Und horchen wir in unser Volk hinein, so finden
wir, daß die Idee des freien völkischen Zusammenschlusses
in den breitesten Schichten des Volkes und bei der weitaus größten
Anzahl der Volksgenossen lebendig ist; ist sie auch oft nur in
ein Hinterstübchen des Herzens gedrängt, so bricht sie
im gegebenen Augenblicke doch immer wieder hervor. Um die Wahrheit
dieser Behauptungen darzutun, ist es gar nicht nötig, auf
die völkische Bewegung im Reiche, in Österreich, in
den anderen Ländern mit deutschen Minderheiten, oder auf
die völkischen Deutschen in diesem Staate hinzuweisen, sondern
es genügt festzustellen, daß selbst die deutschen Regierungsparteien,
die unter den heutigen Verhältnissen mit berechtigter Entrüstung
den Vorwurf zurückweisen würden, sie stünden nicht
ganz, sondern nur mit einem gewissen Vorbehalt auf dem
Boden des èechischen Staates, es doch für notwendig
und im demagogischen Sinne für angezeigt halten, in ihren
großen programmatischen Kundgebungen auch irredentistische,
großdeutsche Kernsprüche - gleich Lichtern in ein düsteres
Gemälde - einzusetzen, so z. B.: "Niemand
kann uns die Sympatien für das große deutsche Volk
verbieten, deswegen haben wir die volle Berechtigung, nicht nur
zu schielen nach Deutschland, sondern im vollen Licht des Tages
frank und frei hinüberzuschauen," und es ist das Bedeutsame
dabei, daß sie damit bei ihren Parteigenossen, nach den
Zeitungsberichten wenigstens, stets den größten Beifall
auslösen.
Die Idee, die Völker und ihre Minderheiten
als solche staatsrechtlich zu organisieren, ist einmal unleugbar
wirksam und lebendig, sie ist der Kernpunkt des ganzen Minderheitenproblems,
mögen über die Art ihrer Durchführung noch so verschiedene
Meinungen bestehen. Sie ist nicht nur eine echte Quelle öffentlichen
Rechtes, sondern auch der Maßstab dafür, ob und inwieweit
ein Staat, der völkische Minderheiten beherbergt, durch seine
Gesetzgebung diese Forderung einer allgemein als notwendig empfundenen
sittlichen Rechtsordnung auch verwirklicht hat oder nicht. Wie
weit ist aber dieser Staat von dem entfernt, was da in dieser
Beziehung sein sollte!
Hier wird immer mit einem gewissen heuchlerischen
Augenaufschlag der Teil des Friedensvertrages, welcher über
das Recht der deutschen Minderheit handelt, als eine Art objektiver
Maßstab ausgegeben. Nach den gemachten Erfahrungen, insbesondere
mit der Sprachenverordnung, wissen wir, daß er von den Regierenden
höchstens als ein Höchstmaß dessen gewertet wird,
was den Minderheiten zuzugestehen wäre, die Wirklichkeit
bleibt aber weit selbst unter diesem Höchstmaß zurück.
Wir anerkennen aber diesen Maßstab überhaupt nicht
an, sondern wir besitzen für alle diese Dinge eben einen
eigenen und wie wir mit guten Grunde glauben, einen richtigeren
und zuverlässigeren, nämlich das allgemeine Rechtsgefühl,
das nur eine Forderung kennt, das Selbstbestimmungsrecht der Nationen.
Das ist unser, der Minderheitsvölker in
diesem Staate, Recht, und diesem Recht gegenüber steht drohend
und finster die Macht des Staates.
Solange ein Staat seine Macht im Sinne der
durch das allgemeine Grundgefühl als richtig anerkannten,
sittlichen Grundsätze gebraucht, schafft er durch seine Macht
auch das Recht, daher der Satz, Macht ist Recht; in dem Augenblicke
aber, da er diese Grundsätze beiseite schiebt, wird aus der
Macht die Übermacht, die Gewalt, und diese ist nicht mehr
imstande, wahre Rechtssätze zu schaffen, sondern bloß
Gewaltmaßnahmen. Und damit ist das Verhältnis der Minderheitsvölker,
insbesondere des deutschen zu diesem Staate gekennzeichnet. Es
ist kein Rechtses ist bloß ein Gewaltsverhältnis. Mit
Gewalt aber schafft man keine innerpolitische Beruhigung, es wäre
denn, daß man da an den Grundsatz der alten Metternichschen
Zeit denkt: "Ruhe ist des Bürgers Pflicht.
"An dieser Tatsache nämlich des Gewaltverhältnisses,
ändert auch der Umstand nichts, daß die deutschen Regierungsparteien
an den geheimen und öffentlichen Beratungen und Abstimmungen
der verschiedenen Organe der Regierung teilnehmen. Diese Tatsache
verscheucht aber auch endgültig den ganzen Spuk der
sogenannten deutschèechischen Symbiose. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda dr Buday.)
Meint man damit Äußerungen und Äußerlichkeiten
des Völkerlebens, wie Erwerbs- und Handelsbeziehungen, Verzahnung
der Siedlungsgrenzen, gegenseitige Bastardierung, so mag das in
gewisser Beziehung richtig sein, wenn auch da so manches einzuwenden
wäre und die ganze Erscheinung als Ergebnis einer tausendjährigen
Geschichte nicht weiter verwunderlich ist, aber die Bezeichnung
Symbiose verliert sofort jede Berechtigung, wenn das Innenleben,
die Gefühle, der Charakter der Völker in Betracht gezogen
wird.
Da lehnen sich die Völker auf Grund ihrer
natürlichen Gefühle grundsätzlich ab und die Ablehnung
seitens der Slaven und Magyaren gegen die Deutschen ist weit stärker,
als umgekehrt. Nicht gegenseitige Unterstützung, sondern
Vernichtung des Schwächeren durch den Stärkeren lehren
die hiesigen Verhältnisse.
Nur so ist es zu erklären, daß der èechische
Staat bisher an dem Kern des ganzen Minderheitenproblems, das
doch sein eigentliches Staatsproblem ist, geflissentlich
vorbeisah und nicht duldete, daß es irgendwie, selbst in
der leisen Form einer Revision der parlamentarischen Geschäftsordnung
angeschnitten worden wäre.
Die èechischen Machthaber gestatten den zwei deutschen
Parteien die Teilnahme an ihren Beratungen, wie wir heute wissen,
nur "ohne der Voraussetzung irgend eines nationalpolitischen
Programmes". Vor Tisch allerdings las man das anders. Ich
kann mich sehr wohl erinnern, daß im vorigen Frühjahr
Mitglieder der deutschen Regierungsparteien von schriftlichen
Abmachungen und einer ganzen Leporelloliste von nationalpolitischen
Forderungen zu berichten wußten, deren allmähliche
Erfüllung ihnen von der Gegenseite zugesagt worden wäre.
Daher können auch die deutschen
Regierungsparteien nicht an den Kern des Staatsproblems heran.
Sie müssen sich mit wirtschaftlichen und Kulturfragen befassen
und da nur so weit, als es ihnen ihre èechischen Herren
gestatten und nennen das leuphemistisch "Teilhaben an der
Macht im Staate" und "Mitregieren".
Wäre dem anders, würde offenbar, daß durch die
Mitarbeit der deutschen Parteien das Problem der Minderheiten
angeschnitten und eine alle Teile befriedigende Lösung auch
nur versucht würde, so würde meine Partei die erste
sein, welche da aufhorchen und den neuen Kurs registrieren würde.
So aber muß festgestellt werden, daß
nur das machtvolle Auftreten der Opposition es erreicht hat, daß
die sogenannte Verwaltungsreform wenigstens teilweise umgearbeitet
werden soll. Wir sind begierig, was da herauskommen wird. Das
Wesen dieser Reform ist die weitere Drosselung, ja Vernichtung
der autonomen Verwaltung, ihre Überführung für
Land und Bezirk in die Hände der Staatsverwaltung. Mögen
sich auch Wirtschaftsfanatiker aller Nationen für sie begeistern,
uns schwindet mit der autonomen Verwaltung die einzige Zelle des
staatlichen Verwaltungsorganismus, in der ein völkisches
Eigenleben überhaupt möglich ist.
Wenn in dieser Beziehung wesentliches erreicht
würde, dann vielleicht könnte von einem Aktivismus der
deutschen Parteien gesprochen werden.
Dasselbe gilt analog für die ganze Steuerreform.
Alle sogenannten maßgebenden Faktoren vom Herrn Finanzminister
angefangen sind überzeugt, daß die Steuern in jeder
Richtung viel zu hoch sind und das Wirtschaftsleben erdrücken.
Anstatt aber die Ausgaben des Staates entsprechend seinen wirtschaftlichen
Kräften herabzusetzen, müht und plagt man sich in monatelangen
Beratungen ab, die Summe des einmal unabänderlichen Staatserfordernisses
auf die einzelnen Arten des Einkommens aufzuteilen, und es ist
dabei das interessante, daß diejenigen, welche sonst immer
den volkswirtschaftlichen Erwägungen den Vorrang vor den
politischen einräumen, nunmehr das Umgekehrte tun und ihre
augenblicklich günstige politische Lage rücksichtslos
ausnutzen.
Das Staatserfordernis selbst ist aber eine
Größe, die nicht angetastet werden darf, ist es doch
das Ergebnis der immer noch im französischen Kurse schwimmenden
Außenpolitik dieses Staates. So wird auch in dieser hochwichtigen
Frage das Pferd von rückwärts aufgezäumt.
So muss sich der deutsche Teil der èechischen Regierungsparteien
allerdings begnügen, eine Atmosphäre der wirtschaftlichen
und kulturellen Zusammenarbeit und dadurch eine Besserung der
nationalen Lage zu schaffen. Abgesehen, daß
dieser Satz nach dem, was wir hier seit dem vorigen Frühjahr
erfahren haben, nur als Wunsch für eine ungewisse Zukunft
aufgefasst werden kann, ist diese Art von Zusammenarbeit ja nur
dadurch möglich geworden, daß die Aktivisten sie vollkommen
voraussetzungslos leisten, also sich aller und jeder positiven
politischen Idee entäußert haben. Eine derartige Selbstlosigkeit
und Bescheidenheit ist allerdings neu, aber sie ist nichts weniger
als eine Idee und vor allem auch nicht fruchtbar.
Wir Deutschnationalen können beim besten
Willen keine Früchte erkennen, welche diese neue politische
Idee dem deutschen Volkstum getragen hätte. Allerdings sind
wir uns dessen bewusst, daß man in der Politik über
das Wesen eines Erfolges ganz verschiedener Meinung sein kann
und daher auch Zuwendungen rein vermögensrechtlicher Natur
seitens der Regierung, welche unmittelbar oder mittelbar in die
Taschen von Einzelnen oder ganzer Parteiorganisationen fließen,
als solche wünschenswerte Früchte und Erfolge bezeichnen
und sogar vertreten kann, während wir, die wir schon einmal
etwas kritisch veranlangt sind, in solchen Fällen höchstens
von politischer Korruption sprechen würden.
Wir wollen schließlich zugeben, daß
es den deutschen Ministern möglich war, in ihren eigenen
Ressorts in einigen Einzelfällen ihren eigenen Willen durchzusetzen,
aber über bloße Ansätze ist es auch da nicht hinausgekommen.
Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht umhin,
betreffs des Sprachenrechtes der Ausländer dem Herrn Justizminister
etwas vorzuhalten. Die Ministerbank ist leider leer. Weit und
breit ist niemand zu sehen; es ist so, als ob hier über alles
andere, nur nicht über Minister gesprochen würde, und
doch, glaube ich, daß gerade heute an diese Stelle jene
Männer gehören, denen wir alle doch so manches zu sagen
haben. (Výkøiky na levici.) Und
insbesondere dem abwesenden Herrn Justizminister. (Výkøiky
na levici.)
Der Oberste Verwaltungsgerichtshof hält,
wie bekannt, auch in seinen jüngsten Entscheidungen an seiner
insbes. in den Entscheidungen vom 5. Oktober 1921, Z. 12.285,
14. Feber 1923, Z. 2807, 16. Mai 1925, Z. 13.137/24, 16. September
1925, Z. 17.139, ausgesprochenen und ausführlich begründeten
Anschauung fest, daß auch fremde Staatsbürger der sprachlichen
Minderheitsrechte teilhaftig sind, wenn sie Angehörige einer
zulässigen Minderheitssprache sind. Alle Verwaltungsbehörden
haben sich der Anschauung des Obersten Verwaltungsgerichtes unterworfen,
sogar auch das Innenministerium. Hingegen hat das Justizministerium
den gegenteiligen Standpunkt eingenommen, indem es sich auf den
Plenissimarbeschluß des Obersten Gerichtshofes v. 20. Mai
1920, präs. 465/20, stützt. Nun ist aber der Oberste
Gerichtshof keine Instanz in Sprachenfragen mehr, da Sprachenstreitigkeiten
abgesondert von der Hauptsache als Sachen der Justizverwaltung
zu entscheiden sind (nach § 7 Sprachengesetz und Art. 96
Sprachenverordnung). Das Justizministerium hat seinen Standpunkt
auch nach Erscheinen der Sprachenverordnung nicht aufgegeben,
ja ihn noch in der Entscheidung vom 9. März 1926, Z. 3418/26,
und anderen ausdrücklich vertreten.
Es ist nun in diesem Staate der merkwürdige
Fall eingetreten, daß über eine und dieselbe Rechtssache
die zwei höchsten Gerichtsinstanzen ganz entgegensetzter
Ansicht sind, sich ihre Entscheidungen diametral widersprechen.
Es ist dies ein unhaltbarer Rechtszustand und der Herr Justizminister
hat bisher nichts getan, um diesem Zustande, der nachgerade ein
europäischer Skandal zu werden droht, ein Ende zu bereiten,
obwohl er wohl der einzige dazu Berufene wäre. Ja es kommt
noch besser.
Seit ungefähr drei Viertel Jahren hat
das Justizministerium über keine der zahlreichen, das Sprachenrecht
der Ausländer betreffenden Beschwerden mehr entschieden,
während es andere Sprachenbeschwerden mit der in der Sprachenverordnung
und im eigenen Erlasse Nr. 6/26 gebotenen Beschleunigung erledigt
und auch vorher Beschwerden betreffend das Sprachenrecht der Ausländer
rasch erledigt hat.
Nur diesem Säumnis des jetzigen Herrn
Justizministers ist es zu danken, daß in letzter Zeit ein
Kreisgerichtspräsident an einen ihm unterstehenden
Richter den kategorischen Auftrag richtete, daß er mit Reichsdeutschen
nur in der èechischen Sprache verhandeln und Eingaben von
ihnen und von ihren Vertretern nur in dieser Sprache annehmen
dürfe. Und das übergeordnete Oberlandesgericht
billigte ausdrücklich diesen Vorgang!
Und noch eines Umstandes wäre in diesem
Zusammenhange zu gedenken:
Seit dem Umsturz sind in die deutschen Gebiete eine Unmenge Richter
und Beamte èechischer Nationalität versetzt, dagegen
sind eine ganze Reihe deutscher Richter und Beamter ins èechische
Gebiet und in die Slovakei versetzt und ihnen hiedurch schwerer
Schaden zugefügt worden.
Mit Ausnahme von zwei oder drei der krassesten
Fälle ist bis jetzt alles beim alten geblieben.
Gerichtshofpräsidenten und -Vizepräsidentenstellen
waren und sind noch im deutschen Siedlungsgebiet zu besetzen.
In einzelnen Fällen - so in Brüx - wurde ein Èeche
ernannt, sonst aber sind die Stellen noch offen.
Man wird doch wohl voraussetzen können,
daß auch nach der mit allgemeiner Spannung erwarteten Systemisierung
der Beamtenstellen jeder Gerichtshof seinen Präsidenten haben
wird, daher eine diesbezügliche Ausrede zurückgewiesen
werden müßte.
Weiß der Herr Justizminister von alle
dem nichts oder traut er sich hier nicht einzuschreiten?
Hier handelt es sich doch nicht einmal um eine
Mitarbeit, ein Mitregieren, es ist doch sein eigenes Ressort,
warum erledigt er die Beschwerden der Reichsdeutschen nicht, fällt
ihm da das Regieren gar so schwer? Fast scheint es, daß
er schon möchte, aber er darf nicht wie er wollte.
Und so wie in diesem Falle, sieht es mit den
Erfolgen und dem Anteilhaben an der Macht, der Mitarbeit im Staate
überhaupt aus; sie möchten schon, aber sie dürfen
nur das tun, was die anderen wollen. Und so sieht auch die Atmosphäre
aus, in der solche Mitarbeit zugelassen wird.
Unter solchen Umständen kann es niemanden Wunder nehmen,
daß die Èechisierungsarbeit der ganzen Staatsverwaltung
unaufhaltsam weiter schreitet, daß dank der Bodenenteignung
überall èechische Kolonien im deutschen Gebiet entstehen,
daß nirgends mehr eine schwarz-rot-gelbe
Fahne gehißt werden darf, ohne daß die politische
Bezirks- und Landesverwaltung darin eine Provokation der èechischen,
ortsansässigen Minderheit sehen und deshalb bestrafen würde,
wenn auch diese Minderheit nur aus dem èechischen Gendarmen
und seiner Familie besteht, wohingegen die èechischen
Massen-Provokationsausflüge ins deutsche Gebiet, die bereits
für die allernächste Zeit angekündigt sind, ohneweiters
für zulässig erklärt werden. Der Deutsche hat sich
jederzeit provozieren zu lassen, das ist ein
Artikel der jetzigen ungeschriebenen Verfassung. Auch in der Schulfrage
vermögen wir beim besten Willen keine Abwehr vom alten Kurse
wahrzunehmen.
Den Herrn Arbeitsminister möchte ich in
diesem Zusammenhange fragen, wo steckt das so lange erwartete
Zivilingenieurgesetz? Ist die Pause in den Beratungen vielleicht
darauf zurückzuführen, daß er die berechtigten
Wünsche der deutschen Ingenieure nicht erfüllen kann
oder mag?
Und doch hat die gegenwärtige gemischtnationale
Regierung einen Erfolg allerdings ganz eigener Art zu verzeichnen!
Nur ihr ist es zu danken, und nur durch sie
ist es möglich gewesen, daß die Wehrvorlagen, die Verwaltungsreform,
die Steuerreform in der uns bekannten Gestalt zur Beratung gestellt
wurden. Unter keiner anderen Regierung wäre das möglich
gewesen.
Ich will heute gar nicht mehr davon sprechen,
was Wehrvorlagen und Verwaltungsreform für uns Deutsche überhaupt
und für unser Wirtschaftsleben im besonderen bedeuten, will
nur mit Rücksicht auf den Wortlaut des Mißtrauensantrages
sagen, daß wir Deutschnationalen uns keineswegs als Hüter
der Verfassung dieses Staates aufspielen wollen, einer Verfassung,
welche ohne unser Zutun zustande gekommen ist und die für
uns nur Geltung hat, weil der èechische Staat eben die
Macht, besser die Gewalt sein Eigen nennt,
sie auch uns gegenüber zur Anwendung zu bringen, die uns
aber innerlich fremd ist und uns auch nach 7 Jahren ebenso fremd
geblieben ist.
Aber das ändert nichts an der Tatsache,
daß die jetzige Regierung die Verfassung ihres eigenen Staates
durch diese Vorlagen verletzt und gebrochen bat. An und für
sich mag sie das mit sich selbst ausmachen.
Wir folgern aber daraus, daß die Macht
in diesem Staate nicht dazu gebraucht wird, um Recht zu bilden
und Recht zu schützen, sodaß das gesatzte Recht auch
gleichzeitig die sittliche Schranke für die Staatsmacht selbst
wird und als eine heilige unverletzliche Sache gilt, sondern daß
die Regierung dieses Staates das gesatzte Recht als bloßes
Mittel ansieht, um jeweils ihre politischen Parteiwünsche
zu befriedigen. Wenn es ihr beliebt, überschreitet sie die
Schranke des Rechtes willkürlich und ohne jedes Bedenken.
Sie stellt sich selbst außerhalb jedes gesatzten Rechtes,
sie verachtet Gesetz und Recht, sie ist es, welche die Gewalt
an Stelle des Rechtes setzt.
Der alte macchiavellistische Satz, der Zweck heiligt die Mittel,
ist der oberste Leitgedanke der ganzen èechischen Politik.
Zweck des Staates ist, auf Kosten der Minderheitsvölker den
èechischen Einheits- und Nationalstaat zu schaffen,
die Wahl der Mittel ist der jeweiligen Regierung ganz anheimgestellt.
So war es am Anfang dieses Staates, so ist es auch heute, obwohl
auch zwei deutsche Parteien Anteil an der Macht haben und mitregieren;
wie es immer so schön heißt.
Das System ist es, das wir bekämpfen,
Verfassungsbrüche kommen nur als gelegentliche Äußerungen
dieses Systems für uns in Betracht. Es ist auch sehr zu bezweifeln,
daß die gegenwärtige Regierung mit ihrem Systeme für
das Deutsche Reich eine außenpolitische Erleichterung bedeutet,
sie, welche doch die Wehrvorlagen in der ausgesprochenen Absicht
in das Haus brachte, auf alle Fälle gegen Deutschland militärisch
gerüstet zu sein und es zu bedrohen; sie, die einen Dr. Beneš
zu ihrem Außenminister hat, der die famosen Memoires für
die Friedenskonferenz fabrizierte, welcher der Ohrenbläser
der Franzosen war und noch ist. Beneš als Freund Deutschlands!
Wahrlich eine Figur für ein Panoptikum.
Solange dieser Mann in einem hiesigen Ministerium
sitzt, sind wir Deutschnationale jederzeit bereit, ein Mißtrauensvotum
gegen die Regierung zu unterstützen, ganz abgesehen von allen
anderen Gründen.
Im vorliegenden Fälle war für uns die weitere Erwägung
noch maßgebend, daß sich trotz des Eintrittes der
zwei deutschen Parteien an dem èechischen Regierungssystem
unsere Lage hiedurch noch weiter verschlechtert hat.
Mag auch der Antrag abgelehnt werden, er hat
uns doch Gelegenheit gegeben, die Verhältnisse, wie sie in
Wirklichkeit liegen, trotz aller Verschleierungs- und Vernebelungsversuche,
wie sie in der letzten Zeit so reichlich unternommen worden sind,
aufzuzeigen und daher war er uns willkommen. (Potlesk
poslancù nìm. strany národní.)
Hohes Haus! Ich erlaube mir, die Haltung des
Klubs der deutschen nationalsozialistischen Arbeiterpartei gegenüber
dem Antrage, der Regierung wegen der Einbringung der Gesetzesvorlage
über die Aufhebung des Soldatenwahlrechtes das Mißtrauen
auszusprechen, in nachstehender Weise darzulegen:
Wir haben diesen Antrag mit unseren Unterschriften
unterstützt nicht nur aus parlamentstechnischen Gründen,
um gegenüber den Engherzigkeiten der Geschäftsordnung
die parlamentarische Erörterung über eine wichtige Frage
zu ermöglichen, sondern auch aus wohl erwogenen sachlichen
Gründen.
Der Kampf um das Soldatenwahlrecht ist für
uns ein bedeutsames Kennzeichen der innerstaatlichen Entwicklung.
Der Streit geht darum, ob durch die Vorlage und Annahme des Gesetzentwurfes
ein wichtiger Grundsatz der ganzen neueren Rechtsentwicklung,
ein wichtiger Grundsatz des Grundgesetzes der Èechoslovakischen
Republik, der Verfassungsurkunde, verletzt
wurde, ob ferner dieses Gesetz eine Änderung der Verfassung
bedeutet, welche eine besondere Mehrheit erfordert hätte
und ob daher bei der Verabschiedung der betreffenden Vorlage auch
eine formale Bestimmung der Verassungsurkunde verletzt wurde.