Pondìlí 27. èervna 1927

2. Øeè posl. Kreibicha (viz str. 1866 tìsnopisecké zprávy):

Es ist notwendig, daß wir uns über die Wurzeln und die Zusammenhänge des Gesetzentwurfes klar werden, der uns vorgelegt worden ist. Der Gesetzentwurf über die Verwaltungsreform ist eine von den vielen Maßnahmen, die seit dem Bestande dieses Staates bereits getroffen wurden, um die Rettungsaktion für den durch den Weltkrieg, durch die gewaltige Wirtschaftskrise in Gefahr geratenen Kapitalismus durchzuführen. Sie ist ein Glied in der langen Kette aller jener Maßnahmen dieses Staates, von seinem Beginn an, die den Zweck haben, die Regierung, die Gesetzgebung, die gesamte Verwaltung und Rechtsprechung restlos unter den Einfluß der besitzenden Klassen, des Großkapitals zu bringen. Wir verfolgen diese Tendenz seit jenen Vorlagen, mit welchen in diesem Hause die sogenannte Deflationspolitik eingeleitet wurde, mit der seinerzeit jene Politik begann, die man im allgemeinen als die Stabilisierungspolitik bezeichnet und die von der seinerzeitigen Mehrheit dieses Hauses auch als solche, bzw. mit einem anderen Wort, als Konsolidierungspolitik betrieben wurde.

Das, was uns jetzt vorgelegt wurde, betrachtet im Zusammenhang mit der Steuerreform, mit dem Gesetz über die Finanzen der Selbstverwaltungskörper, ist nichts anderes als ein Teil dieser Stabilisierungspolitik und ist vom kapitalistischen Gesichtspunkt aus nichts anderes als die konsequente Fortführung dieser Stabilisierungspolitik, die von der vorigen Regierungsmehrheit eingeleitet und bis zu einem hohen Grade Breites durchgeführt wurde. Das wird uns vor allem klar, wenn wir die wirtschaftliche Seite dieser Vorlage im Zusammenhang mit der Steuerreform und dem Gesetz über die Finanzen der Selbstverwaltungskörper betrachten. In diesem Punkte ist, soweit die Staatswirtschaft in Frage kommt, das Ziel der Stabilisierungspolitik darauf gerichtet, die Ausgaben des Staates und der gesamten öffentlichen Verwaltung für wirtschaftliche, sozialpolitische und kulturelle Zwecke soweit als möglich herabzudrücken, das Budget in dieser Hinsicht zu reduzieren und die direkten Steuern, soweit sie darauf abzielen, vom Mehrwert der Kapitalisten etwas zugunsten des Staates und der öffentlichen Verwaltung abzuschöpfen, herabsetzen. Das ist in Bezug auf den Staat schon der allnationalen Regierungskoalition bis zu einem hohen Grade gelungen. Ich verweise nur auf die ständige Verschlechterung des Gesetzes über die Bauförderung, auf die Gesetzgebung in Bezug auf die Arbeitslosenunterstützung, auf das Invalidengesetz usw. Es ist ganz selbstverständlich, daß die besitzenden Klassen, denen in diesem Punkte gegenüber dem Staate der Appetit gereizt wurde, denen in Bezug auf die staatlichen Lasten nicht nur der kleine Finger, sondern die ganze Hand gereicht wurde, daß die Kapitalisten damit bei weitem nicht zufrieden sind und jetzt mit derselben Politik gegenüber der Selbstverwaltung beginnen. Wir müssen dabei in Betracht ziehen, daß nach verschiedenen Schätzungen die Ausgabenbudgets der gesamten Selbstverwaltungskörper, der Bezirke, Länder, Gemeinden und Gaue, ungefähr 4 Milliarden jährlich betragen, also im Vergleich zum Staatsbudget eine ganz gewaltige Summe. Diese Ausgaben - und das verschlimmert die Situation der Selbstverwaltung in den Augen der besitzenden Klassen - sind fast ausschließlich wirtschaftlichen, sozialpolitischen und kulturellen Aufgaben gewidmet. Wenn man die Ausgaben des Staates zusammenzählt, und zwar generös, indem man den gesamten Etat der Ministerien für Handel und Gewerbe, für Landwirtschaft, Post und Eisenbahnen, Bodenamt, soziale Fürsorge, Gesundheitspflege, und Volksaufklärung addiert, so kommt man zu einer Gesamtsumme von  3/2 Milliarden; wir sehen also, daß in dieser Beziehung die Selbstverwaltung eine weit größere Rolle für die besitzenden Klassen spielt, als sogar die staatliche Verwaltung. Daraus ist die Feindseligkeit der Bourgeoisie gegenüber der Selbstverwaltung schon reichlich zu erklären.

Noch deutlicher wird das, wenn wir - die Sache vom Gesichtspunkt der Steuerlasten betrachten. Nach einer offiziellen Statistik betrugen die Zuschläge der gesamten Selbst verwaltungskörper zu den direkten Steuern in den sogenannten historischen Ländern im Jahre 1922 insgesamt 1157 Millionen. Die Steuern selbst zu denen diese Zuschläge von der Selbstverwaltung eingehoben wurden, betrugen insgesamt 249 Millionen. Daher ist ein Zuschlagsprozentsatz von 465.4% insgesamt bei den Selbstverwaltungskörpern zu konstatieren. Dazu kommen noch, nach dem Budget für 1927 genommen, 950 Millionen Zuweisungen aus den staatlichen Steuern an die Selbstverwaltung. Wir sehen also: Vom Gesichtspunkt der Steuerleistung aus hat die Bourgeoisie von ihrem Standpunkt noch mehr Grund zur Feindseligkeit gegenüber der Selbstverwaltung. Daraus erklärt sich die feindselige Haltung der besitzenden Klassen, die die Politik dieses Staates seit seiner Gründung dirigiert haben, gegenüber der Selbstverwaltung, eine Politik, die besonders auf eine Einschränkung der finanziellen Machtbefugnisse der Selbstverwaltung abzielte. Das Gemeindewahlrecht, das die besitzenden Klassen unter dem Drucke der gewaltigen Revolutionsbewegung nach dem Ende des Weltkrieges gewähren mußten, dieses allgemeine gleiche Gemeindewahlrecht war für die besitzenden Klassen nur noch ein Grund mehr dafür, die finanziellen Freiheit der Gemeindeverwaltung einzuschränken, weil sie mit Recht befürchteten, daß der Einzug der arbeitenden Klassen in die Gemeindeverwaltung eine gewaltige Erhöhung der Gemeinde ausgaben für volkswirtschaftliche und sozialpolitische, vor allem aber für kulturelle Zwecke mit sich bringen werde. Aus diesem Geiste wurde die Finanznovelle vom Jahre 1919 geboren, die bereits eine Einschränkung der Finanzhoheit der Gemeindeverwaltung bedeute, indem die sogenannten Finanzkommissionen eingesetzt wurden. Aus diesem Geiste wurde auch das neue Gesetz über die Finanzen der Selbstverwaltung geboren. Das bedeutet erstens die Einschränkung des Ausgabenbudgets, zweitens die Einschränkung der Steuerzuschläge für die Selbstverwaltung und drittens den teilweisen Ersatz der Zuschläge zu den direkten Steuern durch Erhöhung der Einhebung von indirekten Steuern durch die Selbstverwaltung.

Das vorliegende Gesetz über die Selbstverwaltung bedeutet eine weitere Einschränkung der Befugnisse der gewählten Vertreter in der Selbstverwaltung. Es bedeutet, im ganzen genommen, daß der Einfluß der von der Bevölkerung gewählten, der Bevölkerung verantwortlichen Vertreter in der Selbstverwaltung, die aus diesem Grunde gezwungen sind, auf die Forderungen der Massen der Bevölkerung Rücksicht zu nehmen, eingeschränkt und daß dafür nicht nur der Einfluß der staatlichen Bürokratie, der gegenüber dem Volke verantwortungslosen Bürokraten erhöht wird, sondern der entscheidende Einfluß in der gesamten Verwaltung in die Hand der hohen staatlichen Bürokratie gelegt wird, die eben nichts anderes ist als ein blindes Werkzeug in der Hand der kapitalistischen Regierung. Damit sind wir aber auch schon bei der politischen Seite dieser Vorlage angelangt. Diese Vorlage bedeutet vom politischen Gesichtspunkt vor allem die Sicherung der Durchführung der dem arbeitenden Volke feindseligen Maßnahmen dadurch, daß sich die Bourgoisie den Apparat sichert, damit der ganze Verwaltungsapparat in ihrer Hand verläßlich fungiere und in der gesamten Verwaltung ihre Befehle auch in Bezug auf die wirtschaftliche Seite der Verwaltung vollzogen werden. Zweitens ist der Zweck dieser Reform der Verwaltung die Niederschlagung des Widerstandes der arbeitenden Klasse gegen die Stabilisierungsmaßnahmen der besitzenden Klassen. Auch soweit es sich um die Sicherung des Apparates in der Hand der Bourgoisie handelt, ist dieses Gesetz nichts Neues, sondern nur das letzte Glied - ich will nicht so optimistisch sein und sagen: die Krönung, denn es kann noch Schlimmeres kommen - das vorläufig letzte Glied einer ganzen Kette von derartigen Maßnahmen. Der Grundsatz der Selbstverwaltung durch gewählte Vertretungen wurde nicht erst von der deutsch-èechischen bürgerlichen Koalition er wurde vielmehr bereits von der früheren Regierungskoalition mit Füßen getreten, schon dadurch, daß im Jahre 1919 wohl einerseits das schändliche Privilegienwahlrecht in den Ländern und Bezirken beseitigt wurde, aber in der Form, daß eben jedwedes Wahlrecht überhaupt beseitigt wurde, daß damals an die Stelle der gewählten Vertretungen in Bezirk und Land die ernannten Verwaltungskommissionen traten, mit denen die allnationale Regierungskoalition während der ganzen Zeit ihrer Wirksamkeit fortwurstelte. Wir sehen also, daß dieselben, die heute das allgemeine gleiche Wahlrecht verteidigen, dieses bereits seinerzeit in der Selbstverwaltung zum großen Teile kassiert haben. Der Grundsatz der Selbstverwaltung überhaupt wurde schon durch die Gauverfassung vom Jahre 1920 verletzt und wir müssen gerade aus der Gauverfassung vom Jahre 1920 heraus, die das Werk der agrarisch-sozialistischen Koalition war, das heutige Gesetz über die Reform der öffentlichen Verwaltung erklären. Es ist gewißermaßen in der Hauptsache das Kind dieses bereits bestehenden Gesetzes. Schon diese Gauverfassung enthielt eine ganze Reihe der reaktionären Bestimmungen der heutigen Vorlage, vor allem die Auslieferung der Selbstverwaltung an die staatliche Bürokratie, die Verstaatlichung der gesamten öffentlichen Verwaltung, dann die lächerliche Stellung der gewählten Vertretungen in der öffentlichen Verwaltung, die sich nicht einmal den Vorsitzenden wählen dürfen und in einer ganzen Reihe von Aufgaben, die die Verwaltung zu besorgen hat nichts dareinzureden haben. Ferner die Bestimmung, daß die Vollzugsorgane den gewählten Vertretungen nicht verantwortlich sind, daß die Kompetenz auf Beschlüsse in wirtschaftlichen Angelegenheiten beschränkt wird, auf deren Durchführung sie keinen Einfluß haben, weil die Durchführung nicht in ihrer Hand ist, und auf das Veto des Bürokraten, das er als Vorsitzender gegen die Beschlüsse der gewählten Vertretung einlegen kann. Das zeigt die klägliche Rolle derselben und ihre ganze Schmach. Das alles war schon in der reaktionären Gauverfassung der allnationalen Koalition enthalten und die deutsch-èechische Regierungskoalition ist in dieser Hinsicht nur die Schülerin der allnationalen Koalition. Auch der Grundsatz der ausschliesslichen Wählbarkeit der Vertretungen ist bereits in der Gauverfassung vom Jahre 1920 durchbrochen worden, denn in dieser waren bereits für die Slovakei Vorkehrungen dafür getroffen, daß ein Teil der Gauvertretungen und der wichtigsten Stadtvertretungen von der Regierung ernannt werden kann. Wir sehen, daß die Gauverfassung bereits denselben reaktionären Geist atmete wie diese Vorlage, weshalb wir selbstverständlich nicht das Gaugesetz als das Vorteilhaftere und Bessere gegenüber der heutigen Vorlage verteidigen können. Im Jahre 1921 kam die Novelle zur Gemeindeordnung, welche der Regierung das Recht in die Hand gab, den Gemeinden den wichtigstens Teil ihres Wirkungskreises abzunehmen. Wir sehen also: dieser Vorlage ist eine ganze Reihe von Maßnahmen und Streichen, die gegen die Selbstverwaltung gerichtet sind, vorangegangen. Die heutige Koalition geht nur in den ausgefahrenen Geleisen der allnationalen Koalition weiter, nur daß sie eben auf diesem Geleise ein gutes Stück weiterfährt, als die allnationale Koalition seinerzeit gefahren ist.

Soweit es sich um den zweiten politischen Zweck der Regierungsvorlage handelt, um die Niederschlagung des Widerstandes der arbeitenden Klassen gegen die Stabilisierungspolitik der besitzenden Klassen durch Gewalt, durch polizeiliche, strafrechtliche und ähnliche Maßnahmen, soweit also die Bestimmungen dieser Verwaltungsreform im Bezug auf das Polizeistrafrecht, das Prügelpatent in Betracht kommen, die ja noch eine Ergänzung durch ein besonderes Gesetz erfahren werden - wir können uns heute schon eine Vorstellung machen, wie dieses Gesetz aussehen wird - so ist auch hier die Vorlage nur die konsequente Fortführung der Politik, die in diesem Staate von seinem Beginn an gemacht wurde, der Politik der Polizeibrutalitäten, die in der Zeit der allnationalen Koalition bereits bei verschiedenen Gelegenheiten sich derart häuften, daß sie von der heutigen deutsch-èechischen Koalition bisher noch nicht übertroffen werden konnten. Ich verweise auf das Gesetz zum Schutze der Republik und auf die Preßgesetznovelle. Die Novelle zur Gemeindeordnung vom Jahre 1921, die ich bereits erwähnt habe, gab schon der Regierung das Recht, den Sicherheitsdienst den Gemeinden abzunehmen und vollständig in die Hände der staatlichen Polizei zu legen. Daß diese Verwaltungsreform, wie sich diese Vorlage nennt, organisch herausgewachsen ist aus der ganzen bisherigen Politik, die von den Regierungen in diesem Staate befolgt wurde, und daß sie die organische Fortsetzung aller dieser bisherigen Politik ist, das ist notwendig festzustellen zur Charakterisierung der Vorlage, aber auch zur Feststellung der Verantwortlichkeit für die Vorlage, mit der wir uns jetzt beschäftigen. Es handelt sieh nicht nur um die Verantwortlichkeit der Bourgoisie, bei der diese Tendenz und Politik eine Selbstverständlichkeit ist. Es ist selbstverständlich, daß die Bourgoisie das Bestreben hat, ihre Klassenherrschaft auszubauen und gegen die arbeitende Klasse schärfer zu gestalten; sondern es handelt sich um die Feststellung der Verantwortlichkeit jener Arbeiterparteien, die diese Politik durch Jahre hindurch mit den Vertretern der bürgerlichen Parteien mit gemacht haben, die einen Teil des Proletariates auf den Wege der Stabilisierungspolitik, auf den Wege der Befestigung der kapitalistischen Wirtschaftsordnung und damit der Klassenherrschaft der Bourgoisie des bürgerlichen Staates geführt haben. Selbstverständlich wird die Bourgoisie, die eben durch diese Stabilisierungspolitik gestärkt worden ist, weil ihre wirtschaftliche Position gestärkt wurde und dadurch selbstverständlich auch ihre politische Position, ihre politische Macht, jetzt, wo sie infolge dieser gewaltigen Stärkung allein an der Regierung ist, konsequent in dieser Stabilisierungspolitik weitergehen die Tendenz dieser Politik verstärken. Sie will dieser Stabilisierungspolitik die Krone aufsetzen und daher bedeutet die jetzige Vorlage die Verschärfung alles dessen, was bisher auf diesem Gebiete in diesem Staate zu verzeichnen war. Da noch Gelegenheit sein wird, von Seite anderer Rendner unserer Partei, sich mit den einzelnen Seiten dieser Vorlage zu beschäftigen, will ich nur die Wichtigsten herausgreifen.

Die Bestimmung der Regierungsvorlage, die die Aufhebung der bisherigen Gauordnung, der Gaueinteilung beinhalten und die alte Länderverwaltung wiederherstellt, ist in erster Linie gegen jedweden Gedanken auch nur einer nationalen Autonomie der Minderheitsvölker in diesem Staate und in zweiter Linie darauf gerichtet, möglichst große unübersichtliche Verwaltungsapparate mit einer ungeheuern Beamtenzahl zu schaffen; denn je größer der Beamtenapparat, desto gewaltiger ist auch selbstverständlich die Herrschaft des Bürokratentums in diesem Apparat.

Für Böhmen bedeutet das, daß auch der Gedanke der nationalen Autonomie nicht einmal mehr in der schwindelhaften Form der beiden sogenannten deutschen Gaue Böhm.-Leipa und Karlsbad existieren darf, daß auch dieser Spaß den nationalen Minderheiten weggenommen wurde. Selbstverständlich wären auch diese beiden Gaue bei der absoluten Einflußlosigkeit und Machtlosigkeit der gewählten Vertretungen nach dem Gaugesetze alles andere nur keine nationale Autonomie gewesen. Soweit Mähren und Schlesien in Betracht kommen, soll die Vereinigung dieser beiden Länder in ein einziges Land nichts anderes bedeuten, als der ungeheuren Gefahr zu steuern, daß in der schlesischen Landesverwaltung keine èechische Mehrheit vorhanden sein könnte. Dieser Grundsatz ist ja auch schon in der Gauordnung verwirklicht worden. Denn auch die Gauordnung räumt mit dieser Gefahr bereits auf und zereißt das Land Schlesien, indem sie dieses Land gemeinsam mit mährischen Gebieten auf zwei verschiedene Gaue aufteilt. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Slavíèek.)

Soweit die Slovakei in Betracht kommt, ist hier der ganze Schwindelcharakter dieses Gesetzes am deutlichsten offenbart. In der Begründung, die der Berichterstatter Dr Kramáø gegeben hat, und in einem Artikel der gestrigen Ausgabe der "Národní Politika" wird konsequent von einem Lande der Slovakei, wird davon gesprochen, daß die Slovakei dadurch ein Land geworden sei, daß die Gaue abgeschafft werden und an Stelle der Gaue eben die slovakische Landesverwaltung tritt. In Böhmen, Mähren und Schlesien betont man, weil ja die Verfassung bekanntlich den Paragraphen enthält, daß die Landtage aufhören, daß also die alte historische Landsordnung zu bestehen aufhört, ängstlich, daß diese Landesvertretungen keine Landtage sein sollen. In der Slovakei aber gehen die Anhänger vor allem der klerikalen slovakischen Volkspartei, der Hlinkapartei, mit der Behauptung krebsen, die Verwaltungsreform gebe ihnen einen slovakischen Landtag. Wir sehen also, dieselben Vertretungen sind in Böhmen, Mähren und Schlesien keine Landtage, in der Slovakei aber sollen sie auf einmal Landtage sein. In Wirklichkeit handelt es sich um nichts anderes, als daß an die Stelle der verschiedenen Gaue ein einziger slovakischer Gau tritt.

Wichtig ist, daß diese Gauvertretung, die für die gesamte Slovakei einheitlich und einzig sein wird, nicht einmal so viel Kompetenz wie die bisherigen Gauvertretungen haben wird. Wenn man das vom Gesichtspunkte auch nur der Verwaltungsautonomie betrachtet, bedeutet das für die Slovakei eine Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Zustand. Das geht schon daraus hervor, daß die zweite Verwaltungsinstanz von der Slovakei nach Prag verlegt worden ist.

Ein ähnlicher, aber noch schlimmerer Schwindel wird mit jedem Gebiete aufgeführt, das in der Verfassung den Namen Podkarpatská Rus erhielt, um seinen wirklichen ethnographischen Zusammenhang mit der Ukraine gewissermaßen amtlich zu streichen. Der Herr Justizminister Mayr-Harting hat sich erst dieser Tage in Beantwortung einer Interpellation zum Hüter der verfassungsmäßigen Einheit der Èechoslovakischen Republik aufgespielt und erklärt, daß es vom staatsrechtlichen Standpunkte ganz in Ordnung sei, wenn die Bezeichnung "Karpatho-Ukraine", die doch ethnographisch die einzig richtige Bezeichnung ist, verboten und in der Presse konfisziert wird, gewissermaßen als Hochverrat gegen den èechoslovakischen Staat. (Výkøiky na levici.)

Soweit die Karpatho-Ukraine und die Slovakei in Betracht kommen, sehen wir hier, welchen Wert die Versprechungen und die Unterschriften der Politiker der bürgerlichen Staaten besitzen, und gerade diese Vorlage der Verwaltungsreform bestätigt, daß die Herren Kramáø und andere, die für diese Verwaltungsreform verantwortlich sind, aber auch jene, die bisher schon in der allnationalen Koalition das Verlangen der Karpatho-Ukraine nach Erfüllung der Versprechungen der Verträge unbeachtet gelassen und durch das Sprachengesetz, bezw. durch die Sprachenverordnung diese Autonomie direkt mit Füssen getreten haben, bei jenem genialen Politiker in die Schulen gegangen sind, dessen 400. Todestag am 22. Juni gefeiert wurde und der von der gesamten bürgerlichen Presse als der Ausbund der Schlechtigkeit hingestellt wurde, weil er die Grundsätze der Regierungskunst der herrschenden Klassen mit aller brutalen Offenheit und Wahrheit nackt hinstellte. Wenn wir im 18. Kapitel des Buches von Macchiavelli "Über den Fürsten" lesen: "Jedem ist es klar, daß es lobeswürdig ist, wenn ein Fürst sein Wort hält und mit Rechtschaffenheit und ohne Hinterlist seinen Weg geht. Allein die Erfahrung unserer Tage lehrt uns, daß bloß jene Fürsten mächtig geworden sind, die es mit Treu und Glauben leicht nahmen und sich darauf verstanden, andere zu täuschen und zu betrügen, und daß jene, welche redlich ihre Verbindlichkeiten befolgten, am Ende übel wegkamen. Ein kluger Fürst darf daher sein Versprechen nie halten, wenn es ihm schädlich ist, oder die Umstände, unter denen er es gegeben hat, sich geändert haben", und wenn wir dann lesen, daß selbstverständlich zum Bruch eines Versprechens auch der Vorwand gehört, wenn Macchiavelli über den Fürsten und das von ihm gegebene Versprechen schreibt: "Es wird ihm auch nie ein Vorwand fehlen, den Bruch desselben zu beschönigen" - dann müssen wir gestehen, daß Macchiavelli der direkte Lehre aller jener war, die diesen Staat gegründet, ihm in den Jahren bisher regiert haben, die für seine Verfassung, seine Gesetze und seine ganze Regierung verantwortlich sind. (Souhlas a potlesk komunistických poslancù.)

Wenn wir den Pittsburger Vertrag, ferner die Klausel über die Karpatho-Ukraine im Friedensvertrage von St. Germain, den karpatho-ukrainischen Paragraphen in der Verfassung betrachten und das Verhalten der Regierenden ohne Ausnahme in diesem Staate, auch jener, die von Humanität und Ehre und Redlichkeit in der Politik bei jeder Gelegenheit Phrasen dreschen, so müssen wir sagen: Fleisch vom Fleische, Blut vom Blute Macchiavellis. Dr Kramáø steht jetzt an der Spitze dieser Politik, die nach diesen Grundsätzen handelt.

Dr Kramáø braucht aber nicht 400 Jahre zurückzugehen, um den Lehrer für diese seine Politik zu finden. Dr Kramáø hat einen Lehrer gehabt, der ihm persönlich sehr nahe stand, den er persönlich sehr verehrte, mit dem er persönlich auf sehr gutem Fuße stand und der ihm gezeigt hat, wie man Versprechungen, die man Völkern gegeben hat, halten muß. Dieser Lehrer war kein anderer als Kaiser Franz Josef I. von Österreich. (Souhlas a potlesk komunistických poslancù.) Und was Herr Dr Kramáø gegenüber der Slovakei und der Karpathoukraine tut, ist nichts anderes als die Komödie, die Franz Josef seinerzeit aufgeführt hat mit dem Reskript vom 12. September 1871 und mit den bekannten Fundamentalartikeln. Dr Kramáø als der beste Schüler seines großen Lehrers Franz Josef I, er war wie geschaffen dazu, er war die geeigneteste Persönlichkeit, um hier an dieser Stelle den Auftrag der deutsch-èechischen bürgerlichen Koalition auszuführen, die Henkerarbeit an der Slovakei und Karpathoukraine zu vollziehen. Aber Dr Kramáø ist auch der berufene Mann, um hier ein anderes Henkeramt zu vollziehen, um nicht nur der Preminger der Selbstverwaltung in dieser Republik zu sein, sondern auch, um dem Polizeiabsolutismus die Wege zu ebnen, dem restlosen, vollständigen Polizeiabsolutismus. Herr Dr Kramáø wird ja am 25. November dieses Jahres das 30jährige Jubiläum seiner, ich möchte sagen, Vermählung mit der Polizei feiern. Es war freilich die k. k. österreichische Polizei. Es war am 25. November 1897, als Dr Kramáø, um das österreichische Vaterland und Franz Josefs Herrschaft zu retten, die Polizei - zum erstenmal seit dem Bestand des Staates - ins Abgeordnetenhaus in Wien rief, um Abgeordnete mit Polizeigewalt aus dem Saal hinauswerfen zu lassen. In dem bekannten politischgeschichtlichen Werk "Èeská Politika" welches im Jahre 1909 erschien, rechtfertigt Dr Kramáø, der den zweiten Teil des dritten Bandes schrieb, auf Seite 609 dieses Bandes seine damalige Handlungsweise mit den Worten: "Šlo o trvání mocnáøství". Es handelte sich um den Bestand der Monarchie. Und damit war natürlich politisch und moralisch seine Vermählung mit der kaiserlich-königlichen Polizei voll gerechtfertigt. Und in demselben Werk beschwert er sich darüber, daß die Polizei, die zwar auf seinen Ruf in den Saal kam und die Abgeordneten hinauswarf, auf halben Wege stehen blieb, daß man die Abgeordneten nicht verhaften ließ, er beschwert sich darüber, daß man sich in Wien vor Straßendemonstrationen fürchtete, obzwar, wie er mit Genugtuung konstatiert, am Tage vorher eine Eskadron von k. u. k. Husaren genügt hatte, um in den Straßen Wiens die Arbeiterschaft zu Paaren zu treiben. Man traute sich nicht, dem arbeitenden Volke Wiens zu trotzen, man traute sich nicht, die Abgeordneten einzusperren, so klagt Dr Kramáø in dem Buche "Èeská Politika" über die damalige Unverläßlichkeit der k. k. Polizei. Und er schrieb dazu die schönen Worte, die seine alte Liebe zu der deutschen Bourgeoisie drüben im Reiche verraten: "V Berlínì se na vìci dívají jinak". In Berlin sieht man solche Dinge anders an, dort ist man strammer als im alten Österreich, so klagte Dr Kramáø.


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