Pátek 11. èervna 1926

5. Øeè posl. Nitsche (viz str. 1693 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Schon seit Wochen tobt der Kampf über die Zollfrage, die besten Köpfe von hüben und drüben haben verschiedenes statistisches Material zusammengetragen und Vergleiche angestellt, wie die Zölle der einen Klasse schaden und der anderen nützen werden. Nun, diese Angelegenheit kann ich als Vertreter der deutschen Landwirtschaft in der Ostslovakei kurz beantworten, daß ich und wir Agrarier keine Zölle benötigen, wenn Sie die Industriezölle aufgeben, wenn Sie uns die vernichtete Industrie zurückgeben, wenn Sie uns den Fremdenverkehr wieder herstellen, wie er war, wenn Sie die Frachttarife mäßigen und mildern und die große Steuerlast, die uns drückt, beheben. (Posl. de Witte: Was sollen die Arbeiter tun?) Fürchten Sie sich nicht, ich werde darauf zurückkommen. In der Ostslovakei bei uns gilt nicht der Wahlspruch: Das Brot wird um 5 Heller teurer, dort drückt uns die Frage: Gebt uns Brot. (Výkøiky komunistických poslancù: Bekommt jemand Brot von Ihnen gratis?) Auch. Wie steht es in der Ostslovakei? Wir hatten dort einen Lokalkonsum. Eine blühende Industrie nahm unserer Landwirtschaft ab, was sie produzierte. Heute ist die Industrie nicht mehr dort, daher fehlt uns die Verwertungsmöglichkeit. Meine Herren, wenn Sie auf der Eisenbahn von Prag nach Kaschau fahren, werden Sie ein trauriges Beispiel unserer Wirtschaftspolitik sehen, ein großes Industrieunternehmen in Trümmern, das einst blühend war und diese Trümmer... (Hluk komunistických poslancù. - Výkøiky posl. Kreibicha).

Místopøedseda inž. Dostálek (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Nitsch (pokraèuje): Das waren die Konsumenten der landwirtschaftlichen Produktion, die armen slovakischen Gemeinden, die Bauern aus der Umgebung, aus den Bergen, die versorgten das große Industrieunternehmen mit Butter, Milch und Eiern, heute aber haben alle diese Leute für ihre Produkte keine Abnehmer mehr. (Výkøiky: Und die Zölle sollen helfen?) Ich komme dazu, Sie brauchen sich nicht zu fürchten. Krompach wurde vernichtet, das Eisenwerk abgetragen, daß es nie mehr in Betrieb gesetzt werden kann. Durch die Abtragung dieses Werkes ging eine ganze Gegend zugrunde, das Tal, welches sich dort anschließt. Die ganze kleine Eisenindustrie im Göllnitz-Tale, welche von Krompach ihre Rohmaterialien beschaffte, wurde konkurrenzunfähig, da sie die hohen Frachtsätze aus Witkowitz nicht ertragen kann. Tausende und Tausende Arbeiter lebten von der Industrie, die Lebensmittel für diese Arbeiter wurden von den slovakischen Landwirten geliefert. Ich werde Ihnen ein Beispiel vorführen, das traurigste aus der Ostslovakei. Krompach erzeugte im Jahre 1913 12.000 Waggons Eisen und benötigte dazu 26.400 Waggons Erz, 14.000 Waggons Koks, 35.000 Waggons Kohle, 10.000 Waggons Kalk. Es arbeiteten dort 3000 Arbeiter und 105 Beamte, insgesamt lebten von diesem Werke 20.000 Leute. Die Konsumenten der Landwirte und damit die Landwirte selbst sind zugrunde gegangen. (Hluk komunistických poslancù.) Gerade so erging es auch den anderen Unternehmungen. Eine große Bauschlosserei, welche im Jahre 1922 401.846 kg Material erzeugte, erzeugte im Jahre 1925 nurmehr 182.271 kg, also ein Drittel. Eine Schienennägelfabrik in Wagendrüssel erzeugte im Jahre 1913 mit 57 Arbeitern 41 Waggons Ware, im Jahre 1925 mit 36 Arbeitern 22 Waggons. Es ist die einzige Schienennägelfabrik der Slovakei, sie kann trotzdem keine einzige Lieferung von den Staatsbahnen erhalten und arbeitet infolgedessen nur 3 Tage.(Rùzné výkøiky posl. Kreibicha.) Das kümmert Sie nichts, lassen Sie mich ausreden. (Výkøiky posl. Kreibicha.)

Místopøedseda inž. Dostálek (zvoní): Prosím pana posl. Kreibicha, aby zachoval klid.

Posl. Nitsch (pokraèuje): Noch schlechter stehen die Verhältnisse in der Textilindustrie. Eine Textilfabrik in Kesmark beschäftigte 1913 650 Arbeiter und 500 Heimarbeiter, heute beschäftigt dieselbe 180 Arbeiter. Die Spinnerei mit 150 Arbeitern wurde aufgelassen. Die Bergwerke, welche im Jahre 1913 6,248.803 q Erz mit 3862 Arbeitern förderten, fördern heute gerade ein Drittel. Und so geht es weiter. Obwohl das Zipser Eisenerz das beste ist, das 38% Ferrum enthält und das vor dem Kriege 70% des Inlandbedarfes deckte, deckt es heute nur 35% desselben. Suchen wir die Ursachen des großen Rückganges dieser Industrie, so finden wir, daß sie vor allem von dem natürlichen Absatzgebiet abgeschnitten wurde und daß sie heute den Markt, das Absatzgebiet nicht mehr hat, infolge der hohen Steuern, der sozialen Lasten, und vor allem, weil die Slovakei von den 1300 Mill. Auslagen, die im Budget für Investitionsanschaffungen für das Jahr 1924 vorgesehen sind, nur 49,649.000, also 4% erhielt. Im Jahre 1925 erhielt sie von 953 Mill. nur 51 Mill, also 5.5%. Ich habe diese Sachen nur deswegen angeführt, um Ihnen den Beweis zu erbringen, (Výkøiky komunistických poslancù.) - Sie brauchen sich nicht aufzuregen - daß durch diesen Rückgang der Industrie auch der Landwirtschaft jedwede Absatzmöglichkeit fehlt. (Posl. dr Gáti: Das stimmt, aber werden die Zölle helfen? - Posl. Kreibich: Wird sich der Absatz heben?) Wenn das Gebiet in diesen Zustand gekommen ist, dann müssen wir eben dafür sorgen, daß die Landwirtschaft andere Absatzgebiete findet, daß sie nicht zugrunde geht. Vor dem Kriege war das Absatzgebiet der Ost-Slovakei für Gerste, Fleisch und Kartoffeln das mährisch-schlesische Kohlenbecken. Die Zipser Gerste nur die kommt für den Export in Frage wurde größtenteils in die Hannaer Mälzereien nach Prerau und Olmütz verkauft. Durch die hohen Frachtsätze aber wurde es uns unmöglich, die Konkurrenz mit der polnischen Gerste aufzunehmen und wir sind heute so weit, daß unsere Gerste zu Hause liegt und nicht verkauft werden kann, während die Gerste aus Polen hereinkommt, und das berühmte Hannaer Malz, welches der Stolz der Hanna war, wird heute aus minderwertiger polnischer Ware verfertigt. (Hluk. Výkøiky.)

Dasselbe gilt von der Viehzucht. Unser Vieh, sowohl Mastvieh als auch die Jungkühe wurden in den historischen Ländern verwertet. Dank der hohen Frachttarife ist dies heute nicht mehr möglich, denn das Ausland überschwemmt uns ganz. Im Jahre 1920 war die Einfuhr 24.550 Stück, im Jahre 1922 betrug sie 33.660 und im Jahre 1925 wurden 597.252 Stück eingeführt. (Hluk komunistických poslancù.) Die Herren brauchen sich nicht lustig zu machen. Das sind sehr traurige und interessante Daten. Man wird annehmen, daß das fremde Vieh ohneweiters hereingelassen wird. Die Hauptsache aber ist nicht, was auf legalem Wege hereinkommt, sondern das, was auf illegalem Wege, auf dem Wege des Schmuggels, hereingebracht wird, denn es bereitet große Schwierigkeiten, eine so lange Grenze zu bewachen. (Posl. Kreibich: Durch die Zölle wird noch mehr geschmuggelt werden!) Die Grenze muß eben besser bewacht werden und man darf die Grenzwache nicht restringieren. Größer als die Vieheinfuhr war die Fleischeinfuhr. Die Herren aus der Ruska-Krajina werden sich erinnern, daß an der Grenze ungeheuere Schlachthäuser aufgebaut wurden, wo das rumänische Vieh geschlachtet und das Fleisch hier verkauft wurde. (Výkøiky posl. dr Gátiho.) Die Kosten für einen Ochsen - Lebendgewicht der über die Grenze gebracht wurde, betragen 1500 Kè. Wenn man aber denselben drüben schlachtet und das Fleisch herüberliefert, kostet das ganze nur 700 Kè. Die geschickten Händler haben das ausgenützt, und nicht mehr Vieh, sondern das Fleisch herübergebracht, ja wie schon gesagt, an der Grenze Schlachthäuser errichtet. Nun, Herr Doktor, glauben Sie aber, daß Sie trotzdem das Fleisch in Užhorod billiger gegessen haben? Wir glauben nicht, denn das rumänische Fleisch kostete an der Grenze 7 1/2 bis 8 1/2 Kronen ab beliebiger Station, und Sie haben es mit 14 bis 15 Kè bezahlt. Ist also die Landwirtschaft schuld daran, daß das Fleisch teuer ist? Wir haben den Ochsen nicht teurer verkauft als das Ausland, und das hat uns eben gänzlich zugrunde gerichtet, daß uns das Vieh trotz gleicher Preise auf dem Hals bleibt.

Es ist leicht, über eine Sache zu lachen und zu spötteln, aber man muß sich an Ort und Stelle überzeugen, wie die Verhältnisse eben sind. Man muß bedenken, daß die Landwirtschaft in der Ost-Slovakei durch die riesige Einfuhr und durch die hohen Frachttarife vollkommen gedrosselt ist. Die Fracht von 100 kg Getreide kostet von Triest nach Prag 15.71 Kronen und die gleiche Fracht von 100 kg von Kaschau nach Prag beträgt 29.10 Kè, bei Rindern beträgt die Fracht per Waggon, wenn er 8 Stück enthält, 524.71 Kè, für jedes weitere Stück 18 Kè, für den Transport von Kaschau nach Prag beträgt die Fracht pro 100 kg 51.60 Kè, das macht pro Stück 258 Kè aus. Wir sehen also, daß unsere Zollpolitik so eingestellt war, daß man die ausländische Ware verwenden sollte, unsere Bauern konnten eben mit samt ihrem Vieh verhungern. Wir haben vorhin, als Dr. Dörer von diesem Platze aus gesprochen hat, gehört, daß es viel wichtiger ist, eine richtige Tarifpolitik zu treiben, als die Zölle zu betreiben. Nun frage ich Dr. Dörer - er war ja Minister für die Slovakei im Jahre 1920 - ob er diese Zustände damals kannte und warum Dr. Dörer nicht schon damals Anstalten getroffen hat und warum seine Leute, die doch stets bei der Regierung und in der Regierung waren, in dieser kritischen Frage nicht einmal geholfen haben? Wir haben gesehen, daß 7 Jahre vergangen sind und auf diesem Gebiete wurde nichts getan. (Hluk.) Die wichtigsten, die Slovakei berührenden Fragen wurden vernachlässigt und die Vernachlässigung dieser wichtigen volkswirtschaftlichen Fragen hat es verursacht, daß heute in der Slovakei eine allgemeine volkswirtschaftliche Krise herrscht. Während am 1. März 1925 in den Kronländern auf 10 km Staatsbahnen 3.94 km Privatbahnen entfielen, kamen in der Slovakei auf 10 km Staatsbahnen 8.94 km Privatbahnen, die 60.07% des Verkehrs mit ihren hohen Frachtsätzen abwickeln. Warum wurde in dieser Angelegenheit noch nichts getan? Ich weiß ganz genau, daß ein guter Volkswirtschaftspolitiker, Stodola, schon oft Enqu*ten in Preßburg einberufen hat, an denen sicher Dr. Dörer teilnahm, und wo Stodola verwirklichen wollte, daß die Slovakei dank ihrem ausgedehnten Gebiete auch den Industrie- und Konsumzentren näher gebracht werde. Wir sehen eben, daß gar nichts getan wurde und daß wir, die wir im fernen Osten der Republik wohnen, diese großen Lasten tragen müssen, die uns die Privatbahnen mit ihren hohen Frachtsätzen auferlegen. Der Ausbau der Transversalbahn Marquanz-Rothenstein ist noch im Projektstadium. Die Frage der Elektrifizierung der Slovakei ist gleichfalls eine der wichtigsten Fragen. Wenn wir annehmen, wieviel Geld für Kohle und für Fracht dafür ausgegeben wird, so sehen wir, daß diese horrenden Summen viel besser zur Ausnützung, zum Ausbau der gewaltigen Wasserkräfte der Slovakei, die auf 350.000 Kilowattstunden geschätzt sind, verwendet werden könnten. Sieben Jahre sind vergangen und nichts ist auf diesem Gebiete getan worden. Das sind die eigentlichen Ursachen dieser Wirtschaftskrise, daß wir eben durch die vorerwähnten hohen Frachtsätze unsere altgewohnten Märkte nicht aufsuchen können und mit unseren Produkten zuhause bleiben müssen. Wir sind in die Dreiländerecke hineingezwängt, wo wir auf legalem und illegalem Wege von reichen Agrarstaaten, die viele Produkte haben, mit Waren überschwemmt werden. In der Ostslovakei steht die Sache heute so, daß wir unsere Ware nicht an den Mann bringen können und daß der Bauer, wenn er mit seinen Ochsen auf den Markt geht, denselben auch wieder nachhause führt. Dort ist eben der große circulus vitiosus des Lebens: wenn es dem Landwirt schlecht geht, geht es allen schlecht und ich habe selbst gesehen, wie die Krämer und die Handwerker die Hände in den Schoß legen, wenn der Bauer nicht seinen Ochsen verkaufen und sich dafür seine Bedarfsartikel kaufen kann. (Potlesk.)

Wenn ich hier diese schwere Frage aufgeworfen habe, wie eine gesunde Volkswirtschaftspolitik geführt werden könnte, so möchte ich einmal von diesem Platze aus an Sie die ernste Mahnung richten: Schieben Sie sämtliche Eventualitäten bei Seite und probieren wir es alle, Vertreter der Slovakei, die wir hier sitzen, uns an den grünen Tisch zu setzen und dort zu beraten, wie man diese Fragen lösen und zu einem Resultat kommen könnte. (Výkøiky.) Treten wir gemeinsam und energisch für diese Sache ein. Wenn das die Herren Minister nicht tun können, so werden wir es allein tun können und werden fordern, daß diese wirtschaftlichen Fragen endlich einmal gründlich aufs Tapet gebracht und erledigt werden, damit die Volkswirtschaft der Slovakei nicht verelendet wird, denn wenn Amerika seine Grenzen öffnen würde, hätten wir bald sehr wenig Leute zuhause. (Posl. dr Gáti: Und die karpathorussische Frage?) Das überlasse ich Ihnen, Sie sind der Vertreter dafür.

Wenn ich mich heute hier für die Agrarzölle ausspreche und für sie im Namen meiner Partei einstehe und dafür stimme, so tue ich es im Bewußtsein, damit nicht nur der Verelendung des deutschen, sondern auch des slovakischen Volkes abzuhelfen. Mit dieser Frage ist aber noch nicht alles getan. Die Agrarzölle sind nur ein Tropfen ins Meer. Die Agrarzölle allein machen uns nicht glücklich. (Hluk. Výkøiky.) Fürchten Sie sich nicht, wir werden nicht dicker, fetter und reicher werden, selbst wenn der Landwirtschaft alles das gegeben wird, was eine Mehrproduktion derselben fördert und was zur Intensivierung der Landwirtschaft in der Slovakei führen wird. Dazu benötigt die Landwirtschaft in erster Reihe - und das ist das wichtigste Kapitel außer dem, was ich schon erwähnt habe - eine Regelung der Kreditfrage. Schauen Sie sich heute die Grundbücher an und Sie werden sehen, daß die Landwirte schon wieder verschuldet sind. Sie sehen aber auch, daß die Sache nicht so weiter gehen kann und daß der ungesunde Zustand aufhören muß, daß der Landwirt, wenn er Geld auf seinen Besitz braucht, Pfandbriefe kaufen und 14% für das geliehene Geld bezahlen muß. Das hält der Landwirt in seinem Betriebe nicht aus. Wenn man nicht der Landwirtschaft hilft, so können wir nichts produzieren, und wir wollen produzieren, damit uns nicht der Vorwurf von der gegnerischen Seite gemacht wird, daß wir zu faul und zu dumm sind und uns nur auf die Schutzzölle verlassen wollen. Wir wollen arbeiten, und der Bauer hat noch stets gearbeitet, es muß ihm aber geholfen werden. Es muß darüber ernstlich nachgedacht werden, daß so wie in den westlichen Staaten dem Bauer Kredit auf Mobilien, wie auf sein Getreide, auf seinen Ochsen, auf seine Kuh gegeben wird, daß er solchen Kredit auch hier billig erhält, denn der Kredit, den der Landwirt erhält, ist das sicherste und best angelegte Kapital.

Ich bin am Ende meiner Rede angelangt und kann von diesem Platze nur noch einmal aussprechen: Ich unterstütze die Zölle und zwar deswegen, weil dem Volk in der Slovakei ohne Unterschied der Nation dadurch aus seiner Verelendung herausgeholfen wird. (Potlesk.)

6. Øeè posl. Budiga (viz str. 1702 tìsnopisecké zprávy):

Sehr geehrte Herren! Im Jahre 1921 wurde durch eine Regierungsverordnung ein neuer allgemeiner Zolltarif für das èechoslovakische Zollgebiet erlassen, durch welchen die bestehenden Finanz- und Industriezölle um das 10 bis 44-fache erhöht wurden, während die landwirtschaftlichen Zölle, welche bis zum Jahre 1914 in Geltung waren und während des Krieges außer Kraft gesetzt wurden, außer Kraft blieben, so daß bis zum Jahre 1925 Mehl und Getreide zollfrei eingeführt werden konnte. Nur die Viehzölle wurden um das 3-fache erhöht. Man hat ohne Inanspruchnahme des Parlamentes und ohne daß man die landwirtschaftlichen Fachorganisationen befragt hätte, in einer interministeriellen Sitzung einen provisorischen Zolltarif festgesetzt und damit einen vernichtenden Schlag gegen die Landwirtschaft geführt, ohne auf die Forderung nach landwirtschaftlichen Zöllen Rücksicht zu nehmen. Tieftraurig ist es, wenn in einem Staate, der sich noch dazu demokratisch nennt, auf die so wichtige Landwirtschaft keine Rücksicht genommen wird. Die damals maßgebenden Regierungskreise haben diese Maßnahme angeblich aus Rücksicht auf die konsumierende Bevölkerung getroffen. Man muß sich nur wundern, daß auf der anderen Seite, wo es sich um Industriezölle gehandelt hat, keine Rücksicht auf die konsumierende Bevölkerung genommen wurde und die Industriezölle in einem übertriebenen Maße erhöht wurden, anstatt daß man auch diese Bedarfsartikel für die breiten Bevölkerungsschichten in einem bescheidenen Maße gehalten hätte. Wenn bei Festsetzung dieses Zolltarifes die Industrie- und Finanzzölle um ein Drittel herabgemindert worden wären, so hätte man der heimischen Landwirtschaft die verlangten Zölle, die ja übrigens weit hinter den bewilligten Industriezöllen zurückgeblieben sind, gewähren können, ohne daß sich der Konsum verteuert hätte.

Die damals maßgebenden Kreise ließen sich nur von dem Grundsatz leiten, die Landwirtschaft systematisch zu ruinieren. Dem permanenten Ruf nach landwirtschaftlichen Schutzzöllen glaubte die frühere Regierung dadurch Rechnung zu tragen, daß sie am 4. Juni 1925 durch eine Regierungsverordnung gleitende Zölle einführte. Seit einem Jahre sind die Preise der meisten Getreidearten um 30 bis 80% gesunken. Es ist zwar auf dem gesamten Weltgetreidemarkt eine Preissenkung zu verzeichnen, aber in anderen Staaten mit niedrigeren Gestehungskosten macht sich das bei weitem nicht so bemerkbar, wei bei uns infolge der hohen Belastung durch Steuern, Abgaben und hohen Preise, welche wir für die Instandhaltung der landwirtschaftlichen Betriebe ausgeben müssen, wodurch sich die Gestehungskosten bei uns bedeutend höher stellen, als in jenen Staaten, welche zu uns einliefern. Durch die Valutaverhältnisse ist z. B. Polen in der Lage, Getreide infolge unseres hohen Valutastandes sogar unter dem Weltmarktpreis anzubieten.

Die gleitenden Zölle haben sich als ganz nutzlos und unpraktisch erwiesen. Der in Verhandlung stehende Antrag fordert daher feste Zölle, die durch ihre Höhe ein Unterbieten des heimischen Marktes unter den Gestehungskosten der eigenen Produktion für die Zukunft unmöglich machen sollen. Unsere Viehproduktion ist durch den bisher mangelhaften Schutzzoll und durch die übermäßige Einfuhr aus dem Auslande ebenfalls schwer geschädigt worden. Aus Polen, Rumänien, Jugoslavien und Ungarn werden große Mengen von Rindvieh, Schweinen, Fett und Fleisch eingeführt und diese Produkte können infolge der Valutaverhältnisse von draußen viel billiger geliefert werden, als dies unser Landwirt tun kann. Geradezu katastrophal wirkt sich die Schutzlosigkeit der heimischen Produktion in den sogenannten gemischtbäuerlichen Wirtschaften aus, bei denen eine entsprechende Viehverwertung für die Rentabilität mit ausschlaggebend ist. Hier ist selbst die Verfütterung des gegenwärtig im Verhältnis zu den übrigen Futtermitteln billigeren Getreides nutzlos, da das heimische Vieh infolge des übertriebenen Anbotes aus dem Ausland überhaupt nicht anzubringen ist, trotzdem nur ein Durchschnitpreis von 5 Kè per kg Schlachtvieh gefordert wird, während der Fleischpreis kaum merklich herabgegangen ist.

Die Forderung nach einem entsprechenden Zollschutz wird von gewisser Seite mit der Motivierung bekämpft, daß dadurch die Lebenshaltung verteuert und damit eine allgemeine Teuerung herbeigeführt werden könnte. Diese Begründung ist aber nicht stichhältig, wenn man bedenkt, daß trotz der enormen Verbilligung des Getreides seit der letzten Ernte und trotzt Rückgang des Viehpreises keine fühlbare Erleichterung in den Preisen der Konsumartikel eingetreten ist. Wenn behauptet wird, daß der Schutzzoll durch die Preissteigerung voll zur Geltung kommt, trifft das durchaus nicht zu. Die Wirkung des Schutzzolles hängt von verschiedenen Verhältnissen ab. Wenn der Konsum die großen Getreidevorräte nicht aufzunehmen vermag, dann wird das Angebot ein derart großes sein, daß der Lieferant sogar den ganzen Zoll selbst tragen wird und das Getreide zum Weltmarktpreis, ja sogar unter dem Weltmarktpreis dem heimischen Konsum anbieten wird, nur um es loszubringen. Wenn die Behörden ihre Pflicht erfüllen und die Preisgestaltung entsprechend überwachen, indem sie geeignete Maßnahmen gegen den unreellen Teil im Zwischenhandel und das Spekulantentum treffen und auf normale Händlergewinne hinarbeiten, dann braucht sich die Lebenshaltung des Konsumenten trotz des Zolles nicht zu verteuern. Eine vierköpfige Arbeiterfamilie braucht wöchentlich ca 8 kg Mehl, wovon 2 kg auf bessere Mehlspeisen und Feingebäck 6 kg auf Brot und Küchenbedarf kommen. Durch die Einführung des in Verhandlung stehenden Schutzzolles auf Getreide und Mehl würde das Kilogramm Mehl höchstens um 20 Heller verteuert. Beim Brotmehl würde die Preissteigerung keinesfalls soviel betragen, nachdem der Bedarf an Brotmehl durch die eigene Produktion zum großen Teile gedeckt wird. Es ist eine Tatsache, daß bei uns das wahrhafte, gute Brotmehl verschmäht wird und zum großen Teil die Konsumenten sich den inhaltsschwachen Feinmehlen zuwenden. Während man in anderen Staaten die Feinsorten exportiert und vorwiegend das nahrhaftere Brotmehl konsumiert, wird bei uns verhältnismäßig viel mehr Luxusmehl verbraucht. Wenn wir für die landwirtschaftlichen Schutzzölle eintreten, so geschieht es durchaus nicht aus politischen Gründen, wir folgen nur dem Selbsterhaltungstrieb, um der Vernichtung entgegenzuwirken, welche der Landwirtschaft unter den jetzigen Verhältnissen droht. Wir brauchen keine andere Rechtfertigung für unser Verhalten. Unsere Stellungsnahme wird aber durch die ehrliche Überzeugung gestärkt, daß die Erhaltung der Leistungsfähigkeit der heimischen landwirtschaftlichen Produktion keineswegs in einseitigem Interesse der landwirtschaftlichen Bevölkerung allein gelegen sei, sondern auch im Interesse der Gesamtheit, auch im Interesse jener, die offene oder versteckte Gegner der Agrarzölle sind. Wenn der Zustand, wie wir ihn jetzt haben, weiter beibehalten wurde, so hätte das zur natürlichen Folge, daß durch die Verarmung der Landwirtschaft ein bedeutender Rückgang in der heimischen Produktion eintritt. Infolge des starken Rückganges der heimischen Produktion müßte ein großer Teil dessen, was jetzt zur Versorgung von Volk und Wirtschaft im Inlande erzeugt wird, aus dem Auslande eingeführt werden, was eine bedeutende Verschlechterung unserer Handelsbilanz mit sich brächte. Die landwirtschaftlichen Arbeiter, welche am Lande keine Beschäftigung finden, würden den Städten und Industriegebieten zuströmen und dort den Industriearbeitern Konkurrenz machen. Die Industrie, Handwerker und Gewerbetreibende würden durch die Verarmung der landwirtschaftlichen Bevölkerung ihre besten und sichersten Abnehmer verlieren. Aus diesem Grunde müßte unsere Industrie sogar Agrarzölle fordern. Wir müssen endlich den Mut haben, zur Festsetzung eines autonomen Zolltarifs zu kommen, was nicht nur im Interesse der Landwirtschaft, sondern auch in dem der Exportindustrie gelegen ist.

Beim Abschluß von Handelsverträgen mit den Agrarstaaten, die für unsere Industrie Absatzgebiete sind, werden diese für Erleichterungen bezüglich der Einfuhr von èechoslovakischen Industrieerzeugnissen nur dann zu haben sein, wenn man entsprechende Gegenkonzessionen hinsichtlich des Exports ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse machen kann. Welche Gegenkonzessionen würde nun die Èechoslovakei diesen Agrarstaaten im Interesse unserer Industrie machen können, wenn in unserem autonomen Zolltarif bisher entweder überhaupt keine oder nur ganz minimale Agrarzölle vorgesehen sind? Gegen die Einführung von Schutzzöllen wird von gewissen Seiten sehr viel Stimmung gemacht mit der Motivierung, daß bei Unterlassung der Einführung von Schutzzöllen die Lebenshaltung verbilligt wird. Daß das aber nur ein Augenblickserfolg ist und daß vielmehr die schlechteste Konsumentenpolitik jene ist, welche zur Vernichtung der heimischen Produktion und somit zur Abhängigmachung der Volksversorgung vom Auslande führt, wird von diesen Volksfreunden den Konsumenten wohlweißlich nicht gesagt.

Wir verlangen nicht nur die Einführung von festen Agrarzöllen, sondern auch die Herabsetzung von manchen übertrieben hohen Industriezöllen, damit der Konsum trotz der Wiederherstellung angemessener Agrarzölle nicht mehr belastet wird, als es heute der Fall ist. Sollte den Forderungen der Landwirtschaft nicht Rechnung getragen werden, sollte der Staat, Industrie und Konsum nicht zur Einsicht kommen, daß in ihrem eigenen Interesse auch der heimischen Landwirtschaft ein angemessener Zollschutz zugebilligt werden muß, so könnte man es der Landwirtschaft auch nicht verargen, wenn sie für den vollkommenen Freihandel, also auch für die Beseitigung aller Industriezölle einträte. Es wäre das gewiß nicht eine Forderung, welche im Interesse der gesamten Volkswirtschaft gelegen ist, sondern es wäre ein Mittel der Verzweiflung, um die Landwirtschaft vor dem gänzlichen Ruin zu retten.

Wenn sich bei Lösung der Zollfrage Bundesgenossen finden, die sonst politisch nichts gemeins am haben, so leiten uns nur jene Motive, die von unseren Vätern ererbte Scholle als freie Heimat auch unseren Kindern zu erhalten. Sollte dieser gemeinsame Weg, den Deutsche und Èechen in wirtschaftlicher Beziehung jetzt miteinander gehen, die Bahn zur politischen und nationalen Verständigung freimachen, so könnte das nur im Interesse beider Nationen gelegen sein. Waren es doch die Èechen selbst, die bei Abschluß der Friedensverträge darauf hinweisen, daß dieser Staat ohne die Deutschen nicht bestehen kann. Die Herren von der èechischen Seite sollten doch endlich einmal zur Vernunft kommen, daß sich dieser Staat durch eine chauvinistische èechisch-nationale Politik auf die Dauer nicht regieren läßt. (Potlesk poslancù nìm. køest.-sociální strany lidové.)


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