Die Herrschaften sollten ein wenig daran denken,
daß nach dem heutigen Stande der Wissenschaft der ganze
Militarismus in den Staaten nichts anderes als eine kostspielige
Soldatenspielerei ist. Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft
wird, wenn es zum Kriege kommt, nicht entscheidend sein, ob der
Soldat eine 18- oder 14monatige Ausbildung genossen hat, dann
wird der Krieg nicht ein Krieg der Linien, sondern der Zonen sein,
dann wird entscheidend sein der Fortschritt in der Chemie, die
Gasbomben, die Fliegerflotten, die Millionen von Menschen in einigen
Stunden vollständig hinwegzuraffen imstande sind. Es sind
also schon mit Rücksicht darauf, daß die Wissenschaft
heute den ganzen Militarismus als nichts anderes als eine kostspielige
Spielerei bezeichnet, der Rüstungswahnsinn, wie er gegenwärtig
betrieben wird, gerade in diesem Staate vollständig unverständlich.
Es wird auch drauf verwiesen, daß wir
diesen starken Friedensstand haben müssen, weil es notwendig
erscheint, die Grenzen zu sichern. Man fragt sich nur, welche
Grenzen das sein sollen. Wir haben bisher aus den Versicherungen
und Erklärungen des Außenministers immer gehört,
daß die ganze Welt mit der èechoslovakischen Republik
in bester Freundschaft lebt, daß Rumänien und Polen
unsere Freunde sind. Deutschland ist völlig entwaffnet, hat
ein Ordnungsheer von 100.000 Mann. Während hier der Vertreter
der nationaldemokratischen Partei ganz offen
ausspricht, daß das alles nur eine Sicherheit, eine Bürgschaft
gegen Deutschland sein soll, während der Herr Außenminister
erst vor einigen Tagen in Genf dafür eintrat, daß eine
Verschärfung der Abrüstungskontrolle Deutschland gegenüber
zu erfolgen hat, stimmen die Herren, die bei jeder Gelegenheit
das Lied "Deutschland, Deutschland über alles"
singen, für diese Rüstungszwecke gegen Deutschland.
Der Schutz der Grenzen ist eine nicht gerade stichhältige
Begründung. Wenn wir unsere Grenzen betrachten, nur gegen
Deutschland, Österreich, Ungarn. Polen und Rumänien,
so kommen gegen 3000 km in Betracht und Militärfachleute
und ein militärisches Organ haben in einem sehr interessanten
Artikel festgestellt, daß wir trotz unserer 140.000 Mann,
trotz unserer 560 leichten und 152 schweren Geschützen, 1814
automatischen Gewehren, 1000 Maschinengewehren, 94 Kampfflugzeugen
und 134 Aufklärungsflugzeugen von den 3000 km nur imstande
sind 192 zu beschützen. Auch dieses èechische militärische
Fachblatt verweist auf den Unsinn einer solchen Begründung
und sagt mit Recht: "Wenn das neue Europa nichts anderes
sein sollte, als wieder der Schauplatz von Kriegen und einer gegenseitigen
Zerfleischung, dann ist es mit uns so oder so schlecht bestellt
und bloß mit den Kräften unserer winzigen Armee werden
wir die Selbständigkeit gewiß nicht erhalten können.
Wir können nur aufrichtig an den Geist des neuen Europa glauben
und dürfen nicht auf Dr. Kramáø
achten, welcher sagt, eine starke Armee
sei ihm lieber, als der Geist von Locarno". Dieses militärische
Fachblatt bringt da zum Ausdruck, daß das ganze militärische
System in diesem Staate mit Rücksicht auf die geographische
Lage unhaltbar geworden ist und daß überhaupt ein Grund
für diese militärischen Vorlagen nach keiner Richtung
hin besteht. In diesem Fachblatte wird auch festgestellt, daß
die Begründung der 18 monatigen Militärdienstzeit vom
fachmännischen Standpunkte aus nicht richtig sei und daß
jetzt schon bei der Armee, wenn man die Ausbildungsperiode der
Soldaten berechnet, für die gesamte Dienstzeit 166 Ausbildungstage,
das sind also 51/2 Monate, in Betracht
kommen. Es wird also jetzt schon im èechoslovakischen Staate
ein Soldat, der sein Handwerk tüchtig erlernt hat, innerhalb
51/2
Monaten ausgebildet und es ist daher ganz unsinnig, die Notwendigkeit
der Beibehaltung der 18 monatigen Dienstzeit mit der Ausbildung
der Mannschaft zu begründen, und dasselbe sagt der Landesverteidigungsminister
und die Befürworter dieser Vorlage, daß diese Ausbildungszeit
nicht notwendig erscheint. Sie haben erst heute dem Wehrausschuß
ein Gesetz vorgelegt, das die Ersatzreserve mit einer Dienstzeit
von drei Monaten vorsieht. Diese Ersatzreservisten sollen nach
Ansicht der Fachleute ebenfalls tüchtige brauchbare Soldaten
werden. Sie werden nun innerhalb dreier Monate für dieses
Handwerk ausgebildet und es ist doch nicht anzunehmen, daß
die Landbevölkerung um so viel gescheiter ist als die Bewohner
der Städte, daß für diese 18 Monate, während
für das Land nur 3 Monate benötigt werden, um brauchbare
Soldaten zu erziehen. Aus all diesen Gründen geht wohl zur
Genüge hervor, daß gar keine Ursache für die Beibehaltung
der 18 monatigen Dienstzeit besteht, daß wir natürlich
gegen das Verlangen der Militärverwaltung schärfste
Stellung nehmen. Es ist weiter festzustellen, daß wir gegen
dieses Gesetz stimmen, vor allem auf Grund unserer grundsätzlichen
Einstellung gegen den Militarismus und weil diese Verlängerung
der Dienstzeit ein Rückschritt von dem ist, was heute schon
im Gesetz festgelegt ist. Aber, meine sehr verehrten Herren, nicht
nur wir denken heute so, sondern auch die Angehörigen der
deutschen Regierungsparteien haben früher einmal eine andere
Stellung zu dieser Frage eingenommen. Es war die deutsche christlichsoziale
Partei, die noch am 18. Dezember 1926, also noch nicht allzuweit
zurück, schon zu einer Zeit, wo sie ihren Einfluß innerhalb
der Regierungsmehrheit hatte, in ihrem offiziell anerkannten Organ
der Christlichsozialen Mährens und Schlesien, das nicht verleugnet
werden kann, wie die "Deutsche Presse", die als nicht
parteioffiziös bezeichnet wird, einen Artikel: "18 oder
14 Monate Dienstzeit", veröffentlicht, worin es heißt,
der Minister für Landesverteidigung Udržal
habe eine Angstrede gehalten, in der zu
wenig Schutz innerhalb der Republik feststellt wird. "Warum
diese Kanonenrede?" fragt das Blatt. "Sollte sie eine
Demonstration sein gegen die Abrüstung, oder ein Drohen gegen
kriegslüsterne Nachbarn? Oder ist gar ein Feind im Innern
des Landes zu fürchten? Nichts von alledem. Deutschland,
Österreich und Ungarn sind nicht zu fürchten, Rumänien
und Polen sind doch Freunde." Dann heißt es weiter:
"Ein bischen groß hinaus gab man es ja immer in dieser
Republik und was die Zukunft bringt, kann man ja wirklich nicht
wissen, und wer folgt nicht gerne dem Rate und Wunsche eines mächtigen
Freundes, besonders wenn die Bündnistreue verpflichtet?
So soll nun im Hause der èechischen Gesetzgebung beschlossen
werden: Unsere Jugend von heute ist gescheit genug, daß
sie in 14 Monaten das Kriegshandwerk erlernen und in dieser Zeit
zu Verteidigern der Heimat erzogen werden kann.
Unsere Wirtschaft kann es sich nicht leisten, daß Zehntausende
Menschen volle 11/2 Jahre der Produktion entzogen werden."
Dann heißt es weiter: Aber die neue Regierung - das ist
die, in der die heutigen Parteien sitzen und in der die deutschen
Minister ein Wort mitreden dürfen, wenn es dem Regierungschef
paßt ist nicht so willig und folgsam wie ihre Vorgängerinnen.
Die nationalistischen Angsthasen sind jetzt in der Minderheit
und die internationalen Sozialdemokraten und programmatischen
Antimilitaristen waren nationaler und eines militärischen
Vaterlandsschutzes bedürftiger als jetzt die Deutschen und
die wirtschaftlicher und friedlicher eingestellten Slovaken und
Volksparteiler. Die wollen von einer 18monatigen Dienstzeit nichts
wissen. Nicht nur, weil der Militarismus äußerst unpopulär
geworden ist, sondern hauptsächlich deshalb, weil sie die
unproduktiven militärischen Ausgaben möglichst einschränken,
die jugendlichen Arbeitskräfte der Wirtschaft nicht vorenthalten
wollen.
So stehen sich nun innerhalb der Mehrheit zwei
Anschauungen gegenüber. Auf Seite der Anhänger einer
verkürzten Militärdienstzeit von 14 Monaten steht die
Sympathie des größten Teiles der Staatsbürger,
steht die Friedenssehnsucht und steht die Vernunft. Auf Seite
der Verfechter der achtzehnmonatigen Dienstzeit kämpfen die
Nationalisten, die Gespensterseher, die Überpatrioten. Es
zeigt sich nun, daß heute bei der Mehrheit der deutschen
christlichsozialen Regierungspartei die Vernunft nicht mehr vorhanden
ist. Im Dezember war die Vernunft entscheidend, die gegen die
achtzehnmonatige Dienstzeit spricht, heute hat sie die Vernunft
verlassen und sie sind nun ebenfalls dafür zu haben, daß
die achtzehnmonatige Dienstzeit auf die Dauer zweier weiterer
Jahre beibehalten werde. Wir werden zu dieser Gesetzesvorlage
den Antrag auf Übergang zur Tagesordnung einbringen, weil
wir auf Grund unserer grundsätzlichen Einstellung gegen den
Militarismus überhaupt und auch sonst gegen die Verlängerung
der im Gesetze festgelegten Dienstzeit sind. Der Herr Landesverteidigungsminister
hat außer diesem Gesetze noch eine Reihe weiterer Gesetze
dem Parlament unterbreitet, so die Vorlage über die Unterbringung
der länger dienenden Unteroffiziere. Dieses Gesetz ist nichts
anderes als eine Vorschubleistung zu gunsten des Militarismus.
Dieses Gesetz wurde schon im alten Österreich auf das schärfste
bekämpft, die Revolutionsnationalversammlung hat es 1919
aufgehoben und den Grundsatz festgelegt, daß in Hinkunft
alle Diener-, Aufseher- und Beamtenstellen bei allen èechoslovakischen
Ämtern, Behörden, Eisenbahnen, Gefangenenhäusern
u. s. w. den Staatsbürgern dieses Staates gleichmäßig
zugänglich sein sollen. Und der Motivenbericht hat damals
auch darauf verwiesen, daß die Aufhebung dieses
Gesetzes notwendig sei, um zu verhindern, daß Unteroffizieren
auf Grund militärischer Zertifikate gewisse Vorteile gegenüber
den übrigen Staatsbediensteten gewährt werden, daß
ihre Vorzugerechte zu einer Verschlechterung der Lage der übrigen
Staatsbediensteten beitragen. Heute sind dieselben mit einem neuen
Gesetz gekommen, dieselben Leute, die 1919 dieses Gesetz aufs
Schärfste bekämpften; die Gründe, die sie heute
anführen, sind dieselben, werden von denselben Parteien und
von derselben Generalität benützt, womit sie im Jahre
1919 die Aufhebung dieses Gesetzes als ganz selbstverständlich
begründet haben. Der in dem aufhebenden Beschluß der
Revolutionsnationalversammlung vom Jahre 1919 festgelegte Grundsatz,
daß die vom Staate zu vergebenden Stellen allen Staatsbürgern
gleichmäßig zugänglich gemacht sollen, wurde bald
durch ein Gesetz durchbrochen, durch das sogenannte Legionärgesetz,
welches den Legionären gewisse Vorzugsrechte gewährt
hat; die Begünstigungen, die in diesem Gesetz niedergelegt
sind, gehen weiter als das alte Zertifikatistengesetz. Man hat
also hier trotz der früheren Aufhebung besondere Begünstigungen
für eine Gruppe von Menschen festgelegt und nun geht man
neuerlich daran, weil angeblich die Wünsche des Herrn Landesverteidigungsministers
nicht in Erfüllung gehen, die notwendige Anzahl von Unteroffizieren
zu bekommen, ein neuerliches Gesetz über die Unterbringung
länger dienender Unteroffiziere zu beschliessen. Die bisherigen
Begünstigungen für länger dienende Unteroffiziere
sind in dem Gesetz vom Jahre 1922 § 19 festgelegt. Nach einem
Jahr freiwilliger Dienstzeit wurden dem länger dienenden
Unteroffizier demnach die ersten zwei und für ein weiteres
Jahr alle Waffenübungen geschenkt, weiters waren kleine Monatszulagen
und gewisse Abfertigungen beim Verlassen des Militärdienstes
vorgesehen. Die heutige Vorlage ist aber nicht nur, eine Wiederauferstehung
des alten Zertifikatistengesetzes, sondern eine bedeutende Erweiterung
des alten Gesetzes, indem nicht nur die Stellen bei Staatsämtern,
Staatsbetrieben und militärischen Betrieben für die
Unterbringung vorgesehen werden, sondern auch eine Erweiterung
eintreten soll, wonach auch alle öffentlichen Körperschaften
und sonstige Anstalten unter dieses Gesetz fallen und länger
dienende Unteroffiziere aufnehmen müssen. Aber nicht nur
das, in dem Gesetz heißt es weiter, daß in allen Privatunternehmungen,
die dem öffentlichen Eisenbahn- und Dampfschifftransport
dienen, weiters in Unternehmungen und Betrieben, an denen der
Staat in überwiegendem Maße Teilhaber ist und in allen
Unternehmungen, die vom Staate dauernd subventioniert oder garantiert
sind, die Unterbringung von länger dienenden Unteroffizieren
vorgesehen ist. Während aber bei den öffentlichen Dienstposten
und bei jenen Staatsposten, die schon früher mit länger
dienenden Unteroffizieren besetzt worden sind, diese Posten taxativ
aufgezählt erscheinen, ist das bei den Posten, die für
die Privatindustrie in Betracht kommen, nicht der Fall und es
bleibt vollständig dem Herrn Landesverteidigungsminister
überlassen später mittels Verordnung die Posten
aufzuzählen und zu bestimmen, welche auf Grund dieses Gesetzes
durch länger dienende Unteroffiziere zu besetzen sind. Daß
diese besondere Bestimmung des Gesetzes gewissen Èechisierungsbestrebungen
dienen wird, ist eigentlich ganz selbstverständlich
und das Landesverteidigungsministerium als Arbeitsvermittlungsstelle
für die Privatindustrie wird sicherlich schon dafür
Sorge tragen, daß jene Wünsche in Erfüllung gehen,
die man èechischerseits in dieser Beziehung
hegt. Wenn sich auch der Staat eine Heeresorganisation gibt, die
nicht unseren Ansichten entspricht, die wir bekämpfen, so
begreifen wir doch diese besondere Fürsorge, die hier gegenüber
den länger dienenden Unteroffizieren an den Tag gelegt wird,
wir verstehen es, warum man für die länger dienenden
Offiziere sorgt, aber wir müssen entschieden dagegen Stellung
nehmen, daß man das Gesetz erweitert, daß man in diesem
Gesetz dem Landesverteidigungsministerium so weitgehende Rechte
gewährt, wie es wohl in keinem anderen Gesetz der
Fall war, nicht einmal beim Abbau- oder Legionärgesetz, denn
wir fürchten, daß man diese Bestimmungen zu anderen
Zwecken benützt, daß man mit der Unterbringung von
Offizieren gleichzeitig Èechisierungsbestrebungen in jeder
Richtung hin betreibt. Dieselbe Fürsorge,
die der Herr Landesverteidigungsminister für die gesunden
Soldaten an den Tag legt, dieselbe Fürsorge vermissen wir
aber restlos bei den Opfern der Soldatenspielerei, bei den Kriegsbeschädigten.
Um deren Schicksal kümmert man sich in diesem Staate verdammt
wenig. Man ist der Meinung, sie hätten ihre Pflicht erfüllt,
sie hätten für den Staat und für die Gesellschaft
ihre gesunden Glieder geopfert. Sie sind arbeitsunfähig geworden.
Man überläßt sie ihrem Schicksal, sie sollen selbst
schauen, wie sie vorwärts kommen oder dabei vollends zugrundegehen.
Man ist brutal genug, die Renten zu kürzen, sie aus den nichtigsten
Gründen einzustellen, und wenn die Betroffenen einmal ihr
Recht suchen, so können sie monatelange Kämpfe führen,
bis sie überhaupt eine Erledigung bekommen.
Man hat auch bis heute ein den Kriegsbeschädigten gegebenes
Versprechen nicht eingelöst. Bei allen Kriegsbeschädigtenkonferenzen
im Ausland sind es die Vertreter des èechoslovakischen
Staates, die besonders auf die Fürsorge in diesem Staate
verweisen. Auch im September 1923 bei
einer Sachverständigenkonferenz in Genf, wo Richtlinien für
ein Gesetz zur Unterbringung von Kriegsbeschädigten festgesetzt
wurden, hat der Vertreter des èechoslovakischen Staates
Sektionschef Dr Fleischmann, namens der Regierung die
Erklärung abgegeben, daß in der allernächsten
Zeit ein Gesetzentwurf dem Parlament zur Beschlußfassung
vorgelegt werden wird. Heute schreiben wir schon 1927, man sieht
und hört von diesem Gesetzentwurf nichts und als Ersatz bringt
der Landesverteidigungsminister ein Gesetz über die Unterbringung
der länger dienenden Unteroffiziere, um ihnen zum Teil auch
noch die Stellen zu geben, die heute von den Kriegsbeschädigten
besetzt sind. Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes besteht ja
die Möglichkeit, diese Stellen den wenigen Kriegsbeschädigten
die versorgt sind zu nehmen, die Gefahr zumindest besteht, daß
sie auch noch den Anspruch auf solche Dienststellen verlieren.
Man ersieht daher, daß die Beweggründe, die der Landesverteidigungsminister
in diesem Gesetze angibt, daß nämlich die Schaffung
dieses Gesetzes als eine Notwendigkeit erscheint, ebensowenig
zutreffen wie eine Begründung der 18monatigen Dienstzeit.
Man darf weiter nicht vergessen, daß bei der Unterbringung
der länger dienenden Unteroffiziere zweifellos auf die politische
Verläßlichkeit das größte Gewicht gelegt
werden dürfte. Auch hier zeigt sich wieder, daß die
Regierungsparteien mit zweierlei Maß gemessen werden. Dem
Vertreter der Slovaken hat man die Versicherung gegeben, daß
in der Slovakei in allen privaten Stellen und öffentlichen
Körperschaften nur slovakische Unteroffiziere untergebracht
werden. Die Deutschen sind ja so anspruchslose Menschen. In der
Regierungsmehrheit hat man ihnen weder ein solches Versprechen
gegeben, noch halten sie es für notwendig, solche Zugeständnisse
zu fordern. Sie stimmen bedingungslos für alle Verschlechterungen,
für all diese Gesetze, ohne sich auch nur im geringsten darüber
einen Vorwurf zu machen, daß sie zum Teil gegen ihre eigene
Überzeugung mißbraucht werden. Es wird nun möglich
sein, daß mit den Stimmen der deutschen Parteien in deutschen
Landgemeinden, bei den deutschen Ortsschulräten èechische
Gemeindeskretäre oder èechische Schuldiener angestellt
werden dürfen. Es wird vor allem möglich sein, weil
in diesem Gesetz das Ministerium eine ungeheuere
Ermächtigung besitzt. Es werden im Gesetz nicht die Posten
aufgezählt, die mit längerdienenden Unteroffizieren
zu besetzen sind, es wird das dem Ministerium überlassen.
Das Ministerium hat das Recht, ein Drittel der von ihm bezeichneten
Stellen mit längerdienenden Unteroffizieren zu besetzen,
es zwingt daher die Privatbetriebe, ein Verzeichnis aller dieser
Posten anzulegen, es fordert die Ausschreibung dieser Posten.
In dem Gesetz wird weiter gesagt, daß, wenn ein solcher
Posten auch schon ein Jahr lang besetzt gewesen ist und sich herausstellt,
daß das nicht auf dem Weg über das Landesverteidigungsministerium
geschehen ist, nicht nur der betreffende Unternehmer bestraft
wird, sondern auch der Angestellte den Posten zu verlassen hat,
ohne irgendeinen Entschädigungsanspruch stellen zu können.
In dem Gesetz wird weiter darauf verwiesen, daß die länger
dienenden Unteroffiziere sich während der ganzen Dienstzeit
sicherlich jene Fähigkeiten aneignen werden, die sie im Wirtschaftsprozeß
der Privatbetriebe benötigen. Es wird ferner erklärt,
daß sie für solche Posten gewisse Fähigkeiten
mitbringen, und sehr naiv heißt es im Motivenbericht: "Zumindest
bringen Sie Disziplin und Ordnung in alle diese Posten mit."
Unseres Erachtens aber sollen im wirtschaftlichen Leben nicht
nur Habtachtmenschen ohne Willen, nicht nur Menschen mit hündischem
Gehorsam sein, sondern selbständige Menschen mit eigener
Meinung, mit eigenem Willen, denn nur solche werden jene Dienste
leisten können, wie man sie im ganzen Wirtschaftsprozeß
erwartet. In diesem Gesetz ist eine Reihe von Strafbestimmungen
vorgesehen, die verhängt werden, wenn eine dieser Bestimmungen
nicht eingehalten wird. Das ganze Gesetz - ohne daß wir
ein Wort gegen die Menschen, die durch dieses Gesetz geschützt
werden sollen, sagen - müssen wir seinem Inhalte nach ablehnen,
weil es unseres Erachtens ein Ding der Unmöglichkeit ist,
weil es ein Gesetz ist, das dem Ministerium für nationale
Verteidigung eine solche Ermächtigung erteilt, die zu allem
Möglichen benützt werden kann und weil auch die Begründung
dieses Gesetzes - die Gewinnung von länger dienenden Unteroffiziren
- nicht zutreffend ist. Wenn wir den gegenwärtigen Heeresstand
ansehen, so finden wir, daß auf 3 Soldaten in diesem Staate
ein Vorgesetzter, ein Unteroffizier kommt. Schon aus dieser Ziffer
ist ersichtlich, daß wohl kein Mangel an Unteroffizieren
besteht. Daher werden wir auch diesem Gesetz die Zustimmung verweigern.
Gleichzeitig wird auch ein drittes Gesetz zur
Beschlußfassung unterbreitet und das ist das militärische
Zucht- und Disziplinarrecht. Dieses Disziplinarrecht wurde in
einem Gesetz vom 4. Juni 1923 festgesetzt und hat niemanden befriedigt.
Man hätte meinen sollen, daß mit der demokratischen
Gestaltung des Staates auch die Disziplinarvorschriften andere
Formen annehmen werden. Das ist nicht der Fall. Im Jahre 1920
hat man in Österreich Disziplinarvorschriften erlassen, die
vor allem eine demokratische Gestaltung der Disziplinarkommission
vorgesehen haben. Bei uns hat man im Jahre 1923 unter dem Schein
eines Rechts die Verankerung der brutalsten Willkür in diesem
Gesetze festgelegt. Selbst aus Militärkreisen, aus dem Kreise
der Offiziere, der Unteroffiziere und Ruheständler wurde
schon im Jahre 1923 ein scharfer Kampf gegen dieses Gesetz geführt.
Sogar Generalstabsoffiziere haben in Wort und Schrift dagegen
Stellung genommen, haben die Fehler und Mängel aufgezeigt,
die dieses Gesetz besitzt, haben aufgezeigt, daß der Willkür
der Vorgesetzten freie Hand gelassen ist. Und es ist auch damals
schon in Reden klargelegt worden, daß dieses Gesetz im Widerspruch
zu dem wichtigsten Gedanken des Staatsgrundgesetzes steht, daß
nämlich niemand seinem ordentlichen Richter entzogen werden
darf. Dieses Gesetz vom Jahre 1923 bedeutet die Schaffung eines
neuen Gerichtshofes mit eigener Rechtssprechung, die auf der einen
Seite eine große Zahl von Privilegien, Begünstigungen
schafft und auf der anderen Seite der Willkür Tür und
Tor öffnet. Dieses Strafrecht, wenn ich es so nennen darf,
existierte schon im alten Österreich und hat damals den sogenannten
Disziplinarausschüssen eine gewaltige Macht verliehen, die
gegen jene Personen angewendet werden konnte, die die sogenannte
Standespflicht verletzten. Ja, man ist auf Grund dieser Bestimmungen
im alten Österreich soweit gegangen, Verbote zu erlassen,
in denen Offizieren und Soldaten verboten wird, gewisse Lokale
zu besuchen, damit sie nur ja nicht mit dem gewöhnlichen
Volke in Berührung kommen, wodurch die Standesehre der Armee
verletzt werden könnte. Was alles unter dem Begriff "Standesehre"
verstanden wird, ist ja am besten aus dem sogenannten Ehrenkodex
der Offiziere und aus dem Dienstreglement der Soldaten zu ersehen.
Man findet schon auf Grund dieser Bestimmungen, welche willkürliche
Handhabung in der Auslegung dieser Bestimmungen möglich ist.
Und nun kommt der Herr Landesverteidigungsminister
mit einer neuen Vorlage, die nichts anderes bedeutet, als eine
Ergänzung einzelner Bestimmungen des Gesetzes vom Jahre 1923.
Der erste Teil dieses Gesetzes betrifft alle Militärpersonen
und bedeutet insofern eine kleine Verbesserung, als das Strafrecht
nach diesen abgeänderten Bestimmungen nur von Truppenkommandanten
und nicht mehr so wie früher auch von Unterkommandanten gehandhabt
werden kann. Aber auch in dieser Vorlage fehlt jede Bestimmung
zum Schutze der Soldaten gegen Übergriffe der Kommandanten
und der einzelnen Vorgesetzten. Es hat sich und wird sich in Zukunft
wiederholt ereignen, daß Richter und Kläger in einer
Person auftreten. Ein solcher Zustand ist natürlich unhaltbar,
vor allem deshalb, weil der Mannschaft ein Beschwerderecht zwar
zusteht, aber ohne aufschiebende Wirkung. Es kann also vorkommen,
daß ein Mann die über ihn verhängte Strafe zu
verbüssen hat, von dem Beschwerderecht Gebrauch macht, der
Kommandant entscheidet eventuell, die Strafe sei ungerecht verhängt
worden; sie wird aufgehoben, aber der Mann hat die Arreststrafe
verbüßt.
Der zweite Teil behandelt die Verletzungen
der Standespflichten. Über den Begriff "Schädigung
des guten Rufes der Armee" kann man verschiedener
Meinung sein. Man kann darunter verstehen nicht nur die Spionage
von Generälen, wie wir sie im èechoslovakischen Staat
in der letzten Zeit zu beobachten hatten, man kann darunter auch
Waffenschiebungen, Bezin-, Pferde- und Heukorruptionen,
gewisse Unterschlagungen, die hier ziemlich häufig bereits
vorgekommen sind. Auch das sind Schädigungen des guten Rufes
der Armee. Aber in diesen Bestimmungen, in dieser weitgehenden
Auslegung können auch private und gesellschaftliche Vorkomnisse
mitspielen, weil dieses Gesetz von Unklarheiten wimmelt. Bezeichnend
für die demokratische Auffassung ist ja, daß nach diesem
Gesetze Verfehlungen der Militärgagisten auch außerhalb
des Dienstes, ja selbst jener, die sich im Ruhestand befinden,
im Disziplinarwege geahndet werden können. Die Entscheidung,
ob und welche Verfehlungen vorliegen, liegt in der Hand eines
nicht gewählten, sondern ernannten Ehrenrates, der nichts
anderes sein wird, als das willenlose Werkzeug der Militärbürokratie,
dessen Aufgabe es sein wird, gegen charakterfeste und selbständige
Gagisten Stellung zu nehmen, umsomehr, weil diese Verhandlungen
vor dem Disziplinarausschuß nicht öffentlich, sondern
geheim sind und weil dieser Ehrenrat selbst dann das Recht hat,
eine Aktion einzuleiten, wenn ein ordentliches Gericht einen Freispruch
gefällt hat.
Diese Kautschukbestimmungen des Gesetzes, auch
jenes Gesetzes, das heute als Abänderungsgesetz hier vorliegt,
lassen die unmöglichsten Auslegungen zu. Schon die Möglichkeit,
jeden Einzelnen unter dem Titel "Schädigung des guten
Rufes der Armee" zu verfolgen, sieht eine Reihe von Strafbestimmungen,
Versetzungen in den Ruhestand, Kürzung der Pension, vollständige
Einstellung der Pension vor, und schon deshalb werden wir auch
diesem Gesetze unsere Zustimmung verweigern. Wenn man weiter in
Betracht zieht, daß Unkenntnis und mangelnde Kenntnis der
Dienstsprache als schlechte Qualifikation ausgelegt werden und
daß, wenn einer schlecht qualifiziert ist, er in den Ruhestand
versetzt werden kann, so geht schon aus dieser Bestimmung allein
die Tendenz des Gesetzes, die Absicht der Gesetzgeber klar hervor.
Wir werden gegen dieses Gesetz stimmen, weil es eine Verankerung
der brutalsten Willkür, des primitivsten Rechtes darstellt.
Aus den Gründen, die ich hier aufgezeigt
habe, werden wir nicht nur gegen diese Vorlage, sondern auch gegen
alle übrigen hier eingebrachten Militärvorlagen stimmen.
(Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)