Aber, meine verehrten Damen und Herren, ganz
anders behandelt man die Agrarier nach diesem Gesetz. Nach dem
Abs. 2 des § 6 brauchen sich diese Agrarier, die für
ihre Söhne um die Wehrpflichterleichterung ansuchen keiner
persönlichen Untersuchung zu unterziehen, bei ihnen genügt
es lediglich, daß sie Besitzer ererbter Landwirtschaften
sind oder aber auch Besitzer einer Landwirtschaft, die durch ein
Rechtsgeschäft unter Lebenden in ihren Besitz gelangt ist;
und auch dann haben sie Anspruch, wenn bloß Teile einer
Wirtschaft in ihren Besitz übergegangen sind. (Posl. de
Witte: Das ist die höchste Schwindelei, das ist ein Loskaufen!)
Das ist so wie in Spanien, wo man sich mit einem Lösegeld
loskaufen kann. Die Auslegungsmöglichkeit dieses Gesetzes
geht so weit, daß der Großgrundbesitzer, der mehrere
Söhne hat, einfach diesen Söhnen bestimmte Teile seiner
Landwirtschaft zuschreiben kann, ohne daß sie eigentliche
Besitzer werden und sie auf diese Art und Weise von der 18monatigen
Militärdienstpflicht befreien kann. Das ist eine unerhörte
Bevorzugung, es ist geradezu empörend und aufreizend, es
ist ein Privileg für die Großbauern. Der kleine Bauer,
der kleine Landwirt kann seine Wirtschaft nicht teilen, er ist
betrogen bei diesem Gesetze und die Bauernpolitik hat sich wieder
einmal gegen die kleinen Bauern gerichtet. Ebenso ist es mit der
Bestimmung des Schlußpassus des § 6. Er ist eine deutliche
Spitze gegen die Kleinbauern und Kleinhäusler. Dort wird
festgelegt, daß, wenn der Besitzer der Landwirtschaft einen
Nebenberuf ausübt und die Landwirtschaft nicht sein Hauptberuf
ist, er von den Begünstigungen ausgeschlossen ist. Man darf
doch nicht vergessen, daß Tausende, ja ich werde nicht fehl
gehen, wenn ich behaupte, daß es Zehntausende von Landwirten
und Häuslern gibt, die aus den Erträgnissen ihrer Landwirtschaft
nicht leben können, die einem Nebenberuf nach gehen müssen,
und alle diese armen Teufel, die Ärmsten der Armen in der
Landwirtschaft, sollen nun um diese Begünstigungen einfach
betrogen werden, damit die Wehrpflichterleichterungen ausgiebiger
den Söhnen der Großbauern möglich sind. Offenkundiger
kann man wohl den Schwindel mit der Vertretung der Kleinbauerninteressen
nicht deutlicher klarlegen, als es hier im Gesetze zum Ausdruck
gebracht ist. Aber es ist auch im zweiten Teil dieses Gesetzes,
der sich mit den Abänderungen des Wehrgesetzes beschäftigt,
vieles von Bedeutung. Da soll vor allem einmal im § 10, Abt.
II eine Ergänzung des § 9 des alten Wehrgesetzes vorgenommen
werden, in welchem eine Erweiterung dahingeht, daß die Kosten
der Stellung, wozu auch die erforderliche Krankenuntersuchung
gehört, jeder Stellungspflichtige in Zukunft selbst zu tragen
hat. Meine sehr Verehrten, so nebenbei wird gesagt: eventuelle
Reisekosten kann über Ansuchen die Militärverwaltung
bewilligen. Die Menschen werden also zu einer Pflicht berufen,
sie verlieren ihre Existenz, ihrer Arbeitsplatz, sie müssen
18 Monate für den Staat dienen und müssen noch die Kosten
der Stellung, die ihnen durch die se Pflicht auferlegt werden,
aus Eigenem tragen! Ebenso sieht das Gesetz eine Erweiterung des
§ 17 des alten Wehrgesetzes vor, in welchem gesagt wird,
daß die auf Staatskosten zu militärberuflichen Diensten
ausgebildeten Menschen oder die für solche Zwecke Stipendien
erhalten haben, verpflichtet sind, eine längere als die vorgeschriebene
aktive Dienstzeit zu absolvieren. In dem neuen Gesetz erfährt
nun diese Bestimmung eine Erweiterung dahin, daß nicht nur
jene, die auf Staatskosten ausgebildet, die Stipendien für
diese Ausbildung erhalten, sondern daß auch alle jene in
Betracht kommen, die auf eigene Kosten ansuchen, zur Musikschule,
zum Flugwesen - es heißt dann: "u. s. w." - versetzt
werden, so daß der Schluß "zu den technischen
Truppen" möglich ist. Für alle diese Leute kann
auf Grund einer besonderen Vorschrift des Landesverteidigungsministeriums
eine längere als die 18-monatige Dienstzeit festgelegt werden.
Das bedeutet, daß derselbe Herr Landesverteidigungsminister,
der den deutschen Regierungsparteien die Erklärung abgibt,
daß die Dienstzeit von 18 Monaten nur auf 2 Jahre zu gelten
hat, einfach nach Gutdünken für ganze Truppenteile eine
längere als die 18monatige Dienstzeit festsetzen kann.
Es ist weiter interessant, daß eine Abänderung
des § 18 vorgesehen ist, die von der Pflicht des Nachdienens
der versäumten Präsenzdienstzeit spricht. Im alten Wehrgesetz
war die Bestimmung vorhanden, daß der Soldat zum Nachdienen
verpflichtet ist, wenn er durch Haft oder Strafe eine Dienstzeit
im Ausmaße von 30 Tagen versäumt hat. Im neuen Gesetz
ist darüber überhaupt keine Bestimmung, sondern der
Soldat ist zum Nachdienen verpflichtet, ganz gleichgiltig, welche
Dienstzeit er durch Strafe oder Haft versäumt hat. (Hört!
Hört!) Aufreizend und geradezu empörend ist die
weitere Bestimmung dieser Vorlage, die sagt, daß auch jene
Soldaten zum Nachdienen verpflichtet sind, die sich eigenmächtig
entfernen, die den Urlaub überschreiten und jene, die einen
Kranken- oder Gesundheitsurlaub benötigen. Für jene
also, die im Militärdienste krank geworden sind, ihre gesunden
Glieder geopfert haben, die also Opfer dieses Militarismus sind
und sich vielleicht Wochen lang im Militärspitälern
herumschlagen müssen, für diese bedauernswerten Menschen
behält sich das Landesverteidigungsministerium das
Recht vor, mittels Verordnung festzusetzen, welche Zeit der Krankheit
und des gesamten Krankheitsurlaubes sie nachzudienen haben. Es
ist daher, meine Herren, etwas Wahres daran, wenn die Soldaten
singen: "O, welche Lust, Soldat in der èechoslovakischen
Armee zu sein!"
Ebenso sind in der Vorlage Abänderungen
der Strafbestimmungen der §§ 47 bis 58 des alten Wehrgesetzes
vorgesehen. Im alten Wehrgesetz sind für alle diese Delikte
nur Höchststrafen bestimmt. In der neuen Vorlage werden außer
den Höchststrafen auch Mindeststrafen festgelegt, das heißt,
der Soldat muß verurteilt werden, die Mindesstrafe für
das Delikt ist gegeben. Man will den Soldaten das Recht der Berufung
nehmen, also eine unerhörte Verschlechterung des alten Wehrgesetzes,
in einer Zeit, wo man sich doch daran erinnern sollte, daß
man früher einmal nicht nur von einer demokratischen Heeresorganisation
gesprochen hat, sondern sogar daran gehen wollte, sie in eine
Volksmiliz umzuwandeln.
Eine weitere Verschlechterung enthält
die Vorlage dadurch, daß die Gemeinden verpflichtet werden,
alle Kosten, die mit der Durchführung dieses Gesetzes zusammenhängen,
aus Eigenem zu tragen. Im alten Wehrgesetz waren diese Kosten
nur auf einen Teil der administrativen Arbeiten beschränkt.
Nach der neuen Vorlage soll die Gemeinde zur Tragung aller mit
der Durchführung dieses Gesetzes zusammenhängenden Kosten
verurteilt sein und das in einer Zeit, wo man daran geht, den
Gemeinden die Lebensfähigkeit zu nehmen, in dem man ihnen
Einnahmsquellen entzieht und sie zwingt, die Umlagen herabzusetzen
und ihnen die Arbeiten des übertragenen Wirkungskreises zuweist.
In einer Zeit, wo die Gemeinden durch eine famose Staatspolitik
dem Bankerott entgegengehen, geht man noch daran, ihnen auch die
Kosten der Assentkommissionen zu überwälzen.
Ebenso ist eine Abänderung des §
66 des alten Wehrgesetzes vorgesehen. Dieser § 66 des alten
Wehrgesetzes hat die Stempelfreiheit in allen Militäransuchen
festgelegt. In Zukunft, nach der neuen Vorlage, wenn sie Gesetz
wird, wird jeder, der ein Ansuchen an die Militärbehörden
zu stellen hat, sei es um Urlaub, sei es wegen Krankheit, sei
es um Befreiung, oder um Aufschub der Waffenübungen, eine
Stempelgebühr entrichten müssen. Wir wissen, daß
nach dem neuen Gesetz über die Amtsgebühren überall
dort, wo Stempelgebühren zu entrichten sind, auch die Behörden
die Amtsgebühr einheben. Auch hier wird also der Ärmste
der Armen, der arme Teufel, auf Grund des neuen Gesetzes ganz
gewaltig finanziell belastet werden.
Meine Herren! Das vorliegende Gesetz, das nach
dem Berichte des Berichterstatters und nach den Darlegungen in
der Erklärung, die gestern die deutschen Regierungsparteien
hier abgegeben haben, ein Gesetz sein soll, das soziale Erleichterungen
für die wirtschaftlich Schwachen bringt, ist bei genauer
Überprüfung des Gesetzes das Gegenteil davon. Es ist
keine Erleichterung, keine Begünstigung für die sozial
und wirtschaftlich Schwachen, es ist in Wirklichkeit das Gegenteil,
die versteckte Erhöhung des Jahreskontingentes, und es birgt
in sich in der aufreizendsten Weise ein besonderes Privileg, eine
sichtbare Bevorzugung für die Agrarier. Diese Tatsache fordert
zum schärfsten Widerspruch heraus und wir werden daher auch
dieses Gesetz ablehnen. (Potlesk nìm. soc.-demokratických
poslancù.)
Meine Damen und Herren! Bevor ich auf den zur
Verhandlung stehenden Gegenstand eingehe, fühle ich mich
verpflichtet, die in der heutigen "Deutschen Presse"
erhobenen, der Wahrheit widersprechenden Behauptungen,
daß meine Parteigenossen gestern geschlossen für die
Abänderungsanträge der èechischen Sozialdemokraten,
Nationalsozialisten und Komunisten gestimmt hätten, mit aller
Energie zurückzuweisen. Wir haben nur für jene Abänderungsanträge
gestimmt, die in vollständiger Wahrung
der deutschen Volksinteressen und unserer Stellung zum Soldatenwahlrecht
entsprochen haben. Ich weise daher diese neuerliche politische
Brunnenvergiftung seitens der christlichsozialen Presse energisch
zurück.
Meine Damen und Herren! Die Regierungsvorlage
betreffend das Jahreskontingent der Wehrpflichtigen u. s. w. beinhaltet
auch die Schaffung einer Ersatzreserve in der èechoslovakischen
Armee. Es ist zu den Militärvorlagen, welche in diesem Hause
gestern verabschiedet wurden, von unserer Seite
durch unseren Sprecher Dr. Keibl, ferner durch Dr. Schollich
das, was wir zu sagen hatten, im Ausschuß und im Hause
gesagt worden. Wenn ich heute das Wort ergreife, so soll dies
kurz geschehen. Die beabsichtigte Schaffung der Ersatzreserve
ist nicht nur eine national, sondern auch volkswirtschaftlich
einschneidende Frage, an welcher insbesondere die Landwirtschaft
und das Gewerbe stark interessiert sind.
Ich will aus der Vorlage Druck Nr. 941 nur
einige wenige Bestimmungen streifen. Der § 3 schreibt außer
den für die Mannschaft in der Reserve durch das Wehrgesetz
festgesetzten Waffenübungen noch eine außerordentliche
4wöchige Waffenübung vor. Ist schon an und für
sich die Ableistung der Waffenübungen ein störender
Eingriff in das Wirtschaftsleben, so muß man insbesondere
noch das Mehr von 4 Wochen als drückende Belastung für
die wirtschaftlich schwer Ringenden empfinden.
§ 5 sieht für drei besonders bezeichnete
Kategorien die Möglichkeit vor, die Einreihung in die Ersatzreserve
über besonderes Ansuchen zu erlangen. Bezeichnend ist hiebei,
daß für Väter, Großväter nun erst eine
förmliche Assentierung notwendig ist, daß diese Leute
vor eine Kommission zu treten haben. Man sollte doch meinen, daß
hier doch schließlich der Amtsarzt genügen müßte,
wodurch zugleich eine Vereinfachung, eine Beschleunigung und eine
Verbilligung des ganzen Verfahrens erreicht würde. Wir halten
auch wenig von der Durchführung des § 5, wenn dieser
Gesetz wird, denn wir wissen ja, wie der Instanzenzug bei unseren
Behörden funktioniert und daß Berufungen, abgesehen
davon, daß ihnen in den seltensten Fällen bei noch
so maßgebenden Gründen Folge gegeben wird, wochen-,
monate- ja jahrelang brauchen, so daß wir durchaus kein
Vertrauen auch diesem Teile der Vorlage entgegenbringen können.
Wenn wir die im § 5 erwähnten Kommissionen
ins Auge fassen, müssen wir wohl die Frage aufwerfen, warum
hier eben wieder nur militärische Kommissionen vorgesehen
sind und nicht, wie es doch dem Wesen der Sache und dem Zwecke
am besten entsprechen würde, gemischte Kommissionen, zusammengesetzt
aus Leuten aus dem praktischen Leben, welche kulturelles, soziales
und wirtschaftliches Verständnis aufbringen, welches von
einer einseitig zusammengesetzen Kommission nicht ohne weiteres
vorausgesetzt werden kann.
Was die Zahl der zu Befreienden anlangt, so
erblicken wir in der Art und Weise, wie sie und von wem sie festgesetzt
wird, die Möglichkeit für verschiedene Fehlgriffe, Benachteiligungen
und Bevorzugungen, kurz wir befürchten auch da Ungerechtigkeiten
und Ungesetzlichkeiten. Der § 10, Abt. I ermöglicht
durch die Heranziehung fremder Staatsangehöriger die erfreuliche
Aussicht auf die Schaffung einer èechoslovakischen Fremdenlegion.
Wir können selbstverständlich diese Wehrvorlage aus
dem Grunde nicht begrüßen, weil
aus ihr ja klar hervorgeht, daß es sich durchaus nicht um
eine Verminderung des Standes und nicht um eine Erleichterung
der Dienstpflicht handelt, sondern weil durch die Erhöhung
der Militärdienstpflicht auf 18 Monate eine wirtschaftliche
Belastung eintritt. Wir von der deutschen Nationalpartei können
uns dem Urteile anschließen, welches jüngst ein Parlamentarier
des Bundes der Landwirte in einer Besprechung über die Wehrvorlage
gefällt hat, welches da lautet: "Und nun kommt der Hauptköder,
die Einführung einer Landwehr, über deren Namen und
Aussehen sich der Herr Minister selbst noch nicht im klaren zu
sein scheint. Wir wissen, daß wir im alten Österreich
in 2 Monaten eine Ersatzreserve ausgebildet haben, die im Kriege
ganz hervorragende Dienste geleistet hat. Wir wissen, daß
in dieser Ersatzreserve vor allem jene Berufsklassen Unterkunft
fanden, deren Fernbleiben von Daheim die Existenzgrundlage oder
die Lebensfähigkeit der Familien bedroht hat. In dieser Richtung
arbeitete die alte Verwaltung geradezu musterhaft. Sie brachte
Verständnis und Herz für die Sorgen ihrer Bürger
auf. Als man hierzulande eine ähnliche Einrichtung schuf,
indem man eine Beurlaubung nach 6 Monaten vorsah, hatte der damalige
Minister Udržal die Gewogenheit,
dem Artikelschreiber im Wehrauschuß der Nationalversammlung
zu versichern daß die vorgesehene Begünstigung sich
in einem weit höherem Kreise auswirken wird als die gleichen
Gesetze im alten Österreich". Die Wirkung und Erfahrung
im Laufe der Jahre war eine wesentlich andere. Es hat ganz den
Anschein, als ob der Abgeordnete überhaupt nur noch dazu
da wäre, ab und zu einmal einen Soldaten nach diesen Begünstigungsgesetzen
der Armeeverwaltung abzuringen. Wem die Begünstigung zugute
kam, ist schwer festzustellen. Jedenfalls waren die Staatsbürger
deutscher Zunge in recht beschränktem Maße an diesem
Vorteil beteiligt und die Erfahrungen in dieser Richtung lehren
uns, daß wir deutschen Bauern mit der neuen Einrichtung
einer Landwehr, von der sich der Minister übrigens noch nicht
im Klaren ist, ob sie 3 oder 4 Monate dienen soll, sicher auch
nichts anderes zu erwarten haben. Jedenfalls ist auch das Gesetz
nicht danach angetan, von unserer Seite ein Opfer zu verlangen.
Denn die anderen sind immer mehr an allen diesen Gesetzen interessiert
als wir selbst." Soweit der Parlamentarier des Bundes der
Landwirte, mit dem wir uns vollkommen einverstanden erklären.
(Posl. Windirsch: Wie heißt er?) Sie wissen ja, es
ist der Herr Abgeordnete Jos. Mayer.
Ich komme zum Schluß noch auf die Erklärung,
welche Herr Vizepräsident Zierhut namens der deutschen
Regierungsparteien aus Anlaß der provozierenden Haltung
des Abgeordneten Špaèek abgegeben
hat. In dieser Erklärung lautet ein Satz: "Die deutschen
Regierungsparteien sind bereit, dem Staate das zu geben, was er
zu seiner ruhigen Fortentwicklung braucht." Hiezu möchte
ich unserer Meinung Ausdruck geben, die dahin geht, daß
wir wohl mit voller Berechtigung fragen können: Was gibt
denn der Staat uns Deutschen für die ruhige Fortentwicklung,
sei es auf dem Gebiete der Wirtschaft, der Kultur usw.? Sind alle
die großen Schläge, die man dem deutschen Volke in
diesem Staate versetzt hat, und die ihm noch zugedacht sind, eine
ruhige Entwicklung?
Ich kann mich hier als Kronzeugen auf den jetzigen
deutschen Minister Spina berufen, der doch am 18. Dezember
1925 namens der heutigen deutschen Regierungsparteien Nachfolgendes
festgestellt hat: "Die während des siebenjährigen
Bestandes des èechoslovakischen Staates gemachten Erfahrungen
haben gezeigt, daß sein nationalstaatlicher Aufbau und sein
einseitiges nationalistisches Regierungssystem für die ihm
einverleibten Völker unerträglich sind. Wir
klagen dieses System an, seinem Wesen und seiner Absicht nach
unserem Volke schweres Unrecht und unermeßlichen Schaden
zugefügt zu haben. Wir erblicken in der inneren Unwahrheit
dieses Regierungssystems die Wurzel aller Übel, an denen
dieses Staatswesen krankt. Wir sehen darin vor allem ein mit der
Sicherheit und Wohlfahrt des sudetendeutschen Volkes unvereinbarliches
Prinzip. Fest auf dem Boden unserer angestammten Heimat stehend,
erklären wir, dieses System und seine Auswirkung rücksichtslos
gemeinsam bekämpfen zu wollen. Diesen gemeinsamen Kampf werden
wir führen, bis das erlittene Unrecht wieder gutgemacht und
in allen staatlichen Einrichtungen der Tatsache Rechnung getragen
ist, daß die Grenzen dieses Staates mehrere gleichzuwertende
und gleichberechtigte Völker umfassen. Zwangsweise einverleibt
in einen nationalgemischten Staat erklären wir, unbeschadet
des grundsätzlichen Festhaltens an dem Rechte der freien
nationalen Selbstbestimmung unsere Gleichberechtigung in Sprache.
Arbeitsplatz, Schule und Scholle als unser innerpolitisches
Ziel." Damit ist doch klipp und klar nachgewiesen, daß
die Èechen während der ersten 8 Jahre des Bestandes
dieses Staates dem sudetendeutschen Volke in jeder Richtung die
Entwicklungsmöglichkeit unterbunden haben. Ich glaube,
es wird auch heute noch kein deutscher Regierungsparteiler den
Mut besitzen, zu behaupten, daß irgendeine der grundsätzlichen
sudetendeutschen Forderungen seit dem Eintritte der deutschen
Minister in die Regierung ihrer Erfüllung zugeführt
worden ist. (Rùzné výkøiky
na levici.) Diese Tatsache erhellt ja am
besten aus den Ausführungen des Senators Medinger,
welcher erklärt hat, daß die deutschen Regierungsparteien
seit ihrem Eintritte nicht mehr die Wahrheit sprechen dürfen
und ständig gegen ihr Gewissen votieren müssen. Ich
glaube, diese Charakteristik paßt Wort für Wort auf
das gestrige Eintreten der deutschen Regierungsparteien für
die fünf Wehrvorlagen, die nach dem offenherzigen Geständnis
des Kollegen Ježek keinem
anderen Zwecke dienen sollen als der Erhöhung der
Schlagfertigkeit des èechischen Heeres gegen den Erbfeind
Deutschland. Der offizielle Berichterstatter Špaèek
hat sich zwar gestern bemüht, das
freundnachbarliche Verhältnis zum großen Deutschen
Reich als Notwendigkeit hinzustellen, doch ist jedem Eingeweihten
bekannt, daß es sich hier nur um eine diplomatische Ausdrucksweise
handelt, das heißt also, mit schönen Worten die wahren
Absichten zu verhüllen. Auch dem Versuch, seine einleitenden
Ausführungen als Berichterstatter in denen die deutschfeindlich
en Absichten klar zum Ausdruck gebracht wurden, nunmehr dadurch
abzuschwächen, daß er erklärt, daß es sich
nur um die Begründung der Einführung des Kadresystems
im Jahre 1920 handelt, muß entgegengestellt werden, daß
ja die Aufrechterhaltung dieses Kadresystems im jetzigen
Zeitpunkte nur dann Sinn und Zweck hat, wenn man auch heute mit
dem èechischen Militarismus dieselben deutschfeindlichen
Ziele verfolgt. Es ist daher unbegreiflich, daß die deutschen
Regierungsparteien durch den Mund ihres Führers
Zierhut erklären lassen konnten, daß es verfehlt
sei, in den gestern abgestimmten Wehrvorlagen eine Bedrohung des
Friedens und ein Instrument zu sehen, das Angriffsabsichten gegen
irgendwelche Nachbarn zu dienen hätte, und weiter, daß
die auf Grund der Wehrreform gebildete Wehrmacht lediglich zur
Verteidigung des Landes bestimmt sei.
Nun einen praktischen Fall: Auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes
entschließt sich Deutschösterreich den Anschluß
an Deutschland zu vollziehen. Der èechische Außenminister
hat vor wenigen Wochen offiziell erklärt, daß auch
die èechisch-deutsche Regierung diesem Anschluß feindlich
gegenüberstehe. Daraus folgt, daß die Regierung im
gegebenen Falle bereit ist, mit allen ihr zu Gebote stehenden
Machtmitteln diesen Anschluß zu verhindern,
das heißt weiter, daß das mit Hilfe der deutschen
Regierungsparteien gestärkte èechoslovakische Heer
berufen ist, gegen unsere Brüder in Deutschland und Deutschösterreich
zu marschieren und das heißt wiederum nichts anderes, als
daß deutsche Regierungsparteien
bereit sind, unsere deutschen Söhne im Dienste des èechischen
Imperialismus gegen unser deutsches Brudervolk zu führen.
Ich glaube, mit der gesamten deutschen Bevölkerung eines
Sinnes zu sein, besonders aber mit den betroffenen deutschen Soldaten,
daß sie das Vorgehen der deutschen Regierungsparteien unbegreiflich
finden und im gegebenen Augenblick sich bewußt sein werden,
Angehörige des großen deutschen Volkes in Mitteleuropa
zu sein (Výkøiky posl. Windirsche.) und
Ihre Volkspflichten genau so begeistert erfüllen werden,
wie dies die èechischen Soldaten während des Weltkrieges
getan haben. Unsere deutschen Soldaten werden im gegebenen Augenblicke
der Stimme des Blutes gehorchen. (Potlesk poslancù nìm.
strany národní.)
Gestern abend sind in diesem Hause nicht weniger
als fünf militärische Vorlagen auf einmal abgestimmt
worden, u. zw. haben sich bei dieser Abstimmung bezeichnenderweise
ähnliche Sturmszenen ereignet, wie dies seinerzeit beim
Budget usw. der Fall gewesen ist. 24 Stunden später ist das
èechoslovakische Parlament schon wieder gezwungen, eine
neue, die sechste Wehrvorlage, in Verhandlung zu ziehen und darüber
abzustimmen. Ebenso wie die fünf früheren Wehrvorlagen
durchaus einen Klassencharakter an sich tragen,
können wir das auch von der gegenwärtig in Verhandlung
stehenden Vorlage sagen: Während auf der einen Seite einer
gewissen Anzahl von dienstpflichtigen Personen durch das Gesetz
das Privileg garantiert werden soll, daß sie bloß
12 Wochen hindurch Präsenzdienstzeit leisten, werden auf
der anderen Seite die großen Massen der proletarischen Soldaten
für die von diesem Parlamente keine Privilegien zu erwarten
sind, nach wie vor gezwungen sein, 18 lange Monate hindurch das
traurige Leben in den düsteren Kasernen und auf den düsteren
Kasernhöfen zu führen. Daraus geht hervor, daß
das Gesetz, welches mit dem Anspruch auftritt, alsob es sich hier
um eine gleichmäßig verteilte Erleichterung sowohl
für die Bauern, als auch für die Söhne der Arbeiter
handeln würde, in Wirklichkeit nichts anderes ist als ein
Gesetz, dem der Klassencharakter aus jedem einzelnen Paragraphen
herausschaut. Wenn die gegenwärtige Regierungsmehrheit und
wenn insbesondere die deutschen Regierungsparteien Wert darauf
legen würden, den Vorwurf zu entkräften, daß sie
in absolut kritikloser Weise alle Forderungen des èechischen
Militarismus bewilligen, müßten sie sich mit aller
Kraft für eine allgemeine Erleichterung der Wehrpolitik einsetzen.
Da sie dies aber ablehnen, da sie 6
Wehrvorlagen hintereinander ihre widerspruchslose Zustimmung gegeben
haben, die, wie ich ausführte, durchaus klassenmäßigen
Charakter an sich tragen, so zeigt es sich, daß die deutsch-bürgerlichen
Parteien genau so wie die èechisch-bürgerlichen
Parteien, genau so wie im alten Österreich, bereit sind,
die großen Massen zu entrechten und für geringe Gruppen
der Bevölkerung Priviligien zu schaffen. Wenn wir uns mit
dem Inhalt des Gesetzes ein wenig beschäftigen, so geht daraus
hervor, daß im allgemeinen 3 Kategorien von Dienstpflichterleichterungen
durch Gewährung einer geringeren Dienstzeit gegeben werden
sollen: 1. Familienernährern, 2. dem Kleinbauer und Mittelbauer,
wobei natürlich die Betonung auf "Mittelbauer"
liegen muß, und 3. sollen Erleichterungen jenen Schichten
gegeben werden, die aus irgendwelchen sozialen Gründen solche
Erleichterungen beanspruchen. Diese Kategorien von Dienspflichtigen
werden die Möglichkeit haben, sofort bei der Assentierung
eine Bittschrift einzureichen, worin sie diese Erleichterungen
beanspruchen. Diese Gesuche werden dann einer sogenannten gemischten
Kommission zugewiesen. Ist schon der ganze Wortlaut des Gesetzes
ziemlich unklar, hat schon das ganze Gesetz eine Reihe von Bestimmungen,
welche durchaus kautschukartigen Charakter tragen, so können
wir sagen, daß ganz besonders die Zusammensetzung der gemischten
Kommissionen zu der lebhaftesten und berechtigtesten Kritik Anlaß
geben muß. Diese gemischten Kommissionen werden zusammengesetzt
sein aus Vertretern des Militärs, aus Vertretern der politischen
Behörden, in dritter Reihe aus Vertretern der Gemeinden.
Wenn wir uns die Zusammensetzung dieser Kommissionen vor Augen
führen und wenn wir uns ein wenig der Verhältnisse auf
dem flachen Lande draußen erinnern, wo ja doch der Arbeiter
in der Gemeinde geringeren Einfluß hat als die besitzenden
Klassen, so kann sicherlich nicht bestritten werden, daß
gerade die Praxis dieser sogenannten gemischten Kommissionen,
welche in letzter Instanz darüber zu entscheiden haben werden,
ob jemand 12 Wochen oder 18 Monate zu dienen hat, der Protektion
zugunsten der Agrarier, der reichen Bauern, Tür und Tor öffnen
wird. Es ist sehr interessant, daß die Regierungsparteien,
die, wenn es gilt, sozialpolitische Vorlagen zu beraten und zu
beschließen, mit äußerster Vorsicht und sehr
langsam ans Werk gehen, im Gegensatze hiezu auch die sechste Militärvorlage
förmlich im Eilzugstempo in diesem Parlamente durchpeitschen,
und es wurde ja z. B. auch abgelehnt, daß der Gesetzentwurf
noch einmal dem zuständigen Ausschuß zu einer neuerlichen
gründlichen Beratung zugewiesen wird. Das Gesetz ist einerseits,
wie ich sagte, so beschaffen, daß dadurch Tausende von reichen
Bauernsöhnen gewisse Erleichterungen im Militärdienst
gewährleistet erhalten. Andererseits aber bedeutet dieses
Gesetz ganz im Gegensatz zu der unrichtigen Behauptung der deutschen
Agrarier nicht die geringste Erleichterung für die Arbeiter.
Und was von unserem Standpunkte aus besonders wichtig ist: Das
Gesetz bedeutet auch keine irgendwie geartete Erleichterung in
volkswirtschaftlicher Beziehung.