Der Herr Finanzminister sagt: Ein Exportstaat
kann auf die Dauer nicht von einem hohen Steuersystem umgeben
sein. Es zeigt sich als die brennendste Frage und Aufgabe der
Finanzverwaltung ein Umbau und die größtmöglichste
Beseitigung der Handelssteuern. Gerade die Existenz dieser Steuern
und ihr Umfang ist ein Beweis für die Überlastung des
Staatsvoranschlages, da sie rasch wegfallen könnten, wenn
es möglich wäre, weiter wesentlich zu restringieren.
Und er sagt uns: "Eine Milliardenermäßigung ist
unter keinen Umständen möglich." Das bestreite
ich. Heute leben wir im Zeichen der Abrüstung. Unser Herr
Außenminister ist doch beim Völkerbund Abrüstungsreferent.
Da ließen sich doch beim Militär, das durch sieben
Jahre mehr als 23 Milliarden verschlungen hat, meiner Ansicht
nach kolossale Ersparnisse machen. Wozu das Soldatenspiel. Entweder
stellt man sich auf den Krieg ein oder auf den Abrüstungsstandpunkt.
Dann aber braucht man diesen kolossalen Appart nicht, es
sei denn, man brauchte ihn dazu, um die begehrte Großmachtsstellung
der èechoslovakei damit zu begründen, zu repräsentieren
und zu festigen. Das wäre allerdings etwas anderes.
Wozu brauchen wir die kolossal kostspielige
Auslandspropaganda, die viele Millionen verschlingt. Wozu brauchen
wir, wenn wir in der Umgebung des Parlaments herumschauen, diese
kolossalen Prachtbauten, die viele Millionen brauchen. Wir haben
hier die philosophische Fakultät usw., während man auf
der anderen Seite die deutschen Kliniken direkt verkommen läßt.
(Výkøiky a souhlas na levici.)
Was sagt aber bezüglich der
Bauten der Herr Finanzminister? Er sagt folgendes: Ich erachte
es als eine gefährliche Gemeindepolitik, wenn ein Rathaus
auf 8% Kredit gebaut wird, auch andere Bauten, die nicht
einmal eine privatwirtschaftliche Rentabilität gewähren,
weil bei einem solchen Prozentsatz nur die Industrie investieren
kann, insolange als sie rasch amortisieren kann. Nun frage ich,
meine Verehrten: Gilt dasselbe nicht auch bei Staatsbauten, die
vollständig unproduktiv sind, die bloß einen repräsentativen
Charakter haben sollen, während man auf der anderen Seite
den Humanitätsgedanken vollständig außer Acht
läßt. Warum sagt der Herr Finanzminister, wenn er bezüglich
der Gemeindebauten dieser Ansicht ist, nicht: Meine Herren, das
geht nicht, daß die Staatsverwaltung das Geld lediglich
auf unproduktive Bauten ausgibt, welche bloß Repräsentationszwecken
dienen, sie müssen in einem Stadium, in dem wir uns befinden,
unter allen Umständen unterbleiben.
Denken wir an den großen Verwaltungsapparat.
Wir brauchen 15 Ministerien, wo im, früheren Österreich
wir nur 8 gehabt haben und dabei sind wir doch um vieles kleiner
bezüglich des Landgebietes.
Meine Verehrten! Ich habe das Gefühl,
daß an der Volkswirtschaft und speziell an der deutschen
Wirtschaft gewaltige Kaiserschnitte gemacht worden sind. Wenn
man sich nicht entschließen wird, auch bezüglich der
Staatswirtschaft einen Kaiserschnitt zu machen, dann wird man
unbedingt in die Sackgasse kommen müssen und nicht mehr herauskommen.
Deshalb ist die These, die wie ein Gesetz die Finanzpolitik nach
Ansicht des Herrn Finanzministers beherrschen soll, nämlich
die Stabilisierung der Staatsausgaben, falsch. Die Staatsausgaben
müssen, wenn die ganze Wirtschaft vorwärts gehen soll,
unter allen Umständen herunter. Diesem Gedanken werden Sie
sich nicht verschließen können, ob Sie wollen oder
nicht. Was könnten zu dieser ganzen Sache die staatlichen
Unternehmungen, insbesondere die Eisenbahnen beitragen, wenn sie
kaufmännisch geleitet würden. Wir hören, daß
die ganzen Unternehmungen 50 Millionen tragen, auf der anderen
Seite finden wir, daß diese Unternehmungen nichts wie Schwierigkeiten
bereiten.
Ein kleines Beispiel: Es werden dem Lastkraftwagenverkehr
ungeheuere Schwierigkeiten bereitet, weil die Bahn in ihnen einen
Konkurrenzfaktor erblickt. Da redet man vom modernen Geiste. In
Nordamerika, in Pensylvanien, hat eine Gesellschaft 33 Strecken
dem Lastkraftwagendienst übergeben. 500 Stationen erhalten
den Güterverkehr vermittelt. Das sind Privatautos, keine
Staatsautos, weil Privatautos gewöhnlich besser gepflegt
werden. Man hat einfach zwischen der Bahn und den Privatgesellschaften
ein Vertragsverhältnis geschaffen und dabei macht der Staat
noch ein glänzendes Geschäft. Was den Personenverkehr
anbelangt, so hören wir die Klagen, daß unsere Wirtschaft
aus den Schwierigkeiten des Automobilpersonenverkehrs nicht herauskommt.
Ich erinnere daran, meine Verehrten, daß Italien Ende 1925
53.613 km Längen Automobillinien laufen hatte, davon waren
27.613 km staatlich subventioniert - das heißt, die Gesellschaften
sind private und der Staat hat ein eminentes Interesse daran,
sie zu unterstützen, weil er vom allgemeinen wirtschaftlichen
Gesichtspunkt ausgeht und sich sagt: Diesen Zweck müssen
wir fördern.
Meine Herren, wen
hier nicht ein anderes System angewendet wird, dann ist nicht
nur die Volkswirtschaft, dann ist auch die Staatswirtschaft unbedingt
dem Verfalle preisgegeben. Daran läßt sich unter keinen
Umständen rütteln. Bezüglich der Ersparung will
der Herr Finanzminister andere Methoden anwenden, durch welche
nach und nach einige Handelssteuern, insbesondere die Umsatzsteuer
beseitigt werden kann. Er sagt: "Ich beabsichtige eine rigorose
Einhebung derselben. Wenn jeder die Umsatzsteuer zahlen würde,
könnten wir, glaube ich, mit einemmale ohne Beeinträchtigung
des Ertrages ihren Satz auf die Hälfte herabsetzen. Die Defraudierung
unehrlicher Steuerzahler erhöht ihren Satz für den redlichen
Steuerzahler und deshalb wollen wir im Interesse der redlichen
Steuerzahler und im Interesse einer baldigen Herabsetzung dieses
unlauteren Wettbewerbes und dieser Steuerdefraudation strenge
entgegentreten." Umsatzsteuerzahler, hört! Das heißt
mit anderen Worten, wir werden die Revisionskommissionen in Funktion
treten lassen in einem ganz anderem Maße als bis jetzt.
Wen werden sie treffen? Sie werden den reellen ehrlichen Kaufmann
treffen, (Souhlas na levici.) der
verpflichtet ist, Bücher zu führen, dessen Geschäft
zum großen Teile in der Manipulation fremden Leuten unterliegt.
Und wen werden Sie nicht treffen, frage
ich den Herrn Finanzminister? Sie können tausende und tausende
Revisionskommissionen hinausschicken, die Leute mit der Buchhaltung
in der Westentasche werden Sie niemals erwischen. (Sehr
richtig!) Ich
kann mich bei dieser Gelegenheit eines Gedankens nicht erwehren,
den ich hier zum Ausdrucke bringen muß, daß nämlich
die deutsche Bevölkerung das Gefühlt hat, daß
sie steuerrechtlich ganz anders behandelt wird als die èechischen.
In dem Zusammentritt für ein harmonisches Leben zwischen
den deutschen und èechischen Parteien bringen Sie doch
einmal den Beweis dafür, daß die èechische Wirtschaft
mit derselben Rücksichtslosigkeit und
Strenge behandelt wird, lassen Sie doch einmal deutsche Revisionskommissionen
zusammensetzen. Sie brauchen keine Angst zu haben, daß irgend
ein chauvinistischer Geist herrschen würde bei den Beamten,
das gibt es nicht bei einem deutschen Beamten, der hat das Pflichtgefühl,
er vertritt keine nationalen Interessen. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Stivín.).
Ich komme zum Umsatz- und Luxussteuergesetz.
Für diese Steuer kommen zwei Gesetze in Betracht, das ist
das Gesetz vom 11. Dezember 1919, Nr. 658, und vom 21. Dezember
1923, Nr. 268. Sie haben das Gesetz mit Wirksamkeit vom 1. Jänner
1920 in das Steuersystem eingefügt. Es war ein vorübergehendes
Provisorium, hieß es, eine außerordentliche Maßnahme
für die Bedürfnisse des Staates natürlich. Man
hatte große Bedürfnisse. Man mußte ja doch bei
der Eröffnung 15 Ministerien schaffen, einen ungeheuer kostspieligen
Verwaltungsapparat aufrichten usw. Was hat seinerzeit Herr Dr.
Engliš, der im Jahre 1919 Referent war, gesagt? Ich
muß mich gleich dem Koll. Dietl darauf berufen. Er
war damals Referent im Hause für dieses Gesetz und hat eine
Broschüre veröffentlicht und im Kommentar dazu erklärt,
daß man bei der Kritik dieser Steuer keine wirtschaftlich
günstigen Folgen finden kann, da diese durchgehend schädlich
und verwerflich sind. Das Hauptargument für diese Konsumsteuer
bildet der finanzielle Effekt. In finanzieller Hinsicht sei eine
derartige Steuer nur in den Verhältnissen zulässig,
in denen wir - nämlich im Jahre 1919 - leben und wird aus
wirtschaftlichen Gründen nur als Übergangsstadium betrachtet,
ein Übergang für die Dauer der kritischen Lage der Staatsfinanzen.
Wollen wir vielleicht trotz aller Beteuerungen des Herrn Finanzministers
daraus schließen, wenn er die Umsatzsteuer aufrecht erhält,
daß diese kritische Lage der Staatsfinanzen immer noch besteht?
Ich möchte mich mit der Frage beschäftigen, in welchem
Verhältnis die Umsatzsteuer und Luxussteuer zu den anderen
Steuern steht und wie sie rangiert. Ich möchte dabei vorausschicken,
daß wir die Umsatzsteuer zweifach auffassen müssen.
Die Umsatzsteuer im Inlande wirkt als Verbrauchssteuer, auch als
Verkehrssteuer, wenn Sie wollen, während sie im Sinne des
Verkehres mit dem Auslande als direkte Handelssteuer aufzufassen
ist. Wenn wir das Budget für das Jahr 1927 hernehmen, so
finden wir präliminert: für die allgemeine Erwerbssteuer
219 Millionen, für die besondere Erwerbssteuer 279.650, für
die Rentensteuer 100 Millionen, für die Einkommensteuer 1127
Millionen, Tantiemensteuer 17 Millionen, Kriegssteuer - wir leben
ja doch bekanntlich 8 Jahre nach dem Kriege noch immer im Kriegszustand
durch die Kriegszuschläge - 102.500, Verzugszinsen 85 Millionen,
die entsprechen ungefähr einem Steuerrückstand von mehr
als 1 1/4 Milliarden. Die Summe der direkten Steuern macht
2.054,627.000. Die Umsatzsteuer macht 1.101,625.000 aus, die Zölle
1.043,480.000, die Spiritussteuer 402,376.000, die
Zuckersteuer 590,090.000, die Getränkesteuer 266,800.000,
die Fleischsteuer 107,700.000, die Kohlensteuer 230 Millionen
aus. Die Summe der Verbrauchssteuer beträgt 1.688,867.000,
die Stempelgebühren betragen 210,243.000, die Rechtsgebühren
595,872.000, die Eisenbahn- und Verkehrssteuer 707,000.000, zusammen
1.664,209.000, die Summe der präliminierten Steuereinnahmen
beträgt 7.552,808.000, gegenüber dem Jahre 1926 immerhin
noch um 250 Millionen mehr. Das Erträgnis der Umsatzsteuern
ist präliminiert seit der Schaffung im Jahre 1920, wie folgt:
Im Jahre 1920 800 Millionen, im Jahre 1921 1146 Millionen, im
Jahre 1922 2200 Millionen, im Jahre 1923 1800 Millionen, im Jahre
1924 1593 Millionen, im Jahre 1925 1600 Millionen, im Jahre 1926
1601 Millionen, im Jahre 1927 1900 Millionen. Zusammen Milliarden
12.640. Sie haben vorhin gehört 1.101,625.000. Das ist nicht
richtig, da sind nämlich die 40%, die man den autonomen Verbänden
zuweist, nicht dazu gerechnet, denn
der Herr Finanzminister geht von diesem Gesichtspunkte aus, von
der Ziffer von 1900. Bekanntlich will er die Steuer ermäßigen,
aber erst dann, wenn sie den Betrag von 2500 Millionen erreicht
hat, soll die Steuer um 1% ermäßigt werden. Diese Höhe
kann natürlich nur durch die rigoroseste Einhebung erwirkt
werden. Die Umsatzsteuer von 2% wirkt natürlich in der Praxis
für den Konsumenten im Verkehr, wie Herr Dr. Engliš
selbst sagt, 5 bis 8% in der Verteuerung des Konsumartikels. Ob
man die Umsatzsteuer im Verbrauch im Inlande als Verbrauchersteuer
oder als Verkehrssteuer auffaßt, so verteuert sie unter
allen Umständen das Produkt in ganz kolossalem Masse für
den Konsumenten, erschwert das wirtschaftliche Leben und bildet
jederzeit die Quelle der Teuerung. Auf der anderen Seite bildet
sie für den Auslandsverkehr natürlich den Konkurrenzfaktor,
der den ausländischen Erzeugungsstätten gegenüber
ganz gewaltig ins Gewicht fällt. Wenn wir uns mit der Umsatzsteuer
als solcher beschäftigen, müssen wir natürlich
scharfe Kritik daran üben, daß all den Abänderungsanträgen,
die von den Wirtschaftskorporationen, Handelskammern u. s. w.
gekommen sind, in keiner Weise oder sagen wir wenigstens in ganz
minimaler Weise Rechnung getragen worden ist. Das Gesetz mit dem
vorübergehenden Charakter wurde in den ursprünglichen
Entwürfen fristlos herausgebracht. Erst nachdem man darauf
aufmerksam gemacht hatte, hat sich das Finanzministerium entschieden,
die Frist bis 31. Dezember 1929 zu setzen, das sind also volle
drei Jahre. Daran können Sie erkennen, daß das Finanzministerium
heute auf dem Standpunkt steht: "Diese erträgnisreiche
Quelle darf ich unter keinen Umständen fahren lassen, diese
Quelle darf ich unter keinen Umständen versiegen lassen,
die muß ich halten." Darin liegt doch der konträre
Standpunkt. Auf der einen Seite spricht der Herr Finanzminister:
wir müssen, wenn wir exportfähig sein wollen, die Handelssteuern
abbauen, und auf der andern Seite behält er sie bei. Das
ist ein Zustand, der unmöglich ist. Man hat den Antrag gestellt,
man möge die Umsatzsteuer wenigstens von 2% auf 1% herabsetzen.
Ist nicht zu machen!
Auf der andern Seite hat man bezüglich
des Verkehrs mit dem Ausland Anträge auf Rückerstattung
der vorbelasteten Umsatzsteuer, der Befreiung im Veredelungsverkehr
gestellt - vergeblich. Zumindestens sind die Verordnungen, die
in dieser Hinsicht herauskommen werden, für den eigentlichen
Inanspruchnehmer derart winkelig und derart schwierig, daß
sie die größten Umstände machen. Bitte, meine
Herren, wir wissen, daß unsere Wirtschaft mit 50 bis 60%
auf den Export angewiesen ist und trotzdem nimmt man in dieser
Hinsicht keine Rücksicht, bis schließlich und endlich
eine wirtschaftliche Situation kommen wird, in der wir vollständig
in den Hintergrund gedrängt sind. Dafür gibt uns der
ehemalige Minister Ing. Dvoøáèek,
dem man bestimmt große Sachkenntnis zumessen muß,
Aufklärung in den "Národní Listy"
Nr. 93 vom Jahre 1926. Er gibt uns Aufschluß über das
Sinken des Aktivums unserer Handelsbilanz. Diese Ziffern werden
Ihnen die Augen öffnen und werden Ihnen vielleicht mit der
Zeit einen anderen Weg weisen, sie werden Ihnen sagen, wie schlecht
Sie bis jetzt gewirtschaftet haben. Hören Sie: Im Jahre 1920
betrug das Aktivum der èechoslovakischen Handelsbilanz
4.185,002.801 Kè, oder in Goldkronen 293,303.889, oder
in Dollar 59,431.125 Dollars. Im Jahre 1921 betrug das Aktivum
4.878,292.238 Kè, oder 295,876.203 Goldkronen, oder 59,592.343
Dollars, im Jahre 1922 5.390,832.889
Kè, oder 597,792.021 Goldkronen, oder 121,128.674 Dollars,
im Jahre 1923 2.351,917.485 Kè, oder 338,283.397 Goldkronen
oder 88,547.188 Dollars, im Jahre 1924 1.180,672.271 Kè,
oder 169,611.929 Goldkronen, oder 34,367.862 Dollars, im Jahre
1925 1.204,766.202, ca 172,101.000 Goldkronen resp. 35,4 Millionen
Dollars. Meine Herren, Sie sehen hier den Rückgang des Aktivums
von 5,3 Milliarden Kè im Jahre 1922 auf 1,2 Milliarden
im Jahre 1925. Die Auspizien für die Zukunft sind die absteigende
Tendenz und auf der anderen Seite ist die Erkenntnis
das wichtigste, daß für die Währung die Aufrechterhaltung
der aktiven Handelsbilanz unbedingt notwendig ist, weil wir für
die Zahlungsbilanz außerhalb der Handelsbilanz so gut wie
nichts haben, zumindest sehr wenig. Wir haben ja nicht den internationalen
Verkehr, wie ihn z. B. England hat.
Bezüglich des Inlands möchte ich
darauf verweisen, mit welchem Nachdruck man z. B. im wirtschaftlichen
Interesse die Befreiung der Agenten von der Umsatzsteuer gefordert
hat. Das Finanzministerium hat bei den Agenten unterschieden zwischen
Selbständigen und Nichtselbständigen. Juristisch ist
das begründet, volkswirtschaftlich aber ist unbedingt die
Forderung aufzustellen und mit allem Nachdruck zu vertreten, daß
auch die selbständigen Agenten von der Umsatzsteuer befreit
werden, weil bei ihnen eine kolossale Belastung des Arbeitseinkommens
eintritt. Diese Menschen haben nicht nur Erwerbs- und Einkommensteuer
zu zahlen, sondern auch Umsatzsteuer. Die Kaufmannschaft fordert
mit allem Nachdrucke vollständige Pauschalierung.
Ich will mich kurz fassen und nun von den Bedenken
sprechen, die von allen Seiten gegen die Revisionskommissionen
vorgebracht werden. Das Finanzministerium nimmt in dieser Beziehung
einen vollständig ablehnenden Standpunkt ein, es setzt nicht
einmal den Kompetenzkreis dieser Kommissionen zumindest im Verordnungswege
fest. Die Veranlagung der Steuer geschieht selbständig durch
die Administration, keine Mitwirkung der Steuerkommissionen ist
vorgesehen und wenn der betreffende nicht einfatiert, wird durch
Gewährsleute eine Abschätzung vorgenommen. Die Bestimmungen
bezüglich der Pauschalierung sowie Durchführung der
Veranlagung usw. sind im wesentlichen die gleichen geblieben.
Es wird auf die Herabsetzung der Umsatzsteuer auf 0,75% und die
vollständige Abschaffung der Luxussteuer in Deutschland verwiesen.
Aus sozialen Gründen wurde seinerzeit
die Luxussteuer zur Ergänzung der Umsatzsteuer beim Erzeuger
und bei der Einfuhr mit 12%, im Kleinhandel mit 10% eingeführt.
Die Tatsachen der Wirtschaft zeigen, daß die Luxussteuer
unter keinen Umständen aufrecht zu erhalten ist. Sie trägt
fiskalisch nichts, ist aber auch nicht aufrecht zu erhalten aus
wirtschaftlichen wie aus sozialen Gründen. Bedenken wir doch,
daß der Ertrag der Luxussteuer im Jahre 1923 115 Millionen
ausmachte, im Jahre 1924 57 Millionen. Dieser absteigende Ertrag
geht noch weiter herunter, aus dem einfachen Grunde, weil man
sich der Einsicht nicht verschließen darf, daß die
Förderung des Exportes unter allen Umständen
die Beseitigung der Luxussteuer erfordert. Wir dürfen nicht
vergessen, daß jene Länder, die bei der Wareneinfuhr
Wertzölle einheben, auch dann, wenn die Luxussteur in der
Èechoslovakei auf das betreffende Stück nicht eingehoben
wird, doch die Luxussteuer in den Wert
der aus der Èechoslovakei exportieren Ware einrechnen.
Wenn z. B. èechoslovakische Ware in ein amerikanisches
Zollamt kommt, muß auf der vom amerikanischen Konsulat beglaubigten
Faktura bereits an Eidesstatt bestätigt sein, welcher
Steuer diese Ware im Inland unterliegt. In dem Momente, wo sie
der 12%igen Luxussteuer unterliegt, rechnet die amerikanische
Zollbehörde diese Luxussteuer schon zum Werte hinzu und setzt
die Konkurrenz vollständig außer Kraft.
Ich hätte einen Moment noch etwas nachzutragen
bezüglich der Abgaben für Amtshandlungen in Verwaltungssachen.
Dazu hat sich Koll. Dr. Schollich schon ausführlich
geäußert. Auch dieses Gesetz sollte ein Provisorium
sein, man hat es aber wieder auf 1930 verschoben. Im Budgetausschuß
hat man es um ein Jahr auf 1929 zurückgesetzt. Das Bedenkliche
dabei liegt darin, daß der Finanzminister Dr. Engliš
erklärt hat, es sei ihm viel an der Kodifizierung bezw. Unifizierung
des Gebührenrechtes gelegen. Durch die Hinausschiebung dieser
einzelnen Gebühren kommt man zu dem Schlusse, daß die
Reform der Gebührenrechtes unter allen Umständen sehr
lange dauern wird. Diese Gebühren, die man für Amtshandlungen
in Verwaltungssachen einhebt, sind, wie der Herr Finanzminister
sagt, minimal und trotzdem kann man sie nicht entbehren. Sie haben
im Jahre 1926 79,2 Millionen dafür eingesetzt. Im Jahre 1927
hat man auf Grund praktischer Erfahrungen auf 44 Millionen heruntergeben
müssen. Meine sehr Verehrten, ich komme zum Schlusse. Daraus,
daß man sich bei diesem System jedwedem Änderungsantrag
verschließt, mag er noch so vernünftig sein, mag er
noch so sachlich begründet sein, schließe ich, daß
dadurch die Seriosität und die Wahrheit der Kritik, wie sie
vom Herrn Ministerpräsidenten Švehla gewünscht
wird, keinesfalls zustande kommen kann. Im Gegenteil, man müßte
doch der Ansicht sein, daß bei vernünftiger Arbeit,
bei sachlicher Kritik ein anderer Zustand eintreten müßte,
daß man nicht rücksichtslos durch die Mehrheit die
Anträge der Opposition niederbügelt und unmöglich
macht. Meine Herren, das ist eine grobe Vertrauenstäuschung
gegenüber allen denen, die sachlich mitarbeiten und Kritik
üben wollen. Mit diesem System werden Sie niemals weiterkommen
und ich lasse mich auch nicht beeinflussen durch die gegenwärtige
Konstellation, wie sie jetzt durch den Eintritt der Deutschen
in die Regierung geschaffen wurde, denn darüber habe ich
mir meine eigenen Gedanken gemacht. Ich stehe nach wie vor auf
dem Standpunkt, daß wirtschaftlich die èechische
Seite den Eintritt der Deutschen in die Regierung
gebraucht hat und wenn man ihn gebraucht hat, dann wird man auf
deutscher Seite von Seite der Regierungsparteien endlich einmal
die Beweise und Anerkennung fordern müssen für ihre
Arbeit. Denn umsonst diesen ganzen Karren mitziehen, umsonst für
diese ganzen belastenden Einnahmen stimmen zu müssen, das
ist doch ein vollständig unhaltbarer Zustand. (Potlesk
poslancù nìm. strany národní.)
Hohes Haus! Als das Gesetz über die Abgabe
von Amtshandlungen vom 3. April 1925 beschlossen wurde, haben
sich damals schon allseits Bedenken gegen diese Art der Ermächtigung
der Regierung erhoben. Dennoch hat die alte Koalition gleichwohl
dieses Gesetz, das in seiner jetzigen Form gegen den Sinn der
Verfassung verstößt, beschlossen und die berechtigten
Einwendungen damit niederzuschlagen versucht, daß nach §
9 des Gesetzes beschlossen wurde, die Regierung zu verpflichten,
die Abgabeordnung dem Abgeordnetenhause binnen 14 Tagen nach ihrem
Erscheinen vorzulegen. Das hat zwar die Regierung nicht gemacht,
aber wenn sie es getan hätte, bleibt dieses Gesetz doch ein
Ermächtigungsgesetz. Heute legt man uns die Verlängerung
dieses Gesetzes, und das gleich auf 3 Jahre, vor. Und wieder finden
wir, daß dieses Gesetz genau so wie in der ersten Fassung
ein Ermächtigungsgesetz ist, das dem Parlamente das wichtigste
Recht, das Besteuerungsrecht, entzieht und die Höhe der Abgaben
einfach dem Verordnungswege überläßt. Die Administrative
wird auf diese Art und Weise immer mehr und mehr als die allein
entscheidende in diesem Staate bevorzugt.
Gegen diesen Vorgang und gegen dieses System
der Ermächtigungen protestieren wir auf das entschiedenste.
Wir fordern vielmehr ganz kategorisch, daß der Gebührentarif
in das Gesetz selbst aufgenommen werde, wie dies auch im Gebührenabgabegesetz
des Deutschen Reiches der Fall ist und wie das eigentlich auch
selbstverständlich ist. Wir wenden uns auf das entschiedenste
dagegen, daß es den Verwaltungsbehörden überlassen
bleibt, in welcher Höhe sie diese Gebühren festsetzen.
Der Spielraum in der bisherigen Abgabeordnung war derart groß,
daß der Willkür der Unterbehörden Tür und
Tor geöffnet war. Dabei ist der Instanzenzug auf zwei Instanzen
beschränkt und dort, wo das Ministerium eine Gebühr
festsetzt, gibt es überhaupt keinen Instanzenzug. Das Ministerium
ist also tatsächlich selbstherrlich und konnte Gebühren
nach Ermessen festsetzen. Auch die Höhe der Gebühren
fordert zum Widerstand gegen die jetzige Fassung des Ermächtigungsgesetzes
heraus. So ist z. B. die Gebühr für die Genehmigung
einer gewerblichen Anlage bei uns bis zu 20.000 Kronen im freien
Ermessen der Behörde gelegen, während z. B. das reichsdeutsche
Gesetz einen festen Satz von zwei Promille des Wertes festsetzt
und damit jeder Willkür einen Riegel vorschiebt.
Für die Konzession der Zahntechniker wird
eine Gebühr von 500 bis 2.500 Kronen je nach der Größe
der Stadt eingehoben - ein Gebührensatz, der weit das Maß
des Zulässigen überschreitet. Dabei ist Usus, daß
die Gebühren sofort bei der Überreichung der Gesuche
einverlangt werden und daß auch dann, wenn die Gesuche abschlägig
beschieden werden, die Gebühren Monate, manchmal sogar Jahre
hindurch zurückgehalten werden. Dies trifft gerade solche
Leute, die ein gewerbliches Unternehmen beginnen, die sich erst
eine Existenz gründen wollen.
Bei der ersten Beratung der ursprünglichen
Fassung dieses Gesetzes wurde sowohl im Verfassungs- als auch
im Budgetausschuß ausdrücklich gesagt, daß der
Ertrag der Gebühren für die Deckung der Staatsbeamtengehälter
aufgewendet werde. Diese Begründung wurde uns schon bei einer
Reihe von Gesetzen gesagt und es scheint, daß man auf die
altösterreichischen Methoden wieder zurückgreifen will,
indem man jede neue unbeliebte Steuer oder Abgabe mit der Bedeckung
irgendwelcher Beamtengehälter begründen will, auf diese
Weise die Beamtenbesoldung in der Bevölkerung unpopulär
zu machen. Diese Methoden müssen wir auf das entschiedenste
zurückweisen. Ich stelle auch fest, daß das Gesetz
ursprünglich als ein kurzes Provisorium gedacht war und daß
die Absicht bestanden hat, an seine Stelle im Jahre 1927 ein zweckmässiges
Abgabegesetz zu setzen. Und nun kommt uns die Regierungsvorlage
mit einer Verlängerung des ursprünglichen Provisoriums
auf neuerdings drei Jahre. Wir haben einen Antrag eingebracht,
daß die Gebührenordnung in das Gesetz selbst aufzunehmen
ist und wir bestehen darauf. Wir wollen dadurch dem Parlamente
die Möglichkeit der Einflußnahme auf die Höhe
der Gebühren geben. Soviel wäre zu dem Gesetz über
die Abgaben zu sagen.
Eine weitere wichtige Vorlage beschäftigt
gegenwärtig das Haus, u. zw. die Vorlage über die Luxus-
und Umsatzsteuer. Dieses Gesetz vom 21. Dezember 1923 soll bis
zum 31. Dezember 1929 verlängert werden. Sowohl der Inhalt
dieser Vorlage als auch die Dauer der Geltung fordert zum schärfsten
Widerstand heraus. Zunächst war auch diese Steuer als vorübergehende
Steuer gedacht, die aus den revolutionären Verhältnissen
geboren war, um rasch möglichst große Geldmittel dem
Staate zur Verfügung zu stellen. Sie ist aber nachgerade
die liebste von allen Steuern und zwar allen Herrn Finanzministern
geworden, auch solchen Finanzministern, die früher theoretisch
Gegner der Umsatzsteuer waren. Die Umsatzsteuer ist eine bequeme
Steuer, eine Massensteuer, sie hat alle Merkmale einer indirekten
Besteuerung an sich, und sie belastet nicht nur den Konsum, sondern
wirkt auch auf die Produktion verteuernd. Wir haben im Budgetausschuß
von allen möglichen, auch von den Regierungsparteien, schwere
Bedenken gegen die Umsatzsteuer gehört. Insbesondere war
es Kollege Dr. Samek, der auf die Höhe der Umsatzsteuer
hinwies und eine Herabsetzung wenigstens für einige Zweige
verlangte, der darauf hinwies, daß es ungerecht wäre,
nur die Landwirtschaft mit 1% Umsatzsteuer zu belasten, während
die gesamte übrige Industrie 2% zahlt, auch die Urproduktion,
so sind z. B. Kohle und Holz von der einprozentigen Umsatzsteuer
ausgeschlossen, sie zahlen 2%. Meine Herren, es ist interessant,
daß die Herren von der Regierungsmehrheit sich sowohl gegen
die Höhe als auch gegen den Grundsatz der Umsatzbesteuerung
stellen. Koll. Pekárek, der sich dagegen wehrt,
hat sogar das Referat niedergelegt, nur daß es keiner von
diesen Herren, die die Schädlichkeit dieses Gesetzes erkennen,
gewagt hat, auch tatsächlich die Konsequenzen aus ihrer Überzeugung
zu ziehen und das Gesetz, wenn schon nicht zu beseitigen, so doch
abzubauen. Es ist bezeichnend, daß das ganze Finanzsystem
dieses Staates in immer höherem Maße sich einstellt
auf die Belastung der Massengüter und des Massenkonsums und
daß die direkten Steuern immer mehr erniedrigt werden. Im
Jahre 1924 haben wir z. B. für Zölle 603 Millionen präliminiert,
im Jahre 1927 1043 Millionen, an Spiritussteuer im Jahre 1924
412 Millionen, 1927 400 Millionen, an Zündmittelsteuer 12
Millionen, jetzt 19 Millionen, Getränkesteuer 205 Millionen,
jetzt 224 Millionen, Fleischsteuer 99, jetzt 107 Millionen, Fahrkartensteuer
147, jetzt 197 Millionen, Abgaben für Amtshandlungen 1924
überhaupt keine, jetzt 35 Millionen. Das macht zusammen im
Jahre 1924 1478 Millionen, im Jahre 1927 2027 Millionen. Wir haben
also ein Verhältnis von 9% der gesamten Staatseinnahme im
Jahre 1924, im Jahre 1927 von 20%, die aus diesen angeführten
Steuern stammen werden.