Vielleicht vergegenwärtigen wir uns heute
kurz, was die Regierung gewollt hat und vergleichen damit die
gegenwärtige Fassung des Entwurfes. Wir werden gleich sehen,
was von der Regierungsvorlage zurückgeblieben ist. Die Regierung
hat beabsichtigt: Die Ausscheidung der Personen unter 16 Jahren,
der Heimarbeiter, der Saisonarbeiter, sie hat die Entscheidung
des Verwaltungsgerichtshofes fest verankern wollen, nach welcher
Beiträge in die Krankenversicherungsanstalt nur für
sechs Tage vorgeschrieben werden, sie hat in der Organisation
die Neuerrichtung von Krankenkassen zugestehen wollen, sie hat
Genossenschaftskrankenkassen bei 2000 Mitgliedern einräumen
wollen und sie ist dann bei der Festsetzung der Zahl auf 1000
herabgegangen. Sie hat die Absicht gehabt, die Musterdienstordnung
auch rückwirkend auf die Beamten und Angestellten anzuwenden.
Es war eine behördliche Aufsicht vorgesehen, die nur aus
dem Gedanken geboren sein konnte, eine Demütigung der Zentral-Sozialversicherungsanstalt
herbeizuführen und die keine andere Absicht haben konnte
und die Vorlage hat an Leistungen - das ist zweifellos ein Fortschritt
- prästieren wollen die absolute Witwenrente mit dem 65.
Lebensjahr und einem Ausstattungsbeitrag, der eigentlich eine
Rückzahlung der Prämien bedeutet hat im Ausmaß
der Hälfte der eingezahlten Prämien. Die Prämien
waren damals festgesetzt mit 2.50, 3.40,
4.60, 6.10 und 8 Kč. Die Verwaltung
in den Krankenversicherungsanstalten war im Ausmaß von 5:5
vorgesehen und es war natürlich auch die Auflösung der
Verbände vorgesehen.
Meine Herren! Wenn wir nun kritisch das Werk,
das vor uns liegt, betrachten, das schwere große Mängel
hat, müssen wir aber doch sagen, das es etwas ganz anderes
ist, als die Regierung ursprünglich gewollt hat und wir müssen
feststellen, daß es zum erstenmal in der Geschichte
des čechischen Parlamentarismus überhaupt gelungen
ist, eine Vorlage, die die Regierung und die Koalition unterbreitet
hat, unter den Tisch fallen zu lassen und eine ganz neue Vorlage
auszuarbeiten. (Souhlas a potlcsk něm. a čsl.
soc. demokratických poslanců.) Ich
glaube, daß dies zweifellos einer der wertvollsten Erfolge
ist, den wir zu buchen vermögen.
Ich will mich nun mit den wichtigsten Bestimmungen
der Vorlage beschäftigen, wobei ich mich nach Tunlichkeit
an die im Entwurfe eingehaltene Reihenfolge halten will. Es ist
gelungen, im § 12 eine neue Lohnklasse durchzusetzen. Ich
werde nachweisen, was das für die Arbeiterschaft bedeutet,
wenn ich dies auch durchaus nicht überschätze und weiß,
daß die Einführung der einen Lohnklasse keineswegs
geeignet ist, der Forderung zu entsprechen, die wir erheben, daß
die Leistungen nach Tunlichkeit den Bezügen anzupassen sind.
Wir haben noch immer eine Bewertung der Naturalbezüge, wie
sie im ursprünglichen Entwurf enthalten war, mit Ausnahme
der Deputatsarbeiter, die um zwei Klassen höher eingereiht
werden können. Sonst ist es noch bei den alten Bestimmungen
geblieben. Wir erklären hier ausdrücklich, daß
wir es für unmöglich halten, daß diese Bestimmung
aufrecht bleibt. Ich werde mir nachzuweisen erlauben, was es für
die Arbeiterschaft bedeuten würde, wenn diese Bestimmung
aufrecht erhalten bliebe.
Es ist dem Einfluß der Gewerbetreibenden
gelungen, Genossenschaftskassen durchzusetzen, und meine Herren,
es wäre wirklich sehr gut, wenn sich ein Jurist mit dieser
Textierung der Bestimmungen beschäftigen würde und überhaupt
damit, ob es noch ein Gesetz in der Welt gibt, in das eine solche
Bestimmung Aufnahme findet. Es wird nämlich im Gesetze gesagt,
daß in acht politischen Bezirken Genossenschaftskrankenkassen
zu errichten sind. Bezeichnend aber ist, und das möchte ich
hier gleich abtun, daß die Partei, die ursprünglich
damit argumentiert hat, daß angeblich die Errichtung von
Genossenschaftskrankenkassen der sehnlichste Wunsch der Genossenschaftsmitglieder,
der Gehilfen ist, daß dieselbe Partei eine Bestimmung, die
bereits im § 27 enthalten war, daß die Errichtung von
Genossenschaftskrankenkassen nur möglich ist bei Zustimmung
der Repräsentanten der Gehilfenschaft, nachher alles daran
gesetzt hat - sie drohte sogar mit der Kündigung der Mitarbeit
in der Koalition - um diese Bestimmung wieder zu eliminieren und
statt dessen die Worte hineinzugeben: "nach Anhörung
der Gehilfenausschüsse". Stellen Sie sich diese Frivolität
vor: Man mutet den Gehilfen zu, daß es möglich sein
soll, Krankenkassen zu errichten, bei denen diejenigen, die das
ausschließlich tangiert, gar nicht mitzuentscheiden haben;
man holt nur gnädigst ihr Votum ein, ohne ihnen irgend ein
Entscheidungsrecht einzuräumen. (Výkřiky
na levici.)
Statt der Vertretung von 5:5 ist eine Vertretung
von 9:3 in Aussicht genommen. Wir haben unseren Standpunkt in
der Frage der Organisation und der Verwaltung wiederholt präzisiert.
Ich kann hier nur wiederholen, daß wir uns auf den Standpunkt
stellen und daran festhalten, daß die Versicherung den Versicherten
zu gehören hat und daß die Selbstverwaltung der Versicherten
für uns nach wie vor eine unantastbare Sache ist. Die Delegiertenversammlung,
die ursprünglich das oberste entscheidende Organ über
alle Vorgänge in den Krankenkassen war und die selbstverständlich
die Richtlinien geben soll, wie die Krankenkassen zu gebahren
haben, ist jetzt zu einem Scheindasein verurteilt worden. Zwei
Agenden sind es, über die die Delegiertenversammlung zu entscheiden
hat; die Wahl von 9 Vertretern der Arbeitnehmer und die Entgegennahme
des Berichtes ihrer drei Vertreter im Überwachungsausschuß.
Ebenso ist der Vorstand wirklich nur eine Schattenfigur. Alle
Agenda, die im Gesetz dem Vorstand vorbehalten waren, sind nun
eliminiert und dem gemeisamen Ausschuß übertragen worden.
Der gemeinsame Ausschuß, der sich aus den Funktionären
des Vorstandes und des Überwachungsausschusses zusammensetzt,
wird nunmehr über alle die Krankenversicherung tangierenden,
die ganze Wirtschaftsgebahrung berührenden Fragen zu entscheiden
haben, ganz autonom über Statuten, über Anträge
des Vorstandes, über die Anstellung und Entlassung von Beamten,
über alle finanziellen Transaktionen, kurz und gut, wenn
sie den § 67 a) lesen, so werden sie finden, daß nicht
ein Jota dem Vorstand zu tun übrig bleibt, daß aber
alle diese Agenden an diesen gemeinsamen Ausschuß gegeben
werden. Der § 69 setzt fest, daß die leitenden Beamten
nicht, wie es bisher vorgesehen war, seitens der Zentralsozialversicherungsanstalt
ernannt werden, sondern vom Minister für soziale Fürsorge,
und es wird zum erstenmale in einem Gesetze ausgesprochen, daß
die Dienstverträge, die nunmehr von der Zentralsozialversicherungsanstalt
mit Zustimmung des Ministers für soziale Fürsorge und
des Finanzministers ausgearbeitet werden, für alle Angestellten
rückwirkende Kraft haben sollen, daß also erworbene
Rechte ganz einfach gestrichen werden. Die Prämien, die im
ursprünglichen Entwurf festgelegt waren mit 2.50
in der I. Klasse, werden auf 2.60 erhöht, von
3.40 in der II. auf 3.60, von 4.60
auf 5.10 Kč in der III., von 6.10
auf 6.40 in der IV. und von 8 auf 8.40 in
der V. Klasse. Die Fachkommission der Zentralsozialversicherungsanstalt
hat andere Vorschläge gemacht, die in der I. Klasse um 10
Heller höhere Beiträge bewirkt hätten, in der zweiten
um 40 Heller - den Gesamtbeitrag - in der III. um 40 Heller, in
der IV. um 40 und in der V. um 10 Heller. Es ist wahr, daß
diese erhöhte Beitragsleistung einen erhöhten Aufwand
von 32 Millionen bewirkt hätte. Sie werden aber später
hören, was für diese 32 Millionen hätte geleistet
werden können und wenn man eine Entscheidung darüber
herbeiführen könnte, ob die Bevölkerung damit einverstanden
ist, so bin ich fest davon überzeugt, daß sie diese
Belastung von 32 Millionen Kronen gern mit in Kauf nähme,
wenn ihr nur diese Leistungen prästiert würden. Wir
haben im § 95 eine, wie ich glaube, wertvolle Errungenschaft
zu erzielen vermocht, indem wir die absolute Karenz von 3 auf
2 Tage herabgesetzt haben und durchsetzten, daß das Krankengeld
auch für Sonntage innerhalb der ersten 14 Tage der Krankheit
zur Auszahlung gebracht wird. Wir haben jetzt im Gesetz 2 Karenzfristen,
u. zw. die eine von 150 und die andere von 100 Wochen. Es ist
also dem Verlangen der Fachkommission nach einheitlicher Festlegung
der Wartezeit mit 100 Wochen noch Rechnung getragen worden. Die
gegenwärtige Textierung könnte aber die Auslegung bewirken,
daß die 100 Beitragswochen nach dem 1. Jänner 1929
erworben werden müssen. Das war nicht gewollt und es muß
deshalb diese Bestimmung entsprechend geändert werden. Es
ist die absolute Witwenrente im 65. Jahr und bei 2 Kindern festgelegt.
Es ist gelungen, bei Hilflosigkeit eine 50%ige Erhöhung durchzusetzen,
nur ist leider die Bestimmung nicht als Pflichtleistung übernommen
worden. Es ist der Ausstattungsbeitrag im Ausmaße
von 400 bis 600 Kč festgesetzt, die Abfertigung im Ausmasse
von 550 bis 750 Kč, es ist vergesehen, wenn auch nicht
klar ausgesprochen - und auch nach der Richtung wird vollkommene
Klarheit geschaffen werden müssen - daß die Zahlung
der Beiträge während der ganzen Beschäftigungsdauer
notwendig ist. Es werden die Jugendlichen ausgeschieden, ein Kapitel,
mit dem ich mich noch beschäftigen werde und es werden nur
die gegenwärtig in der Versicherung befindlichen darin bleiben.
Es wird für die Jugendlichen, für die Saisonarbeiter
und Hilfsarbeiter, soweit sie ausgeschieden werden, durch Verordnung
eine freiwillige Versicherung vorgesehen, auch ein Umstand, mit
dem wir uns noch beschäftigen werden. Es ist eine Reihe von
Änderungen und Konzessionen an die Arbeitgeber gemacht worden.
Eine dieser Konzessionen ist die, die dem Koll. Schubert gemacht
wurde und die der Koll. Schubert nun in der heutigen "Deutschen
Landpost" in großen Lettern aufmacht und überschreibt.
Die Kinder in elterlichen Betrieben sind nicht versicherungspflichtig.
Der Koll. Schubert, er möge es mir verzeihen, scheint
nicht zu wissen, welchen Antrag er da durchgesetzt hat. Es ist
wahr, daß im § 2 ein Antrag angenommen wurde, daß
die Tätigkeit der mitarbeitenden Familienmitglieder an und
für sich kein Arbeitsverhältnis festsetzt. Aber damit
ist nicht gesagt, daß alle diese erwerbstätigen Familienmitglieder
nunmehr nicht versicherungspflichtig sind. Es wurde die 6tägige
An- und Abmeldung angenommen, es wurde der § 20 verschlechtert
und es wurde dann der § 101 aufgenommen, in welchem die Möglichkeit
gegeben wurde, daß in jenen Fällen, in denen der Arbeiter
auch im Krankheitsfalle im Lohnbezug steht und im Haushalte des
Arbeitgebers wohnt, der Anspruch auf einen Teil des Krankengeldes
auf den Arbeitgeber übergehen kann. Aber es muß auch
gesagt werden, daß eine ganze Reihe von Anträgen der
Fachkommission nicht übernommen wurden. Ich würde nicht
darüber erstaunt sein, wenn man die eine oder andere Bestimmung
nicht übernommen hätte, wenn dadurch irgend eine schwere
Belastung des Staates und der Allgemeinheit verbunden wäre
und das Bürgertum aus diesem Titel zu einer größeren
Beitragsleistung herangezogen werden würde. Aber all das,
was in dem Entwurfe der Fachkommission enthalten ist, hätte
keinen größeren Aufwand bedingt und seine Durchführung
wäre möglich gewesen. Es sind darunter Leistungen, zu
deren Prästierung sich die Zentralsozialversicherungsanstalt
aus den ihr heute zur Verfügung stehenden Mitteln allein
bereit erklärt hat. Wir hoffen, daß wir noch im Plenum
selbst die Möglichkeit haben, Aufklärung darüber
zu bekommen und eine Reihe dieser Bestimmungen, die für die
Versicherten von großer Wichtigkeit sind, durchzusetzen.
Ich will nicht alles zitieren, es sind ca 20 Bestimmungen, darunter
die Versicherung der über 60 Jahre alten Personen, die Krankenversicherung
der Rentner, der Anspruch der Familienangehörigen, die ganze
Heilbehandlung und Heilfürsorge, die meiner festen Überzeugung
nach, wenn nicht der § 154 a, b, c übernommen wird,
ganz einfach unmöglich gemacht werden. Für die Aufnahme
dieser Bestimmungen werden wir eintreten und wir hoffen, daß
die Koalition sich überzeugen lassen wird, daß es nicht
verstanden werden würde, wenn diese Bestimmungen, die, wie
ich noch einmal wiederhole, keine finanzielle Belastung bedeuten,
nicht übernommen würden. Ich möchte nun bezüglich
der Organisation dem, was ich vorhin gesagt habe, noch Folgendes
hinzufügen. Wenn wir für die Einheitskassa und gegen
die Zersplitterung der Krankenversicherung eintreten, glauben
viele Herren, es geschehe dies aus politischen Gründen. Wir
wollen die Einheitskassa, um ein Bollwerk für die Partei
zu haben. Ich habe schon wiederholt Gelegenheit gehabt, nachzuweisen
und den Herren zu sagen, daß die Zeiten lange vorüber
sind, wo wir die Versicherungsinstitute als die einzige Stätte
ansehen konnten, von der aus die Aufklärung der Arbeiterklasse
vor sich gehen konnte. Die Zeiten sind längst vorbei, und
wenn es eine zeitlang so war, daß die in den Kassen tätigen
Menschen nach Ausübung ihrer Funktionen und Pflichten in
diesen Krankenkassen eine Tätigkeit für die Partei ausgeübt,
für die Aufklärung der Arbeiterklasse gewirkt haben,
so haben sie nur ihre selbstverständliche Pflicht getan,
in einer Zeit, in der es der Arbeiterschaft nicht möglich
war, in einem Institute unterzukommen, in der es ausgegeschlossen
war, daß wir auch nur den geringsten Posten irgendwo erhalten
hätten, von dem aus es möglich gewesen wäre, unabhängig
für die Ideen und die Gedanken der Partei zu wirken. In dieser
Zeit war es selbstverständlich, daß wir die Krankenkassen
als einzige Stätte dazu benützen mußten. Aber
diese Zeiten sind längst vorbei. Seit Jahrzehnten, kann man
sagen, geschieht das nicht mehr, und trotz all dem immer wieder
diese Angriffe gegen die Krankenkassen. (Výkřiky
na levici.) Wir haben bei der Beratung
im sozialpolitischen Ausschusse darauf verwiesen, was alles sich
in den von den Bürgerlichen verwalteten Instituten abspielt.
Wir treten für die Einheitskassa deshalb ein, weil wir glauben,
daß bei der Alters- und Invalidenversicherung die Krankenversicherungsanstalten
als Unterbau fungieren, die Einheitskassa notwendig ist, und wir
treten für die Einheitskassa aus ökonomischen Gründen
deshalb ein, weil wir wirklich für Ersparnisse auf dem Gebiete
der Verwaltung sind und glauben, daß durch die Einheitskassa
die Verwaltung wesentlich verbilligt wird.
Ich habe schon gesagt, daß ursprünglich
im Entwurfe Jugendliche unter 16 Jahren pro futuro ausgeschieden
werden. Es ist gelungen, eine teilweise Änderung herbeizuführen,
aber bei der Ausscheidung der Personen bleibt es. Und warum? Es
wird damit argumentiert, daß in anderen Staaten die Jugendlichen
in die Sozialversicherung nicht einbezogen sind. Zugegeben, daß
es Staaten gibt, in denen die Personen unter 16 Jahren in die
Versicherung nicht einbezogen sind, aber es ist etwas anderes,
wenn ich feststellen kann, daß in einem Staate die Menschen
unter 16 Jahren in die Versicherung nicht einbezogen werden, als
wenn ich ihnen ein erworbenes Recht nehme, wenn ich eine Bestimmung,
die ich vor kurzer Zeit in das Gesetz hineingenommen habe, nunmehr
einfach eliminiere. Die Menschen haben sich schon darauf eingerichtet
und wir haben gesehen, daß unsere Volkswirtschaft diese
Belastung aus dem Titel der Jugendlichenversicherung ohne weiters
zu tragen vermag. Es geht ohne weiters, wenn man will, und es
ist nicht richtig - ich habe es schon eingangs meiner Aufstellungen
gesagt - daß die Unternehmer diese Lasten nicht zu tragen
vermögen und dadurch eventuell unsere Volkswirtschaft bedroht
wird. Es wäre ohne weiters möglich; die Regierung ist
sich ihrer Schwäche in diesem Punkte bewußt und sie
glaubt diese drakonische Maßnahme dadurch zu mildern, wenn
sie vorsieht, daß diese Jugendlichen sich nunmehr freiwillig
versichern lassen sollen. Das ist die billigste Sozialpolitik,
die man sich denken kann. Dabei, bitte, sich Folgendes vor Augen
zu halten: Menschen, von denen man vorgibt, daß es für
sie eine Belastung ist, daß sie auch nur die Hälfte
leisten müssen, von denen man sagt, daß sie aus diesen
Gründen aus der Versicherung ausgeschieden werden, weist
man jetzt an, daß sie sich freiwillig versichern lassen
und nicht die halbe, sondern die ganze Prämie aus eigenem
bezahlen sollen. Es ist doch notwendig, daß wir ein paar
Worte darüber sagen, ob diese Politik, die da gegenüber
den Jugendlichen getrieben wird, wirklich von der ganzen Koalition
gewollt ist. Kann es wirklich sein, daß eine christlichsoziale
Partei das will, die in ihrem Programm folgende - zwingende -
Bestimmung hat. Es heißt dort unter dem Kapitel "öffentliche
Fürsorge": "Die staatlich geordneten Versicherungen
für Krankheit und Unfall sind auf alle Angestellten und Arbeiter
auszudehnen. Die Versicherung für Alter, Invalidität
und Arbeitslosigkeit ist für alle diese zu erreichen. Einzubeziehen
sind auch die Gewerbetreibenden und Kleinbauern, die Hausangestellten,
die land- und forstwirtschaftlichen Angestellten und die Heimarbeiter.
Die gesetzliche Arbeitszeit, die Sonn- und Feiertagsruhe sind
den Bedingungen der verschiedenen Betriebe anzupassen". Eine
Partei, die so etwas im Programm hat, darf nicht an einem Gesetze
mitwirken, durch welches die Jugendlichen ausgeschieden werden
und in welchem über den Saison- und Heimarbeiter das Damoklesschwert
ihrer Ausscheidung aus der Versicherung schwebt. (Výkřiky
něm. soc. demokratických poslanců.) Es
wäre notwendig, daß man sich ein wenig mit dem Schicksal
der Jugendlichen beschäftigte und sich die Frage vorlegte,
ob das Argument, mit dem man diese Maßnahmen begründet,
zutrifft, ob es wahr ist, daß die Jugendlichen der Alters-
und Invaliditätsversicherung nicht so bedürfen, ob es
richtig ist, daß sie nicht so vielen Unfällen und Gefahren,
Invaliditätsgefahren insbesondere, ausgesetzt sind, wie die
übrigen Arbeiter. Ich wünschte, ich hätte Zeit,
um Ihnen alle Erfahrungen, die in Deutschland in statistischen
Arbeiten festgehalten sind, vor Augen zu führen, um aufzuzeigen,
wie groß die Unfallsund Invaliditätsgefahr gerade bei
Jugendlichen ist. Es ist doch klar, daß der junge Mensch,
der in einem Betriebe zu jeder Arbeit verwendet wird, natürlich
viel mehr großen Gefahren ausgesetzt ist, als der gelernte,
geschulte, in diesen Betrieben bereits versierte Arbeiter, der
sich die Technik bereits zu eigen gemacht hat und eventuell ohne
Schutzmaßnahmen nicht jener Gefahr ausgesetzt ist, wie der
Jugendliche. Ich bitte, sich das Los des jungen Menschen überhaupt
in der gegenwärtigen Zeit zu vergegenwärtigen. Es ist
nicht wahr, daß die Ausbeutung des jugendlichen Arbeiters
vielleicht im Abnehmen begriffen sei. Wir sehen vielmehr stets
eine steigende Tendenz, und die Sucht, Jugendliche in die Betriebe
einzustellen, wird immer größer, weil sie eine billige
Arbeitskraft abgeben und das einzige Ziel, dem der Arbeitgeber
zustrebt, ist eine Verbilligung der Arbeitskraft. Wenn Sie die
Berichte der Landeskommissionen für Kinderschutz- und Jugendfürsorge
lesen und sich da vor Augen halten würden, welchen Gefahren
die Jugendlichen ausgesetzt sind, wie die Jugendlichen in den
Betrieben gesundheitlich gefährdet sind, ich bin überzeugt,
Sie könnten unmöglich dieser Maßnahme zustimmen.
Dann bitte ich Sie, nicht zu vergessen, daß bei uns auf
dem Gebiete des Jugendschutzes viel weniger geschieht, als in
anderen Staaten. Ich verweise hierbei auf die Beschlüsse
der internationalen Konferenz hin. Nur ein kleiner Bruchteil dieser
Forderungen ist bei uns verwirklicht worden. Wir haben noch eine
schwere Schuld an die Jugendlichen abzutragen.
Aber gut, man argumentiert damit, daß
angeblich die Gewerbetreibenden, die kleinen Menschen, diese Prämien
für die Lehrlinge nicht aufbringen könnten. Es gab eine
Möglichkeit, den Nachweis zu führen, daß es sich
wirklich nur um diese bedürftigen Gewerbetreibenden handelt,
die diese Beiträge angeblich nicht zu leisten vermögen:
Man hätte einfach nur aussprechen müssen, daß
aus der Versicherung ausgeschieden werden alle Personen unter
16 Jahren, ausgenommen jene, die in industriellen Betrieben beschäftigt
sind. Man hatte die Möglichkeit, meine Herren, wenn man wirklich
nur auf diese kleinen Gewerbetreibenden hätte Rücksicht
nehmen wollen, aber auch davon hat man keinen Gebrauch gemacht.
Angeblich soll das deshalb geschehen sein, weil die Industrie
sich dagegen aufgelehnt hat. Meine Herren! Der Kampf der Industriellen
gegen die Agrarier wird nicht ausgefochten bei den Steuern, da
nehmen die Industriellen eventuell auch eine höhere Besteuerung
in Kauf und eine Herabsetzung der Grundsteuer, der Kampf wird
auch nicht bei den Zöllen ausgefochten, sondern ausgefochten
wird dieser Kampf mit den Agrariern hier bei den Jugendlichen,
bei den Lehrlingen.
Meine Herren, wenn wir nun über die Kassenzersplitterung
sprechen, wird uns immer gesagt, daß angeblich in Deutschland
die Zersplitterung gang und gäbe ist. Ich habe mich für
verpflichtet gehalten, mich auch mit diesem Kapitel zu
beschäftigen, um ihnen aufzuzeigen, daß eine Paralelle
zwischen Deutschland und der Čechoslovakei nach dieser
Richtung hin nicht gezogen werden kann. Man vergißt immer,
daß die Krankenkassen in Deutschland keineswegs mit Organe,
Hilfsorgane, der Alters- und Invaliditätsversicherung
sind, wo hingegen bei uns die Kassen der Unterbau der Alters-
und Invaliditätsversicherung sind. Aber es ist auch nicht
richtig, daß in Deutschland nicht die Tendenz bestünde
nach Abbau der Krankenkassen: Meine Herren, im Jahre 1914 hatte
Deutschland 10.067 Kassen und es existieren jetzt noch 7679. Jedenfalls
ist daraus die Tendenz nach einem Abbau dieser Krankenkassen wahrnehmbar,
weil man überall zu der Erkenntnis kommt, daß die Einheitskasse
eine Notwendigkeit ist, daß die Zusammenfassung der Krankenkassen
kommen muß.
Eines der beliebtesten Argumente ist auch das,
daß der Verwaltungsaufwand der Krankenkassen übermäßig
groß sei. Es ist gut, wenn wir auf alle diese Argumente
eingehen und gegenüber diesen Argumenten die Tatsachen sprechen
lassen. Die Krankenkassen der Čechoslovakei beschäftigen
3266 Angestellte, deren Bezüge 61,354.000 Kč betragen;
auf einen Angestellten entfallen 18.786 Kč Ich bitte die
Freundlichkeit zu haben, das mit den Bezügen der Angestellten
des Staates, der Pensionsanstalt, der Unfallversicherung,
zu vergleichen und sie werden finden, daß diese Bezüge
keineswegs den bei diesen Beamtenkategorien festgestellten Durchschnitt
erreichen. Es wird weiters behauptet, daß bei einzelnen
Kassengattungen horrende Durchschnittsbezüge gezahlt werden.
Auch nach der Richtung hin stehen Ihnen statistische Daten zur
Verfügung. Die Bezirkskrankenversicherungsanstalten zahlen
durchschnittliche Bezüge von 17.926 Kč, die
landwirtschaftlichen Krankenversicherungsanstalten 14.538 Kč,
die Genossenschaftskrankenversicherungsanstalten 18.803 Kč,
die Vereinskrankenversicherungsanstalten 22.203 Kč und
die Hilfskassen 18.330 Kč. Und nun lassen Sie mich auch
aufklären, wieso es kommt, daß wir
bei den Bezirkskrankenversicherungsanstalten im Durchschnitt etwas
höhere Bezüge haben als bei den landwirtschaftlichen.
Die landwirtschaftlichen Bezirkskrankenversicherungsanstalten
bestehen mitunter seit drei, vier und fünf Jahren, die durchschnittliche
Lebensdauer der landwirtschaftlichen Krankenversicherungsanstalten
beträgt 21/2 Jahre. Sie haben ganz
neues Material hineingenommen, das natürlich noch nicht das
Avancement des Kollektivvertrages durchgemacht hat; nur diesem
Umstand ist es zuzuschreiben, daß die landwirtschaftlichen
Krankenversicherungsanstalten einen etwas geringeren Durchschnitt
aufzuweisen haben. Aber es ist notwendig, daß wir heute
auch feststellen, wie hoch die durchschnittlichen Bezüge
der leitenden Beamten sind. Diese Durchschnittsbezüge
der leitenden Beamten betragen 32.184 Kč, und damit nicht
der Eindruck erweckt werde, als ob die Beamten der Bezirkskrankenversicherungsanstalten
allzu üppig gestellt wären, konstatiere ich, daß
bei den Bezirkskrankenversicherungsanstalten
der Durchschnitt 32.562 Kč beträgt, bei den Genossenschaften
30.435, bei den registrierten Hilfskassen 46.593 Kč.
Seitens der bürgerlichen Parteien wird
es so hingestellt, als ob die Sanierung der Krankenversicherungsanstalten
ausschließlich unser Interesse und unsere Aufgabe wäre.
Meine Herren, wenn wir diese Frage der Sanierung der Krankenversicherungsanstalten
aufgeworfen haben, so glauben Sie mir, geschah und geschieht es
nur im Interesse der Versicherten und deshalb, weil wir in den
Krankenversicherungsanstalten die einzigen Institutionen in diesem
Staate sehen, die im großen Maße Arbeit für die
Gesamtheit auf dem Gebiete der Volksgesundheit leisten. Wir haben
sonst keine ernsten Institutionen, die auf diesem Gebiete so große
Arbeit leisten. Es ist leider bei uns das Unglück, daß
man die Krankenkassen und ihre Gebahrung gar nicht kennt, daß
man gar nicht weiß, was die Krankenkassen alles leisten
und was sie leisten könnten. Wenn sie nicht alle Aufgaben
erfüllen, zu denen sie nach unserer Auffassung berufen sind,
ist es nicht ihr Verschulden, sondern die Schuld liegt darin,
daß man ihnen nicht die Möglichkeit gibt, ja daß
man durch gewisse Maßnahmen die prächtige Entwicklung
der Krankenversicherungsanstalten vollkommen unterbunden hat.
Ich will Ihnen nun sagen, was diese Leistungen bedeuten,
an denen die Menschen ganz achtlos vorübergehen. Im Jahre
1921 haben die Krankenkassen der Čechoslovakei 368 Mill.
Geldleistungen an die Mitglieder gegeben und 198 Mill. für
Heilzwecke. Im Jahre 1922 haben die Geldleistungen
die Höhe von 477 Mill. erreicht, die Heilbehandlung 233 Mill.
Wir sind dann bei den Geldleistungen etwas zurückgegangen
und haben 1925 403 Mill. an geldlichen Leistungen ausgegeben und
307 Mill. für Heilbehandlung. Meine Herren, das sind zusammen
in einem Jahr über 700 Millionen! Die Krankenversicherungsanstalten
sind Institutionen, über die man natürlich nicht nur
so mit einer Handbewegung hinweggehen kann, mit deren Existenz
man vielmehr rechnen muß und die zu unterstützen die
Aufgabe aller sein muß, die es mit unserer Volksgesundheit
wirklich ernst meinen. Aber wie es um diese Krankenkassen finanziell
bestellt ist, will ich Ihnen nur an der Hand der statistischen
Berichte für das erste Halbjahr 1928 klarlegen. Sie haben
nicht Anspruch auf Vollständigkeit, weil sie natürlich
noch nicht nach allen Regeln der Kunst geprüft sind. Es trennen
uns ja einige Wochen vor dem Abschluß des Halbjahrs, aber
eine große Differenz wird sich da nicht ergeben. Wir haben
nach der Statistik für das erste Halbjahr des Jahres 1928
festgestellt, daß vorgeschrieben sind Beiträge von
397 Millionen für die Krankenversicherung und daß ausgegeben
wurden für geldliche Leistungen 208 Millionen, für Heilpflege
140 Millionen und für andere Ausgaben 90 Millionen, so daß
einer Einnahme von 397 Millionen in diesem Halbjahr 439 Millionen
Ausgaben gegenüberstehen, so daß die Kassen in diesem
Halbjahr mit 40 Millionen passiv sind. Ich glaube nicht, Ihnen
des weiteren auseinander setzen zu müssen, daß es notwendig
ist, daß die Allgemeinheit eingreift; es ist nicht Aufgabe
der Versicherten allein, diese Lasten zu tragen, wenn wir auch
bisher auf dem Standpunkte gestanden sind, daß die Interessenten
für die Lasten aufkommen sollen; aber wir glauben, daß
sie nicht darüber werden hinwegkommen können, daß
bei diesen Institutionen, die meiner Empfindung nach viel mehr
für die Gesamtheit bedeuten als die wenigen Zuckerindustriellen
oder Banken, auch einmal der Staat zugreift und ihnen eine werktätige
Unterstützung angedeihen läßt.