Pátek 10. prosince 1926

8. Øeè posl. Simma (viz str. 1344 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ich beziehe bei der Besprechung des vorliegenden Berichtes des sozialpolitischen und Budgetausschusses über das Gesetz nach Schaffung einer Einnahmegrenze für Kriegsbeschädigte keine andere Stellung als die, welche ich jeweils hier in dieser Hinsicht namens meiner Partei eingenommen habe, wenn es die Besprechung von Lebensfragen der Kriegsbeschädigten galt. Die Stellung ist die: Wir erklären die Fürsorgetätigkeit des Staates gegenüber den Kriegsbeschädigten als eine ungenügende und sagen weiter, daß sich in keinem Falle die Gegensätzlichkeit zwischen den Versicherungen des Wohlwollens gegenüber den sozial schwachen und hilfs. bedürftigen Menschen und der tatsächlichen Hilfeleistung diesen Menschen gegenüber so aufzeigt, wie gerade in diesem besonderen Fall. Das ganze Jahr machten wir darauf aufmerksam und wir verstärken unsere diesbezüglichen Meinungen in einer Zeit meine Herren, in der trotz aller gegenteiligen Versicherungen, die wir auch heute wieder vernommen haben, es dennoch gewagt werden soll, an dem schlechten status quo in der Kriegsbeschädigtengesetzgebung zu rütteln. Das geschieht zwar durch die Behandlung der vorliegenden Gesetzesvorlage noch nicht, dieselbe beläßt für das Jahr 1927 noch den bis Ende 1926 geltenden Zustand, aber das gilt eben nur für dieses Detail in der Kriegsbeschädigtenfürsorge. Was des weitern an Absichten besteht, entnehmen wir nicht so sehr den beruhigenden Ausführungen etwa der Herren von der Regierungsseite, als vielmehr den uns doch ziemlich bedeutsam erscheinenden Äußerungen des Chefs der Finanzverwaltung. Bei den Verhandlungen über den Staatsvoranschlag hat der Herr Finanzminister ganz offen von einer notwendigen Revision der Kriegsbeschädigtengesetzgebung gesprochen, eine Revision, die wenn sie der Chef der Finanzverwaltung dieses Staates aufzeigt, doch etwa nur in dem Sinn einer verschlechternden Tätigkeit gegenüber der bestehenden Gesetzgebung gemeint sein kann, die immer versucht wird, für die Finanzverwaltung etwas zu korrigieren, bei derartigen Dingen, die die Sorge aller sozialeinsichtigen Menschen darstellt. Alles in allem: Hier scheint der erste Prüfstein für die derzeitige Koalition gelegen zu sein. Hierauf sind wir alle jene Menschen aufmerksam zu machen verpflichtet, die mit uns bessern Willens sein wollen, als des Willens. der sich anschickt - welche Ironie liegt in diesen Worten! - sich gegen die bisher gepflogene Politik der sozialen Experimente in Bewegung zu setzen. Durch eine planmäßigere Agenz gegenüber den Absichten der Staatsverwaltung - und sie sind vorhanden gewesen, das stellen wir hier fest - ist es noch einmal möglich gewesen, diese Absichten auf eine Zeitlang hinauszuschieben, zumindest ihre augenblickliche Verwirklichung zu verhindern. Es besteht aber für uns darüber kein Zweifel, daß es der größten Einflußnahme aller sozialeinsichtigen Kreise dieses Hauses bedürfen wird, um zum Gegenteil des beabsichtigten zu kommen, nicht zu einer Verschlechterung der Kriegsbeschädigtenfürsorge, sondern zu einer Verbesserung dieser Gesetzgebung in der Richtung. die wir schon im Verlaufe dieses Jahres und zwar im Sommer durch unsere Initiativanträge auch gezeigt haben. Meine Herren, dorthin zu gelangen, wohin uns gebietet nicht nur unsere soziale Erkenntnis und die aus dieser sozialen Erkenntnis konsequent springende Tat, sondern dorthin zu gelangen - und diesen Appell richten wir an die Regierungsparteien wohin die Erhaltung des bißchen Prestiges des Staates noch zu gelangen gebietet, das muß unser Streben sein. Der èechoslovakische Staat bleibt gerade bei seiner Kriegsbeschädigtengesetzgebung nicht unbeobachtet. Diese Gesetzgebung wird auf dem Boden eines internationalen Forums verglichen mit der Gesetzgebung gleicher Art anderer Staaten und dabei stellen wir fest, daß nichts so sehr das Ansehen des èechoslovakischen Staates verletzen kann als diese vergleichende Kritik der Gesetzgebung für die Kriegsopfer etwa in der Èechoslovakei und die in anderen Staaten. Der Beweis für diese Behauptung fällt uns nicht schwer, wir erbringen ihn nicht zuletzt aus dem Meritum des heutigen Gesetzes heraus. Diese Gesetzesvorlage bestimmt neuerdings, daß die Einkommensgrenze für Kriegsbeschädigte 5.000 bei wirtschaftlich selbständigen und 10.000 bei wirtschaftlich nicht selbständig tätigen Kriegsverletzten festgelegt wird. Es handelt sich dabei um eine Verlängerung des bis zum Ende des heurigen Jahres geltenden gesetzlichen Zustandes, der als er seinerzeit durch die Novelle vom 10. April 1924, Nr. 79, Gesetz wurde, schon damals unserer scharfen Kritik begegnete. Wir standen damals auf dem Standpunkt und stehen auf diesem Standpunkt heute noch, daß es eine Einkommensgrenze, an welche der Bezug einer Rente gebunden ist, überhaupt nicht geben darf. Grundsätzlich meinen wir das. Das Opfer, das der Kriegsbeschädigte gebracht hat, ist ein solches, daß es überhaupt nicht gewertet werden kann etwa durch Bewilligung einer Rente. Es wäre das geradezu eine Sünde wider allen guten Geist, wollten wir ein Honorar überhaupt als Äquivalent für das gebrachte Opfer betrachten. Es kann die Höhe einer Rente, die man zugesteht, aber doch unserer Meinung nach bis zu einem gewissen Grad ein Zeugnis dafür sein, wie sehr man befähigt ist, ein solches Opfer an Blut und Gesundheit, welches für die gesamte Gesellschaft gebracht worden ist, einzuschätzen. Der Bezug dieser Rente darf unserer Meinung nach nichts anderes darstellen als ein unverletzliches Recht jedes Kriegsverletzten.

Es dürfte unserer Meinung nach höchstens einen freiwilligen Verzicht auf dieses den Kriegsverletzten zustehende Recht geben, niemals aber ein Gesetz, daß diese Rentenbezüge nur bis zu der Grenze, eines Einkommens zugesteht, über das hinaus die Kriegsverletzten dann der Rente verlustig geben. Das geschieht nur bei uns in der Èechoslovakei und sonst nirgends anders. Hiemit schafft sich die Èechoslovakei in der ganzen internationalen Kriegsbeschädigtenfürsorge eine Sonderstellung. Sie ist der einzige Staat, der eine Einkommensgrenze festsetzt, an welche der Bezug der Rente gebunden ist, und in derart konsequenter Form gesetzlich festlegt, wie es in dem vorliegenden Gesetzentwurf wieder geschehen soll. Kein Staat, sagte ich, hat eine solche Regelung geschaffen. Überall ist der von uns empfohlene Grundsatz beachtet, daß die Rente dem gebührt, der das Opfer gebracht hat und nicht gebunden ist etwa an ein Einkommen, daß sich der Kriegsverletzte, zurückgekehrt in sein ziviles Leben, irgendwie erarbeitet hat. (Posl. Patzel: Hier wird daraus ein Rechenexempel gemacht!) Jawohl.

Deutschland hat zwar in einer gewissen Form eine Einkommensgrenze, doch ist sie weit höher gehalten und so organisiert, daß bei Erreichung eines festgesetzten Einkommens nicht die ganze Rente in Wegfall kommt, sondern lediglich eine Abstufung der Rente eintritt. Ein Schulbeispiel: Ortszulage und Ausgleichzulage wird unbeschadet jedweder Höhe des persönlichen Einkommens des Kriegsbeschädigten zur Auszahlung gebracht. Zu diesem Standpunkte sollten sich unserer Meinung nach - und wir haben das ja auch schon bei der verschiedentlichen Behandlung von Kriegsbeschädigtengesetzen der Regierung empfohlen - auch unsere Regierung endlich durchringen können.

Es muß wiederholt darauf aufmerksam gemacht werden, daß nichts das Ansehen des Staates im Auslande derartig in der letzten Zeit herabgedrückt hat als gerade die Differenziertheit unserer Kriegsbeschädigtengesetzgebung gegenüber anderen Staaten. (Posl. Patzel: Dafür macht Dr Beneš in Genf schöne Worte!) Jawohl.

Die Tendenz des vorliegendes Gesetzes ist doch selbst für den Laien unverkennbar die, ein für die Staatskassa geltendes Experiment einzurichten, dessen Rentabilität der Kriegsverletzte zu tragen hat. Meine sehr Verehrten! Wie sehr die ganze Sache, die im Gesetze festgelegt wird, für den Kriegsbeschädigten und dessen Leben sich noch verdichtet, erhellt im besonderen aus den Beobachtungen der Hilfsbereitschaft der Organe der Staatsverwaltung insbesondere bei Einschätzung des Einkommens des Kriegsverletzten.

Wir warnen neuerdings vor der unveränderten Annahme der Vorlage und weisen wieder wie auch das letztemal bei der Besprechung des ähnlichen Gesetzes in diesem Hause auf unsere Abänderungsanträge hin, die gewiß nicht aus einer demagogischen Gesinnung heraus dem Hause vorgelegt werden, sondern die den Grundsatz der realen Verwirklichung durchaus nicht außer Acht lassen. Vor kurzem haben sich hinter die gleichen Anträge mit dem Brustton ihrer Überzeugung andere Herren des Hauses gestellt als wir, die sich heute als Anwälte der Regierungspolitik aufzutackeln bemüßigt sehen, wie sich das insbesondere bei dem vorliegenden Gesetz dokumentiert.

Herr Koll. Zajicek hat als Sprecher der Regierungsmehrheit im Ausschuß bei der Beratung des vorliegenden Gesetzes und auch heute wieder bei der Stellungsnahme zu dem Gesetz im Hause selbst auf eine Aussprache mit dem Minister für soziale Fürsorge hingewiesen, die er in ihrem Effekt als genügend stark wertet, seiner Meinung nach hiefür betrachtet zu werden, daß die gesamte Kriegsbeschädigtengesetzgebung in der nächsten Zeit schon einer grundlegenden Novellisierung zugeführt werde. Das Versorgungsgesetz vom Jahre 1920, das ja schon einmal durch die Novelle vom 25. Januar 1922 novelliert wurde, soll einer neuen Novellierung zugeführt werden. die angeblich mehr befriedigen werde, als das, was heute in Bezug auf die Behandlung des vorliegenden Gesetzes an bescheidenen Wünschen der Kriegsverletzten sich bemerkbar machte. Die Auflassung der Bestimmung über eine Einkommensgrenze, an welche der Bezug einer Rente für den Kriegsbeschädigten gebunden ist oder der Wunsch nach einer entsprechenden Erhöhung dieser Rente oder der Wegfall der Bestimmung bezüglich der Differenzierung der selbständig Erwerbstätigen und der unselbständig Erwerbstätigen soll diese Novelle bringen. Diese Novelle, so sprach Koll. Zajicek im Ausschuß und so hat er auch heute gesprochen, brauche nur Zeit zur Durchberatung und Durcharbeitung, um dann in einer Form der gesetzgebenden Körperschaft vorgelegt werden zu können, die nicht mehr einer abfälligen Kritik bedarf.

Es muß uns erlaubt sein an der Verwirklichung dieser Versprechungen auch des Herrn Ministers für soziale Fürsorge doch einigermaßen zu zweifeln, nicht zuletzt aus dem Umstande heraus, als das Gesetz über die Bestimmung einer Einkommensgrenze ja durch die heutige Annahme den Zustand wiederum ein ganzes Jahr lang schaffen soll, gegen welchen wir im besonderen durch die eingebrachten, auf eine Novellierung der ganzen Kriegsbeschädigtenfürsorge hinzielenden Initiativanträge des Sommers hingewirkt haben. Notwendig allerdings wäre die grundlegende Änderung unserer ganzen Kriegsbeschädigtengesetzgebung. Ich sagte es schon, daß die èechoslovakische Kriegsbeschädigtengesetzgebung nicht einzig und allein in den Details über die Bestimmung einer Einkommensgrenze und in Bezug auf den Rentenbezug sich unvorteilhaft von der anderer Staaten unterscheidet, sondern ich sagte auch, daß der ganze Komplex der Kriegsbeschädigtengesetzgebung sich von der gleichen Gesetzesmaterie anderer Staaten in unvorteilhafter Weise unterscheidet. Diese Gesetzgebung des èechoslovakischen Staates ist im Kerne schlechter als irgendwo. Die Rentensätze der Èechoslovakei finden sich in diesem niedrigen Ausmaße in keinem anderen Staate.

Es beziehen nach den heute geltenden Bestimmungen z. B. Invaliden von 20 bis 24% Erwerbsunfähigkeit, täglich ganze 98 Heller, solche von 25 bis 35% 1,47 Kè, solche von 35 bis 44% Erwerbsunfähigkeit 1,97 Kè und das steigt, bis etwa die schwersten Invaliden, die eine Invalidität bezw. Erwerbsunfähigkeit von 85 bis 100% aufzuweisen haben, in der Lage sind, ganze 6,54 Kè im Tage zu beziehen. In derselben Art und Weise lächerlich gering sind die Bezüge der Witwen, die bekanntlich ohne Kinder und unter 30% Erwerbsunfähigkeit keine Renten beziehen. Erst dann, wenn sie für ein Kind zu sorgen haben oder wenigstens 30% Erwerbsunfähigikeit sind, bekommen sie 1,46 Kè pro Tag, oder wenn sie zwei Kinder unter 16 Jahren zu versorgen haben oder wenigstens 50% erwerbsunfähig sind 2,46 Kè pro Tag. Die Sätze, die nach der geltenden Kriegsbeschädigtengesetzgebung für Halbwaisen, Vollwaisen und Vorfahren gelten, sind ebenso lächerlich gering als die von mir eben bekanntgegebenen Rentensätze für Invaliden und Witwen. Wie sehr wir uns in dieser Beziehung, meine Herren, von anderen Staaten, selbst auch von jenen Staaten unterscheiden, welche durchaus nicht die Vorteile eines Siegerstaates genießen, sondern auch von den besiegten Staaten, davon spricht die Zusammenstellung der Bezüge der Renten der Kriegsinvaliden in den verschiedenen Staaten, welche durch das Fachsekretariat der internationalen Arbeitsgemeinschaft der Kriegsinvaliden vor kurzer Zeit herausgegeben wurde.

Ich werde es mir ersparen alle diese Sätze, wie sie in den einzelnen Staaten Europas gelten, dem Hause vorzutragen, aber ich möchte sie an einem besonderen Beispiel mir vorzutragen gestatten, um den Gegensatz der Versorgung der Kriegsverletzten in Deutschland und Österreich, also zweier aus dem Kriege als besiegt geltenden Staaten und der Èechoslovakei aufzuzeigen. Da heißt es z. B. die Kriegsblindenzulage in Deutschland beträgt 611 Rentenmark, in Österreich 1627 Goldkronen, während sie in der Èechoslovakei ganze 346,80 Goldkronen beträgt. Oder zum Beispiel der Satz, der für 100%ige Invalide gilt. Der 100%ige ledige Invalide bezieht in Deutschland 1032 Rentenmark, in Österreich 986 Goldkronen, in der Èechoslovakei hingegen nur 520 Goldkronen. Oder um ein weiteres Beispiel zu gebrauchen: ein 50%iger lediger Invalider bezieht in Deutschland 360 Rentenmark, in Österreich 49 Goldkronen, in der Èechoslovakei. einen Rentensatz, der wiederum in keinem Verhältnis steht. Oder aber nehmen wir z. B. den Fall einer erwerbsunfäligen Witwe ohne Kinderzulage. Dieselbe bezieht in Deutschland 242 Rentenmark, in der Èechoslovakei 130 Goldkronen, oder ein Elternpaar, das z. B. in Deutschland 465 Rentenmark bezieht, erhält in der Èechoslovakei nur 115 Goldkronen. Ich glaube, durch diese wenigen Zahlen, die ich hier genannt habe, genau illustriert zu haben, wie großzügig etwa kriegsbesiegte Staaten, wie Deutschland und Deutsch-Österreich, im Vergleich zur Kriegsbeschädigten-Gesetzgebung in unserem Staate, in der Èechoslovakei. vorgehen. Wir haben bei den verschiedensten Anlässen, die sich ergeben, für die Kriegsverletzten das Wort zu sprechen, an das Haus Appelle gerichtet. die Kriegsbeschädigtenfürsorge endlich nun einmal in Bahnen zu lenken, die auch der Kritik des Auslandes Stand halten, auch daß die Beurteilung der Gesetzgebung der Èechoslovakischen Republik aufhört, wie es etwa durch das internationale Forum geschehen ist, das die Kriegsbeschädigtenorganisationen einer Kritik unterzog, die nicht übergangen werden kann, eine Kritik, die sehr viel für den Staat und sein verletztes Aussehen im Auslande bedeutet, wenn sie Folgendes besagt: Die Konferenz (nämlich der Kriegsbeschädigten) stellt neuerlich fest, daß die Gesetzgebung der Èechoslovakei, die dazu bestimmt ist, den verschiedenen Kategorien der Kriegsopfer die für sie unentbehrliche Unterstützung sicherzustellen, keine Verbesserung erfahren hat, obgleich die Konferenz des Jahres 1925 ausdrücklich auf die unzureichenden Beträge der in der Èechoslovakei gewährten Entschädigungen hingewiesen hat. Die Konferenz macht die Regierung der Èechoslovakei auf die schwierige Lage aufmerksam, in der sich diejenigen ihrer Staatsangehörigen, ganz gleich, ob sie aus dem Offiziers- oder Mannschaftsstande hervorgingen, befinden, die durch den Krieg ihrer Erwerbsfähigkeit oder ihres Unterhaltes beraubt worden sind. Die Konferenz zweifelt nicht, daß die Regierung der Republik bereit ist, so schnell wie möglich die Bedingungen für die Entschädigung der Kriegsopfer mit den von ihr angenommenen allgemeinen Grundsätzen in Einklang zu bringen. Die Konferenz wendet sich außerdem an die öffentliche Meinung in der Èechoslovakischen Republik und ersucht sie, den Grundsätzen der Menschlichkeit, die eine schnelle und wesentliche Hebung der Lage der Kriegsopfer befürworten, zur Durchführung zu verhelfen. Dieser Appell gelangt vom Auslande an die verantwortlichen Faktoren des èechoslovakischen Staates.

Wir möchten von dieser Stelle aus in gleicher Stärke einen Appell an die verantwortliche Führung des Staates richten, mit der Novellierung der Kriegsbeschädigtenfürsorge, so wie wir sie richtunggebend ausgewiesen haben in unseren eingebrachten Initiativanträgen, nicht mehr zuzuwarten, sondern in der schleunigsten Weise zu erledigen, in der ehesten Zeit einer tatsächlichen Verwirklichung zuzuführen. In diesem Sinne stellen wir uns natürlich auch gegen das heutige Gesetz ablehnend. Wir werden für unsere Abänderungsanträge, nicht aber für das Gesetz stimmen. (Potlesk poslancù nìm. nár. socialistické strany dìlnické.)

9. Øeè posl. Schustera (viz str. 1357 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Durch Beschluß der gesetzgebenden Körperschaft wurde im Jahre 1922 das Wohnungsbeschlagnahmerecht der Gemeinden praktisch außer Wirksamkeit gesetzt. Nachdem aber die Regierung für ihre Bedürfnisse ein Wohnungsbeschlagnahmegesetz benötigte, wurde ein solches geschaffen und zwar zu dem Zwecke, um in der Hauptsache deutsche Staatsbedienstete in èechische Gebiete und umgekehrt ungehindert versetzen zu können. Bei der Novellierung des Gesetzes im Jahre 1923 wurde der sogenannte Èechisierungsparagraph eingefügt. Das Gesetz ist nun in allen folgenden Jahren immer wieder verlängert worden, so auch diesmal. Es hat den Anschein, als ob die Regierung an diesem befristeten Gesetz soviel Gefallen gefunden hat, daß sie es nie außer Wirksamkeit setzen wird. Wie sich nun praktisch diese besondere Wohnungsfürsorgemaßnahme der staatlichen Behörden auslebt, was die Bevölkerung davon verspürt, das will ich mich bemühen, an einem Beispiel aufzuzeigen: In der Gemeinde Bergreichenstein wurde vor zwei Jahren die staatliche Holzbearbeitungsfachschule aufgelassen. Das der Stadt gehörende Gebäude wurde nun von der Stadtgemeinde dazu benützt, das Schülerinternat des Realgymnasiums in diese Anstalt zu verlegen und in dem Internat durch Umbauten die Möglichkeit für eine größere Anzahl von Kleinwohnungen zu schaffen. Außerdem wurde in dem freigewordenen Gebäude eine Waisenpflege, eine Mutterberatungsstelle und eine Jugendfürsorgeschutzstelle eingerichtet. In Bergreichenstein herrscht fürchterliche Wohnungsnot wie überall, die Wohnungsverhältnisse sind die denkbar traurigsten, die Menschen wohnen dort in elenden Löchern zusammengepfercht, kurz und gut, es ist Wohnungsnot wie leider überall. Eines Tages erhält nun die Gemeinde Bergreichenstein von der politischen Bezirksverwaltung in Schüttenhofen die Mitteilung, daß die politische Behörde über Auftrag des Budweiser Divisionskommandos die adaptierten Räume vollständig zum Zwecke militärischer Einquartierung zu beschlagnahmen. Irgendeine gesetzliche Begründung der Gemeinde zu übermitteln, hat man nicht für notwendig erachtet, sondern hat einfach 250 Soldaten mit Sack und Pack geschickt, sie haben die Jugendfürsorge, sie haben die Waisenpflege, sie haben die Mutterschutzberatungsstelle einfach aufs Pflaster gesetzt. Ihre Räumlichkeiten wurden ebenso wie die für Kleinwohnungen gedachten Räume als militärische Ubikationen beschlagnahmt. Nun wird seit Wochen ein Kampf darum geführt, die militärische Einquartierung, die die Räume auf Grund dieser famosen gesetzlichen Bestimmungen beschlagnahmt hat, wieder hinauszubringen. Vor kurzem gab es in Bergreichenstein einen großen Brand, es wurden einige Familien obdachlos, und trotzdem im Internatsgebäude heute 15 Kleinwohnungen vorhanden wären, sind die Abbrändler nicht imstande, Wohnung zu finden. Zwei Familien der Abbrändler sind heute noch in einer Scheune untergebracht, eine Familie muß in einer unbrauchbar gewordenen Schmiede hausen, aber in dem großen Gebäude, wo 15 Wohnungen zur Verfügung stehen, ist Militär einquartiert, und dieses Militär will nicht hinaus. Anfangs hieß es, infolge der überzählig Eingerückten habe die Beschlagnahme stattgefunden, jetzt will man einen Skikurs veranstalten, und wenn diese Zeit vorüber sein wird, wird man etwas anderes erfinden, um die militärische Einquartierung weiter zu belassen. Dieses eine Beispiel zeigt deutlich und klar, welche Erscheinungen dieses Gesetz gezeitigt hat, welches dem Staat, der Regierung, den Behörden, insbesondere aber den Militärbehörden solche Rechte einräumt. Aber es soll nicht nur meine Aufgabe sein, an diesem Beispiel aufzuzeigen, wie dieses Beschlagnahmegesetz wirkt, ich will auch mit einigen Worten etwas über Bauförderung, Wohnungsfragen und Mieterschutz sagen.

Es herrscht Wohnungselend, Wohnungsnot ist überall, die Menschen müssen in elenden Löchern hausen. Angesichts dieser traurigen Zustände müssen wir uns fragen: Was ist mit dem neuen Bauförderungsgesetz? Seit April 1925 ist das alte Gesetz außer Wirksamkeit getreten. Gestatten Sie mir einige Betrachtungen darüber, was das alte Gesetz geleistet hat. Die Bauförderungsgesetzgebung, die von 1921 bis zum Mai 1926 zumindest in formeller Beziehung geführt wurde, hat folgendes Ergebnis gezeitigt: Die Genossenschaften haben innerhalb dieser Zeit 1263 Miethäuser mit 16.951 Wohnungen gebaut, die Gemeinden 1362 Miethäuser mit 11.843 Wohnungen, Private haben 1153 Miethäuser mit 7873 Wohnungen gebaut, insgesamt also wurden 3778 Miethäuser mit 36.667 Wohnungen gebaut. An sogenannten Familienhäusern bauten die Genossenschaften 12.745 mit 14.256 Wohnungen, die Gemeinden 601 Häuser mit 653 Wohnungen gebaut, insgesamt also wurden 3778 mit 11.715 Wohnungen, insgesamt wurden gebaut 23.698 Familienhäuser mit 26.624 Wohnungen, oder insgesamt überhaupt 27.476 Häuser mit 63.291 Wohnungen. Der gesamte Aufwand für diese Bauten betrug 4.644 Mill. 680.971 Kè. Diese Summe ist allerdings nur die sogenannte vom Staat errechnete Bausumme, in Wirklichkeit sind die Bauten natürlich höher gekommen. Was hat nun der Staat bisher effektiv zu diesen Bauten aufgewendet? Die effektiven Ausgaben des Staates für den sogenannten staatlichen Baubeitrag, Verzinsung und Amortisation betragen in der Zeit der Bauförderungsfürsorge überhaupt bis zum Jahre 1926 702,325.401 Kè. Von diesem Betrage wären aber in Abrechnung zu bringen die vom staatlichen Baulosbeitrag verwendeten Summen von 140 Millionen Kronen, so daß der tatsächliche Aufwand des Staates für Wohnungszwecke in der Periode von 1921 bis 1925, bzw. 1926 rund 560 Mill. Kronen beträgt. Wir müssen uns natürlich fragen, ob denn dieser Betrag für den èechoslovakischen Staat eine besondere Leistung darstellt, und wir kommen zu dem Ergebnis, daß das keine besondere Leistung ist. Wenn wir der Summe von 560 Millionen Kronen, die tatsächlich aus Staatsmitteln ausgegeben wurde, entgegenhalten die Militärausgaben, die mindestens 20 bis 25mal soviel in derselben Zeit betragen wie die Lasten der Bauförderung, so müssen wir von unserem Standpunkt sagen, daß für die Bauförderung verhältnismäßig so gut wie gar nichts geleistet worden ist, und es wäre sehr interessant, die Frage aufzuwerfen, ob der èechoslovakische Staat nicht die Aufwendungen, die für den Militarismus gemacht wurden, nicht besser und wirtschaftlich zweckmäßiger für die Bauförderung geleistet hätte, als für die sog. nationale Verteidigung, als für die Beschaffung von Mordwerkzeugen. Da hätten auch die Beträge zugelangt, die man gnädigst der Bauförderung überließ.

In den bürgerlichen und Regierungsblättern kann man die èechoslovakische Bauförderung sehr oft über den grünen Klee loben hören. Ich will Ihnen an einem Beispiel zeigen, wie ungerecht diese Lobeshymne ist. Die èechoslovakischen Gemeinden als Erbauer von Wohnhäusern haben insgesamt während der ganzen Bauförderungsperiode 12.496 Wohnungen zustande gebracht. Ich stelle dem gegenüber nur das, was die Gemeinde Wien in der Zeit vom Jahre 1922 bis September 1926 gebaut hat, nämlich rund 25.000 Wohnungen. Die Gemeinde Wien hat also für eine Stadt, die ein Siebentel der Bevölkerung des èechoslovakischen Staates darstellt, in derselben Zeit, ja in einer noch kürzeren Frist, die doppelte Anzahl von Wohnungen zu bauen vermocht wie alle èechoslovakischen Gemeinden zusammen zur gleichen Zeit. Außerdem baut Wien im gegenwärtigen Momente wieder an 5000 neuen Wohnungen und wir müssen sagen, daß eine solche Bauförderung wenigstens nach unserer Auffassung jedenfalls eine weitergehendere, zweckmäßigere und begrüßenswertere ist, wobei noch zu beachten ist, daß die Mittel dieser Bauförderung die Gemeinde Wien direkt aufgebracht hat. (Posl. Hackenberg: Unter ungünstigeren Verhältnissen!) Jawohl, unter ungünstigeren Verhältnissen aufgebracht hat, da die Mieten in den neuen Häusern, an unseren Zins gemessen, als außerordentlich billig zu bezeichnen sind, wobei selbstverständlich die Wohnungen als solche den sanitären Anforderungen in weitestgehender Weise entsprechen. Das einzige, was man hier in diesem Staate als besonders günstiges und wichtiges Moment für die Bauförderung bürgerlicherseits ins Treffen führt, ist die Auflassung des Mieterschutzes. Der Mieterschutz hat es der bürgerlichen Politik in diesem Staate angetan und man erwartet nun das Heil von der Auflassung des Mieterschutzes. Das neue Bauförderungsgesetz, das im Juni dieses Jahres aufgelegt wurde, zeigt ja ganz deutlich, wohin der Weg der Bauförderung führen soll. Auch hier nur einige kleine Beispiele: In diesem Gesetz hat man sich, soweit die Berechnungsgrundlage der Bauförderung in Betracht kommt, die sog. Bittermannsche Theorie zurecht gelegt. Man kann darüber verschiedener Meinung sein. Aber so, wie sich die Regierung in ihren Vorlagen diese Theorie zurechtgelegt hat, fordert sie geradezu zum Widerspruch heraus. Nach diesem Gesetzentwurf sollen die Mieter in 6 Jahren den Betrag von rund 4 Milliarden Kè aufbringen. Hohes Haus, seit Monaten ergeht sich die bürgerliche Presse in wüsten Beschimpfungen gegen die Sozialversicherung, in schweren Wehklagen darüber, daß die ganze Wirtschaft wegen der Sozialversicherungsbeiträge der Unternehmer zugrunde gerichtet wird. Diese Beiträge der Unternehmer betragen im Jahre höchstens 215 Millionen Kronen. Da geht der Staat zugrunde. Wenn aber den Mietern, und unter ihnen wieder in weitaus größtem Ausmaß den proletarischen Mietern, den Arbeitern, innerhalb von 6 Jahren eine Summe von 4000 Millionen Kè abgeknöpft werden soll, um die Zinsgeier zu befriedigen, um den staatlichen Wohnbaufond zu schaffen, so macht das augenscheinlich nach Auffassung der bürgerlichen Politik unserer Volkswirtschaft gar nichts. Das verträgt unsere Volkswirtschaft noch.

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