Die Volkswirtschaft und selbst die Arbeiterschaft
hat von der Novellierung der Sozialversicherung eine ganz wesentliche
Erleichterung erwartet, doch leider ist dies nicht eingetroffen.
Wir sind nicht gegen Altersversicherungen, wir sind nicht gegen
moderne soziale Einrichtungen, wir wollen es auch nicht haben,
daß die armen Arbeiter in ihren alten Tagen brotlos dastehen,
oder vielleicht auf die Gunst ihrer Kinder angewiesen sein sollen.
Doch sind wir gegen eine derartige Versicherung, wie die das Sozialversicherungsgesetz
vorsieht, denn unserer Ansicht nach soll das vom freien Ermessen
eines jeden abhängen, ob er sich eine Altersrente sichern
will, oder nicht. Hauptsächlich sind wir aber gegen eine
jede weitere Zentralisierung, denn die Handhabung der Sozialversicherung
aus der jetzigen Vorlage, welche alles zentralisiert und uniformiert,
entzieht Millionen der Volkswirtschaft und wird in einigen Jahren
Millionen zusammenhäufen, verteuert daher die Produktion
und die Produkte. Wir haben ja schon Beispiele dafür, wie
sich derartige zentralistische und alles uniformierende Institutionen
in der Praxis auswirken. Dies sehen wir am besten bei den Krankenkassen
und deren Verwaltung in der Slowakei, wo dieselben dank der "höheren
Demokratie" noch immer die Autonomie nicht zurückerhalten
haben, von Regierungskommissären verwaltet werden, wo die
Frage der freien Ärztewahl noch immer nicht geregelt ist.
Die Ärzte sind mit der Besoldung höchst unzufrieden,
und noch viele, viele andere Klagen könnten wir hier vorbringen.
Vordem, als noch keine derartige Zentralisierung herrschte und
die Krankenkassen ihre Autonomie hatten, hatten dieselben ihre
Geldüberschüsse allein verwaltet, in lokalen guten Geldinstituten
dieselben als Einlagen hinterlegt und so der Volkswirtschaft wieder
zurückgeführt. Doch heute steht die Sache anders. Alles
muß zentralisiert werden, über nichts darf verfügt
werden, denn was hätten denn sonst die großen Zentralstellen
zu tun?
Noch traurigere Beispiele der Altersversorgung
sehen wir bei den Bruderladen, wohin die armen Leute jahrelange
ihre schwer ersparten Heller eingezahlen und heute ganz ohne Altersrente
stehen. Dieselben Verhältnisse herschen auch bei den Provisionisten,
welche statt ihrer eingezahlten gesetzlichen Bezüge Hungerpensionen
bekommen, die meisten von ihnen aber gar keine, denn ihre Pension
verschwindet in den Paragraphen der Bürokratie. Und nach
diesen traurigen Erfahrungen wirft sich von selbst die Frage auf:
Wird es die arbeitende Bevölkerung besser haben? Werden sie
auch einst ihre Altersversorgung bekommen oder wird sich dieselbe
in dem Meere der Paragraphen verlieren? Wir fürchten nur,
daß dieses sogenannte großartige "soziale Werk"
den Versicherten nicht das bringen wird, was man davon erwartet,
aber vielmehr denen, die es verwalten werden.
Ganz besonders aber leidet unter der Last der
sozialen Abgaben die Landwirtschaft. Ich habe noch mit keinem
Landwirt gesprochen, der sich nicht über die Schwere der
ihm aufgebürdeten sozialen Lasten beklagt hätte und
das unter einer Regierung, in der Agrarier das Hauptwort zu sprechen
haben. Die sozialen Lasten der Landwirtschaft betragen viel mehr,
als sämtliche Steuern und es ist einfach unerhört, was
ein landwirtschaftlicher Betrieb an die Krankenkassen, Sozial
versicherungsanstalten, Unfallversicherungen und Pensionsfonde
abzugeben hat und was er für Schikanen seitens all dieser
Ämter zu ertragen hat. Dabei hat die Landwirtschaft überhaupt
keine Möglichkeit, diese Abgaben in die Erzeugungskosten
ihrer Produkte einzukalkulieren, denn die Preise der landwirtschaftlichen
Produkte werden ja nicht von den Landwirten bestimmt, sondern
von Leuten, die mit der Landwirtschaft nichts zu tun haben. Der
Landwirt wird nicht gefragt: hast du eine gute, oder schlechte
Ernte gehabt, obwohl die Regie der Landwirtschaft auch bei einer
Mißernte ganz dieselbe ist, wie bei einer guten Ernte. Es
gilt unter allen Umständen nur das eine Wort "Zahlen!",
und kann der Landwirt eben diesen Verpflichtungen nicht nachkommen,
so werden ihm halt seine Mobilien versteigert. Der Mangel an landwirtschaftlichen
Arbeitern bringt es mit sich, daß der Besitzer gezwungen
ist, auf Wunsch der Arbeiter sämtliche sozialen Lasten auf
sich zu nehmen, und diesem Umstand ist es zu zuschreiben, daß
die Landwirtschaft diese vielen Abgaben kaum mehr erschwingen
kann. In der Praxis sehen wir es, daß Landwirtschaften,
die früher einen intensiven Betrieb mit vielen Angestellten
hatten, heute ihre Betriebe wegen den allzuhohen sozialen Lasten
extensiv umstellen müssen. Die Landwirtschaft als solche
hat schon lange aufgehört, ein rentables Unternehmen zu sein.
Die Landwirte werden nur in den politischen Reden gelobt und es
wird ihnen geschmeichelt: sie sind das Fundament des Staates,
aber daß dieses Fundament auch erhalten bleibe, dafür
trägt niemand Sorge. Betrachten wir die Grundbücher,
so wird sich unsern Augen eine traurige Wahrheit zeigen: wie Grund
und Boden schon wieder belastet sind, betrachten wir die Schuldausweise
der Sparkassen, Banken, Kreditgenossenschaften, so müssen
wir die traurige Tatsache feststellen, daß der Bauer wieder
derart verschuldet ist, wie vor dem Kriege. Es ist dies keine
Phrase, sondern eine bittere Wahrheit. In der ganzen Welt, selbst
in England, geht man daran, die Angelegenheit des landwirtschaftlichen
Kredites zu regeln und es liegt auch schon vor dem englischen
Parlament ein Regierungsantrag "Agricultural credits bill",
in welchem Vorkehrungen getroffen werden, daß der Landwirtschaft
billige langund kurzfristige Darlehen unter günstigen Bedingungen
gewährt werden, die Regierung selbst unterstützt diese
Aktion mit großen Summen.
Wir sind noch weit davon, daß die Regierung
die landwirtschaftlichen Kredite verbilligt und erleichtert, denn
bei uns wird ja alles erschwert und die Hauptsache ist, womöglich
alle Gelder herauszuziehen und in zentralen Institutionen zusammenzuhalten.
Eine wichtige Kreditform, wie der Kredit auf
Mobilien, welche ganz besonders in der Landwirtschaft von großer
Bedeutung wäre und in den meisten europäischen Staaten
schon eingeführt ist, erwartet bei uns noch immer ihre gesetzliche
Regelung.
Nicht ohne Bangen sehen wir in die Zukunft,
wenn wir daran denken, daß die riesigen Summen, welche die
Sozialversicherung der Volkswirtschaft entzieht, großen
Kapitalmangel hervorrufen werden, und daß diese große
Finanzkraft, welche aus der Sozialversicherungszentrale herausgehen
wird, ihre Klauen überall hinstreckt, wo noch etwas zu haben
ist. Sie wird diese Riesensummen in Industrieunternehmungen, Felder,
Wälder, Quellen, Gruben und Bäder, mit einem Wort: in
alles hineinstecken, alles womöglich erwerben und so unsere
gesamte Volkswirtschaft einer sicheren Sozialisierung ganz auf
ruhigem, evolutionärem Wege zu führen. Daher der große
Drang zur Zentralisierung! Die eventuell eröffneten Filialen
oder Exposituren werden nur rechtlose Zweigstellen darstellen.
Diese mächtige Sozialversicherung wird
sich in erster Reihe national auswirken, und zwar auf Kosten der
Minderheiten. Dies haben wir schon in der Vergangenheit in sehr
vielen Hinsichten gefühlt, fühlen es noch heute und
werden es in der Zukunft noch mehr zu fühlen bekommen. Die
Devise ist: Hinein in alles, in alle wirtschaftlichen Einrichtungen,
die noch heute den Minderheiten gehören. Es werden dazu keine
Mittel gescheut und sind diese zu schwach, so werden Gesetze geschaffen,
dies zu ermöglichen. Dies ist nichts anderes, als nationaler
Bolschewismus. Beispiele dafür sind leider im Überfluß
vorhanden. Die Durchführung der Bodenreform, die Übernahme
von Eisenbahnen und die Behandlung von wirtschaftlichen Institutionen,
die den Minderheiten gehörten und noch gehören. Hier
muß ich ganz besonders auf die Behandlung der wenigen Geldinstitute
hinweisen, welche noch bis heute in der Slovakei in den Händen
der Minderheiten verblieben sind. Im Jahre 1918 bestanden in der
Slovakei und in Karpathenrußland 279 Geldinstitute, die
in der Form als Aktiengesellschaft gearbeitet haben. Von denen
entfielen auf die Slovakei 228. Davon 148 Institute in deutschen
und ungarischen Händen, 33 slovakische und 47 kleinere, die
größtenteils Familien und Geldgruppen angehörten
und von diesen entfielen auf Karpathenrußland 31. Von den
148 deutschen und ungarischen Geldinstituten in der Slovakei mußten
58 mit slovakischen oder èechischen Geldanstalten
angeblich "freiwillig" fusionieren und 19 konnten sich
noch bestehenden kräftigen deutschen und ungarischen Instituten
anschließen. Dieses "Freiwillig" hat derart ausgesehen,
daß, nachdem die Geldinstitute durch die Umsturzfinanzpolitik
ihr Stammkapital verloren hatten, ihnen die Emission neuer Aktien
verboten wurde. Selbst das wurde ihnen verboten, sich in Kreditgenossenschaften
umzuwandeln. Von den übriggebliebenen 96 Instituten wurde
es 24 verboten, Einlagen zu sammeln, so daß auch
diese gezwungen wurden, mit großen slovakischen und èechischen
Banken zu fusionieren. Der Einlageverlust der Minderheitsgeldinstitute
überschreitet unzählige Millionen, welche Verluste nur
der Nachkriegspolitik zuzuschreiben sind. Auf zwei
Milliarden werden in der Slovakei die Kriegsanleihebestände
geschätzt. Der Verlust an der Kriegsanleihe übersteigt
unbedingt ein und einhalbe Milliarde, von welcher Summe allein
auf die deutschen und ungarischen Geldinstitute 300 Millionen
entfallen.
Von dem Sanierungsfond, in welchen Fond die
Geldinstitute ganz erhebliche Summen einzahlen mußten, erhielten
die deutschen und ungarischen Institute kaum einzelne Brocken.
Aus diesem Sanierungsfond wurden mehr als 200 Millionen verteilt,
von welcher Summe die deutschen und ungarischen Institute kaum
1 bis 11/2% erhielten, obwohl dieselben
die größten Kriegsanleihe- und Valutaverluste hatten.
Die größte Ungerechtigkeit geschah aber erst dann,
ales den slovakischen Instituten nachträglich noch große
Sanierungssummen zugewiesen und die den deutschen und ungarischen
Geldinstituten zugewiesenen Summen um 20 bis 30 Prozent gekürzt
wurden; doch auch diese Summen wurden erst dann angewiesen,
als sich das betreffende Institut zu einer Fusion mit einer èechischen
oder slovakischen Anstalt verpflichtete. Es wäre wirklich
sehr interessant, einen Einblick in die Verteilungsliste des Sanierungsfondes
zu haben. Bei diesem Manöver mit den Geldinstituten
der Minderheiten in der Slovakei spielen nicht die wirtschaftlichen
Verhältnisse die Hauptrolle, sondern die Politik. Ein Hauptargument
der Behörden gegen die Minderheitsgeldinstitute, welche unter
allen Umständen abgebaut werden mußten, war angeblich
ihre große Zahl und was deutsch oder ungarisch war, mußte
weg. Ein Schulbeispiel für diese Praxis ist die Stadt Neuhäusl
(Nové Zámky), wo vor dem Umsturz zwei Geldinstitute
waren und heute die Zahl schon auf 10 gewachsen ist.
Es ist direkt beleidigend und empörend,
wie diese paar Geldinstitute, die auch noch heute in den Händen
der Minderheiten sind, behandelt werden, trotzdem daß sie
80% ihres Einkommens in der Form von verschiedenen öffentlichen
Abgaben abführen müssen. Diese Behandlung wird fortgesetzt,
obwohl die Banken durch die Revisní jednota, eine durch
das Gesetz vom 1924 Zahl 239 geschaffene angeblich autonome, in
Wahrheit aber de facto nur eine Informationsabteilung des Finanzministeriums
bildende Korporation gründlich revidiert werden, welche Revisionen
sich bis in die kleinsten Details erstrecken. Interessant ist,
daß die Vorsitzenden dieser Revisní jednota Generaldirektoren
von Großbanken sind, die also dadurch in die Lage kommen,
die Finger ständig auf der Pulsader dieser Institute zu halten.
Trotzdem, daß der durch die Regierung entsandte Regierungskommissär
in der Direktion der revidierten Banken sitzt und trotzdem, daß
die Banken laut Bankgesetz verpflichtet sind, behufs Erhaltung
ihrer Mobilität und Liquidität acht Prozent ihres Einlagenstandes
bei einer staatlichen Bank mit 2 bis 21/2%
Verzinsung zu deponieren und trotzdem, daß die Banken allen
ministeriellen Anforderungen entsprechen und von der Revisionsabteilung
dann das größte Lob erhalten, werden diese Minderheitengeldinstitute
weiter stiefmütterlich behandelt. Trotz alldem werden ihnen
keine öffentlichen Gelder als Einlagen angewiesen, im Gegenteil:
sämtliche öffentlichen Gelder wurden ihnen gekündigt.
Wir können sogar Rundschreiben einzelner Bezirkshauptleute
präsentieren, in denen die einzelnen Geldinstitute aufgezählt
sind, wohin die Gemeinden ihre Geldüberschüsse einlegen
dürfen. Ja es geht sogar soweit, daß die Garantiebriefe
als Kaution bei staatlichen Lieferungen von Banken, die einer
Minorität gehören, nicht angenommen werden, obwohl die
Revisionsabteilungen genaue Informationen über die Zuverlässigkeit
der einzelnen Anstalten geben können. Doch eine Neuerung
ist schon in letzterer Zeit eingetreten undzwar die, daß
jene Anstalt, die dem Verbande der slovakischen Geldinstitute
beitritt, die Bewilligung erhält, daß ihre Garantiebriefe
als Kaution angenommen werden.
Im allgemeinen sehen wir, daß in der
Slovakei große Geldnot herrscht. Lesen wir nur den Bericht
des Industriellenverbandes für die Slovakei, so finden wir
gleich an der ersten Seite den Schrei: "Geld, billiges Geld
braucht die Industrie, der Handel, das Gewerbe und die Landwirtschaft!".
Alles möchte schaffen und arbeiten, doch dazu benötigt
man Geld und keines ist vorhanden. Statt Erleichterungen wird
alles erschwert. Der Einlagezinsfuß wurde erst vor kurzem
erhöht und dadurch wird selbstredend auch das Geld teuerer
werden. Die Ursachen, weshalb der Einlagezinsfuß erhöht
wurde, können nur folgende sein: Entweder geht es der Bevölkerung
schlechter und ist kein überflüssiges Geld vorhanden,
oder aber sind dies Folgen der Steuerreform und die Einlagen flüchten
ins Ausland.
Ein langfristiges Hypothekardarlehen von der Hypoteèná
banka zu erhalten, ist sozusagen eine Unmöglichkeit. Die
Flüssigmachung dauert mindestens 6 Monate bei 71/4
bis 71/2 Prozent netto plus Amortisationsquote.
Der kleine Mann, der genötigt ist, ein langfristiges Amortisationsdarlehen
aufzunehmen, kann überhaupt nicht dazukommen, höchstens
vielleicht durch verschiedene Winkelagenten und Protektoren, die
aber dann den armen Kreditsuchenden genügend ausnützen.
Haben Sie, meine Herren auf der slovakischen
Seite, über alle diese Probleme schon nachgedacht? Wer das
Geld hat, hat die Macht. Bedenken Sie dies und bedenken Sie, daß
die Flitterwochen nicht ewig dauern. Denken Sie nicht daran, wenn
aus der Slovakei das Geld langsam herausgezogen wird, was aus
dem Lande werden kann? Denken Sie daran, daß aus diesen
Riesensummen, velche die Sozialversicherung entzieht, nur ganz
kleine Brocken in die Slovakei zurückkommen werden. Wenn
Sie schon an diesem Werke der Sozialsversicherung mitgearbeitet
haben und dafür stimmen werden, welches Gesetz de facto auch
dem slovakischen Volke schwere Lasten aufbürdet, haben Sie
es nicht versucht, zu erreichen, daß die Slovakei eine eigene
Sozialversicherungszentrale erhält, in der die eingeflossenen
Gelder verwaltet werden, welche dann wieder der Volkswirtschaft
in der Slovakei zugeführt werden müßten! Wenn
die Slovakei nun schon ein Land mit einem eigenen Landespräsidenten
ist, wäre es nicht von eminent großer Wichtigkeit,
daß dieselbe auch eine eigene Slovenská zemská
banka und auch eine Slovenská Hypoteèná
banka hätte? Diese Slovenská Hypoteèná
banka müßte aus dem Zusammen um schluß sämtlicher
Banken in der Slovakei ohne Unterschied der Nationalität
gebildet werden, das Recht haben, Pfandbriefe zu er lassen und
die Bevölkerung mit billigen langfristigen
Darlehen zu versehen. Gilt es nicht, über all diese Dinge
nachzudenken? Wäre das nicht der beste Weg zu einer gedeihlichen
wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Minderheiten in der Slovakei?
Oder wollen Sie den bis jetzt gegangenen Weg weitergehen, welchen
Weg das ständige Zurückdrängen und das Schädigen
der Minderheiten kennzeichnet? Dem Auslande will man stets
beweisen, daß die Minoritätenfrage in der Èechoslovakei
schon gelöst ist, und zwar zur größten Zufriedenheit.
In der Wirklichkeit aber fühlen wir es am eigenen Leibe ganz
anders, denn es wird auf unseren kulturrellen und wirtschaftlichen
Ruin hingearbeitet. Wir können nur den
wärmsten Dank den Staatsmännern aussprechen, die die
Idee aufgeworfen haben, im Rahmen des Völkerbundes eine ständige
Minderheitenkommission zu schaffen.
Wir wissen sehr gut, wie die durch die Minderheitsvertreter
aufgeworfenen Ideen gewertet werden, doch halten wir es für
unsere Pflicht, unsere Stimme stets warnend zu erheben und die
Herren auf die Folgen ihrer Taten aufmerksam zu machen.
Meine Wenigkeit und die mit mir verbündete
ungarische Nationalpartei werden gegen das Sozialversicherungsgesetz
stimmen. (Souhlas na levici.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die
Sozialversicherung war vom Beginn ihrer Wirksamkeit an Gegenstand
der heftigsten Angriffe. An diesen Angriffen gegen die Sozialversicherung
haben sich alle Parteien beteiligt, auch jene Parteien, die seinerzeit
vom Jahre 1920 an und noch vorher in der Revolutionsnationalversammlung
sich nicht genug nach der Richtung hin überbieten konnten,
Anträge einzubringen, die eine weitgehende Verbesserung der
Sozialversicherung bedeutet hätten. Die Situation hat sich
geändert. Unmittelbar nach den Wahlen im Jahre 1925 haben
alle jene, die früher nach der Richtung hin gewetteifert
haben, um ihre Liebe für die Arbeiterschaft aufzuzeigen,
aufzuzeigen, daß sie die ersten sind, die daran gedacht
haben, das gute Werk der Verschlechterung der Sozialversicherung
zu vollbringen, alle diese Herren haben sich nicht behindern lassen,
gegen die Sozialversicherung Sturm zu laufen, obwohl sie in der
Regierungskoalition waren und die Regierungserklärung, wie
so oft vorher, so auch am 18. Dezember 1925 zugesichert und ausgesprochen
hat, daß der Höhepunkt der Leistungen der vorangehenden
Regierung die Sozialversicherung war und daß es Aufgabe
der Regierung und der Koalitionsparteien in der nächsten
Zeitperiode sei, das Standardwerk durchzuführen. Damals hat
ausdrücklich der Herr Ministerpräsident Švehla
gesagt: "Es erübrigt uns nur noch, die wegen ihres
Alters aus der Versicherung ausgeschiedenen Personen zu sichern,
damit wir sagen können, daß nun für jeden arbeitenden
Menschen im Falle seiner Arbeitsunfähigkeit vorgesorgt ist."
Wie so viele andere Versprechungen, wurde auch diese nicht erfüllt.
Im selben Momente, in dem das Wort ausgesprochen war, in demselben
Momente hat man gar nicht mehr daran gedacht, die Sozialversicherung
wirklich durchzuführen. Ich will das nicht vom Herrn Ministerpräsidenten
behaupten, aber zweifellos von den hinter ihm stehenden Parteien.
Keine einzige von ihnen hat daran gedacht, die Handlung zu setzen,
ebenso wie wir bis heute vergeblich darauf warten, daß wenigstens
die Vorlage der Versicherung der über 60 Jahre alten Personen
dem Hause unterbreitet wird. Es war in dieser Zeit aber nicht
nur eine Hetze gegen die Sozialversicherung, man hat nicht nur
alles angewendet, um aufzuzeigen, daß angeblich die Sozialversicherung
untragbar sei, sondern man hat auch eine Hetze gegen die Träger
der Sozialversicherung, man hat in dieser Zeit eine wüste
Kampagne gegen alles das, was nur im Zusammenhang mit der Sozialversicherung
steht, gegen jeden Funktionär des Sozialversicherungsinstitutes,
gegen jeden Beamten inszeniert. Man hat damit eine Atmosphäre
geschaffen, in der die Verteidigung der Sozialversicherung, die
nur den sozialistischen Parteien oblag, keineswegs eine einfache
Sache war. Und wenn man einmal geschichtlich feststellen wird,
daß es uns trotz aller dieser Anwürfe und Widerstände
möglich war, die Sozialversicherung durchzuführen, wird
man zugeben müssen, daß damit ein großes Werk
geschaffen wurde.
Wir stehen jetzt unmittelbar vor dem Abschluß
der Beratungen über eine Vorlage, deren Geburt längere
Zeit zurückdatiert. Alle jene Parteien, die sich hinter diese
- wie ich wohl ruhig sagen kann - Schandvorlage gestellt haben,
alle diese Parteien wollen nunmehr die Mitwirkung an der Geburt
ableugnen und alle diese Parteien einigt eines, das Bestreben
zu sagen, daß alle Verbesserungen, die jetzt durchgeführt
wurden, natürlich ihr Werk sind. Die wenigen Stunden Debatte,
die wir jetzt über die Sozialversicherung abführen,
haben uns darüber belehrt, was die Herren wollen und wie
sie die Dinge auffassen. Aber es ist gut, wenn wir uns ein wenig
vergegenwärtigen, wie in Wirklichkeit die Auffassung der
Herren zu jener Zeit war, als sie darauf gedrängt haben,
daß unter allen Umständen eine Verschlechterung der
Sozialversicherung kommen müsse. Vor mir liegt der "Venkov",
das Organ der Agrarier, vom 24. Feber 1927. In diesem Organ wird
ein Grundsatz aufgestellt: Wir sind mit unserem Antrage auf Novellierung
der Sozialversicherung - Verschlechterung sagten sie nicht fertig:
Schluß, jetzt heißt es beraten und noch vor dem 1.
Juli muß sie in Kraft treten, rückwirkend vom 1. Jänner
1927! Es ist auch von einem anderem Standpunkt aus außerordentlich
interessant, diese Zeitungsnotizen und Zeitungsartikel zur Hand
zu nehmen. In diesem Zeitungsartikel im "Venkov" wird
dargelegt: Wir müssen diese Novellierung innerhalb des Zeitraumes
haben, denn wenn wir sie nicht haben in den nächsten Monaten,
ist ein Zusammenbruch dieser kleinen Menschen, die das nicht zu
tragen vermögen, unvermeidlich; schon in der nächsten
Zeit werden wir insbesondere in der Slovakei und Karpathorußland
eine vollkommene Verproletarisierung des Gewerbe- und Handelsstandes
miterleben. Es wird ganz unmöglich sein, die Existenz der
Menschen weiter zu sichern. Es ist gut, wenn mitunter zur Verabschiedung
einer Vorlage ein längerer Zeitraum in Anspruch genommen
wird, um uns einmal zu vergegenwärtigen, ob die Propheten
von damals recht behalten haben, auch nur mit einer Silbe recht
behalten haben, bezüglich dessen, was sie damals behauptet
haben. Ich glaube, daß alle, die nüchtern und objektiv
die Tatsachen prüfen, sich davon überzeugt haben, daß
alle diese Argumente, die man gegen die Sozialversicherung ins
Treffen geführt hat, daß diese Argumente in nichts
zerfließen und daß alle diese Argumente nicht richtig
sind. Wir sind nun in die Beratung der Vorlage eingegangen in
einer Aufmachung, wie wir es ähnlich bei einer so tiefgreifenden
Materie bisher nicht wahrgenommen haben: Ohne irgendeine versicherungs-mathematische
Berechnung, ohne daß auch nur annähernd ein Überblick
darüber geboten worden wäre, wie sich das Werk auswirken
wird oder was es zur Folge haben wird, ob das Gebäude, das
mühsam aufgerichtet wurde, nicht in seinen Grundfesten erschüttert
werden wird, ohne irgendeine dieser Ziffern, ohne irgendeine Unterlage
sind wir an die Beratung dieser Vorlage gegangen. Es ist auch
in Bezug auf den Termin so, daß die Herren es nicht erwarten
konnten, bis sie das Werk eingeheimst haben werden. Zuerst hat
es in einem Artikel des "Venkov" geheißen, daß
die Sozialversicherung am 1. Jänner 1927 rückwirkende
Kraft erlangen wird, dann hat es geheißen am 1. Jänner
1928, dann am 1. Juli 1928 und jetzt schließlich am 31.
Dezember 1928. Die Herren haben geglaubt, daß diese Vorlage
so ohne weiters hingenommen werden wird und daß die hier
zur Gewohnheit gewordene Art der Erledigung auch bei dieser Vorlage
angewendet werden kann. Die Herren haben sich ein wenig getäuscht.
Unmittelbar nach der Vorlage des Entwurfes hat Koll. Zajièek
als Klubreferent über die Sozialversicherung
der "Deutschen Presse" (Výkøiky
na lcvici.) am 25. Oktober 1927 ein Interview
gegeben. Ich möchte nur die markantesten Stellen aus der
damaligen Erklärung des Koll. Zajièek hervorheben.
Er hat damals gesagt: Die Fabrikanten zahlen 50%, die Landwirte
und Handwerker aber zahlen in den meisten Fällen ihren Anteil
und den Anteil des Knechtes. Ich will den Ausführungen des
Koll. Zajièek nicht entgegentreten.
Das hat in ausführlicher und ganz zutreffender Weise der
Vertreter der christlichsozialen Arbeiter Schütze besorgt
Koll. Zajièek hat weiters
gesagt, "heute erkennen alle Fachmänner an, daß
mit mindestens 4.5% Verzinsung gerechnet werden kann".
Koll. Zajièek sind ganz
hervorragende Fachleute zur Seite gestanden. Wir bemühen
uns seither vergeblich, einen dieser Fachleute, der angeblich
damals diesen Standpunkt eingenommen hat, kennen zu lernen. Er
hat damals ferner festgestellt, daß die Verwaltungskosten,
die mit 11% errechnet wurden, mit 6% berechnet werden können.
Sicher. Die Möglichkeit dazu ist gegeben. Man kann auch 3%
als Verwaltungskosten annehmen, aber ich glaube nicht, daß
Koll. Zajièek nach den
Erfahrungen, die er zweifellos im Ausschuß gesammelt hat,
auf dem Standpunkte stehen kann, daß mit 6% Verwaltungskosten
für die Kranken-, Alters- und Invaliditätsversicherung
das Auslangen gefunden werden kann. Und er hat damals das große
Wort gelassen geprägt, daß ein Ersparnis bei den Bezirkskrankenkassen,
die er als rote Burgen hingestellt hat, unbedingt notwendig ist
und mit dem Grundsatz hat er damals gesagt - wenig Arbeit, hohe
Gehälter, gebrochen werden müsse. Das eine Prozent meint
er, das die Kassen bisher an ihre Verbände abgeführt
haben, wird gestrichen. Ich stelle das hier ausdrücklich
fest, weil damit zur Evidenz erwiesen ist, welchen Standpunkt
die christlichsoziale Partei denn Koll. Zajièek
hat ja nicht als Person hier gesprochen,
sondern als bestellter Referent des Klubs der christlichsozialen
Partei einnimmt. (Pøedsednictvi pøevzal
místopøedseda dr Buday.) Ich
bringe das auch deshalb vor, um festzustellen, daß die christlichsoziale
Partei schon damals die Auflösung der Verbände als eine
Tatsache hingenommen hat, mit der sie sich abfand. In der Verwaltung
der Kassen hat Koll. Zajièek dann
gemeint - das war wieder einer der Grundsätze, die er aufgestellt
hat - wird zwischen Arbeitern und Arbeitgebern die Parität
hergestellt werden, ohne dabei die Rechte der Arbeiter zu schmälern.
Auch darauf werde ich ihm später Antwort geben. Aber auch
darauf ist ihm schon von seinem Kollegen Schütze die Antwort
erteilt worden. Er hat voraus geahnt, was kommen wird in Bezug
auf diese Stellen. Er hat gemeint, die kommunistischen Führer
werden besonders gegen diese Bestimmung sturmlaufen. Aber die
heutige Regierung, hat er ausgesprochen, wird und muß hier
gründlich und unerbitterlich Ordnung machen.
Verehrte Anwesende! So wie Koll. Zajièek
hat, nur noch etwas unverblümter,
Koll. Windirsch und Koll. Schubert gesprochen. Es
würde zu weit führen, wenn ich mich mit all diesen Zitaten
weiter veschäftigen würde. Ich habe schon gesagt, daß
die Verhandlungen im Ausschusse aufgenommen wurden, ohne irgendwelche
Unterlagen zu haben, da man ja wirklich geglaubt hat, daß
eine rasche Verabschiedung möglich sein wird. Ich glaube
feststellen zu können, daß wenn die Absichten der Koalition,
die zweifellos bestanden hat, die Vorlage ohne irgendwelche Abänderung
anzunehmen, durchkreuzt wurde, dann war es das Werk der Arbeiterklasse,
der Kundgebungen, die unmittelbar eingesetzt haben, des elementaren
Widerstandes gegen diese Freveltat, die beabsichtigt war, daß
die Regierung ihren Willen und die Koalition ihre Absicht nicht
vollführen konnte. Wir wissen, daß diese Elementarbewegung
der Arbeiterklasse eine Unterstützung gefunden hat durch
einige Vorgänge. In erster Linie muß festgestellt werden,
daß fast die gesamte öffentliche Meinung, soweit sie
nicht parteimäßig zu den Koalitionsparteien zählt,
auf Seiten der Forderungen der Arbeiterklasse war und gegen die
Absicht der Koalition. Es kann festgestellt werden, daß
es nicht einen einzigen ernsten Fachmann gegeben hat, der nicht
von vornherein gegen die Novelle der Regierung Einspruch erhoben
hätte. Wenn ich auch selbst Mitglied dieser Kommission war,
so muß ich doch bei aller Bescheidenheit konstatieren, daß
die Arbeiten der Fachkommission der Zentral-Sozialversicherungsanstalt
auch mit ihr Teil dazu beigetragen haben, den ursprünglichen
Entwurf der Regierung zu Falle zu bringen. Der kritische Teil
des Elaborates, das seitens dieser Kommission ausgearbeitet und
unterbreitet wurde, hat zweifellos noch den Letzten, der da geglaubt
hatte, die Regierung hätte in irgend einem Punkte eine Vorlage
bringen wollen, die eine Verbesserung der Verhältnisse bedeutete,
darüber aufgeklärt, daß dies nicht der Fall ist
und dann hat der sachliche Teil das andere vollbracht.