Støeda 19. záøí 1928

Besonderen Unmut hat es hervorgerufen, daß sich einige Krankenkassen fanden, die die Söhne und Töchter der Landwirte zur Sozialversicherung zwingen wollten. § 2 des Gesetzes spricht doch nur dann von einer Versicherungspflicht, wenn ein "vereinbartes Arbeits-, Dienst- oder Lohnverhältnis" vorliegt. So wurden Bestimmungen des Gesetzes durch die ihrer Aufgabe nicht gewachsenen Unterorgane nicht beachtet und führten zu Schikanen und zu unnützen teueren Rekursen. Ja, diese Krankenkassen gingen sogar so weit, ihren diesbezüglichen Aufforderungen nicht einmal eine Rechtsbelehrung, wie sie im Gesetze vorgesehen ist, beizufügen. Es erflossen bedauernswerte Fehlentscheidungen in der ersten und selbst in der zweiten Instanz. Wenn die Kinder des Landwirts als versicherungspflichtig erklärt werden, könnte dies doch nur dann erfolgen, wenn sie als Selbständigerwerbende aufgefaßt werden könnten, und selbst dies ruft schweren Zweifel hervor. Denn hier spricht ein anderer Umstand streng verneinend gegen eine Versicherungspflicht hüben und drüben, nämlich vor allem das Recht der Nachfolge und noch andere Rechtsmomente. Es gelang, dem § 2 des Gesetzes eine Fassung zu geben, durch die mitarbeitende Familienglieder nicht als versicherungspflichtig angesehen werden können.

Eine wesentliche Erleichterung bedeutet die Regelung der Versicherung der Saisonarbeiter. Auch hier war der finanzielle Druck ein schwerer. Für die Saisonarbeit ist der Ausnahmssatz von 90 Tagen gleichfalls eine wesentliche Wohltat. Die Zahlungen, die diesbezüglich bisher geleistet werden mußten, bedeuteten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein ziemlich verpufftes Geld.

Von oppositioneller Seite wird mit starken Schlagern in die Debatte eingegriffen und als ständiger Refrain kehrt die Behauptung wieder, daß die Novellierung dieses Gesetzes nicht nur eine antisoziale, sondern eine reaktionäre Tat sei. (Výkøiky nìm. soc. demokratických poslancù.) Es ist das Vorrecht jeder Opposition, die Backen etwas voller zu nehmen, den Beweis hierfür aber bleibt man uns schuldig. Unsere Aufgabe ist es anderseits, diese Übertreibungen auf das richtige Maß zurückzuführen. Es ist uns leicht, hierfür einen klaren Gegenbeweis zu liefern, da wir ja, wie bereits gesagt, wissen, daß sich die Opposition mit diesen ihren Anschauungen im Widerspruch fast mit der gesamten öffentlichen Meinung befindet.

Ein beredtes Beispiel, wie schwierig es war, in der verflossenen Session wichtige und berechtigte landwirtschaftliche Belange zu sichern, dafür gibt unter anderem auch Zeugnis der langwierige Weg, den wir zu gehen hatten, um nur einige landwirtschaftliche Krankenkassen zu erreichen, und dies noch dazu in einem Staate, in dem heute noch die Landwirtschaft das wichtigste, das dominierende Element ist. Bislang entschied über die Errichtung neuer Krankenversicherungsanstalten die Zentralsozialversicherungsanstalt und war deren Zusammensetzung so, daß keine neuen landwirtschaftlichen Bezirkskrankenkassen errichtet wurden und man sich bescheiden mußte, im Verhandlungswege einige magere Exposituren zu landwirtschaftlichen Krankenkassen zu erreichen. Nun, wer entscheidet über die Gründung neuer lebensfähiger Kassen? Das Ministerium für soziale Fürsorge, und hat die Zentralsozialversicherungsanstalt nur ein Anhörungsrecht und ist das Ministerium in seiner Entscheidung an das Gutachten der Zentralsozialversicherungszentrale nicht gebunden. Es kann dieses Gutachten noch überprüfen. Daß die diesbezüglichen §§ 4 und 5 der Novelle von der Opposition auf das heftigste bekämpft werden, wußten wir im voraus, wie sie ja auch alle ähnlichen Paragraphen bekämpft. Wir beurteilen aber die Sozialversicherungsangelegenheit und die gesamten sozialpolitischen Gesetze und diesbezüglichen Wünsche von einer höheren Zinne als von der Zinne der Partei. Nicht politische, sondern soziale und humanitäre Bollwerke wollen wir in der Sozialversicherung schaffen. Es wäre ein Glück für die Menschheit, wenn solche Institute jeglicher Politik ferne blieben. Dies war immer unsere Überzeugung.

In der Novelle sind zwar nicht alle berechtigten Wünsche, die wir hegten, verstaut, doch wurde so mancher Giftzahn den alten Bestimmungen ausgebrochen und ein weiterer guter Schritt zur Entpolitisierung dieser sozialen Institution getan. Wie man auf Grund des Gesagten von einer Autokratie der Landwirtschaft, wie es im Budgetausschuß seinerzeit gesagt wurde, sprechen kann, ist uns ein unverständliches Rätsel.

Anlehnend an Vorgesagtes weise ich auch auf nachfolgenden Umstand hin. In Österreich hat die sozialdemokratische Partei, also Ihre Partei, zum Gesetz über die Industriearbeiter in einer Resolution ausdrücklich erklärt, daß sie keine Einwände gegen die weitere Errichtung landwirtschaftlicher Kassen erhebe. (Výkøiky nìm. soc. demokratických poslancù.) Ja noch mehr - das wollen Sie nicht hören - bei den Beratungen des Internationalen Arbeitsamtes in Genf wurde ausdrücklich gesagt, daß das landwirtschaftliche Sozialversicherungswesen selbständig geregelt werden muß. Also beide haben erklärt, daß landwirtschaftliche Krankenkassen separat zu errichten sind. An solchen hervorragenden Feststellungen kann kein ernster Politiker, der nicht von einseitiger Auffassung erfüllt ist und der nicht nur auf seine Parteipunzierung sieht, achtlos vorübergehen.

Man suchte die Verzögerung der Errichtung landwirtschaftlicher Krankenkassen auch damit zu begründen, daß man behauptete, dieselben seien nicht existenzfähig und müßten mit teueren Regien rechnen. Auch dieses Argument war falsch und hat sich das Gegenteil herausgestellt. Eine der zuerst gegründeten landwirtschaftlichen Krankenkassen, die Krankenkasse Eger, hat durch Bevorschußung der voraussichtlichen Jahresprämien die Einhebungsarbeit verringert, welche Maßregel sich so hervorragend bewährt, daß nach drei Jahren die Krankenkassa einen Reservefond in der Höhe des jährlichen halben Prämienbetrages hatte und man dadurch in der Lage war, die Prämien um 10% herabzusetzen, wodurch den Arbeitgebern und Arbeitnehmern jährlich bei dieser einzigen Kasse eine Ersparnis von 60.000 Kè erwuchs. Was durch Umsicht und weise Sparsamkeit erreicht werden kann, zeugt auch die landwirtschaftliche Krankenkassenexpositur Bischofteinitz, die in den ersten sieben Monaten ihres Bestandes rund 60.000 Kè Reserven ansammelte und dabei der Zentrale keinen Heller für Invaliditäts- und Altersbeiträge schuldig ist.

Wir besitzen nur 40 landwirtschaftliche Krankenkassen. Bezirkskrankenkassen gibt es 280, also genau siebenmal mehr als landwirtschaftliche und dabei sagen alle staatlichen Statistiken, daß wir überwiegend ein Agrarstaat sind. Wo bleibt da das Recht?

Noch krasser sticht dieses Unrecht hervor, wenn die Statistik uns sagt, daß die Bezirkskrankenkassen an den Gesamteinnahmen mit 639, unsere landwirtschaftlichen Kassen nur mit 23.3 Mill. Kè partizipieren. Das spricht klar und zeigt, wie man die Landwirtschaft, die ja die Wurzel jedes Staates und jeder Staatsordnung bildet, stiefmütterlich behandelt und wie man den Ausbau des landwirtschaftlichen Kassenwesens bislang direkt verhinderte. Das muß anders werden.

Die Schädigung der landwirtschaftlichen Kreise ging und geht aber noch weiter. Im Gesetze sagt § 159, daß die Höhe des Versicherungsbeitrages für die Krankenversicherung regelmäßig 5% des durchschnittlichen Taglohnes nicht übersteigen darf. Die Vertreter der Krankenversicherungsanstalten begannen diesbezüglich an der klaren Bestimmung des weiteren § 160 des Gesetzes dahin zu deuteln, daß der Tagesbeitrag, der, wie bereits erwähnt, nach § 159 5% des durchschnittlichen Tageslohnes beträgt, wöchentlich siebenmal vorgeschrieben werden soll. Die Zentralsozialversicherungsanstalt hat sich den Husarenritt geleistet, indem sie es zu einer Kampfabstimmung kommen ließ und über die Köpfe aller Arbeitgeber der falschen Auslegung der Krankenkassen beipflichtete. So mußten denn anfänglich anstatt 5% 5.8% und an manchen Stellen noch mehr Krankenversicherungsprämien bezahlt werden. Wohl hat uns das Oberste Verwaltungsgericht, fußend auf den klaren Bestimmungen des § 159, der 5% als Maximum des Beitrages festsetzte, von dieser ungerechten Beitragslast befreit und zwar mit Entscheidung vom 14. April 1927, Z. 6399, doch zeigt auch dies, welchen Schikanen wir ausgesetzt sind, denn noch viel ungerechter wirkt sich diesbezüglich das Mißverhältnis zwischen Lohn- und Versicherungsbeitrag in allen jenen Fällen selbstverständlich aus, in denen nicht sechs, sondern noch weniger Tage in der Woche gearbeitet wurde.

Die durch die falsche Sonntagsvorschreibung erzielte Mehreinnahme der Kassen beträgt bis Ende 1926 4,429.810 Kè. Hiezu gesellt sich noch die gleiche Vorschreibung für die Monate Jänner, Feber und März 1927, was annähernd 2.3 Mill. Kè ausmacht, so daß im Ganzen daher durch diese ungerechte Vorschreibung 6,729.810 Kè in einem Zeitraum von 9 Monaten den Arbeitgebern, und vor allem der Landwirtschaft, entzogen wurden. So arbeitet man in diesem Institute. Gott sei Dank, entschied anders der Verwaltungsgerichtshof.

Um das Auskommen bei den Krankenkassen zu finden, heißt es vor allem, die hohe Regie der diversen Anstalten zu beseitigen. Hier wäre einmal eine allumfassende, gerechte, aber auch aufrichtige Generalrevision am Platze.

In Paranthese sei erwähnt, daß die Kassen von der Zentrale eine Unterstützung erhielten für die Einkassierung der Invaliditäts- und Altersversicherung: 10 Kè per Versicherten, macht bei 4.000 Versicherten bereits 40.000 Kè und stellt insgesamt eine Giebigkeit von 2.5 Mill. Kè dar. Durch letztere Zuwendung haben es alle Krankenkassen, die nur halbwegs sparsam gearbeitet haben, in der Hand, leicht teilweise etwaige Geldlücken auszugleichen. Diese Zuwendungen werden sich automatisch wiederholen und helfend wirken, sie müßten auf alle Anstalten und selbst verrechnenden Exposituren einwandfrei aufgeteilt werden. Wir hoffen, daß dieser Ersatz der Verwaltungskosten an die Kassen in den nächsten Jahren mit Rücksicht auf die immer mehr anwachsende Arbeit der Kassen ein wesentlich erhöhter sein wird. Alle Krankenkassen und auch wir fordern es.

Der Grundsatz des Sparens muß sich überall durchdringen, nicht überprächtige Amtspaläste, nicht Luxusbauten dürfen erstehen, mit den Geldern muß von neuem haushälterisch umgegangen werden. Ich werde mir erlauben, später konkrete Beispiele zu erwähnen. Einseitige Privatinteressen müssen zur Seite stehen und das Allgemeininteresse muß für die Zukunft allein ausschlaggebend werden. Wenn zwangsweise mehr als 2 Mill. Menschen in einem Institute versichert sind, dann hat hier die Ordnung bis in die kleinsten Krankenkassenorte zu dringen. Es ist ungehörig, daß viele Bezirkskrankenkassen die eingezahlten Beiträge für die Alters- und Invalidenversicherung nicht rasch und ordnungsgemäß der Zentralanstalt einzahlen, sondern dieselben zurückhalten. Sie schulden diesbezüglich der Zentrale Millionen. Solchen unerhörten Manipulationen mit dem Gelde anderer wäre zu steuern. Wir wollen Ordnung unten und oben.

Wie in manchen Kassen gearbeitet wird, dafür einige Beispiele, Beispiele, die nicht an die Parteischablone sich halten, sondern einwandfrei sind. Die Bezirksversicherungsanstalt Braunau hatte 1927 Verwaltungskosten von 250.000 Kè zu verzeichnen. Das spricht Bände, wenn man diesen Ziffern gegenüberstellt, daß im Jahre 1926 der gesamte Jahresaufwand Braunaus 367.000 Kè betrug. In Braunau bezieht der Badewärter, der auf der allertiefsten Gehaltsstufe steht, an Gehalt, Zulagen, Pauschalien und Wohnungswert monatlich 1000 Kè, Jahresremuneration nicht eingerechnet. (Výkøiky na levici.) Anstatt diese Auslagen einzuschränken und zu sparen, stellte man in der Braunauer Krankenkasse flugs den Antrag, die Beiträge von 5 auf 7% der Lohnsumme zu erhöhen. Das ist direkt antisozial, da hievon ja auch der Arbeitsnehmer betroffen wird. Dann braucht man sich eben auch nicht zu wundern, wenn Braunau im ersten Halbjahr 1927 bereits ein Defizit von rund 3/4 Millionen, (749.136 Kè) aufzuweisen hatte. Der Fall Brauanau hat im sozialpolitischen Ausschuß, da dieser Fall in den Zeitungen veröffentlicht wurde, einem Kollegen der Opposition den Anlaß gegeben, darauf zu verweisen, daß in diesem Falle es bürgerliche Parteien seien sollen, die dort den Obmann stellen. Meinen damaligen Gegenruf erweitere ich heute und erkläre wie damals: Wo immer wir im Krankenkassen- und Sozialversicherungswesen ungehörige Dinge wahrnehmen, werden wir sie beanständen und umso genauer feststellen, falls solche in den bürgerlich geleiteten Kassen vorkommen. Hier ist eine Verschleierung nicht am Platze und daher ein Vorwurf zwecklos. Wenn ein Kollege der Opposition mich auf Grund dieser Einstellung meiner Partei im Ausschuß als einen "Wahrheitsfanatiker" hinstellte, nehme ich dieses schmükkende Substantiv herzlich gerne, ja selbst dankend entgegen. Man muß nicht immer mit Keulen hauen, man kann auch mit feinen Lanzen stechen. Auch das Kapitel Troppau ist ein wundes. Die dortige Bezirkskrankenkasse beschloß, ein neues Krankenkassengebäude zu errichten. Überhastet wurde ein Neubau in Szene gesetzt, der 11/2 Mill. Kè kosten sollte. Die Nachwehen stellten sich bald ein und heute hat man nicht mit 11/2 Mill. Kè, sondern mit 3.4 Mill. Kè zu rechnen, also mit einem selbst den Hundertsatz hochüberschreitenden Betrage. Fast 2 Mill. Kè mehr, das ist keine geordnete Wirtschaft, das ist gewißlich eine fraudulöse Gebarung. Der Landwirt kommt durch alle Giebigkeiten, die er zu leisten hat, und namentlich auch durch die Zahlungen für die Sozialversicherung in vielfach schwere Zwangslagen. Durch diese hohen Auslagen wird er naturgemäß dazu gedrängt, die Kraft der Maschine als Ersatz in vielfacher Richtung in Anspruch zu nehmen. Dies wäre ja ein teilweiser Ersatz, wenn der Landwirt auch die Barmittel bei seiner geringen Bodenverzinsung aufbringen könnte, um die Maschine bar zu bezahlen. So mancher muß dann einen übereilten Maschinenkauf bitter schwer bereuen. Ich könnte Ihnen da mit konkreten Fällen dienen. Die überschweren Auslagen unserer Bauern und Gewerbetreibenden, auch der Festbesoldeten, die Dienstpersonal haben, wurden jedoch in einzelnen Bezirken noch dadurch wesentlich ungerecht gesteigert, daß die Bewertung der Naturalbezüge der Arbeiterschaft sehr ungleich erfolgte. Dies löste in vielen Bezirken Unzufriedenheit aus, da durch eine unrichtige Bewertung oft eine Einreihung in eine nicht zutreffende Lohnklasse erfolgte und eine unbillige den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechende Mehrbelastung sich hieraus ergab. Die richtige Bewertung der Naturalgebühren hatte ja nicht nur für die Sozialversicherung, sondern auch für die Unfallversicherung eine entsprechende Bedeutung. Bei den früheren Senkungen des Preisindex fand kein Abbau der Naturalgebühren statt. Daß betreffs des Wertes der Naturalbezüge der Sozialversicherung die politische Landesverwaltung zu unrichtigen Schlußfolgerungen in verschiedenen Fällen gelangte, dafür will ich einen konkreten, besonders krassen Fall anführen, durch den besonders der politische Bezirk Taus schwer geschädigt ist, zu welchem Grenzbezirke auch sehr viele deutsche Gebirgsgemeinden um Vollmaut, Neumark und Wassersuppen gehören. In Taus ist die Tagesverpflegung mit 8 Kè für die Städte, mit 7 Kè für das flache Land fixiert, während 9 benachbarte politische Bezirke hiefür die richtigere und kleinere Ziffer 5 und 6 Kè einstellte. Ja nicht genug daran: Die Schädigung der Grenzbezirke Taus und Neugedein setzte in allerjüngster Zeit auch nach anderer Richtung hin ein. Vor mir liegt Nr. 91 des Amtsblattes der Èechoslovakischen Republik vom 17. April 1928, in welchem Amtsblatte die Bewertung der Naturalien für das Jahr 1928 betreffend die Unfallversicherung enthalten ist. Die Bewohner dieser Grenzbezirke, wo die Höhenlagen eines Èerchov und anderen Bergrücken in Betracht kommen, rangieren in der Gruppe IV. Und ein noch weiteres klaffenderes Unrecht widerfuhr in Bezug auf die Unfallversicherung dem politischen Bezirk Tepl und Schüttenhofen (Gerichtsbezirke Schüttenhofen, Bergreichenstein und Hartmanitz), welche politischen Bezirke man sogar in die Gruppe III einreihte, neben fruchtbare Bezirke, die mitten im Lande liegen. Dort müssen die verantwortlichen Faktoren überhaupt geschlafen haben. Gott sei Lob hat ferner die gerechte Bestimmung der Novelle, daß Naturalbezüge die Lohnklasse nur um eine Stufe beim landwirtschaftlichen Gesinde er höhen dürfen, hier Wandel geschaffen, wenigstens was die Sozialversicherung betrifft. Die Schikanen liefen weiter. Die Krankenversicherungsanstalten vertraten in vielen Fällen die Ansicht, daß gegen ihre Zahlungsaufträge nur innerhalb 15 Tagen vom Zustellungstage an gerechnet Berufung eingelegt werden könne. Im Gesetze ist keine Handhabe, die zu dieser Auffassung hätte führen können. So mußte auch hier im Rekurswege diese falsche Auffassung gebrochen werden und entschied die politische Landesverwaltung in Brünn in Erkenntnis, Z. 16.274/ai 1927, daß das Gesetz keine Frist für die Einbringung eines Rechtsmittels festsetzt und daß Bescheide auch später angefochten werden können. Aber nicht genug daran, man trieb die Sache bis zum Ministerium für soziale Fürsorge, welches mit Z. 3922-T-2 die Entscheidung der politischen Landesverwaltung Brünn mit der Begründung bestätigte, daß das Gesetz zwar die Aufnahme einer Rechtsmittelbelehrung im Bescheide vorschreibt, daß aber nirgends in demselben eine Präklusivfrist bestimmt ist, innerhalb welcher der Bescheid angefochten werden kann. Wieder ein Beweis, wie wir selbst unser klarstes, augenscheinlichstes Recht uns erst im Rekurswege erkämpfen müssen. Man manövriert eben, wo man kann gegen uns. Und unser Landmann, der in Rekursen nicht sehr bewandert sein kann, ist der Leidtragende.

Es mehren sich auch die Beschwerden bei anderen Bezirkskrankenkassen in vielfacher Richtung. Die Zahlungslisten werden oft verspätet zugeschickt und hiebei hohe Verzugszinsen angerechnet, trotzdem die Anstalt selbst für die Verzögerung die Schuld trägt. Natürlich ist dieses Gebahren vollkommen ungesetzlich und widerspricht es den §§ 174 und 175 des Gesetzes vom 9. Oktober 1924, nach welchem erst nach 15tägiger verspäteter Bezahlung 5% Verzugszinsen vorgeschrieben und eingehoben werden dürfen. Es kommen auch andere Unzukömmlichkeiten vor. So hat z. B. die Bezirkskrankenversicherungsanstalt in Asch die Arbeitsunfähigkeit eines Kriegsinvaliden nach einem anderen Maßstabe beurteilt wie die Arbeitsunfähigkeit eines anderen Versicherten. Gott sei Lob hat auch da über eine diesbezügliche Beschwerde die Zentrale gerechten Wandel geschaffen und die falsche Entscheidung von Asch behoben. Doch wie oft vergessen die Benachteiligten in solchen Fällen den Beschwerdeweg zu betreten und deshalb wäre nach dieser Richtung hin die Herausgabe strenger Weisungen am Platze.

Man erschwert ferner die Bewilligung von Darlehen. Die Zentralversicherungsanstalt weigert sich, Gemeinde- und Bezirksdarlehen, die im Jahre 1927 ordnungsgemäß beschlossen und bewilligt wurden, im Jahre 1928 zur Auszahlung zu bringen. Die Begründung lautete, daß nicht der Rechtszustand zur Zeit des Abschlusses des Darlehensvertrages, sondern der zur Zeit der Auszahlung maßgebend sein soll. Die Zentralsozialversicherungsanstalt verlangte diesbezüglich vorerst eine authentische Interpretation des Finanzministeriums. Auch da hat das Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern unserer Rechtsauffassung Raum gegeben. Die Berufung auf die Beschränkung des § 20 des Finanzgesetzes war also hinfällig. Dieses Schaukeln und Schwanken in den Grundsätzen der Staatsverwaltung war bei uns bislang besonders hoch entwickelt und muß daher in Zukunft ausgemerzt werden.

Betreffend die Krankenversicherung der im Gartenbau beschäftigten Personen hat trotz einer obersten Verwaltungsgerichtshofentscheidung so manche Krankenversicherungsanstalt verlangt, daß diese Personen nicht bei der landwirtschaftlichen Krankenkassa, sondern bei ihr anzumelden sind. Der Gartenbau - und diesen klaren Standpunkt nehmen alle Landeskulturräte ein - gehört zur Urproduktion und sind zu Gewerbebetrieben nur jene Gartenbaubetriebe zu rechnen, die vorwiegend Handel betreiben und überwiegend gekaufte Erzeugnisse weiter verarbeiten, veredeln und verwerten, wo also die selbst erzeugten Produkte eine untergeordnete Rolle spielen.

Unser trauriges Beschwerdekapitel ist noch lange nicht erschöpft. Viele Bezirkskrankenversicherungsanstalten wollten den klaren Wortlaut des § 25 des Gesetzes nicht anerkennen und bestritten insbesondere auch die Versicherungszugehörigkeit der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter der größeren Grund- und Waldbesitze zur landwirtschaftlichen Bezirksversicherungsanstalt. In langzügigem Rekurswege mußten wir erst unser Recht erkämpfen und die Behörden kamen endlich zur Überzeugung, daß das Kriterium für die Beantwortung der Frage, ob ein Versicherungspflichtiger in einem Waldbesitze beschäftigt ist oder nicht, keineswegs im inneren Inhalt der errichteten Arbeit oder darin gesucht werden kann, ob das Ergebnis dieser Arbeit sich im Waldbetriebe zeigt, sondern, daß einzig und allein der Umstand maßgebend ist, daß diese Arbeiten nur die Bodenausnützung oder die Erreichung der Ergebnisse der Forstwirtschaft bezwecken. Was von vornherein als selbstverständlich anzusehen war, mußten wir, und auch in diesem Falle, erst im Streitwege erringen. Hoffentlich erfließt auch vom Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich eine solche gerechte Entscheidung.

Ich hatte schon im Vorjahre Gelegenheit, von dieser Stelle aus im Gegensatz zur teueren Arbeit der Sozialversicherung, bei der die Regie der Invaliden- und Altersversicherung in einem Jahre 52 Mill., das sind 8% der Prämien verschlingt, auf das segensreiche Wirken des Landesversicherungsfondes für Böhmen hinzuweisen, bei der die Regie eine verschwindend kleine ist und bei der kein Heller der Prämien zu Regiezwecken in der späteren Rente zum Ausdruck kommt. (Výkøiky nìm. soc. demokratických poslancù.) Ich kenne viele Landwirte und ich könnte viele Namen nennen, wenn es taktvoll wäre - es ist aber nicht taktvoll - ich kenne viele Arbeitgeber, die ihre Arbeiter vor dem Kriege beim Arbeiterlandesfond versichert haben. Heute bin ich, nachdem ich mich nach dieser Richtung hin noch eingehender informierte, in der angenehmen Lage, dieses Urteil über den Landesversicherungsfond, dies allerdings zu ungunsten der Arbeitersozialversicherung, insoferne zu erweitern, daß dieser Fond, der einvernehmlich zwischen den deutschen und èechischen Parteien geschaffen wurde, keinen Verlust bei Unterbrechung der Einzahlungen kennt. Der allgemeine Aufbesserungsfond ist hier derart gut verwaltet, daß vorzeitig Erwerbsunfähige entsprechende Aufbesserungen zu ihren Renten erhalten. Ebenso erhalten auch die unbemittelten Gewerbetreibenden, die das 60. Lebensjahr erreicht haben, Zubußen aus dem parallel neben dem landwirtschaftlichen Fond verwalteten gewerblichen Aufbesserungsfond. In beiden Fällen werden die Renten bis um 100% aufgebessert. Eine 100%ige Rentenaufbesserung ohne Belastung anderer Bevölkerungsschichten ist wohl ein anderen Versicherungen gegenüber nicht zu unterschätzender Vorteil. In weiterem führe ich an, daß dieser Landesversicherungsfond mittels Kundmachung der politischen Landesverwaltung vom 21. Juni 1925 und ferner mittels Beschlusses der Regierung vom 23. Februar 1924 auf eine neue und den gegenwärtigen Geldverhältnissen entsprechende Unterlage gestellt werde und die Annahme von Versicherungseinlagen zwecks Erlangung einer Bezugsrente bis 6000 Kronen bewilligt wurde. (Výkøiky posl. Grünznera.) Dieser Fond ist von den deutschen und èechischen Parteien im Landtage gemeinsam beschlossen worden und daran haben auch unsere Vertreter ein Verdienst gehabt. Dieser Fond wird fürderhin auch neben der Sozialversicherung seine gute Tätigkeit entfalten und es ist zu begrüßen, daß durch die Steuerreform eine Rentensteuererleichterung hier wenigstens teilweise platzgriff. Wie segensreich der Landesversicherungsfond für Böhmen wirkt, zeigt sein allerjüngster, das Jahr 1927 behandelnder Ausweis. Seit Eröffnung der Fondstätigkeit im Jahre 1895 wurden bis Ende 1927 an Versicherungseinlagen 29.1 Mill. erlegt. Die Summe der erkauften aufgeschobenen Renten beläuft sich auf 17.5, die Summe der 1927 ausbezahlten Renten auf 0.7 Mill. Kè. Im ganzen wurden bisher 12.5 Mill. Kè ausbezahlt, der Überschuß von 1.3 Mill. Kè - und das ist das Bezeichnende - der im Prämienfond bei den Prämienreserven erzielt wurde, wurde nicht etwa nur dem Kursdifferenzenkonto, sondern den einzelnen Aufbesserungsfonden und dem Grundfond zugewiesen.

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