Støeda 23. bøezna 1927

Die Herrschaften sollten ein wenig daran denken, daß nach dem heutigen Stande der Wissenschaft der ganze Militarismus in den Staaten nichts anderes als eine kostspielige Soldatenspielerei ist. Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft wird, wenn es zum Kriege kommt, nicht entscheidend sein, ob der Soldat eine 18- oder 14monatige Ausbildung genossen hat, dann wird der Krieg nicht ein Krieg der Linien, sondern der Zonen sein, dann wird entscheidend sein der Fortschritt in der Chemie, die Gasbomben, die Fliegerflotten, die Millionen von Menschen in einigen Stunden vollständig hinwegzuraffen imstande sind. Es sind also schon mit Rücksicht darauf, daß die Wissenschaft heute den ganzen Militarismus als nichts anderes als eine kostspielige Spielerei bezeichnet, der Rüstungswahnsinn, wie er gegenwärtig betrieben wird, gerade in diesem Staate vollständig unverständlich.

Es wird auch drauf verwiesen, daß wir diesen starken Friedensstand haben müssen, weil es notwendig erscheint, die Grenzen zu sichern. Man fragt sich nur, welche Grenzen das sein sollen. Wir haben bisher aus den Versicherungen und Erklärungen des Außenministers immer gehört, daß die ganze Welt mit der èechoslovakischen Republik in bester Freundschaft lebt, daß Rumänien und Polen unsere Freunde sind. Deutschland ist völlig entwaffnet, hat ein Ordnungsheer von 100.000 Mann. Während hier der Vertreter der nationaldemokratischen Partei ganz offen ausspricht, daß das alles nur eine Sicherheit, eine Bürgschaft gegen Deutschland sein soll, während der Herr Außenminister erst vor einigen Tagen in Genf dafür eintrat, daß eine Verschärfung der Abrüstungskontrolle Deutschland gegenüber zu erfolgen hat, stimmen die Herren, die bei jeder Gelegenheit das Lied "Deutschland, Deutschland über alles" singen, für diese Rüstungszwecke gegen Deutschland. Der Schutz der Grenzen ist eine nicht gerade stichhältige Begründung. Wenn wir unsere Grenzen betrachten, nur gegen Deutschland, Österreich, Ungarn. Polen und Rumänien, so kommen gegen 3000 km in Betracht und Militärfachleute und ein militärisches Organ haben in einem sehr interessanten Artikel festgestellt, daß wir trotz unserer 140.000 Mann, trotz unserer 560 leichten und 152 schweren Geschützen, 1814 automatischen Gewehren, 1000 Maschinengewehren, 94 Kampfflugzeugen und 134 Aufklärungsflugzeugen von den 3000 km nur imstande sind 192 zu beschützen. Auch dieses èechische militärische Fachblatt verweist auf den Unsinn einer solchen Begründung und sagt mit Recht: "Wenn das neue Europa nichts anderes sein sollte, als wieder der Schauplatz von Kriegen und einer gegenseitigen Zerfleischung, dann ist es mit uns so oder so schlecht bestellt und bloß mit den Kräften unserer winzigen Armee werden wir die Selbständigkeit gewiß nicht erhalten können. Wir können nur aufrichtig an den Geist des neuen Europa glauben und dürfen nicht auf Dr. Kramáø achten, welcher sagt, eine starke Armee sei ihm lieber, als der Geist von Locarno". Dieses militärische Fachblatt bringt da zum Ausdruck, daß das ganze militärische System in diesem Staate mit Rücksicht auf die geographische Lage unhaltbar geworden ist und daß überhaupt ein Grund für diese militärischen Vorlagen nach keiner Richtung hin besteht. In diesem Fachblatte wird auch festgestellt, daß die Begründung der 18 monatigen Militärdienstzeit vom fachmännischen Standpunkte aus nicht richtig sei und daß jetzt schon bei der Armee, wenn man die Ausbildungsperiode der Soldaten berechnet, für die gesamte Dienstzeit 166 Ausbildungstage, das sind also 51/2 Monate, in Betracht kommen. Es wird also jetzt schon im èechoslovakischen Staate ein Soldat, der sein Handwerk tüchtig erlernt hat, innerhalb 51/2 Monaten ausgebildet und es ist daher ganz unsinnig, die Notwendigkeit der Beibehaltung der 18 monatigen Dienstzeit mit der Ausbildung der Mannschaft zu begründen, und dasselbe sagt der Landesverteidigungsminister und die Befürworter dieser Vorlage, daß diese Ausbildungszeit nicht notwendig erscheint. Sie haben erst heute dem Wehrausschuß ein Gesetz vorgelegt, das die Ersatzreserve mit einer Dienstzeit von drei Monaten vorsieht. Diese Ersatzreservisten sollen nach Ansicht der Fachleute ebenfalls tüchtige brauchbare Soldaten werden. Sie werden nun innerhalb dreier Monate für dieses Handwerk ausgebildet und es ist doch nicht anzunehmen, daß die Landbevölkerung um so viel gescheiter ist als die Bewohner der Städte, daß für diese 18 Monate, während für das Land nur 3 Monate benötigt werden, um brauchbare Soldaten zu erziehen. Aus all diesen Gründen geht wohl zur Genüge hervor, daß gar keine Ursache für die Beibehaltung der 18 monatigen Dienstzeit besteht, daß wir natürlich gegen das Verlangen der Militärverwaltung schärfste Stellung nehmen. Es ist weiter festzustellen, daß wir gegen dieses Gesetz stimmen, vor allem auf Grund unserer grundsätzlichen Einstellung gegen den Militarismus und weil diese Verlängerung der Dienstzeit ein Rückschritt von dem ist, was heute schon im Gesetz festgelegt ist. Aber, meine sehr verehrten Herren, nicht nur wir denken heute so, sondern auch die Angehörigen der deutschen Regierungsparteien haben früher einmal eine andere Stellung zu dieser Frage eingenommen. Es war die deutsche christlichsoziale Partei, die noch am 18. Dezember 1926, also noch nicht allzuweit zurück, schon zu einer Zeit, wo sie ihren Einfluß innerhalb der Regierungsmehrheit hatte, in ihrem offiziell anerkannten Organ der Christlichsozialen Mährens und Schlesien, das nicht verleugnet werden kann, wie die "Deutsche Presse", die als nicht parteioffiziös bezeichnet wird, einen Artikel: "18 oder 14 Monate Dienstzeit", veröffentlicht, worin es heißt, der Minister für Landesverteidigung Udržal habe eine Angstrede gehalten, in der zu wenig Schutz innerhalb der Republik feststellt wird. "Warum diese Kanonenrede?" fragt das Blatt. "Sollte sie eine Demonstration sein gegen die Abrüstung, oder ein Drohen gegen kriegslüsterne Nachbarn? Oder ist gar ein Feind im Innern des Landes zu fürchten? Nichts von alledem. Deutschland, Österreich und Ungarn sind nicht zu fürchten, Rumänien und Polen sind doch Freunde." Dann heißt es weiter: "Ein bischen groß hinaus gab man es ja immer in dieser Republik und was die Zukunft bringt, kann man ja wirklich nicht wissen, und wer folgt nicht gerne dem Rate und Wunsche eines mächtigen Freundes, besonders wenn die Bündnistreue verpflichtet? So soll nun im Hause der èechischen Gesetzgebung beschlossen werden: Unsere Jugend von heute ist gescheit genug, daß sie in 14 Monaten das Kriegshandwerk erlernen und in dieser Zeit zu Verteidigern der Heimat erzogen werden kann. Unsere Wirtschaft kann es sich nicht leisten, daß Zehntausende Menschen volle 11/2 Jahre der Produktion entzogen werden." Dann heißt es weiter: Aber die neue Regierung - das ist die, in der die heutigen Parteien sitzen und in der die deutschen Minister ein Wort mitreden dürfen, wenn es dem Regierungschef paßt ist nicht so willig und folgsam wie ihre Vorgängerinnen. Die nationalistischen Angsthasen sind jetzt in der Minderheit und die internationalen Sozialdemokraten und programmatischen Antimilitaristen waren nationaler und eines militärischen Vaterlandsschutzes bedürftiger als jetzt die Deutschen und die wirtschaftlicher und friedlicher eingestellten Slovaken und Volksparteiler. Die wollen von einer 18monatigen Dienstzeit nichts wissen. Nicht nur, weil der Militarismus äußerst unpopulär geworden ist, sondern hauptsächlich deshalb, weil sie die unproduktiven militärischen Ausgaben möglichst einschränken, die jugendlichen Arbeitskräfte der Wirtschaft nicht vorenthalten wollen.

So stehen sich nun innerhalb der Mehrheit zwei Anschauungen gegenüber. Auf Seite der Anhänger einer verkürzten Militärdienstzeit von 14 Monaten steht die Sympathie des größten Teiles der Staatsbürger, steht die Friedenssehnsucht und steht die Vernunft. Auf Seite der Verfechter der achtzehnmonatigen Dienstzeit kämpfen die Nationalisten, die Gespensterseher, die Überpatrioten. Es zeigt sich nun, daß heute bei der Mehrheit der deutschen christlichsozialen Regierungspartei die Vernunft nicht mehr vorhanden ist. Im Dezember war die Vernunft entscheidend, die gegen die achtzehnmonatige Dienstzeit spricht, heute hat sie die Vernunft verlassen und sie sind nun ebenfalls dafür zu haben, daß die achtzehnmonatige Dienstzeit auf die Dauer zweier weiterer Jahre beibehalten werde. Wir werden zu dieser Gesetzesvorlage den Antrag auf Übergang zur Tagesordnung einbringen, weil wir auf Grund unserer grundsätzlichen Einstellung gegen den Militarismus überhaupt und auch sonst gegen die Verlängerung der im Gesetze festgelegten Dienstzeit sind. Der Herr Landesverteidigungsminister hat außer diesem Gesetze noch eine Reihe weiterer Gesetze dem Parlament unterbreitet, so die Vorlage über die Unterbringung der länger dienenden Unteroffiziere. Dieses Gesetz ist nichts anderes als eine Vorschubleistung zu gunsten des Militarismus. Dieses Gesetz wurde schon im alten Österreich auf das schärfste bekämpft, die Revolutionsnationalversammlung hat es 1919 aufgehoben und den Grundsatz festgelegt, daß in Hinkunft alle Diener-, Aufseher- und Beamtenstellen bei allen èechoslovakischen Ämtern, Behörden, Eisenbahnen, Gefangenenhäusern u. s. w. den Staatsbürgern dieses Staates gleichmäßig zugänglich sein sollen. Und der Motivenbericht hat damals auch darauf verwiesen, daß die Aufhebung dieses Gesetzes notwendig sei, um zu verhindern, daß Unteroffizieren auf Grund militärischer Zertifikate gewisse Vorteile gegenüber den übrigen Staatsbediensteten gewährt werden, daß ihre Vorzugerechte zu einer Verschlechterung der Lage der übrigen Staatsbediensteten beitragen. Heute sind dieselben mit einem neuen Gesetz gekommen, dieselben Leute, die 1919 dieses Gesetz aufs Schärfste bekämpften; die Gründe, die sie heute anführen, sind dieselben, werden von denselben Parteien und von derselben Generalität benützt, womit sie im Jahre 1919 die Aufhebung dieses Gesetzes als ganz selbstverständlich begründet haben. Der in dem aufhebenden Beschluß der Revolutionsnationalversammlung vom Jahre 1919 festgelegte Grundsatz, daß die vom Staate zu vergebenden Stellen allen Staatsbürgern gleichmäßig zugänglich gemacht sollen, wurde bald durch ein Gesetz durchbrochen, durch das sogenannte Legionärgesetz, welches den Legionären gewisse Vorzugsrechte gewährt hat; die Begünstigungen, die in diesem Gesetz niedergelegt sind, gehen weiter als das alte Zertifikatistengesetz. Man hat also hier trotz der früheren Aufhebung besondere Begünstigungen für eine Gruppe von Menschen festgelegt und nun geht man neuerlich daran, weil angeblich die Wünsche des Herrn Landesverteidigungsministers nicht in Erfüllung gehen, die notwendige Anzahl von Unteroffizieren zu bekommen, ein neuerliches Gesetz über die Unterbringung länger dienender Unteroffiziere zu beschliessen. Die bisherigen Begünstigungen für länger dienende Unteroffiziere sind in dem Gesetz vom Jahre 1922 § 19 festgelegt. Nach einem Jahr freiwilliger Dienstzeit wurden dem länger dienenden Unteroffizier demnach die ersten zwei und für ein weiteres Jahr alle Waffenübungen geschenkt, weiters waren kleine Monatszulagen und gewisse Abfertigungen beim Verlassen des Militärdienstes vorgesehen. Die heutige Vorlage ist aber nicht nur, eine Wiederauferstehung des alten Zertifikatistengesetzes, sondern eine bedeutende Erweiterung des alten Gesetzes, indem nicht nur die Stellen bei Staatsämtern, Staatsbetrieben und militärischen Betrieben für die Unterbringung vorgesehen werden, sondern auch eine Erweiterung eintreten soll, wonach auch alle öffentlichen Körperschaften und sonstige Anstalten unter dieses Gesetz fallen und länger dienende Unteroffiziere aufnehmen müssen. Aber nicht nur das, in dem Gesetz heißt es weiter, daß in allen Privatunternehmungen, die dem öffentlichen Eisenbahn- und Dampfschifftransport dienen, weiters in Unternehmungen und Betrieben, an denen der Staat in überwiegendem Maße Teilhaber ist und in allen Unternehmungen, die vom Staate dauernd subventioniert oder garantiert sind, die Unterbringung von länger dienenden Unteroffizieren vorgesehen ist. Während aber bei den öffentlichen Dienstposten und bei jenen Staatsposten, die schon früher mit länger dienenden Unteroffizieren besetzt worden sind, diese Posten taxativ aufgezählt erscheinen, ist das bei den Posten, die für die Privatindustrie in Betracht kommen, nicht der Fall und es bleibt vollständig dem Herrn Landesverteidigungsminister überlassen später mittels Verordnung die Posten aufzuzählen und zu bestimmen, welche auf Grund dieses Gesetzes durch länger dienende Unteroffiziere zu besetzen sind. Daß diese besondere Bestimmung des Gesetzes gewissen Èechisierungsbestrebungen dienen wird, ist eigentlich ganz selbstverständlich und das Landesverteidigungsministerium als Arbeitsvermittlungsstelle für die Privatindustrie wird sicherlich schon dafür Sorge tragen, daß jene Wünsche in Erfüllung gehen, die man èechischerseits in dieser Beziehung hegt. Wenn sich auch der Staat eine Heeresorganisation gibt, die nicht unseren Ansichten entspricht, die wir bekämpfen, so begreifen wir doch diese besondere Fürsorge, die hier gegenüber den länger dienenden Unteroffizieren an den Tag gelegt wird, wir verstehen es, warum man für die länger dienenden Offiziere sorgt, aber wir müssen entschieden dagegen Stellung nehmen, daß man das Gesetz erweitert, daß man in diesem Gesetz dem Landesverteidigungsministerium so weitgehende Rechte gewährt, wie es wohl in keinem anderen Gesetz der Fall war, nicht einmal beim Abbau- oder Legionärgesetz, denn wir fürchten, daß man diese Bestimmungen zu anderen Zwecken benützt, daß man mit der Unterbringung von Offizieren gleichzeitig Èechisierungsbestrebungen in jeder Richtung hin betreibt. Dieselbe Fürsorge, die der Herr Landesverteidigungsminister für die gesunden Soldaten an den Tag legt, dieselbe Fürsorge vermissen wir aber restlos bei den Opfern der Soldatenspielerei, bei den Kriegsbeschädigten. Um deren Schicksal kümmert man sich in diesem Staate verdammt wenig. Man ist der Meinung, sie hätten ihre Pflicht erfüllt, sie hätten für den Staat und für die Gesellschaft ihre gesunden Glieder geopfert. Sie sind arbeitsunfähig geworden. Man überläßt sie ihrem Schicksal, sie sollen selbst schauen, wie sie vorwärts kommen oder dabei vollends zugrundegehen. Man ist brutal genug, die Renten zu kürzen, sie aus den nichtigsten Gründen einzustellen, und wenn die Betroffenen einmal ihr Recht suchen, so können sie monatelange Kämpfe führen, bis sie überhaupt eine Erledigung bekommen.

Man hat auch bis heute ein den Kriegsbeschädigten gegebenes Versprechen nicht eingelöst. Bei allen Kriegsbeschädigtenkonferenzen im Ausland sind es die Vertreter des èechoslovakischen Staates, die besonders auf die Fürsorge in diesem Staate verweisen. Auch im September 1923 bei einer Sachverständigenkonferenz in Genf, wo Richtlinien für ein Gesetz zur Unterbringung von Kriegsbeschädigten festgesetzt wurden, hat der Vertreter des èechoslovakischen Staates Sektionschef Dr Fleischmann, namens der Regierung die Erklärung abgegeben, daß in der allernächsten Zeit ein Gesetzentwurf dem Parlament zur Beschlußfassung vorgelegt werden wird. Heute schreiben wir schon 1927, man sieht und hört von diesem Gesetzentwurf nichts und als Ersatz bringt der Landesverteidigungsminister ein Gesetz über die Unterbringung der länger dienenden Unteroffiziere, um ihnen zum Teil auch noch die Stellen zu geben, die heute von den Kriegsbeschädigten besetzt sind. Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes besteht ja die Möglichkeit, diese Stellen den wenigen Kriegsbeschädigten die versorgt sind zu nehmen, die Gefahr zumindest besteht, daß sie auch noch den Anspruch auf solche Dienststellen verlieren. Man ersieht daher, daß die Beweggründe, die der Landesverteidigungsminister in diesem Gesetze angibt, daß nämlich die Schaffung dieses Gesetzes als eine Notwendigkeit erscheint, ebensowenig zutreffen wie eine Begründung der 18monatigen Dienstzeit. Man darf weiter nicht vergessen, daß bei der Unterbringung der länger dienenden Unteroffiziere zweifellos auf die politische Verläßlichkeit das größte Gewicht gelegt werden dürfte. Auch hier zeigt sich wieder, daß die Regierungsparteien mit zweierlei Maß gemessen werden. Dem Vertreter der Slovaken hat man die Versicherung gegeben, daß in der Slovakei in allen privaten Stellen und öffentlichen Körperschaften nur slovakische Unteroffiziere untergebracht werden. Die Deutschen sind ja so anspruchslose Menschen. In der Regierungsmehrheit hat man ihnen weder ein solches Versprechen gegeben, noch halten sie es für notwendig, solche Zugeständnisse zu fordern. Sie stimmen bedingungslos für alle Verschlechterungen, für all diese Gesetze, ohne sich auch nur im geringsten darüber einen Vorwurf zu machen, daß sie zum Teil gegen ihre eigene Überzeugung mißbraucht werden. Es wird nun möglich sein, daß mit den Stimmen der deutschen Parteien in deutschen Landgemeinden, bei den deutschen Ortsschulräten èechische Gemeindeskretäre oder èechische Schuldiener angestellt werden dürfen. Es wird vor allem möglich sein, weil in diesem Gesetz das Ministerium eine ungeheuere Ermächtigung besitzt. Es werden im Gesetz nicht die Posten aufgezählt, die mit längerdienenden Unteroffizieren zu besetzen sind, es wird das dem Ministerium überlassen. Das Ministerium hat das Recht, ein Drittel der von ihm bezeichneten Stellen mit längerdienenden Unteroffizieren zu besetzen, es zwingt daher die Privatbetriebe, ein Verzeichnis aller dieser Posten anzulegen, es fordert die Ausschreibung dieser Posten. In dem Gesetz wird weiter gesagt, daß, wenn ein solcher Posten auch schon ein Jahr lang besetzt gewesen ist und sich herausstellt, daß das nicht auf dem Weg über das Landesverteidigungsministerium geschehen ist, nicht nur der betreffende Unternehmer bestraft wird, sondern auch der Angestellte den Posten zu verlassen hat, ohne irgendeinen Entschädigungsanspruch stellen zu können. In dem Gesetz wird weiter darauf verwiesen, daß die länger dienenden Unteroffiziere sich während der ganzen Dienstzeit sicherlich jene Fähigkeiten aneignen werden, die sie im Wirtschaftsprozeß der Privatbetriebe benötigen. Es wird ferner erklärt, daß sie für solche Posten gewisse Fähigkeiten mitbringen, und sehr naiv heißt es im Motivenbericht: "Zumindest bringen Sie Disziplin und Ordnung in alle diese Posten mit." Unseres Erachtens aber sollen im wirtschaftlichen Leben nicht nur Habtachtmenschen ohne Willen, nicht nur Menschen mit hündischem Gehorsam sein, sondern selbständige Menschen mit eigener Meinung, mit eigenem Willen, denn nur solche werden jene Dienste leisten können, wie man sie im ganzen Wirtschaftsprozeß erwartet. In diesem Gesetz ist eine Reihe von Strafbestimmungen vorgesehen, die verhängt werden, wenn eine dieser Bestimmungen nicht eingehalten wird. Das ganze Gesetz - ohne daß wir ein Wort gegen die Menschen, die durch dieses Gesetz geschützt werden sollen, sagen - müssen wir seinem Inhalte nach ablehnen, weil es unseres Erachtens ein Ding der Unmöglichkeit ist, weil es ein Gesetz ist, das dem Ministerium für nationale Verteidigung eine solche Ermächtigung erteilt, die zu allem Möglichen benützt werden kann und weil auch die Begründung dieses Gesetzes - die Gewinnung von länger dienenden Unteroffiziren - nicht zutreffend ist. Wenn wir den gegenwärtigen Heeresstand ansehen, so finden wir, daß auf 3 Soldaten in diesem Staate ein Vorgesetzter, ein Unteroffizier kommt. Schon aus dieser Ziffer ist ersichtlich, daß wohl kein Mangel an Unteroffizieren besteht. Daher werden wir auch diesem Gesetz die Zustimmung verweigern.

Gleichzeitig wird auch ein drittes Gesetz zur Beschlußfassung unterbreitet und das ist das militärische Zucht- und Disziplinarrecht. Dieses Disziplinarrecht wurde in einem Gesetz vom 4. Juni 1923 festgesetzt und hat niemanden befriedigt. Man hätte meinen sollen, daß mit der demokratischen Gestaltung des Staates auch die Disziplinarvorschriften andere Formen annehmen werden. Das ist nicht der Fall. Im Jahre 1920 hat man in Österreich Disziplinarvorschriften erlassen, die vor allem eine demokratische Gestaltung der Disziplinarkommission vorgesehen haben. Bei uns hat man im Jahre 1923 unter dem Schein eines Rechts die Verankerung der brutalsten Willkür in diesem Gesetze festgelegt. Selbst aus Militärkreisen, aus dem Kreise der Offiziere, der Unteroffiziere und Ruheständler wurde schon im Jahre 1923 ein scharfer Kampf gegen dieses Gesetz geführt. Sogar Generalstabsoffiziere haben in Wort und Schrift dagegen Stellung genommen, haben die Fehler und Mängel aufgezeigt, die dieses Gesetz besitzt, haben aufgezeigt, daß der Willkür der Vorgesetzten freie Hand gelassen ist. Und es ist auch damals schon in Reden klargelegt worden, daß dieses Gesetz im Widerspruch zu dem wichtigsten Gedanken des Staatsgrundgesetzes steht, daß nämlich niemand seinem ordentlichen Richter entzogen werden darf. Dieses Gesetz vom Jahre 1923 bedeutet die Schaffung eines neuen Gerichtshofes mit eigener Rechtssprechung, die auf der einen Seite eine große Zahl von Privilegien, Begünstigungen schafft und auf der anderen Seite der Willkür Tür und Tor öffnet. Dieses Strafrecht, wenn ich es so nennen darf, existierte schon im alten Österreich und hat damals den sogenannten Disziplinarausschüssen eine gewaltige Macht verliehen, die gegen jene Personen angewendet werden konnte, die die sogenannte Standespflicht verletzten. Ja, man ist auf Grund dieser Bestimmungen im alten Österreich soweit gegangen, Verbote zu erlassen, in denen Offizieren und Soldaten verboten wird, gewisse Lokale zu besuchen, damit sie nur ja nicht mit dem gewöhnlichen Volke in Berührung kommen, wodurch die Standesehre der Armee verletzt werden könnte. Was alles unter dem Begriff "Standesehre" verstanden wird, ist ja am besten aus dem sogenannten Ehrenkodex der Offiziere und aus dem Dienstreglement der Soldaten zu ersehen. Man findet schon auf Grund dieser Bestimmungen, welche willkürliche Handhabung in der Auslegung dieser Bestimmungen möglich ist.

Und nun kommt der Herr Landesverteidigungsminister mit einer neuen Vorlage, die nichts anderes bedeutet, als eine Ergänzung einzelner Bestimmungen des Gesetzes vom Jahre 1923. Der erste Teil dieses Gesetzes betrifft alle Militärpersonen und bedeutet insofern eine kleine Verbesserung, als das Strafrecht nach diesen abgeänderten Bestimmungen nur von Truppenkommandanten und nicht mehr so wie früher auch von Unterkommandanten gehandhabt werden kann. Aber auch in dieser Vorlage fehlt jede Bestimmung zum Schutze der Soldaten gegen Übergriffe der Kommandanten und der einzelnen Vorgesetzten. Es hat sich und wird sich in Zukunft wiederholt ereignen, daß Richter und Kläger in einer Person auftreten. Ein solcher Zustand ist natürlich unhaltbar, vor allem deshalb, weil der Mannschaft ein Beschwerderecht zwar zusteht, aber ohne aufschiebende Wirkung. Es kann also vorkommen, daß ein Mann die über ihn verhängte Strafe zu verbüssen hat, von dem Beschwerderecht Gebrauch macht, der Kommandant entscheidet eventuell, die Strafe sei ungerecht verhängt worden; sie wird aufgehoben, aber der Mann hat die Arreststrafe verbüßt.

Der zweite Teil behandelt die Verletzungen der Standespflichten. Über den Begriff "Schädigung des guten Rufes der Armee" kann man verschiedener Meinung sein. Man kann darunter verstehen nicht nur die Spionage von Generälen, wie wir sie im èechoslovakischen Staat in der letzten Zeit zu beobachten hatten, man kann darunter auch Waffenschiebungen, Bezin-, Pferde- und Heukorruptionen, gewisse Unterschlagungen, die hier ziemlich häufig bereits vorgekommen sind. Auch das sind Schädigungen des guten Rufes der Armee. Aber in diesen Bestimmungen, in dieser weitgehenden Auslegung können auch private und gesellschaftliche Vorkomnisse mitspielen, weil dieses Gesetz von Unklarheiten wimmelt. Bezeichnend für die demokratische Auffassung ist ja, daß nach diesem Gesetze Verfehlungen der Militärgagisten auch außerhalb des Dienstes, ja selbst jener, die sich im Ruhestand befinden, im Disziplinarwege geahndet werden können. Die Entscheidung, ob und welche Verfehlungen vorliegen, liegt in der Hand eines nicht gewählten, sondern ernannten Ehrenrates, der nichts anderes sein wird, als das willenlose Werkzeug der Militärbürokratie, dessen Aufgabe es sein wird, gegen charakterfeste und selbständige Gagisten Stellung zu nehmen, umsomehr, weil diese Verhandlungen vor dem Disziplinarausschuß nicht öffentlich, sondern geheim sind und weil dieser Ehrenrat selbst dann das Recht hat, eine Aktion einzuleiten, wenn ein ordentliches Gericht einen Freispruch gefällt hat.

Diese Kautschukbestimmungen des Gesetzes, auch jenes Gesetzes, das heute als Abänderungsgesetz hier vorliegt, lassen die unmöglichsten Auslegungen zu. Schon die Möglichkeit, jeden Einzelnen unter dem Titel "Schädigung des guten Rufes der Armee" zu verfolgen, sieht eine Reihe von Strafbestimmungen, Versetzungen in den Ruhestand, Kürzung der Pension, vollständige Einstellung der Pension vor, und schon deshalb werden wir auch diesem Gesetze unsere Zustimmung verweigern. Wenn man weiter in Betracht zieht, daß Unkenntnis und mangelnde Kenntnis der Dienstsprache als schlechte Qualifikation ausgelegt werden und daß, wenn einer schlecht qualifiziert ist, er in den Ruhestand versetzt werden kann, so geht schon aus dieser Bestimmung allein die Tendenz des Gesetzes, die Absicht der Gesetzgeber klar hervor. Wir werden gegen dieses Gesetz stimmen, weil es eine Verankerung der brutalsten Willkür, des primitivsten Rechtes darstellt.

Aus den Gründen, die ich hier aufgezeigt habe, werden wir nicht nur gegen diese Vorlage, sondern auch gegen alle übrigen hier eingebrachten Militärvorlagen stimmen. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)


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