Pátek 16. bøezna 1928

Das Bauförderungsgesetz unterscheidet sich von dem früheren nur sehr wenig. Das Bauförderungsgesetz basiert lediglich auf dem Grundsatze der Steuerbefreiung, wozu 120 Millionen bereitgestellt sind. Die Steuerbefreiung hat sich gut bewährt. Die Bautätigkeit im letzten Jahre ist eine sehr rege gewesen, ja, sie ist in manchen Orten sogar bis zu einer gewissen Gefahr herangewachsen. Freilich müssen wir konstatieren, daß die Zuwendungen durch die Steuerbefreiung zum großen Teil wieder paralysiert worden sind durch den einsetzenden Bodenwucher und durch die sinnlose Verteuerung der Baumaterialien. Die Verteuerung der Baumaterialien ist leicht zu begreifen, wenn man beispielsweise hört, daß die Bilanz der Königshofer Zementfabrik eine 50 %ige Dividende aufweisen konnte. Das definitive Baugesetz wird sich nicht nur mit den Garantien befassen, sondern vor allem auch die Verhältnisse am Baumaterialienmarkt und die Verhältnisse des Bodenverkaufes gründlich regeln müssen.

Ich will nicht sagen, daß wir von dem vorliegenden Gesetz befriedigt sind, absolut nicht, es entspricht nicht vollkommen unseren Anschauungen. Es ist ein Provisorium. (Výkøiky na levici.) Machen Sie ein besseres! (Posl. Heeger: Bringen Sie Anträge in der Koalition ein!) Anträge! Sie sind der Ansicht, meine Herren, daß die Regierungsparteien mit Anträgen die Sache machen können, und die Wohnungsnot damit behoben wäre? Ihrer Ansicht nach ist das einzige mögliche Mittel die Stellung von Anträgen. Wenn Sie also glauben, daß es so zu machen ist, dann treten Sie in die Regierung ein, wir räumen Ihnen den Platz und versprechen Ihnen sogar, nicht einmal Opposition zu machen, wenn Sie das Kunststück fertigbringen. Aber Sie sind schlechte Volksvertreter, Sie wissen, wie es gemacht werden soll, aber tun es trotzdem nicht, sondern verlangen es von uns. Wenn Sie herkommen und ein Wohnungsgesetz machen wollen, das alle befriedigt, so gehen wir noch heute aus der Regierung heraus und machen Ihnen Platz. Aber es ist viel leichter, aus sicherem Hinterhalt darüber zu raisonieren und zu schimpfen, die Wähler förmlich dumm zu machen, ihnen Falsches beizubringen und dann die Schuld uns zuzuschieben. (Posl. Dietl: Sehen Sie sich den Mieterschutz Ihrer Partei in Wien an!) Sie haben dort ein neues Proletariat geschaffen, den bettelnden Hausbesitzer. Das haben Sie zustande gebracht. Ich wiederhole also noch einmal: Dieses Gesetz befriedigt uns nicht, aber vor die Wahl gestellt, entweder eine Lücke eintreten und den Mieterschutz aufheben zu lassen und darum handelt es sich ja hierbei - werden wir für das Gesetz stimmen. Wenn Sie dagegen stimmen, wenn es Ihnen lieber ist, daß am 31. März der Mieterschutz aufhört, dann weiß ich nicht, wie Sie das vertreten können. Vor die Wahl gestellt, den Mieterschutz ganz aufhören oder eine mechanische Verlängerung des alten Gesetzes eintreten zu lassen, haben wir uns entschlossen, für diese Vorlage zu stimmen, im Interesse aller beteiligten Stände, namentlich der Wohnungslosen. (Potlesk poslancù nìm. strany køes. sociální.)

2. Øeè posl. Neuratha (viz str. 44 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Es ist ganz charakteristisch für den Ernst oder genauer gesagt für den Zynismus, mit dem die Regierung diese außerordentlich wichtige Vorlage behandelt, daß sich keiner von den Herren Ministern sehen läßt und daß die deutschen Regierungsparteien ausgerechnet den Herrn Krumpe vorgeschickt haben, um die Haltung der Regierungsparteien diesem Gesetze gegenüber zu rechtfertigen.

Der Herr Abg. Krumpe hat eine ganze Reihe von Motiven geltend gemacht, die zeigen sollen, daß die Haltung der Regierungsparteien, die Haltung der bürgerlichen Parteien diesem Gesetze gegenüber vor allem aus ihrem Verständnis für die soziale Lage der breiten Massen der Arbeiter zu erklären sei. Das erste Motiv, das der Herr Abg. Krumpe hier angeführt hat, war sozusagen ein ästhetisches. Er hat einen Ausflug auf das Gebiet der Philosophie gemacht. Das zweite Motiv war ein revolutionäres. Der Herr Krumpe hat sich mit der Freizügigkeit der Arbeiter beschäftigt und sich sogar dafür begeistert. Das dritte Motiv war ein soziales, indem sich Herr Krumpe mit der Frage der Löhne und Mietzinse beschäftigte. Das vierte und wichtigste Motiv ist ein ordinär praktisches Motiv, es ist das wesentlichste Motiv. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)

Was nun das erste Motiv des Vertreters und Wortführers der Regierungsparteien betrifft, nämlich das ästhetische, so ist es wirklich ein bischen lustig zu hören, wie der Angehörige einer Partei, die den Grundgedanken verteidigt, daß sich an dieser kapitalistischen Gesellschaftsordnung nichts zu ändern hat und daß alles so bleiben müsse, wie es ist und wie es gestern war, daß ausgerechnet der Vertreter solcher Parteien bei der Begründung dieses Attentates auf die Mieter von dem philosophischen Grundsatz ausgeht, daß alles fließe, daß alles stets in Bewegung sei und daß infolgedessen der Mieterschutz nicht von langer Dauer sein könne. Ich glaube, über dieses Motiv können wir mit der stillen Heiterkeit, die diese Betrachtung hervorruft, zur Tagesordnung übergehen. Wichtiger ist schon die Art und Weise, wie Herr Krumpe versucht hat, dieses Gesetz, diese Schandvorlage mit dem Hinweis auf die gefährdete Freizügigkeit der Arbeiterschaft zu verteidigen. Nach dem Herrn Krumpe ist die Sache so: Wenn der Mieterschutz aufgehoben wird, so bedeutet dies nicht einen Angriff auf die Mieter, nicht einen Angriff auf eines der primitivsten Rechte, die sich die ganze Arbeiterklasse nach dem Umsturz erobert hatte, sondern nach seiner Meinung bedeutet die Aufrechterhaltung des Mieterschutzes einen Angriff auf ein Grundrecht der Arbeiterklasse, auf die Freizügigkeit des Proletariats. Dabei könnte sogar Herr Krumpe wissen, daß die Freizügigkeit, soweit sie eine Rolle spielt in der Argumentation der Vertreter der bürgerlichen Parteien, daß die Freizügigkeit des Proletariers in der Freiheit des Kapitalisten besteht, den Arbeiter an jedem Ort des kapitalistischen Staates auszubeuten. Also Herr Krumpe meint, das Mieterschutzgesetz fessele den Arbeiter an einen bestimmten Ort und hindere ihn, die Arbeitsstätte nach seinem Gutdünken zu verlassen, um eine andere, bessere Arbeitsstätte aufzusuchen, denn der Mieterschutz verhindere gleichzeitig auch, daß der Arbeiter am neuen Arbeitsplatz eine entsprechende Wohnung finden könne. Wenn wir nun schon darüber diskutieren, so können wir dem Herrn Krumpe, seiner Partei und den übrigen bürgerlichen Parteien, die sich für den Angriff auf den Mieterschutz begeistern, empfehlen, unsere Vorschläge in dieser Frage zu realisieren und die Regierung zu veranlassen, daß in den wichtigsten Industriegebieten und überall, wo die Arbeiter wohnen und ausgebeutet werden, Arbeiterwohnungen gebaut werden u. zw. in dem Ausmaß und in der Ausdehnung, daß zunächst die Wohnungsnot in den Kreisen des Industrieproletariats gebannt werde. Wenn also Herr Krumpe nach Wegen sucht, die es ihm ermöglichen, dorthin zu gelangen, wo die Wohnungsnot der Arbeiterschaft gelindert werden könnte, dann kann er ja mit uns gehen. Wir gehen diesen Weg und deswegen schlagen wir, wie man weiß, diesem Parlament und der Regierung vor, genügend Arbeiterwohnungen zu bauen. Geschieht dies, dann braucht Herr Krumpe keine Sorge wegen der Freizügigkeit der Arbeiter innerhalb der èechoslovakischen Republik zu haben.

Geradezu spaßig ist es zu hören, wie Herr Krumpe sich für die soziale Lage des Proletariats im Zusammenhang mit der Mieterschutzfrage interessiert. Er meint, er und seine Partei seien dafür, daß man die Löhne den Mieten anpasse, d. h. also, er will uns und der Bevölkerung das christliche Märchen aufbinden, daß seine Partei entschlossen sei, diejenigen Kämpfe zu führen, deren Ergebnis in der Erhöhung der Löhne der Arbeiterklasse bestehen soll. Abgesehen von dem grundsätzlichen Standpunkt, der in sozialen Kämpfen für die Partei Krumpes maßgebend ist, erinnere ich daran, daß vor einigen Wochen ein riesiger Kampf tobte, der das Ziel verfolgte, einem wichtigen Teile des èechoslovakischen Proletariats die Löhne entsprechend zu erhöhen. Nun, die èechoslovakische Regierung hat in das Streikgebiet nicht christlichsoziale Agitatoren geschickt, die die Arbeiter aufforderten, in diesem wichtigen Kampfe auszuharren, sondern sie hat in jene Gebiete Gendarmerie- und Polizeiverstärkungen geschickt und auf diese Weise praktisch zu zeigen versucht, was der Herr Krumpe meint, wenn er von der Unterstützung der sozialen Kämpfe in der Èechoslovakei spricht. Also diese drei Motive sind einfach kleine Schwindeleien, um die Tatsache zu verdecken, daß eine Partei, die sich christlich nennt, in einer außerordentlich wichtigen sozialen Frage ausschließlich die Interessen der Ausbeuter gegen die Interessen der breiten Massen der Arbeiter vertritt.

Aber das vierte Motiv, das einzige ehrliche Motiv, das der Herr Krumpe hier angeführt hat, muß uns freilich veranlassen, uns damit zu beschäftigen. Der Herr Krumpe hat darauf hingewiesen, daß die heutigen Bestimmungen des Mieterschutzgesetzes eine ordentliche Belebung der Bautätigkeit, des Baukapitals verhindern. Nun, der Herr Krumpe, der anfangs seiner Rede, wie gesagt, einen Ausflug auf das Gebiet der Philosophie gemacht und dabei einige Späße vorgetragen hat, ist plötzlich ein ganz ernster Mann geworden, als er sich mit der praktischen Seite des Problems beschäftigt hat. Denn wir müssen offen zugeben, daß das, was Herr Krumpe über die Notwendigkeit der Belebung des Baukapitals sagte, nicht nur die Meinung seiner Partei, sondern die Ansicht der Regierung ist und daß er hier die Ansicht der Bourgeoisie in der Èechoslovakischen Republik vertreten hat. Nämlich die Belebung des Baukapitals, wie sie von der christlichsozialen Partei und vom Herrn Krumpe verstanden wird, hat folgenden Sinn: Das Häuserkapital ist nur ein Teil des gesamten Kapitals. Die Elemente, aus denen sich das Häuserkapital zusammensetzt, nämlich Baukapital und Grundbesitz, erklären uns sehr rasch den reaktionären Charakter der Vorlage. Nämlich wenn die Abänderung des Mieterschutzgesetzes so vor sich geht, wie das in der Vorlage verlangt wird, dann würde dies eine Belebung des Baukapitals in dem Sinne garantieren, daß eine Erhöhung der Grundrente, eine Erhöhung des Kapitalsprofites, soweit Kapital im Baukapital beschäftigt ist, und eine Begünstigung des Leihkapitals zu erwarten wäre. Das sind die edlen, idealen Beweggründe, die für die Politik der christlichsozialen Partei und des Herrn Krumpe maßgebend sind! Der Fall des Mieterschutzgesetzes - und die Vorlage, mit der wir es zu tun haben, bedeutet im wesentlichen die Aufhebung des Mieterschutzgesetzes - führt gewiß zu einer Belebung der Spekulation mit Baugrund und zu einer größeren Rentabilität der Hypothekardarlehen. Das ist das Ziel, das die Regierungspolitik verfolgt, indem sie das Mieterschutzgesetz zerstört und das ist das Ziel der christlichsozialen Politik, der Partei, der der Herr Krumpe angehört.

Daß es sich hier um ein umfangreiches Attentat gegen eines der wesentlichsten Rechte der breiten Massen der Arbeitenden handelt, ergibt sich, wenn wir einige Bestimmungen der Vorlage einer Prüfung und Kritik unterziehen. Da ist zunächst der § 1, Punkt 9. Es heißt da, daß die Aufhebung des Mietvertrages durch das Bezirksgericht nur aus wichtigen Gründen erfolgen kann und einer der wichtigen Gründe hat folgenden Wortlaut: "Wenn der Vermieter die rechtmäßige behördliche Bewilligung zu einem nützlicheren Bau besitzt und wenn er dem Mieter eine Ersatzwohnung verschafft, welche das Gericht als genügend anerkennt". Dabei muß man die Frage aufwerfen, wer darüber zu entscheiden hat, was eine nützliche Bauergänzung oder ein nützlicher Umbau ist, und zweitens, wer darüber zu entscheiden hat, ob die Wohnung für den Betreffenden, der mit Hilfe dieser Bestimmung wohnungslos gemacht werden soll, genügend ist. Darüber entscheiden nicht die Vertreter der Arbeiter oder der Mieter, sondern darüber entscheidet eben das Bezirksgericht, das heißt ein Klassengericht. Die Bestimmungen, von denen ich hier eine zitierte, sind so gehalten, daß jeder Klassenrichter sofort den Sinn dieses Gesetzes erfaßt, daß er in seinem Sinne wirken und daher jedesmal gegen die Interessen des Mieters, und das ist in 99 von 100 Fällen gegen die Interessen der Arbeiterklasse, entscheiden wird.

Eine andere Bestimmung: "Einen Ersatz für andere Räume als Wohnungen muß der Vermieter nicht beschaffen." Das heißt: Der Mieter ist im Sinne des Gesetzes nur verpflichtet, soweit er dazu überhaupt verpflichtet werden kann, diejenigen Räume zu ersetzen, die als wirkliche Wohnräume gelten. Nun wissen wir, daß es zehntausende proletarischer Existenzen gibt, die sich durch ihre Beschäftigung in der Hausindustrie erhalten oder kleingewerbliche Erzeugnisse herstellen, und diese kleinbürgerlichen Existenzen arbeiten in einem ihrer Wohnräume. Diese Bestimmung besagt, daß in dem Augenblicke, in welchem die Vermieter tausende solcher Existenzen auf die Straße setzen können, sie nur verpflichtet sind, solche Räume wieder zu beschaffen, die im Sinne des Gesetzes als Wohnräume gelten, während für die übrigen Räume, die der Mieter für seine gewerbliche Tätigkeit benützt (Výkøiky posl. Wünsche a Krumpe.), kein Ersatz beschafft werden muß. Diese Bestimmungen richten sich nicht nur gegen Industrieproletarier, sondern vorzugsweise gegen tausende Menschen, die politisch und parlamentarisch von der deutschen Gewerbepartei, also von einer Regierungspartei, geführt werden.

Punkt 10 besagt, daß der Mietvertrag aufgehoben werden kann: "wenn der Vermieter die Wohnung notwendig für sich braucht und wenn er bei der Aufrechterhaltung des Mietvertrages einen bedeutenderen Schaden erleiden würde, als der Mieter". Das ist eine der gelungensten Bestimmungen der Vorlage. Jeder, der diese Bestimmung unvoreingenommen liest, wird zugeben müssen, daß mit dieser Bestimmung der Klassenrichter alles gegen den Mieter machen kann, was er will. Diese Bestimmung erlaubt es dem Vermieter, gegen den Mieter mit der größten Rücksichtslosigkeit aufzutreten. Denn es ist selbstverständlich, daß der Vermieter nicht lange wird suchen müssen, um nachzuweisen, daß er einen größeren Schaden erleidet, als der Mieter, den er hinauswerfen will, für den Fall, als der Mietvertrag in Geltung bleibt. Und da sich kein Mieter das gefallen lassen, vielmehr das Gericht anrufen wird, wird wieder das Klassengericht entscheiden und es wird mit Hilfe dieser Gesetzesbestimmung es nicht schwer haben, durchaus in jedem einzelnen Falle gegen den Mieter und für den Vermieter zu entscheiden.

Ein anderer Kündigungsgrund: "Wenn der Besitzer einer Fabrik, eines gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betriebes zum Zwecke der Betriebsführung für seine Angestellten eine Wohnung braucht, welche bei dem Betrieb errichtet ist". Diese Bestimmung bedeutet wieder, daß Hunderte von Fabriksherren ohne weiteres das Recht haben, diejenigen Arbeiter sofort auf die Straße zu setzen, die ihnen im Betrieb nicht passen, sofern diese Arbeiter bei der Fabrik eine Wohnung innehaben.

Dann: "Solange dieses Gesetz Geltung hat, kann der Vermieter die Auflösung des Mietvertrages ohne die Kündigung nur dann verlangen, wenn der Mieter die Wohnung zu einem bedeutenden Schaden des Vermieters mißbraucht". Das ist wieder eine Bestimmung, die der Willkür des Hausbesitzers und dann der Willkür der Entscheidung durch das Bezirksgericht, Tür und Tor öffnet.

Die wichtigste Bestimmung des Gesetzes enthält meines Erachtens der § 31, in dessen sechsten Punkt es heißt: "In einer Gemeinde mit weniger als 2000 Einwohnern, die am Tage der Kundmachung dieses Gesetzes kein der Zinssteuer völlig unterworfener Ort war, werden die Bestimmungen dieses Gesetzes außer Wirksamkeit treten, wenn dies die Gemeindevertretung rechtsgültig beschließt und die Landesbehörde diesen Beschluß genehmigt, und zwar mit Beginn der der Genehmigung des Beschlusses nachfolgenden Mietsperiode". Was bedeutet diese Bestimmung? Sie bedeutet praktisch, daß in der nächsten Zeit in Tausenden Gemeinden Zehntausende proletarische Existenzen aufs Pflaster geworfen, Zehntausende proletarische Existenzen obdachlos, wohnungslos sein werden. Einige Vertreter der Regierungsparteien haben uns hier wieder das christliche Märchen einzureden versucht, daß diese Bestimmung nur so hart aussehe, in der Praxis aber nicht so kritisch einzuschätzen sei. Denn erstens haben ja die Gemeindevertretungen selbst zu beschließen, ob im Wirkungskreis der Gemeinde die Bestimmungen des Mieterschutzes aufzuheben sind oder nicht, und zweitens sei dieser Beschluß, bezw. seine praktische Durchführung wieder abhängig von der Zustimmung der Landesbehörden. Aber wie sieht es denn mit den Mehrheitsverhältnissen in den Gemeinden aus? Wir wissen ja, daß sich die Mehrheit der Gemeinden zum größten Teile aus Vertretern der Regierungsparteien, und soweit es sich um deutsche Gemeinden handelt, aus Vertretern der deutschen Regierungsparteien zusammensetzt. Wenn die deutschen Regierungsparteien schamlos genug sind, diese Vorlage einzubringen und für sie zu stimmen, so ist es einfach primitiver Jesuitismus, wenn uns Herr Krumpe erzählt, diese Bestimmung sei nicht so gefährlich, da erst die Gemeinden über ihre praktische Durchführung entscheiden werden. Die Entscheidung ist aber bereits gefallen, da sich sämtliche Regierungsparteien auf diese Bestimmungen verpflichtet haben und für dieses Gesetz stimmen werden, die deutschen Regierungsparteien mit Händen und Füßen. (Posl. Krumpe: Das können Sie der Frau Blaschke erzählen! - Výkøiky.) Herr Krumpe, Sie werden also in der Gemeinde anders stimmen als hier? (Výkøiky na levici.) Also Herr Krumpe scheint wirklich die Absicht zu haben, den Parlamentarismus noch geringer einzuschätzen als es seine Kollegen und besonders die Regierung tut, er will aus diesem Parlament einen Zirkus machen, in dem er freilich die Hauptfigur spielt. (Potlesk komunistických poslancù.) Ich glaube aber, daß die Frage etwas ernster ist, als Herr Krumpe zu meinen scheint. Tatsache ist, daß diese Bestimmung praktisch bedeutet, daß demnächst Zehntausende Menschen ihre Wohnungen verlieren werden, weil es keine einzige Gemeinde gibt, vorausgesetzt, daß in ihr die bürgerlichen Parteien die Mehrheit haben, die nicht im Sinne dieser Bestimmung beschließen wird, daß das Mieterschutzgesetz und seine Wirkung auf ihr Gemeindegebiet als aufgehoben zu betrachten sind.

Natürlich, das ist ein Schritt auf dem Weg zur vollständigen Aufhebung des letzten Restes des Mieterschutzgesetzes. Denn jetzt heißt es, daß die Bestimmungen des Mieterschutzgesetzes ihre Wirksamkeit in den Gemeinden verlieren, die bis zu 2000 Einwohnern zählen. Man müßte schon ein ausgewachsenes politisches Kind vom Formate des Herrn Krumpe sein, um nicht zu glauben, daß im nächsten Jahre die Herren versuchen werden, die Bestimmung durchzudrücken, daß der Mieterschutz als aufgehoben zu gelten habe bei Gemeinden bis zu 10.000 oder mehr Einwohnern. Das heißt also, daß die Mieter, und nicht nur diejenigen, die mit der kommunistischen Partei sympathisieren, verstehen sollten und daß man in diesem Sinne eine allgemeine Aufklärungsarbeit betreiben müßte, daß das was heute beschlossen werden soll, daß die Vorlage, die heute dem Hause unterbreitet ist, nichts anderes bedeutet als den tückischesten Schlag, den die Regierung gegen das Mieterschutzgesetz jemals geführt hat. In der Hauptsache richtet sich die Bestimmung, hinsichtlich der Gemeinden mit 2000 Einwohnern, nicht nur gegen kleinbäuerliche, kleinbürgerliche Existenzen, nicht nur gegen das landwirtschaftliche Proletariat, sondern sie richtet sich wieder in der ersten Linie gegen das Industrieproletariat, denn wir sollen keinen Augenblick vergessen, daß der Arbeiter schon seit vielen Jahren, nicht erst seit dem Zusammenbruch des Krieges, außerstande ist, in den Städten Wohnung zu finden und in den Städten die Miete für die Wohnung zu bezahlen. Der Arbeiter wohnt seit vielen Jahren außerhalb der Stadt oder an der Peripherie der Stadt, in sehr vielen Fällen aber, besonders in unseren Industriegebieten, wohnt der Arbeiter in den Dörfern, von denen die Industriestädte umgeben sind. Nach all dem, was die Regierung in den letzten anderthalb Jahren der industriellen Arbeiterschaft an Schaden zugefügt hat, kommt jetzt diese Maßnahme, die nichts anderes bedeutet, als daß Zehntausende Proletarier obdachlos gemacht werden. Wir sollen ferner nicht übersehen, daß gerade § 31 in seiner praktischen Wirksamkeit nicht nur zur Folge haben wird, daß in tausenden Gemeinden proletarische Existenzen ihre Wohnung verlieren, sondern daß diese Wohnungssuchenden in der Provinz auftreten werden, sondern daß sie sich auch in den Städten fühlbar machen werden; diese Bestimmung schafft also unmittelbar zehntausende Obdachlose, Wohnungslose und wird andererseits die Wohnungsnot in den Städten in wenigen Monaten außerordentlich verschärfen.

Ich glaube, daß ich es schon der christlichsozialen Partei im allgemeinen und dem Herrn Krumpe im besonderen schuldig bin, nachzuweisen, daß die Frage der Wohnungspolitik eng zusammenhängt mit der nationalen Politik, u. zw. nicht nur vom Standpunkt unserer Deutschnationalen, sondern auch vom Standpunkt der Èechischnationalen. Wenn es nämlich überhaupt eine sogenannte nationale Frage gibt, für die sich diese beiden Parteien interessieren, dann müßte es diejenige nationale Frage sein, die, wie gesagt, unmittelbar verknüpft ist mit der Frage, wie denn die èechische oder die deutsche Nation wohnt, und die Erledigung dieser Frage hängt ab von der Erledigung der Vorfrage, wer denn die èechische und wer die deutsche Nation ist. Ich glaube, nicht nur für die Kommunisten, sondern auch für die Sozialisten ist diese Frage wenigstens theoretisch gelöst: Die Grundlage der Nation besteht in der ökonomischen, in der politischen, in der zahlenmäßigen Bedeutung der breiten Massen der Arbeitenden. Wenn man also die Frage nach der Gesundheit der deutschen oder der èechischen Nation stellt, muß man natürlich diese Frage ergänzen durch die zweite: Wie wohnt der èechische und wie wohnt der deutsche Arbeiter? Denn so wie der èechische und der deutsche Arbeiter jetzt wohnen, sind sie den verheerendsten Wirkungen der heutigen bürgerlichen kapitalistischen Wohnungspolitik ausgesetzt. Die heutige Wohnung des Proletariers ist die Brutstätte der Lungentuberkulose, ist die Brutstätte der Proletarierkrankheit, ist die Brutstätte der Prostitution, die Brutstätte der moralischen Verkommenheit. Wenn also die bürgerlichen Parteien einen ernsten Kampf für die gesunde Grundlage der deutschen oder der èechischen Nation führen wollen oder ihn hätten jemals führen wollen, dann hätten sie dafür sorgen müssen, daß vor allem diejenige Frage im Interesse der breiten Masse der Bevölkerung gelöst werde, von deren Lösung der Schutz der Gesundheit des arbeitenden Menschen abhängt.

Nun wissen wir aber nicht nur aus der Stellungnahme der kommunistischen Partei, sondern wir wissen dies aus den reifsten Arbeiten ernster bürgerlicher wissenschaftlicher Sozialforscher, daß die Art, wie deutsche und èechische Proletarier wohnen, daß diese Art zur Vernichtung, zur Untergrabung der Gesundheit der Nation führt, weshalb die erste, die größte und, vom Standpunkt dieser bürgerlichen Parteien aus betrachtet, nationalste Aufgabe in einer modernen großzügigen Wohnungspolitik und Wohnungsfürsorge bestünde. Was aber bietet statt dessen die Regierung diesem Parlamente und der Bevölkerung der èechoslovakischen Republik? Anstatt auf dem Wege der Wohnungspolitik, der Wohnungsreform einen Schritt nach vorwärts zu machen, anstatt also hier einen geringen Teil der Interessen der arbeitenden Klassen zu schützen, schickt sich, wie wir sehen, die Regierung an, die Wohnungspolitik, soweit sie sich auf die Arbeiterklasse bezieht, zu verschlechtern, also die Voraussetzungen vollständig zu vernichten, die für eine gesunde Entfaltung und Entwicklung der èechischen oder deutschen Arbeiterklasse erforderlich wären. Also selbst vom Standpunkte eines bürgerlichen Sozialreformers und Wohnungspolitikers betrachtet, ist diese Vorlage einfach eine Kulturschande.

Wie wir sehen, ist die Frage des Mieterschutzes, die Aufrechterhaltung der heutigen Bestimmungen über den Mieterschutz eng verknüpft mit einer ganzen Reihe außerordentlich bedeutsamer sozialpolitischer Fragen, insbesondere verknüpft mit der Gesundheitsfrage der breiten Massen der Arbeitenden. Natürlich sind wir weit davon entfernt zu glauben, daß durch unsere Stellungnahme zu dieser Vorlage, daß durch die Kritik der Opposition die Regierung veranlaßt werden konnte, diese Schandvorlage zurückzuziehen und zu ersetzen durch eine brauchbare, vom Standpunkte auch nur der modernen Sozialreformer aus gesehen, verbesserte Vorlage. Einer solchen Illusion haben wir uns niemals hingegeben, wir wissen sehr gut, daß ein wirksamer erfolgreicher Kampf gegen diese Vorlage nicht innerhalb dieses Hauses geführt werden kann, wir wissen, daß ein erfolgreicher Kampf nur geführt werden kann, wenn man sich entschließt, die breiten Massen der Arbeitenden, gegen die sich dieses Gesetz am schärfsten richten wird, aufzurufen und ihren Widerstand zu organisieren. Und was nicht nur für uns wichtig ist, sondern wichtig ist oder sein sollte für alle sozialistischen Parteien, das ist die Tatsache, daß diese Vorlage, die den Mieterschutz vernichtet, die ein Attentat auf die soziale Lage der arbeitenden Massen darstellt, daß diese Vorlage ja nur ein Teil, allerdings ein sehr wichtiger Teil der gesamten reaktionären Gesetzgebung ist, durch die sich die èechisch-deutsche Koalitionsregierung seit 1926 auszeichnet. Die èechisch-deutsche Koalitionsregierung, das muß man zugeben, hat sehr konsequent und sehr planmäßig gearbeitet. Nachdem sie eine ganze Reihe der wichtigsten Gesetze beschlossen hat, die sich gegen die Interessen der Proletarier richten, wie Schutzgesetz, Terrorgesetz, Verwaltungsreform, Militärvorlagen, Steuerreform und jetzt diese Schandvorlagen, nachdem dies alles geschehen ist, glaubt die Regierung, alles oder viel getan zu haben, um die Widerstandsfähigkeit des Proletariats brechen zu können. Die Regierung und die Regierungsparteien haben es schon im Jahre 1926 ausgezeichnet verstanden, einen sogenannten Umgruppierungsprozeß zu ermöglichen, so zwar, daß die sozialistischen Parteien, die bis dahin der Koalitionsregierung angehörten, ausgeschieden wurden, was ihnen damals gar nicht so unangenehm war, und daß sich die èechisch-bürgerlichen Parteien, die èechische Bourgeoisie in ihrer Regierung koalierte mit den Vertretern der deutschen Bourgeoisie. Dieses großzügige politische Umgruppierungsmanöver wäre nicht möglich gewesen ohne die direkte und indirekte Unterstützung von Seite der èechischen sozialistischen Parteien. Denn nicht nur, daß diese Parteien den Boden der Opposition erst bezogen haben, nachdem sie die Sicherheit hatten, daß die èechische Bourgeoisie eine verläßliche Mehrheit im Parlament hat, nicht nur das, diese Parteien haben vom ersten Tag, an dem sie in Opposition gegangen sind, erklärt, daß sie eine ernste, eine würdige, eine loyale Opposition führen auf dem Boden des Parlamentarismus und daß sie darauf verzichten müssen, außerhalb dieses Hauses gemeinsam mit dem gesamten Proletariat und seinen Vertretern einen ernsten politischen Kampf, nämlich den Klassenkampf gegen die Politik der èechoslovakischen Regierung zu organisieren und zu führen.

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