Hohes Haus! Wir haben vor uns einen Erfolg
der aktivistischen Politik der Landbündler, Christlichsozialen
und Gewerbeparteiler. Denn in Wahrheit hat im Kulturausschusse
des Abgeordnetenhauses der Abg. Hodina den Gesetzesvorschlag
und den Beschluß des Senates nicht nur verteidigt, sondern
als einen immerhin ansehnlichen Fortschritt bezeichnet, für
den er sich eingesetzt habe. Er ist nicht einmal so weit gegangen
wie Senator Hilgenreiner, daß er die Mängel
und Schäden dieses Gesetzentwurfes gegen das deutsche Hochschulwesen
aufgezeigt hätte, er war vielmehr einer der Hauptvertreter
des Gedankens, der hier in diesem Gesetzentwurf niedergelegt ist.
So schauen die Erfolge der Politik der Landbündler, Christlichsozialen
und Gewerbeparteiler aus. In den Versammlungen, die Sie draußen
abhalten, in den Konferenzen ihrer Vertrauensmänner sprechen
Sie häufig davon, daß die Opposition, die man gegen
ihre Politik macht, auf bloßen Neid zurückzuführen
sei, die deutschen Parteien, die nicht in der Regierung, sondern
in der Opposition stehen, seien angeblich niedergeschlagen, verbittert,
verärgert darüber, woraus sich deutlich zeige, wie richtig
die Landbündler und die Christlichsozialen gehandelt
haben, als sie völlig bedingungslos in die Regierung gingen.
Und sie erzählen ihren gläubigen Wählern und Vertrauensleuten
sehr viel davon, daß sich in der Èechoslovakischen
Republik, seit sie mit an der Macht sind, so manches geändert
und zum Vorteil und Nutzen der deutschen Bevölkerung gewandelt
habe. Nun, ganz abgesehen von dem Schlag der hier gegen das deutsche
Hochschulwesen verübt wird, unter Mithilfe deutscher Parteien,
ist die ganze Art, wie man jetzt in diesem Staat in Schulpolitik
macht, der Gegenbeweis von dem, was Landbündler, Gewerbetreibende
und Christlichsoziale erzählen. Sie geben Handlungen der
Regierung als Erfolge aus, die das bei näherer Betrachtung
durchaus nicht sind. So brüsten sie sich damit, daß
sie einen Erfolg dadurch erzielt hätten, daß für
deutsche Hochschulfragen ein deutscher Beirat ernannt worden sei.
Das können Sie wirklich nur Ihren Leuten einreden, daß
damit für die Deutschen irgend etwas getan ist. Dieser Beirat,
der für die deutschen Hochschulangelegenheiten berufen worden
ist, wird keinerlei Einfluß haben auf die Gestaltung unseres
Hochschulwesens, er wird nichts anderes tun können als kibitzen,
als zuzuschauen, was die Regierungsmänner, die Bürokraten
tun, er wird zustimmen müssen, sich ruhig mit dem
abfinden müssen, was geschieht. Und wie man diesen Beirat
auf èechischer Seite einschätzt, geht deutlich daraus
hervor, daß man ihm nicht einmal einen Schreibtisch zur
Verfügung stellt, daß man ihm 2.000 Kè jährlich
Entschädigung für seine Arbeit in der
Abteilung für Hochschulwesen einräumt. Mit solchen Erfolgen
geht man jetzt hinaus vor die Wähler und will nachweisen,
daß die aktivistische Politik tatsächlich den Deutschen
ganz gewaltig nütze. Wir merken aber noch eine andere Wandlung,
die noch trauriger und noch böser ist als eine Schulpolitik,
die darin besteht, daß man die Deutschen mit dem erwähnten
Beirat abspeist. Wir meinen, die Wandlung, daß man immer
und immer wieder von Schulautonomie spricht niemals aber sagt,
was man sich darunter vorstellt und was man tun will. Da hat sich
vor kurzer Zeit ein Vorkommnis abgespielt, das uns zeigt, wohin
wir steuern, und daß die deutschen Regierungsparteien wirklich
nicht so ganz ohnmächtig sind, sondern manches durchzusetzen
vermögen. Da ist kürzlich der Prof. Ing. Spitzer
zum Direktor am deutschen Realgymnasium in Olmütz ernannt
worden. Die Ernennung wurde amtlich verlautbart, und zwar am 1.
bzw. 4. Juli im Prager und Brünner Amtsblatt. Bald aber ist
eine Änderung eingetreten. Bevor nicht der "Vìstník",
das Blatt des Schulministeriums, Nachricht
von dieser Ernennung geben konnte, ist dem Professor Spitzer amtlich
mitgeteilt worden, daß ihm als Dienststelle zugewiesen werde,
daß deutsche Reformrealgymnasium in Znaim. Auch diese Ernennung
ist amtlich kundgemacht worden. Der betreffende Professor hat
das Dekret zugestellt erhalten, er hat aber sein Amt nicht antreten
können, denn er wurde unterdessen nach Mährisch Ostrau
versetzt. Nun könnte man vielleicht meinen, es seien außergewöhnliche
schultechnische Umstände dabei entscheidend gewesen. Das
Geheimnis wurde aber bald aufgeklärt. Es erschien kurz darauf
in zwei mährischen Blättern der christlichsozialen Partei,
und zwar am 1. Juli, folgende Mitteilung des christlichsozialen
Abgeordneten Zajicek. Und nun hören Sie, was dieser
schreibt: "Wegen der Besetzung des Direktorpostens am Znaimer
Realgymnasium wurden mir von verschiedener Seite Vorwürfe
gemacht, als ob ich schuld sei, daß Professor Spitzer diese
Stelle erhalten hat. Zur Klarstellung der ganzen Sache, die in
Znaim sehr viel Staub aufgewirbelt hat, bin ich genötigt
folgendes öffentlich zu erklären: Als die Stelle eines
Direktors ausgeschrieben wurde, bemühten sich verschiedene
Herren, daß Professor Spitzer diesen Posten erhält.
Daraufhin intervenierte ich abgesehen von meinen Vorsprachen im
Landesschulrate viermal im Unterrichtsministerium, einmal beim
Unterrichtsminister, einmal im Präsidum des Ministerrates
in der Richtung, man möge nach Znaim den Olmützer Professor
Dr. Weber geben. Als ich später erfuhr, daß Präsident
Masaryk das betreffende Schriftstück unterschrieben
habe, war die Sache für mich erledigt. Bemerkt sei, daß
ich Professor Dr. Weber nicht kenne, daß er sich nie an
mich gewandt hat, sondern, daß ich bloß einem Wunsche
maßgebender Znaimer Persönlichkeiten nachgekommen bin."
Dann sagt er: "Am 9. Juni 1927 wurde ich von Olmütz
ersucht, ich möge es verhindern, daß Professor Ing.
Spitzer nach Olmütz komme. Ich habe natürlich dieses
Ansinnen abgelehnt." Nun kommt das Eigentliche: "Vor
etwa einer Woche wurde ich von Znaim aus privat von der Gefahr
verständigt, Ing. Spitzer könnte doch den Znaimer Posten
erhalten. Die vom 24. Juni 1927 datierte Protestnote der 5 deutschen
Parteien erhielt ich am 30. Juni. Als ich im Unterrichtsministerium
vorsprach, erklärte man mir, in dieser Sache habe Minister
Dr. Spina interveniert. Darauf hin habe das Ministerium
dem Brünner Landesschulrat den telegraphischen Auftrag gegeben,
den Ministerialerlaß nicht weiterzuleiten. Auf meine gestern
an die zuständigen Beamten des Unterrichtsministerium gestellte
Frage, ob die Ernennung Ing. Spitzers definitiv sei, wurde mir
mit einem ja geantwortet. An demselben Tage erklärte mir
Minister Dr. Hodža, er suche
einen Ausweg. Wie ich heute, Freitag höre, werden folgende
Möglichkeiten ins Auge gefaßt, Direktor Ing. Spitzer
soll nach Mähr. Ostrau, Zwittau oder Nikolsburg versetzt
werden. Der Nikolsburger Direktor dürfte in der nächsten
Zeit pensioniert werden." Nun heißt es: "Die Stellung
meiner Partei ist ganz klar. Wir verlangen unbedingt, daß
der Beschluß des Ministerrates auf Grund dessen Professor
Dr. Weber zum Direktor des Znaimer Gymnasiums ernannt würde,
durchgeführt würde. Der jetzige Zustand, daß alle
drei deutschen Mittelschulen des Iglauer Kreises marxistische
Direktoren haben, ist für uns unhaltbar. Gegen eine Versetzung
Direktor Spitzers nach Nikolsburg erheben wir den schärfsten
Protest. Wir verlangen weiter, daß jener Beamte, der trotz
der heutigen antimarxistischen Regierung fortgesetzt sozialistische
Professoren begünstigt, raschestens pensioniert wird."
Ein christlichsozialer Abgeordneter rühmt
sich also hier einer Handlung, durch die ein sehr verdienter Schulmann,
der seit 16 Jahren in Znaim gewirkt hat und bei der Znaimer Bevölkerung
in Ansehen steht, geschädigt wird und der Herr Abg. Zajicek
sagt ganz offen: "Wir wollen keinen marxistischen Direktor
haben" - was wie die reinste Gesinnungsschnüffelei ausschaut.
(Výkøiky na levici.) Das
erinnert an die Zeiten, als in Wien Lueger die Lehrer verfolgte,
soweit sie Sozialdemokraten oder der Deutschnationale waren. Sie
können sich sicher erinnern, daß damals bei den Christlichsozialen
die Parole Geltung gehabt hat: Sozialdemokraten und Deutschnationale
werden nicht angestellt. (Hluk) Im Zusammenhang damit möchte
ich noch Folgendes sagen. Einer von den schwerverfolgten sozialdemokratischen
Lehrer Wiens der jetzige Bürgermeister Seitz hat für
das Schulwesen sicherlich schon damals mehr getan, als jene Speichellecker
und Schleppträger, die von den Christlichsozialen begünstigt
worden sind. Unter dem ehemals gemaßregelten Lehrer Glöckel
als leitender Schulmann hat Wien eine Reform des Schulwesens,
vorgenommen, daß aus Deutschland, aus Amerika und England,
aus allen Ländern Sachverständige nach Wien kommen,
um sich die Organisation der Volksschule und des Schulwesens anzusehen.
Auf dem Gebiete des Schulwesens ist in Wien etwas Großes
geschaffen worden. Aber welcher Geist spricht aus dem Artikel
des Abg. Zajicek? Und wohin kommen wird denn, wenn das
so weitergeht? Erzogen werden dadurch nur Flachsmanntypen und
Flachsmannnaturen. Lehrer, Lehrpersonen und Professoren, die etwas
können und die Charakter haben und etwas auf sich halten,
werden sich niemals so erniedrigen, daß sie sich zu Angebereien
benützen lassen. Was wir hier erleben, das ist eine Gesinnungsschnüffelei,
das ist die Wiederholung der Verfolgungsmethoden gegen andersdenkende
Lehrpersonen, wie sie in der traurigsten Zeit der christlichsozialen
Herrschaft in Wien üblich war. Das sind die wirklichen Erfolge
der aktivistischen Politik. Wenn im Oktober die Gemeindewahlen
stattfinden, empfehle ich den Landbündlern, den Christlichsozialen
und den Gewerbeparteilern mit diesen Erfolgen in den Wahlkampf
zu ziehen. Neugierig wäre ich, einmal zu hören, wie
man in den intimsten Kreisen der èechischen
Mehrheitsparteien über die Politik der deutschen Aktivisten
urteilt. Es wird sicher kein schmeichelhaftes Urteil sein, das
dort gefällt wird. Wir haben zu diesem Gesetzentwurf den
Antrag gestellt, auch an der Prager deutschen technischen Hochschule
die Abteilung für Heranbildung der Geometer einzurichten,
wissen aber aus dem Verhalten der Mehrheitsparteien im Kulturausschusse,
daß man diesen Antrag glattweg ablehnen wird. Aber die Ablehnung
ist eine neuerliche Anklage gegen die verfehlte Politik, die heute
von den Aktivisten gemacht wird. Kramáø
und Švehla schätzen eben die deutschen Aktivisten
so ein, wie sie es verdienen. Wer sich bedingungslos dem Kramáø
und Švehla an den Hals wirft, der muß es sich
gefallen lassen, daß er wie ein Schuhfetzen behandelt wird.
(Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)
Hohes Haus! Trotz der Dringlichkeit der Vorlage
haben es die Majoritätsparteien im Senate für notwendig
befunden, die. Vorlage abzuändern und an das Parlament zurückzuverweisen,
so daß wir uns heute, vielmehr schon gestern, im landwirtschaftlichen
und im Budgetausschuße mit dieser Vorlage beschäftigen
mußten. Die Vorlage selbst bedeutet eine Verschlechterung
gegenüber der ersten Vorlage, da nach der neuen Bestimmung
auch größere Besitzer, deren Existenz keineswegs gefährdet
ist, Anspruch auf die Unterstützung erheben können,
so daß - das können wir ruhig hier behaupten - für
die kleinen Besitzer und Landwirte sicher nicht mehr viel übrig
bleiben wird. Die "Landpost", die zu dieser Frage heute
Stellung nimmt, hat erklärt: Es wurde die sehr dehnbare Bestimmung,
daß nur jene Landwirte Anspruch haben, die in ihrer Existenz
bedroht sind, abgeändert, daß auf die wirtschaftlichen
Verhältnisse der Geschädigten bei der Bemessung des
Notstandskredites Rücksicht genommen werde. Die Tendenz ist
klar und unzweideutig. Alles für die Agrarier und nichts
für die Kleinlandwirte. Wir lehnen selbstverständlich
diese Verschlechterung ab und verlangen so lautet auch unser Antrag
- den ursprünglichen Text der Vorlage. Bei dieser Gelegenheit
möchte ich einer Rede Erwähnung tun, die im Senat vom
agrarischen Sen. Miller gehalten wurde und die sich insbesondere
unsere Kleinlandwirte sehr gut merken müssen. Der agrarische
Senator Miller besaß die Frechheit im Senatsausschuß
zu erklären, als ob die Kleinbauern nur Spekulanten wären,
die auf diese Unterstützungen spekulieren. Die jetzige Vorlage
zeigt aber natürlich das Gegenteil, daß alles für
die Großagrarier geschaffen werden soll- und die kleinen
Landwirte voraussichtlich nur sehr wenig bedacht werden. Die Kleinbauern
müssen sich dies merken. Die Vorlage als solche ist überhaupt
unzulänglich. Man findet keine Bestimmung, daß auch
geschädigte Gewerbetreibende und Arbeiter eine Unterstützung
bekommen. Der Beweis hiefür ist der § 4, denn die Durchführung
des Gesetzes obliegt dem Landwirtschaftsminister und dem Finanzminister.
Würde man auch an die Unterstützung der geschädigten
Gewerbetreibenden und Arbeiter denken, so müßten doch
auch der Handelsminister und der Arbeitsminister mit der Durchführung
betraut werden.
Wir haben auch diesbezüglich eine Anfrage im landwirtschaftlichen Ausschuß an den dort anwesenden Minister gestellt, und der Herr Minister gab darauf eine klare Antwort. Er meinte, die geschädigten Gewerbetreibenden und Arbeiter haben Anspruch auf Unterstützung nur dann, wenn sie gleichzeitig Landwirte sind und die 12% Grundsteuer zahlen müssen.
Eine zweite Maßnahme, die in diesem Gesetze
vorhanden ist, erscheint uns ebenfalls höchst unzulänglich.
Das ist die 3%ige Zinsentragung für die Darlehen. Wir wissen
ganz genau, daß die Gelder nicht zu einem niedrigeren Zinsfuß
zu haben sind. Es müßte demnach die Regierung Vorsorge
treffen, daß den Geschädigten Gelder zu einem sehr
niedrigen Zinsfuß zur Verfügung gestellt werden. In
der Vorlage gibt es keine Sicherung hiefür. Auch der Motivenbericht
spricht gar nichts darüber, insbesondere welche Institute
in Frage kommen, die die Gelder zur Verfügung stellen. Er
sagt nichts darüber, ob sich Institute zur Verfügung
gestellt haben, so daß heute schon klar und offen zu ersehen
ist, daß man nicht wird zu 4,5 oder 6% Gelder aufnehmen
können, sondern, wie wir leider wissen, zu 8,9 und 10%.
Wir verlangen selbstverständlich von der
Regierung, daß sie in erster Linie den Landesbanken dazu
verhelfen werde, die Gelder den Beschädigten zur Verfügung
zu stellen. Wir verlangen darüber hinaus, daß die Regierung
die gesamte Zinsentragung trägt und sollten unsere diesbezüglichen
Anträge abgelehnt werden, so verlangen wir, daß sie
zumindest in den allerkrassesten Fällen die Zinsenlast übernehmen
solle. Der Fond, den die Vorlage vorsieht, der bereits von 10
Millionen auf 20 Millionen erhöht wurde, ist höchst
unzulänglich. Wir stellen den Antrag auf Erhöhung des
Fondes von 20 auf 50 Millionen schon mit Rücksicht darauf,
daß der Minister selbst erklärt hat, daß mit
diesen Geldern nicht viel anzufangen sei und insbesondere mit
Rücksicht auf die in der letzten Zeit eingetretenen Wetterkatastrophen.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf
verweisen, daß in Aussig, Bodenbach und Teplitz in den allerletzten
Tagen eine große Wetterkatastrophe sich ereignet hat. Es
wurde wohl schon viel darüber geschrieben und gesprochen.
Aber ich glaube, nur Augenzeugen können sich eine wirkliche
Vorstellung von dem Unglück machen, das gerade diese Ortschaften
und die Menschen dort betroffen hat. Nur ein kleiner Skizzenzug
über das Unglück: Kilometerweit wandert man über
zerstörte Straßen. Das Wasser ist aus dem Bachbett
ausgetreten und hat sich über das Nachbargelände ergossen,
so daß das Bachbett dem Nachbargelände gleich ist.
Die Wassermassen der Wildbäche überströmten das
gesamte Gebiet, die Wohnungen, die Fabriksräume sind mit
Schutt, Schlamm, Steinen, Sand überhäuft. Es sind zwei
große Fabriksanlagen fast buchstäblich zerstört.
Das Maschinenhaus einer Fabrik ist gänzlich weggeschwemmt,
die Maschinen für lange Zeit unbrauchbar gemacht. In einer
Fabrik sind über 20 Personen, in der anderen über 500
Personen beschäftigt. Diese Personen werden natürlich
nicht von heute auf morgen die Arbeit wieder aufnehmen können,
weil selbst, wenn das Maschinenhaus wieder errichtet wird, es
nach Aussage der Fachleute sehr lange Zeit brauchen wird, bevor
die Maschinen vom Schlamm und aufgeschwemmten Sand gereinigt und
wieder gebrauchsfähig gemacht werden kann. Die Versorgung
der Bevölkerung mit einwandfreien Trinkwasser ist gefährdet,
weil die Röhren der Wasserleitung teilweise zerstört
sind. Wälder, Wiesen, Gärten sind vernichtet, zum großen
Teile selbstverständlich auch die Ernte.
Ganze Häuser sind demoliert, 4 Häuser
gänzlich von der Erdfläche verschwunden, Brücken
und Wege zerstört, Eisenbahnen und Kanäle unterwaschen.
Menschenleben waren gefährdet, zwei Menschenleben sind zu
beklagen. In Schönwald ist ein Mann, der seinen Sohn zu retten
versuchte, mit ihm ertrunken. Der Minister erklärte in der
gestrigen Ausschußsitzung des landwirtschaftlichen Ausschusses,
daß die Regierung alles daran setzen werde, um mit Rat,
aber auch mit Tat Hilfe zu leisten. Eine momentane Aushilfe
von 250.000 Kè wurde bereits gewährt. Das ist viel
zu wenig! Denn die Leute waren überhaupt nicht imstande,
etwas von ihrem Hab und Gut zu retten.
Sie retteten nur ihr nacktes Leben. Die Bedauernswerten sind meist ganz dürftig gekleidet. Sie haben überhaupt keine Wohnungsstätten, sind ganz notdürftig untergebracht. Die Gemeinden sind wohl gezwungen, sie unterzubringen, doch fehlt es leider an Möglichkeiten. Diejenigen, die anderswo Verwandte haben, leben vorläufig bei diesen. Die anderen wurden von den Gemeinden aber auf das allernotdürftigste untergebracht. Der Minister versprach, angesichts dieses großen Unglücks noch einen größeren Betrag zur Verfügung zu stellen, sagte aber im selben Zusammenhange, daß der ihm zur Verfügung stehende Fonds beinahe aufgebraucht sei und es wird deshalb notwendig sein, daß das Parlament ihm einen neuen Kredit bewillige. Nun geht das Parlament heute schon in die Ferien. Die Leute können unmöglich warten, bis das Parlament nach 2 oder 3 Monaten wieder zusammentreten wird. Es wird deshalb Pflicht des Herrn Finanzministers sein, Vorsorge dafür zu treffen, daß Geld ehestens aufgebracht und den Notleidenden zugeführt wird. Der Minister des Innern hat es wohl versprochen, aber der Finanzminister, der es vorgezogen hat, der Sitzung fern zu bleiben, der auch heute nicht anwesend ist, hat sich noch nicht geäußert. Der Innenminister hat damit seine Sache abgetan, daß er im Ausschuß eine Erklärung abgab, wohlwissend, daß es nur eine Erklärung ist und bleiben kann, wenn der Herr Finanzminister nicht die Mittel zur Verfügung stellt, der Herr Finanzminister glänzt durch seine Abwesenheit, damit er den Anfragen der Abgeordneten nicht Antwort erteilen muß. Ganz anders war es in Deutschland. Wir haben es auch gestern dem Herrn Innenminister gesagt ihm geraten, er möge sich an der schnellen Hilfe, die durch das Deutsche Reich den dort von der Wetterkatastrophe betroffenen Verunglückten zuteil wurde, ein Vorbild nehmen. In Deutschland wurde sofort die Reichshilfe mobilisiert der Reichsminister überwies dem Innenminister eine Million Goldmark. Allerdings erklärte unser lnnenminister, das Unglück, das sich in Deutschland ereignet hat, könne überhaupt nicht mit dem unsrigen verglichen werden, er glaubte wohl, daß das für uns ein Trost sein könnte. Der deutsche Reichsfinanzminister hat aber auch gleichzeitig die Straßen- und Wasserbaudirektion angewiesen, die Zugänge ins Unglücksgebiet wieder herzustellen. Hier aber geschah eigentlich seitens der Regierung in dieser Frage überhaupt nichts. Die Gemeinden mußten sich um alles selbst kümmern, das Militär kam erst später. Einzelne Hilfspersonen, die sich zur Verfügung gestellt haben, mußten unter Hintansetzung ihres Lebens Notsteige errichten, mithelfen, überall eingreifen und es ist nur ihnen zu verdanken, daß nicht noch mehr und größeres Unglück geschah.
Nun möchte ich auch die Schuldfrage hier
erörtern. Sicher wird man darauf antworten: Für Wetter-
und Elementarkatastrophen kann man keine Menschen verantwortlich
machen. Dennoch muß man Menschen, in diesem Falle die Regierung
und die betreffenden Ministerien verantwortlich machen. Ein einziges
Beispiel für viele Beispiele. Seit dem Jahre 1912 bemüht
sich die Gemeinde Marschen ununterbrochen um die Verbauung der
beiden Wildbäche. Im Jahre 1914 wurde schon nach Marschen
und Mariaschein, also in das Gebiet dieser Wildbäche eine
Kommission seitens der betreffenden Ministerien und des Landesausschusses
entsendet und man hat damals schon die Notwendigkeit und Wichtigkeit
anerkannt, diese Wildbäche zu verbauen. Im Jahre 1914 wurde
seitens der Wildbachverbauungssektion des Ackerbauministeriums
ein komplettes Projekt fertiggestellt. Dann hat sich wiederum
nichts gerührt, bis im Jahre 1920 eine große Hochwetterkatastrophe
das Gebiet beschädigt hat. Da bemühte man sich neuerdings
durch Vorsprachen und Eingaben bei den kompetenten Stellen um
die Verbauung dieser Wildbäche. Im Jahre 1923 erfolgten wiederum
Vorsprachen, Bittgesuche wurden sozusagen eingebracht, das Ackerbauministerium
entsandte Vertreter zur Besichtigung, Maßnahmen wurden aber
bis heute nicht getroffen, eine Erledigung erfolgte nicht. Im
Jahre 1927 brach eben das Unglück herein. Wir sehen also,
daß die Schuldfrage doch nicht von der Hand zu weisen ist.
Wäre eine zeitgerechte Vorsorge getroffen, so wäre wohl
das Unglück nicht hintangehalten worden, das will ich nicht
behaupten, aber es wäre sicher sehr abgeschwächt worden,
und es wären sicher nicht so viel Schäden an Kultur
und Gütern und vielleicht auch kein Menschenleben zu beklagen
gewesen. Man hat auch darüber Streit geführt, ob der
eine Wildbach, der sich bei Tellnitz ergießt, ein Wildbach
sei und weil diese Frage nicht gelöst ist, unternahm man
nichts und stritt lieber um Kompetenzfragen, so daß auch
hier viel Schuld der Regierung zugeschoben werden muß.
Nun können wir uns durchaus nicht damit
einverstanden erklären, daß der Innenminister uns Versprechungen
macht. Wir erklären die Summe von einer Viertelmillion, die
den Betroffenen zur Verfügung gestellt wurde, als ganz ungenügend,
denn den Menschen muß sofortige Hilfe, und hier tut rascheste
Hilfe not, zugewendet werden. Wir verlangen von der Regierung
und vom Finanzministerium, daß die Herren Minister weniger
Reden halten oder weniger Mitleid ausdrücken, sondern daß
sie mehr Hilfe leisten. Wir können uns mit Versprechungen
nicht trösten lassen, wir wollen Taten sehen und Taten können
wir nur darin erblicken, daß erstens einmal genügend
Geld für die Verunglückten zur Verfügung gestellt
wird und dann, daß ehestens die Wildbäche verbaut und
Talsperren errichtet werden. Die Errichtung von Talsperren ist
der beste Schutz gegen die Wiederholung derartiger Katastrophen.
Der Herr Kollege Böhm versucht zu erzählen, daß
die Viertelmillion Kè von der Regierung nur deshalb
sofort den von der Katastrophe Betroffenen zur Verfügung
gestellt wurde, weil die Deutschen in der Regierung seien. Für
so dumm dürfen sie die Menschen, doch nicht halten, als daß
sie glaubten, daß nur der Abg. Böhm
oder Krumpe in der Lage wären,
diesen Pappenstiel herauszuschlagen, es müßte doch
die gesamte Regierung das Gehirn vernagelt haben, oder gar kein
menschliches Empfinden besitzen, wenn sie nicht sofort die erste
Hilfe geleistet hätte. Ich glaube freilich, diese Herren
brauchen dieses Material zu Agitationszwecken und wenn der Herr
Böhm in der gestrigen Sitzung sich darauf soviel zugute
getan hat, daß er es eigentlich war, der den Herrn Minister
Spina ersucht habe, sofort in das Unglücksgebiet zu
kommen und die Schäden zu besichtigen, so hat er eigentlich
dem Herrn Minister Spina nur ein sehr trauriges Zeugnis
ausgestellt. Der Herr Minister Spina wird ihm sicher nicht
dankbar für diese Mitteilung sein, denn Böhm hat
den Minister hingestellt als einen Menschen, der für diese
Sache überhaupt gar kein Interesse hat, der erst auf eine
Aufforderung seines Kollegen Böhm wartet, um sich
das große Unglück anzusehen. (Posl. Pohl: Es wird
schon stimmen!) Es stimmt, ja, ich möchte nun an die
Regierung die selbstverständliche Aufforderung stellen, daß
alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, weil unbedingte Raschheit
und schnelle Hilfeleistung hier erforderlich ist. Wer rasch hilft,
der hilft doppelt, den armen Opfern muß das bischen Leben
erleichtert werden. Ich hätte gewünscht, daß Herr
Minister Spina oder Herr Böhm mit den Leuten
so gesprochen hätten, wie wir es getan haben, statt von weitem
den Zerfall der Häuser anzusehen. Die Leute haben gebettelt,
daß man ihnen Hilfe zuteil werden lasse, daß man ihnen
Weg scheue, daß man alle Hebel in Bewegung setzen solle,
um die Regierung - und es ist bezeichnend, daß diese Leute
schon die Einstellung der Regierung kennen - zu bewegen, ihnen
sofortige Hilfe zukommen lassen. Nun, wenn der Böhm
und der Krumpe sich darauf viel zugute tun, daß sie
helfen können, weil sie Regierungsparteien seien, so mögen
sie es nun beweisen, Eine Viertelmillion ist ein Pappenstiel für
dieses große Unglück, hier müßten Millionen
verwendet werden, der Schaden beträgt gegen 20 Mill. (Pøedsednictví
pøevzal mistopøedseda Horák.) Es
wird nach Aussage von Fachleuten zwei Menschengenerationen dauern,
bevor Schönwald allein, daß ist der vernichtetste Ort,
wieder so hergestellt sein wird, wie er vor der Katastrophe war.
Ich möchte deshalb sagen, nur die racheste Hilfe tut Not
und ich wiederhole meine vorhergesagten Worte, weniger reden und
mehr leisten. (Potlesk nìm. soc. demokratických
poslancù.)
Meine verehrten Damen und Herren! Der Senat
hat eine Vorlage dem Parlament zurückverwiesen und diese
wird nun neuerlich heute behandelt. Wenn ich namens meines Klubs
hier zu erklären habe, daß wir für diese Vorlage
stimmen werden, so will ich diesen Standpunkt damit begründen,
daß insbesondere die in der Vorlage geänderten Worte
im Ernstfalle immerhin für die Landwirtschaft bedeutungsvoll
sein werden. In der ersten Fassung war festgelegt, daß nur
jene Unterstützung aus dem Fonde erhalten können, die
in ihrer Existenz gefährdet sind. Die Umänderung ist
nun derart stilisiert, daß auch jenen landwirtschaftlichen
Betrieben eine Unterstützung gewährt wird, die in ihren
wirtschaftlichen Verhältnissen geschädigt werden. Der
Unterschied und die Bedeutung dieser Umstilisierung liegt darin,
daß insbesondere die Kleinlandwirtschaft hier einen Schutz
gefunden habe, denn, wenn ein Kleinlandwirt in seiner Existenz
bedroht und gefährdet ist, unter Umständen mit einer
Unterstützung viel zu spät eingegriffen wird, so daß
seine gefährdete Existenz nicht mehr zu retten ist. Wenn
er aber geschädigt worden ist und die Schädigung dann
auch in den Gesetzesparagraphen mit eingezogen wird, so besteht
die Möglichkeit, daß er weiter bestehen kann.
Meine verehrten Damen und Herren! Wir dürfen
nicht vergessen, daß gerade im heurigen Jahre die Hoffnung
vieler Hunderter kleiner Landwirte in wenigen Minuten vernichtet
worden ist, wir dürfen nicht vergessen, daß die mühevolle
schwere Arbeit vieler Monate durch die Elementarkatastrophen vernichtet
wurde. Bei der Besprechung des Gesetzes möchte ich auch auf
einige Mängel hinweisen, die bei Feststellung des Schadens
sich ergeben dadurch, daß man der Gendarmerie die Erhebungen
überläßt. Ich verweise da auf zwei Fälle
im Tetschner Bezirk, die uns den Beweis erbringen, daß die
Erhebungen der Gendarmerie keinesfalls verläßlich sind.
Der eine Fall sind die Schäden der Gemeinde Barken-Kartitz
im Jahre 1926, wo die staatliche Bezirksbaubehörde in Tetschen
einen Schaden von 45.000 Kè erhoben hat, während die
Gendarmerie einen Schaden von 10.000 Kè feststellte. Es
ist also notwendig, daß in Hinkunft die Erhebungen über
Elementarkatastrophen nicht der Gendarmerie
überlassen werden, sondern daß andere Stellen und insbesondere
die staatliche Baubehörde unter Zuziehung von Fachleuten
aus der Bevölkerung damit betraut werden. Ein weiterer Fall
ist der eines Eulauer Landwirtes, wo die Gendarmerie die Angabe
machte, daß der Betreffende in sehr guten Verhältnissen
lebt. In Wirklichkeit aber hat derselbe unter den schlechtesten
wirtschaftlichen Verhältnissen zu leiden und dürfte
sein Fortkommen kaum behaupten.