Kein Ruhmesblatt im Staatsvoranschlag für
1927 bildet die Herabsetzung der Zuwendung für Obst-, Wein-
und Gemüsebau von 47 Millionen auf 9 7 Millionen. (Hluk.
- Výkøiky nìm. soc. demokratických
poslancù.) Das verdrießt Euch
wohl, daß unsere Landwirte und Kleinlandwirte nicht ausschließlich
in Euer Horn blasen. Die in der letzten Zeit insbesondere im Elbtale
auftretenden Obstbaumschädlinge erfordern eine sehr sachmäßige
Bekämpfung und diese kann nur durch Aufklärung in den
Fachorganisationen der Obstbauern möglich sein. Der Versand
und die Verwertung des Obstes ist ein sehr heikles und besonders
wichtiges Kapitel, wenn auf dem Auslandsmarkte die Ware konkurrenzfähig
bleiben soll. Beauftragt von den Fachorganisationen des Obstbaues,
namens des mährischen Wein- und Gemüsebaues kann nur
die eine vollkommen berechtigte Forderung Geltung haben, daß
eine derartige Herabsetzung der Zuwendungen im Staatsbudget 1927
für Obst-, Wein- und Gemüsebau unmöglich ist und
diese Dotation eine unbedingte Erhöhung im vorliegenden Voranschlag
erfahren muß. Die Obstbauern fordern die endliche Freigabe
des Obsthandels und die in kürzester Zeit zu schaffenden
Obstverwertungsgenossenschaften werden ausreichender staatlicher
Unterstützung bedürfen, damit das Ansehen des Elbtalobstes
und das Ansehen des Inlandsobstes überhaupt auf den Märkten
des In- und Auslandes nicht herabgesetzt wird sowie der wüsten
Börsenspekulation auch auf diesem Gebiete entgegengetreten
werden kann.
Eingangs meiner Ausführungen habe ich
darauf verwiesen, daß man an der Kultur und produktiven
Wirtschaft dieses Staates keine Ersparnisse im Staatsvoranschlag
machen darf, sondern durch Vereinfachung der Staatsverwaltung
und Reduktion der Staatsschulden diese Ersparnisse gemacht werden
können. So habe ich diese einleitenden Worte insbesondere
auch auf das Kapitel Saatgutförderung bezogen, weil durch
Herabsetzung des Staatsbeitrages im Jahre 1927 auf die Hälfte
gegenüber dem Vorjahre dieser Zweig der Landwirtschaft sehr
benachteiligt wird. Die Unterbindung der Förderung der Saatgutwirtschaft,
auf welchem Gebiete Herr Professor Freudl in Tetschen-Liebwerd
viel dankbare Arbeit für die deutschen Gebiete geleistet
hat, bedeutet keinesfalls eine Hebung der Produktion, da ja bekanntlich
ein sorgfältig gezüchtetes Saatgut die Grundlage eines
Höchstertrages in jeder Hinsicht bildet. Desgleichen berührt
es die deutsche Landwirtschaft recht unangenehm, daß die
Futerbauförderung, die heute im Zeichen der Grünlandwirtschaft
steht und noch vieler Aufklärung bedarf, welche mit großen
Kosten verbunden ist, in ihren Zuwendungen von 280.000 Kè
im Jahre 1926 auf 80.000 Kè im Jahre 1927 herabgemindert
wurde. Ich verweise dabei auf die armen Gebiete
des Böhmerwalds, deren Erträgnisse an Getreidefrüchten
zum großen Teil nur den eigenen Bedarf decken und die einzig
und allein auf Viehzucht angewiesen sind. Ein rationeller durch
staatliche Maßnahmen geförderter Futterbau bildet vor
allem die Grundbedingung einer entsprechenden Viehzucht und wir
müssen verlangen, daß man dem armen Häusler und
Bauer des Böhmerwaldgebietes staatliche Unterstützung
zur Hebung der Futterbaues durch Einsetzung entsprechender Beträge
im vorliegenden Staatsvoranschlag möglich macht.
Ein größerer Betrag ist für
die Aktion gegen die Verbreitung des Kartoffelkrebses eingestellt.
Es ist eine vollkommen begründete und berechtigte Forderung
unserer Landwirtschaft, daß der Bezug von Kartoffelsaatgut
aus dem Auslande ebenfalls subventioniert wird. Bei der Übernahme
von Kartoffelsaatgut inländischer Herkunft durch landwirtschaftliche
Genossenschaften wurde festgestellt, daß das mit staatlicher
Subvention bezogene krebsfeste Saatgut keineswegs einwandfrei
war, daß es gering keimfähig war und daß drei
bis vier Sorten in einem Sack gemischt zu finden waren. Aus diesem
Grunde darf einem einwandfreien krebsimmunen ausländischen
Saatgut keinesfälls die Staatssubvention vorenthalten werden.
Für Versuchszwecke mit künstlichen Düngemitteln
wurden ebenfalls 2/3 der Dotation gestrichen, obzwar gerade
auf diesem Gebiete zur Einführung der künstlichen Düngemittel
in den Wirtschaftsbetrieben Versuche im erweiterten Maße
notwendig sind.
Eines der schwierigsten Gebiete der Landwirtschaft
unter den gegenwärtigen Verhältnissen bildet die Tierzucht.
Hier sieht der Staatsvoranschlag keine Ermäßigung der
Zuwendungen vor, was zu begrüßen ist, doch verlangen
die schwierigen Verhältnisse eine unbedingte Erhöhung.
Wiederum ist es der südböhmische Kleinlandwirt und Landwirt,
der sein Vieh trotz billigem Anbots nicht an den Mann bringt und
oft weit unter den Erzeugungskosten verkaufen muß. Ein Blick
auf die Vieh- und Fleischmarktberichte der vergangenen Woche beweist,
daß trotz der Agrarzölle kein Mangel an Schlachtvieh
auf den heimischen Märkten zu verzeichnen ist und daß
trotz der Agrarzölle die Einfuhr ausländischen Viehs
in sehr hohem Maße betrieben wird. Auf dem Prager Schweinemarkte
wurden vorige Woche 208 inländische und 1247 ausländisehe
Schweine gebracht, von denen 129 inländischer Herkunft unverkauft
blieben. Ähnlich war das Verhältnis auf dem Prager Fleischmarkt,
wo neben 899 inländischen noch 1355 ausländische Schweine
vorfindbar waren. Unter diesen Umständen ist es selbstverständlich,
daß eine Absatzkrise für inländisches Vieh in
vielen Gebieten vorhanden ist und die Staatsverwaltung hat die
Pflicht dieser Absatzkrise zu steuern. Die Schaffung von Absatzgebieten
durch direkten Verkehr zwischen Verkäufer und Käufer
Süd- und Nordböhmens durch Errichtung von landwirtschaftlichen
Viehvermittlungsstellen, welche Fracht- und Steuerfreiheit genießen
müssen, wird den südböhmischen Landwirten ein Absatzgebiet
in Nordböhmen schaffen. Die Subventionierung von Zuchtstieren
nach dem gegenwärtigen System ist unzulänglich und dieser
Staatsbeitrag muß wenigstens auf das Zehnfache erhöht
werden, wenn auf dem Gebiete der Viehzucht Ersprießliches
geleistet werden soll. Es ist deshalb notwendig, daß das
Kapitel Tierzucht eine Erhöhung der staatlichen Zuwendungen
erfährt.
Als Mitglied des Komites zur Förderung
des landwirtschaftlichen Maschinenwesens in der deutschen Sektion
des Landeskulturrates kenne ich insbesondere die Wünsche
unserer kleinen Landwirtschaft bezüglich Einführung
von Prüfung der landwirtschaftlichen Maschinen und staatlicher
Unterstützung bei Anschaffung von Maschinen. Es ist mir unverständlich,
daß seit dem Jahre 1924 der staatliche Beitrag um 2 Millionen
herabgesetzt wurde, da doch die Maschine im Betrieb der Landwirtschaft
immer mehr und mehr an Bedeutung gewinnt und wir uns in einer
Zeit befinden, wo die Unterstützung des Staates in dieser
Frage für die Zukunft von großer Bedeutung ist.
Für die Elektrifizierung des flachen Landes
werden im Voranschlag für 1927 10 Millionen Kronen eingesetzt.
Als im Budgetausschuò die deutschen Vertreter darüber
Klage führten, daß die deutschen Gebiete bei der Unterstützung
durch Staatsbeiträge für die Elektrifizierung keinesfalls
nach dem Bevölkerungsschlüssel, keinesfalls nach den
von ihnen gemachten Aufwendungen bedacht wurden,
erwiederte der Herr Landwirtschaftsminister, daß zu wenig
deutsche Gesuche vorgelegen sind. Demgegenüber stelle ich
fest, daß ich das Gesuch der Gebirgsgemeinde Voitsdorf im
Bezirke Bensen seit 10 Monaten unaufhörlich im Landwirtschaftsministerium
betreibe und daß ein Staatsbeitrag für die Erbauung
des Ortsnetzes trotz vorhandener gesetzlicher Bedingungen für
die Erleichung einer Subvention bis zum heutigen Tage nicht erlangt
wurde. Desgleichen sorge ich mich seit Monaten um die Erledigung
des Ansuchens der Unterstützung für die Erbauung
des Ortsnetzes der Gebirges gemeinde Loschowitz im Bezirke Auscha
und der Kleinbauerngemeinde Alt-Ohlisch im Bezirke Böhm.
Kamnitz aus staatlichen Mitteln ohne eine Erledigung erlangen
zu können. Während in das èechische
Gebiet 7,3 Millionen Kronen zur Unterstützung der Elektrifizierung
des flachen Landesgeflossen sind haben die deutschen Gebiete nur
330.000 Kronen für diesen Zweck erhalten. Es ist berechtigt
zu fordern und wünschenswert, und nach den Ausführungen
des Herrn Landwirtschaftsministers zu hoffen, daß in Zukunft
auch schon mit Rücksicht auf unsere Zusammenarbeit eine gerechtere
und schnelle Erledigung derartiger Ansuchen erfolgt. Im Bezug
auf das landwirtschaftliche Buchführungsinstitut spreche
ich den Wunsch aus, daß ein weiterer deutscher Beamte dort
selbst eingestellt wird, damit die Abschlüsse der in ziemlich
großer Anzahl angeschlossenen deutschen Landwirte rechtzeitig
erfolgen. Bei all der stiefmütterlichen Behandlung des Ministeriums
für Landwirtschaft im Staatsvoranschlage muß anerkannt
werden, daß die Dotierung für Meliorationen eine ziemlich
entsprechende ist. Es wird Aufgabe der deutschen Landwirtschaft
sein, Meliorationsverbände und Wassergenossenschaften zu
gründen, wodurch sie Anteil an dem vom Staate gewährten
Mitteln bekommen.
Notwendig ist die Wildbachverbauung und Flußregulierung,
soweit sie in die Kompetenz des Ministeriums für Landwirtschaft
fällt, was im heurigen Jahre bei den Elementarkatastrophen
sich gezeigt hat. Die Unterstützung aus staatlichen Mitteln
unserer Flachsbauern muß besonders betont werden, weil diese
Gebirgsbauern unter den schwierigsten Verhältnissen um ihre
Existenz zu kämpfen haben.
Zum Schlusse meiner Betrachtungen und sachlichen
Kritik, der staatlichen Zuwendungen des Ministeriums für
Landwirtschaft kann ich es nicht unteralassen, auf die Bodenreform
hinzuweisen. Hier kann ich den Ausführungen des gegenwärtigen
Präsidenten des Bodenamtes, der allerdings neu ins Amt gekommen
ist, ein fertiges Elaborat bekam, keineswegs zustimmen, wenn er
von einer gerechten Aufteilung von Grund und Boden durch die Bodenreform
dieses Staates an die Deutschen spricht. Von 1,089.000 ha verteilten
Grund und Bodens haben die Deutschen trotz vorhandener Bedürftigkeit,
Ansprüchen und Fachkenntnissen nur 70.000 ha bekommen.
Ich habe im Frühjahr dieses Jahres von dieser Stelle aus
darauf verwiesen, daß im Bezirke Weseritz, wo 80 Èechen
und 13821 Deutsche leben, von 685 ha die Deutschen nicht einen
Hektar bekommen haben. Zu gleicher Zeit habe ich nachgewiesen,
daß der Bezirk Luditz, 13900 deutsche Einwohner und 547
Èechen hat, daß von 271 ha landwirtschaftlichen Bodens
nicht ein Hektar ein Deutscher in diesem Bezirke bekommen hat.
In diesen Gebieten waren deutsche Bodenbewerber und Pächter
die seit Jahren Grund und Boden bebaut haben,
in genügen der Anzahl vorhanden und es wären auch Deutsche
zur Übernahme von Restgütern hier gewesen. Das subjektive
Recht der deutschen Bodenbewerber auf Grund und Boden dieses Staatsgebietes
ist bei der Kleinpachtaktion klar zum Ausdrucke gekommen, weil
nach dem Kleinpächtergesetze die Zuteilung der gepachteten
Grundstücke erfolgen mußte. Von 101.119 ha langjähriger
Pachtgründe müßten 31.000 ha oder 30 Prozent an
deutsche Bodenbewerber abgegeben werden, während nach dem
Zuteilungsverfahren durch das famose ..Kann-zugeteilt-werden"
kaum 2 Prozent die Deutschen erhielten. Die Genossenschaften,
die im Zuge der Bodenreform in diesem Staate gebildet worden sind,
um Grund und Boden zu erhalten, haben sich nicht bewährt.
Auch ein Großteil der èechischen Restgutbesitzer
im deutschen Gebiete ist der Aufgabe als Landwirt nicht gewachsen,
wie auch die angesiedelten Kolonisten sich zum großen Teile
kaum auf ihrem gegenwärtigen Besitze erhalten können.
Es ist deshalb vollkommen berechtigt, wenn
ich am heutigen Tage von dieser Stelle aus nochmals das Verlangen
stelle, daß alle gegenwärtig vorliegenden Gesuche der
deutschen Bodenbewerber, insoweit noch die Zuteilung im deutschen
Gebiete erfolgt, vollkommene Berücksichtigung finden. Wir
können keinesfalls die Bodenreform in diesem Staate selbst
dann als abgeschlossen betrachten, wenn der letzte Hektar Grund
und Boden durch das Staatsbodenamt zugeteilt ist, weil für
unsere benachteiligen deutschen Bodenbewerber aufgrund des Vorhergesagten
noch immer die Möglichkeit der Erwerbung von Grund und Boden
in der Zukunft besteht.
Unsere Forderungen bezüglich der Waldreform
hat Kol. Zierhut bereits in der Generaldebatte besprochen.
Im Jahre 1922 betrugen die Ausgaben im Voranschlage für das
Landwirtschaftsministerium 591 Millionen Kronen, 1923 471, 1924
351, 1926 207 und für 1927 numehr 204 Millionen. Die Ausgaben
des Ministeriums für Landwirtschaft im Staatsvoranschlage
sind produktive Ausgaben, da sie nicht den einzelnen, sondern
der Allgemeinheit zugute kommen. Trotz alledem, und wie diese
unwiderlegbaren Tatsachen beweisen, spielt das Kapitel Landwirtschaft
in dem Staatsvoranschlage eine sehr bescheidene Rolle und nimmt
keinesfalls, wie von der Gegenseite behauptet wird, die Landwirtschaft
eine bevorzugte Stellung in diesem Staate ein.
Die Deutschen dieses Staates sind in die Regierung
eingetreten um ihren Willen zur Mitarbeit an der Staatsverwaltung
zu bekunden, sie sind eingetreten, um das Unrecht, das in einer
Zeit überschwänglicher Gefühle dem deutschen Volke
zugefügt wurde wieder gutmachen zu helfen, auf Grund der
Gleichberechtigung des deutschen Volkes auf dem Gebiet des öffentlichen
und staatlichen Lebens, wovon der Ministerpräsident Švehla
in der Regierungserklärung gesprochen und was andere
führende Staatsmänner bei der Beratung des Staatsvoranschlages
im Ausschusse angekündigt haben. Wenn Herr Dr Hajn die
Zusammenarbeit der heutigen Mehrheit als eine Aussöhnung
der Führer zweier deutscher Parteien mit den Führern
gewisser èechischer Parteien bezeichnet, so mag
diese Auffassung eine Einzelerscheinung bleiben und nur die persönliche
Meinung des gegenüber den Deutschen haßerfüllten
èechischen Politikers sein, der niemals die Liebe der Deutschen
zu ihrem Volkstume begreifen wird, die aber
für eine vernünftige Zusammenarbeit und ein ruhiges
Zusammenleben der Deutschen mit der andern Nation kein Hindernis
bildet. Unser Eintritt in die Regierung war nicht abhängig
von einem Prestige oder Schaffung materieller Vorteile, sondern
geleitet von den Gedanken, daß die Zusammenarbeit die fehlende
Gleichberechtigung schaffen soll. Und gerade unser Verständnis,
daß in der Zeit schwerer wirtschaftlicher Verhältnisse
nichts unmögliches verlangt wurde, daß unsere Forderungen
ideeller Natur sind und sich auf dem Gebiete der Kultur, der Wald-
und Bodenreform, des Arbeitsplatzes, der Beamtenfrage, des Verwaltungs-
und des Sprachenrechtes, der notwendigen Lösung der dringendsten
finanziellen und wirtschaftlichen Fragen bewegen, gerade das sollte
auf èechischer Seite besonders gewertet werden.
Den Prozeß der Befriedung der Völker dieses Staates,
die Lösung seiner politischen nationalen und wirtschaftlichen
Fragen wollen wir Deutschen durch den Eintritt in die Regierung
beschleunigen. Beginnen Sie mit dem
Abbau jener Erscheinungen, die diese Zusammenarbeit und dieses
Zusammenleben der deutschen und der èechischen Nation dieses
Staates stören können und beweisen Sie uns dadurch,
daß es Ihnen mit dem Ausgleiche von Nation zu Nation ernst
ist. (Potlesk.)
Hohes Haus! Mein Vorredner scheint in großer
Verlegenheit gewesen zu sein. Er wußte nicht recht, soll
er oppositionell sein oder für das Budget reden. (Sehr
richtig!) Offen war er nur und seine wahre Natur kam zum Ausdruck,
als er die Streichung der Posten für die Arbeitslosen verlangte.
Wenn wir aber in Betracht ziehen, daß gerade in den Grenzgebieten
sehr viele Kleinlandwirte, die der Herr Böhm angeblich
vertritt, während des Winters, wo sie keinen Verdienst haben,
auf die Arbeitslosenunterstützung angewiesen sind, so ist
die Notwendigkeit dieser Streichung für ihn nur zu begreifen.
Vielleicht, wenn keine Arbeitslosenunterstützung ausgezahlt
wird, sind die Dienstboten noch billiger zu bekommen als bisher.
Es ist aber nicht wahr, daß die Landwirtschaft keine Dienstboten
bekommt. Ich bin in einer industriellen Gegend und alle Landwirte,
die ihre Dienstboten anständig behandeln, haben genügend
landwirtschaftliche Arbeitskräfte. Aber weil die Agrarier
jede soziale Gesetzgebung verhindern, weil sie Schutzgesetze nicht
einhalten, statt eine 8stündige eine 16stündige Arbeitszeit
haben, ist es erklärlich, daß jene Agrarier einen Mangel
an Dienstboten haben. (Hluk.)
Es wäre für einen Landwirt ein Vergnügen,
zu dem Kapitel Landwirtschaft zu sprechen, wenn man die Überzeugung
hätte, daß man wie in andern wirklich demokratischen
Staaten die Vorschläge der Opposition in Erwägung ziehen
würde. Die Landwirtschaft hat in diesem Staate ausgezeichnete
Entwicklungsmöglichkeiten. Die Produktion könnte ohne
allzu große Aufwendungen um 25% gesteigert werden. Wir haben
vor allem, und das ist die Grundbedingung, eine intelligente und
fleißige Landbevölkerung.
Wir haben zwar viel mageren, doch auch viel
guten Weizenboden, die besten Hopfenanlagen, erstklassigen Rübenboden.
Wir haben Zehntausende bescheidene strebsame Kleinlandwirte, welche
geduldig mit großer Mühe und Fleiß dem hochgelegenen
rauhen Gebirgslande im Böhmerwald, Erzgebirge und Riesengebirge
immer noch Erträge abringen.
Der Staat sollte sich glücklich schätzen,
solche Landwirte zu haben. Die Pflicht des Staates wäre es,
den wirtschaftlich Schwachen entgegenzukommen, mit allen Mitteln
und der größten Objektivität solche schwer ringende
Menschen zu unterstützen und ihre Betriebe zu fördern.
Das Landwirtschaftsministerium hat in dieser Hinsicht seine Pflichten
nicht erfült, im Gegenteil, man hat den Kleinlandwirten verhältnismäßig
höhere Steuern vorgeschrieben als den Großagrarien.
Den Beweis hiefür haben wir wiederholt in diesem Hause erbracht.
Besonders aber sollte sich das Landwirtschaftsministerium
hüten vor Parteilichkeit und Einseitigkeit, insbesondere
in nationaler Hinsicht. Aber gerade hier müssen dem Landwirtschaftsministerium
die schwersten Vorwürfe gemacht werden. Ich will nur einige
Daten herausgreifen. So wurden dem Landeskulturrat von Böhmen
zur Anschaffung und Subventionierung von landwirtschaftlichen
Maschinen und Geräten ein Betrag von 400.000 Kronen im Vorjahr
laut Voranschlag zugewiesen. Von diesem Betrage entfallen
auf die deutsche Sektion im allergünstigsten Falle 40.000
Kè, während auf das Gebiet der èechischen Sektion
360.000 Kronen entfallen. Das bedeutet eine ungeheuere Benachteiligung
der Deutschen, wenn man in Betracht zieht, daß von den landwirtschaftlichen
Betrieben ein Drittel deutsch ist.
Noch deutlicher wird die Einseitigkeit des
Ministeriums bei der Aktion zur Förderung der Elektrifizierung
des flachen Landes bewiesen. Diese Aktion wurde im Jahre 1924
vom Landwirtschaftsministerium eingeleitet und verfolgt den Zweck,
die Elektrifizierung des flachen Landes durch Gewährung von
Beiträgen zu den Kosten des Ausbaues der sekundären
Leitungen, der Hausanschlüsse, sowie der Transformatorenstationen
zu fördern. Die Höhe der Unterstützungen wurde
mit 20 bis 40% der Bausumme bemessen. Ausnahmsweise kann
die Unterstützungssumme 50% betragen. Nach einer Statistik
des Herrn Sektionschefs Dr. Ing. Horák im Landeskulturrat
èechische Sektion wurden bis Ende 1925 an Unterstützungen
3,350.219 Kè ausgezahlt. Bewilligt wurden
im ganzen bis zu diesem Zeitpunkte 10,786.741 Kronen, wovon auf
Böhmen 6,261.307, auf Mähren 1,559.441, auf Schlesien
441.963 und auf die Slovakei 2,543.760 Kronen entfallen.
Von der deutschen Sektion des Landeskulturrates
für Böhmen wurden dem Landwirtschaftsministerium bis
Ende 1925 52 Gesuche um Unterstützung und im Jahre 1926 bis
zum heutigen Tage 14 Gesuche vorgelegt. Bewilligt wurde hievon
bis Ende 1925 in 8 Fällen ein Gesamtbetrag von 306.674 Kronen,
wovon 226.674 Kronen ausgezahlt wurden. Im Jahre 1926 wurden
in einem weiteren Falle 24.080 Kronen bewilligt, welche bisher
nicht ausgezahlt wurden. Von dem erwähnten Betrage von 6,261.307
Kè, der bis Ende 1925 für Böhmen bewilligt wurde,
entfallen demnach auf das Tätigkeitsgebiet der deutschen
Sektion nur 4,9%, auf das der èechischen Sektion 95,1%.
Einem Berichte in den Mitteilungen der böhmischen
Sektion des Landeskulturrates für Böhmen ist zu entnehmen,
daß im Tätigkeitsgebiet der böhmischen Sektion
bewilligt wurden: im Jahre 1924 für 24 Gesuche 657.000
Kronen, im Jahre 1925 für 130 Gesuche 5,356.696 Kè,
im Jahre 1926 für 55 Gesuche 1,369.130 Kè, zusammen
7,382.826 Kc. Wenn wir diesen Betrag mit dem für die Tätigkeit
der deutschen Sektion insgesamt bewilligten Betrag von 330.754
Kronen vergleichen, so ergibt sich, daß
das Tätigkeitsgebiet der deutschen Sektion nur 4,5% des Betrages
erhalten hat, während dem Tätigkeitsgebiet der böhmischen
Sektion 95,5% zugewendet wurden. Dieser Vorgang ist einseitig,
ungerecht und auch unvernünftig, bei einem solchen Vorgang
ist der Protektion und Korruption Tür und Tor geöffnet.
Ähnlich liegen die Verhältnisse in
den anderen landwirtschaftlichen Fächern. Als Sozialdemokraten
fordern wir ohne jede Parteilichkeit die größtmögliche
Förderung der Landwirtschaft, um die Produktion in Bezug
auf Qualität und Quantität auf das höchstmögliche
Maß zu steigern. Wir fordern den Ausbau des landwirtschaftlichen
Schulwesens für alle in der Landwirtschaft beschäftigten
Personen. Wir fordern auch den Ausbau der landwirtschaftlichen
Hochschulabteilung in Tetschen-Liebwerd. Wir fordern weiters die
größtmögliche Förderung der Meliorationen,
des Maschinenwesens, der Viehzucht und des Pflanzenbaues, ohne
nationale Voreingenommenheit. Weiters Wildbachverbauungen und
Flußregulierungen, die Errichtung von Beispielswirtschaften
und Musterdüngestätten. Hunderte Millionen Kronen gehen
durch die unrationelle Düngerbehandlung verloren.
Das Genossenschaftswesen ist auszubauen, insbesondere
die Molkereigenossenschaften. In dieser Beziehung sind wir gegen
andere Länder weit zurück. So hat Deutschland 3589 Molkereien
und 1610 Kontrollvereine. Die Milchproduktion beträgt ca
5 Milliarden Liter, der Wert der Milch beziffert sich auf 7,5
Milliarden und von diesem Quantum werden bloß 4% in Genossenschaftsmolkereien
verarbeitet. Ich verweise diesbezüglich auf den Antrag, den
ich eingebracht habe. Wir erheben also nicht nur Kritik, sondern
stellen Anträge, die, wenn sie angenommen werden, einen Schritt
nach vorwärts bedeuten.
Vor allem ist auf den Notstand in den Gebirgsgegenden,
besonders im Gebiete des Böhmerwaldes hinzuweisen. Die Kartoffelernte
ist dort fast total mißraten. Das Korn wurde durch Spätfröste
vernichtet. Es besteht die Gefahr, daß in einzelnen Dörfern
Hungerkatastrophen eintreten werden. Ich habe bereits im Landeskulturrat
einen Antrag eingebracht, in welchem das Landwirtschaftsministerium
aufgefordert wird, Erhebungen zu pflegen und Vorbeugungsmaßnahmen
zu treffen. Die von einzelnen Agrariern gemachten Äußerungen,
es gebe keinen Notstand in den Gebirgsgegenden, beruhen auf Unwahrheit
und sollen nur die Einfuhr von billigen Kartoffeln verhindern.
Diesbezüglich weise ich nochmals die Äußerungen
des Abg. Platzer zurück, welcher erklärte, die
Not sei nicht so groß, Kartoffeln seien im südlichen
Böhmerwald unverkäuflich.
Nun noch einige Worte zur Bodenreform. Es ist
eines der traurigsten Kapitel für die deutsche Landwirtschaft
in diesem Staate. Es gibt in der Geschichte wenige Beispiele,
wo soviel Gewalt verübt und Unrecht begangen wurde, wie hier.
Tausenden deutschen Kleinlandwirten wurden die Pachtgrundstücke
weggenommen. Von diesen Grundstücken ist ein großer
Teil von ihren Urahnen urbar gemacht worden. Tausende deutsche
landwirtschaftliche Arbeiter und Güterbeamte hat man entlassen,
einen großen Teil ohne Entschädigung, einen kleinen
Teil mit einer Abfertigung. Und da erlaubt sich das Regierungsorgan,
die "Prager Presse" zu berichten, das Bodenamt habe
in allen Teilen des States gleichmäßig ohne Rücksicht
auf die Nationalität die Bodenzuteilung durchgeführt
und für Kommunalzwecke Boden zugeteilt. Diese Mitteilung
ist für das Ausland berechnet. Das ist nach der Vergewaltigung
noch Spott und Hohn. Gerade das Gegenteil ist wahr. Viele Gemeinden
und Kleinlandwirte haben vom Großgrundbesitzern Boden gekauft,
haben Kontrakte gemacht, den Geometer bezahlt, müssen Zinsen
zahlen, weil sie Kapital für den Kauf aufgenommen haben und
das Bodenamt verweigert die Genehmigung der Kaufkontrakte. In
anderen Fällen verbietet das Bodenamt den Abverkauf überhaupt
an deutsche Gemeinden und Bezirke und an private deutsche Bodenwerber
im allgemeinen. Die Zuteilungen durch das Bodenamt an deutsche
Gemeinden und Bezirke sind so lächerlich klein, daß
es gar nicht der Rede wert ist, sie zu erwähnen. Nicht einmal
1% des beschlagnahmten Bodens macht die Zuteilung an deutsche
Gemeinden aus. Deutsche Bezirke haben bisher meines Wissens überhaupt
nichts bekommen. Ich will durch einige Beispiele beweisen, wie
einseitig das Bodenamt vorgeht. Die Gemeinde Kosolup hat um einen
Bauplatz zur Erbauung von Arbeiterwohnungen und um ein Stück
Grund zur Erweiterung, eventuell Neuerrichtung eines Friedhofes
angesucht. In der genannten Gemeinde herrscht eine so große
Wohnungsnot, daß Leute in Ställen und sogar in der
Totenkammer wohnen. Das ganze angeforderte Ausmaß
für diese Zwecke beträgt kaum 1 ha Boden, ist im Überflusse
vorhanden. Man hat jedoch der Gemeinde auf ihr Ansuchen nicht
einmal geantwortet trotz 4maliger Urgenz. Dagegen hat man 76 ha
Boden nur an Èechen und èechisch-nationale
Vereine zugeteilt, die nicht wissen, was sie mit dieser Menge
Boden anfangen sollen. So schaut das Entgegenkommen für die
deutschen Gemeinden aus. Das ist ein Beispiel von hunderten. Wenn
nun jemand glaubt, daß die Beamten des Bodenamtes bei der
Bodenzuteilung maßgebend sind, so ist er im Irrtum.
Die höchste Instanz in diesem Staate ist der Ústøední
výbor národní pošumavské jednoty
in Prag, dessen Präsident Primator Baxa ist. Dieser Ústøední
Výbor - es ist derselbe Národní Výbor,
der nach dem Umsturz geschaffen wurde,
es gehören ihm alle politischen èechischen Parteien
an - hat in jedem Bezirke seine Unterorganisationen und diese
bestimmen, wer Boden bekommen soll. Als ich für die vorgenannte
Gemeinde Kosolup beim Bodenamte intervenierte, wurde ich
durch den Bodenzuteilungskommissär an die èechischnationale
Organisation gewiesen, vom Bodenamtskommissär bitte. Um mich
zu überzeugen, begab ich mich in die Kanzle des Národní
Výbor pošumavská jednota oder wie die Organisation
heißt und tatsächlich erklärte
der dortige Sekretär Granta, daß er bereit sei, uns
einen Bauplatz für die Gemeinde Kosolup herzugeben - der
èechisch-nationale Sekretar eines Èechisierungsvereines
- wenn sich die Gemeinde verpflichtet, mindestens die Hälfte
von den zu schaffenden Wohnungen an
èechische Parteien abzutreten. Kosolup ist zu 75% deutsch
und wir sind der Ansicht, daß man den Bedürftigen die
Wohnungen zuteilt und nicht nach Nationalitäten unterscheidet.
Nur muß man noch beim Pøedseda anfragen - so sagte
der Sekretär. Dieser Pøedseda
war aber nicht der Vorsitzende des Bodenamtes, sondern der national-demokratische
Abg. Dr. Lukavský.
(Výkøiky.)