Das Bauförderungsgesetz unterscheidet
sich von dem früheren nur sehr wenig. Das Bauförderungsgesetz
basiert lediglich auf dem Grundsatze der Steuerbefreiung, wozu
120 Millionen bereitgestellt sind. Die Steuerbefreiung hat sich
gut bewährt. Die Bautätigkeit im letzten Jahre ist eine
sehr rege gewesen, ja, sie ist in manchen Orten sogar bis zu einer
gewissen Gefahr herangewachsen. Freilich müssen wir konstatieren,
daß die Zuwendungen durch die Steuerbefreiung zum großen
Teil wieder paralysiert worden sind durch den einsetzenden Bodenwucher
und durch die sinnlose Verteuerung der Baumaterialien. Die Verteuerung
der Baumaterialien ist leicht zu begreifen, wenn man beispielsweise
hört, daß die Bilanz der Königshofer Zementfabrik
eine 50 %ige Dividende aufweisen konnte. Das definitive Baugesetz
wird sich nicht nur mit den Garantien befassen, sondern vor allem
auch die Verhältnisse am Baumaterialienmarkt und die Verhältnisse
des Bodenverkaufes gründlich regeln müssen.
Ich will nicht sagen, daß wir von dem
vorliegenden Gesetz befriedigt sind, absolut nicht, es entspricht
nicht vollkommen unseren Anschauungen. Es ist ein Provisorium.
(Výkøiky na levici.) Machen
Sie ein besseres! (Posl. Heeger: Bringen Sie Anträge in
der Koalition ein!) Anträge! Sie sind der Ansicht, meine
Herren, daß die Regierungsparteien mit Anträgen die
Sache machen können, und die Wohnungsnot damit behoben wäre?
Ihrer Ansicht nach ist das einzige mögliche Mittel die Stellung
von Anträgen. Wenn Sie also glauben, daß es so zu machen
ist, dann treten Sie in die Regierung ein, wir räumen Ihnen
den Platz und versprechen Ihnen sogar, nicht einmal Opposition
zu machen, wenn Sie das Kunststück fertigbringen. Aber Sie
sind schlechte Volksvertreter, Sie wissen, wie es gemacht werden
soll, aber tun es trotzdem nicht, sondern verlangen es von uns.
Wenn Sie herkommen und ein Wohnungsgesetz machen wollen, das alle
befriedigt, so gehen wir noch heute aus der Regierung heraus und
machen Ihnen Platz. Aber es ist viel leichter, aus sicherem Hinterhalt
darüber zu raisonieren und zu schimpfen, die Wähler
förmlich dumm zu machen, ihnen Falsches beizubringen und
dann die Schuld uns zuzuschieben. (Posl. Dietl: Sehen Sie sich
den Mieterschutz Ihrer Partei in Wien an!) Sie haben dort
ein neues Proletariat geschaffen, den bettelnden Hausbesitzer.
Das haben Sie zustande gebracht. Ich wiederhole also noch einmal:
Dieses Gesetz befriedigt uns nicht, aber vor die Wahl gestellt,
entweder eine Lücke eintreten und den Mieterschutz aufheben
zu lassen und darum handelt es sich ja hierbei - werden wir für
das Gesetz stimmen. Wenn Sie dagegen stimmen, wenn es Ihnen lieber
ist, daß am 31. März der Mieterschutz aufhört,
dann weiß ich nicht, wie Sie das vertreten können.
Vor die Wahl gestellt, den Mieterschutz ganz aufhören oder
eine mechanische Verlängerung des alten Gesetzes eintreten
zu lassen, haben wir uns entschlossen, für diese Vorlage
zu stimmen, im Interesse aller beteiligten Stände, namentlich
der Wohnungslosen. (Potlesk poslancù nìm.
strany køes. sociální.)
Meine Damen und Herren! Es ist ganz charakteristisch
für den Ernst oder genauer gesagt für den Zynismus,
mit dem die Regierung diese außerordentlich wichtige Vorlage
behandelt, daß sich keiner von den Herren Ministern sehen
läßt und daß die deutschen Regierungsparteien
ausgerechnet den Herrn Krumpe vorgeschickt haben, um die
Haltung der Regierungsparteien diesem Gesetze gegenüber zu
rechtfertigen.
Der Herr Abg. Krumpe hat eine ganze
Reihe von Motiven geltend gemacht, die zeigen sollen, daß
die Haltung der Regierungsparteien, die Haltung der bürgerlichen
Parteien diesem Gesetze gegenüber vor allem aus ihrem Verständnis
für die soziale Lage der breiten Massen der Arbeiter zu erklären
sei. Das erste Motiv, das der Herr Abg. Krumpe hier angeführt
hat, war sozusagen ein ästhetisches. Er hat einen Ausflug
auf das Gebiet der Philosophie gemacht. Das zweite Motiv war ein
revolutionäres. Der Herr Krumpe hat sich mit der Freizügigkeit
der Arbeiter beschäftigt und sich sogar dafür begeistert.
Das dritte Motiv war ein soziales, indem sich Herr Krumpe
mit der Frage der Löhne und Mietzinse beschäftigte.
Das vierte und wichtigste Motiv ist ein ordinär praktisches
Motiv, es ist das wesentlichste Motiv. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)
Was nun das erste Motiv des Vertreters und
Wortführers der Regierungsparteien betrifft, nämlich
das ästhetische, so ist es wirklich ein bischen lustig zu
hören, wie der Angehörige einer Partei, die den Grundgedanken
verteidigt, daß sich an dieser kapitalistischen Gesellschaftsordnung
nichts zu ändern hat und daß alles so bleiben müsse,
wie es ist und wie es gestern war, daß ausgerechnet der
Vertreter solcher Parteien bei der Begründung dieses Attentates
auf die Mieter von dem philosophischen Grundsatz ausgeht, daß
alles fließe, daß alles stets in Bewegung sei und
daß infolgedessen der Mieterschutz nicht von langer Dauer
sein könne. Ich glaube, über dieses Motiv können
wir mit der stillen Heiterkeit, die diese Betrachtung hervorruft,
zur Tagesordnung übergehen. Wichtiger ist schon die Art und
Weise, wie Herr Krumpe versucht hat, dieses Gesetz, diese
Schandvorlage mit dem Hinweis auf die gefährdete Freizügigkeit
der Arbeiterschaft zu verteidigen. Nach dem Herrn Krumpe
ist die Sache so: Wenn der Mieterschutz aufgehoben wird, so bedeutet
dies nicht einen Angriff auf die Mieter, nicht einen Angriff auf
eines der primitivsten Rechte, die sich die ganze Arbeiterklasse
nach dem Umsturz erobert hatte, sondern nach seiner Meinung bedeutet
die Aufrechterhaltung des Mieterschutzes einen Angriff auf ein
Grundrecht der Arbeiterklasse, auf die Freizügigkeit des
Proletariats. Dabei könnte sogar Herr Krumpe wissen,
daß die Freizügigkeit, soweit sie eine Rolle spielt
in der Argumentation der Vertreter der bürgerlichen Parteien,
daß die Freizügigkeit des Proletariers in der Freiheit
des Kapitalisten besteht, den Arbeiter an jedem Ort des kapitalistischen
Staates auszubeuten. Also Herr Krumpe meint, das Mieterschutzgesetz
fessele den Arbeiter an einen bestimmten Ort und hindere ihn,
die Arbeitsstätte nach seinem Gutdünken zu verlassen,
um eine andere, bessere Arbeitsstätte aufzusuchen, denn der
Mieterschutz verhindere gleichzeitig auch, daß der Arbeiter
am neuen Arbeitsplatz eine entsprechende Wohnung finden könne.
Wenn wir nun schon darüber diskutieren, so können wir
dem Herrn Krumpe, seiner Partei und den übrigen bürgerlichen
Parteien, die sich für den Angriff auf den Mieterschutz begeistern,
empfehlen, unsere Vorschläge in dieser Frage zu realisieren
und die Regierung zu veranlassen, daß in den wichtigsten
Industriegebieten und überall, wo die Arbeiter wohnen und
ausgebeutet werden, Arbeiterwohnungen gebaut werden u. zw. in
dem Ausmaß und in der Ausdehnung, daß zunächst
die Wohnungsnot in den Kreisen des Industrieproletariats gebannt
werde. Wenn also Herr Krumpe nach Wegen sucht, die es ihm
ermöglichen, dorthin zu gelangen, wo die Wohnungsnot der
Arbeiterschaft gelindert werden könnte, dann kann er ja mit
uns gehen. Wir gehen diesen Weg und deswegen schlagen wir, wie
man weiß, diesem Parlament und der Regierung vor, genügend
Arbeiterwohnungen zu bauen. Geschieht dies, dann braucht Herr
Krumpe keine Sorge wegen der Freizügigkeit der Arbeiter
innerhalb der èechoslovakischen Republik zu haben.
Geradezu spaßig ist es zu hören,
wie Herr Krumpe sich für die soziale Lage des Proletariats
im Zusammenhang mit der Mieterschutzfrage interessiert. Er meint,
er und seine Partei seien dafür, daß man die Löhne
den Mieten anpasse, d. h. also, er will uns und der Bevölkerung
das christliche Märchen aufbinden, daß seine Partei
entschlossen sei, diejenigen Kämpfe zu führen, deren
Ergebnis in der Erhöhung der Löhne der Arbeiterklasse
bestehen soll. Abgesehen von dem grundsätzlichen Standpunkt,
der in sozialen Kämpfen für die Partei Krumpes
maßgebend ist, erinnere ich daran, daß vor einigen
Wochen ein riesiger Kampf tobte, der das Ziel verfolgte, einem
wichtigen Teile des èechoslovakischen Proletariats die
Löhne entsprechend zu erhöhen. Nun, die èechoslovakische
Regierung hat in das Streikgebiet nicht christlichsoziale Agitatoren
geschickt, die die Arbeiter aufforderten, in diesem wichtigen
Kampfe auszuharren, sondern sie hat in jene Gebiete Gendarmerie-
und Polizeiverstärkungen geschickt und
auf diese Weise praktisch zu zeigen versucht, was der Herr Krumpe
meint, wenn er von der Unterstützung der sozialen Kämpfe
in der Èechoslovakei spricht. Also diese drei Motive sind
einfach kleine Schwindeleien, um die Tatsache zu verdecken,
daß eine Partei, die sich christlich nennt, in einer außerordentlich
wichtigen sozialen Frage ausschließlich die Interessen der
Ausbeuter gegen die Interessen der breiten Massen der Arbeiter
vertritt.
Aber das vierte Motiv, das einzige ehrliche
Motiv, das der Herr Krumpe hier angeführt hat, muß
uns freilich veranlassen, uns damit zu beschäftigen. Der
Herr Krumpe hat darauf hingewiesen, daß die heutigen
Bestimmungen des Mieterschutzgesetzes eine ordentliche Belebung
der Bautätigkeit, des Baukapitals verhindern. Nun, der Herr
Krumpe, der anfangs seiner Rede, wie gesagt, einen Ausflug
auf das Gebiet der Philosophie gemacht und dabei einige Späße
vorgetragen hat, ist plötzlich ein ganz ernster Mann geworden,
als er sich mit der praktischen Seite des Problems beschäftigt
hat. Denn wir müssen offen zugeben, daß das, was Herr
Krumpe über die Notwendigkeit der Belebung des Baukapitals
sagte, nicht nur die Meinung seiner Partei, sondern die Ansicht
der Regierung ist und daß er hier die Ansicht der Bourgeoisie
in der Èechoslovakischen Republik vertreten hat.
Nämlich die Belebung des Baukapitals, wie sie von der christlichsozialen
Partei und vom Herrn Krumpe
verstanden wird, hat folgenden Sinn: Das Häuserkapital ist
nur ein Teil des gesamten Kapitals. Die Elemente, aus denen sich
das Häuserkapital zusammensetzt, nämlich Baukapital
und Grundbesitz, erklären uns sehr rasch den reaktionären
Charakter der Vorlage. Nämlich wenn die Abänderung des
Mieterschutzgesetzes so vor sich geht, wie das in der Vorlage
verlangt wird, dann würde dies eine Belebung des Baukapitals
in dem Sinne garantieren, daß eine Erhöhung der Grundrente,
eine Erhöhung des Kapitalsprofites, soweit Kapital im Baukapital
beschäftigt ist, und eine Begünstigung des Leihkapitals
zu erwarten wäre. Das sind die edlen, idealen Beweggründe,
die für die Politik der christlichsozialen Partei und des
Herrn Krumpe maßgebend sind! Der Fall des Mieterschutzgesetzes
- und die Vorlage, mit der wir es zu tun haben, bedeutet im wesentlichen
die Aufhebung des Mieterschutzgesetzes - führt gewiß
zu einer Belebung der Spekulation mit Baugrund und zu einer größeren
Rentabilität der Hypothekardarlehen. Das ist das Ziel, das
die Regierungspolitik verfolgt, indem sie das Mieterschutzgesetz
zerstört und das ist das Ziel der christlichsozialen Politik,
der Partei, der der Herr Krumpe angehört.
Daß es sich hier um ein umfangreiches
Attentat gegen eines der wesentlichsten Rechte der breiten Massen
der Arbeitenden handelt, ergibt sich, wenn wir einige Bestimmungen
der Vorlage einer Prüfung und Kritik unterziehen. Da ist
zunächst der § 1, Punkt 9. Es heißt da, daß
die Aufhebung des Mietvertrages durch das Bezirksgericht nur aus
wichtigen Gründen erfolgen kann und einer der wichtigen Gründe
hat folgenden Wortlaut: "Wenn der Vermieter die rechtmäßige
behördliche Bewilligung zu einem nützlicheren Bau besitzt
und wenn er dem Mieter eine Ersatzwohnung verschafft, welche das
Gericht als genügend anerkennt". Dabei muß man
die Frage aufwerfen, wer darüber zu entscheiden hat, was
eine nützliche Bauergänzung oder ein nützlicher
Umbau ist, und zweitens, wer darüber zu entscheiden hat,
ob die Wohnung für den Betreffenden, der mit Hilfe dieser
Bestimmung wohnungslos gemacht werden soll, genügend ist.
Darüber entscheiden nicht die Vertreter der Arbeiter oder
der Mieter, sondern darüber entscheidet eben das Bezirksgericht,
das heißt ein Klassengericht. Die Bestimmungen, von denen
ich hier eine zitierte, sind so gehalten, daß jeder Klassenrichter
sofort den Sinn dieses Gesetzes erfaßt, daß er in
seinem Sinne wirken und daher jedesmal gegen die Interessen des
Mieters, und das ist in 99 von 100 Fällen gegen die Interessen
der Arbeiterklasse, entscheiden wird.
Eine andere Bestimmung: "Einen Ersatz
für andere Räume als Wohnungen muß der Vermieter
nicht beschaffen." Das heißt: Der Mieter ist im Sinne
des Gesetzes nur verpflichtet, soweit er dazu überhaupt verpflichtet
werden kann, diejenigen Räume zu ersetzen, die als wirkliche
Wohnräume gelten. Nun wissen wir, daß es zehntausende
proletarischer Existenzen gibt, die sich durch ihre Beschäftigung
in der Hausindustrie erhalten oder kleingewerbliche Erzeugnisse
herstellen, und diese kleinbürgerlichen Existenzen arbeiten
in einem ihrer Wohnräume. Diese Bestimmung besagt, daß
in dem Augenblicke, in welchem die Vermieter tausende solcher
Existenzen auf die Straße setzen können, sie nur verpflichtet
sind, solche Räume wieder zu beschaffen, die im Sinne des
Gesetzes als Wohnräume gelten, während für die
übrigen Räume, die der Mieter für seine gewerbliche
Tätigkeit benützt (Výkøiky
posl. Wünsche a Krumpe.), kein Ersatz
beschafft werden muß. Diese Bestimmungen richten sich nicht
nur gegen Industrieproletarier, sondern vorzugsweise gegen tausende
Menschen, die politisch und parlamentarisch von der deutschen
Gewerbepartei, also von einer Regierungspartei, geführt werden.
Punkt 10 besagt, daß der Mietvertrag
aufgehoben werden kann: "wenn der Vermieter die Wohnung notwendig
für sich braucht und wenn er bei der Aufrechterhaltung des
Mietvertrages einen bedeutenderen Schaden erleiden würde,
als der Mieter". Das ist eine der gelungensten Bestimmungen
der Vorlage. Jeder, der diese Bestimmung unvoreingenommen liest,
wird zugeben müssen, daß mit dieser Bestimmung der
Klassenrichter alles gegen den Mieter machen kann, was er will.
Diese Bestimmung erlaubt es dem Vermieter, gegen den Mieter mit
der größten Rücksichtslosigkeit aufzutreten. Denn
es ist selbstverständlich, daß der Vermieter nicht
lange wird suchen müssen, um nachzuweisen, daß er einen
größeren Schaden erleidet, als der Mieter, den er hinauswerfen
will, für den Fall, als der Mietvertrag in Geltung bleibt.
Und da sich kein Mieter das gefallen lassen, vielmehr das Gericht
anrufen wird, wird wieder das Klassengericht entscheiden und es
wird mit Hilfe dieser Gesetzesbestimmung es nicht schwer haben,
durchaus in jedem einzelnen Falle gegen den Mieter und für
den Vermieter zu entscheiden.
Ein anderer Kündigungsgrund: "Wenn
der Besitzer einer Fabrik, eines gewerblichen oder landwirtschaftlichen
Betriebes zum Zwecke der Betriebsführung für seine Angestellten
eine Wohnung braucht, welche bei dem Betrieb errichtet ist".
Diese Bestimmung bedeutet wieder, daß Hunderte von Fabriksherren
ohne weiteres das Recht haben, diejenigen Arbeiter sofort auf
die Straße zu setzen, die ihnen im Betrieb nicht passen,
sofern diese Arbeiter bei der Fabrik eine Wohnung innehaben.
Dann: "Solange dieses Gesetz Geltung hat,
kann der Vermieter die Auflösung des Mietvertrages ohne die
Kündigung nur dann verlangen, wenn der Mieter die Wohnung
zu einem bedeutenden Schaden des Vermieters mißbraucht".
Das ist wieder eine Bestimmung, die der Willkür des Hausbesitzers
und dann der Willkür der Entscheidung durch das Bezirksgericht,
Tür und Tor öffnet.
Die wichtigste Bestimmung des Gesetzes enthält
meines Erachtens der § 31, in dessen sechsten Punkt es heißt:
"In einer Gemeinde mit weniger als 2000 Einwohnern, die am
Tage der Kundmachung dieses Gesetzes kein der Zinssteuer völlig
unterworfener Ort war, werden die Bestimmungen dieses Gesetzes
außer Wirksamkeit treten, wenn dies die Gemeindevertretung
rechtsgültig beschließt und die Landesbehörde
diesen Beschluß genehmigt, und zwar mit Beginn der der Genehmigung
des Beschlusses nachfolgenden Mietsperiode". Was bedeutet
diese Bestimmung? Sie bedeutet praktisch, daß in der nächsten
Zeit in Tausenden Gemeinden Zehntausende proletarische Existenzen
aufs Pflaster geworfen, Zehntausende proletarische Existenzen
obdachlos, wohnungslos sein werden. Einige Vertreter der Regierungsparteien
haben uns hier wieder das christliche Märchen einzureden
versucht, daß diese Bestimmung nur so hart aussehe, in der
Praxis aber nicht so kritisch einzuschätzen sei. Denn erstens
haben ja die Gemeindevertretungen selbst zu beschließen,
ob im Wirkungskreis der Gemeinde die Bestimmungen des Mieterschutzes
aufzuheben sind oder nicht, und zweitens sei dieser Beschluß,
bezw. seine praktische Durchführung wieder abhängig
von der Zustimmung der Landesbehörden. Aber wie sieht es
denn mit den Mehrheitsverhältnissen in den Gemeinden aus?
Wir wissen ja, daß sich die Mehrheit der Gemeinden zum größten
Teile aus Vertretern der Regierungsparteien, und soweit es sich
um deutsche Gemeinden handelt, aus Vertretern der deutschen Regierungsparteien
zusammensetzt. Wenn die deutschen Regierungsparteien schamlos
genug sind, diese Vorlage einzubringen und für sie zu stimmen,
so ist es einfach primitiver Jesuitismus, wenn uns Herr Krumpe
erzählt, diese Bestimmung sei nicht so gefährlich, da
erst die Gemeinden über ihre praktische Durchführung
entscheiden werden. Die Entscheidung ist aber bereits gefallen,
da sich sämtliche Regierungsparteien auf diese Bestimmungen
verpflichtet haben und für dieses Gesetz stimmen werden,
die deutschen Regierungsparteien mit Händen und Füßen.
(Posl. Krumpe: Das können Sie der Frau Blaschke erzählen!
- Výkøiky.) Herr
Krumpe, Sie werden also in der Gemeinde anders stimmen
als hier? (Výkøiky na levici.) Also
Herr Krumpe scheint wirklich die Absicht zu haben, den
Parlamentarismus noch geringer einzuschätzen als es seine
Kollegen und besonders die Regierung tut, er will aus diesem Parlament
einen Zirkus machen, in dem er freilich die Hauptfigur spielt.
(Potlesk komunistických poslancù.)
Ich glaube aber, daß die Frage
etwas ernster ist, als Herr Krumpe zu meinen scheint. Tatsache
ist, daß diese Bestimmung praktisch bedeutet, daß
demnächst Zehntausende Menschen ihre Wohnungen verlieren
werden, weil es keine einzige Gemeinde gibt, vorausgesetzt, daß
in ihr die bürgerlichen Parteien die Mehrheit haben, die
nicht im Sinne dieser Bestimmung beschließen wird, daß
das Mieterschutzgesetz und seine Wirkung auf ihr Gemeindegebiet
als aufgehoben zu betrachten sind.
Natürlich, das ist ein Schritt auf dem
Weg zur vollständigen Aufhebung des letzten Restes des Mieterschutzgesetzes.
Denn jetzt heißt es, daß die Bestimmungen des Mieterschutzgesetzes
ihre Wirksamkeit in den Gemeinden verlieren, die bis zu 2000 Einwohnern
zählen. Man müßte schon ein ausgewachsenes politisches
Kind vom Formate des Herrn Krumpe sein, um nicht zu glauben,
daß im nächsten Jahre die Herren versuchen werden,
die Bestimmung durchzudrücken, daß der Mieterschutz
als aufgehoben zu gelten habe bei Gemeinden bis zu 10.000 oder
mehr Einwohnern. Das heißt also, daß die Mieter, und
nicht nur diejenigen, die mit der kommunistischen Partei sympathisieren,
verstehen sollten und daß man in diesem Sinne eine allgemeine
Aufklärungsarbeit betreiben müßte, daß das
was heute beschlossen werden soll, daß die Vorlage, die
heute dem Hause unterbreitet ist, nichts anderes bedeutet als
den tückischesten Schlag, den die Regierung gegen das Mieterschutzgesetz
jemals geführt hat. In der Hauptsache richtet sich die Bestimmung,
hinsichtlich der Gemeinden mit 2000 Einwohnern, nicht nur gegen
kleinbäuerliche, kleinbürgerliche Existenzen, nicht
nur gegen das landwirtschaftliche Proletariat, sondern sie richtet
sich wieder in der ersten Linie gegen das Industrieproletariat,
denn wir sollen keinen Augenblick vergessen, daß der Arbeiter
schon seit vielen Jahren, nicht erst seit dem Zusammenbruch des
Krieges, außerstande ist, in den Städten Wohnung zu
finden und in den Städten die Miete für die Wohnung
zu bezahlen. Der Arbeiter wohnt seit vielen Jahren außerhalb
der Stadt oder an der Peripherie der Stadt, in sehr vielen Fällen
aber, besonders in unseren Industriegebieten, wohnt der Arbeiter
in den Dörfern, von denen die Industriestädte umgeben
sind. Nach all dem, was die Regierung in den letzten anderthalb
Jahren der industriellen Arbeiterschaft an Schaden zugefügt
hat, kommt jetzt diese Maßnahme, die nichts anderes bedeutet,
als daß Zehntausende Proletarier obdachlos gemacht werden.
Wir sollen ferner nicht übersehen, daß gerade §
31 in seiner praktischen Wirksamkeit nicht nur zur Folge haben
wird, daß in tausenden Gemeinden proletarische Existenzen
ihre Wohnung verlieren, sondern daß diese Wohnungssuchenden
in der Provinz auftreten werden, sondern daß sie sich auch
in den Städten fühlbar machen werden; diese Bestimmung
schafft also unmittelbar zehntausende Obdachlose, Wohnungslose
und wird andererseits die Wohnungsnot in den Städten in wenigen
Monaten außerordentlich verschärfen.
Ich glaube, daß ich es schon der christlichsozialen
Partei im allgemeinen und dem Herrn Krumpe im besonderen
schuldig bin, nachzuweisen, daß die Frage der Wohnungspolitik
eng zusammenhängt mit der nationalen Politik, u. zw.
nicht nur vom Standpunkt unserer Deutschnationalen, sondern auch
vom Standpunkt der Èechischnationalen. Wenn es nämlich
überhaupt eine sogenannte nationale Frage gibt, für
die sich diese beiden Parteien interessieren, dann müßte
es diejenige nationale Frage sein, die,
wie gesagt, unmittelbar verknüpft ist mit der Frage, wie
denn die èechische oder die deutsche Nation wohnt, und
die Erledigung dieser Frage hängt ab von der Erledigung der
Vorfrage, wer denn die èechische und wer die deutsche Nation
ist. Ich glaube, nicht nur für die Kommunisten, sondern auch
für die Sozialisten ist diese Frage wenigstens theoretisch
gelöst: Die Grundlage der Nation besteht in der ökonomischen,
in der politischen, in der zahlenmäßigen Bedeutung
der breiten Massen der Arbeitenden. Wenn man also die Frage
nach der Gesundheit der deutschen oder der èechischen Nation
stellt, muß man natürlich diese Frage ergänzen
durch die zweite: Wie wohnt der èechische und wie wohnt
der deutsche Arbeiter? Denn so wie der èechische und der
deutsche Arbeiter jetzt wohnen, sind sie den verheerendsten Wirkungen
der heutigen bürgerlichen kapitalistischen Wohnungspolitik
ausgesetzt. Die heutige Wohnung des Proletariers ist die Brutstätte
der Lungentuberkulose, ist die Brutstätte der Proletarierkrankheit,
ist die Brutstätte der Prostitution, die Brutstätte
der moralischen Verkommenheit. Wenn also die bürgerlichen
Parteien einen ernsten Kampf für die gesunde Grundlage der
deutschen oder der èechischen Nation führen wollen
oder ihn hätten jemals führen wollen,
dann hätten sie dafür sorgen müssen, daß
vor allem diejenige Frage im Interesse der breiten Masse der Bevölkerung
gelöst werde, von deren Lösung der Schutz der Gesundheit
des arbeitenden Menschen abhängt.
Nun wissen wir aber nicht nur aus der
Stellungnahme der kommunistischen Partei, sondern wir wissen dies
aus den reifsten Arbeiten ernster bürgerlicher wissenschaftlicher
Sozialforscher, daß die Art, wie deutsche und èechische
Proletarier wohnen, daß diese Art zur Vernichtung, zur Untergrabung
der Gesundheit der Nation führt, weshalb die erste, die größte
und, vom Standpunkt dieser bürgerlichen Parteien aus betrachtet,
nationalste Aufgabe in einer modernen großzügigen Wohnungspolitik
und Wohnungsfürsorge bestünde. Was aber bietet statt
dessen die Regierung diesem Parlamente und der Bevölkerung
der èechoslovakischen Republik? Anstatt auf dem Wege der
Wohnungspolitik, der Wohnungsreform einen Schritt nach vorwärts
zu machen, anstatt also hier einen geringen Teil der Interessen
der arbeitenden Klassen zu schützen, schickt
sich, wie wir sehen, die Regierung an, die Wohnungspolitik, soweit
sie sich auf die Arbeiterklasse bezieht, zu verschlechtern, also
die Voraussetzungen vollständig zu vernichten, die für
eine gesunde Entfaltung und Entwicklung der èechischen
oder deutschen Arbeiterklasse erforderlich wären. Also selbst
vom Standpunkte eines bürgerlichen Sozialreformers und Wohnungspolitikers
betrachtet, ist diese Vorlage einfach eine Kulturschande.
Wie wir sehen, ist die Frage des Mieterschutzes,
die Aufrechterhaltung der heutigen Bestimmungen über den
Mieterschutz eng verknüpft mit einer ganzen Reihe außerordentlich
bedeutsamer sozialpolitischer Fragen, insbesondere verknüpft
mit der Gesundheitsfrage der breiten Massen der Arbeitenden. Natürlich
sind wir weit davon entfernt zu glauben, daß durch unsere
Stellungnahme zu dieser Vorlage, daß durch die Kritik der
Opposition die Regierung veranlaßt werden konnte, diese
Schandvorlage zurückzuziehen und zu ersetzen durch eine brauchbare,
vom Standpunkte auch nur der modernen Sozialreformer aus gesehen,
verbesserte Vorlage. Einer solchen Illusion haben wir uns niemals
hingegeben, wir wissen sehr gut, daß ein wirksamer erfolgreicher
Kampf gegen diese Vorlage nicht innerhalb dieses Hauses geführt
werden kann, wir wissen, daß ein erfolgreicher Kampf nur
geführt werden kann, wenn man sich entschließt, die
breiten Massen der Arbeitenden, gegen die sich dieses Gesetz am
schärfsten richten wird, aufzurufen und ihren Widerstand
zu organisieren. Und was nicht nur für uns wichtig ist, sondern
wichtig ist oder sein sollte für alle sozialistischen Parteien,
das ist die Tatsache, daß diese Vorlage, die den Mieterschutz
vernichtet, die ein Attentat auf die soziale Lage der arbeitenden
Massen darstellt, daß diese Vorlage ja nur ein Teil,
allerdings ein sehr wichtiger Teil der gesamten reaktionären
Gesetzgebung ist, durch die sich die èechisch-deutsche
Koalitionsregierung seit 1926 auszeichnet. Die èechisch-deutsche
Koalitionsregierung, das muß man zugeben, hat sehr konsequent
und sehr planmäßig gearbeitet. Nachdem sie eine ganze
Reihe der wichtigsten Gesetze beschlossen hat, die sich gegen
die Interessen der Proletarier richten, wie Schutzgesetz, Terrorgesetz,
Verwaltungsreform, Militärvorlagen, Steuerreform und jetzt
diese Schandvorlagen, nachdem dies alles geschehen ist, glaubt
die Regierung, alles oder viel getan zu haben, um die Widerstandsfähigkeit
des Proletariats brechen zu können. Die Regierung und die
Regierungsparteien haben es schon im Jahre 1926 ausgezeichnet
verstanden, einen sogenannten Umgruppierungsprozeß
zu ermöglichen, so zwar, daß die sozialistischen Parteien,
die bis dahin der Koalitionsregierung angehörten, ausgeschieden
wurden, was ihnen damals gar nicht so unangenehm war, und daß
sich die èechisch-bürgerlichen
Parteien, die èechische Bourgeoisie in ihrer Regierung
koalierte mit den Vertretern der deutschen Bourgeoisie. Dieses
großzügige politische Umgruppierungsmanöver wäre
nicht möglich gewesen ohne die direkte und indirekte Unterstützung
von Seite der èechischen sozialistischen
Parteien. Denn nicht nur, daß diese Parteien den Boden der
Opposition erst bezogen haben, nachdem sie die Sicherheit hatten,
daß die èechische Bourgeoisie eine verläßliche
Mehrheit im Parlament hat, nicht nur das, diese Parteien haben
vom ersten Tag, an dem sie in Opposition gegangen sind, erklärt,
daß sie eine ernste, eine würdige, eine loyale Opposition
führen auf dem Boden des Parlamentarismus und daß sie
darauf verzichten müssen, außerhalb dieses Hauses gemeinsam
mit dem gesamten Proletariat und seinen Vertretern einen
ernsten politischen Kampf, nämlich den Klassenkampf gegen
die Politik der èechoslovakischen Regierung zu organisieren
und zu führen.