Nun gestatten Sie mir, mit einigen Worten auf
das Unglück in Nordböhmen zu verweisen. Der 8. Juli
war für die Bezirke Teplitz, Aussig, Karbitz und Tetschen
ein verhängnisvoller Tag und es gehörte gewiß
zur Aufgabe eines Abgeordneten den Minister zu rufen, der in das
von der Elementarkatastrophe vernichtete Gebiet am Sonntag den
10. Juli herausgekommen ist und in 7stündiger Begehung des
Gebietes sich persönlich von den Elementarschäden überzeugen
konnte. Minister Spina hat die Schäden am Privateigentum,
an den öffentlichen Kommunikationen und am Staatseigentum
gesehen, Minister Spina konnte daher sofort am Montag
dem Ministerrat darüber berichten und so war die Möglichkeit
gegeben, vom Ministerium des Innern eine sofortige Notaushilfe
zu erlangen im Betrage von 250.000 Kè. Ich stelle fest,
daß diese Notaushilfe keinesfalls auch
nur annähernd die Schäden decken kann, sondern sie wurde
nur deshalb gegeben, damit denjenigen, die bei Nacht ohne Kleidung
aus ihren Häusern flüchten mußten, in den ersten
Stunden eine Hilfe zuteil werden konnte. Die militärische
Hilfe wurde bereits am Montag beordert und ich muß hier
feststellen, daß bei der Aussprache unseres Ministers sowie
meiner Person mit der Bevölkerung dem Militär, das heute
draußen in den Gebieten die Arbeit verrichtet, insbesonders
in Schönwald die vollste Anerkennung für diese Arbeit
von dieser Stelle aus gezollt werden muß. Das ist nicht
meine Erfindung, sondern das ist das Ergebnis der Aussprache mit
der Bevölkerung der schwer geschädigten Gebiete. Oberbaurat
Lieber wurde sofort in das Notstandsgebiet zwecks weiteren Vorgehens
entsendet. Es sind also alle möglichen Vorkehrungen getroffen
worden. Es ist nun notwendig, daß in Verfolgung dieser Arbeit
weitergegangen wird, daß das, was jetzt in Angrif genommen
wird, in in weit größerem Ausmaße fortgeführt
wird. Den politischen Bezirksverwaltungen Tetschen und Aussig
darf die Anerkennung für ihr rasches und umfangreiches Eingreifen
nicht versagt werden, sie haben alles unternommen, was zur Linderung
der Not der Bevölkerung beigetragen hat. Ich muß betonen,
daß Bezirkshauptmann Dr Kahler, Bezirkskommissär Houdek
der politischen Bezirksverwaltung Tetschen und Bezirkshauptmann
Schmidthausen, Aussig, Sonntag wie Wochentag gearbeitet haben,
um unbedingt eine Milderung dieser Not herbeiführen zu helfen.
Es ist bisher geschehen, was geschehen konnte und im Namen dieser
Hundert schwer Betroffenen in diesem Gebiete stelle ich an die
Regierung heute das Ersuchen, in der Unterstützung soweit
fortzufahren, daß der unendliche Schaden, (Hluk
a rùzné výkøiky.) den
nur der beurteilen kann, der ihn gesehen hat, tatsächlich
eine Hilfeleistung erfährt. Es ist notwendig hier festzustellen,
daß der Schade in diesem Gebiet wenigstens 20 Millionen
beträgt und wir müssen daher verlangen, daß die
Aushilfe seitens der Regierungsstellen in ausreichendem Maße
kommen muß. Es hat mir der Minister Spina gestern
versprochen, daß alles werde getan werden, was notwendig
ist, damit das schwer betroffene nordböhmische Gebiet wieder
in Ordnung kommt. Ich möchte deshalb von dieser Stelle, in
dieser ernsten Stunde an die Regierung den Appell richten, daß
Sie diese Schäden, die im nordböhmischen Gebiet einzig
dastehen, wie sie noch in keinem Gebiet bis zum heutigen Tag zu
verzeichen sind, allen Ernstes abstellt und der Bevölkerung
ausgiebig hilft. Wir als Abgeordnete haben die Pflicht, alles
zu tun, um der Bevölkerung die rasche und ausreichende Hilfe
zu bringen. Wir haben in den ersten Tagen der Not uns der Bevölkerung
angenommen und müssen dies auch in Zukunft in diesen schweren
Stunden tun. Ich verlange anläßlich der heutigen Verhandlungen
ausreichende Hilfe für das schwer geschädigte Gebiet
und seine unglückliche Bevölkerung und erwarte, daß
diesem berechtigten Wunsche auch Gehör geschenkt werde. (Rùzné
výkøiky na levici.)
Der Herr Abg. Böhm... (Hluk
a rùzné výkøiky.)
Místopøedseda Horák
(zvoní): Prosím o klid.
Posl. dr Stern (pokraèuje):...
hat soeben eine Rede gehalten, von der
man nur sagen kann, daß es die unerhörteste pharisäischeste
Heuchelei und Demagogie ist, in einer solchen Situation hier derart
zu sprechen. Ich würde nur wünschen, daß der Herr
Abg. Böhm den Mut aufbringt, eine derartige Rede dort
vor den Geschädigten zu halten, da würde er schon zu
hören bekommen, was die Leute über diese Dinge denken.
(Posl. Böhm: Ich war ja dort, Sie waren nicht dort!) Ich
war selbst dort, ich war auch dort, wo sich der Herr Minister
Dr Spina nicht mehr hingetraut hat und ich habe auch dort
mit den Leuten gesprochen und dort ganz andere Dinge von den Leuten
selbst gehört, die ein ganz anderes Bild über die Stimmung
der Bevölkerung und über das, was Sie von der Regierung
denken, geben, als aus den Worten hervorgeht, die wir hier eben
gehört haben. Ich glaube auch, man kann sich schwer einen
schärferen Gegensatz vorstellen, als den zwischen diesen
heuchlerischen Worten, die wir jetzt eben hier gehört haben
und der Gesetzesvorlage, die von der Partei, deren Redner hier
gesprochen hat und von den anderen Regierungsparteien vorgelegt
und angenommen wird. Wir haben versucht, bei dieser Vorlage die
allerbescheidensten Verbesserungen durchzubringen. Es ist alles
abgelehnt worden. Jetzt im Senat ist auf einmal, jedenfalls unter
dem Eindruck der Stimmung, welche in den geschädigten Gebieten
herrscht, von der Regierungsseite selbst eine Verbesserung dieses
Gesetzes beantragt worden. (Posl. Hackenberg: Das ist ein Irrtum,
verschlechtert ist er!) Ich meine eine Verbesserung unter
Anführungszeichen, deren Zweck wir hier aus den Worten meines
Vorredners entnehmen konnten, der damit, daß diese großartige
Verbesserung eingeführt wurde, begründet hat, daß
seine Partei für diese Vorlage stimmen kann. Der Herr Abg.
Böhm hat ganz gut gefunden, daß es eine sehr
klare Entlarvung der ganzen Heuchelei der agrarischen Partei ist,
daß ein solches Gesetz den Bauern zugemutet wird. Er hat
es sehr gut empfunden, daß es notwendig ist, sich zu entschuldigen,
und deshalb kommt er hier mit dieser sogenannten Verbesserung,
die darin besteht, daß gesagt wird statt: "Der in der
Existenz gefährdeten" die Unterstützung verteilt
werden soll "unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen
Verhältnisse." Das ist eine Kautschukbestimmung, mit
der in Wirklichkeit nichts angefangen werden kann. Das ganze Gesetz
ist in Wirklichkeit mit und ohne diese Verbesserung schon in seinem
Namen, in seiner ganzen Aufmachung, in der Art, wie es von der
Regierungsreklame vertreten wird, ein ungeheurer Betrug und Schwindel.
Ich habe in dem Gebiet, wo das Unwetter vor sich gegangen ist,
gesehen, daß die Leute sich dort vorstellen, die Regierung
bewillige zur Auszahlung für derartige Fälle 20 Millionen
Kronen jährlich. Und sie hoffen, daß wenigstens von
diesen 20 Millionen ein entsprechender Teil für sie zur Verfügung
gestellt wird. In Wirklichkeit aber handelt es sich nur um Anleihen,
von deren Zinszahlung die Regierung einen ganz verschwindenden
Teilbetrag, (Posl. Schmerda: Das macht 600.000 Kronen im ganzen
aus!) ja, 600.000 Kronen, im äußersten Falle als
Höchstgrenze gibt und es handelt sich nur um Anleihen, die
nicht jährlich garantiert werden, sondern nur um eine Sache
für die zwei vergangenen Jahre, unter die das heurige Jahr
gar nicht fällt, wo diese Ereignisse vor sich gegangen sind.
Aber selbst auf Grund dieser irrigen Vorstellung glauben die Leute
dort, man kann es fast von allen hören, insbesondere von
denjenigen, die in der Gemeinde zu tun haben und etwas besser
abschätzen können, was notwendig ist, daß es vollständig
unmöglich ist, mit 20 Millionen auszukommen. Sie stellen
sich vor, daß man ihnen 20 Millionen geben werde, was in
Wirklichkeit nicht der Fall ist. Trotzdem sind sie überzeugt,
daß sie sich sagen: Schon das allein, was hier bei uns vorgegangen
ist, was repariert werden muß, zeigt, daß die Summe
von 20 Millionen ein lächerlicher Betrag für ein ganzes
Jahr ist. Wenn sie erst jetzt begreifen wollten, daß die
Regierung im äußersten Falle nur 600.000 Kronen hergibt
und das auch nur für die vergangenen 2 Jahre, so würden
sie sagen, daß sie hier eigentlich betrogen werden.
Für die Zukunft bestimmt dieses Gesetz
überhaupt nichts für die Arbeiter, für die Kleingewerbetreibenden,
sondern nur für die Bauern, bei welchen ein verhältnismäßig
kleiner Betrag von der Regierung in einen Fond eingezahlt wird,
der für derartige Zwecke bestimmt wird. Aber dafür,
daß die Regierung die Pflicht hat, in solchen Situationen
wirklich Hilfe zu bringen, spürt mat in diesem Gesetz nichts.
Deshalb würden wir einen Betrug mitmachen, wenn wir für
ein derartiges Gesetz stimmen würden. Denn würden wir
der Bevölkerung sagen: Das ist wenigstens etwas, während
es in Wirklichkeit nichts ist - ist das eine Provokation der Bevölkerung
und wir haben die Pflicht, die Leute aufmerksam zu machen, daß
man ihnen offen sagt, wie sie von dieser Regierung betrogen werden
und wie ihnen diese Regierung nichts bringt.
Eine unverschämte Heuchelei war es auch
von dem Vorredner, da er hier gewagt hat, die Behauptung auszusprechen,
daß sofortige Hilfe gebracht wurde. Gerade das ist das Empörende
an dem Verhalten der ganzen Regierung, der bürgerlichen Klasse
in diesem Staate, (Výkøiky posl. Schmerdy.)
daß niemand von den Verantwortlichen
daran denkt, daß sofortige Hilfe notwendig wäre. Wie
sieht es dort aus? Häuser, Straßen zum große
Teile weggerissen. Ich habe dort mit einer Arbeiterfamilie gesprochen,
mit Arbeitern, um die sich überhaupt noch niemand gekümmert
hat, um festzustellen, welchen Schaden die erlitten haben. Es
handelt sich um eine Arbeiterfamilie, die sich mühsam ein
paar hundert Kronen erspart hat, die sich in harter Arbeit so
weit brachte, sich das Hausgerät zu kaufen. Sie bewohnt ein
kleines Zimmerchen und war froh, es endlich soweit gebracht zu
haben, dieses Zimmerchen als Wohnung zu besitzen. Dieses ganze
Zimmer war vom Wasser erfüllt. Die Leute fragen, was sie
machen sollen, wo alles, was sie besaßen und erspart haben,
ihnen genommen ist. Sie sind, vollständig verzweifelt, bei
Verwandten untergebracht, die erklären, obwohl es Verwandte
sind: "Wir können Euch nicht mehr bei uns behalten,
es ist unmöglich." Wo sollen sie nun hin? Wenn in einer
solchen Situation nicht sofort Hilfe notwendig ist, so frage ich,
wann denn überhaupt? Und nicht einen Heller haben die Leute
bis jetzt von der Regierung bekommen. (Výkøiky:
Sie werden auch nichts bekommen!) Nicht
einmal außerordentliche Unterstützung bekommen sie.
In den Zeitungen stand, daß die Regierung sofort drei Viertel
Millionen zur Verfügung stelle. Jetzt hört man vom Minister
selbst, der es bezeichnenderweise nicht für notwendig gehalten
hat, im Abgeordnetenhause selbst zu sprechen, sondern sich in
den Ausschuß verkrochen hat, daß es nur 150.000 oder
250.000 Kronen sind, die man zur Verfügung gestellt hat,
ein lächerlicher Pappenstiel, eine Verhöhnung der Not
und Verzweiflung der Leute. Aber nicht einmal diesen Pappenstiel
haben die Leute bekommen. Aber, als man Geld in Anspruch nehmen
wollte, wurde erklärt, das Geld sei für Aussig und Teplitz
angewiesen. Wer weiß, ob die Leute in einer Zeit, wo sofortige
Hilfe notwendig ist, überhaupt etwas bekommen. (Výkøiky
na levici.) Nicht einmal in der Weise kommt
man den Leuten entgegen, daß man ihnen irgendwelche Steuererleichterungen
gewähren will. Mein Vorredner hat rühmend davon gesprochen,
daß sofort Militär hingeschickt wurde, und daß
das Militär noch dort arbeitet. Ich habe, als ich dort war,
das Militär gesehen. Aber ich habe auch gehört, wie
die Leute darüber gesprochen haben. Es war das einstimmige
Urteil aller, der Christlichsozialen, der deutschnationalen Bauern,
der Arbeiter und Kleingewerbetreibenden; alle haben dasselbe gesagt:
"Das, was hier geschieht, ist eine Provokation für uns,
eine Verhöhnung." Das Militär, das dort war, hat
sich ja an den Rettungsarbeiten beteiligt und hat den Leuten zu
helfen gesucht. Es wurde etwas Militär zusammengezogen und
ein paar Notstege errichtet. Kaum war das geschehen, kam Befehl,
das Militär müsse zurückgenommen werden, weil man
es an anderer Stelle brauche. Dafür aber war anderes Militär
zu beobachten, welches dort Manöver machte. Als ich dort
war, konnte man in den Wäldern von allen Seiten Maschinengewehrgeknatter
hören. Die Soldaten hielten dort Manöver ab. Das hat
die ganze Bevölkerung aufs äußerste erbittert.
Selbstverständlich, weil sie sah, daß niemand in ihrer
Verzweiflung ihr hilft, daß unterdessen die Soldaten, statt
zu helfen, Tag und Nacht üben müssen. Als sie an uns
vorüberzogen, konnten wir Äußerungen hören,
wie diese: "Wir sind heute schon den ganzen Tag auf den Beinen,
wir haben es gerade genug mit dieser Soldatenspielerei."
Meine Herren, bei solchen Dingen kommen die Leute auch zum Nachdenken
und man konnte ab und zu auch direkt hochverräterische Äußerungen
hören, wie solche: "Wenn man uns nur einen ganz kleinen
Teil der Summe zur Verfügung stellte, die für militärische
Zwecke ausgegeben werden, dann könnte unserem Volke geholfen
werden." Nun, wenn man bedenkt, daß es 2000 Millionen
sind, die für diese Aufbauarbeit jährlich zur Verfügung
gestellt werden, muß man wohl sagen, daß es richtig
ist, daß mit 1 bis 2% dieser Summe dort wirklich etwas geleistet
werden könnte.
Aber selbstverständlich hat die Regierung
wichtigere Sorgen, sie muß sich doch vorbereiten für
einen event. Krieg mit Sowjetrußland resp. zu der Teilnahme
an einem solchen Krieg, wenn die hochmögenden imperialistischen
Herren das befehlen. Deshalb sind die Manöver wichtiger,
deshalb ist es wichtiger, das Militär abzurufen. Und selbstverständlich
denkt die Regierung auch nicht daran, Arbeitslose dorthin zu schicken,
wo es Arbeit genug gibt, um den hungernden Arbeitslosen Verdienst
zu schaffen. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, wie Arbeitslose
ins Katastrophengebiet gekommen sind, weil sie sich gedacht haben,
hier wird es Arbeit geben. Aber was hat man ihnen gesagt? Hier
gibt es keine Arbeit, ihr müßt weiter hungern, weil
kein Geld da ist, weil niemand sich darum kümmert, daß
sofort mit den Aufräumungsarbeiten angefangen wird. Selbstverständlich
bilden sich da die Leute eine richtige Meinung, wer Schuld an
diesen Dingen ist. Überall hört man die Frage: Warum
werden die Bäche nicht reguliert? Immer wieder haben wir
es verlangt, niemals ist irgendetwas geschehen, höchstens,
daß eine Kommission hingekommen ist. Aber diese Kommissionen
wachsen den Leuten schon zum Halse heraus. Als die Leute fragten,
ob sie etwas von den Geldern bekommen könnten, die die Regierung
zur Verfügung stellt, lautete die Antwort verneinend. Und
die Leute sagen mit Recht. "Statt Gelder schickt man uns
Kommissionen, vom Staat, vom Land, vom Bezirk." Eine Kommission
nach der anderen. Aber helfen tut den Leuten niemand. Es sind
im Katastrophengebiet Sammelbüchsen aufgestellt, in die Neugierige
und Mitleidige ein paar Kronen hineinwerfen und auf diese paar
Kronen und vielleicht auf die demagogische Sammlung des "Prager
Tagblatt", die aus Reklamegründen veranstaltet wird,
sind die Leute, die Steuern gezahlt haben, die ausgebeutet wurden
vom kapitalistischen Staat und um die sich die Regierung nicht
kümmert, angewiesen. (Výkøiky na
levici.)
Unter den Geschädigten sind zahlreiche
Arbeiter, sind aber auch viele Kleinbauern und Kleingewerbetreibende,
deren angeblich patentierte Vertreter in der Regierung sitzen.
Nun aber sehen diese Bauern und Gewerbetreibenden, wie nicht das
geringste für sie geschieht, wie sie vollständig auf
sich allein angewiesen sind. Da müssen sich diese Leute sagen:
Wenn dieser Staat sogar zu einer solchen Zeit wie diese, wo wir
in der größten Verzweiflung sind, nicht an uns denkt,
uns betrügt, uns nicht hilft, wie können wir von dieser
Staatsverwaltung erwarten, daß sie in normaler Zeit sich
unser erinnern wird, unserer schweren Lage Verständnis entgegenbringt.
Wie können wir überhaupt von dies em Staate etwas erhoffen?
So sorgt diese verbrecherische Regierung dafür, das Volk
aufzuklären. Das ist die einzige gute Seite an der Sache.
Das Volk lernt an einem praktischen Beispiel kennen, nicht nur
die Arbeiter, sondern auch die Agrarier und die Gewerbetreibenden,
daß eine andere Regierung notwendig ist, eine Regierung,
die wirklich für die Interessen dieser Schichten eintritt.
Man stellt die Kommunisten immer gerne als die Feinde dieser Schichten
hin, obwohl gerade die Kommunisten energischer, entschlossener
und ehrlicher auch für die Interessen der Bauern und Gewerbetreibenden
eintreten, als diese Schwindler, die dem Volke eine solche Komödie
vorspielen und Demokratie heucheln, als diese ganze Regierung
und die Regierungskoalition.
Das Volk wird auch aus dieser Sache lernen,
daß es notwendig ist, nach dem Beispiel der russischen Bauern
und Arbeiter diese Gesellschaft zum Teufel zu jagen und eine Regierung
der Arbeiter und Bauern aufzurichten, die allen helfen wird. (Potlesk
komunistických poslancù.)
Meine Herren! Wenn ich mich zum Wort gemeldet
habe, so geschieht es bei Gott nicht deshalb, um vielleicht gegen
die Gesetzesvorlage, die in Verhandlung steht, Stellung zu nehmen,
oder gar ihre Annahme auch nur zu verzögern. Es muß
aber doch bei dieser Gelegenheit etwas gesagt werden über
die Art, wie die Regierung beliebt, den Folgen von Elementarkatastrophen
nicht nur bei der jetzigen Gelegenheit, sondern überall zu
begegnen und wie sie sich die Hilfe und die Wiederherstellung
aller dieser Schäden vorstellt. Die gegenwärtige Vorlage
ist eigentlich nur durch einen Zufall wieder in das Abgeordnetenhaus
gekommen. Und wenn nicht die Katastrophe des 8. und 9. Juli gewesen
wäre, wäre wohl von der ganzen Sache nicht allzuviel
Aufhebens gemacht worden, aber die Katastrophe vom 8. und 9. Juli
macht diese Vorlage aktuell und dringlich. Infolgedessen ist es
wohl unsere Pflicht, vor allem jener Vertreter, welche die geschädigten
Bezirke hier im Parlament vertreten, sich über alle diese
Dinge zu verbreiten. Ich will mich nicht ergehen in Schilderungen
der Gräuel und Verwüstung, die in den betroffenen Gegenden
Nordböhmens, im Eulautal oder im Karbitzer Gerichtsbezirke
angerichtet wurden und ich will nicht auf das Elend der Obdachlosen
und der über die Nacht bettelarm gewordenen hinweisen, sie
sind ja des Mitgefühls aller und auch dieses Hauses sicher
und der Herr Präsident dieses Hauses hat bereits gestern
dieser Anteilnahme offen Ausdruck verliehen. Aber, meine Herren,
die Betroffenen verlangen wohl mit Recht vom Parlamente mehr als
schöne Redensarten, Blumen und Worte der Teilnahme, sie
verlangen Maßnahmen zur entsprechenden Linderung der Not
und weitere Maßnahmen, daß ähnliche Katastrophen
in der Zukunft wenigstens gemildert, wenigstens auf gewisse engere
Grenzen beschränkt werden können. Es ist ja ganz klar,
daß diese Maßnahmen zweierlei Art sein müssen:
Finanzielle und technische Hilfe. In die Kompetenz des Parlaments
fallen die finanziellen Maßnahmen ganz, aber zum Teil auch
die technischen Maßnahmen, soweit sie den staatlichen Verwaltungsapparat
im größeren Maße berühren. Sonst aber liegt
die technische Durchführung in der Hand der Regierung. Wenn
ich mir nun die Frage vorlege, was seit 3 Jahren, in denen, Gott
sei ist.geklagt, die Unwetterkatastrophen mit einer erschreckenden
Regelmäßigkeit wiederkehren, in dieser Beziehung seitens
der Gesetzgebung und der Staatsverwaltung vorgekehrt wurde, muß
ich feststellen, daß nicht allzu viel geschehen ist, daß
viel zu wünschen übrig blieb und daß das wenige,
was geschehen ist, unzureichend war und vielfach zu spät
kam. Wenn ich mich recht entsinne, haben wir in erster Linie das
Gesetz vom 15. Oktober 1925, Z. 227 S. d. G. u. V., mit der dazugehörigen
Regierungsverordnung vom 22. Dezember 1925. Wenn wir schon einmal
über diesen Gegenstand sprechen, ist es notwendig, uns in
Kürze vor Augen zu halten, was bisher in dieser Beziehung
unternommen worden ist. Dieses Gesetz hatte zwei Teile. Im ersten
Teil hat es die Unterstützungen gewährt im Betrage von
36 Millionen Kronen, dann hat es einen Betrag von 24 Millionen
ausgeworfen, für Straßenreparaturen und Reparaturen
an Wasserläufen sowie Kultivierungen der verwüsteten
Gründstücke 14 Millionen, zusammen 74 Millionen, welche
in dem Staatsvoranschlag für 1926 eingestellt werden sollten,
um die Schäden des vergangenen Jahres zu decken. Der zweite
Teil befaßte sich mit der Vorsorge für die Zukunft
und man hat diese Vorsorge dadurch zu treffen versucht, daß
man einen Fond gegründet hat, welcher durch Kreditoperationen
gebildet werden sollte. Da man sich schon vorgestellt hat, daß
man im Inland kein Geld aufbringen werde, hat man in das Gesetz
die Bestimmung hineingenommen, daß es zulässig ist,
diese Kreditoperation auf fremde Währung zu gründen,
d. h. im Ausland aufzunehmen. Außerdem bestimmte man, daß
infolgedessen in dem Staatsvoranschlag eines jeden künftigen
Jahres 50 Millionen einzusetzen sind, um die Zinsen und die Amortisation
dieses Fonds sicherzustellen. Bei allen diesen Dingen muß
man sich vor Augen halten, daß er diese Hilfe den ganzen
Umkreis der Republik betraf und daß es sich darum handelte,
die Schaden des Jahres 1925 zu decken.
Dann kam ein zweites Gesetz, welches für
Private Steuererleichterungen, Steuerabschreibungen vorsah. Es
ist das Gesetz vom 23. Juni 1926, Nr. 149 S. d. G. u. V., mit
welchem Steuererleichterungen für den Fall der Wiederherstellung
der durch Elementarereignisse geschädigten Gebäude,
Maschinen und Anlagen gewährt werden. Es ist zugeschnitten
auf Unternehmungen und im § 5 heißt es, daß die
Bestimmungen der vorstehenden Paragraphe analog gelten sollen
für solche Personen, welche ordentliche Geschäftsbücher
führen. Diese Gesetze sind angenommen, daher ist es heute
müßig, sich über die Einzelheiten zu verbreiten,
obzwar es interessant wäre. Ich mußte dies aber feststellen,
um eine Übersicht über die geltenden Verhältnisse
zu geben. Nunmehr kommt die heute in Verhandlung stehende Vorlage
dazu. In dieser Vorlage wird ebenfalls zweierlei beantragt. Wenn
ich mir zunächst den ursprünglichen Gesetzestext hernehme,
den Druck Nr. 1133, so kann ich feststellen, daß im §
1 festgesetzt ist eine Art Zinsgarantie. Zur Regelung der in den
Jahren 1926/27 durch Elementarkatastrophen verursachten Schäden
trägt der Staat für jene Personen, welche durch diese
Katastrophen betroffen sind und in ihrer wirtschaftlichen Existenz
bedroht sind - hieß es damals - einen Teil der Zinsen, die
von den Darlehen zu zahlen sind, welche ihnen durch die hiezu
vom Ministerium für Landwirtschaft ermächtigten Geldinstitute
werden gewährt werden. Die Gesamtheit darf 10 Millionen nicht
überschreiten. Der Staatsbeitrag wird mit 3% festgesetzt,
längstens auf die Dauer von 10 Jahren beträgt also jährlich
600.000 Kronen. Im § 2 wird ebenfalls ein Fond nach §
108 des neuen Steuergesetzes konstituiert, zu welchem der Staat
jährlich 8 Millionen beiträgt und zu welchem der Grundbesitzer
12% der Grundsteuer zu tragen hat. Es wird natürlich, um
nur der Kritik etwas vorzugreifen, nicht gesagt, in welcher Beziehung
dieser neue Fond zu dem alten Fond des Gesetzes vom 15. Oktober
1925 steht, ob das derselbe ist oder nebenher läuft.
Nun, wenn ich mich in eine Kritik aller dieser
Dinge einlassen will, muß ich wohl erst unterscheiden zwischen
der finanziellen und zwischen der technischen und der Durchführung,
wie sie die Regierungsverwaltungsbehörden besorgen müssen.
Was die finanzielle Seite betrifft, möchte ich vor allem
einige Fragen stellen. Ich habe mir allerdings vorgestellt, daß
bei dieser immerhin interessanten Sache wenigstens einer der Minister
anwesend sein werde, insbesondere der Innenminister und der Finanzminister,
denn ich kann mich erinnern, daß ein Antrag überreicht
wurde, worin der Herr Innenminister aufgefordert wurde, sogleich
Bericht über die großen Schäden zu geben. Es ist
bereits eine Woche seit der Katastrophe verflossen, immerhin Zeit
genug, daß von den beteiligten Bezirkshauptmannschaften
Berichte eingelangt sein könnten, die zumindest ein oberflächliches
Bild geben würden. Ich weiß auch, daß solche
Berichte eingelangt sind, ich weiß, daß die Bezirkshauptmannschaft
Tetschen sogar in der Nacht vom 9. auf den 10. Juli dem Ministerium
den ersten Bericht gegeben hat. Obwohl das Ministerium sehr wohl
in der Lage wäre, dem Parlament einen solchen Bericht zu
geben, findet es der Minister des Innern nicht der Mühe wert,
hier zu erscheinen und Bericht zu erstatten. Aber auch dem Herrn
Finanzminister würde es nicht schaden, hierher zu kommen
und auf einige Sachen hier zu horchen und Aufschluß zu geben,
denn ich werde mir erlauben, auf verschiedenes hinzuweisen, was
noch der Aufklärung bedarf.
Vor allem muß ich sagen, daß wir,
nachdem wir bereits 3 Jahre Elementarkatastrophen im ganzen Staate
erleben, immer noch nicht wissen, wie groß der Schaden überhaupt
ist. Wenn wir uns weiter vor Augen halten, wie die einzelnen Maßnahmen
ausschauen, die bei der Schadensaufnahme vorsichgehen, so müssen
wir sagen, daß es immer einen kollosalen Unterschied gibt,
zwischen den Schäden, welche die Staatsverwaltung anerkannt
und den Schäden, die in Wirklichkeit bestehen. Derartig sind
die Unterschiede, daß man sagen muß: Man wirft den
Leuten, die den Schaden anmelden, den Gemeinden, welche die Schäden
erheben, indirekt geradezu Betrug vor und die Hilfe, die auf Grund
amtlicher Erhebungen erfolgt, fällt so spärlich und
so unzulänglich aus, daß sie überhaupt keine Hilfe
darstellt. 11/2 Jahr müssen die Leute
warten, ehe ihnen wirklich das ausbezahlt wird, was ihnen zuerkannt
wurde und auch da erfordert es noch einer Menge Urgenzen und Bittgesuche,
daß man ihnen, die ja doch eigentlich von Rechtswegen etwas
zu fordern haben, Geschenke sozusagen verschafft. Und ich muß
weiters die Mitteilung davon machen, daß die Regierung diese
Hilfe vielfach eigentlich sabotiert. Es ist ganz klar, man kann
nicht darauf warten, bis die Regierung sich bemüßigt
fühlt, irgendetwas herzugeben. Die Gemeinde, der Bezirk muß
sofort einschreiten und muß Hilfsaktionen veranstalten,
die Gemeinde und der Bezirk müssen Kredite aufnehmen, sie
müssen in ihrem Voranschlag eine Post einstellen, um wenigstens
die dringenden Maßnahmen durchführen zu können.
Und da ist es wiederholt geschehen, daß die Staatsverwaltung
von diesen Voranschlägen derartiger Posten den Gemeinden
und Bezirken gestrichen hat, daß es ihnen nicht möglich
war, auch nur die dringendste Hilfe bringen zu können.