Støeda 19. záøí 1928

Weiters konstatiere ich, daß es den Tatsachen nicht entspricht, wenn man den bürgerlichen Parteien Mangel an sozialem Empfinden vorwirft. Gerade der Landesversicherungsfond ist ein eklatanter Beweis hierfür. Vorsichtig und achtsam werden ferner im gegenseitigen Einvernehmen - dies ist immer die beste Art, solche Fragen zu lösen beispielsweise die Landesstellen für die Pensionsversicherung und die Krankenversicherungsanstalten von Fall zu Fall darüber schlüssig werden müssen, daß in zweifelhaften Fällen Doppelversicherungen nicht eintreten dürfen. Es wäre verfehlt, wenn hier ein falscher Kampf- und Justamentstandpunkt zu einer allerdings nur formalrechtlichen Doppelversicherung führen müßte, denn Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die beide ohnehin durch die eine Art von Versicherung schon schwer belastet sind, könnten unmöglich dafür, daß sich beispielsweise die beiden genannten Anstalten hadern, das Opferlamm abgeben und für zwei Versicherungen, wenn auch nur vorübergehend, zahlen müssen. Hier muß vorweg ein klares Einvernehmen erzielt werden. An solchen Doppelversicherungen leiden heute schon viele unserer Staatsbürger und dies betrifft insbesondere das gegenseitige Verhältnis der Rechte aus der Pensionsversicherung der Angestellten und der reichsdeutschen Angestelltenversicherung. Zwischen der Èechoslovakei und der deutschen Republik bestehen heute keine Verträge, die das gegenseitige Verhältnis der Rechte aus der Pensionsversicherung der Angestellten und der reichsdeutschen Angestelltenversicherung regeln würden. Es besteht also bislang vor allem nicht die Möglichkeit, bei gegenseitigen Übertritten die angesammelten Prämienreserven zu überweisen. Daher wurden auch von der deutschen Reichsversicherungsanstalt keine Beträge an die allgemeine Pensionsanstalt in Prag und auch an andere Landesstellen dieser Anstalt überwiesen, da sie nicht überwiesen werden konnten. Diesbezüglich Betroffene haben daher nicht die Wahl, entweder bei der deutschen Reichsversicherung oder bei unserer Pensionsversicherungsanstalt versichert zu bleiben. Die gegenwärtig gültige Pensionsversicherung ist nach dem Gesetze eine Zwangsversicherung, die keine Rücksicht zu nehmen hat auf die Zustimmung der Versicherten. Wer daher in der Èechoslovakischen Republik in einem zweifellos versicherungspflichtigen Dienstverhältnis steht, muß bei unserer Allgemeinen Pensionsanstalt versichert werden. Auf eine in Deutschland bestehende Versicherung kann leider keine Rücksicht genommen werden und die Betreffenden verlieren, wenn sie hier eintreten müssen, das, was sie zu diesem Zwecke in Deutschland geopfert haben.

Von einem Teile der Linkspresse wurden Angriffe gegen den Finanzminister gerichtet. Diese Angriffe gipfelt en in der Behauptung, daß die Verwendung der Gelder der Zentralsozialversicherungsanstalt für den Straßenfond "offener Bolschewismus" sei und auch im Ausschuß wiederholte sich das. (Výkøiky nìm. soc. demokratických poslancù.) Ich fühle mich nicht berufen, eine Lanze für den Herrn Finanzminister zu brechen; er hat sich ja schon selbst zur Wehre gesetzt und meine nachfolgenden Worte sind eine wahrheitsgemäße sachliche Konstatierung von Tatsachen, die sich allerdings an die zutreffenden Argumentationen des Herrn Finanzministers anlehnt.

Als es um die Beschränkungen der Landwirtschaft und des Hausbesitzes ging, da haben die Herren der Linksparteien keine bolschewistischen Gewissensbisse geäußert. Es ist daher Tartufferie offensichtlichster und bösester Art, wenn im Budgetausschuß diesbezüglich von einer Konfiskation des Vermögens der Sozialversicherung gesprochen wurde. Hier wird das Vermögen der Sozialversicherung nicht seinem Zwecke entfremdet, sondern ganz gegenteilig sein Zweck wird nur garantiert und werden durch diese Beträge, was ja die Herren immer so scharf betonend wünschen, neue vermehrte Arbeitsgelegenheiten geschaffen. Im sozialpolitischen Ausschuß hat einer der Herren der Linksseite das Wort geprägt vom "Finanzminister des großen Formats". Nach Tische heißt es anders: Vom Finanzminister des großen Formats überspringt man zu bolschewistischen Anschuldigungen. Vorerst, wenn es ihren Wünschen nachgeht, Zustimmung für Minister, im Gegenteile Ablehnung: "Ja, der König absolut, wenn er unseren Willen tut!" Selbstverständlich konstatiere ich - wie gesagt - nur die nackte Tatsache. Schließlich sei hierzu der Vollständigkeit halber noch erwähnt: Alle Arbeiten an dem großen Kredit der Zentralsozialversicherung für den Strassenfond sind nicht nur erledigt, sondern sind die Auszahlungen bereits aufgenommen worden und die Amortisierung erfolgt angefangen mit dem 1. Jänner 1929. Für den Gesamtkredit von einer Milliarde beträgt die Verzinsung anfänglich 5.5% und sinkt dieselbe bis auf 5%. Schon daraus ersieht man, daß hierselbst eine mehr als 41/2%tige Verzinsung garantiert wird und daher der große Streit um den Zinsfuß bei den Haaren herbeigezogen ist. (Posl. Hackenberg: Es ist nur die Frage, ob sie dauernd zu erzielen ist!) Ich bin kein Prophet und Sie sind es auch nicht. (Výkøiky.)

Es gelang der Koalition, durch die Schaffung der neuen A- und B-Klasse der Invaliditäts- und Altersversicherung unseren Bauern und Handwerkern sowie den Fix-Angestellten und Kaufleuten, Arbeitern und Dienstboten eine gute Erleichterung zu verschaffen. Wir hoffen ferner, daß die Verbände weiter ihre Wirksamkeit erfolgreich fortsetzen können und werden. Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen und es haben unsere Verbände ihre Aufgabe voll und ganz erfüllt, was dankend hervorgehoben werden muß. Die Verbände werden trotz der Fünfjahrefrist in Zukunft jedenfalls nicht vorschnell zu den Toten geworfen werden. Davon bin ich überzeugt. Bei den neu zu errichtenden Landesstellen haben wir erreicht, daß im Gesetze ausdrücklich vermerkt wird, daß bei der Anstellung von Beamten der nationale Schlüssel eingehalten werden muß. Auch bei der Ernennung der Fachleute und ihrer Ersatzmänner wird nicht nur das nationale, sondern auch das wirtschaftliche und kulturelle Verhältnis berücksichtigt werden müssen.

Bei den diversen Demonstrationsversammlungen hat man die Regierungsparteien mit recht schmückenden Beinamen belegt und eine ständige Phrase war es, die Koalitionsparteien seien die Bannerträger der Reaktion. Den Beweis hierfür hat man den Massen vorenthalten. Leicht und spielend ist der Gegenbeweis zu führen und ich will vorderhand nur kurz Folgendes erwähnen: Nach § 111 und 112 des alten Gesetzes beträgt der Grundbeitrag der Alters- und Invalidenrente jährlich 500 Kè. Wir haben ihn auf 550 Kè erhöht keine antisoziale Tat! Ferner wurde der Anspruch auf eine Witwenrente dadurch erheblich erleichtert, daß die Witwenrente bei Eintritt des 65. Lebensjahres zufällt, ohne daß die Witwe ihre Invalidität nachzuweisen braucht - keine antisoziale Tat! Die Versicherungsbeiträge für die Alters- und Invalidenversicherung werden, wie bereits erwähnt, erniedrigt. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.) Großen Unmut verursachte die Fassung des § 129 unter den weiblichen Versicherten. Wir haben dem Wunsche derselben gerne Rechnung getragen und nach ernster Beratung folgende Bestimmung eingeschoben: "Den weiblichen Versicherten wird beim Austritt aus der Versicherung infolge Verehelichung eine Geldsumme von 400 bis 600 Kè ausgefolgt". Die von ihnen gewünschte kleine Heiratsausstattung ist somit gewährt und wird der gezahlte Betrag durch die geringfügige jährliche Leistung der Anerkennungsgebühr für die späteren Rentenansprüche voll gewahrt bleiben. Auch das ist gewiß keine antisoziale Tat.

Betreffend die Vermögensanlage wurde neu bestimmt, daß die Regierung ermächtigt wird, die im alten Gesetze festgelegte Bestimmung, daß von dem frei verfügbaren Vermögen 20% in einheimischen Staatspapieren und 10% in anderen Papieren anzulegen sind, abzuändern und diesen Prozentsatz einheimischer und fremder Papiere herabzumindern. Diese Bestimmung begrüßen wir, denn die Erfahrungen der Kriegszeit und in manchen Staaten die Erfahrungen der Nachkriegszeit haben die Anschauungen über den Wert und Unwert der Staatspapiere und der pupillarsicheren Staatspapiere (siehe Kriegsanleihe) wesentlich gewandelt. Unsere Forderung lautet daher "Hypothekarkredit!", wobei die Gelder am sichersten verstaut sind. Auch in Deutschland wünscht man ja der Überansammlung von Geldern vorzubeugen und trachtet dieselben ehest und ausgiebig wirtschaftlichen Zwecken dienstbar zu machen. (Výkøiky.)

Wir anerkennen objektiv jeden Fortschritt, wo immer er zu finden ist. So haben z. B. bis zum März d. J. unsere Wassergenossenschaften Darlehen im Umfang von 28,288.000 Kè erhalten. Obwohl der Bedarf viel größer ist und es am Platze ist, diesbezüglich noch bedeutende Summen flüssig zu machen, begrüßen wir doch diese Tatsache. Begrüßt und anerkannt muß ferner werden, daß die Zentralsozialversicherungsanstalt ebenso wie die Allgemeine Pensionsanstalt den Grundsatz aufstellt, daß sie bei Darlehenswerbungen jeglicher Art der Vermittlung ablehnt und nur unmittelbar mit dem Darlehenswerber verhandelt. Dadurch, daß die Zentralsozialversicherungsanstalt ferner überall dort, wo der Verdacht besteht, daß eine Provision zugesichert wurde, das Darlehen von vornherein ablehnt oder kündigt, ist jeder unreellen Manipulation von vornherein die Spitze abgebrochen. Die Novellierung bringt aber auch einen Abbau, eine Milderung der bürokratischen Schikanen. Die Arbeitgeber haben die Lohnaufzeichnungen nicht 5, sondern nur 3 Jahre aufzubewahren. Die Anmeldepflicht des Arbeitgebers wurde von 3 Tagen auf 6 Tage erweitert, desgleichen die Pflicht, jede Änderung nach § 18, Absatz 1, lit. a) anzuzeigen, auf 6 statt 3 Tagen. Selbst gegen diese Erleichterungen glaubte sich die Opposition im Ausschusse wenden zu müssen und es wurde sogar behauptet, daß der Arbeitgeber viele dieser verlängerten Fristen dazu benützen wird, um sich mancher gesetzlichen Zahlungsverpflichtung zu entziehen. Solche durch keinerlei Beweise gestützte Anschuldigungen müssen wir auf das Entschiedenste zurückweisen.

§ 101 bringt dem Landwirte ein sehr gerechtes Entgegenkommen, eine Zahlungsentlastung, wenn er in gewissen Fällen dem Kranken Kost und Wohnung gibt, da er dann Anspruch auf das Krankengeld erhält. Nach der einheitlichen Karenzfrist wird das Krankengeld bereits am dritten Tag ausbezahlt. Durch gemeinsame Sitzungen des Vorstandes und Aufsichtsrates wird endlich auch die Parität bei wichtigen Beschlüssen erreicht. Es kommt selbstverständlich dabei auf die Männer an, die das deutsche Landvolk in diese Körperschaften wählen wird. Wählt es Charaktere hinein, so wird es seine Forderungen durchsetzen. Tut es das nicht, so wird es den Schaden tragen. Die deutsche Bauernschaft wird hoffentlich die rechten Männer an den rechten Platz stellen.

Meine Ausführungen beendend, konstatiere ich: Die bürgerliche Koalition hat mit dieser Novelle den Beweis erbracht, daß durch sie die demokratische Gesetzgebung nicht beeinträchtigt, sondern im Gegenteil mannigfach verbessert wird. Wir haben unsere berechtigten Wünsche nicht im ganzen Ausmaß durchgebracht, denn wir hatten ja mit vielen schweren Widerständen zu rechnen. Politik ist nach dem Ausspruche eines großen Staatsmannes die Kunst, das Mögliche zu erreichen. Dies ist geschehen. Möge auf Grund des Angeführten unser gesamtes braves Landvolk daraus die ernste Lehre ziehen, daß seine Wünsche umsomehr Hoffnung auf Erfüllung haben, je geschlossener es in politischen und allen anderen Fragen vorgeht. Diese Erkenntnis ist gewiß auch ein wertvoller Gewinn für die Zukunft. In diesem Sinne und auf Grund des Angeführten fühlen wir uns verpflichtet, im Interesse aller Mittelstandsparteien und auch im Interesse der Arbeitnehmer für diese Vorlage zu stimmen. (Potlesk poslancù svazu nìm. zemìdìlcù.)

2. Øeè posl. Siegela (viz str. 36 tìsnopisecké zprávy):

Der Regierungsentwurf Druck Nr. 1225 der Drucksachen des Abgeordnetenhauses über die Novellierung des Gesetzes vom 9. Oktober 1924, Slg. Nr. 221, betreffend die Kranken-, Invaliditäts- und Altersversicherung der Arbeitnehmer hat schon seit langer Zeit alle politischen und wirtschaftlichen Kreise in eine Art von Spannung versetzt und es hat die heute in Verhandlung stehende Novellierung einen großen Zeitraum für Beratungszwecke gefordert. Obzwar diese Frage in der Hauptsache eine soziale ist, so ist sie, gegeben durch die Verhältnisse der Gegenwart, auch in hervorragender Weise zur politischen und wirtschaftlichen Frage geworden.

Nicht nur die Ausschüsse des Hauses und die in diesen vertretenen politischen Parteien haben sich der Lösung dieser Frage, bis zur letzten Stunde, mit großem Fleiße und zäher Ausdauer gewidmet und dieses beweist, wie schwierig das Problem zu lösen war.

Auch die Handels- und Gewerbekammern, die Organisationen der Krankenkassen, deren Verbände und auch Fachleute von Ruf haben sich in den Dienst gestellt, um eine Lösung zu finden. So wie die Sachlage heute liegt, ist aber eine volle Einigung nicht erzielt worden, weil die Meinungsverschiedenheiten der beiden in Betracht kommenden Hauptgruppen, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, durch ihre parlamentarischen Vertreter, sich nicht zur Gänze überbrücken ließen.

Im Mai dieses Jahres haben, wie allgemein bekannt ist, die Kammern, resp. die Kammerzentrale, einen Sonderbericht erstattet und es kann wohl von niemandem behauptet werden, daß dieser auf politischen Grundsätzen aufgebaut worden wäre. Die Kammern lassen sich, und das ist ja durch ihre Zusammenstellungen schon gegeben, bei Abgabe von Urteilen und Berichten, immer nur von wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus leiten.

Auch ich will bei der in Verhandlung stehenden so bedeutenden Frage das politische Moment ausschalten und so wie ich es schon seit Jahren, bei der Beurteilung dieser Frage getan habe, mich nur von der Sachlichkeit leiten lassen.

Beim Delegiertentag der damals österreichischen Handelskammern, am 18. und 19. Oktober 1909 in Wien, habe ich als Vertreter der Kammer Reichenberg, die ja auf dem Gebiet der Sozialversicherung schon damals eine Fülle von Arbeit geleistet hatte - und das kann ich aus dem zur Hand habenden stenographischen Protokolle dieser Tagung nachweisen - die Frage der Sozialversicherung betreffend schon damals denselben Standpunkt eingenommen wie heute, namentlich auch in Bezug auf die Selbständigen; ich komme darauf noch zu sprechen, ich bin seit der Zeit nicht mit einem Schritt abgerückt.

Begrüßenswert ist in der neuen Vorlage, daß nunmehr der Anlagezinsfuß von 4% auf 41/2% erhöht werden soll.

Wenn auch der neue Entwurf eine wohl teilweise Verbesserung bringt, so muß dennoch gesagt werden, daß ein Teil der berechtigten Forderungen, des Gewerbe- und Handelsstandes und auch der Krankenkassenverbände unerfüllt bleiben soll.

Aus Gewerbekreisen wurde auch der Wunsch laut, die Lehrlinge von der Versicherungspflicht überhaupt auszuschließen und die Neugründung von Genossenschaftskrankenkassen zu ermöglichen.

Hiezu möchte ich Folgendes sagen: Der Ausschluß der Lehrlinge für die ganze Dauer der Lehrzeit ist - und das muß auch jeder objektiv urteilende Gewerbsmann zugeben, wenn er sich des hiefür gegebenenen Schlagwortes erledigt - technisch einfach unmöglich. Die Lehrzeit beginnt nicht immer mit dem 14. Jahre. Ich selbst habe als Gewerbetreibender während meiner 38jährigen Selbständigkeit es als Schmiedemeister erlebt, daß ich Lehrlinge bekam, die 16, ja sogar 18 und 19 Jahre zählten, als sie in die Lehre eintraten.

Wäre es in solchen Fällen nicht unrecht, wenn ein solcher Lehrling deshalb der Versicherung verlustig werden sollte, weil er erst mit so hohem jugendlichen Alter, in die Lehre treten konnte. Ja es könnte sich ereignen, daß er Jahre vorher schon in einem industriellen oder anderen Betriebe tätig war und dort der Versicherung unterlag, und nun sollte er durch das Eintreten in die Lehre, dieser verlustig werden.

Dieses eine Beispiel schon spricht dafür, daß nicht die Berufstätigkeit, sondern ein bestimmtes Alter für den Beginn der Versicherungspflicht maßgebend sein kann.

Es muß deshalb für alle Versicherungspflichtigen, ob sie nun in der Industrie, im Gewerbe, Handel oder in der Landwirtschaft tätig sind, ein bestimmtes Alter festgesetzt werden und deshalb stimme ich dem zu, daß das erreichte 16. Lebensjahr, die Versicherungspflicht für alle Kreise der Arbeitnehmer bestimmt. Jede andere Lösung halte ich für ungerecht und technisch undurchführbar.

Auch in Bezug auf die Lohnklasseneinteilung, sollte keine Berufsgruppe bevorzugt werden. Eine künstliche Herabsetzung einer bestimmten Gruppe in die niedrigsten Lohnklassen, kann unter gar keinen Umständen gebilligt werden, weil sie in der Gesamtheit eine Mehrbelastung der anderen, nicht in dieser Weise begünstigten darstellen würde. Organisatorisch sollte doch wohl aber die Möglichkeit gegeben sein, daß bei dem Vorhandensein von 2000 Arbeitnehmern der Bestand und die Errichtung von Krankenkassen möglich wäre, ohne Rücksicht auf die in den Bezirkskrankenkassen noch verbleibende Anzahl von Mitgliedern. Das ist eine vollkommen berechtigte Forderung des Gewerbestandes. Als ungerecht muß ich es bezeichnen und ich kann dafür auch nicht stimmen, daß man die Krankenkassenverbände derzeit schon in ihrem Wirkungskreise einengen und später nach kurzer Galgenfrist sogar ganz beseitigen will. Ich bin der Anschauung, daß eine solche Maßnahme mehr als ungerecht ist, denn man reißt bestehendes Gutes nicht ein, wenn man die Überzeugung nicht gewinnen kann, daß nichts besseres nachkommt, und dieser Fall trifft hier zu. Die Krankenkassenverbände haben bis jetzt restlos ihre Pflicht erfüllt und es wäre zu wünschen, daß auch in anderer Beziehung das gleiche geschieht.

Was das Leistungsschema anbetrifft, so hat ja der Schöpfer des versicherungsmathematischen Teiles des Gesetzes, Professor Dr Schönbaum selbst erklärt, daß die Erfahrungen in der Kürze der Bestandzeit des Gesetzes eine Änderung vollkommen rechtfertigen. Wenn der Herr Vorredner gerade diese Art als zweckentsprechend ansieht, so halte ich für sehr bedenklich die Bestimmung des Entwurfes, worin es heißt: "Soferne die èechoslovakische Nationalbank aus Währungsgründen zur Verwaltung öffentlicher Gelder gegen Verzinsung schreiten sollte, ist dieser Art der Anlage, bei entsprechenden Antragsbedingungen der Vorzug zu geben." Diese Bestimmung hat den Zweck, der Regierung und der Nationalbank das Verfügungsrecht über die Verwendung von Millionen von Reserven einzuräumen.

Es wäre sicher richtiger, wenn aus Fachmännern auf dem Gebiete der Wirtschaftspolitik und ein aus noch einem Vertreter der Nationalbank bestehender Finanzbeirat mit der Angelegenheit der Vermögensverwaltung betraut würde. Diesem Beirat wäre ein angemessener Einfluß insbesondere auf die Festlegung des Wirtschaftsplanes und der allgemeinen Anlagebedingungen der Zentral-Sozialversicherungs - Gesellschaft einzuräumen.

Wenn heute aus den Kreisen der Arbeitgeber vielfach Klage geführt wird über die zu große Belastung, die sich durch die Beitragsleistung ergibt, so kann ich das aus eigener Erfahrung bestätigen, daß die Leistung eine bedeutende ist, sie muß aber aus sozialen und menschlichen Gründen dargebracht werden, weil sie meines Erachtens nach die Arbeitsfreudigkeit der Arbeitnehmer steigert, denn auch sie haben ein Anrecht darauf, daß sie auf ihre alten Tage und bei Eintritt von Unfällen nicht wie bisher, dem Elend preisgegeben werden, oder gar der Armenunterstützung der Gemeinden anheimfallen. Anderseits würde die Armenverwaltung der Gemeinden sehr entlastet werden.

Es wären ja auch die für die Versicherung gebrachten Opfer seitens der Arbeitgeber nicht so schwerwiegend, wenn die Sicherheit geboten wäre, daß die in der Zentralverwaltung sich mit der Zeit anhäufenden Millionen und Milliarden zur Belebung des Wirtschaftslebens und zur Gewährung von Krediten an die Selbstverwaltungskörper, die ja durch das, von den Regierungsparteien geschaffene so viel gepriesene Gemeindefinanzgesetz geradezu entrechtet und in ihrer natürlichen Entwicklung gehemmt und unterbunden sind, Verwendung finden könnten. Wie aber die Erfahrung bisher in diesem Staate gelehrt hat, wird auch hier bei der Kreditgewährung aus den angesammelten Reserven wieder nur das nationale Moment bestimmend sein und es werden die deutschen Industriegebiete wohl das meiste mit ihrer Arbeiterschaft zu leisten haben, dafür aber das wenigste bekommen und das ist die große Gefahr für unser Wirtschaftsleben und die Selbstverwaltungskörper.

Man wird auch da, wie man es bisher bei allem Anderen getan hat, wieder eine künstliche Überführung des Volksvermögens, eine Begünstigung für die derzeitige herrschende Nation, zeitigen wollen.

Was die Frage der Versicherung der Selbständigen anbetrifft, die zwar heute nicht in Verhandlung steht, die aber bei den letzten Wahlen als irreführendes Schlagwort in die Kreise der Gewerbetreibenden hinausgeschleudert wurde, möchte ich ganz kurz Folgendes aussprechen:

Ich habe mich schon vor zwei Jahrzehnten immer für die Schaffung einer Freiwilligenversicherung für die Selbständigen nach bewährtem belgischem Muster ausgesprochen, dadurch wäre jedem Gewerbe- und Handelstreibenden die Möglichkeit gegeben worden, sich ohne Zwang versichern zu können und es hätte die Leistung eines Staatsbeitrages zur Rente sicher sehr aneifernd gewirkt, wie dies auch in Belgien der Fall war. Hätte man, als im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhundertes im österreichischen Parlament die Lösung der Sozialversicherung für die Arbeitnehmer in Verhandlung stand, nicht die Bedingung daran geknüpft, es müsse auch für die Selbständigen bis zu einer gewissen Einkommensgrenze eine Versicherung für Alter und Invalidität geschaffen werden, so wäre heute dieser Standpunkt längst überwunden und die Versicherung hätte sich eingelebt. In diesem Falle hätte der èechoslovakische Staat bei seiner Entstehung das Fertige übernehmen und weiterführen können. Von diesem Vorwurfe sind jene Kreise, die seinerzeit das Junktim gestellt haben, nicht freizusprechen und ich halte meine Meinung von damals voll aufrecht.

So groß einst von Seite der Selbständigen der Wunsch nach Schaffung einer Versicherung für Alter und Invalidität war, so gering ist jetzt das Interesse dafür, da man sich über Leistung und Gegenleistung ein anderes Bild gemacht hat. Diese Versicherung für die Selbständigen, sieht, im Lichte betrachtet, etwas anders aus, als wie sie der damalige Obmann der Friseurgenossenschaft von Böhmisch Leipa, der heutige Herr Sen. Tschapek, einmal vor dem Kriege, ich glaube es war im Jahre 1912 in Tetschen, als so glück- und viel verheißend ankündigte, heute, da er an Erfahrung reicher geworden ist, wird er wohl anderer Meinung sein, als damals. Seinerzeit hat er in Tetschen, als dort eine Versammlung tagte, dieser eine Resolution unterbreitet, wonach schon nach erreichtem 50. Lebensjahre der Gewerbetreibende eine Rente erhalten sollte. Ich legte ihm damals die Frage vor, er möge mir antworten, wo der Staat die Diamantenfelder und Goldgruben habe, aus denen er die Mittel dazu nehmen könnte. Und auch jene führenden Männer, die, wie schon gesagt, bei den letzten Wahlen für ihre damals neu gegründete Partei damit Stimmung machten, sie mußten in letzter Zeit bei ihren Tagungen die Wahrnehmung machen, daß die Sehn sucht nach dieser Versicherung nicht mehr allzugroß ist. Es ist das Wort "Heraus mit der Versicherung der Selbständigen!", das noch vor zwei und drei Jahren zu vernehmen war, vollkommen von der Bildfläche verschwunden.

Wenn man die Erwerbsmöglichkeiten des Gewerbes und Handelsstandes nicht mit allen möglichen Schikanen belasten und eine Erleichterung in der Steuerleistung schaffen würde, das sind zwei Dinge, die für die genannten Stände von größerer Bedeutung sind, als wie die ihnen von einzelnen Personen suggerierte Zwangsversicherung. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

3. Øeè posl. Nitscheho (viz str. 38 tìsnopisecké zprávy):

Seit einem halben Jahre wird an der Novellierung der Sozialversicherung herumgepackelt, an dem Gesetz, welches nicht nur dem Arbeitgeber, sondern auch dem Arbeitnehmer beinahe unerschwingliche Lasten auferlegt. Industrie, Landwirtschaft und Handel fühlen schon lange die Härten der Sozialversicherung und unter dem Druck der großen Unzufriedenheit der Wähler wegen der Sozialversicherung, hat sich die Regierungsmehrheit eine Revision der Sozialversicherung zum Hauptziel gesteckt und es in vielen Versammlungen draußen im Lande laut angekündigt: Die Sozialversicherung muß abgeändert werden! Nun, wir sehen eben an der hier vorliegenden Abänderung der Sozialversicherung, daß dieselbe sehr schwach ausgefallen ist.

Es wird den Abgeordneten von den regierenden Kreisen gar zu oft vorgeworfen, daß sie bei den Kritiken nicht genügend Objektivität bewahren, nicht genug sachlich sind und nicht genug die Würde eines Volksvertreters wahren. Ist dies überhaupt bei dem hier herrschenden System möglich? Das parlamentarische Leben - wenn man dies bei uns ein solches nennen kann - wickelt sich in den Ausschüßen ab, wo nach den obersten Weisungen die Zügel gehandhabt werden, das Haus ist leider nur eine Abstimmungsmaschine. Es ist ja einem Parlamentarier, der zufällig nicht einer großen Partei angehört, sozusagen unmöglich, einen Gesetzantrag einer objektiven, sachlichen Kritik zu unterziehen, denn er erhält ja den Gesetzantrag knapp vor der parlamentarischen Behandlung, auch dann nur in der Staatsprache, die doch sehr vielen Abgeordneten nicht geläufig ist. Die Übersetzung oder die Beschaffung einer solchen nimmt längere Zeit in Anspruch und das Studium des Gesetzantrages selbst bedarf lange Zeit, wenn der Abgeordnete mit genügender Objektivität und Sachlichkeit den Antrag behandeln will. Dazu wird ihm aber keine Zeit gelassen. Und deswegen ist auch die Kritik ungerecht, welche den Abgeordneten vorwirft, daß sie nicht mit genügender Sachlichkeit die Materie behandeln. Daran ist einzig und allein dieses System schuld, welches die parlamentarischen Verhandlungen zu einer Abstimmungsmaschine degradiert hat. Wenn die Parlamentarier dann in ihrer Erbitterung sich in schärferen Kritiken über das jetzige Regierungssystem auslassen, dann möge ihnen kein Vorwurf wegen nicht genügender Sachlichkeit gemacht werden.

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