Pátek 8. èervence 1927

2. Øeè posl. Tichiho (viz str. 2444 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Forderung des Gastgewerbes auf Einführung des Befähigungsnachweises ist nicht neu. Vor 30 Jahren schon, als im österreichischen Parlament im Jahre 1906 die bis heute noch auch in diesem Staate geltende Gewerbeordnung verhandelt und beschlossen wurde, war der Befähigungsnachweis im Gastgewerbe Gegenstand sehr ernster Diskussionen. Die Sache ging damals so weit, daß selbst bei der ersten Lesung der Gewerbeordnung im parlamentarischen Gewerbeausschuß, der damals permanent war, die Notwendigkeit eines Befähigungsnachweises für das Gast- und Schankgewerbe statuiert wurde, und zwar in einer beschränkten Art, den Befähigungsnachweis für dieses Gewerbe vorläufig für die Landeshauptstädte und Kurorte einzuführen. Man wollte weiters für Orte mit größerer Bevölkerungszahl oder mit großem Fremdenverkehr den Befähigunsnachweis für das Gastgewerbe im Verordnungswege einzuführen. Wir sehen, daß schon damals in allen Kreisen die Dringlichkeit des Befähigungsnachweises im Gastgewerbe als eine dringende Notwendigkeit angesehen wurde.

Wenn es nicht dazu gekommen ist, so war es der unheilvolle Einfluß der ziemlich starken liberalen Gruppe im Parlament, die auf dem Boden der Gewerbefreiheit stand, nicht zum Schluß war es die dominierende Stellung dieser Gruppe in den Handels- und Gewerbekammern, die die Regierung dazu bestimmte, diese Forderung des Gewerbeausschusses zu bekämpfen, die dann auch bei der zweiten Lesung gefallen ist. (Posl. L. Wenzel: Wie sieht der Antrag aber heute aus!) Der Kampf für den Befähigungsnachweis im Gastgewerbe dauert demnach 30 Jahre bereits und es vergeht keine gewerbliche Tagung, bei der diese Forderung nicht wiederholt erhoben worden wäre. (Posl. L. Wenzel: Damals waren die Zuckerbäcker berechtigt, jetzt sind sie daraus gestrichen!) Im alten Österreich nicht! Ich spreche von dem Antrag, der im alten Österreich damals bereits auf der Tagesordnung stand.

Aber nicht nur die selbständigen Gastwirte fordern den Befähigungsnachweis, sondern vor allem auch die gastgewerbliche Gehilfenschaft, was im Lager der Feinde des Befähigungsnachweises nicht übersehen werden sollte. Meine Partei steht programmatisch auf dem Boden des Befähigungsnachweises im Gewerbe überhaupt und wir haben es deshalb als eine unserer ernsten Aufgaben betrachtet, alles daran zu setzen, um den Befähigungsnachweis für einige Gruppen des Gewerbes zu erkämpfen, darunter auch insbesondere für das Gast- und Schankgewerbe, was uns nun nach vielen Verhandlungen endlich gelungen ist.

Der Befähigungsnachweis im Gewerbe ist ein Bildungsnachweis. Er besteht vor allem in der Absolvierung der Lehrzeit, die mit dem obligatorischen Besuche der Fortbildungsschule verbunden ist, und in dem Ablegen der Gesellenprüfung und mehreren Gesellenjahren. Wenn man uns den Vorwurf macht, unser Bestreben, den Befähigungsnachweis bei den Gewerben zu vervollkommnen, wäre reaktionär oder zünftlerisch, dann ist es nicht richtig.

Genau so wie der Arbeiter den Schutz seiner Arbeit anstrebt, genau so wie jeder Beamte auf seine Vorbildung pocht und sie verwertet, genau so wie jeder Arbeiter nach der Qualität seiner Kenntnisse gezahlt werden will, genau so will auch der Handwerker, daß seine erlangte Befähigung anerkannt wird und daß sie ihm bestimmte Rechte bringt.

Wenn wir nun für den ordentlichen Nachwuchs im Gewerbe durch die Forderung auf Einführung des Befähigungsnachweises kämpfen, wenn wir damit wollen, daß dem Lehrling eine entsprechende fachliche Bildung zuteil wird, daß er außer seinem fachlichen Können in der Fortbildungsschule sein Wissen theoretisch vervollständigt, dann ist unsere Arbeit eine Kulturarbeit, welche den von sozialistischer Seite wiederholt erhobenen Vorwurf eines engherzigen Zünftlertums nicht verdient. (Výkøiky posl. L. Wenzela.) Aber, Herr Kollege Wenzel, davon ist nicht die Rede! Ich komme schon darauf. Ich freue mich immer, wenn ich höre, daß die Arbeiterjugend in Bildungsvereinen erzogen wird, wenn sie zu gesundem Turnen und Sport ermuntert wird, denn diese Arbeit leisten wir auch in unseren Lehrlingshorten und Lehrlingsheimen. (Posl. Schweichhart: Sie wollen die Lehrlinge gar nicht in die Schule schicken!) Das ist nicht richtig. Wir wollen die Fortbildungsschule und kämpfen für sie. (Posl. dr Czech: Aber wann? Am Sonntag! Der letzte freie Augenblick wird den Lehrlingen genommen!) Das ist nicht richtig. Wir freuen uns darüber nicht, wenn der Lehrling in seiner Jugend in den politischen Kampf hineingezogen wird. (Posl. dr Czech: Ist das ein unpolitischer Kampf, den Sie führen?) Wir erziehen die Lehrlinge nicht zum politischen Kampf, wie bestimmte Parteien es tun. Wir haben nichts dagegen, wenn die Vertreter der Arbeiter für die Interessen der Arbeiter tätig sind, das ist ihr gutes Recht, das ihnen niemand schmälern wird, aber wir verlangen das gleiche Recht für uns, für die Interessen des Gewerbestandes tätig zu sein. (Posl. dr Czech: Für die treten wir auch ein, das ist nicht Ihr Monopol, das ist eine optische Täuschung!) Das ist Geschmacksache. Es fällt uns nie ein, Sie als Arbeiterretter zu beschimpfen, während Sie die Bezeichnung "Gewerberetterei" immer auf dem Programm haben. (Rùzné výkøiky. - Posl. L. Wenzel: Die Gewerbetreibenden können daraufgehen vor lauter Steuerzahlen!) Die Gewerberetterei des Koll. L. Wenzel, das ist geradezu typisch!

Was nun den Gesetzentwurf über den Befähigungsnachweis im Gastgewerbe selbst betrifft, so muß ich feststellen, daß er allen Forderungen des Gastgewerbes nicht entspricht. Er ist, wie es leider nicht anders möglich war ein Kompromiswerk, weil bei der Umschreibung des Befähigungsnachweises eines Gewerbes fast in jedem Fall die Interessen anderer Gewerbegruppen irgend wie berührt werden. Der Befähigungsnachweis ist deshalb nur ein teilweiser und beginnt erst in Orten über 4000 Einwohner und hat ohne Rücksicht auf die Einwohnerzahl lediglich für Bahnhofrestaurationen, Touristenhotels und für Kur- und Wallfahrtsorte Geltung. Es werden selbstverständlich erworbene Rechte durch den Befähigungsnachweis nicht berührt und es kann demnach jedermann, der entweder selbst oder als Pächter eine Gastgewerbekonzession vor der Geltung dieses Gesetzes betrieben hat, ohne Befähigungsnachweis auch weiterhin Gastgewerbekonzessionen betreiben oder erhalten. Den Befähigungsnachweis haben auch diejenigen erbracht, welche durch 6 Jahre hindurch in einem Gastgewerbe als Kellner, Koch oder Kellermeister beschäftigt waren, ebenfalls diejenigen, die in einer Brauerei als Bräuer u. dgl. sowie in einer Weinhandlung als Kellermeister tätig waren.

Gegenstand sehr ernster Auseinandersetzungen und Verhandlungen bot die Bestimmung bezüglich der Berechtigung der Zuckerbäcker im Rahmen dieses Gesetzes. Zuckerbäcker sind nach den Bestimmungen des Gesetzes in Orten unter 4000 Einwohnern wie bisher bei der Erlangung einer Konzession für Kaffee u. dgl. vom Befähigungs nachweise befreit und es bleiben ihnen natürlich auch die erworbenen Konzessionen in allen anderen Orten. Dieses Gesetz gibt aber lediglich die Möglichkeit zur Erlangung einer Konzession für Zuckerbäcker zur Verabreichung von Kakao, Schokolade und Tee ohne alkoholische Zusätze und es ist sehr zu bedauern, daß eine Einigung zwischen den beiden Gruppen nicht erzielt werden konnte, wie wir es gewünscht hätten. Wir hoffen, daß im Sinne unserer gestellten Resolution die Behörden begründeten Ansuchen um Dispens seitens der Zuckerbäcker möglichst und weitgehendst entgegenkommen werden. Den Inhabern eines Handelsgewerbes im Sinne des § 38, Abs. 5 der Gewerbeordnung kann ohne Befähigungsnachweis der Ausschank von Wein unter bestimmten Bedingungen bewilligt werden.

Eine wichtige Bestimmung, die natürlich unseren Anschauungen nicht entspricht, ist die Begünstigung für Vereinshäuser, die erst in Orten über 6000 Einwohner an einen Befähigungsnachweis gebunden sind. Für die Kurorte wurden bestimmte Erleichterungen geschaffen, insbesondere für Pensionate und Heime. Auch für den Betrieb größerer Hotels kann die Gewerbebehörde im Interesse und zur Förderung des Fremden- oder Touristenverkehres von der Beibringung des vollen Befähigungsnachweises absehen.

Zusammengefaßt freuen wir uns, daß es uns gelungen ist, den Befähigungsnachweis, für das Gastgewerbe durchzusetzen und wir hoffen, daß der Kampf für den Befähigungsnachweis im Gewerbe auch für die anderen nach ihm rufenden Gruppen mit dem gleichen Erfolg gekrönt werden wird. (Potlesk.)

3. Øeè posl. Schweichharta (viz str. 2454 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wir deutschen Sozialdemokraten können dem vorliegenden Gesetzentwurf nur schwer unsere Zustimmung erteilen, und zwar deshalb, weil er in gar keiner Weise die überaus wichtige Frage der Entschädigung bei Elementarschäden befriedigend löst. Die erste Vorbedingung hiefür wäre eine systematische umfangreiche Regulierung der gefährlichsten Flußläufe und die Verbauung aller Wildbäche. Was in dieser Beziehung als Vorbeugungsmaßregeln bisher geschehen ist, ist trotz allen Drängens viel zu wenig. Die hiefür bewilligten Gelder langten bei weitem nicht aus. Man muß immer wieder den drängenden Interessenten erklären, daß die nötigen Gelder fehlen. Das ist seit dem Eintritt der deutschen Landbündler, der Christlichsozialen und der Gewerbetreibenden in die Regierung nicht um ein Jota besser geworden. Für den Moloch Militarismus haben diese Parteien auf einen Schlag 31/2 Milliarden als Rüstungsfond bewilligt, für die Wiedergutmachung der Elementarschäden begnügt man sich aber mit schäbigen Brosamen.. Wir haben erlebt, daß seitens der Regierung das am 15. Oktober 1925 beschlossene Gesetz direkt sabotiert wurde. Statt 64 Millionen Kronen wurden nur 6 Millionen Kronen in das laufende Budget zur Bekämpfung, resp. Wiedergutmachung von Elementarschäden eingestellt. Jetzt allerdings fordert man in einer Resolution die Regierung auf, dieses Gesetz durchzuführen.

Infolge Nachlässigkeit und sträflicher Gleichgiltigkeit der Regierung sind die den einzelnen Bezirken zur Verfügung gestellten Beträge im Vergleich zu den angerichteten Schäden lächerlich klein. Was kann man z. B. mit 30.000 Kronen für einen ganzen politischen Bezirk leisten? Einzelne Gebiete, die bei den vorjährigen Katastrophen schwer mitgenommen waren, haben überhaupt gar nichts erhalten. Obendrein wurde bei der Verteilung vielfach sehr parteiisch und einseitig vorgegangen. Die Erlangung von Subventionen hängt oft genug von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten herrschenden Partei ab.

Das vorliegende Gesetz zerfällt in zwei Teile. Im § 1 werden zur Milderung der in den Jahren 1926 und 1927 verursachten Elementarschäden Vorkehrungen in der Weise getroffen, daß der Staat 3% der Zinsen für ein Darlehen von höchstens 10 Millionen Kronen übernimmt, u. zw. längstens für zehn Jahre. Es ist vielleicht nicht ganz ohne Pikanterie, wenn man hervorhebt, daß seitens der Agrarparteien der Plan geherrscht hat, 4% von der Regierung herauszuschlagen statt 3%. In letzter Minute ist dieser Plan gescheitert, so daß es bei den beantragten 3% verbleibt. Das ist geradezu ein Hohn auf den wirklichen Bedarf. Weniger kann man tatsächlich nicht mehr geben. Die Anhänger der deutschen Regierungsparteien, welche im Schadensfall mit einem wahren Bettel abgespeist werden sollen, werden darob nicht erbaut sein, sie werden für diese Art der Rettung des Landvolkes sicherlich kein richtiges Verständnis aufbringen. Auf großen Dank dürfen die deutschen Regierungsparteien von Seiten der Elementargeschädigten im vergangenen und heurigen Jahre bestimmt nicht rechnen.

Sie werden allerdings sagen, später werde es besser werden. Nach § 2 der Vorlage wird nämlich von dem laut § 108 des Gesetzes vom 15. Juni 1927, Nr. 75, betreffend die Reform der direkten Steuern errichteten Fonde ein Betrag von 8 Millionen Kronen jährlich zur Verfügung gestellt. Weiters wird zugleich mit der Grundsteuer ein Zuschlag von 12% für den gedachten Zweck eingehoben. Die Beträge, welche auf diese Weise zusammenkommen, entsprechen noch immer nicht den durchschnittlichen Anforderungen, geschweige denn den großen Bedürfnissen in Jahren großer Katastrophen, die sich ja täglich ereignen können und die Schäden von Hunderten Millionen Kronen bringen. Aus diesen Fonden sind den durch Elementarkatastrophen ab 1928 an betroffenen und in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedrohten Landwirten Subventionen zu gewähren. Nach dem Gesetze kommen nur Landwirte in Betracht. Es kann also der sicherlich sehr sonderbare Fall eintreten, daß in irgend einem Dorfe ein reicher Bauer infolge des erlittenen Schadens durch eine Elementarkatastrophe eine Subvention erhält, sein Nachbar aber, der vielleicht noch schwerer betroffen ist, nichts bekommt, weil er eben kein Landwirt, sondern ein Schneider oder Schuster ist. Ist das gerecht und ist diese einseitige Vorschrift auf die Dauer haltbar? Was sagt zu dieser Bestimmung die deutsche Gewerbepartei? Übrigens muß hervorgehoben werden, daß die Regierungsparteien selbst die Unzulänglichkeit einer Summe von 10 Millionen Kronen fühlen, denn sie beantragen in einer Resolution, daß die Regierung beauftragt wird, ein weiteres Darlehen von mindestens 50 Millionen Kronen zu gewähren. Es ist doch sonderbar, daß sich die Regierungsparteien veranlaßt sehen, ihre eigene Regierung aufzufordern, doch etwas mehr zu tun. (Posl. Schmerda: Das ist ja der Humbug, den sie betreiben!) Ja, das ist der Schwindel, der getrieben wird. Man bewilligt 10 Millionen und nach außen demonstriert man mit einer Summe von 50 Millionen, die aber niemals zu haben sein wird.

Eine weitere Frage, die auftaucht, ist die: Wer ist als Landwirt anzusehen? Diese Frage ist um so berechtigter, als von gewisser Seite bei diversen Gelegenheiten der Begriff der Landwirtschaft möglichst eng gezogen wird.

Ich erinnere hier an den in der "Prager Presse" etwas vorzeitig veröffentlicht gewesenen Gesetzentwurf über die Agrikulturkammern. Dort wurden als Mitglieder der geplanten landwirtschaftlichen Zwangsgenossenschaften vorgesehen alle Eigentümer, Pächter und andere Nutznießer landwirtschaftlichen Bodens, die der Grundsteuer unterworfen sind und deren Grundausmaß mindestens einen Hektar beträgt. Mit einem Federstrich wurden hier viele hunderttausende Häusler ihres landwirtschaftlichen Charakters beraubt. Wenn dieser Hektarmaßstab auch bei der Verteilung der Notstandssubventionen angewendet wird, dann haben gerade die Allerärmsten, die bei Elementarkatastrophen verhältnismäßig am schwersten betroffen werden, das Nachsehen. Zahlen müssen jedoch auch sie die 12%igen Zuschläge bei der Grundsteuer, ihr Anspruchsrecht aber ist fraglich. Da es weiters Agrarpolitiker gibt, bei denen der richtiggehende Landwirt erst bei einem Besitz von 2 Hektar beginnt -- ich erinnere an den früheren Landwirtschaftsminister Brdlík - sind diese Bedenken wegen einer systematischen Benachteiligung der ärmsten ländlichen Bevölkerungskreise leider nur allzu gerechtfertigt. Nebenbei möchte ich darauf hinweisen, daß man bei den Zollberatungen auch von argarischer Seite zugegeben hat, daß der kleine Landwirt als lnteressent an den Agrarzöllen erst bei einem Besitz von 5 ha beginnt. Man sieht also, daß der Begriff des selbständigen Landwirts durchaus nicht feststeht. Im Gesetz ist darüber nichts festgelegt.

In diesem Zusammenhang ist die dritte Frage zu ventilieren: Von welchem Moment an ist die Existenz der Landwirte bedroht? Bei einiger Überlegung wird es klar, daß eine gleichmäßige Schablone hier nicht angewendet werden kann. Der große Grundbesitzer kann eventuell den dritten Teil seines Besitzes durch eine Elementarkatastrophe einbüßen, ohne daß seine Existenz tatsächlich bedroht wäre. Ganz anders wirkt der gleich große Verlust beim Kleinlandwirt und Häusler. Dieser kann dabei tatsächlich ruiniert werden. Man muß unter allen Umständen die soziale Lage das Geschädigten und das Verhältnis des Schadens zu seinem Besitz in Betracht ziehen, wenn man objektiv und gerecht die Subventionen verteilen will. Im Gesetze ist kein Maßstab für die Beurteilung der Bedürftigkeit vorgesehen. Alles wird dem Verordnungswege vorbehalten. Die bis jetzt geltenden Bestimmungen haben eine gerechte Verteilung der Subventionen nicht gewährleistet. Im politischen Bezirke Tetschen sind erst jetzt bei der Verteilung der Unterstützungen die gewöhnlich nicht armen Müller in erster Reihe berücksichtigt worden, während die schwergeschädigten Kleinlandwirte vollständig leer ausgegangen sind. Schuld an dieser ungerechten Verteilung tragen allerdings auch die lokalen Kommissionen, welche die Schäden zu beurteilen haben.

Im landwirtschaftlichen Ausschuß wurde uns erklärt, die Verwaltung des Fonds durch die Landeskulturräte biete die Gewähr für eine korrekte Verteilung, was bei der politischen Verwaltung nicht der Fall sei, resp. sein könnte. Man hat damit indirekt zugegeben, daß es bei der Verteilung der Subventionen nicht immer gerecht zuging.

Wer sind aber die Landeskulturräte? In ihrer heutigen Zusammensetzung auf Grund eines vorsintflutlichen Wahlrechtes, das der Demokratie Hohn spricht, sind sie eine Vertretung agrarischer Interessenkreise. Die erdrückende Mehrheit der landwirtschaftlichen Bevölkerung ist von der Teilnahme an der Mitarbeit im Landeskulturrat systematisch ausgeschlossen. Die letzten Wahlen in die Landeskulturräte von Böhmen und Mähren waren eine aufgelegte Komödie, eine Provokation der selbständig Organisierten, vom agrarischen Einfluß befreiten Kleinlandwirte. Über dem Landwirtschaftsministerium, das die Durchführungsverordnung herauszugeben hat, und den Landeskulturräten, welche die Fonde zu verwalten haben, weht die grüne Fahne des rücksichtslosen Agrarismus. Wir können auf Grund der bisherigen bösen Erfahrungen, z. B. während des Zollkampfes, in beide Körperschaften nicht das Vertrauen setzen, daß die Unterstützungsfonde objektiv verwaltet werden. Wir befürchten, daß sie eine Quelle ärgster Protektion und damit der Korruption werden. Aus diesem Grunde und um die selbständig organisierten Kleinlandwirte und Häusler als wirtschaftlich schwächste Faktoren möglichst vor Benachteiligung zu schützen, haben wir den Antrag eingebracht, daß der Fond von einer eigenen paritätisch zusammengesetzten Kommission, bestehend aus Fachmännern verwaltet wird. Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Der § 2, Abs. 3 hätte zu lauten:

"Der Fond wird von einer Kommission verwaltet, welche verhältnismäßig nach dem Ergebnisse der letzten Wahlen aus von den politischen Parteien namhaft gemachten Fachmännern zusammengesetzt ist. Nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Organisation der politischen Verwaltung wird diese Kommission von den gewählten Mitgliedern der Landesvertretungen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewählt."

Sie werden finden, daß auf dem Druck Nr. 1159 diese unsere Resolution mit beantragt wird. Aber gerade vorhin hat der Referent Dr Fritz erklärt, daß diese Resolution von der Mehrheit abzulehnen sei. Jedenfalls hat man in der Eile, mit der man das Gesetz zur Annahme treibt, übersehen, daß unser Antrag eigentlich einen ungeheuern Gegensatz zu diesem Gesetze bedeutet, daß also unser Antrag die Möglichkeit aufheben soll, daß irgendeine enge, parteimäßig zusammengesetzte Körperschaft, wie es die Landeskulturräte sind, über diesen verhältnismäßig ziemlich großen Fond allein entscheiden kann. So wird unser gutgemeinter Antrag, der dafür sorgen würde, daß wir mehr Vertrauen in die Verteilung haben könnten, daß wir annehmen könnten, es würde paritätisch und gerecht zugehen, in der Versenkung zum Verschwinden gebracht.

Die einzig vernünftige Lösung der Unterstützungsfrage bei Elementarschäden besteht nur auf Grundlage einer geordneten Versicherung. Wer, wie es bei dem 12%igen Beitrag von der Grundsteuer der Fall ist, bestimmte Beträge jahraus jahrein zu bezahlen hat, will das selbstverständliche Recht haben, auch bestimmte Leistungen zu fordern. Hier im Gesetz ist das nicht zum Ausdruck gebracht. Die viel gepriesene agrarische Solidarität und Dorfgemeinschaft allein sind keine Gewähr für eine gerechte Verteilung der Subventionen. Jede Berufsgruppe muß mit gewissen Verlusten rechnen und sich dagegen zu schützen suchen. Es könnte das ganze wenigstens analog der Arbeitslosenversicherung gehandhabt werden, d. h. der Staat könnte dem Versicherten Zuschüsse leisten.

In einigen Resolutionen wird von der Regierung die eheste Schaffung einer allgemeine Versicherung gegen Hagelschäden und Tierverluste gewünscht. Allerdings fügt man hinzu, daß das auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit aufgebaut werden soll. Das ist natürlich nur ein halbes Ding und nichts Vollständiges. Mit dem können wir uns nicht befreunden. Es ist auch sonderbar, daß sich die Regierungsparteien erst selbst auffordern müssen, derartiges von der Regierung zu verlangen. Es bestehen ja schon lange private Versicherungen gegen Hagelschäden und Schäden infolge von Viehverlusten, aber das beste Geschäft machen in der Regel dabei die Gesellschaften selbst, nicht die Versicherten. Schon vor Jahren wurde ein Anlauf genommen, um eine staatliche Versicherungsanstalt zu errichten. Die notwendigen leitenden Beamten waren damals schon in Aussicht genommen, aber das ganze scheiterte am Widerspruch der agrarischen Interessenten. Die èechischen Agrarier wollten ihre eigenen Institute nicht aufgeben und die Deutschen machten Einwendungen nationaler Natur. Sie erklärten damals - es war vor 4 oder 5 Jahren - nur auf Grundlage der nationalen Sektionierung und der Selbstverwaltung der Angelegenheit näher treten zu können. Darauf ist man seitens der allnationalen Koalition nicht eingegangen. Wir sind nun neugierig, ob die deutschen Regierungsparteien auf ihren Forderungen nach nationaler Sektionierung und Selbstverwaltung bei der Schaffung einer staatlichen Versicherung bestehen werden. Nach dem, was wir an unerhörtem Verrat an diesen grundlegenden Prinzipien bei der Beratung der Verwaltungsreform erlebt haben, bezweifeln wir sehr, dass die deutschen Regierungsparteien es wagen werden, den Kampf hiefür mit ihren èechischen Freunden aufzunehmen und ihre Forderungen durchzusetzen. Ich möchte ausdrücklich aufmerksam machen, daß wir auf dieser Forderung nach nationaler Sektionierung und Selbstverwaltung beharren. Wo haben die deutschen Regierungsparteien unter den jetzigen Umständen eine Garantie dafür, daß ihr Einfluß in den Landeskulturräten infolge der bis jetzt existierenden nationalen Sektionierung aufrecht bleiben wird? Man braucht nur an den schon erwähnten Gesetzentwurf über die Reform der Agrikulturkammern zu erinnern, wo ausdrücklich festgesetzt ist, daß die Sektionierung der Landeskulturräte entfällt. Vom guten Willen politischer Freunde abzuhängen, wie es jetzt bei den Landbündlern der Fall ist, ist kein angenehmer und wünschenswerter Zustand. Man hat das Empfinden, daß es den deutschen Agrariern übrigens gar nicht darauf ankommt, feste Normen zu schaffen und ein Werk für die gesamte Landwirtschaft durchzusetzen, sondern sich ein Zuckerl, einen Trostpreis für geleistete treue Dienste von Seiten der èechischen Regierungsparteien geben zu lassen. Es ist sicher kein blinder Zufall, daß sogleich nach Erledigung der Verwaltungsreform, die draußen in den deutschen Gebieten so große Entrüstung auslöste und die den Turm des Bundes der Landwirte erschütterte, diese Vorlage als eine Art Pflaster für geschlagene Wunden den deutschen Agrariern beschert wird.

So sehr wir für eine möglichst umfassende und weitreichende Entschädigung bei Elementarschäden eintreten, entspricht diese Vorlage wahrlich nicht den primitivsten Anforderungen eines einwandfreien Rechtszustandes. Sie ist ein Jammerprodukt gewöhnlichen politischen Schachers. Wenn wir trotzdem dafür stimmen, so nur deshalb, weil wir erwarten, daß in gegebener Zeit, die nicht allzu ferne zu sein braucht, eine gründliche Änderung der Machtverhältnisse in diesem Staate platzgreift und damit auch die Möglichkeit einer wirklichen Reform dieser großen wichtigen Frage. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP