Středa 19. září 1928

Vielleicht vergegenwärtigen wir uns heute kurz, was die Regierung gewollt hat und vergleichen damit die gegenwärtige Fassung des Entwurfes. Wir werden gleich sehen, was von der Regierungsvorlage zurückgeblieben ist. Die Regierung hat beabsichtigt: Die Ausscheidung der Personen unter 16 Jahren, der Heimarbeiter, der Saisonarbeiter, sie hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes fest verankern wollen, nach welcher Beiträge in die Krankenversicherungsanstalt nur für sechs Tage vorgeschrieben werden, sie hat in der Organisation die Neuerrichtung von Krankenkassen zugestehen wollen, sie hat Genossenschaftskrankenkassen bei 2000 Mitgliedern einräumen wollen und sie ist dann bei der Festsetzung der Zahl auf 1000 herabgegangen. Sie hat die Absicht gehabt, die Musterdienstordnung auch rückwirkend auf die Beamten und Angestellten anzuwenden. Es war eine behördliche Aufsicht vorgesehen, die nur aus dem Gedanken geboren sein konnte, eine Demütigung der Zentral-Sozialversicherungsanstalt herbeizuführen und die keine andere Absicht haben konnte und die Vorlage hat an Leistungen - das ist zweifellos ein Fortschritt - prästieren wollen die absolute Witwenrente mit dem 65. Lebensjahr und einem Ausstattungsbeitrag, der eigentlich eine Rückzahlung der Prämien bedeutet hat im Ausmaß der Hälfte der eingezahlten Prämien. Die Prämien waren damals festgesetzt mit 2.50, 3.40, 4.60, 6.10 und 8 Kč. Die Verwaltung in den Krankenversicherungsanstalten war im Ausmaß von 5:5 vorgesehen und es war natürlich auch die Auflösung der Verbände vorgesehen.

Meine Herren! Wenn wir nun kritisch das Werk, das vor uns liegt, betrachten, das schwere große Mängel hat, müssen wir aber doch sagen, das es etwas ganz anderes ist, als die Regierung ursprünglich gewollt hat und wir müssen feststellen, daß es zum erstenmal in der Geschichte des čechischen Parlamentarismus überhaupt gelungen ist, eine Vorlage, die die Regierung und die Koalition unterbreitet hat, unter den Tisch fallen zu lassen und eine ganz neue Vorlage auszuarbeiten. (Souhlas a potlcsk něm. a čsl. soc. demokratických poslanců.) Ich glaube, daß dies zweifellos einer der wertvollsten Erfolge ist, den wir zu buchen vermögen.

Ich will mich nun mit den wichtigsten Bestimmungen der Vorlage beschäftigen, wobei ich mich nach Tunlichkeit an die im Entwurfe eingehaltene Reihenfolge halten will. Es ist gelungen, im § 12 eine neue Lohnklasse durchzusetzen. Ich werde nachweisen, was das für die Arbeiterschaft bedeutet, wenn ich dies auch durchaus nicht überschätze und weiß, daß die Einführung der einen Lohnklasse keineswegs geeignet ist, der Forderung zu entsprechen, die wir erheben, daß die Leistungen nach Tunlichkeit den Bezügen anzupassen sind. Wir haben noch immer eine Bewertung der Naturalbezüge, wie sie im ursprünglichen Entwurf enthalten war, mit Ausnahme der Deputatsarbeiter, die um zwei Klassen höher eingereiht werden können. Sonst ist es noch bei den alten Bestimmungen geblieben. Wir erklären hier ausdrücklich, daß wir es für unmöglich halten, daß diese Bestimmung aufrecht bleibt. Ich werde mir nachzuweisen erlauben, was es für die Arbeiterschaft bedeuten würde, wenn diese Bestimmung aufrecht erhalten bliebe.

Es ist dem Einfluß der Gewerbetreibenden gelungen, Genossenschaftskassen durchzusetzen, und meine Herren, es wäre wirklich sehr gut, wenn sich ein Jurist mit dieser Textierung der Bestimmungen beschäftigen würde und überhaupt damit, ob es noch ein Gesetz in der Welt gibt, in das eine solche Bestimmung Aufnahme findet. Es wird nämlich im Gesetze gesagt, daß in acht politischen Bezirken Genossenschaftskrankenkassen zu errichten sind. Bezeichnend aber ist, und das möchte ich hier gleich abtun, daß die Partei, die ursprünglich damit argumentiert hat, daß angeblich die Errichtung von Genossenschaftskrankenkassen der sehnlichste Wunsch der Genossenschaftsmitglieder, der Gehilfen ist, daß dieselbe Partei eine Bestimmung, die bereits im § 27 enthalten war, daß die Errichtung von Genossenschaftskrankenkassen nur möglich ist bei Zustimmung der Repräsentanten der Gehilfenschaft, nachher alles daran gesetzt hat - sie drohte sogar mit der Kündigung der Mitarbeit in der Koalition - um diese Bestimmung wieder zu eliminieren und statt dessen die Worte hineinzugeben: "nach Anhörung der Gehilfenausschüsse". Stellen Sie sich diese Frivolität vor: Man mutet den Gehilfen zu, daß es möglich sein soll, Krankenkassen zu errichten, bei denen diejenigen, die das ausschließlich tangiert, gar nicht mitzuentscheiden haben; man holt nur gnädigst ihr Votum ein, ohne ihnen irgend ein Entscheidungsrecht einzuräumen. (Výkřiky na levici.)

Statt der Vertretung von 5:5 ist eine Vertretung von 9:3 in Aussicht genommen. Wir haben unseren Standpunkt in der Frage der Organisation und der Verwaltung wiederholt präzisiert. Ich kann hier nur wiederholen, daß wir uns auf den Standpunkt stellen und daran festhalten, daß die Versicherung den Versicherten zu gehören hat und daß die Selbstverwaltung der Versicherten für uns nach wie vor eine unantastbare Sache ist. Die Delegiertenversammlung, die ursprünglich das oberste entscheidende Organ über alle Vorgänge in den Krankenkassen war und die selbstverständlich die Richtlinien geben soll, wie die Krankenkassen zu gebahren haben, ist jetzt zu einem Scheindasein verurteilt worden. Zwei Agenden sind es, über die die Delegiertenversammlung zu entscheiden hat; die Wahl von 9 Vertretern der Arbeitnehmer und die Entgegennahme des Berichtes ihrer drei Vertreter im Überwachungsausschuß. Ebenso ist der Vorstand wirklich nur eine Schattenfigur. Alle Agenda, die im Gesetz dem Vorstand vorbehalten waren, sind nun eliminiert und dem gemeisamen Ausschuß übertragen worden. Der gemeinsame Ausschuß, der sich aus den Funktionären des Vorstandes und des Überwachungsausschusses zusammensetzt, wird nunmehr über alle die Krankenversicherung tangierenden, die ganze Wirtschaftsgebahrung berührenden Fragen zu entscheiden haben, ganz autonom über Statuten, über Anträge des Vorstandes, über die Anstellung und Entlassung von Beamten, über alle finanziellen Transaktionen, kurz und gut, wenn sie den § 67 a) lesen, so werden sie finden, daß nicht ein Jota dem Vorstand zu tun übrig bleibt, daß aber alle diese Agenden an diesen gemeinsamen Ausschuß gegeben werden. Der § 69 setzt fest, daß die leitenden Beamten nicht, wie es bisher vorgesehen war, seitens der Zentralsozialversicherungsanstalt ernannt werden, sondern vom Minister für soziale Fürsorge, und es wird zum erstenmale in einem Gesetze ausgesprochen, daß die Dienstverträge, die nunmehr von der Zentralsozialversicherungsanstalt mit Zustimmung des Ministers für soziale Fürsorge und des Finanzministers ausgearbeitet werden, für alle Angestellten rückwirkende Kraft haben sollen, daß also erworbene Rechte ganz einfach gestrichen werden. Die Prämien, die im ursprünglichen Entwurf festgelegt waren mit 2.50 in der I. Klasse, werden auf 2.60 erhöht, von 3.40 in der II. auf 3.60, von 4.60 auf 5.10 Kč in der III., von 6.10 auf 6.40 in der IV. und von 8 auf 8.40 in der V. Klasse. Die Fachkommission der Zentralsozialversicherungsanstalt hat andere Vorschläge gemacht, die in der I. Klasse um 10 Heller höhere Beiträge bewirkt hätten, in der zweiten um 40 Heller - den Gesamtbeitrag - in der III. um 40 Heller, in der IV. um 40 und in der V. um 10 Heller. Es ist wahr, daß diese erhöhte Beitragsleistung einen erhöhten Aufwand von 32 Millionen bewirkt hätte. Sie werden aber später hören, was für diese 32 Millionen hätte geleistet werden können und wenn man eine Entscheidung darüber herbeiführen könnte, ob die Bevölkerung damit einverstanden ist, so bin ich fest davon überzeugt, daß sie diese Belastung von 32 Millionen Kronen gern mit in Kauf nähme, wenn ihr nur diese Leistungen prästiert würden. Wir haben im § 95 eine, wie ich glaube, wertvolle Errungenschaft zu erzielen vermocht, indem wir die absolute Karenz von 3 auf 2 Tage herabgesetzt haben und durchsetzten, daß das Krankengeld auch für Sonntage innerhalb der ersten 14 Tage der Krankheit zur Auszahlung gebracht wird. Wir haben jetzt im Gesetz 2 Karenzfristen, u. zw. die eine von 150 und die andere von 100 Wochen. Es ist also dem Verlangen der Fachkommission nach einheitlicher Festlegung der Wartezeit mit 100 Wochen noch Rechnung getragen worden. Die gegenwärtige Textierung könnte aber die Auslegung bewirken, daß die 100 Beitragswochen nach dem 1. Jänner 1929 erworben werden müssen. Das war nicht gewollt und es muß deshalb diese Bestimmung entsprechend geändert werden. Es ist die absolute Witwenrente im 65. Jahr und bei 2 Kindern festgelegt. Es ist gelungen, bei Hilflosigkeit eine 50%ige Erhöhung durchzusetzen, nur ist leider die Bestimmung nicht als Pflichtleistung übernommen worden. Es ist der Ausstattungsbeitrag im Ausmaße von 400 bis 600 Kč festgesetzt, die Abfertigung im Ausmasse von 550 bis 750 Kč, es ist vergesehen, wenn auch nicht klar ausgesprochen - und auch nach der Richtung wird vollkommene Klarheit geschaffen werden müssen - daß die Zahlung der Beiträge während der ganzen Beschäftigungsdauer notwendig ist. Es werden die Jugendlichen ausgeschieden, ein Kapitel, mit dem ich mich noch beschäftigen werde und es werden nur die gegenwärtig in der Versicherung befindlichen darin bleiben. Es wird für die Jugendlichen, für die Saisonarbeiter und Hilfsarbeiter, soweit sie ausgeschieden werden, durch Verordnung eine freiwillige Versicherung vorgesehen, auch ein Umstand, mit dem wir uns noch beschäftigen werden. Es ist eine Reihe von Änderungen und Konzessionen an die Arbeitgeber gemacht worden. Eine dieser Konzessionen ist die, die dem Koll. Schubert gemacht wurde und die der Koll. Schubert nun in der heutigen "Deutschen Landpost" in großen Lettern aufmacht und überschreibt. Die Kinder in elterlichen Betrieben sind nicht versicherungspflichtig. Der Koll. Schubert, er möge es mir verzeihen, scheint nicht zu wissen, welchen Antrag er da durchgesetzt hat. Es ist wahr, daß im § 2 ein Antrag angenommen wurde, daß die Tätigkeit der mitarbeitenden Familienmitglieder an und für sich kein Arbeitsverhältnis festsetzt. Aber damit ist nicht gesagt, daß alle diese erwerbstätigen Familienmitglieder nunmehr nicht versicherungspflichtig sind. Es wurde die 6tägige An- und Abmeldung angenommen, es wurde der § 20 verschlechtert und es wurde dann der § 101 aufgenommen, in welchem die Möglichkeit gegeben wurde, daß in jenen Fällen, in denen der Arbeiter auch im Krankheitsfalle im Lohnbezug steht und im Haushalte des Arbeitgebers wohnt, der Anspruch auf einen Teil des Krankengeldes auf den Arbeitgeber übergehen kann. Aber es muß auch gesagt werden, daß eine ganze Reihe von Anträgen der Fachkommission nicht übernommen wurden. Ich würde nicht darüber erstaunt sein, wenn man die eine oder andere Bestimmung nicht übernommen hätte, wenn dadurch irgend eine schwere Belastung des Staates und der Allgemeinheit verbunden wäre und das Bürgertum aus diesem Titel zu einer größeren Beitragsleistung herangezogen werden würde. Aber all das, was in dem Entwurfe der Fachkommission enthalten ist, hätte keinen größeren Aufwand bedingt und seine Durchführung wäre möglich gewesen. Es sind darunter Leistungen, zu deren Prästierung sich die Zentralsozialversicherungsanstalt aus den ihr heute zur Verfügung stehenden Mitteln allein bereit erklärt hat. Wir hoffen, daß wir noch im Plenum selbst die Möglichkeit haben, Aufklärung darüber zu bekommen und eine Reihe dieser Bestimmungen, die für die Versicherten von großer Wichtigkeit sind, durchzusetzen. Ich will nicht alles zitieren, es sind ca 20 Bestimmungen, darunter die Versicherung der über 60 Jahre alten Personen, die Krankenversicherung der Rentner, der Anspruch der Familienangehörigen, die ganze Heilbehandlung und Heilfürsorge, die meiner festen Überzeugung nach, wenn nicht der § 154 a, b, c übernommen wird, ganz einfach unmöglich gemacht werden. Für die Aufnahme dieser Bestimmungen werden wir eintreten und wir hoffen, daß die Koalition sich überzeugen lassen wird, daß es nicht verstanden werden würde, wenn diese Bestimmungen, die, wie ich noch einmal wiederhole, keine finanzielle Belastung bedeuten, nicht übernommen würden. Ich möchte nun bezüglich der Organisation dem, was ich vorhin gesagt habe, noch Folgendes hinzufügen. Wenn wir für die Einheitskassa und gegen die Zersplitterung der Krankenversicherung eintreten, glauben viele Herren, es geschehe dies aus politischen Gründen. Wir wollen die Einheitskassa, um ein Bollwerk für die Partei zu haben. Ich habe schon wiederholt Gelegenheit gehabt, nachzuweisen und den Herren zu sagen, daß die Zeiten lange vorüber sind, wo wir die Versicherungsinstitute als die einzige Stätte ansehen konnten, von der aus die Aufklärung der Arbeiterklasse vor sich gehen konnte. Die Zeiten sind längst vorbei, und wenn es eine zeitlang so war, daß die in den Kassen tätigen Menschen nach Ausübung ihrer Funktionen und Pflichten in diesen Krankenkassen eine Tätigkeit für die Partei ausgeübt, für die Aufklärung der Arbeiterklasse gewirkt haben, so haben sie nur ihre selbstverständliche Pflicht getan, in einer Zeit, in der es der Arbeiterschaft nicht möglich war, in einem Institute unterzukommen, in der es ausgegeschlossen war, daß wir auch nur den geringsten Posten irgendwo erhalten hätten, von dem aus es möglich gewesen wäre, unabhängig für die Ideen und die Gedanken der Partei zu wirken. In dieser Zeit war es selbstverständlich, daß wir die Krankenkassen als einzige Stätte dazu benützen mußten. Aber diese Zeiten sind längst vorbei. Seit Jahrzehnten, kann man sagen, geschieht das nicht mehr, und trotz all dem immer wieder diese Angriffe gegen die Krankenkassen. (Výkřiky na levici.) Wir haben bei der Beratung im sozialpolitischen Ausschusse darauf verwiesen, was alles sich in den von den Bürgerlichen verwalteten Instituten abspielt. Wir treten für die Einheitskassa deshalb ein, weil wir glauben, daß bei der Alters- und Invalidenversicherung die Krankenversicherungsanstalten als Unterbau fungieren, die Einheitskassa notwendig ist, und wir treten für die Einheitskassa aus ökonomischen Gründen deshalb ein, weil wir wirklich für Ersparnisse auf dem Gebiete der Verwaltung sind und glauben, daß durch die Einheitskassa die Verwaltung wesentlich verbilligt wird.

Ich habe schon gesagt, daß ursprünglich im Entwurfe Jugendliche unter 16 Jahren pro futuro ausgeschieden werden. Es ist gelungen, eine teilweise Änderung herbeizuführen, aber bei der Ausscheidung der Personen bleibt es. Und warum? Es wird damit argumentiert, daß in anderen Staaten die Jugendlichen in die Sozialversicherung nicht einbezogen sind. Zugegeben, daß es Staaten gibt, in denen die Personen unter 16 Jahren in die Versicherung nicht einbezogen sind, aber es ist etwas anderes, wenn ich feststellen kann, daß in einem Staate die Menschen unter 16 Jahren in die Versicherung nicht einbezogen werden, als wenn ich ihnen ein erworbenes Recht nehme, wenn ich eine Bestimmung, die ich vor kurzer Zeit in das Gesetz hineingenommen habe, nunmehr einfach eliminiere. Die Menschen haben sich schon darauf eingerichtet und wir haben gesehen, daß unsere Volkswirtschaft diese Belastung aus dem Titel der Jugendlichenversicherung ohne weiters zu tragen vermag. Es geht ohne weiters, wenn man will, und es ist nicht richtig - ich habe es schon eingangs meiner Aufstellungen gesagt - daß die Unternehmer diese Lasten nicht zu tragen vermögen und dadurch eventuell unsere Volkswirtschaft bedroht wird. Es wäre ohne weiters möglich; die Regierung ist sich ihrer Schwäche in diesem Punkte bewußt und sie glaubt diese drakonische Maßnahme dadurch zu mildern, wenn sie vorsieht, daß diese Jugendlichen sich nunmehr freiwillig versichern lassen sollen. Das ist die billigste Sozialpolitik, die man sich denken kann. Dabei, bitte, sich Folgendes vor Augen zu halten: Menschen, von denen man vorgibt, daß es für sie eine Belastung ist, daß sie auch nur die Hälfte leisten müssen, von denen man sagt, daß sie aus diesen Gründen aus der Versicherung ausgeschieden werden, weist man jetzt an, daß sie sich freiwillig versichern lassen und nicht die halbe, sondern die ganze Prämie aus eigenem bezahlen sollen. Es ist doch notwendig, daß wir ein paar Worte darüber sagen, ob diese Politik, die da gegenüber den Jugendlichen getrieben wird, wirklich von der ganzen Koalition gewollt ist. Kann es wirklich sein, daß eine christlichsoziale Partei das will, die in ihrem Programm folgende - zwingende - Bestimmung hat. Es heißt dort unter dem Kapitel "öffentliche Fürsorge": "Die staatlich geordneten Versicherungen für Krankheit und Unfall sind auf alle Angestellten und Arbeiter auszudehnen. Die Versicherung für Alter, Invalidität und Arbeitslosigkeit ist für alle diese zu erreichen. Einzubeziehen sind auch die Gewerbetreibenden und Kleinbauern, die Hausangestellten, die land- und forstwirtschaftlichen Angestellten und die Heimarbeiter. Die gesetzliche Arbeitszeit, die Sonn- und Feiertagsruhe sind den Bedingungen der verschiedenen Betriebe anzupassen". Eine Partei, die so etwas im Programm hat, darf nicht an einem Gesetze mitwirken, durch welches die Jugendlichen ausgeschieden werden und in welchem über den Saison- und Heimarbeiter das Damoklesschwert ihrer Ausscheidung aus der Versicherung schwebt. (Výkřiky něm. soc. demokratických poslanců.) Es wäre notwendig, daß man sich ein wenig mit dem Schicksal der Jugendlichen beschäftigte und sich die Frage vorlegte, ob das Argument, mit dem man diese Maßnahmen begründet, zutrifft, ob es wahr ist, daß die Jugendlichen der Alters- und Invaliditätsversicherung nicht so bedürfen, ob es richtig ist, daß sie nicht so vielen Unfällen und Gefahren, Invaliditätsgefahren insbesondere, ausgesetzt sind, wie die übrigen Arbeiter. Ich wünschte, ich hätte Zeit, um Ihnen alle Erfahrungen, die in Deutschland in statistischen Arbeiten festgehalten sind, vor Augen zu führen, um aufzuzeigen, wie groß die Unfallsund Invaliditätsgefahr gerade bei Jugendlichen ist. Es ist doch klar, daß der junge Mensch, der in einem Betriebe zu jeder Arbeit verwendet wird, natürlich viel mehr großen Gefahren ausgesetzt ist, als der gelernte, geschulte, in diesen Betrieben bereits versierte Arbeiter, der sich die Technik bereits zu eigen gemacht hat und eventuell ohne Schutzmaßnahmen nicht jener Gefahr ausgesetzt ist, wie der Jugendliche. Ich bitte, sich das Los des jungen Menschen überhaupt in der gegenwärtigen Zeit zu vergegenwärtigen. Es ist nicht wahr, daß die Ausbeutung des jugendlichen Arbeiters vielleicht im Abnehmen begriffen sei. Wir sehen vielmehr stets eine steigende Tendenz, und die Sucht, Jugendliche in die Betriebe einzustellen, wird immer größer, weil sie eine billige Arbeitskraft abgeben und das einzige Ziel, dem der Arbeitgeber zustrebt, ist eine Verbilligung der Arbeitskraft. Wenn Sie die Berichte der Landeskommissionen für Kinderschutz- und Jugendfürsorge lesen und sich da vor Augen halten würden, welchen Gefahren die Jugendlichen ausgesetzt sind, wie die Jugendlichen in den Betrieben gesundheitlich gefährdet sind, ich bin überzeugt, Sie könnten unmöglich dieser Maßnahme zustimmen. Dann bitte ich Sie, nicht zu vergessen, daß bei uns auf dem Gebiete des Jugendschutzes viel weniger geschieht, als in anderen Staaten. Ich verweise hierbei auf die Beschlüsse der internationalen Konferenz hin. Nur ein kleiner Bruchteil dieser Forderungen ist bei uns verwirklicht worden. Wir haben noch eine schwere Schuld an die Jugendlichen abzutragen.

Aber gut, man argumentiert damit, daß angeblich die Gewerbetreibenden, die kleinen Menschen, diese Prämien für die Lehrlinge nicht aufbringen könnten. Es gab eine Möglichkeit, den Nachweis zu führen, daß es sich wirklich nur um diese bedürftigen Gewerbetreibenden handelt, die diese Beiträge angeblich nicht zu leisten vermögen: Man hätte einfach nur aussprechen müssen, daß aus der Versicherung ausgeschieden werden alle Personen unter 16 Jahren, ausgenommen jene, die in industriellen Betrieben beschäftigt sind. Man hatte die Möglichkeit, meine Herren, wenn man wirklich nur auf diese kleinen Gewerbetreibenden hätte Rücksicht nehmen wollen, aber auch davon hat man keinen Gebrauch gemacht. Angeblich soll das deshalb geschehen sein, weil die Industrie sich dagegen aufgelehnt hat. Meine Herren! Der Kampf der Industriellen gegen die Agrarier wird nicht ausgefochten bei den Steuern, da nehmen die Industriellen eventuell auch eine höhere Besteuerung in Kauf und eine Herabsetzung der Grundsteuer, der Kampf wird auch nicht bei den Zöllen ausgefochten, sondern ausgefochten wird dieser Kampf mit den Agrariern hier bei den Jugendlichen, bei den Lehrlingen.

Meine Herren, wenn wir nun über die Kassenzersplitterung sprechen, wird uns immer gesagt, daß angeblich in Deutschland die Zersplitterung gang und gäbe ist. Ich habe mich für verpflichtet gehalten, mich auch mit diesem Kapitel zu beschäftigen, um ihnen aufzuzeigen, daß eine Paralelle zwischen Deutschland und der Čechoslovakei nach dieser Richtung hin nicht gezogen werden kann. Man vergißt immer, daß die Krankenkassen in Deutschland keineswegs mit Organe, Hilfsorgane, der Alters- und Invaliditätsversicherung sind, wo hingegen bei uns die Kassen der Unterbau der Alters- und Invaliditätsversicherung sind. Aber es ist auch nicht richtig, daß in Deutschland nicht die Tendenz bestünde nach Abbau der Krankenkassen: Meine Herren, im Jahre 1914 hatte Deutschland 10.067 Kassen und es existieren jetzt noch 7679. Jedenfalls ist daraus die Tendenz nach einem Abbau dieser Krankenkassen wahrnehmbar, weil man überall zu der Erkenntnis kommt, daß die Einheitskasse eine Notwendigkeit ist, daß die Zusammenfassung der Krankenkassen kommen muß.

Eines der beliebtesten Argumente ist auch das, daß der Verwaltungsaufwand der Krankenkassen übermäßig groß sei. Es ist gut, wenn wir auf alle diese Argumente eingehen und gegenüber diesen Argumenten die Tatsachen sprechen lassen. Die Krankenkassen der Čechoslovakei beschäftigen 3266 Angestellte, deren Bezüge 61,354.000 Kč betragen; auf einen Angestellten entfallen 18.786 Kč Ich bitte die Freundlichkeit zu haben, das mit den Bezügen der Angestellten des Staates, der Pensionsanstalt, der Unfallversicherung, zu vergleichen und sie werden finden, daß diese Bezüge keineswegs den bei diesen Beamtenkategorien festgestellten Durchschnitt erreichen. Es wird weiters behauptet, daß bei einzelnen Kassengattungen horrende Durchschnittsbezüge gezahlt werden. Auch nach der Richtung hin stehen Ihnen statistische Daten zur Verfügung. Die Bezirkskrankenversicherungsanstalten zahlen durchschnittliche Bezüge von 17.926 Kč, die landwirtschaftlichen Krankenversicherungsanstalten 14.538 Kč, die Genossenschaftskrankenversicherungsanstalten 18.803 Kč, die Vereinskrankenversicherungsanstalten 22.203 Kč und die Hilfskassen 18.330 Kč. Und nun lassen Sie mich auch aufklären, wieso es kommt, daß wir bei den Bezirkskrankenversicherungsanstalten im Durchschnitt etwas höhere Bezüge haben als bei den landwirtschaftlichen. Die landwirtschaftlichen Bezirkskrankenversicherungsanstalten bestehen mitunter seit drei, vier und fünf Jahren, die durchschnittliche Lebensdauer der landwirtschaftlichen Krankenversicherungsanstalten beträgt 21/2 Jahre. Sie haben ganz neues Material hineingenommen, das natürlich noch nicht das Avancement des Kollektivvertrages durchgemacht hat; nur diesem Umstand ist es zuzuschreiben, daß die landwirtschaftlichen Krankenversicherungsanstalten einen etwas geringeren Durchschnitt aufzuweisen haben. Aber es ist notwendig, daß wir heute auch feststellen, wie hoch die durchschnittlichen Bezüge der leitenden Beamten sind. Diese Durchschnittsbezüge der leitenden Beamten betragen 32.184 Kč, und damit nicht der Eindruck erweckt werde, als ob die Beamten der Bezirkskrankenversicherungsanstalten allzu üppig gestellt wären, konstatiere ich, daß bei den Bezirkskrankenversicherungsanstalten der Durchschnitt 32.562 Kč beträgt, bei den Genossenschaften 30.435, bei den registrierten Hilfskassen 46.593 Kč.

Seitens der bürgerlichen Parteien wird es so hingestellt, als ob die Sanierung der Krankenversicherungsanstalten ausschließlich unser Interesse und unsere Aufgabe wäre. Meine Herren, wenn wir diese Frage der Sanierung der Krankenversicherungsanstalten aufgeworfen haben, so glauben Sie mir, geschah und geschieht es nur im Interesse der Versicherten und deshalb, weil wir in den Krankenversicherungsanstalten die einzigen Institutionen in diesem Staate sehen, die im großen Maße Arbeit für die Gesamtheit auf dem Gebiete der Volksgesundheit leisten. Wir haben sonst keine ernsten Institutionen, die auf diesem Gebiete so große Arbeit leisten. Es ist leider bei uns das Unglück, daß man die Krankenkassen und ihre Gebahrung gar nicht kennt, daß man gar nicht weiß, was die Krankenkassen alles leisten und was sie leisten könnten. Wenn sie nicht alle Aufgaben erfüllen, zu denen sie nach unserer Auffassung berufen sind, ist es nicht ihr Verschulden, sondern die Schuld liegt darin, daß man ihnen nicht die Möglichkeit gibt, ja daß man durch gewisse Maßnahmen die prächtige Entwicklung der Krankenversicherungsanstalten vollkommen unterbunden hat. Ich will Ihnen nun sagen, was diese Leistungen bedeuten, an denen die Menschen ganz achtlos vorübergehen. Im Jahre 1921 haben die Krankenkassen der Čechoslovakei 368 Mill. Geldleistungen an die Mitglieder gegeben und 198 Mill. für Heilzwecke. Im Jahre 1922 haben die Geldleistungen die Höhe von 477 Mill. erreicht, die Heilbehandlung 233 Mill. Wir sind dann bei den Geldleistungen etwas zurückgegangen und haben 1925 403 Mill. an geldlichen Leistungen ausgegeben und 307 Mill. für Heilbehandlung. Meine Herren, das sind zusammen in einem Jahr über 700 Millionen! Die Krankenversicherungsanstalten sind Institutionen, über die man natürlich nicht nur so mit einer Handbewegung hinweggehen kann, mit deren Existenz man vielmehr rechnen muß und die zu unterstützen die Aufgabe aller sein muß, die es mit unserer Volksgesundheit wirklich ernst meinen. Aber wie es um diese Krankenkassen finanziell bestellt ist, will ich Ihnen nur an der Hand der statistischen Berichte für das erste Halbjahr 1928 klarlegen. Sie haben nicht Anspruch auf Vollständigkeit, weil sie natürlich noch nicht nach allen Regeln der Kunst geprüft sind. Es trennen uns ja einige Wochen vor dem Abschluß des Halbjahrs, aber eine große Differenz wird sich da nicht ergeben. Wir haben nach der Statistik für das erste Halbjahr des Jahres 1928 festgestellt, daß vorgeschrieben sind Beiträge von 397 Millionen für die Krankenversicherung und daß ausgegeben wurden für geldliche Leistungen 208 Millionen, für Heilpflege 140 Millionen und für andere Ausgaben 90 Millionen, so daß einer Einnahme von 397 Millionen in diesem Halbjahr 439 Millionen Ausgaben gegenüberstehen, so daß die Kassen in diesem Halbjahr mit 40 Millionen passiv sind. Ich glaube nicht, Ihnen des weiteren auseinander setzen zu müssen, daß es notwendig ist, daß die Allgemeinheit eingreift; es ist nicht Aufgabe der Versicherten allein, diese Lasten zu tragen, wenn wir auch bisher auf dem Standpunkte gestanden sind, daß die Interessenten für die Lasten aufkommen sollen; aber wir glauben, daß sie nicht darüber werden hinwegkommen können, daß bei diesen Institutionen, die meiner Empfindung nach viel mehr für die Gesamtheit bedeuten als die wenigen Zuckerindustriellen oder Banken, auch einmal der Staat zugreift und ihnen eine werktätige Unterstützung angedeihen läßt.

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