Hohes Haus! Zum viertenmal beschäftigt
sich die Nationalversammlung seit dem Bestande der Republik mit
dem Gesetz über die Umsatzsteuer, nie mit Begeisterung, nie
mit einem besonderen Elan. Alle Referenten, die bisher dieses
Gesetz vertreten haben, haben ihren Bedenken Ausdruck gegeben
und haben erklärt, daß es nur die Not des Staates sei,
die sie zwinge, dieses Gesetz hier in dem Hause zu vertreten.
Der erste Referent war Herr Dr. Engliš. Herr Dr. Engliš
hat zur Begründung des Gesetzes seinerzeit ausgeführt:
"In seinen Hauptgrundsätzen lehnt sich dieses Gesetz
an eine analoge, im Jahre 1916 in Deutschland eingeführte
Steuer an. Eine Steuer von Güterübertragungen, so wie
sie in Deutschland besteht und wie sie durch das vorliegende Gesetz
auch bei uns eingeführt wurde, ist auch in England und Österreich
in Vorbereitung und dürfte voraussichtlich auch in anderen
Staaten Eingang finden, die infolge des Krieges in schwere finanzielle
Krisen geraten sind". So spricht Dr. Engliš in
seinen einleitenden Sätzen und kommt dann in der Kritik der
Steuer auf deren Wirkung zu sprechen. Er sagt: "Der Grundgedanke
einer derartigen Steuer ist heute derselbe, wie er stets und überall,
wo eine ähnliche Steuer bestanden hat, gewesen ist, die Not
der Staatsfinanzen! Der Staat hat einerseits die durch den Krieg
entstandenen Schäden gutzumachen, Kriegsauslagen, Investitionen,
Ermöglichung der Amortisation der Kriegsschulden, Invalidenversorgung
u. ä. Der Staat hat jedoch auch normale Auslagen zu bestreiten
u. zw. mit unverhältnismäßig höheren Beträgen
als in der Vorkriegszeit, denn mit der Entwertung der Valuta haben
sich die Wirtschaftszahlen des Einkommens, des Ertrages und der
Preise wesentlich erhöht". So begründete Herr Dr.
Engliš damals die Notwendigkeit der Einführung
der Steuer mit der Not des Staates und er sagt dann weiter über
die Wirkung: "Es ist eigentlich nur Sache der äußeren
Form, daß diese Steuer anläßlich der Güterübertragung
von Hand zu Hand bemessen und eingehoben wird, daß als Zahler
derselben der Unternehmer erscheint, denn der Träger wird
schließlich und endlich niemand anderer als der Verbraucher
sein". Das sagte damals Herr Dr. Engliš schon
als erster Referent und es ist tatsächlich so gekommen. Die
Einführung der Steuer hat eine neue Teuerungswelle hervorgebracht,
die Preise sind ins Unendliche gestiegen unter der Mitwirkung
dieses Gesetzes und wir sind heute weit davon entfernt, auch nur
daran zu denken, zu einem Abbau der Preise zu gelangen. "Vom
finanzpolitischen Standpunkt", meint Dr. Engliš,
"sei betont, daß eine derartige Steuer nur unter solchen
Verhältnissen überhaupt möglich ist, unter denen
wir heute leben, da alle Preise Schwankungen unterworfen sind
und die Bevölkerung an die beständigen Preisänderungen
derart gewöhnt ist, daß man annehmen darf, daß
sie ohne besondere Widerstände auch die durch diese Steuer
bedingte Preiserhöhung hinnehmen wird. Aus wirtschaftlichen
Gründen ist die neue Steuer auch nur vorübergehend gedacht."
Das hat damals im Jahre 1919 in der Revolutionsnationalversammlung
Herr Dr. Engliš gesagt. Er meinte damals, die Steuer
sei nur vorübergehend gedacht. Wir haben schon zweimal das
Gesetz geändert, verlängert, einmal haben wir uns damit
beschäftigt, die Steuer zu erhöhen. Sie war zuerst mit
1% vorgesehen, die Not des Staates und der Staatsfinanzen hat
aber die Regierung veranlaßt, eine Erhöhung dieser
Steuer dem Hause vorzulegen, damals wurde der Satz auf 2% erhöht.
Im Jahre 1923 haben wir das Gesetz auf drei Jahre verlängert
und heute sollen wir unsere Zustimmung abermals einer Verlängerung
auf drei Jahre geben. Obwohl man von einer Konsolidierung des
Staates und der Staatsfinanzen spricht, ist keine Spur davon,
daß ein Abbau erfolgen würde, daß die furchtbaren
Wirkungen dieser Steuer wenigstens teilweise eine Einschränkung
erfahren möchten, keine Spur einer Erleichterung, obwohl
in allen Kreisen und in allen Teilen der Bevölkerung der
Widerstand gegen diese Steuer von Tag zu Tag wächst, es gibt
keine Wirtschaftsorganisation, keine Korporation, die sich nicht
mit den Wirkungen dieser Steuer beschäftigt hat, ja es gibt
auch keine politischen Partei in diesem Hause, die nicht draußen
in der Bevölkerung mit aller Wucht gegen diese Steuer auftreten
würde, sie verdammt und verurteilt, kein einziger Verteidiger
dieser Steuer ist zu finden. Aber der Zwang, der hier herrscht,
der nötigt Sie ganz einfach dazu, daß Sie der Steuer
Ihre Zustimmung geben und sie neuerdings auf drei Jahre verlängern.
Wir haben ja diesmal bei der Zuteilung des Referates eine ganz
merkwürdige Sache erlebt. Als Referent wurde seinerzeit vom
Budgetausschuß der Koll. Pekárek bestimmt.
Er hat anscheinend ein Haar in der Suppe gefunden, denn er hat
dieses Referat zurückgelegt und als Notnagel mußte
dann der Herr Koll. Dr. Králík einspringen
und dieses Gesetz vor dem Hause verteidigen.
Ich will einige Sätze anführen, die
der heutige Referent in seiner Einbegleitung ausspricht. Er sagt:
"Schon die revolutionäre Nationalversammlung war sich
der ernsten Mängel dieser Steuer voll bewußt. Gegenüber
den besonderen Verbrauchssteuern, welche ein bestimmtes Gebiet
des Verbrauches treffen, ist zwar diese Steuer sozial gerechter"
- auch eine Auffassung! - "weil sie den gesamten Konsum und
den Luxuskonsum sogar intensiver trifft. Ihr allgemeiner Mangel
ist jedoch, daß sie jene Produkte stärker trifft, welche
von der Urproduktion bis zum Konsum eine größere Zahl
von Betriebsstätten durchlaufen, als dies bei anderen Produkten
der Fall ist. Die Intensität der Steuer geht also Hand in
Hand mit der Spezialisierung der Arbeit und ist daher ein retardierendes
Element in dieser Richtung. Die Umsatzsteuer ist letzten Endes
als Steuer gedacht, welche vom Konsumenten getragen werden soll
und es wird daher ihre allgemeine Überwälzung vorausgesetzt".
Der Referent kommt also auch zu der Erkenntnis, daß diese
Steuer schließlich und endlich allein eine Belastung des
Konsums bedeutet, daß sie in letzter Linie den Konsumenten
trifft, daß alle versuchen, die Überwälzung dieser
Steuer auf den letzten Abnehmer, auf die letzte Hand vorzunehmen,
die das Opfer ist und die Steuer in seiner Gänze tragen muß.
Er sagt weiter: "Die Umsatzsteuer gehört unter jene
Steuern, welche das Produkt vor seiner Vollendung treffen und
sie ist daher ein dauerndes Glied der Produktionskosten und ein
dauernder Konkurrenzfaktor ohne Rücksicht darauf, ob die
Produktion im Lande bleibt oder ins Ausland ausgeführt wird".
Gestern hat als letzter Redner Herr Dr. Samek
hier gesprochen. Er ist einer der Herren von der Majorität,
die auch diese Tribüne betreten haben, um zu diesem Gesetze
Stellung zu nehmen. Er ist nicht heraufgekommen, um die Steuer
zu verteidigen und um vielleicht zu erklären, daß seine
Partei für diese Steuer in vollem Umfange auftrete, sondern
er ist ebenfalls nur auf die Tribüne gegangen, um Kritik
zu üben und den Wunsch auszusprechen, es möge doch daran
geschritten werden, Erleichterungen in dieser Steuer zu schaffen.
Er meint, es wäre möglich, daß nicht die drei
Jahre abgewartet werden müssen, mit denen dieses Gesetz terminiert
wird, sondern daß es möglich wäre, im Laufe der
Zeit, wenn sich die Wirkung der Steuerreform, wenn sich überhaupt
eine Besserung unserer Staatsfinanzen bemerkbar macht, sofort
an den Abbau der Steuer zu schreiten. Ich meine, Herr Dr. Samek
hat noch ein anderes Forum als die Rednertribüne des
Parlamentes, wo er seine Wünsche und seine Anschauungen viel
wirksamer vortragen könnte, und er ist ja einer von denen,
die auch die Möglichkeit hätten, auf die Gestaltung
der Umsatzsteuer entscheidenden Einfluß zu nehmen. Aber
wenn wir Verbesserungsanträge stellen, wenn wir eine Herabsetzung
der Steuer beantragen, oder wenn wir nur Erleichterungen vorschlagen,
so fällt es dem Herrn Dr. Samek und seiner Partei
nicht ein, die Gelegenheit zu ergreifen und mitzustimmen und dadurch
herbeizuführen, daß tatsächlich eine Erleichterung
in der Steuer eintritt, sondern im Gegenteil unsere Anträge
werden wie immer konsequent niedergestimmt.
Eine solche Rede dient ja eigentlich nur dazu,
nach außen hin als wirksames Agitationsmaterial verwendet
zu werden, wie es sich überhaupt hier im Hause eingebürgert
hat, daß man versucht, durch oppositionell gehaltene Reden
nach außen hin vor den Wählern bestehen zu können.
In den einleitenden Sätzen zur Steuer
heißt es weiter: Aus dem Staatsvoranschlag für das
Jahr 1927 geht hervor, daß gerade diese Gruppe von Abgaben
im Rahmen aller staatlichen Steuern und Abgaben die größte
ist, daß sie 37% aller dieser Steuern und Abgaben umfaßt.
Ich meine, drastischer kann wohl die Kritik nicht ausgesprochen
werden, als sie hier in diesem Satz wiedergegeben wird. Trotzdem
man weiß, daß die Wirkung dieser Steuer eine so furchtbare
und belastende ist, sollen wir heute
wieder unsere Zustimmung geben, das Gesetz auf weitere drei Jahre
zu verlängern. Je geringer das Einkommen, umso größer
ist der Anteil der Ausgaben für den notwendigen Lebensbedarf.
Es kann daher nicht die Rede sein von einer Progression der Steuer,
wie so gerne behauptet wird, weil ja die Progression nicht zum
Ausdruck kommt und den minderbemittelten Haushalt viel schwerer
und härter trifft, als den Haushalt der Reichen.
In Deutschland muß die Steuer in den
Preis mit einkalkuliert werden, sie darf nicht separat berechnet
werden. Das ist ausdrücklich verboten. Bei uns aber hat es
sich eingebürgert - obwohl auch ursprünglich die Absicht
war, es nicht zu dulden, daß eine separate Berechnung der
Umsatzsteuer erfolgt zu den Rechnungen die Umsatzsteuer separat
zuzuschlagen, wodurch natürlich die Steuer sich erst in der
letzten Hand vollständig auswirkt, im Detailhandel, bei den
Lebensmitteln, bei den notwendigen Gebrauchsgegenständen,
wo es nicht üblich ist, eine Rechnung auszustellen und die
Zahlung durch eine Rechnung zu quittieren, Erst dort wird die
Steuer mit einkalkuliert, erst dort macht sie sich im Preise bemerkbar.
Natürlich ist es manchmal nicht möglich, die Steuer
in ihrer vollen Gänze zu übertragen, in vielen Fällen
aber wird sie noch höher übertragen, als sie tatsächlich
zu leisten ist. Dasselbe findet beim System der Zuschläge
zur Faktura statt. Obwohl die Steuer in der Faktura separat berechnet
und also voll eingehoben wird, gibt es eine Reihe von tüchtigen
Unternehmern, die es verstehen, auch noch daraus ein besonderes
Geschäft zu machen und einen Gewinn zu erzielen, wodurch
ihr Profit noch erhöht wird. Es müßte also dafür
gesorgt werden, daß die Steuer tatsächlich nicht separat
in Rechnung gestellt werden darf, sondern, daß sie mit einzukalkulieren
ist und im Preise selbst in Erscheinung zu treten hat. Der Verbrauch
an notwendigen Bedarfsartikeln steigt keineswegs verhältnismäßig
mit dem Einkommen und daher belastet die Verbrauchssteuer und
insbesondere die Umsatzsteuer die besitzenden Klassen weniger
als die Besitzlosen. Sie wirkt, wie ich schon gesagt habe, nicht
progressiv, sondern belastet im Gegenteil die Armen stärker
als die Reichen.
Wir leben jetzt wieder einmal in einer schweren,
harten Krise. Herr Dr. Samek hat in seiner Rede auch darauf
angespielt, daß unser Export, daß unsere Wirtschaft
durch Steuern ebenfalls sehr bedrängt und gedrückt wird
und daß dies mit eine teilweise Ursache der Krise sei. Aber
obzwar diese Erkenntnis bereits in weite Kreise gedrungen ist,
sehen wir doch keine Spur davon, daß man daran denken würde,
hier Erleichterung zu schaffen.
Der Automobilkönig Henry Ford hat ein
Buch geschrieben und ich würde den Verteidigern dieser Steuer
empfehlen, dieses Buch etwas genauer zu lesen. Er sagt: "Unser
Rezept für schwere Zeiten besteht in der Herabsetzung der
Preise und in der Erhöhung der Löhne". Etwas, was
wir von unseren Unternehmern hier niemals hören konnten,
sondern immer nur das Gegenteil. Unsere Unternehmer haben ihre
Konkurrenzfähigkeit immer auf niedere Löhne aufgebaut,
sie haben immer versucht, auf diesem Wege ihre Konkurrenzfähigkeit
zu steigern. Ford sagt weiter: "Das Heilmittel für die
geschäftliche Depression liegt in der Hebung der Kaufkraft
und das Kraftreservoir für die Kaufkraft sind die Löhne".
Er setzt also seinen Gedanken in logischer Weise fort und meint
dann: "Es kann keine wirkliche Blüte geben, bevor nicht
der Hersteller eines allgemeinen Gebrauchsartikels diesen auch
selbst zu kaufen vermag. Beschneidet man die Löhne, so beschneidet
man die Zahl der eigenen Kunden. Aus dieser Erwägung halten
wir es für ein gutes Geschäft, die Löhne ständig
zu steigern, aber nie zu kürzen. Uns liegt an der Menge der
Abnehmer". Das sagt ein moderner Unternehmer und wenn wir
die Krise wirksam bekämpfen wollen, so wäre das erste
Mittel die Hebung des Inlandskonsums. Wir müßten die
Bevölkerung des Staates kaufkräftiger machen, müßten
sie in die Lage versetzen, tatsächlich die Gegenstände
abnehmen zu können, Bedarfsartikel kaufen zu können.
Aber nach der Richtung hin bemerken wir keinerlei Vorkehrungen,
nach der Richtung hin bemerken wir, daß es so wie bisher
auf demselben Punkte bleibt, ja im Gegenteil, die Löhne sollen
noch herabgesetzt und verkürzt werden, die Kaufkraft der
Bevölkerung wird ständig vermindert durch Kurzarbeit,
durch Arbeitslosigkeit und durch verschiedene andere Umstände.
Meine sehr verehrten Herren! Ob dies der Weg
ist, der aus der Krise herauszuführen vermag, ist eine andere
Frage. Ob wir den Massenkonsum zu steigern in die Lage kommen
in den Zeiten der Krise, das ist ja das Problem und ich erinnere
Sie: als seinerzeit die Deflation ihre verheerende Wirkung ausgeübt
hat, als die Betriebe stillgelegt wurden, als überall Stillstand
und Zusammenbruch zu verspüren war, trat die Regierung mit
einer Kundgebung und mit einem Programm vor das Haus, mit der
Devise: Abbau der Preise. Das war im Oktober des Jahres 1923,
wenn ich nicht irre. Aber sofort darauf, im Dezember, hat die
Regierung die Verlängerung des Umsatzsteuergesetzes vom Abgeordnetenhause
verlangt. Sie hat in kurzer Zeit ihr Programm verlassen, sie hat
überhaupt nichts getan, um die absteigende Linie der Preise
irgend wie zu stabilisieren und fortzusetzen, im Gegenteil in
einer kurzen Zeit sind die Preise wieder ins Steigen gekommen,
und alle Verhandlungen, insbesondere aber die Erhöhung der
Zölle, haben dazu beigetragen, daß tatsächlich
der Preisabbau zum vollständigen Stillstand gekommen ist,
daß wir neuerdings in eine Teuerungswelle geraten sind,
die sich in jedem Haushalte in ganz außerordentlicher Weise
fühlbar macht.
Wenn wir unser Steuersystem überhaupt
untersuchen, so ergibt sich, daß wir 78% an indirekten Steuern
und 22% an direkten Steuern einheben. Wenn also der Haushalt durch
indirekte Steuern mit 78% belastet ist, und wenn die besitzenden
Klassen durch direkte Steuern nur mit 22% belastet sind, so zeigt
sich in diesem Fall mit aller Deutlichkeit das System, wie es
hier herrscht und wie es hier seine Fortsetzung finden
soll. Wie sind denn die Reallöhne bei uns? Wenn wir den Reallohn
in England mit 100 annehmen, so beträgt er bei uns in der
Èechoslovakei 55, also kaum mehr als die Hälfte und,
daß da die Kaufkraft der großen Masse der Bevölkerung
nicht sehr groß ist, ist ganz klar. Sie müßten
daher auch, was Henry Ford in seinem Buch empfiehlt, dafür
sorgen, daß eine Steigerung der Löhne und damit eine
Steigerung der Kaufkraft eintritt, wodurch die Produktion einen
besseren Absatz finden würde.
Wir sehen, daß die Mehrheit für
das Gesetz schon vorhanden ist, daß sie sich schon zusammengefunden
hat, und wir finden unter denen, die heute für die Umsatzsteuer
stimmen werden, auch einige, die dreimal, so oft sie eben Gelegenheit
hatten, einen ganz anderen Standpunkt eingenommen haben. Der Herr
Koll. Windirsch hat am 19. Dezember 1923 zum Umsatzsteuergesetz
gesprochen und hat die Stellung seines Klubs in folgenden Worten
zusammengefaßt: "Unser Standpunkt zum vorliegenden
Entwurf kann wohl kein anderer sein, als daß wir, weil dieses
Gesetz eine unheimliche Belastung des gesamten Konsums herbeiführt,
dagegen stimmen werden". Der Redner der christlichsozialen
Partei Abg. Bobek hat in derselben Sitzung ausgeführt:
"Schon bei der Beratung des Budgets im Jahre 1921 konnte
ich feststellen, daß Sie allmählich von dem natürlichen
Steuersystem, dessen Mittelpunkt die direkten Steuern und hier
wiederum die Einkommensteuer bilden müssen, abgewichen sind
und an dessen Stelle bei einem Steuersystem angelangt sind, bei
dem die Verbrauchssteuern, und unter den Verbrauchssteuern wiederum
die Umsatzsteuer den Grundpfeiler der Steuereinnahnen bilden.
Ein solches Steuersystem, bei dem die direkten Steuern lediglich
die Funktionen von Ergänzungssteuern ausüben, ist unhaltbar,
besonders dann, wenn wir uns die preistreibende Kraft eines solchen
Steuersystems vor Augen führen". Er sagt dann weiter:
"Was nun die Vorlage selbst anbelangt, wäre in erster
Linie die im Motivenbericht enthaltene Bemerkung, daß die
Umsatzsteuer nicht allzudrückend von der breiten Öffentlichkeit
empfunden wird, auf das entschiedenste zurückzuweisen, denn
keine Steuer hat in Bezug auf die Preisbildung aller notwendigen
Bedarfsartikel eine so verheerende Wirkung ausgeübt, wie
die vorliegende". In den schärfsten Worten der Kritik
haben die Redner des Bundes der Landwirte und der Christlichsozialen
gegen diese Steuer Stellung genommen, und obwohl sich an dem System
nichts geändert hat, obwohl es sozial nicht gerechter geworden
ist, obwohl in dem Ganzen nicht die mindeste Erleichterung eingetreten
ist, werden heute diese Parteien, die damals dieses Gesetz in
Grund und Boden verdammt haben, dafür stimmen. Ob ihnen die
deutschen Bauern, die deutschen Gewerbetreibenden und die deutschen
christlichsozialen Arbeiter dankbar sein werden für dieses
Geschenk, das sie ihnen zu Weihnachten mitbringen, das ist etwas
anderes. Es ist bezeichnend, daß die Umsatzsteuer immer
eine Weihnachtsgabe für die Konsumenten ist, daß immer
vom Regierungstisch aus zu Weihnachten der konsumierenden Bevölkerung
ein besonderes Geschenk in der Form dieser Umsatzsteuer überreicht
wird. Nachdem die Steuer dieselben Härten in sich birgt,
nachdem sich gar keine Erleichterung zeigt, haben wir uns veranlaßt
gesehen, einige Abänderungsanträge zu stellen. Wir wollen
den Antrag stellen, daß die Steuer auf 1% ermäßigt
wird, wir wollen Ihnen auch Gelegenheit geben, Ihr soziales Gewissen
zu prüfen und wollen auch eine Erleichterung dahin gehend
schaffen, daß Sie zumindest den minderbemittelten Haushalten,
wie es in Deutschland der Fall war, eine Rückvergütung
gewähren. In den umliegenden Staaten versucht man es überall
mit einem Abbau der Steuer. Deutschland, das in einer so furchtbar
schwierigen Lage war, hat die Umsatzsteuer heruntergesetzt, weil
alles gefühlt hat, daß mit der Umsatzsteuer die Konkurrenzfähigkeit
der Industrie nicht gehoben werden kann, daß sie nicht den
Weltmarkt zu erobern imstande ist. Daher hat man dort diese drückende
Steuer abgebaut, in Polen hat man Erleichterungen geschaffen,
ebenso in Ungarn, sogar in der Türkei redet man heute darüber,
daß diese Belastung in der heutigen Form nicht bestehen
bleiben kann, sondern daß das Gesetz verbessert werden muß,
daß Erleichterungen auch dort geschaffen werden müssen.
Nur bei uns hält man starr an dem Prinzip fest, nur bei uns
allein sagt man: Die Umsatzsteuer ist der Grundpfeiler unseres
Finanzsystems, man kann auf sie nicht verzichten. Sie werden begreifen,
hohes Haus, daß wir unserer ganzen Stellung nach nicht für
diese Steuer stimmen können und werden, daß wir dagegen
sind und daß wir Sie bitten, die Abänderungsanträge,
die eine Erleichterung bringen würden, anzunehmen, um dadurch
den wahren Gefühlen des Hauses Ausdruck zu geben. Alle Parteien
sind in ihrem Wesen gegen diese Steuer, bei allen ihren Reden,
bei den Steuerdemonstrationen, die sie veranstaltet haben,
hat die Umsatzsteuer eine entscheidende Rolle
gespielt. Heute haben Sie Gelegenheit, das, was Sie damals kritisiert
und Ihren Wählern versprochen haben, gutzumachen, heute können
Sie Ihr Wort einlösen und können die Steuer erträglich
gestalten, können überhaupt einen Abbau herbeiführen
und eine sukzessive vollständige Beseitigung dieser drückenden
Steuer. (Potlesk poslancù nìm.
soc. demokratické strany dìlnické.)
Meine Damen und Herren! Ich habe mich namens
meiner Partei zu dem vorliegenden Gesetzentwurf über die
Umsatz- und Luxussteuer zu äußern. Bevor ich in den
Gegenstand eingehe, möchte ich mit ein paar kurzen Sätzen
mich mit der Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten
im Budgetausschuß des Senats beschäftigen. Dem Sinne
nach hat er dort ausgeführt, daß das Niveau des Parlaments
keinesfalls auf der Höhe ist, die Kritik wäre zum Teil
demagogisch und er würde wünschen, daß diese sachlich,
seriös und war wäre. Da bin ich ganz seiner Ansicht.
Ich habe aber das Gefühl, daß in dieser Hinsicht die
Schuld bei der Regierung selbst liegt, weil mit diesem System
die Tätigkeit des Parlaments zu einem Scheindasein herabgedrückt
wird, weil rücksichtslos jeder Oppositionsantrag, mag er
noch so sachlich, mag er noch so tiefgründig sein, rücksichtslos
niedergebügelt wird. Dadurch wird der Charakter des Parlaments
selbst zur Lächerlichkeit, das Parlament führt ein Scheindasein,
es tritt ein Farcezustand ein. Der Herr Ministerpräsident
erwähnt in seiner Erklärung - das erstemal eigentlich
- daß man sich bisher nur mit dem Fiskus, dem Lohn und dem
Konsum beschäftigt habe, wogegen man in Hinkunft auch ein
Auge auf die Produktivität richten müsse, mit einem
Worte: es scheint mir, daß die Erkenntnis auftaucht, daß
man in dem rücksichtslosen Vorgehen gegen die Wirtschaft
als solche nicht weiterkommt, weil unter diesen Umständen
die Wirtschaft und die Staatswirtschaft unbedingt leiden müssen.
Der Herr Finanzminister verfolgt dieselbe Tendenz - zumindest
gehen seine theoretischen Ausführungen dorthin. Diese sind
gewiß sehr interessant und müssen auch zum Teil unterschrieben
werden, aber für uns fehlt die praktische Durchführung.
Ich beschäftige mich mit der Person des Herrn Finanzministers
nicht aus Gefühlsmomenten der Zu- oder Abneigung, sondern
aus rein sachlichen Erwägungen als dem Repräsentanten
des Finanzministeriums und weil die Doktrinen, die zum Ausdruck
kommen, ja doch sein Eigenbau sind. Ich habe in der Budgetdebatte
am 26. November mich über die Schulden geäußert.
Sie sind offiziell nach dem Exposé des Finanzministers
34,9 Milliarden mit einem Zinsendienst von 2,572 Milliarden. Ich
habe ausgerechnet, daß es auch anders kommen kann,
daß es auch 60,9 Milliarden mit einem Zinsendienst von 4.515
Milliarden oder auch 92.9 Milliarden mit einem Zinsendienst von
6,735 Milliarden Kè werden können. Man wird mir entgegenhalten,
daß meine Aufstellung nicht richtig ist, denn man stellt
den Reparationen, die wir zu zahlen haben,
eine Gegenrechnung gegenüber. Als Gegenrechnung rechnet man
im Finanzministerium heute schon jene Leistungen heraus, die das
dichtbevölkerte Böhmen, Mähren und Schlesien seinerzeit
nach Wien geliefert haben, damit Galizien, Bukowina, Bosnien die
entsprechenden Hilfsmittel erhielten. Man geht in dieser Richtung
bis in die Zeit des Vorkonstitutionalismus zurück. Man rechnet
auch damit, daß die Vorkriegsschuld-Papiere, die wir
vorlegen werden, im Verrechnungswege uns im Goldwert angerechnet
werden. Allerdings müssen wir mit dieser Rechnung vorsichtig
sein, denn erstens muß diese Rechnung von der Reparationskommission
anerkannt werden und zweitens könnte bei diesem Aufbau natürlich
eine Gegenrechnung auch von der anderen Seite kommen.
Heute will ich mich mit den Steuern beschäftigen,
insbesonders mit der Umsatz- und Luxussteuer. Ich schicke einen
Satz aus dem Budgetexposé des Herrn Finanzministers voraus.
Währungstechnisch und volkswirtschaftlich kommt es nicht
bloß auf das finanzielle Gleichgewicht des Staates und seiner
öffentlichen Verbände an, sondern auch darauf, ob dieses
Gleichgewicht nicht durch eine übermäßige Belastung
von Produktion und Konsum erkauft ist, daß es auf Kosten
des wirtschaftlichen Gleichgewichtes erkauft ist. Es zeigt sich,
daß nicht nur die staatliche, sondern hauptsächlich
die autonome und Gesamtbelastung bei uns übermäßig
und auf die Dauer unhaltbar sind. Wir haben ja doch Gesamtausgaben
mit der öffentlichen Verwaltung von 15,5 Milliarden Kè,
wovon auf den Staat 9.7 Milliarden und auf die autonome Verbände
5.8 Milliarden entfallen.
Von diesen Bedürfnissen des Staates als
solch en braucht ja doch rund ein Fünftel, also rund 2 Milliarden
Kronen die internationale Gliederung des Staates, welche durch
die diplomatischen und Verteidigungsauslagen repräsentiert
sind. Von den 9,7 Milliarden Kronen tragen die Unternehmungen
ein Achtel Milliarden, also genauer ausgedrückt 12.25%. In
diesen Prozentsatz ist das Tabakmonopol und die Lotterie mit 1100
Millionen enthalten. Die Unternehmungen als solche tragen ja bloß
50 Millionen. Die Staatsverwaltung ist im weiteren auf die Zölle,
Gebühren und Steuern angewiesen. Die Zölle versprechen
ungefähr 1 Milliarde, die Stempel und die verschiedenen Verwaltungs-
und Justizgebühren 1,6 Milliarden Kronen. Der Rest von sechs
Milliarden, das sind also 60% aller Ausgaben bleiben zur Steuerbedeckung.
Wenn wir das Tabakmonopol zu den Steuern rechnen, werden fast
sieben Milliarden, also 70% der Ausgaben der Staatsadministrative
durch die Steuern gedeckt.
Herr Finanzminister Dr. Engliš
sagt: Unser Staat ist ein außerordentlicher Exportstaat
und seine wirtschaftliche Prosperität hängt vor allem
von der Möglichkeit der wirtschaftlichen Konkurrenz und der
Ausfuhr ab. Das finanzielle Gleichgewicht würde uns nichts
helfen, wenn es durch einen übermäßigen Druck
auf die Produktion erkauft würde, wenn es die Konkurrenzfähigkeit
untergraben und dadurch unsere Zahlungsbilanz bedrohen würde.
Wir haben ein eminentes Interesse daran, daß wir mit unserem
Finanzsysteme, seinem Umfang und seiner Methode diese Konkurrenzfähigkeit
nicht untergraben. Der Staat hat die ernsteste Verpflichtung,
durch seine Steuer- und Tarifsysteme den Geschäftsgang nicht
zu stören, sonst kann er nämlich selbst nicht weiter.
Der Herr Finanzminister unterscheidet drei
Gruppen von Steuern. Erstens die Einkommensteuer mit den Ertragssteuern,
d. i. den Erwerbssteuern usw., zweitens die Verbrauchssteuern,
d. i. die Spiritus-, Zucker-, Getränke-, Fleischsteuern usw.
und drittens die Handelssteuern, das ist Umsatzsteuer, Kohlensteuer,
Wasserkraftsteuer usw. Davon decken die Einkommensteuer samt den
Ertragssteuern 33,52%, die Verbrauchssteuern 29,41%, die
Handelssteuern 37,08% der Steuerlast. Daraus ergibt sich,
daß das staatliche Finanzsystem mit der volkswirtschaftlichen
Konstruktion des Staates im Widerspruch steht.