Meine Herren, man spricht hier des öfteren
über die Möglichkeit des Faszismus. Ist denn das nicht
der lebendige Faszismus in seiner höchsten Potenz?
Dieser Národní Výbor pošumavské
jednoty und wie sie alle heißen, entscheiden auch in anderen
politischen Fragen. Sie entscheiden über Anstellungen und
Entlassungen und kein Minister wagt es, gegen die Weisungen, die
von diesen èechischen Minderheiten ausgehen,
zu handeln.
Ich will noch auf die Ausführungen des neuen Herrn Präsidenten
des Bodenamtes Dr. Voženílek im Budgetausschuß
zurückkommen. Der Herr Präsident erklärte, daß
bei der Bodenzuteilung kein Unterschied in der Nationalität
gemacht wurde und daß nur dort Kolonisationen
vorgenommen wurden, wo sich keine angesessenen Bewerber fanden.
Und schließlich hat es an qualifizierten deutschen Bodenbewerbern
gefehlt. Das ist vom Anfang bis zum Ende eine Unwahrheit. In ganz
Böhmen, Mähren und Schlesien herrscht ungeheuerer Bodenmangel.
Und es gehört schon Mut dazu zu sagen, es habe zu wenig tüchtige
deutsche Bodenbewerber gegeben. Man hat im Gegenteil fremde
èechische Bewerber aus dem Auslande geholt, abgewirtschaftete
Landwirte, die es nicht verstanden haben, den eigenen Betrieb
zu führen, hat man gebracht, und ihnen Wirtschaften zugeteilt.
Wir nehmen an, daß Dr. Voženílek
falsch berichtet wurde, sonst müßten wir seine Ausführungen
für eine Fälschung und eine dreiste Verdrehung halten.
Warum hat man im deutschen Gebiet nicht das Zuteilungsverfahren
ausgeschrieben, warum hat man keine Orts-, Sprengel- und Distriktskommissionen
gebildet? Weil man den Boden im vorhinein nur an èechische
Bewerber verteilen wollte. Von einer Einhaltung der Gesetze ist
längst keine Rede mehr.
Um das Märchen von der objektiven Durchführung
der Bodenzuteilung zu zerstören, will ich nur einige Beispiele
anführen, wie deutsche Bewerber und Pächter behandelt
werden. Den Kleinpächtern in Trohatin im Bezirke Ronsperg
wurden die Pachtgrundstücke entzogen. Einige sind gezwungen,
ihre letzte Ziege zu verkaufen, in Erdweis wurden 40 Kleinpächtern
sämtliche Grundstücke weggenommen und derselbe
Boden an 7 Èechen verteilt. Der Zweck ist: Die Èechisierung,
die Vertreibung der Deutschen und die Vernichtung der dortigen
Schule. Dasselbe ereignete sich in den Gemeinden der Bezirke Wallern,
Winterberg. In Lippen erhielten nur Mitglieder
der Domovina und der Národní jednota pošumavská
Boden, die Deutschen wurden abgewiesen. In Mähr. Aussee wurde
der dem Fürsten Lichtenstein gehörige Boden der Národní
Jednota zur Gänze zugeteilt. Die Deutschen wurden mit ihren
Gesuchen abgewiesen. Auch der Übungsplatz der deutschen
Feuerwehr wurde der Jednota zugeteilt. Im Bezirke Tuschkau wurden
die Meierhöfe Lichtenstein, Hundschitz, Poplowitz, Radlowitz
und Lippen an Èechen und èechische Kolonisten vergeben.
Den Deutschen hat man nicht nur nichts zugeteilt,
man hat ihnen sogar noch Pachtgrundstücke weggenommen. Die
Herrschaft Belegarde, Großherrlitz hat zerstreut liegende
Grundstücke. Dieselben sind seit Jahrhunderten an Pächter
in Zattig verpachtet. Die jetzigen Pächter haben nach der
Ausschreibung um käufliche Erwerbung angesucht. Es wurde
ein Protokoll aufgenommen und den Pächtern erklärt,
sie können nun die Felder weiter bebauen. Mittlerweile hat
der Zuteilungskommissär ein Restgut bekommen und der jetzige
Kommissär will die jetzigen Pächter auf Besitzstörung
klagen, weil sie die Felder angebaut haben. Bei einer Vorsprache
im Bodenamt wurde ihnen die Türe gewiesen. In Lechwitz, Bezirk
Znaim, wurde der dortige Meierhof freihändig verkauft. Die
deutschen Landwirte boten 2,5 Millionen. Dieses Anbot wurde
nicht genehmigt. Den Hof bekam der Èeche Franz Kalab um
545.000 Kronen. In Kaltenlautsch in Mähren wurde den Bodenbewerbern
- es sind in dieser Gemeinde nur Deutsche - durch den dortigen
èechischen Oberlehrer und einen pensionierten
èechischen Wachtmeister im Auftrage der Distriktsstelle
in Olmütz mitgeteilt, daß nur jenen Bewerbern Boden
zugeteilt werden kann, welche sich verpflichten, der Národní
Jednota beizutreten und ihre Kinder in die èechische Volksschule
zu schicken. In der Tat erhielten auch
nur solche Bewerber Boden, welche sich diesen Forderungen fügten.
In Kutscherau im Bezirke Wischau hat die Národní
Jednota 10 ha Grund billig bekommen und verpachtet ihn dort an
jene Deutschen, die ihre Kinder in die èechische Schule
schicken. Der Kommissär des staatlichen
Bodenamtes ersucht um Vorschläge zur Bodenzuteilung und wendet
sich an nationale Vereine, hier der Beweis: Die Národní
Jednota severoèeská in Prag II., Vladislavova 13,
versendete am 31. Jänner 1924 unter G.-Z. 194-24 folgendes
Schreiben: "Sehr geehrter Herr! Wir erhielten von der Gebietsstelle
des Staatlichen Bodenamtes die vertrauliche Mitteilung, mittels
welcher wir von dem mit der Durchführung der Reform in verdeutschten
Gebiete betrauten Beamten Herrn Ing. Hrdlièka,
aufgefordert werden, einen verläßlichen, charakterfesten,
örtlichen Kenner zu nennen, welcher dem genannten Beamten
vollständig verläßliche objektive und sachliche
Nachrichten in Bezug auf den örtlichen Großgrundbesitz
zu geben imstande wäre. Wir ersuchen Sie daher höflichst,
die Daten über die Liegenschaften, um deren Zuteilung sich
die örtlichen Korporationen und Einzelpersonen bewerben,
und welche den Zwecken der örtlichen Minderheiten dienen,
verläßlich zu überprüfen. In das heurige
Programm fallen: Friedland, Grafenstein, Lämberg,
Neuschloß, Reichenberg, Niemes, Hainspach, Hirschberg..."
Sie sehen also den direkten Verkehr der èechischnationalen
Vereine mit dem Bodenamt. Unterschrift unleserlich. (Místopøedseda
Slavíèek zvoní).
Meine Zeit ist um, ich werde schon gemahnt.
Aber ich muß noch auf etwas aufmerksam machen. Hier habe
ich eine Zuschrift, die beweist, daß die Bodenreform nichts
anderes bedeutet, als Gewalt, Rechtsbruch, Unehrlichkeit, Korruption
und Bestechlichkeit. Das charakterisiert die Bodenreform. In diesem
Berichte - er ist aus Falkenau - heißt es: Anläßlich
einer Kommission, die unter Vorsitz des Bezirkshauptmanns Dr.
Hohls von der politischen Bezirksverwaltung Falkenau an der Eger
stattfand, äußerte sich der Vertreter der Herrschaft
Olga Haas in Mostau, Oberförster Starošek, die Herrschaft
Mostau wird weder enteignet, noch beschlagnahmt. Enteignet wird
nur, wer - nicht schmiert, und wir haben sehr gut geschmiert.
(Výkøiky nìm. soc. demokratických
poslancù.) Diese an sich nicht wertvolle,
aber bezeichnende Äußerung des ersten Vertreters der
Herrschaft gewinnt aber schon dadurch an Bedeutung, wenn in Betracht
gezogen wird, daß diese Herrschaft, die über 1800 ha
mißt, vom Zuteilungskommissariat bisher vollständig
ausgeschaltet wurde, obzwar das Ausmaß an Wiesen und Felder
über 600 ha beträgt. Die Ansuchen von Gemeinden und
Privaten um Bodenzuteilung blieben bisher alle unerledigt und
alle vom Zuteilungskommissariat gestellten Fristen um Zuteilung
oder Aufteilung sind bisher nicht eingehalten worden.. Die Äußerung
des Oberförsters gewinnt aber noch mehr an Bedeutung durch
den Umstand, daß die Gutsherrschaft Olga Haas bisher von
dem bisher verhafteten Dr. Eisler in Prag beim Bodenamt vertreten
wurde. Jeder einzelne Fall der Vergebung der Restgüter und
Zuteilung birgt Korruption in sich.
Wenn man alle Juristen, die sich an der Bodenreform
beteiligt haben, die ihre Interessenten vertreten haben, verhaften
würde, so wäre das ein gewaltiger Abbau bei den Juristen.
Aber es ist charakteristisch, daß man eben schon
- und das beweist dieser Brief mit Bestechungen vorgehen muß,
wenn man mit dem Bodenamt überhaupt in Verkehr treten will.
Glauben Sie ja nicht, daß aus dieser Eisler-Hodžaaffäre
viel gemacht werden wird. Die größte Sorge wird sein,
wie man den Eisler wieder aus dem Arrest herausbringt,
damit nicht andere hineinspazieren müssen. Sie sehen ja wie
die Verhandlungen geführt werden. Man findet nicht einmal
den Urheber, der den Gesetzestext gemacht hat. Man wende sich
doch an den Herrn Abg. Lukavský, der doch den Antrag
eingebracht hat. Man soll ihn einsperren, dann wird schon herauskommen,
wer den Text gemacht hat. Aber die maßgebenden Herren wissen
genau, wie sich die Sache verhält. Es ist eben so, daß
sich die Herren die größte Sorge machen, wie sie die
Affäre aus der Welt schaffen können.
Unter diesen Umständen können wir
selbstverständlich für den Voranschlag nicht stimmen.
Unser Votum wird ein Mißtrauensvotum und Protest gegen die
Regierungsvorlage sein. (Potlesk nìm. soc. demokratických
poslancù.)
Hohes Haus! Die Stellungnahme meiner Partei,
der deutschen Gewerbepartei, zum Staatsvoranschlage ist nicht
allein durch die Entwicklung der innenpolitischen Ereignisse gegeben,
sie ist vielmehr diktiert durch die derzeitige wirtschaftliche
Lage unter der auch insbesondere der Gewerbe- und Handelsstand
leidet.
Wenn wir auch heute den Regierungsparteien
zugezählt werden, so ist damit nicht gesagt, daß wir
in dieser Gemeinschaft kritiklos alles hinnehmen, was von der
Regierung oder von einer verbündeten Gruppe verlangt wird,
sondern gerade unsere Teilnahme an der jetzigen Regierungsmehrheit
muß so verstanden werden, daß wir verhüten wollen,
daß neues Unrecht, ob nun auf nationalpolitischem, sozialpolitischem
oder wirtschaftlichem Gebiete geschehe, ja, unsere Aufgabe muß
vielmehr darin liegen, daß altes Unrecht des früheren
Regimes gutgemacht wird.
Mit Rücksicht auf die kurze mir zur Verfügung
stehende Zeit, kann ich zum Staatsvoranschlage nicht alles das
sagen, was notwendig wäre, ich muß mich vielmehr darauf
beschränken, in Kürze die Forderungen des deutschen
Gewerbes und Handels zu skizzieren.
Der gute Wille des Finanzministers auf allen
Gebieten der staatlichen und öffentlichen Verwaltung zu sparen,
soll nicht in Zweifel gezogen werden, trotzdem drängt sich
uns aber die Vermutung auf, daß der Herr Finanzminister
gerade für unsere Belange wenig Geld übrig hat und mit
dem Sparen dort einsetzt, wo er es nicht tun sollte.
Wir sind nicht engherzig, wir vergönnen
der Landwirtschaft, wenn sie durch den Staat gefördert wird,
wir sind nicht antisozial und haben eine Verständnis dafür,
daß der Staat für die sozialen Forderungen der Arbeiterklasse
bestimmte Opfer bringen muß. Es darf aber nicht unbeachtet
bleiben, daß der Gewerbe- und Handelsstand in diesem Staate,
insbesondere in den historischen Ländern, ein Kulturfaktor
ist, daß es im gesamtstaatlichen Interesse liegt, daß
diese bedeutendste Säule des erwerbenden und schaffenden
Mittelstandes wirtschaftlich stark erhalten bleibt. Die Entwicklung
der Technik der letzten Jahre bringt es mit sich, daß von
uns eine ausgiebige Gewerbeförderung in der Abhaltung von
technischen Kursen und Vorträgen für den Gewerbestand
gefordert werden muß.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse gebieten
es, daß der Gewerbetreibende und Handwerker nicht nur auf
dem Gebiete der Kalkulation, sondern auch mit der Gewerbe- und
steuerrechtlichen und insbesondere sozialpolitischen Gesetzgebung
vertraut sein muß. Es muß deshalb das Schwergewicht
unserer Gewerbeförderung in der Veranstaltung solcher Kurse
liegen.
Die Beträge, die für diese oder ähnliche
Zwecke im Staatsvoranschlag eingesetzt sind, sind geradezu lächerlich
und können unsere Wünsche nicht befriedigen.
Wir wünschen, daß das Gewerbeinstruktorat
im Handelsministerium, an dessen Spitze ein bewährter Fachmann
steht, ausgebaut werde. Von einem Instruktorat, das im Waldsteinpalais
in Prag residiert, wird der Gewerbestand nicht viel haben. Wenn
man exponierte Instruktorate für die Slovakei schaffen will,
dann müssen auch solche für die historischen Länder
errichtet werden. Es ist uns bekannt, welche bedeutenden Dienste
gerade diese Institutionen im alten Österreich dem Gewerbestande
geleistet haben sie waren deshalb populär, weil in jedem
Kronland ein Instruktor saß, der in steter Verbindung mit
den Gewerbegenossenschaften stand. Das alte Österreich hat
in Mähren und Böhmen je ein deutsches und ein èechisches
Instruktorat errichtet, dem als Hilfskräfte intelligente
Handwerker als Wanderlehrer zugeteilt waren.
In diesem Sinne stellen wir uns ein Gewerbeinstruktorat vor und
wünschen, daß man je ein deutsches Instruktorat für
Böhmen und eines für Mähren und Schlesien errichte,
denen selbstredend deutsche Beamte und Hilfskräfte aus dem
Gewerbestande als Wanderlehrer zugeteilt werden.
Auf dem Gebiete des gewerblichen Fortbildungsschulwesens
wünschen wir den Ausbau desselben nach der fachlichen Richtung.
Die Unterrichtszeit soll im Einvernehmen mit den Arbeitgebern
geregelt werden, der Sonntagsunterricht soll aufrecht bleiben.
Wir legen großen Wert darauf, daß besonders die fachlichen
Fächer an den Fortbildungsschulen durch intelligente Gewerbetreibende
vorgetragen werden, dort, wo es möglich ist, auch die kaufmännischen
Fächer, eine ausgiebige Subventionierung unseres Fortbildungsschulwesens
ist unerläßlich. Die Strafgelder für Gewerbeübertretungen,
die früher den Bezirkskrankenkassen zukamen, fließen
nun in einen gemeinsamen Fonds im Unterrichtsministerium und sollen
für Zwecke der Förderung des gewerblichen Fortbildungsschulwesens
verwendet werden. Wir verlangen, daß die Aufteilung dieser
Gelder in der Weise geschieht, daß die Beträge auch
jenen Bezirken zugewendet werden, aus denen sie stammen.
Die Errichtung eines Landesgewerberates für
Schlesien mit national-getrennten Sektionen liegt uns am Herzen,
genau so wie ich die Forderung des Kollegen Stenzl im Voranschlagsausschuß
wiederholen muß, daß der Landesgewerberat für
Böhmen in zwei nationale Sektionen geteilt werde. Wenn der
Landesschulrat, Landeskulturrat, die Pensionsanstalt national
geteilt sind so ist auch unsere Forderung auf nationale Teilung
des Landesgewerberates berechtigt, weil wir ja in Mähren
sehen, daß zwei nationale Sektionen nebeneinander friedlich
leben können.
Die Frage der Handelskammerreform muß
endlich einmal in ein ernstes Stadium treten. Wir stehen auf dem
Standpunkt der Sektionierung der Kammern in eine Gewerbeeine Handels-
und eine Industriesektion mit einem gemeinsamen Zentralkollegium,
wie es bereits das österreichische Kammergesetz beispielgebend
durchgeführt hat. Wenn wir auch die Bedeutung unserer Industrie
nicht unterschätzen und einschränken wollen, so müssen
wir verlangen, daß bestimmte Kammern für die Forderungen
des Handwerks dieselbe Verständnis aufbringen, wie für
jene der Industrie. Das Wahlrecht in den Kammern kann nach unserer
Überzeugung kein gleiches sein, es muß ein Pluralwahlrecht
sein das jeder Gruppe ihren Besitzstand und Einfluß proportionell
sichert.
Ich muß auch bei dieser Gelegenheit verlangen,
daß die Frage der Sonntagsruhe im Einvernehmen mit den Organisationen
des Gewerbes endlich einmal geregelt werde. Der sozialpolitische
Ausschuß hat die Einberufung einer Enquete beschlossen und
wir verlangen, daß zu derselben nicht nur die Vertreter
der Kaufmannschaft und des Gewerbes, sondern auch in der Gruppe
der Konsumentenvertreter die landwirtschaftlichen Organisationen
beigezogen werden. Es ist nicht richtig, daß über die
Frage der Sonntagsruhe das Ministerium für soziale Fürsorge
entscheidet, wir stehen vielmehr auf dem Standpunkt, daß
diese Angelegenheit in das Ressort des Handelsministeriums gehört.
Es ist notwendig, daß der Befähigungsnachweis
für das Gastgewerbe endlich einmal Gesetz wird und daß
auch ein gleiches Gesetz für die Handelsgewerbe geschaffen
wird. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb muß endlich
einmal verwirklicht werden.
Unsere sozialpolitischen Forderungen sind soweit
sie die Novellierung der Sozialversicherung der Arbeiter und jener
der Selbständigen betreffen, bekannt. Wir verlangen die Ausscheidung
der Lehrlinge und der Familienmitglieder der Gewerbetreibenden
aus der Alters- und Invaliditäts-Versicherung, wir verlangen
die Parität in der Verwaltung der Versicherungsanstalten,
die Aufrechterhaltung und Wiedererrichtung neuer Genossenschaftskrankenkassen.
Wir verlangen weiters, daß die angehäuften Gelder der
Zentralversicherungsanstalt der Volkswirtschaft unter gerechter
Berücksichtigung der nationalen Zugehörigkeit zugute
kommen. Wir verlangen, daß das Nachtbackverbot für
die Bäcker aufgehoben werde.
Immer und immer müssen wir feststellen,
daß unser Gewerbestand bei Vergebung der staatlichen Lieferungen
nicht entsprechende Berücksichtigung findet. Gerade bei der
Behandlung des Staatsvoranschlages muß ich darüber
Beschwerde führen und verlangen, daß bei der Aufrechterhaltung
der sogenannten 75%igen kleingewerblichen Quote an staatlichen
Lieferungen der deutsche Gewerbestand nach seiner Zahl, Steuerkraft
und Leistungsfähigkeit entsprechende Berücksichtigung
finde. Es muß als ein Ding der Selbstverständlichkeit
gelten, daß bei staatlichen Bauten vor allem die bodenständigen
Gewerbetreibenden Berücksichtigung finden müssen.
Was die Gruppe 2 "Eisenbahnen" anbelangt,
möchte ich gerade den jetzigen Eisenbahnminister, der ein
Gewerbetreibender ist, bitten dahin zu wirken, daß die gewerblichen
Werkstätten der Eisenbahnbediensteten eingeschränkt
werden, weil sie durch die Begünstigungen, die sie bei freier
Fracht und Steuerfreiheit genießen, dem Kleingewerbe ungeheueren
Schaden bereiten.
Wir verlange nicht, daß den Eisenbahnbediensteten
und ihren Familien die Regiekarten genommen werden, wir wünschen
nur, daß die Regiekarten dann weggenommen oder eingeschränkt
werden, wenn die freien Fahrten auf den Bahnen dazu benützt
werden, um durch irgendwelchen schwunghaften Handel mit Lebensmitteln
oder anderen Bedarfsartikeln dem soliden Geschäftsmann unnütze
Konkurrenz zu machen.
In nationalpolitischen Beziehung verlangen
wir, daß in Städten, in denen die Minderheiten 20 Prozent
betragen, doppelsprachige, d. h. auch deutsche Anschriften angebracht
werden, aber auch dort, wo ein internationales Publikum verkehrt.
Ich verweise auf Brünn, eine Stadt mit einer großen
deutschen Minderheit, in der der Bahnhof bis heute immer einsprachige
Aufschriften hat. Wir verlangen die Aufhebung der Wuchergesetze,
nicht deshalb weil der Gewerbestand oder der Kaufmann diese fürchtet,
sondern weil wir in der Handhabung dieser Bestimmungen durch die
sogenannten Wucherorgane nichts anderes sehen, als eine unnütze
Belästigung des Gewerbestandes. Sollten im Rahmen der Novellierung
der Wehrvorschriften Begünstigungen für Besitzer geerbter
Landwirtschaften oder Söhne von Landwirten in der Form einer
Ersatzreserve, wie sie im alten Österreich bestand, geschaffen
werden, so verlangen wir die gleichen Begünstigungen für
die Erben gewerblich er Betriebstätten und für die Söhne
der Gewerbetreibenden.
Das Gesetz über die Bauförderung
muß endlich einmal verwirklicht werden. Es muß losgelöst
werden von den Bestimmungen über den Mieterschutz. Wir wünschen
die Realisierung dieses Gesetzes deshalb, weil die Baubewegung
stockt und unsere Bauhandwerker Beschäftigung finden müssen.
Der vorgelegte Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form ist für
uns unannehmbar. Bei dieser Gelegenheit wird es notwendig sein,
daß die Sicherstellung der Forderungen der Bauhandwerker
gesetzlich festgelegt werde.
Wenn ich mich mit den sogenannten Sprachenverordnungen
befasse, so will ich feststellen, daß wir den ganzen Komplex
dieser Verordnung im Großteile aufgehoben wünschen.
Was wir aber mit aller Entschiedenheit verlangen müssen,
ist die Beseitigung des Art. 91, der die Sprachenfrage bei den
Verbänden, und insbesondere des Art. 93, der die Sprachenfrage
bei den Gewerbegenossenschaften regelt.
Man könnte es verstehen, daß man
doppelsprachige Verhandlungen in einer Gemeindevertretung ein
führt, wenn eine qualifizierte Minderheit vorhanden ist,
man kann es aber nicht fassen, wie man freiwillige Verbände
und Gewerbegenossenschaften in den Zwang von Sprachvorschriften
eingekleidet hat. Wenn man dies schon getan hat und unter dem
Drucke des Herrn Kramáø
tun mußte, dann hätte
man vielleicht die Sprachenfrage bei jenen Genossenschaften einführen
können, die eine 20%ige Minderheit aufweisen, es ist aber
geradezu unerhört, wenn man einer Gewerbegenossenschaft,
die im geschlossenen deutschen Sprachgebiet liegt - und dieses
geschlossene Sprachgebiet gibt es - eine doppelsprachige Geschäftsführung
vorschreibt oder wenn man bei Genossenschaften, die nicht
ein èechisches Mitglied haben, verlangt, daß Gesellenbriefe
und Zeugnisse doppelsprachig und in der Staatssprache an erster
Stelle bei sonstiger Bestrafung des Vorstandes ausgestellt werden
müssen. Aus solchen Bestimmungen weht nicht der demokratische
Geist von dem so viel gesprochen wird und ich kenne selbst èechische
Verwaltungsbeamte, die gerade diese Bestimmung für eine geradezu
unsinnige Härte bezeichnet haben.
Wenn ich mich nun zum Schlusse mit dem Steuergesetzentwurfe
des Finanzministers Engliš befassen will, so muß
ich im Namen meiner Partei erklären, daß wir dafür
zu haben sind, wenn mit dem bisherigen unhaltbaren Steuersystem
aufgeräumt wird. Wir erkennen an, daß die vorgelegten
Steuergesetze eine finanztechnisch gute Arbeit sind, und daß
der Finanzminister die Absicht hat, eine radikale Reform durchzuführen.
Die Steuergesetze sind unzweifelhaft ein großes Werk und
gerade für unseren Stand, der unter dem jetzigen Steuerdruck
ächzt, von ungeheurer Bedeutung. Sie bringen einige gute
Neuerungen, beinhalten aber Härten, die für uns in der
gegebenen Form als unannehmbar erscheinen. Es wäre verhängnisvoll
wenn man dieses große Werk, das man Jahre hindurch vorbereitet
hat, in einigen Tagen oder Wochen durchpeitschen wollte. Wohl
hat man den Interessentengruppen seinerzeit den Referentenentwurf
zum Studium unterbreitet, nicht aber den geänderten Regierungsentwurf.
Wir würden es deshalb wünschen, daß gerade die
Steuergesetze und das Gesetz, das die Finanzen der Selbstverwaltungskörper
regelt, mit Zeit und Muße gründlich studiert von Fachleuten
begutachtet und durch beraten werden. Wenn wir Jahre hindurch
auf die Steuerreform gewartet haben, dann wird es auf einige Monate
nicht mehr ankommen. Wir haben gesehen, daß das Gesetz über
die Sozialversicherung, lediglich um den sozialistischen Parteien
ein Wahlprogramm zu bieten, mit ungeheuerer Hast durchgepeitscht
wurde, und sehen heute, daß das Gesetz, kaum daß es
verwirklicht wurde, einer gründlichen Novelierung bedarf,
die nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Arbeitnehmer wünschen.
Eines müssen wir aber schon heute erklären,
daß wir nicht zugeben werden, daß durch das neue Steuergesetz
eine Belästigung der kleinen Kaufleute und Gewerbetreibenden
durch die Revisionskommissionen einsetze.
Ich habe nun, soweit es mir möglich war
und mit Rücksicht auf das große Auditorium ist es auch
nicht weiter notwendig - all das angeführt, was ich als die
ernstesten Forderungen meines Standes hier im Rahmen der Budgetdebatte
vorzubringen hatte. Wir wollen im Rahmen der jetzigen Regierungsmehrheit
versuchen, vor allem auf administrativem Wege, dann durch Einfluß
auf die Gesetzgebung, daß diese Forderungen erfüllt
werden. Darin sehen wir unsere Aufgabe, die wir als Mitglieder
der jetzigen Mehrheit für unseren Stand zu erfüllen
haben. Und für diese Arbeit verlangen wir Verständnis
in Kreisen des deutschen Gewerbes und Handels. (Potlesk.)