Pátek 11. èervna 1926

4. Øeè posl. L. Wenzela (viz str. 1684 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Seit den Tagen, wo hier in diesem Hause der Kampf um die Agrarzölle begonnen hat, finden wir, daß fast in allen beruflichen Organisationen der Landwirtschaft, der Arbeiterschaft und der Industrie leidenschaftlich diskutiert und agitiert wird. Ganz sonderbarer Weise ist aber in den gewerblichen Organisationen und Gewerbegenossenschaften eine eisige Ruhe. Es ist dies vielleicht nicht die Ruhe einer besonderen Zufriedenheit, sondern die Ruhe des Zuwartens seitens der zwangsmäßig organisierten Gewerbler und Handwerker, die Augen der Gewerbetreibenden sehen heute, was hier in diesem Hause vorgeht. Während sonst bei allen möglichen Fragen in den deutschen gewerblichen Organisationen ganz lebhaft diskutiert und politisiert wird, wenn es sich um die Lehrlingsurlaube, um die Sozialversicherung, um die Abschaffung der Sonntagsruhe und ähnliche Dinge mehr handelt, so ist es heute geradezu sonderbar, daß sich die gewerblichen Führer zu dem wichtigen Problem der Agrarzölle völlig ausschweigen. Wir wissen, daß der deutsche, der èechische, der ungarische und der slovakische Gewerbestand bekanntlich in den gewerblichen Genossenschaften zwangsmäßig organisiert ist und diese Zwangsorganisation zieht sich durch die ganze Èechoslovakei. Auf deutscher Seite gibt es nur im Kammersprengel Reichenberg nicht weniger als 317 Fachgenossenschaften und 271 gemischte Gewerbegenossenschaften. Wir finden da gewerbliche Organisationen der Baumeister, Buch-, Kunst- und Musikalienhändler, Drogisten, Gärtner, Holzhändler, Photographen, Rauchfangkehrer, Sodawassererzeuger, Likör- und Spirituosenerzeuger, Maler, Anstreicher und Lackierer, Vergolder, Schriftenmaler, Huf- und Wagenschmiede und hunderter anderer gewerblichen Berufe. Aus den verschiedensten Organisationen des deutschen Gewerbestandes wurde bisher immer laute Beschwerde geführt, daß gegenwärtig dem Gewerbestand die Bürde aufgeladen wurde, die indirekten und direkten Steuern in der Richtung der Produktion mit zu verrechnen und so einzukassieren. Der Gewerbestand lehnt es in allen seinen beruflichen Organisationen ab, den Steuerbüttel für die Behörde abzugeben. Heute sehen wir nun, daß in diesem Hause ein Gesetz vorbereitet wird, welches dem Staate an finanziellem Effekt wiederum 550 Millionen Kronen einbringen soll. Bisher war schon so wie so der gesamte Handwerker- und Gewerbestand damit belastet, eine Umsatzsteuer mit einzukassieren, den größten Teil dazu beizutragen, daß diese Umsatzsteuer im Betrage von 1590 Millionen Kronen hereinkomme. Dann sehen wir, daß gerade der Zucker um weit über 170 Millionen verteuert wurde, die Mineralöle wurden um 13 Millionen, die Zündwaren um den ungeheuren Betrag von 14.6 Millionen, die Kohlensteuer, die für den kleinsten Haushalt und für den gewerblichen Betrieb eine gewaltige Last bedeutet, erfordert die Summe von 300 Millionen, die Gastwirte und Kaufleute sind verpflichtet, für die Getränke, welche am flachen Lande und in geschlossenen Städten verabreicht werden, den Betrag von 257.5 Millionen Kronen abzuführen. Bei der schon bisherigen Verteuerung des Fleisches sehen wir, daß rund 113 Millionen förmlich aus den Taschen der Konsumenten herausgestohlen werden.

Und so geht es fort. Alle Realsteuern bringen dem Staate nur 232.5 Millionen ein, die Personalsteuern erfordern den Betrag von 1642 Millionen Kronen, und dieses direkte und indirekte Steuersystem hat den Gewerbestand durch das larinenartige Anwachsen aller indirekten Steuern, gerade weil er als kleiner Schaffender die Rohprodukte nach der Urquelle erst durch viele Hände kaufen muß, in seiner Existenz bedroht.

Heute haben wir die Agrarzölle zu beschließen. Wie schon der Name Agrarzölle selbst besagt, handelt es sich lediglich um die Angelegenheit einer weiteren Zollmaßnahme bei der Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten. Es besteht wohl kein Zweifel, daß diese von der Regierung geplanten Agrarzölle, wenn sie zur Durchführung gelangen, eine Erhöhung der Preise aller wichtigen Lebensmittel mit sich bringen werden. Zweifellos müssen wir die Frage aufwerfen: Wer hat denn einen effektiven Gewinn von diesen Agrarzöllen, wer wird auf der anderen Seite die Lasten dieser Agrarzölle in der Höhe von 550 Millionen Kronen tragen? Und wie steht denn eigentlich dieses Verhältnis? Die Antwort ist nicht schwer. Aus der amtlichen Statistik entnehmen wir, daß der Berufszugehörigkeit nach sich ernähren: durch die Forst- und Landwirtschaft 39.56% der Bevölkerung, durch Industrie und Gewerbe 33.8%, durch Handel, Geldgeschäfte und Verkehr 10.66%, durch Staats- und öffentliche Dienste und freie Berufe 4.34% der Bevölkerung, beim Militär sind 1.18%, durch sonstige Lohnarbeit und häusliche Dienste 10.46% der Bevölkerung. Wir sehen also, daß relativ der größte Teil der Bevölkerung der Èechoslovakei die Konsumenten sind, die als Zollträger in Frage kommen.

Zu den eigentlichen Konsumenten gehört zweifellos auch der Gewerbe- und Handelsstand. Wenn ich die Gruppe "Handels- und Gewerbestand" hier nenne, so verstehe ich darunter nicht nur den Selbständigen, der vielleicht heute schon in besseren Verhältnissen ist, sondern ich denke da an all die kleinen Gewerbler, die so schwer ringen, weniger gut situiert sind und keinen Grundbesitz haben. Ich meine hier den Schuhmacher gegenüber dem Schuhindustriellen, den kleinen Schneidermeister gegenüber dem großen Konfektionär, den kleinen Metallgewerbler gegenüber dem kartellierten Metallindustriellen, den Bäckermeister gegenüber der sogenannten Arbeiterbäckerei und der raffiniert arbeitenden Brotfabrik, jener Arbeiterbäckerei, die darauf sieht, daß das Gewerbe verschwinde, den kleinen Landfleischer gegenüber dem städtischen Großfleischer und der Wurstfabrik, den Zuckerbäcker gegenüber der Zuckerwarenindustrie, ich erinnere an die kleinen Gewerbler in Haida, im Glasgebiet, an die kleinen Gewerbler, die rund um Gablonz wohnen, wo die Bijouterieindustrie zuhause ist. Jede Krone Mehrausgabe bedeutet für diese kleinen ringenden Existenzen eine weitere Verschuldung. Wer kennt nicht die Wohnungen und Werkstätten dieser Kleingewerbler in den Städten und auf dem flachen Lande? Feuchte, finstere kleine Löcher, da hausen sie, die armen Teufel. In diesen Werkstattlöchern und auch aus elenden Wohnungen erklingt das grausame Lied des gewerblichen Elends. Wer die Verhältnisse der kleinen schaffenden Menschen in dieser Hinsicht kennt, weiß, was es bedeutet, wenn in dieser Hinsicht eine Belastung eintritt.

Wie immer man die Gesetzesvorlage über die Zölle betrachten mag, darüber muß man sich im Klaren sein, daß es eines der tief einschneidendsten Wirtschaftsgesetze ist, das jemals in diesem Hause vorgelegt wurde. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß die allerwichtigsten Lebensmittel und Bedarfsgüter durch diese Schutzzölle stark verteuert werden und daß diese neue Verteuerung allen erwerbenden Ständen große Lasten aufbürden wird.

Wenn ich heute als Vertreter des deutschen Gewerbes, dem ich entstamme und der vor allem anderen die engste Fühlung mit den führenden gewerblichen Genossenschaftsorganisationen hat, hier das Wort ergreife, dann ist die erste Frage: Wie wird sich das Zollgesetz auf die Tausenden von Handwerker- und Gewerbeexistenzen auswirken? Welche Veränderungen in der Wirtschaft des Handels- und des Gewerbetreibenden werden die Zollsätze hervorrufen? Es wird seitens der Bauernschaft die Meinung vertreten, es sei für einen Gewerbetreibenden doch ganz leicht, diese neuen Lasten, die die Zölle mit sich bringen, auf die Produktionskosten zu verrechnen. Dabei vergißt man aber, daß für den Schuhmacher als Konkurrenz die Schuhindustrie, bei dem Schneider die Großkonfektionäre, bei dem Kaufmann die Warenhäuser als scharfe Konkurrenten in Frage kommen. Wenn wir dann weiter bedenken, daß in ganz kurzer Zeit der Gewerbestand den gewaltigen Posten der kommenden Sozialversicherungserfordernisse verbuchen und miteinkalkulieren muß, so ist natürlich die Ansicht der Bauernschaft, den Posten der Regie zu erhöhen, undurchführbar. Durch das direkte und indirekte Steuersystem ist ja so wie so das gewerbliche Leben nach jeder Richtung der gewerblichen und handwerklichen Betätigung lahmgelegt.

Bereits mein Klubkollege Krebs hat in seinen Ausführungen nachgewiesen, wie die Agrarzölle die Erwerbsverhältnisse der Arbeiter und Angestellten schwer belasten. Mit der gegenwärtigen agrarischen Zollpolitik vernichten wir zum großen Teile die eigentlichen Brotgeber und Verdienstgeber des Handwerker- und Gewerbstandes.

Das kommende Zollgesetz wird weiters neue schwere Lohnkämpfe in der gesamten Wirtschaft bringen, auch der Gewerbestand wird von dieser Erscheinung schwer erschüttert werden. Durch das Zollgesetz wird, wie ich schon betonte, die Kaufkraft der Arbeiter und Beamten sinken und der Absatz in Gewerbe und Handel noch elender werden, als es bisher der Fall war. Wenn wir Einblick nehmen in die Berichte der gewerblichen Organisationen, so finden wir, daß die Kurve der Ausgleiche und Konkurse eine steigende ist. Fragen Sie draußen am flachen Lande oder in der Stadt den Schuhmacher, Schneider, Fleischer, Bäcker oder Kaufmann, alle werden Ihnen erklären, wie schwierig heute das Geschäftsleben ist. Die Lebenshaltung der Arbeiter und Angestellten ist gegenwärtig ohnehin keine rosige und wenn nun auch diese neue Last der Agrarzölle hinzutritt, so wird sie sich noch weiter verschlechtern. Wer kauft heute beim Kleingewerbetreibenden, wer ist die Hauptkundschaft? Es gibt keinen Zweifel, daß das Gewerbe im hohen Maße von der Kaufkraft der Arbeiter, Angestellten und Beamten abhängt. Ein alter Spruch sagt: "Hat der Arbeiter Geld, lebt die ganze Welt!" Hat der Arbeitnehmer kein Einkommen, wie in den Zeiten der Arbeitslosigkeit, oder sinkt es unter das normale Niveau, dann fühlt es in allererster Linie der kleine Geschäftsmann, dessen Warenabsatz zu stocken beginnt. Die Miete, die Regie, Löhne, Steuern, Beheizung, Licht, all diese Auslagen laufen für den Geschäftsmann weiter und sind prompt zu bezahlen. Daß die Bedeutung der Agrarzölle eine gewaltige ist, geht schon daraus hervor, daß die Reichsvereinigung der Kaufleute in jüngster Zeit gegen das verderbliche Hochschutzzollsystem und gegen die hohen Agrarzölle auf dem Kaufmannstag in Gablonz Stellung genommen hat. Ich könnte leicht in den Ruf einer einseitigen Auffassung der Agrarzölle kommen. Dem ist jedoch nicht so. Ich lasse deshalb als Beweis eine Entschließung des Reichsverbandes der Kaufmannschaft sprechen. Darin heißt es: "Die Kaufmannschaft wendet sich auf das schärfste gegen jedes weitere Vordringen eines sich immer verderblicher auswirkenden Hochschutzzollsystem, insbesondere, wenn dieses wie im gegenwärtigen Augenblicke wegen der Verfolgung einseitiger Standesinteressen die Nahrungsmittel und sonstigen lebenswichtigen Gegenstände betrifft. Wenn hier nicht Zollfreiheit zugestanden werden kann, so darf der Zollschutz keinesfalls über die notwendigen Grenzen hinausgehen. Als solche erachten wir im Höchstfalle bei den Landwirtschaftszöllen die alten Vertragssätze mit dem Koeffizienten 3. Darüber hinaus ist die Kaufmannschaft der Ansicht, daß mit der Einführung der festen Zölle bis zum Bekanntwerden der Ergebnisse unserer nächsten Ernte gewartet werden müßte, da nur die Kenntnis dieser Ergebnisse für die Art und Höhe der Zölle entscheidend sein kann".

Aber nicht nur die organisierte Kaufmannschaft spricht sich gegen die Agrarzölle aus. Wir hören die gleiche Abneigung gegen die Agrarzölle auch aus den Sitzungen der Gemeinde- und Stadtvertretungen. So schickt uns unter vielen anderen das Gemeindeamt in Niederleutensdorf-Lindau im politischen Bezirke Brüx eine Resolution, die sich grundsätzlich gegen die Getreidezölle ausspricht. Diese Resolution lautet: "Die am 29. Mai 1926 tagende Gemeindevertretung in Niederleutensdorf protestiert mit aller Entschiedenheit gegen den Antrag des Senators Donát, an Stelle der gleitenden Zölle stabile Zölle einzuführen. Die Annahme dieses Antrages hätte zur Folge, daß alle Mahlprodukte, Fleisch, Fett und Kolonialwaren verteuert werden. Durch den erhöhten Zoll würde 1 kg Mehl um 60-70 Heller verteuert werden. Die Einführung des 6fachen Getreidezolles der Vorkriegszeit, die Erhöhung der übrigen Zölle nach dem Antrage Donát würde eine 5 köpfige Familie mit einer Mehrausgabe von 800 bis 900 Kronen für Lebensmittel belasten. Dies wird zu einer Zeit geplant, da die Steuerverwaltung Spiritus, Rauchwaren aufs neue belastet und die Fahrpreise auf der Eisenbahn um 22% erhöht werden sollen. Gerade in der jetzigen Zeit, da Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit das Einkommen der Arbeiter schmälert, müßte die durch die Zölle und die neuen Steuern herbeigeführte neue Teuerungswelle eine ungeheure Mehrheit der Bevölkerung mit doppelter Schwere treffen und der höchsten Verzweiflung in die Arme treiben. Im Namen der Bevölkerung von Niederleutensdorf und Lindau fordert die Gemeindevertretung stimmeneinhellig alle Abgeordneten unseres Wahlkreises ohne Unterschied der Partei auf, sich gegen das geplante Attentat auf die Lebenshaltung unserer Bevölkerung zur Wehr zu setzen und den Antrag Donát zu Fall zu bringen". Um der geehrten Nationalversammlung bekanntzugeben, aus welchen politischen Parteien die dortige Gemeindevertretung zusammengesetzt ist, führe ich an, daß außer den sozialistischen Parteien auch die deutsche Hausbesitzer- und Gewerbepartei, die deutsche christlich-soziale Volkspartei und auch die Partei des Bundes der Landwirte dafür gestimmt haben.

Eine ähnliche Resolution gegen die Getreidezölle wurde in Teplitz-Schönau, ebenfalls von der deutschen christlich-sozialen Volkspartei mitbeschlossen. Als Vizebürgermeister meiner Heimatstadt Bodenbach habe ich mitzuteilen, daß die letzthin stattgefundene Stadtvertretersitzung in Bodenbach sich ebenfalls gegen die Agrarzölle ausgesprochen hat. Wir Nationalsozialisten behaupten, daß die gegenwärtige Stimmung für die Agrarzölle nichts anderes bringen wird, als daß Bankenschieber und Börsenjobber sich den Geldbeutel spicken werden. Die kapitalistisch eingestellte Presse bringt bereits in den letzten Tagen die besten Beweise dafür. So heißt es in einem Bericht über die Prager Produktenbörse vom 8. Juni d. J.: "Die Unsicherheit in der Frage der festen Zölle stellt das Hauptmotiv dar, das seinen Einfluß auf die Börse ausübte und eine feste Stimmung namentlich auf dem Getreidemarkte zur Folge hatte. Der Konsum sucht noch vor Einführung der Getreidezölle seinen Bedarf rasch zu decken und vergrössert dadurch die Nachfrage, wodurch die Basis zur festen Stimmung gegeben ist. Am markantesten war heute die Befestigung von Mais, nach welchem Artikel die größte Nachfrage herrscht, so daß auch das bedeutendste Angebot als zu gering erschien, um das Interesse vollauf zu befriedigen. Auch der Getreidemarkt war vorwiegend fest. Nach Mais und Hafer wurde am meisten gefragt. Auch auf dem Mehlmarkte herrschte teilweise gebesserte Stimmung. Von den Futtermitteln setzten Heu und Stroh ihre Aufwärtsbewegung fort." So sind die Berichte der Börsenschieber und Jobber. Das ist ein kleiner Stimmungsbericht, ist die Etappe des Anfanges zur allgemeinen Teuerung.

Einen besseren Beweis hiefür kann man wohl kaum erbringen, daß die Agrarzölle eine Teuerungswelle mit sich bringen. Untersuchen wir einmal die Wirkungen der Zollvorlage auf die einzelnen Berufsstände in Handwerk und Gewerbe. Wie wird z. B. die Wirkung der Verteuerung von Mehl, Butter und Fettstoffen - und in wenigen Wochen auch des Zuckers - bei dem Gewerbe der Zuckerbäcker und Konditoren sein? Das Mehl erhält einen Zollaufschlag von 120 Kè für 1 q, die Fettstoffe werden gar mit 360 Kè Zoll belegt, es findet also eine wesentliche Verteuerung der Rohmaterialien der Zuckerbäcker statt. Ihre Preise müssen daher steigen. Gleichzeitig fällt aber das Einkommen ihrer hauptsächlichsten Kunden, die es sich bisher noch leisten konnten, wenigstens einiges Backwerk zu kaufen. Man darf nicht vergessen, daß die Waren des Zuckerbäckers in sich zweifellos einen hohen Nährgehalt bergen. Das Zuckerbäckergewerbe wird auf diese Art im Mutterlande, wo der Zucker förmlich wächst, regelrecht schwer bedroht und zum Abgrunde des Verfalles gedrängt.

Was aber werden die fleischverarbeitenden Gewerbe erleben? Heute sieht man im großen und ganzen so wie so schon in jedem einzelnen Fleischermeister einen Lebensmittelverteuerer, trotzdem der Fleischer als solcher in der Lage war, seinen Bedarf an Rindvieh nicht nur im Inlande, sondern auch im Auslande zu decken. Durch die kommenden Agrarzölle ist es dem Fleischermeister unmöglich gemacht, seinen Bedarf im Auslande in der bisherigen Art einzukaufen. So wie der Kurs heute geht, werden die Konsumenten und die Fleischermeister Wunder erleben. Eine sehr starke Belastung der Viehpreise ist das sicher zu erwartende Ergebnis des Zolltarifes. Hier muß ich die Dinge ein wenig deutlicher schildern. Zunächst muß festgestellt werden, daß wir im Jahre 1925 nicht weniger als 54.000 Rinder und 134.000 Schweine aus dem Auslande eingeführt haben. Nach dem Zolltarife, den dieses Haus annehmen soll, wird ein Rind mit 300 Kè und ein Schwein mit 220 Kè Zoll belegt. Wir hätten im vergangenen Jahre demnach mehr als 16 Millionen Kè Rinderzoll und 29 Millionen Schweinezoll - also mehr als 45 Millionen. Kè Einfuhrzölle auf unsere hauptsächlichsten Fleischimporte zahlen müssen. Wer will uns da einreden, daß dieser ungeheure Fleischbedarf von nun an im Auslande gedeckt werden könnte und wer will weiterhin behaupten, daß diese Zollaufschläge ohne Preissteigerung auf das Lebendvieh sein werden? Was aber bedeutet das teuere Fleisch für die fleischverarbeitenden Gewerbe? Was wird in Zukunft ein Gulasch oder eine einfache Fleischspeise im Gasthaus oder im Hotelbetrieb kosten? Man wird dann wieder gegen den Lebensmittel verarbeitenden Gewerbestand Sturm laufen. Diese Gewerbegruppen werden dann wieder für einzelne politische Hetzer den Prügeljungen abgeben müssen. Was bringen uns diese Zustände? Sie bringen uns den Rückgang des Konsums, die Verschlechterung und Erschütterung des gewerblichen Geschäftsganges. Auf diese Art wird das Fleischer-, Hotelier- und Gastgewerbe schwer betroffen werden. Und endlich, was wird aus der langen Reihe von Schlossermeistern, Schmieden, Tischlern, Schuhmachern, Schneidern und wie die einzelnen Gewerbegruppen alle heißen? Was wird aus jenen Handwerkerfamilien, die nach alter traditioneller Art am Mittagstisch mit 6 bis 8 Gesellen und Lehrlingen gemeinsam sitzen, förmlich aus einer Schüssel essen, für alle Zukunft? Die Erscheinungen für den Handwerker- und Gewerbestand werden dazu führen, daß Gewerbe und Handel der weiteren Proletarisierung zugeführt wird.

Und wenn die gesamten Waren des Kaufmannes mit schweren Zöllen belastet werden, wenn Butter, Fett, Kunstbutter, Margarine, Fischtran, Talg, Oliven, Mais und Sonnenblumenöl, wenn Öle in Flaschen, Sago, Tapioka, Schwämme, Wachs, Reis, alles durch Zollzuschläge verteuert werden soll, glauben Sie, daß dies den ehrlichen Kaufmann, den anständigen Gewerbetreibenden freut? Er weiß als Kaufmann viel zu genau, daß trotzdem er für die Waren viel mehr verlangen muß, der Ertrag seines Geschäftes nicht größer wird. Er wird nur einen Fluch haben gegen die Erscheinung der Krise, ja auch ein Absatzrückgang wird in Handel und Gewerbe eintreten.

Im Namen der von mir vertretenen deutschen Gewerbetreibenden muß ich von dieser Stelle aus auf das entschiedenste gegen diese Art der Zoll- und Wirtschaftspolitik protestieren. Wir sehen in ihr nur eine schwere Schädigung des Gewerbestandes und werden sie mit allen Mitteln bekämpfen. Der deutsche Gewerbestand ist dem Bauernstand niemals feindlich gesinnt gewesen. Auch wir wünschen und wollen, daß der Landwirt einen anständigen Ertrag für seine schwere und mühevolle Arbeit erhält. Wir sind aber der Ansicht, daß der Weg, den die Zollmehrheit jetzt zu gehen sich anschickt, zu den schwersten Störungen unserer Wirtschaft, unseres Erwerbslebens führen muß. Es ist kein Zweifel, daß die gegenwärtige Teuerungswelle insbesondere in den deutschen Randgebieten schwere Krisen und wirtschaftliche Wirren mit sich bringen wird, den Nutzen von der ganzen Sache werden nur die Großgrundbesitzer und Börsenspekulanten haben. Schließen wir uns lieber zusammen zum Kampfe aller ehrlich schaffenden Menschen gegen die unerhörte Zinsknechtschaft, gegen den Steuerwucher, gegen die Umsatzsteuer und für den Kampf um billige Lebensmittel und eine schönere Zukunft. Wir werden gerade auch im Interesse der Gewerbetreibenden, des Kleinlandwirtes, des Arbeiters und Beamten, kurz der schaffenden Stände gegen diese Gesetzesvorlage, die dem Hause vorliegt, stimmen. (Potlesk na levici.)


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