Pátek 10. prosince 1926

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 57. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v pátek dne 10. prosince 1926.

1. Øeè posl. Dietla (viz str. 1304 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Zum viertenmal beschäftigt sich die Nationalversammlung seit dem Bestande der Republik mit dem Gesetz über die Umsatzsteuer, nie mit Begeisterung, nie mit einem besonderen Elan. Alle Referenten, die bisher dieses Gesetz vertreten haben, haben ihren Bedenken Ausdruck gegeben und haben erklärt, daß es nur die Not des Staates sei, die sie zwinge, dieses Gesetz hier in dem Hause zu vertreten. Der erste Referent war Herr Dr. Engliš. Herr Dr. Engliš hat zur Begründung des Gesetzes seinerzeit ausgeführt: "In seinen Hauptgrundsätzen lehnt sich dieses Gesetz an eine analoge, im Jahre 1916 in Deutschland eingeführte Steuer an. Eine Steuer von Güterübertragungen, so wie sie in Deutschland besteht und wie sie durch das vorliegende Gesetz auch bei uns eingeführt wurde, ist auch in England und Österreich in Vorbereitung und dürfte voraussichtlich auch in anderen Staaten Eingang finden, die infolge des Krieges in schwere finanzielle Krisen geraten sind". So spricht Dr. Engliš in seinen einleitenden Sätzen und kommt dann in der Kritik der Steuer auf deren Wirkung zu sprechen. Er sagt: "Der Grundgedanke einer derartigen Steuer ist heute derselbe, wie er stets und überall, wo eine ähnliche Steuer bestanden hat, gewesen ist, die Not der Staatsfinanzen! Der Staat hat einerseits die durch den Krieg entstandenen Schäden gutzumachen, Kriegsauslagen, Investitionen, Ermöglichung der Amortisation der Kriegsschulden, Invalidenversorgung u. ä. Der Staat hat jedoch auch normale Auslagen zu bestreiten u. zw. mit unverhältnismäßig höheren Beträgen als in der Vorkriegszeit, denn mit der Entwertung der Valuta haben sich die Wirtschaftszahlen des Einkommens, des Ertrages und der Preise wesentlich erhöht". So begründete Herr Dr. Engliš damals die Notwendigkeit der Einführung der Steuer mit der Not des Staates und er sagt dann weiter über die Wirkung: "Es ist eigentlich nur Sache der äußeren Form, daß diese Steuer anläßlich der Güterübertragung von Hand zu Hand bemessen und eingehoben wird, daß als Zahler derselben der Unternehmer erscheint, denn der Träger wird schließlich und endlich niemand anderer als der Verbraucher sein". Das sagte damals Herr Dr. Engliš schon als erster Referent und es ist tatsächlich so gekommen. Die Einführung der Steuer hat eine neue Teuerungswelle hervorgebracht, die Preise sind ins Unendliche gestiegen unter der Mitwirkung dieses Gesetzes und wir sind heute weit davon entfernt, auch nur daran zu denken, zu einem Abbau der Preise zu gelangen. "Vom finanzpolitischen Standpunkt", meint Dr. Engliš, "sei betont, daß eine derartige Steuer nur unter solchen Verhältnissen überhaupt möglich ist, unter denen wir heute leben, da alle Preise Schwankungen unterworfen sind und die Bevölkerung an die beständigen Preisänderungen derart gewöhnt ist, daß man annehmen darf, daß sie ohne besondere Widerstände auch die durch diese Steuer bedingte Preiserhöhung hinnehmen wird. Aus wirtschaftlichen Gründen ist die neue Steuer auch nur vorübergehend gedacht." Das hat damals im Jahre 1919 in der Revolutionsnationalversammlung Herr Dr. Engliš gesagt. Er meinte damals, die Steuer sei nur vorübergehend gedacht. Wir haben schon zweimal das Gesetz geändert, verlängert, einmal haben wir uns damit beschäftigt, die Steuer zu erhöhen. Sie war zuerst mit 1% vorgesehen, die Not des Staates und der Staatsfinanzen hat aber die Regierung veranlaßt, eine Erhöhung dieser Steuer dem Hause vorzulegen, damals wurde der Satz auf 2% erhöht. Im Jahre 1923 haben wir das Gesetz auf drei Jahre verlängert und heute sollen wir unsere Zustimmung abermals einer Verlängerung auf drei Jahre geben. Obwohl man von einer Konsolidierung des Staates und der Staatsfinanzen spricht, ist keine Spur davon, daß ein Abbau erfolgen würde, daß die furchtbaren Wirkungen dieser Steuer wenigstens teilweise eine Einschränkung erfahren möchten, keine Spur einer Erleichterung, obwohl in allen Kreisen und in allen Teilen der Bevölkerung der Widerstand gegen diese Steuer von Tag zu Tag wächst, es gibt keine Wirtschaftsorganisation, keine Korporation, die sich nicht mit den Wirkungen dieser Steuer beschäftigt hat, ja es gibt auch keine politischen Partei in diesem Hause, die nicht draußen in der Bevölkerung mit aller Wucht gegen diese Steuer auftreten würde, sie verdammt und verurteilt, kein einziger Verteidiger dieser Steuer ist zu finden. Aber der Zwang, der hier herrscht, der nötigt Sie ganz einfach dazu, daß Sie der Steuer Ihre Zustimmung geben und sie neuerdings auf drei Jahre verlängern. Wir haben ja diesmal bei der Zuteilung des Referates eine ganz merkwürdige Sache erlebt. Als Referent wurde seinerzeit vom Budgetausschuß der Koll. Pekárek bestimmt. Er hat anscheinend ein Haar in der Suppe gefunden, denn er hat dieses Referat zurückgelegt und als Notnagel mußte dann der Herr Koll. Dr. Králík einspringen und dieses Gesetz vor dem Hause verteidigen.

Ich will einige Sätze anführen, die der heutige Referent in seiner Einbegleitung ausspricht. Er sagt: "Schon die revolutionäre Nationalversammlung war sich der ernsten Mängel dieser Steuer voll bewußt. Gegenüber den besonderen Verbrauchssteuern, welche ein bestimmtes Gebiet des Verbrauches treffen, ist zwar diese Steuer sozial gerechter" - auch eine Auffassung! - "weil sie den gesamten Konsum und den Luxuskonsum sogar intensiver trifft. Ihr allgemeiner Mangel ist jedoch, daß sie jene Produkte stärker trifft, welche von der Urproduktion bis zum Konsum eine größere Zahl von Betriebsstätten durchlaufen, als dies bei anderen Produkten der Fall ist. Die Intensität der Steuer geht also Hand in Hand mit der Spezialisierung der Arbeit und ist daher ein retardierendes Element in dieser Richtung. Die Umsatzsteuer ist letzten Endes als Steuer gedacht, welche vom Konsumenten getragen werden soll und es wird daher ihre allgemeine Überwälzung vorausgesetzt". Der Referent kommt also auch zu der Erkenntnis, daß diese Steuer schließlich und endlich allein eine Belastung des Konsums bedeutet, daß sie in letzter Linie den Konsumenten trifft, daß alle versuchen, die Überwälzung dieser Steuer auf den letzten Abnehmer, auf die letzte Hand vorzunehmen, die das Opfer ist und die Steuer in seiner Gänze tragen muß. Er sagt weiter: "Die Umsatzsteuer gehört unter jene Steuern, welche das Produkt vor seiner Vollendung treffen und sie ist daher ein dauerndes Glied der Produktionskosten und ein dauernder Konkurrenzfaktor ohne Rücksicht darauf, ob die Produktion im Lande bleibt oder ins Ausland ausgeführt wird".

Gestern hat als letzter Redner Herr Dr. Samek hier gesprochen. Er ist einer der Herren von der Majorität, die auch diese Tribüne betreten haben, um zu diesem Gesetze Stellung zu nehmen. Er ist nicht heraufgekommen, um die Steuer zu verteidigen und um vielleicht zu erklären, daß seine Partei für diese Steuer in vollem Umfange auftrete, sondern er ist ebenfalls nur auf die Tribüne gegangen, um Kritik zu üben und den Wunsch auszusprechen, es möge doch daran geschritten werden, Erleichterungen in dieser Steuer zu schaffen. Er meint, es wäre möglich, daß nicht die drei Jahre abgewartet werden müssen, mit denen dieses Gesetz terminiert wird, sondern daß es möglich wäre, im Laufe der Zeit, wenn sich die Wirkung der Steuerreform, wenn sich überhaupt eine Besserung unserer Staatsfinanzen bemerkbar macht, sofort an den Abbau der Steuer zu schreiten. Ich meine, Herr Dr. Samek hat noch ein anderes Forum als die Rednertribüne des Parlamentes, wo er seine Wünsche und seine Anschauungen viel wirksamer vortragen könnte, und er ist ja einer von denen, die auch die Möglichkeit hätten, auf die Gestaltung der Umsatzsteuer entscheidenden Einfluß zu nehmen. Aber wenn wir Verbesserungsanträge stellen, wenn wir eine Herabsetzung der Steuer beantragen, oder wenn wir nur Erleichterungen vorschlagen, so fällt es dem Herrn Dr. Samek und seiner Partei nicht ein, die Gelegenheit zu ergreifen und mitzustimmen und dadurch herbeizuführen, daß tatsächlich eine Erleichterung in der Steuer eintritt, sondern im Gegenteil unsere Anträge werden wie immer konsequent niedergestimmt.

Eine solche Rede dient ja eigentlich nur dazu, nach außen hin als wirksames Agitationsmaterial verwendet zu werden, wie es sich überhaupt hier im Hause eingebürgert hat, daß man versucht, durch oppositionell gehaltene Reden nach außen hin vor den Wählern bestehen zu können.

In den einleitenden Sätzen zur Steuer heißt es weiter: Aus dem Staatsvoranschlag für das Jahr 1927 geht hervor, daß gerade diese Gruppe von Abgaben im Rahmen aller staatlichen Steuern und Abgaben die größte ist, daß sie 37% aller dieser Steuern und Abgaben umfaßt. Ich meine, drastischer kann wohl die Kritik nicht ausgesprochen werden, als sie hier in diesem Satz wiedergegeben wird. Trotzdem man weiß, daß die Wirkung dieser Steuer eine so furchtbare und belastende ist, sollen wir heute wieder unsere Zustimmung geben, das Gesetz auf weitere drei Jahre zu verlängern. Je geringer das Einkommen, umso größer ist der Anteil der Ausgaben für den notwendigen Lebensbedarf. Es kann daher nicht die Rede sein von einer Progression der Steuer, wie so gerne behauptet wird, weil ja die Progression nicht zum Ausdruck kommt und den minderbemittelten Haushalt viel schwerer und härter trifft, als den Haushalt der Reichen.

In Deutschland muß die Steuer in den Preis mit einkalkuliert werden, sie darf nicht separat berechnet werden. Das ist ausdrücklich verboten. Bei uns aber hat es sich eingebürgert - obwohl auch ursprünglich die Absicht war, es nicht zu dulden, daß eine separate Berechnung der Umsatzsteuer erfolgt zu den Rechnungen die Umsatzsteuer separat zuzuschlagen, wodurch natürlich die Steuer sich erst in der letzten Hand vollständig auswirkt, im Detailhandel, bei den Lebensmitteln, bei den notwendigen Gebrauchsgegenständen, wo es nicht üblich ist, eine Rechnung auszustellen und die Zahlung durch eine Rechnung zu quittieren, Erst dort wird die Steuer mit einkalkuliert, erst dort macht sie sich im Preise bemerkbar. Natürlich ist es manchmal nicht möglich, die Steuer in ihrer vollen Gänze zu übertragen, in vielen Fällen aber wird sie noch höher übertragen, als sie tatsächlich zu leisten ist. Dasselbe findet beim System der Zuschläge zur Faktura statt. Obwohl die Steuer in der Faktura separat berechnet und also voll eingehoben wird, gibt es eine Reihe von tüchtigen Unternehmern, die es verstehen, auch noch daraus ein besonderes Geschäft zu machen und einen Gewinn zu erzielen, wodurch ihr Profit noch erhöht wird. Es müßte also dafür gesorgt werden, daß die Steuer tatsächlich nicht separat in Rechnung gestellt werden darf, sondern, daß sie mit einzukalkulieren ist und im Preise selbst in Erscheinung zu treten hat. Der Verbrauch an notwendigen Bedarfsartikeln steigt keineswegs verhältnismäßig mit dem Einkommen und daher belastet die Verbrauchssteuer und insbesondere die Umsatzsteuer die besitzenden Klassen weniger als die Besitzlosen. Sie wirkt, wie ich schon gesagt habe, nicht progressiv, sondern belastet im Gegenteil die Armen stärker als die Reichen.

Wir leben jetzt wieder einmal in einer schweren, harten Krise. Herr Dr. Samek hat in seiner Rede auch darauf angespielt, daß unser Export, daß unsere Wirtschaft durch Steuern ebenfalls sehr bedrängt und gedrückt wird und daß dies mit eine teilweise Ursache der Krise sei. Aber obzwar diese Erkenntnis bereits in weite Kreise gedrungen ist, sehen wir doch keine Spur davon, daß man daran denken würde, hier Erleichterung zu schaffen.

Der Automobilkönig Henry Ford hat ein Buch geschrieben und ich würde den Verteidigern dieser Steuer empfehlen, dieses Buch etwas genauer zu lesen. Er sagt: "Unser Rezept für schwere Zeiten besteht in der Herabsetzung der Preise und in der Erhöhung der Löhne". Etwas, was wir von unseren Unternehmern hier niemals hören konnten, sondern immer nur das Gegenteil. Unsere Unternehmer haben ihre Konkurrenzfähigkeit immer auf niedere Löhne aufgebaut, sie haben immer versucht, auf diesem Wege ihre Konkurrenzfähigkeit zu steigern. Ford sagt weiter: "Das Heilmittel für die geschäftliche Depression liegt in der Hebung der Kaufkraft und das Kraftreservoir für die Kaufkraft sind die Löhne". Er setzt also seinen Gedanken in logischer Weise fort und meint dann: "Es kann keine wirkliche Blüte geben, bevor nicht der Hersteller eines allgemeinen Gebrauchsartikels diesen auch selbst zu kaufen vermag. Beschneidet man die Löhne, so beschneidet man die Zahl der eigenen Kunden. Aus dieser Erwägung halten wir es für ein gutes Geschäft, die Löhne ständig zu steigern, aber nie zu kürzen. Uns liegt an der Menge der Abnehmer". Das sagt ein moderner Unternehmer und wenn wir die Krise wirksam bekämpfen wollen, so wäre das erste Mittel die Hebung des Inlandskonsums. Wir müßten die Bevölkerung des Staates kaufkräftiger machen, müßten sie in die Lage versetzen, tatsächlich die Gegenstände abnehmen zu können, Bedarfsartikel kaufen zu können. Aber nach der Richtung hin bemerken wir keinerlei Vorkehrungen, nach der Richtung hin bemerken wir, daß es so wie bisher auf demselben Punkte bleibt, ja im Gegenteil, die Löhne sollen noch herabgesetzt und verkürzt werden, die Kaufkraft der Bevölkerung wird ständig vermindert durch Kurzarbeit, durch Arbeitslosigkeit und durch verschiedene andere Umstände.

Meine sehr verehrten Herren! Ob dies der Weg ist, der aus der Krise herauszuführen vermag, ist eine andere Frage. Ob wir den Massenkonsum zu steigern in die Lage kommen in den Zeiten der Krise, das ist ja das Problem und ich erinnere Sie: als seinerzeit die Deflation ihre verheerende Wirkung ausgeübt hat, als die Betriebe stillgelegt wurden, als überall Stillstand und Zusammenbruch zu verspüren war, trat die Regierung mit einer Kundgebung und mit einem Programm vor das Haus, mit der Devise: Abbau der Preise. Das war im Oktober des Jahres 1923, wenn ich nicht irre. Aber sofort darauf, im Dezember, hat die Regierung die Verlängerung des Umsatzsteuergesetzes vom Abgeordnetenhause verlangt. Sie hat in kurzer Zeit ihr Programm verlassen, sie hat überhaupt nichts getan, um die absteigende Linie der Preise irgend wie zu stabilisieren und fortzusetzen, im Gegenteil in einer kurzen Zeit sind die Preise wieder ins Steigen gekommen, und alle Verhandlungen, insbesondere aber die Erhöhung der Zölle, haben dazu beigetragen, daß tatsächlich der Preisabbau zum vollständigen Stillstand gekommen ist, daß wir neuerdings in eine Teuerungswelle geraten sind, die sich in jedem Haushalte in ganz außerordentlicher Weise fühlbar macht.

Wenn wir unser Steuersystem überhaupt untersuchen, so ergibt sich, daß wir 78% an indirekten Steuern und 22% an direkten Steuern einheben. Wenn also der Haushalt durch indirekte Steuern mit 78% belastet ist, und wenn die besitzenden Klassen durch direkte Steuern nur mit 22% belastet sind, so zeigt sich in diesem Fall mit aller Deutlichkeit das System, wie es hier herrscht und wie es hier seine Fortsetzung finden soll. Wie sind denn die Reallöhne bei uns? Wenn wir den Reallohn in England mit 100 annehmen, so beträgt er bei uns in der Èechoslovakei 55, also kaum mehr als die Hälfte und, daß da die Kaufkraft der großen Masse der Bevölkerung nicht sehr groß ist, ist ganz klar. Sie müßten daher auch, was Henry Ford in seinem Buch empfiehlt, dafür sorgen, daß eine Steigerung der Löhne und damit eine Steigerung der Kaufkraft eintritt, wodurch die Produktion einen besseren Absatz finden würde.

Wir sehen, daß die Mehrheit für das Gesetz schon vorhanden ist, daß sie sich schon zusammengefunden hat, und wir finden unter denen, die heute für die Umsatzsteuer stimmen werden, auch einige, die dreimal, so oft sie eben Gelegenheit hatten, einen ganz anderen Standpunkt eingenommen haben. Der Herr Koll. Windirsch hat am 19. Dezember 1923 zum Umsatzsteuergesetz gesprochen und hat die Stellung seines Klubs in folgenden Worten zusammengefaßt: "Unser Standpunkt zum vorliegenden Entwurf kann wohl kein anderer sein, als daß wir, weil dieses Gesetz eine unheimliche Belastung des gesamten Konsums herbeiführt, dagegen stimmen werden". Der Redner der christlichsozialen Partei Abg. Bobek hat in derselben Sitzung ausgeführt: "Schon bei der Beratung des Budgets im Jahre 1921 konnte ich feststellen, daß Sie allmählich von dem natürlichen Steuersystem, dessen Mittelpunkt die direkten Steuern und hier wiederum die Einkommensteuer bilden müssen, abgewichen sind und an dessen Stelle bei einem Steuersystem angelangt sind, bei dem die Verbrauchssteuern, und unter den Verbrauchssteuern wiederum die Umsatzsteuer den Grundpfeiler der Steuereinnahnen bilden. Ein solches Steuersystem, bei dem die direkten Steuern lediglich die Funktionen von Ergänzungssteuern ausüben, ist unhaltbar, besonders dann, wenn wir uns die preistreibende Kraft eines solchen Steuersystems vor Augen führen". Er sagt dann weiter: "Was nun die Vorlage selbst anbelangt, wäre in erster Linie die im Motivenbericht enthaltene Bemerkung, daß die Umsatzsteuer nicht allzudrückend von der breiten Öffentlichkeit empfunden wird, auf das entschiedenste zurückzuweisen, denn keine Steuer hat in Bezug auf die Preisbildung aller notwendigen Bedarfsartikel eine so verheerende Wirkung ausgeübt, wie die vorliegende". In den schärfsten Worten der Kritik haben die Redner des Bundes der Landwirte und der Christlichsozialen gegen diese Steuer Stellung genommen, und obwohl sich an dem System nichts geändert hat, obwohl es sozial nicht gerechter geworden ist, obwohl in dem Ganzen nicht die mindeste Erleichterung eingetreten ist, werden heute diese Parteien, die damals dieses Gesetz in Grund und Boden verdammt haben, dafür stimmen. Ob ihnen die deutschen Bauern, die deutschen Gewerbetreibenden und die deutschen christlichsozialen Arbeiter dankbar sein werden für dieses Geschenk, das sie ihnen zu Weihnachten mitbringen, das ist etwas anderes. Es ist bezeichnend, daß die Umsatzsteuer immer eine Weihnachtsgabe für die Konsumenten ist, daß immer vom Regierungstisch aus zu Weihnachten der konsumierenden Bevölkerung ein besonderes Geschenk in der Form dieser Umsatzsteuer überreicht wird. Nachdem die Steuer dieselben Härten in sich birgt, nachdem sich gar keine Erleichterung zeigt, haben wir uns veranlaßt gesehen, einige Abänderungsanträge zu stellen. Wir wollen den Antrag stellen, daß die Steuer auf 1% ermäßigt wird, wir wollen Ihnen auch Gelegenheit geben, Ihr soziales Gewissen zu prüfen und wollen auch eine Erleichterung dahin gehend schaffen, daß Sie zumindest den minderbemittelten Haushalten, wie es in Deutschland der Fall war, eine Rückvergütung gewähren. In den umliegenden Staaten versucht man es überall mit einem Abbau der Steuer. Deutschland, das in einer so furchtbar schwierigen Lage war, hat die Umsatzsteuer heruntergesetzt, weil alles gefühlt hat, daß mit der Umsatzsteuer die Konkurrenzfähigkeit der Industrie nicht gehoben werden kann, daß sie nicht den Weltmarkt zu erobern imstande ist. Daher hat man dort diese drückende Steuer abgebaut, in Polen hat man Erleichterungen geschaffen, ebenso in Ungarn, sogar in der Türkei redet man heute darüber, daß diese Belastung in der heutigen Form nicht bestehen bleiben kann, sondern daß das Gesetz verbessert werden muß, daß Erleichterungen auch dort geschaffen werden müssen. Nur bei uns hält man starr an dem Prinzip fest, nur bei uns allein sagt man: Die Umsatzsteuer ist der Grundpfeiler unseres Finanzsystems, man kann auf sie nicht verzichten. Sie werden begreifen, hohes Haus, daß wir unserer ganzen Stellung nach nicht für diese Steuer stimmen können und werden, daß wir dagegen sind und daß wir Sie bitten, die Abänderungsanträge, die eine Erleichterung bringen würden, anzunehmen, um dadurch den wahren Gefühlen des Hauses Ausdruck zu geben. Alle Parteien sind in ihrem Wesen gegen diese Steuer, bei allen ihren Reden, bei den Steuerdemonstrationen, die sie veranstaltet haben, hat die Umsatzsteuer eine entscheidende Rolle gespielt. Heute haben Sie Gelegenheit, das, was Sie damals kritisiert und Ihren Wählern versprochen haben, gutzumachen, heute können Sie Ihr Wort einlösen und können die Steuer erträglich gestalten, können überhaupt einen Abbau herbeiführen und eine sukzessive vollständige Beseitigung dieser drückenden Steuer. (Potlesk poslancù nìm. soc. demokratické strany dìlnické.)

2. Øeè posl. dr Roscheho (viz str. 1311 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Ich habe mich namens meiner Partei zu dem vorliegenden Gesetzentwurf über die Umsatz- und Luxussteuer zu äußern. Bevor ich in den Gegenstand eingehe, möchte ich mit ein paar kurzen Sätzen mich mit der Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten im Budgetausschuß des Senats beschäftigen. Dem Sinne nach hat er dort ausgeführt, daß das Niveau des Parlaments keinesfalls auf der Höhe ist, die Kritik wäre zum Teil demagogisch und er würde wünschen, daß diese sachlich, seriös und war wäre. Da bin ich ganz seiner Ansicht. Ich habe aber das Gefühl, daß in dieser Hinsicht die Schuld bei der Regierung selbst liegt, weil mit diesem System die Tätigkeit des Parlaments zu einem Scheindasein herabgedrückt wird, weil rücksichtslos jeder Oppositionsantrag, mag er noch so sachlich, mag er noch so tiefgründig sein, rücksichtslos niedergebügelt wird. Dadurch wird der Charakter des Parlaments selbst zur Lächerlichkeit, das Parlament führt ein Scheindasein, es tritt ein Farcezustand ein. Der Herr Ministerpräsident erwähnt in seiner Erklärung - das erstemal eigentlich - daß man sich bisher nur mit dem Fiskus, dem Lohn und dem Konsum beschäftigt habe, wogegen man in Hinkunft auch ein Auge auf die Produktivität richten müsse, mit einem Worte: es scheint mir, daß die Erkenntnis auftaucht, daß man in dem rücksichtslosen Vorgehen gegen die Wirtschaft als solche nicht weiterkommt, weil unter diesen Umständen die Wirtschaft und die Staatswirtschaft unbedingt leiden müssen. Der Herr Finanzminister verfolgt dieselbe Tendenz - zumindest gehen seine theoretischen Ausführungen dorthin. Diese sind gewiß sehr interessant und müssen auch zum Teil unterschrieben werden, aber für uns fehlt die praktische Durchführung. Ich beschäftige mich mit der Person des Herrn Finanzministers nicht aus Gefühlsmomenten der Zu- oder Abneigung, sondern aus rein sachlichen Erwägungen als dem Repräsentanten des Finanzministeriums und weil die Doktrinen, die zum Ausdruck kommen, ja doch sein Eigenbau sind. Ich habe in der Budgetdebatte am 26. November mich über die Schulden geäußert. Sie sind offiziell nach dem Exposé des Finanzministers 34,9 Milliarden mit einem Zinsendienst von 2,572 Milliarden. Ich habe ausgerechnet, daß es auch anders kommen kann, daß es auch 60,9 Milliarden mit einem Zinsendienst von 4.515 Milliarden oder auch 92.9 Milliarden mit einem Zinsendienst von 6,735 Milliarden Kè werden können. Man wird mir entgegenhalten, daß meine Aufstellung nicht richtig ist, denn man stellt den Reparationen, die wir zu zahlen haben, eine Gegenrechnung gegenüber. Als Gegenrechnung rechnet man im Finanzministerium heute schon jene Leistungen heraus, die das dichtbevölkerte Böhmen, Mähren und Schlesien seinerzeit nach Wien geliefert haben, damit Galizien, Bukowina, Bosnien die entsprechenden Hilfsmittel erhielten. Man geht in dieser Richtung bis in die Zeit des Vorkonstitutionalismus zurück. Man rechnet auch damit, daß die Vorkriegsschuld-Papiere, die wir vorlegen werden, im Verrechnungswege uns im Goldwert angerechnet werden. Allerdings müssen wir mit dieser Rechnung vorsichtig sein, denn erstens muß diese Rechnung von der Reparationskommission anerkannt werden und zweitens könnte bei diesem Aufbau natürlich eine Gegenrechnung auch von der anderen Seite kommen.

Heute will ich mich mit den Steuern beschäftigen, insbesonders mit der Umsatz- und Luxussteuer. Ich schicke einen Satz aus dem Budgetexposé des Herrn Finanzministers voraus. Währungstechnisch und volkswirtschaftlich kommt es nicht bloß auf das finanzielle Gleichgewicht des Staates und seiner öffentlichen Verbände an, sondern auch darauf, ob dieses Gleichgewicht nicht durch eine übermäßige Belastung von Produktion und Konsum erkauft ist, daß es auf Kosten des wirtschaftlichen Gleichgewichtes erkauft ist. Es zeigt sich, daß nicht nur die staatliche, sondern hauptsächlich die autonome und Gesamtbelastung bei uns übermäßig und auf die Dauer unhaltbar sind. Wir haben ja doch Gesamtausgaben mit der öffentlichen Verwaltung von 15,5 Milliarden Kè, wovon auf den Staat 9.7 Milliarden und auf die autonome Verbände 5.8 Milliarden entfallen.

Von diesen Bedürfnissen des Staates als solch en braucht ja doch rund ein Fünftel, also rund 2 Milliarden Kronen die internationale Gliederung des Staates, welche durch die diplomatischen und Verteidigungsauslagen repräsentiert sind. Von den 9,7 Milliarden Kronen tragen die Unternehmungen ein Achtel Milliarden, also genauer ausgedrückt 12.25%. In diesen Prozentsatz ist das Tabakmonopol und die Lotterie mit 1100 Millionen enthalten. Die Unternehmungen als solche tragen ja bloß 50 Millionen. Die Staatsverwaltung ist im weiteren auf die Zölle, Gebühren und Steuern angewiesen. Die Zölle versprechen ungefähr 1 Milliarde, die Stempel und die verschiedenen Verwaltungs- und Justizgebühren 1,6 Milliarden Kronen. Der Rest von sechs Milliarden, das sind also 60% aller Ausgaben bleiben zur Steuerbedeckung. Wenn wir das Tabakmonopol zu den Steuern rechnen, werden fast sieben Milliarden, also 70% der Ausgaben der Staatsadministrative durch die Steuern gedeckt.

Herr Finanzminister Dr. Engliš sagt: Unser Staat ist ein außerordentlicher Exportstaat und seine wirtschaftliche Prosperität hängt vor allem von der Möglichkeit der wirtschaftlichen Konkurrenz und der Ausfuhr ab. Das finanzielle Gleichgewicht würde uns nichts helfen, wenn es durch einen übermäßigen Druck auf die Produktion erkauft würde, wenn es die Konkurrenzfähigkeit untergraben und dadurch unsere Zahlungsbilanz bedrohen würde. Wir haben ein eminentes Interesse daran, daß wir mit unserem Finanzsysteme, seinem Umfang und seiner Methode diese Konkurrenzfähigkeit nicht untergraben. Der Staat hat die ernsteste Verpflichtung, durch seine Steuer- und Tarifsysteme den Geschäftsgang nicht zu stören, sonst kann er nämlich selbst nicht weiter.

Der Herr Finanzminister unterscheidet drei Gruppen von Steuern. Erstens die Einkommensteuer mit den Ertragssteuern, d. i. den Erwerbssteuern usw., zweitens die Verbrauchssteuern, d. i. die Spiritus-, Zucker-, Getränke-, Fleischsteuern usw. und drittens die Handelssteuern, das ist Umsatzsteuer, Kohlensteuer, Wasserkraftsteuer usw. Davon decken die Einkommensteuer samt den Ertragssteuern 33,52%, die Verbrauchssteuern 29,41%, die Handelssteuern 37,08% der Steuerlast. Daraus ergibt sich, daß das staatliche Finanzsystem mit der volkswirtschaftlichen Konstruktion des Staates im Widerspruch steht.

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