bezug auf
die Gesundheitsverhältnisse viel nachzuholen haben, um nur
das Ausmaß des Durchschnittes zu erreichen. Wer einmal Gelegenheit
gehabt hat, Streifzüge durch die Krankenhäuser zu unternehmen,
wird sich überzeugt haben, daß da noch sehr viel zu
schaffen ist. Wer weiß, wie rückständig unsere
sanitären Einrichtungen sind, wer weiß, wie mangelhaft
wir noch ausgestattet sind auf dem Gebiete der Kinder- und Mutterfürsorge,
wer sieht, wie wenig auf dem Gebiete der Wohnungsfürsorge
geschieht, wer die Tätigkeit, die in Österreich in der
Vorkriegszeit in den letzten Phasen so hübsche Anfänge
gezeitigt hat, jetzt fast vollständig unterbunden ist, wenn
wir uns vergegenwärtigen, was auf dem Gebiete in Deutschland
geschieht, so werden wir finden, daß wir da noch viel nachzuholen
haben. Wenn wir nur Deutschland nachahmen wollten in Bezug auf
die Unterbringung der Tuberkulösen, müßten wir
einen Betrag von 65 Millionen flüssig machen, wobei ich selbstverständlich
auf die Bevölkerungszahl Deutschlands entsprechend Rücksicht
nehme. In dem Zusammenhang möchte ich die Frage der Geldleistungen
und Sachleistungen erörtern. Ich weiß, es ist jetzt
eine Bewegung im Zuge, die auf dem Standpunkte steht, daß
die Sachleistungen vorzuziehen sind und nach Tunlichkeit auszustatten
sind und daß die Geldleistungen eine Einschränkung
erfahren. Im allgemeinen ist dieser Grundsatz richtig. Es ist
wahr, daß man auf dem Gebiete der Sachleistungen wird viel
mehr schaffen müssen als bisher. Aber bitte sich nur nicht
täuschen zu lassen durch allgemeine Schlagworte und einmal
zu prüfen, ob diese Voraussetzungen bei uns so gegeben sind
wie in jenen Ländern, in denen man vielleicht mit Recht,
das will ich nicht prüfen - die Sachleistungen vorziehen
kann. Ich kann Sachleistungen dann einführen, wenn ich die
Überzeugung habe, daß die Geldleistungen in annähernder
Relation zu Lohn und Einkommen stehen. Das ist leider bei uns
nicht der Fall. Bei uns ist die Relation nicht so, ich will es
Ihnen gleich nachweisen. Nach dem gegenwärtigen Gesetz ist
die Sache so, daß ein Arbeiter mit einem Wochenlohn von
200 Kronen bei 14tägiger Krankheit jetzt 216 Kronen in Geld
bekommen hat - innerhalb dieser 14 Tage - oder 54%, und daß
er nach der neuen Vorlage 288 Kronen oder 72% bekommen wird. Man
kann auch nicht sagen, daß dieses Krankengeld übermäßig
wäre. Wie schaut es bei einem Arbeiter mit 300 Kronen Wochenverdienst
aus? Der hat bis jetzt bei 14tägiger Krankheit 216 Kronen
oder 36% bekommen und künftig wird er 288 Kè
oder 48% bekommen und ein Arbeiter mit 350 Kè hat jetzt
216 Kè oder 30.8% bekommen und er wird künftig 288
Kè oder 41.1%
bekommen. Sie sehen also, daß man in einem Lande, in dem
die Geldleistungen einen verhältnismäßig noch
so geringen Prozentsatz vom Wochenlohn ausmachen, unmöglich
davon sprechen kann, daß die Geldleistungen herabzusetzen
sind und daß man da schon die Sachleistungen auf Kosten
der Geldleistungen bevorzugen kann.
In diesem Zusammenhange will ich mich mit der
Frage der Bewertung der Naturalbezüge beschäftigen.
Wenn die Bestimmung des Entwurfes, daß die Bewertung der
Naturalverpflegung eine nur um eine Lohnklasse höhere Einreihung
bewirken soll, Gesetzeskraft erlangen sollte, dann werden die
Mitglieder, die heute in der IV. Lohnklasse sind, 1 zum Teil in
die II. Lohnklasse kommen, was einen Entgang von 4 Kronen Krankengeld
ausmacht, was aber auch bewirkt, daß mitunter der betreffende
Arbeiter von der III. Klasse der Invalidenversicherung in die
I. Klasse der Invalidenversicherung zurück versetzt wird;
das ist in einzelnen Grenzfällen, wie ich Ihnen an Hand von
Berechnungen, die mir zur Verfügung stehen, nachweisen könnte,
möglich.
Ich glaube, daß es nach diesen Ausführungen
jedem klar sein wird, daß die Bestimmung des Gesetzes über
die Bewertung der Naturalverpflegung unmöglich aufrecht erhalten
werden kann.
Ich möchte mich jetzt der Frage der Verbände
zuwenden. Die Frage der Verbände ist für uns eine sehr
wichtige. Wir verfechten und verteidigen nicht die sozialistische
Position, die wir innehaben, wie vielfach angenommen wird, sondern
wir verteidigen eine Institution, von der wir uns überzeugt
haben, daß ihre Existenz im Interesse der Versicherung notwendig
ist. Das was uns jetzt vorgelegt wird, ist nur aus der Not geboren,
die Tendenz, die Absicht, die ursprünglich bestanden hat,
nach Beseitigung der Verbände, wird durch diese Bestimmung
nicht aufgegeben, die besteht aufrecht, und dann kann, wann immer
es dem Herrn Minister für soziale Fürsorge genehm ist,
einfach verfügt werden, mit heutigem Tage werden die Landesverbände
kreiert, und in demselben Moment haben eigentlich die Verbände
ihre Existenzberechtigung verloren. (Výkøiky:
Nach der jeweiligen politischen Situation!) Jawohl.
Das Damoklesschwert der Auflösung schwebt immer über
den Verbänden. Eine ersprießliche Tätigkeit derartiger
Institution, die auf den Tag gestellt sind, ist natürlich
nicht möglich. Nun bitte ich, sich zu vergegenwärtigen,
daß die Verbände eine zweifellos außerordentlich
wichtige Funktion gerade bei uns zu erfüllen haben, nicht
nur eine soziale, sondern, wie ich ausdrücklich hervorheben
will, auch eine nationale. Unsere Sozialversicherung ist vollkommen
zentralistisch ausgestaltet. Die Zusammenfassung hat natürlich
ihre Vorteile, darüber ist gar nicht zu reden. Wir glauben
aber, daß gewisse Zwischenglieder notwendig sind, um den
Verkehr mit den Mitgliedern aufrechtzuerhakten. Das ist eine unerläßliche
Notwendigkeit meiner festen Überzeugung nach für die
Entwicklung der Versicherung überhaupt.
In dem Motivenbericht zur ersten Vorlage ist
nur ganz kurz ausgesprochen worden, daß der § 93 aufgehoben
wird. Als einer der Gründe für die Auflösung der
Verbände wird angegeben, daß die Aufrechterhaltung
dieser Verbände mit einem ganz ansehnlichen Aufwand verbunden
und es nicht möglich sei, in einem Zeitpunkt, in dem allgemeine
Ökonomie obwaltet, in einer solchen Zeitperiode die Verbände
aufrechtzulassen. Die Beiträge an alle Verbände
haben 5 Mill. Kè ausgemacht. Nicht als ob ich mich auf
den Standpunkt stellen würde, daß 5 Mill. Kè
eine Bagatelle sind und daß man sich darüber hinwegsetzen
könnte, aber es mutet sonderbar an, daß der Minister,
der das ausspricht, nun darangeht, Landesstellen
zu kreieren. Ich wünschte, ich hätte die Zeit, um Ihnen
den Wirkungskreis dieser Landesstellen auseinanderzusetzen, um
so aufzuzeigen, welche Fülle von Aufgaben da zu erfüllen
sind, die - ich glaube nicht zu überschätzen - nur
zu bewältigen sind, wenn man einen Beamtenkörper stellt,
der einen Kostenaufwand von wenigstens 25 Mill. Kè verursachen
würde. Es ist also glaube ich, nicht wahr, daß Ersparnisgründe
maßgebend sind, sondern - Monsignore Šrámek
möge es mir verzeihen - ihm
handelt es sich bei dieser Maßnahme darum die Sozialisten
und die Deutschen zu treffen. Zwei deutsche Institute sind da
und die müssen um jeden Preis beseitigt werden. Man würde
es nicht für möglich halten, daß die deutschen
Parteien in der Koalition diese Schmach und Schande, die ihnen
gerade von dem Minister Šrámek angetan wird,
hinnehmen. Der Herr Minister Šrámek würde
gut daran tun, ein wenig in der Vergangenheit nachzublättern.
Er war es, der im alten Österreich bei der Beratung der Pensionsversicherung
der Privatangestellten erklärt hat, daß die Errichtung
der Landesstellen nur eine kleine Konzession an die èechische
Nation darstelle und daß bei Aktivierung der allgemeinen
Sozialversicherung nationale Gebilde ganz anderer Art geschaffen
werden müssen, die den Wünschen
der Èechen voll Rechnung tragen. Und, meine Herren, damals
im alten Österreich hatte es sich bei der Pensionsversicherung
der Privatangestellten, soweit die historischen Länder in
Betracht kommen, um einen Personenstand von rund 46.000 Menschen
gehandelt, während es sich bei den zwei deutschen Verbänden
um 720.000 Versicherte handelt. Und ich glaube, im alten Österreich
hätte es kein Minister gewagt, an diesen Institutionen auch
nur zu rütteln; was wir uns mühsam seit Jahren aufgerichtet
haben, nicht für uns, sondern im Interesse der Versicherten,
das alles soll uns einfach weggenommen werden, nur deshalb, weil
vielleicht dem Herrn Monsignore Šrámek das
eine oder das andere an den Verbänden nicht paßt. Hat
die Tätigkeit der Verbände ihm einen Anlaß gegeben,
um sachlich von seinem Standpunkt als Minister für soziale
Fürsorge einzuschreiten? Oder ist es nicht so, daß
er zugeben muß, daß die Verbände allen Verpflichtungen
nachkommen sind? Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, daß
ohne Verbände die Sozialversicherung nicht nur nicht durchgeführt
worden wäre, sondern daß es ohne Verbände ganz
unmöglich gewesen wäre, alle diese Schwierigkeiten zu
übertauchen vor die die Krankenkassen seit dem Jahr 1917
gestellt wurden. Wer nicht achtlos an diesen Ereignissen, die
sich auf dem Gebiete der Sozialversicherung seit dem Jahr 1917
abgespielt haben, vorübergegangen ist, der muß zugeben,
daß es ganz unmöglich gewesen wäre, alle Veränderungen
klaglos zu überwinden, wenn sich nicht Menschen gefunden
hätten, die nicht nur ihre Arbeitszeit, sondern die ihren
letzten Nerv hergegeben haben, um es möglich zu machen, daß
die Krankenversicherung sich entwickelt und daß die Sozialversicherung
durchgeführt wird. Es war keine so einfache Sache, die Sozialversicherung
durchzuführen. Wer damals hinausgekommen ist und gesehen
hat den Widerstand der Menschen, die vor der Tatsache gestanden
sind, daß sie zahlen sollen, ohne daß ihnen dafür
ein Äquivalent gegeben wird, weiß, wie schwierig die
Position der Menschen war, die dazu berufen gewesen sind, als
einzige die Sozialversicherung zu propagieren gegen den Widerstand
der Bürgerlichen aber auch gegen die passive Haltung des
Ministeriums für soziale Fürsorge, das dazu berufen
gewesen wäre, den Gedanken der Sozialversicherung zu propagieren.
Schauen Sie insbesondere nach Deutschland und sehen Sie sich die
Sache einmal an, was dort früher geschehen ist, als die Sozialversicherung
eingeführt wurde. Wir sind also der Auffassung, daß
die Aufrechterhaltung der Verbände eine unerläßliche
Sache ist und wir sagen es ganz offen, wir würden es als
das größte Vergehen gegen die Sozialversicherung ansehen,
wenn man die Verbände auflösen würde, aber auch
als den schwersten Schlag, den man uns auf nationalem Gebiete
versetzt. Bitte sich zu vergegenwärtigen, wie unsere Zentralsozialversicherungsanstalt
aufgebaut ist und daß nur die Verbände in der Lage
sind, eine Verbindung in nationaler Beziehung aufrechtzuerhalten.
Wenn der Minister unverrückt auf dem Standpunkt stehen sollte,
daß die Landesstellen notwendig sind, dann glauben wir mit
Fug und Recht verlangen zu können, daß die 720.000
deutschen Versicherten ihre deutschen Landesstellen bekommen,
um die Möglichkeit zu haben, in ihrer Sprache zu verkehren.
Denn das ist keine national Frage im wahren Sinne des Wortes,
sondern eine soziale Frage. (Posl. Hackenberg: Die Regierungsparteiler
haben gegen die nationale Sektionierung der Landesstellen gestimmt!)
Sehr richtig!
Ich werde mich jetzt mit einem eigenen Kapitel
beschäftigen, das ich so gerne überschreiben möchte:
Die Sozialversicherung als Manövrierfeld des Herrn Finanzministers.
Wir können auf Schritt und Tritt wahrnehmen, daß unser
Finanzministerium das eifrige Streben hat, sein Augenmerk der
Sozialversicherung zuzuwenden. Wir haben schon die Gewogenheit
des Finanzministers, bzw. des Finanzministeriums auf diesem Gebiete
gesehen in dem Augenblicke, als man sich geweigert hat, eine Bestimmung
des Gesetzes durchzuführen, die im § 257 festgelegt
ist und die es der Regierung, bzw. dem Finanzministerium zur Pflicht
macht, für Heilzwecke den Betrag von 100 Mill. zur Verfügung
zu stellen; dabei konnten wir die passive Resistenz des Finanzministers
beobachten. Ich möchte gerne sehen, wie man vorgehen würde,
wenn irgendein Steuerzensit es wagen würde, diese Sitten
und Methoden des Herrn Finanzministers anzuwenden. Ich glaube,
man würde den Mann nicht eher zur Ruhe kommen lassen, als
bis er sein ganzes Hab und Gut hergegeben hat, um den Steuerfiskus
zu befriedigen. Und, meine Herren, ein Finanzminister sollte nicht
verpflichtet sein, eine durch Gesetz übernommene Verpflichtung
zu erfüllen? Dafür habe ich kein wie immer geartetes
Verständnis. Nicht nur daß man ihr die 100 Millionen
nimmt, man geht auch noch darauf aus, die Sozialversicherung als
eine Expositur des Finanzministeriums anzusehen. Ich glaube, das
Finanzministerium ist sonst in der Regel sehr penibel darauf bedacht,
dem Ursprung des Vermögens nachzuforschen und sich zu fragen,
ob ein anderer auf diese Kapitalien Einfluß nehmen kann.
Hier handelt es sich um Kapitalien, die von Arbeitnehmern und
Arbeitgebern zusammengetragen werden. Hier handelt es sich um
keine Kapitalien, zu denen der Staat auch nur einen Heller beiträgt.
Es ist nicht mehr so, wie in der alten Sozialversicherung, wo
das Finanzministerium zu den Verwaltungskosten beizutragen hatte.
Nicht einen Heller trägt der Staat mehr bei. Und wenn man
etwa damit argumentieren sollte, daß der Staat, bzw. das
Finanzministerium einen Staatszuschuß gibt, so hat das mit
der Sozialversicherung nichts zu tun. Denn dieser Staatszuschuß
wird erst flüssig gemacht, wenn die Renten flüssig gemacht
werden und nur den Rentnern wird der Zuschuß geleistet,
keineswegs der Zentralsozialversicherungsanstalt. (Pøedsednictví
se ujal pøedseda Malypetr.) Wir
müssen bei diesem Anlaß auch ein für allemal erklären,
daß wir wohl mit dem Zwecke, dem die Beträge zur Verfügung
gestellt werden, nämlich dem Straßenfond, einverstanden
sind, keinesfalls aber mit der Methode, die man gegenüber
der Zentralsozialversicherungsanstalt anwendet, nämlich daß
man in einem Gesetze ganz einfach dekretiert, daß die Anstalt
für diesen Zweck 1 Milliarde herzugeben hat, ohne sich die
Frage vorzulegen, ob denn die Anstalt imstande sein wird, ihre
primären, großen und wichtigen Aufgaben, für die
sie in erster Linie da ist, zu erfüllen und ihnen gerecht
zu werden. Diese Vorgangsweise halte ich für ganz unmöglich.
Wenn der Herrn Finanzminister als jemand, der sich ausborgen will,
zu der Zentralsozialversicherungsanstalt kommt, so wird mit ihm
verhandelt. Das ist der normale Vorgang. Jeder Darlehenswerber
muß zu der Anstalt kommen, von der er ein Darlehen haben
will. Aber daß man die Machtposition, die man inne hat,
dazu benützt, um ganz einfach den Gesetzesweg zu betreten
und gesetzlich festzulegen, daß die Anstalt 1 Milliarde
herzugeben hat, diesen Vorgang halte ich für unmöglich.
Der Finanzminister hat es nicht für notwendig gefunden, mit
der Zentralsozialversicherungsanstalt zu sprechen. Es wäre
theoretisch möglich, auf diese Weise in einem zweiten Gesetze
festzulegen, daß die Anstalt 500 Millionen etwa für
Rüstungszwecke bereitzustellen hat. Solche Methoden sind
meiner Meinung nach in einem demokratischen Parlamente unmöglich
aufrecht zu erhalten.
Meine Herren, wir haben aber den Einfluß
des Finanzministers, bzw. des Finanzministeriums auch bei der
Beratung der ganzen Novelle unangenehm gespürt. Als wir darüber
gesprochen haben, daß es ganz unmöglich ist, daß
die Militärpersonen in die Klasse Aa eingereiht werden, für
deren Versicherung der Staat früher 4.30
Kè gezahlt hat und für die er jetzt auf einmal nur
2.60 Kè zahlen will
und als wir bescheiden die Forderung gestellt haben, daß
wenigstens 3.60 Kè
gezahlt werden sollen, hat man uns gesagt:
Es sei ein Unrecht, das da geschieht, aber die Finanzverwaltung
gibt die Zustimmung nicht. Man muß bei den Militärpersonen
7 Millionen ersparen, anstatt 16 Millionen ist das Finanzministerium
nur in der Lage, 9 Millionen herzugeben. Und so kommen alle die
Militärpersonen in die Klasse Aa. Als wir über die Herabsetzung
der Wartezeit bei der Invalidität gesprochen haben, hat man
uns gesagt: Unmöglich zu machen, man hat kein Geld! Es werden
nunmehr die Staatszuschüsse um 50 Wochen früher gewährt
werden müssen und deshalb sei es unmöglich, daß
man die Herabsetzung der Wartezeit in dem von uns gewünschten
Ausmaß vornimmt. Als wir über die 60Jährigen gesprochen
haben und sich der Herr Minister ausrechnen ließ, daß
schon in zwei Jahren die Invalidität unter dieser
Arbeiterschicht eine etwas größere sein werde und daß
also Staatszuschüsse zur Invaliditätsrente werden geleistet
werden müssen - die meiner Schätzung nach im ersten
Jahre, also nach zwei Jahren kaum mehr als zwei Millionen Kè
ausmachen würden - hat man uns erklärt:
nein, das Finanzministerium kann das nicht leisten. Als wir uns
mit der Kapitalsanlage beschäftigt haben, da auf einmal ist
das Ministerium gekommen und hat ganz einfach erklärt: in
den § 185 muß eine Bestimmung hineinkommen, nach welcher
dem Finanzministerium das Recht zugestanden werden muß,
daß die Zuwendungen, die die Zentralsozialversicherungsanstalt
nach dem Gesetze machen kann; u. zw. nach §§ 182 bis
184, nur mit Zustimmung des Finanzministers flüssig gemacht
werden können. Dies ist dann ein wenig korrigiert worden.
Worum handelt es sich nun da? Im § 162 handelt es sich um
Hypothekardarlehen, im § 183 um die Bewilligung von Krediten
zur Förderung der Wohnungsfürsorge und im § 184
um Heilzwecke. Alle diese Beschlüsse sollten nun der Genehmigung
des Finanzministeriums unterliegen. Wohl ist der § 182, Abs.
1 im Bezug auf die Hypothekardarlehen eliminiert worden, die beiden
anderen Zuwendungen aber unterliegen noch der Entscheidung des
Finanzministeriums. Und wenn Sie nun den schleppenden Gang der
Bewilligungen bei Baukrediten in Betracht ziehen, so können
Sie sich vorstellen, was das bedeutet, wenn die Beschlüsse
außer an die Zustimmung des Fürsorgeministeriums noch
an die des Finanzministeriums gebunden sind. Ich glaube, daß
wir uns mit dem Herrn Finanzminister auch nach einer anderen Richtung
auseinandersetzen müssen, und das ist die Frage, ob die Annahme
einer 41/2%igen Verzinsung zutrifft und
ob es nicht Pflicht des Herrn Finanzministers gewesen wäre,
in dieser tiefeinschneidenden Frage sein Votum abzugeben. Wir
beschäftigen uns mit dieser Frage deshalb, weil wir wissen,
daß die Annahme einer falschen Verzinsung eventuell eine
Erschütterung des ganzen Gebäudes, das da mühsam
aufgerichtet wurde, zur Folge haben könnte, weil wir wissen,
daß damit die Ansprüche der Menschen, die jetzt einzahlen
und jahrzehntelang einzahlen werden, eventuell in Gefahr kommen
können.
Ich glaube, daß ein Finanzminister an
dieser Tatsache nicht ohne weiters achtlos vorübergehen kann,
denn schließlich und endlich müßte dann der Staat
eingreifen. Alle unsere Versuche, innerhalb dieser Zeit herbeizuführen,
daß uns ein Fachmann stellig gemacht wird, der uns sagt,
ob für eine absehbare Zeit mit einer 41/2%igen
Verzinsung gerechnet werden kann, waren erfolglos, trotz aller
unserer Wünsche und Forderungen ist das nicht geschehen,
wir haben den Fachmann nicht zu Gesicht bekommen, der angeblich
den Herrn Minister für soziale Fürsorge dahin beraten
hat, daß eine 41/2%ige Verzinsung
in der nächsten Zeit erzielt werden kann. Als ich einmal
Gelegenheit hatte, mit einem solchen außerordentlich anerkannten
Fachmann zusammenzukommen, da hat er nur mit dem Kopf geschüttelt
und gemeint, eine 41/2%ige Verzinsung ist
ausgeschlossen und auch für eine 41/4%ige
Verzinsung besteht für die nächste Zeit keine Garantie.
Wenn man das hört, so muß man sich sagen, daß
der Herr Minister die Verpflichtung gehabt hätte, uns seinen
Standpunkt zu präzisieren, dies um so mehr, als es dem Herrn
Finanzminister nicht unbekannt ist, daß wir in Deutschland
in der Vorkriegszeit eine 31/2%ige Verzinsung
gehabt haben, daß wir in England jetzt noch eine 3 und 4%ige
Verzinsung zur Grundlage haben, in Schweden eine 31/2%ige
Verzinsungs-Grundlage gehabt haben, die jetzt auf 4.3%
geändert wurde. Es ist ihm bekannt, daß in Österreich
die Pensionsversicherung auf einer 31/2%igen
Verzinsung aufgebaut war, es ist ihm nicht unbekannt, daß
die Privatversicherung auf einer 31/2 bis
4%igen Versicherung aufgebaut ist. (Posl. Hackenberg: Auch
in der Èechoslovakei!) Wir
könnten den Nachweis führen, daß die großen
Lebensversicherungsgesellschaften, wie Gotha, innerhalb eines
Durchschnittes von 50 Jahren nur in einigen wenigen Jahren eine
Verzinsung über 4% zu erzielen vermochten. Alle Erfahrungen
lehren uns also, daß es ganz ausgeschlossen ist, daß
wir für lange Dauer wirklich eine 41/2%ige
Verzinsung zu erzielen vermögen. (Posl. Hackenberg: Der
Finanzminister tritt selbst für eine Herabsetzung des Zinsfusses
ein!) Darüber will ich eben sprechen. Ich glaube, daß
diese Haltung des Finanzministers in striktem Gegensatze zu dem
von ihm aufgestellten Grundsatz steht, daß er bestrebt sein
wird, die Herabsetzung des Bankzinsfusses herbeizuführen.
Ich weiß schon, dem Herrn Minister ist
gerade in letzter Zeit etwas zugute gekommen. Er kann darauf hinweisen,
daß die Banken den Zinsfuß erhöht haben. Ich
möchte nicht so boshaft sein zu sagen, daß das eine
gütige Fügung des Schicksals ist, daß gerade in
dieser Zeit, wo wir diese Vorlage beraten, eine Erhöhung
des Zinsfüsses vorgenommen wurde. Aber ich glaube nicht,
daß der Herr Finanzminister wird behaupten können,
daß diese Erhöhung des Bankzinsfusses andauern wird.
Er kann nicht die Verpflichtung übernehmen, auch nur für
ein Jahr, und es wäre daher meiner Ansicht nach seine Pflicht,
uns hier zu sagen, wie er darüber denkt. Es ist schon notwendig
darüber zu sprechen, weil in den Bestimmungen des Gesetzes
festgelegt ist, daß 20% in Staatspapieren und 10% in anderen
Papieren angelegt werden müssen. Wir haben also 30% dieser
Kapitalisen schon festgelegt und haben natürlich ein gewaltiges
Interesse daran zu wissen, wie sich die Dinge gestalten werden.
Denn bei den Staatspapieren haben wir, wie sich der Herr Minister
an der Hand der in Deutschland gemachten Erfahrungen überzeugen
kann, keineswegs die Gewähr für eine so hohe Verzinsung,
sondern es kann sehr leicht möglich sein, daß wir im
Durchschnitt einen niedrigeren Zinsfuß bekommen.
Jetzt will ich mich noch ganz kurz mit der
Frage der Belastung der Volkswirtschaft beschäftigen. Es
wird immer damit argumentiert, daß die Volkswirtschaft allzu
sehr belastet wird. Gestatten Sie mir, drei Zahlen anzuführen.
In Deutschland bedeutet die Belastung der Volkswirtschaft durch
die Versicherung 16%, in Österreich 171/2%,
bei uns 91/2 bis 111/2
%. Der Gesamtaufwand für die Sozialversicherung beträgt
in Deutschland 23 Milliarden, bei uns 21/2
Milliarden.
Bevor ich zum Schluß komme, möchte
ich mich nur mit zwei Bemerkungen unseres Referenten beschäftigen.
Er hat gemeint, daß die Belastung der Krankenkassen durch
die Herabsetzung der absoluten Karenz 10 bis 15 Millionen beträgt.
Ich möchte den Herrn Referenten beruhigen; wenn ich ihm auch
keine greifbaren Daten zu geben vermag, so wird ihn die eine Tatsache
zweifellos überzeugen, daß dieser Aufwand, der von
ihm errechnet wurde, theoretisch und mathematisch richtig ist,
daß er aber praktisch nicht zutreffend ist. Er hat vollkommen
vergessen und übersehen, daß ein Teil der Lasten, die
dadurch erwachsen sind, daß viele Arbeitnehmer über
14 Tage krank waren, um das Krankengeld für die ihm entzogenen
drei bis vier Tage zu erhalten, in Wegfall kommt. Ich glaube nicht
fehlzugehen, wenn ich sage, daß der Aufwand für die
absolute Karenz zu einem großen Teile aufgewogen werden
wird durch diese Ersparnis, die man da machen wird. Er hat ferner
gemeint, daß die Einführung der absoluten Witwenrente
einen Aufwand von 18% verursachen wird und daß das 100 Millionen
betragen wird. Ich sage ganz offen, daß der Aufwand von
100 Millionen für tausende Witwen keineswegs zu groß
wäre und eher gerechtfertigt werden könnte, als so manche
Ausgabe, die im Staatshaushalte gemacht wird. Aber diese Annahme
des Herrn Referenten war nur richtig, insolange die Bestimmung
nicht in das Gesetz aufgenommen wurde, nach der schon eine absolute
Witwenrente im 65. Jahre und den Witwen mit über 2 Kindern
zuerkannt wird. Darnach beträgt der Aufwand nicht mehr 100
Millionen, sondern höchstens, aber auch da nur mathematisch
berechnet, 60 Millionen. Ich glaube, daß der Aufwand von
60 Millionen für soviel tausende Menschen, die der größten
Not preisgegeben sind und sich dem Haushalt nicht widmen können,
sondern darauf angewiesen sind, dem Erwerb nachzugehen, vollkommen
gerechtfertigt ist.
Zum Schluß lassen Sie mich sagen: Die
Absichten, die die Koalition gehegt hat, und die Vorgänge,
die sich bei der Beratung der Vorlage abgespielt haben, werden
zur Folge haben, daß die Arbeiterschaft der Sozialversicherung
ein weit höheres Augenmerk zuwenden wird, als dies bisher
im allgemeinen der Fall war. Der Kampf für unsere Forderungen
nach voller Selbstverwaltung, nach Erfassung alles erwerbstätigen
Menschen in der Sozialversicherung, nach Einbeziehung der landwirtschaftlichen
Arbeiter in die Unfallversicherung, nach Versorgung der über
60 Jahre alten Personen, nach wirksamer Ausgestaltung des Mutter-
und Wöchnerinnenschutzes und der Familienhilfe, nach einer
den heutigen Verhältnissen entsprechenden Aufbesserung der
materiellen Leistungen und nach Zuerkennung der absoluten Alters-
und Witwenrente ohne Rücksicht auf den Grad der Erwerbsfähigkeit
wird neu aufleben. Wir werden aber auch den Ruf hinaustragen nach
Verwirklichung der Selbständigenversicherung und wir werden
vor allem die Vorgänge, die sich anläßlich der
Beratung der Sozialversicherung abgespielt haben, dazu benützen,
um im bevorstehenden Wahlkampfe die entsprechende Aufklärung
zu verbreiten, die Abrechnung mit dem Bürgerblock vorzunehmen.
(Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany
soc. demokratické.)