Ètvrtek 31. bøezna 1927

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 72. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 31. bøezna 1927.

1. Øeè posl. Heegera (viz str. 495 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die von den deutschen Regierungsparteien in der gestrigen Sitzung abgegebene Erklärung enthält eine Reihe von Unrichtigkeiten, die geeignet sind, die Öffentlichkeit irre zu führen. Sie fordert auch sonst wegen ihres Inhaltes zur schärfsten Kritik heraus. Der Klub der deutschen sozialdemokratischen Abgeordneten hält daher eine Richtigstellung der unwahren Behauptungen für notwendig und stellt fest:

"Entgegen der Behauptung der deutschen Regierungsparteien, daß die Beibehaltung der achtzehnmonatigen Dienstzeit nur für kurze Zeit bestimmt ist, stellen wir fest, daß weder in dem Gesetze eine derartige Bestimmung enthalten ist, noch im Motivenbericht oder auch nur in den Erkärungen des Landesverteidigungsministers oder des Berichterstatters feste Zusagen in dieser Richtung gemacht worden sind. Das Einzige, was der Herr Minister ausgesprochen hat, ist die Hoffnung, daß es möglich sein wird, nach Schaffung eines Kaders von wenigstens 8.000 längerdienenden Unteroffizieren an die Verkürzung der Dienstzeit zu schreiten. Nach den wiederholten Erfahrungen, die wir mit den Versprechungen der èechoslovakischen Regierung gemacht haben, müssen wir uns auch nach Ablauf der zwei Jahre auf eine Verlängerung der Dienstzeit gefaßt machen. Wir stellen ferner fest, daß die Behauptung, als ob es sich bei der Beseitigung des Soldatenwahlrechtes nur um eine Verhinderung des nationalistischen Mißbrauches bei den Gemeindewahlen handelt, absolut unrichtig ist, weil, wenn dies richtig wäre, die deutschen Regierungsparteien unter gar keinen Umständen der verfassungswidrigen Aufhebung des Soldatenwahlrechtes für die Nationalversammlung hätten zustimmen dürfen. Aber auch der Mißbrauch der Wahlbataillone hätte durch Wiederherstellung der ursprünglichen Gemeindewahlordnung bekämpft werden können und es wäre dazu der Raub des wichtigsten politischen Rechtes nicht nötig gewesen.

Es ist weiters falsch, daß die Schaffung der Ersatzreserve eine Erleichterung der Wehrpflicht für alle wirtschaftlich schwachen Schichten beinhaltet, sie ist vielmehr ein Klassenprivilegium und darüber hinaus eine offensichtliche Vermehrung des festgelegten Heereskontingents und somit eine Stärkung des Militarismus, die durch die Bevollmächtigung der Regierung zu außerordentlichen Mobilisierungen noch besonders gefährlich wird. Es ist endlich falsch, daß die vorläufige Zurückziehung der Vorlage über die militärische Erziehung der Jugend ein Erfolg des deutschen Aktivismus ist. Vielmehr hat der Minister wörtlich erklärt, daß die Vorlage an technischen und finanziellen Schwierigkeiten, namentlich wegen der Undurchführbarkeit in der Slovakei, gescheitert sei. Gegenüber der Erklärung der deutschen Parteien, daß die militärische Jugenderziehung damit gefallen sei, stellen wir fest, daß dies von Anfang an nur im Zusammenhang mit der Einführung der 14monatigen Dienstzeit geplant 73 war und daß dies nach der präzisen Erklärungen des Heeresministers nicht endgiltig aufgegeben wurde. Schließlich stellen wir fest, daß sich die Erklärung der Regierungsparteien über das Zertifikatistengesetz vollkommen ausschweigt, womit eingestanden wird, daß es sich hiebei um eine Èechisierungsmaßnahme handelt, was bei der nationalen Zusammensetzung des Unteroffizierskorps übrigens klar auf der Hand liegt.

Wenn die deutschen Regierungsparteien anläßlich der Bewilligung von sechs Militärvorlagen erklärten, daß sie bereit sind, dem Staate das zu geben, was er zu seiner ruhigen und friedlichen Fortentwicklung bedarf, so steht das nicht nur in schreiendem Widerspruch zu den Tatsachen, sondern bedeutet direkt eine Verhöhnung der Bevölkerung. Die deutschen Regierungsparteien haben in rascher Aufeinderfolge einen Dreimilliarden-Fonds für Rüstungszwecke bewilligt, der Aufrechterhaltung der 18monatigen Dienstzeit, der Schaffung eines Kaders von längerdienenden Unteroffizieren, einer Ersatzreserve und der Verschlechterung des militärischen Disziplinarrechtes zugestimmt. Sie haben damit der Bevölkerung neue furchtbare Lasten aufgewälzt, die Rüstungen in Gefahr drohender Weise vermehrt und den Heeresstand vergrößert. Nach den außerparlamentarischen Erklärungen des Herrn Abg. Špaèek, daß die Èechoslovakei selbstverständlich nicht gegen Portugal oder Griechenland Krieg führen wird und nach seiner gestrigen langatmigen, gewundenen, aber nichtssagenden Erklärung geht deutlich der Hinweis, daß Deutschland der Feind sei, hervor und durch diese Erklärung wird auch die Tendenz dieser Rüstungen, welche die deutschen Regierungsparteien schaffen helfen, unbestreitbar bestätigt. Wir belasten die deutschen Regierungsparteien mit der vollen Verantwortung für diese den Frieden und die Lebensinteressen der arbeitenden Volksschichten schwer bedrohende Politik und stellen ihre Behauptung, daß sie die geschichtliche nationale Auseinandersetzung zwischen den Völkern in diesem Lande in vernünftige Bahnen gelenkt und so zur Befriedung des Landes beitragen wollen, als Unwahrheit fest. Wir sagen dem reaktionären imperialistischen und nationalistischen System und den Parteien, welche es stützen, den unerbittlichsten Kampf an". (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù. - Posl. Windirsch: Das werden wir aushalten!) Ich weiß nicht, ob Sie ihn ertragen werden.

Anschließend an diese Erklärung hätte ich folgendes zu sagen: Während der Herr Außenminister auf allen internationalen Konferenzen und Tagungen von der Abrüstung und von dem Friedenswillen spricht, (Pøedsednictví pøcvzal místopøedseda Zierhut.) während der èechoslovakische Gesandte in Berlin dem Herrn Reichspräsidenten Hindengurg seine Aufwartung macht, den Wunsch für das glückliche Gedeihen des Deutschen Reiches ausspricht und versichert, daß er alles zu tun gedenkt, um die so glücklich schon bestehenden Beziehungen weiter zu erhalten, zu vervollkommnen und zu festigen, just in derselben Zeit werden im èechoslovakischen Parlament unter Mißachtung der Verfassungsbestimmungen mit den Stimmen der deutschen Regierungsparteien nicht weniger als 6 Militärvorlagen beschlossen, die den Militarismus in diesem Staate stärken, den Rüstungswahnsinn fördern. Die Worte des Herrn Berichterstatters Koll. Špaèek, der zur Begründung dieser Militärvorlagen ausdrücklich dargelegt hat, daß der einzige Feind, der neben Ungarn für den èechoslovakischen Staat in Betracht kommt, das benachbarte Deutschland ist, diese Darlegungen des Herrn Koll. Špaèek wurden bekräftigt durch die Rede eines weiteren Mitgliedes der Regierungsparteien, des Herrn Koll. Ježek, der ebenfalls die Annahme der Militärvorlagen mit demselben Argument begründet. Alle diese Bestätigungen, alle diese Begründungen sind wirkungslos an den deutschen Regierungsparteien abgeprallt. Das, was Koll. Špaèek und Ježek gesagt haben, wird nicht nur von ihnen so ausgesagt, sondern sind auch die Gedankengänge maßgebender einflußreicher Persönlichkeiten in diesem Staate. Mit Zustimmung des heutigen Landesverteidigungsministers wurde bekanntlich im Jahre 1923 das Handbuch für aufklärende Erziehung für Offiziere und Unteroffiziere herausgegeben, dessen Inhalt in Schulen und Kursen der Mannschaft beizubringen bestimmt war. Auf die unsinnigen Darlegungen und den Geschichtsfälschungen, die in diesem Handbuch enthalten sind, lohnt sichs nicht näher einzugehen, aber festgestellt soll werden, daß darin enthalten ist, es solle den Soldaten beigebracht werden, daß die Deutschen ein moralisch minderwertiges Volk sind, daß alles Böse in der Welt nur von den Deutschen herrührt, daß sie niemanden in Frieden lassen, daß sie eroberungssüchtig, blutdürstig sind, während, so heißt es in dem Büchlein weiter, das èechische Volk seinem Wesen nach friedfertig ist, die Freiheit über alles liebt und daher die Mission hat, gegen diese deutschen Barbaren ihre Kultur durchzusetzen. Das ist klar und deutlich genug und bestätigt restlos, was die Herren Kollegen Špaèek und Ježek hier öffentlich ausgesprochen haben. (Výkøiky nìm. soc. demokratických poslancù.)

Was tun nun die geehrten Kollegen von den deutschen Regierungsparteien? Sie machen nicht ihre Zustimmung zu den Militärvorlagen davon abhängig, daß von maßgebender Stelle eine kategorische Dementierung dieser Auffassungen erfolgt, sie haben sogar darauf verzichtet, (Výkøiky na levici.) hier von dieser Stelle aus einen leidenschaftlichen Protest gegen diese Behauptungen abzugeben, sie begnügen sich mit einer lendenlahmen Erklärung und haben sich mit einer nichtssagenden Erklärung des Berichterstatters zufriedengestellt, der nebenbei die deutschen Parteien noch verhöhnt, kein Wort der Entschuldigung vorgebracht und sich seinerseits noch beschwert hat, daß man ihm eigentlich Unrecht getan habe. Das alles haben die deutschen Regierungsparteien widerspruchlos hingenommen, haben für die Militärvorlagen gestimmt, den Fußtritt, die Verhöhnung und Verspottung zufrieden eingesteckt.

Es haben auch die Herren Kollege Ježek und vor allem der frühere Exminister Støíbrný den Versuch unternommen, durch ein reichhaltiges Ziffernmaterial aufzuzeigen, was für gefährlicher Feind doch Deutschland sei, welch Rüstungswahnsinn dort herrsche, sie haben Ziffern angeführt, wie viele Unteroffiziere u. s. w. in Betracht kommen. Ich möchte daher nur Folgendes sagen: Um nicht in den Verdacht zu kommen, daß wir als deutsche Sozialdemokraten für irgendeinen Militarismus auch nur ein beschönigendes Wort finden würden, muß festgestellt werden, daß wir grundsätzlich Gegner des Militarismus überhaupt sind, ganz gleichgültig, ob es sich um einen èechoslovakischen oder um einen deutschen handelt. Gerade die Tatsache, daß die Sozialdemokraten im Deutschen Reiche den Heeresetat abgelehnt haben, gibt uns das moralische Recht, Betrachtungen anzustellen darüber, was hier von dieser Stelle gestern über Deutschland gesagt wurde und was von diesen Worten auf Wahrheit beruht.

Koll. Ježek hat durch Anführung eines reichen Ziffernmateriales den Nachweis für offene und versteckte Rüstungen in Deutschland zu erbringen gesucht. Er erzählte weiter von den verschiedensten Militärausgaben, die unter den einzelnen Kapiteln des deutschen Voranschlages versteckt seien, und dichtete einfach Beträge, die für ganz andere Zwecke bestimmt worden sind, in militärische Ausgaben um, um zu den Summen zu kommen, die er von der Parlamentstribüne erzählt hat. (Výkøiky na levici.) Dem Herrn Koll. Ježek ist nur ein ganz kleiner Fehler unterlaufen: er hat nämlich das Deutsche Reich mit dem èechoslovakischen Staate verwechselt. (Souhlas nìm. soc. demokratických poslancù.) Was er von Deutschland behauptet hat, das ist tatsächlich im èechoslovakischen Staate vorhanden. Man braucht nur den Voranschlag für 1927 zur Hand zu nehmen und findet dort in den Kapiteln der einzelnen Ministerien ganz beträchtliche Ausgaben für den Militarismus. Da haben wir beispielsweise für die Militärabteilung des Herrn Präsidenten 320.000, für die Unterstützung internationaler Friedensaktionen 200.000 Kè, Aufwand bei fremden Besuchen 300.000, Publikationen 5 Millionen, Propagandafond 1,800.000, dazu kommen 1.370 Millionen des Landesverteidigungsministers, 315 Millionen beträgt der unkontrollierbare Rüstungsfond, für die Polizei 132.000, die Gendarmerie 220.000, die Polizei in Karpathorußland 7 Millionen, die Gendarmerie 17 Millionen, Unterhaltsbeiträge 4 Millionen, Pferdezucht 22 Millionen. Unter dem Kapitel "Ministerium für öffentliche Arbeiten", Anstalten zur Prüfung von Schießwaffen 127.000, Prüfung von Stickstoffen 600.000, Luftschiffahrt 29 Millionen, Grenzbefestigung 2 Millionen, Straßen und Brücken für militärische Zwecke 39 Millionen, außerordentliche Aufwendungen 36 Millionen, Schiffahrt 11 Millionen und Straßenbauten 9,800.000 Kronen. Schon aus diesen Ziffern geht hervor, daß Koll. Ježek gar keine Ursache hat, auf Deutschland zu verweisen, daß er sich den eigenen Voranschlag etwas näher anschauen sollte, um zu entdecken, was er von Deutschland behauptet hat. (Souhlas nìm. soc. demokratických poslancù.)

Aber es wurde gestern auch vom Herrn Kollegen Exminister Støíbrný ziffernmäßig die Entlohnung und die Zahl der Unteroffiziere in der deutschen Armee angeführt. Er hat nur dasselbe hinsichtlich der Offiziere vergessen und da findet man recht interessante Ziffern. Im èechoslovakischen Staate haben wir i. J. 1925 74 Generale gehabt, Deutschland nur 46, (Hört! hört!) Oberste bei uns 269, in Deutschland 117, Oberstleutnante bei uns 625, in Deutschland 228, Majore bei uns 527, in Deutschland 475, Stabskapitäne bei uns 1860, in Deutschland 216, Kapitäne bei uns 3382, in Deutschland 1207, Oberleutnante bei uns 1444, in Deutschland 1348. Und so könnte ich die Ziffern noch weiter fortsetzen, um ebenfalls, wie es der Exminister gestern versucht hat, den Nachweis zu erbringen, daß es auch noch andere Ziffern gibt als die, mit denen er von dieser Stelle aus operiert hat. (Výkøiky na levici.) Allerdings beträgt der Aufwand für das deutsche Heer über 4000 Millionen Kè, bei uns 1685 Millionen. Dabei darf man aber nicht vergessen, daß es sich in Deutschland um eine fünfmal größere Bevölkerung handelt, daß Deutschland auf Grund der Friedensverträge ein kostspieliges Söldnerheer unterhalten muß, wobei weiter nicht vergessen werden darf, daß die Militärlasten in Deutschland im Verhältnis zu uns nicht einmal ein Siebentel der Belastung auf den Kopf der Bevölkerung betragen. Damit glaube ich, einen Teil der gestern hier gemachten Ausführungen widerlegt zu haben.

Nun lassen Sie mich zu dem Gesetz übergehen, das heute in Verhandlung steht und im Eilzugstempo beschlossen werden soll. Diesem Gesetze kommt eine große Bedeutung zu. Vor allem bedeutet es eine völlige Umstellung der gesamten Heeresorganisation, dann weitgehende Änderungen des bestehenden Wehrgesetzes und eine Reihe von Verletzungen der Verfassungsbestimmungen. § 10 des alten Wehrgesetzes spricht von allgemeinen gleichen Militärpflichten, in der neuen Vorlage spricht man nurmehr von allgemeinen Pflichten, gleiche Pflichten gibt es nicht mehr. Diese Streichung der "gleichen Pflichten" war deshalb notwendig, weil die ganze Tendenz und der Geist dieses Gesetzes einem bestimmten Stand, vor allem den Agrariern, und zum Teil den Gewerbetreibenden Privilegien verschafft, besondere Vorzugsrechte bei Absolvierung der Militärdienstpflicht gewährt, so daß von gleichen Pflichten nicht mehr gesprochen werden kann. Wir sind durchaus keine Feinde von Wehrpflichterleichterungen, aber unserer Meinung nach muß dann doch entschieden werden, ob diese Wehrpflichterleichterungen unter Berücksichtigung sozialer Gründe allen Menschen zukommen sollen oder ob sie nur eine offensichtliche Begünstigung, ein ausgesprochenes Privileg einer bestimmten Klasse, eines bestimmten Standes sind und ob nur die Zugehörigkeit zu diesem Stande auch gleichzeitig den Anspruch auf Wehrpflichterleichterungen nach sich zieht. Eine solch offenkundige Bevorzugung hebt sicherlich die Bestimmungen der gleichen Pflichten der Verfassungsgrundsätze auf. Aber noch eine Bestimmung ist in dem Gesetz enthalten, die eine Verfassungsverletzung darstellt. Nach der Verfassung ist der Herr Präsident der Oberbefehlshaber der bewaffneten Macht, ihm steht das Recht zu, die Mobilisierung anzuordnen und die nachträgliche Genehmigung des Parlamentes einzuholen. In dem neuen Gesetz schmuggelt die Regierung in § 10, Abt. XI, Nr. 4 eine Bestimmung ein, wonach die Regierung berechtigt ist, ausnahmsweise Übungen einzuberufen, wenn dies die Wehrhaftigkeit des Staates erfordert, d. h., die Regierung hat das Recht, über den Kopf des Präsidenten, über den Kopf und den Willen des Parlaments hinweg eine versteckte Mobilisierung durchzuführen. Wir haben mit Rücksicht auf diese Verfassungsverletzungen, und auf Grund vieler anderer juristischer Spitzfindigkeiten, die in dem Gesetz vorhanden sind, den Antrag gestellt, der Verfassungsausschuß solle überprüfen und feststellen, ob das vorliegende Gesetz mit der Verfassungsurkunde in Einklang gebracht werden kann oder nicht. Das wurde im Wehrausschuß abgelehnt, ebenso unser Verlangen, das Gesetz dem sozialpolitischen Ausschuß zuzuweisen, weil dieses Gesetz doch weitgehende soziale Fragen behandelt.

Nun zum ersten Teil des Gesetzes. § 1 bestimmt die Höhe des Jahreskontingentes der Wehrpflichtigen. Nach voraussichtlichen Zu- und Abgängen soll das Jahreskontingent 70.000 Mann betragen. Nach dem alten Gesetz betrug das Jahreskontingent in der ersten halben Periode 100.000, in der zweiten 140.000, was einem Jahresdurchschnitt von 120.000 Mann gleichkam. Nun tritt scheinbar nach den Bestimmungen dieses Gesetzes eine Reduzierung des Jahreskontingentes auf 70.000 Mann ein. Diese Ziffer ist eine offenkundige Irreführung, in Wirklichkeit handelt es sich nicht um Reduzierung des Jahreskontingentes, sondern im Gegensatz zu der Anschauung des Herrn Berichterstatters um eine beträchtliche Erhöhung des Jahreskontingentes. Wenn man 70.000 Mann in Rechnung stellt und die 18monatige Dienstzeit entgegenhält, womit sich innerhalb eines Jahres die Zahl um ein Drittel erhöht, bekommt man die Ziffer von 105.000. Dazu kann man ca 15.000 länger dienende Unteroffiziere rechnen, und das ergibt einen Stand von 120.000. Und zu diesem Jahreskontingent kommt jetzt noch eine Erhöhung durch die Einführung der Ersatzreserve, die geschaffen werden soll. Wie hoch die Zahl der Ersatzreservisten sein soll, ist nirgends festgelegt. Im Gesetz heißt es einfach, daß die Zahl, um welche die angeführten Assentierungsergebnisse das im § 1 angeführte bestimmte Kontingent - also die 70.000 - übersteigen, diese Zahl macht die Zahl jener aus, welche in die Ersatzreserve einzureihen sind. Das bedeutet eine ins ungemessene gehende Steigerung über die 70.000 Mann hinaus. Wohl hat der Herr Landesverteidigungsminister eine diesbezügliche von uns im Wehrausschuß gemachte Klarstellung damit beantwortet, die voraussichtliche Zahl dürfte die Ziffer von 8.000 Mann nicht übersteigen. Die voraussichtliche Zahl! Nirgends ist festgesetzt, wie groß die Zahl sein soll, nirgends geht hervor, welches Ausmaß die Ersatzreserve haben wird. Es ist also auch § 1 des Gesetzes eine Widerlegung jener Behauptungen, die die deutschen Regierungsparteien überall verbreiten, als ob es ihrem Einfluß gelungen wäre, auch die Militärlasten und den Heeresstand zu reduzieren. Wir haben auch zu § 1 Abänderungsanträge eingebracht, die vor allem einmal die Erfüllung der Bestimmungen des Wehrgesetzes, also im § 1 die Umwandlung der Heeresorganisation in die Volksmiliz, fordern. Wir haben weiters einen Antrag auf Festsetzung der Jahreskontingente im Sinne der Friedensverträge eingebracht, der im Wehrausschuß abgelehnt wurde. Interessant, meine Damen und Herren, ist weiter die Bestimmung im § 4 über die Auswahl jener Personen, die in die Ersatzreserve eingereiht werden sollen. Da heißt es, daß in Betracht kommen: erstens Familienerhalter, zweitens Eigentümer einer ererbten Landwirtschaft kleineren oder mittleren Besitzes und drittens Wehrpflichtige, die aus familiären, wirtschaftlichen und sozialen Gründen eine besondere Berücksichtigung verdienen. Wir haben hier vor allem eine Umstellung beantragt, daß die letzte Bestimmung, die von den wirtschaftlichen und sozialen Gründen spricht, vor die Bestimmung kommen soll, die von den Eigentümern ererbter Landwirtschaften handelt. Der § 6 dieses Gesetzes umschreibt den Begriff, was als ererbte Landwirtschaft anzusehen ist, etwas näher. Dort heißt es, daß als ererbte Landwirtschaft auch eine durch ein Rechtsgeschäft übernommene Landwirtschaft zu betrachten sei. Mit keinem Wort ist in diesem Gesetz von den landwirtschaftlichen Pächtern die Rede, die scheint man vollständig vergessen zu haben. Große Bedeutung verdient auch die gemischte Kommission, die endgültig über das Schicksal tausender Menschen, tausender Existenzen zu entscheiden hat, nämlich ob sie in die Ersatzreserve eingereiht werden sollen oder nicht. Nach unserer Auffassung müßte eine solche Kommission auf dem Vertrauen der gesamten Öffentlichkeit aufgebaut sein, sie müßte daher aus Leuten bestehen, die wirklich das Vertrauen der gesamten Bevölkerung geniessen. Im Gesetz wird über die Zusammensetzung und den Kreis dieser Organisation überhaupt nichts gesagt, es heißt nur: Diese gemischten Kommissionen, ihre Organisation und Zusammensetzung wird mittels Regierungsverordnung bestimmt werden. Man kann sich nun vorstellen, wie diese Zusammensetzung ausschauen und wie sie erfolgen wird. Eine weitere ungeheuerliche Bestimmung in dem Gesetz ist § 5, der festlegt, daß, wenn der Vater oder Großvater um die Wehrpflichtbefreiung aus sozialen oder wirtschaftlichen Gründen für Sohn oder Enkel ansuchen, der Betreffende sich selbst bei der gemischten Kommission oder bei einem Abweis bei der Überprüfungskommission einer persönlichen Untersuchung zu unterziehen hat. Es heißt das also, die alten, kranken, gebrechlichen Menschen müßen so wie die Rekruten. vor der Assentierungskommission erscheinen, um dort feststellen zu lassen, ob sie erwerbsfähig sind oder nicht. Dieser Vorgang ist unseres Erachtens rücksichtslos, unmenschlich und brutal und verfolgt sicher keinen anderen Zweck, als dem Gesuchsteller unnütze Strapazen und Schikanen aufzupelzen, um auf diese Art und Weise das Erlangen der Wehrpflichterleichterungen zu erschweren. Wir haben im Wehrausschuß beantragt, daß diese unmenschliche Bestimmung verschwindet und daß es genügen muß, wenn der Amtsarzt die Erwerbsunfähigkeit des Betreffenden bestätigt. Dieser gewiss vernünftige Antrag wurde abgelehnt, und es bleibt bei der persönlichen Untersuchung durch die Assentkommission.

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP