Die Vorredner, wenigstens einige, haben sich
mit aller Verve gegen die Agrarzölle ausgesprochen. Die Kol.
Zeminová konnte selbstverständlich ihr bekanntes
Temperament nicht zügeln und obwohl sie eine streitbare Dame
ist, so will ich doch von meinem alten Standpunkt nicht abgehen,
daß man Damen gegenüber mit Höflichkeit vorgehen
muß, und ich glaube, die größte Höflichkeit
ist es, wenn ich darüber schweigen werde, weil sie doch bestimmt
das Schweigen nicht kann. Einer muß nachgeben. Aber Kol.
Schweichhart hat gestern von seinem Standpunkt aus gewiß
in großartiger Weise neuerdings den Beweis erbringen wollen,
daß er als Leiter der agrarischen Filiale der sozialldemokratischen
Partei auf seinem richtigen Platze stehe. (Výkøiky
nìm. soc. demokratických poslancù.) Aber
er hat gestern vergessen, daß diese Filiale nur im Hinterhaus
untergebracht ist. Er hat gestern die Sache etwas übertrieben
und gemeint, daß er zu der vorderen Facade gehört.
Ich bin der Meinung, daß diese Rekrutenwerbekanzlei - um
mehr kann es sich ja nicht handeln - in Wirklichkeit für
die Landwirtschaft sachlich nichts leisten kann und auch) nichts
leisten wird und nichts geleistet hat. Er hat nur den Beweis erbracht,
daß Sozialdemokratie und ländliche Interessen sich
nicht über ein und denselben Leisten schlagen lassen. (Odpor
na levici.) Er hat gestern den Beweis erbracht, daß
ihm das sozialdemokratische Hemd näher ist, als die Wünsche
und Interessen der ländlichen Bevölkerung. (Výkøiky.)
Denn was nützen uns die Versprechungen
von einer Kreditpolitik, von niedrigem Zinsfuß, Bekämpfung
des Zwischenhandels, das sind lauter Phrasen, die man uns bringt,
wenn man uns abspeisen will. (Výkøiky
nìm. soc. demokratických poslancù.) Warum
haben Sie von all dem noch nichts durchgeführt? Wo sind die
realen Nützlichkeiten, die Sie uns gebracht haben, wo ist
etwas, was wir greifen können? Wir sehen es nirgends, nur
Versprechungen, sowie Ihr Programm: Das Paradies am Horizont,
gehe ich aber auf den nächsten Berg hinauf, so sehe ich,
der Horizont ist wieder ein Stück weiter gewandert, das ist
Ihr Programm. (Hluk.) Und außerdem - und das ist
das Betrüblichste an dem Ganzen, Kollege Schweichhart
- daß Sie auch auf diesen Gebiete scheinbar die Kampfmethoden
oberflächlichster Art übertragen haben, die Sie sonst
gewöhnt sind.
Sie haben uns gestern eine Vorlesung aus dem
Buche des Oberlandesrates Meissner von der deutschen Sektion des
Landeskulturrates über agrarische Zollpolitik gehalten. (Posl.
Schweichhart: Aber unangenehme Wahrheiten für Euch!) Verzeihen
Sie, unangenenm sind diese Wahrheiten nicht gewesen, mir sind
sie sehr angenehm gewesen, denn sie haben den Beweis erbracht,
mit welcher Oberflächlichkeit und mit welcher demagogischen
Art Sie da gewisse Sachen herausgezupft haben. Erlauben Sie, Herr
Kollege Schweichhart, daß ich die Vorlesung fortsetze.
(Výkøiky.) Erlauben
Sie die Fortsetzung der Vorlesung. Sie haben gestern Ihre Vorlesung
unterbrochen im Kapitel XXII, "Gegenseitiges Verhältnis
der Großgrundbesitzer, Bauern und Kleinhäusler in Bezug
auf die Agrarzölle." (Výkøiky
posl. Schweichharta.) Sie haben, Herr Koll.
Schweichhart, geschlossen: "Wiewohl die geschilderte
wirtschaftliche Lage der Kleinhäusler unbestreitbar richtig
ist, ist der darauf aufgebaute Schluß trotzdem nur ein Trugschluß."
(Výkøiky.) Damit
haben Sie geschlossen. Erlauben Sie jetzt die Fortsetzung: "Es
werden nämlich die auch für den Kleinhäusler sehr
schwerwiegenden Rückwirkungen übersehen, welche im Falle
eines allgemeinen Rückganges der heimischen Produktion an
Vieh und Getreide notwendigerweise auch für die Kleinhäusler
eintreten müßten." (Výkøiky
posl. Schweichharta.) Pardon, Herr Kollege,
das ist gleich anschließend daran! Sehen Sie, das haben
Sie natürlich vergessen weiter zu lesen. (Posl. Schweichhart:
Ich kann doch nicht alles verlesen!) Ach, so! Schauen Sie,
die Tendenz eines Buches darf man nicht verfälschen, Dr.
Meissner ist nicht unser Parteigenosse, ich weiß nicht,
welcher Partei er angehört, aber Sie dürfen Dr. Meissner
nicht mißbrauchen. (Výkøiky. Hluk.)
Meissner sagt in voller Offenheit: "Die
Agrarzölle dienen nicht einer bestimmten Klasse der landwirtschaftlichen
Bevölkerung, sondern der Landwirtschaft als solcher. Aber
die notorische Tatsache, daß jene Landwirte, welche das
mit dem Agrarzoll belegte Erzeugnis nur in einer für den
eigenen Bedarf in Haus und Wirtschaft nicht ausreichende Menge
produzieren, doch auch von der durch den Zoll hervorgerufenen
Preissteigerung getroffen werden, führt auch vom Standpunkt
der Grundbesitzverteilung zu der bereits wiederholt betonten Notwendigkeit,
daß bei der Festsetzung von Agrarzöllen auf die Verschiedenartigkeit
ihrer unmittelbaren Wirkung einerseits für die verkaufenden
und andererseits für die kaufenden Landwirte gebührende
Rücksicht genommen wird." Und er sagt auch hier klar
und deutlich: "Großbauern, Kleinbauern, Häusler..."
(Posl. Schweichhart: Er wider spricht sich!) Nun, Herr
Koll. Schweichhart, wenn er sich so sehr widerspricht,
kann er kein Kronzeuge für Sie sein, dann ist er ein unfähiger
Mensch, aber kein Kronzeuge für Sie. (Posl. Schweichhart:
Aber an den von uns verlesenen Stellen hat er Recht!) Also
ein lichter Moment war das!
Dann möchte ich den Koll. Schweichhart
noch fragen, wo dieser sagenhafte Häusler wohnt, der ausgerechnet
gar nichts zu verkaufen hat. Dieser sagenhafte Häusler lebt
tatsächlich nicht. Es gibt solche nur in Ihren Artikeln.
Ein Häusler hat immer etwas zu verkaufen, entweder hat er
Milch zu verkaufen oder Getreide, oder Butter, oder Eier, oder
sonst etwas. Dieser sagenhafte Häusler existiert nur in der
Theorie des Kollegen Schweichhart.
Weiter heißt es in diesem Buche: "Was
sind unsere Forderungen auf dem Gebiete des Zollschutzes? Wir
müssen unter allen Umständen erklären, daß
wir einen Zoll brauchen, aber keinen Papierzoll. Die Zölle
müssen entsprechend hoch sein, und es muß vor allem
darauf Bedacht genommen werden, daß sie nicht unter eine
bestimmte untere Grenze gehen dürfen." Meine Herren
Kollegen von der agrarischen Seite da drüben, ich möchte
auf eines aufmerksam machen. Ich bin mir ja vollständig bewußt,
daß Euch ein Koefizient 3 oder 4 - mit Euerem lieben Freunde
Srba zusammen - Zucker ist und ein Zoll mit dem Koefizienten
6, mit den deutschen Agrariern, ist Euch natürlich Galle.
Darüber sind wir uns einig. Wenn Ihr aber glaubt, daß
Ihr dauernd Euere landwirtschaftliche Bevölkerung zufriedenstellen
könnt, wenn Ihr neuerdings die Agrarzölle als ein Schacherobjekt
behandeln wolltet, wenn Ihr die Interessen der Landwirtschaft
neuerdings verraten solltet, dann werdet Ihr arg enttäuscht
werden. Es wird Euch dauernd nicht gelingen. Es ist die Frage
nicht die, ob man die landwirtschaftliche Bevölkerung besser
stellen soll, sondern ob man Gerechtigkeit einführen und
der landw irtschaftlichen Bevölkerung die Eistenzmöglichkeit
sichern kann. (Souhlas.) Wir verlangen die vollständige
Parität mit der Industrie, nicht nur einen landwirtschaftlichen
Zoll, sondern auch eine Herabsetzung der Industriezölle.
Wir sind nicht dazu da, um den Balkanesen Märkte bei uns
zu eröffnen für ihre Waren und daß wir Ihnen dadurch,
daß wir z. B. Industrieprodukte hier von unseren Industriellen
teuerer kaufen, im Wege der Ausfuhr die Waren billiger liefern.
Fragen Sie die Textilindustriellen, wieso sie nach Jugoslavien
usw. exportieren können. Weil sie bei jedem Ballen, den sie
bei uns verkaufen, so und so viel dazu verdienen, um dann draußen
unter den Erzeugungskosten verkaufen können. (Výkøiky.)
Dazu sind wir nicht da. Entweder sind wir
eine gemeinsame wirtschaftliche Genossenschaft aller Schichten
des Staates, dann müssen wir uns ausgleichen, müssen
einer dem anderen geben, was ihm gebührt. Wenn Ihr bloß
glaubt, weil die Industrie heute die sogenannte Henne ist, die
die goldenen Eier legt, daß Ihr den besseren Posten habt,
Ihr seid die ersten und wir sind die Bummerln im Staate, dann
werden sich die Herren gründlich täuschen. Wir verlangen
die Gesundung der gesamten Volkswirtschaft. Ein altes Sprichwort
wird immer wieder wahr: Ein gesunder Bauernstand ist die Grundlage
jeden Volkes, und hat der Bauer Geld, lebt die ganze Welt. Das
weiß der deutsche Handwerker draußen, der weiß,
da dann das Gewerbe blüht, die Arbeitslosigkeit gebannt wird.
Er weiß, daß es dann möglich ist zu leben. (Posl.
Schweichhart: Sie mein en den Großbauern!) Ich
verstehe Sie schon, Herr Kollege Schweichhart. Wir werden
Ihnen persönlich das ganze Geld geben, dann werden Sie zufrieden
sein, wir selbst aber weiter hungerleiden. (Hluk na levici.)
Wir werden noch heute eine Ministererklärung
zu hören bekommen. Sie wird die Einleitung dazu sein, daß
die getrennt und feindlich schreitenden Brüder sich demnächst
wieder in den Armen liegen werden. "In den Armen liegen sich
beide und weinen vor Schmerzen und Freude!" Meine sehr verehrten
Herren, wir schaffen keine Voraussetzungen. Ich habe vorhin mit
aller Deutlichkeit erklärt, daß es unser Antrag ist
für den wir kämpfen, der Antrag meines Kollegen Meyer,
für den wir uns einsetzen. (Posl. Schweichhart: Der Segen
von Rom!) Ich werde Ihnen etwas sagen, den Segen von Marx
brauchen wir auch nicht!
Nur möchte ich auf Eines verweisen. Diese
zufällige Gemeinsamkeit der Interessen ist von uns begrüßt
worden. Wir waren ehrlich bestrebt, für die Landbevölkerung
all das zu leisten, was sie braucht, obwohl wir uns dessen bewußt
waren, daß infolge dieses Zufalles besagter Gemeinsamkeit
mit den èechischen Agrariern Angriffe gegen uns nicht ausbleiben
können und nicht ausbleiben werden. Aber
eines möchte ich hier erklären: Es ist selbstverständlich,
daß wir auf unsere Forderungen nationalpolitischer Natur
nicht vergessen können und daß wir dieselben nie zurücksetzen
werden. In der Bodenreform hat unsere deutsche Landbevölkerung
nicht einmal ein paar magere Brocken erhalten, die ärmsten
Häusler sind von den Pachtgründen verjagt worden zugunsten
von Günstlingen, Gaunern, Raubrittern, die Sie hingesetzt
haben. (Hluk. Výkøiky.) Ein
Skandal sondergleichen, unvernarbt ist, was Ihr uns angetan habt.
Unsere landwirtschaftlichen Körperschaften, die Landeskulturräte
usw. sind in ihrer Existenz nicht gesichert, von Euch geht die
Gefahr noch immer aus, unsere Sprache, unsere Kulturgüter
sind schwer bedroht. Und wir werden selbstverständlich unsere
eigenen Wege gehen zum Schutze unseres deutschen Landvolkes und
zum Schutze des sudetendeutschen Gesamtvolkes. (Potlesk.)
Hohes Haus! Die Regierung hat sich auch heute
wieder als "Vollstrecker des Programmes des Herrn Švehla"
bezeichnet, sie hat als ihre erste Aufgabe die Regelung der Staatsbeamtenbezüge
versprochen und erklärt, daß sie den Wechsel einlösen
will, den Herr Švehla seinerzeit so deutlich unterschrieben
hat. Statt dessen sehen wir, daß die Regierung einen schändlichen
Kuhhandel treibt. Bereits im Jahre 1922 hat man den Staatsangestellten
erklärt, daß anläßlich der Restriktionen
eine Aufbesserung der Staatsangestelltenbezüge sofort eintreten
werde, wenn nicht die damals vorausgesagte Verbilligung der Lebenshaltung
einträte. Nun kann man wirklich von einer Verbilligung nicht
reden. Im Gegenteil: In den vier seither verflossenen Jahren ist
eine Verteuerung der Lebenshaltung eingetreten und das Ergebnis
aalles dessen, was wir heute als das Fazit des Kuhhandels sehen,
ist, daß eine unbrauchbare Vorlage gekommen ist, eine Vorlage,
nach der wohl die Bezüge der hohen Beamten erhöht werden
sollen, daß aber die Vorlage für die mittlere und kleine
Angestelltenschaft ganz wertlos ist. Die Regierung treibt hier
ein gefährliches Spiel. Die Beanrtenschaft sollte doch von
ihr eigentlich als das Fundament des Staatsgebäudes angesehen
werden. Aber die Art und Weise, wie die Staatsangestellten behandelt
werden, läßt nur darauf schließen, daß
die Regierung darnach Verlangen trägt, ihr eigenes Fundament
zu erschüttern.
Die Regierung hat, wie bereits erwähnt,
erklärt, sie werde der "Vollstrecker des Programmes
Švehlas" sein, welches Programm jedoch
ohne Zuzug von nichtèechischer Seite nicht erledigt werden
konnte, denn der Geldsack ist in der allnationalen
Koalition immer noch nicht stark genug, um ganz durchzudringen.
Die Regierung muß sich nach anderer Hilfe umsehen. Sie erklärt,
daß sie für die Agrarzölle ist, und meint, "die
Zölle müßten nicht verteuern." Sie hält
uns also für so außerordentlich naive Leute, die nicht
fragen: Ja, warum, wenn die landwirtschaftlichen Zölle keine
Verteuerung herbeiführen, wollen denn die Agrarier diese
Zölle? Die Regierung erklärt, sie sei für eine
öffentliche Diskussion dieser Frage. Zur Zeit der allnationalen
Koalition war sie einer öffentlichen Diskussion sehr abhold.
Die öffentliche Diskussion ist heute notwendig, aber ihr
Zweck ist nur, festzustellen, wie die Mehrheit zusammenzutreiben
und der Widerstand der Opposition am besten zu beseitigen wäre.
Es wird uns erklärt, es werden Kommissionen kommen, die gegen
den Wucher auftreten werden, die Lebensmittelfälschungen
würden strenge bewacht werden. Wir kennen diese Melodie seit
langem. Es ist doch immer wieder dasselbe. Das ganze läuft
auf ein großes grobes Täuschungsmanöver hinaus
und auf weiter gar nichts.
Herr Koll. Ing. Dvoøáèek
hat heute gesagt, er sei für mäßige Zölle,
und hat das einigermaßen damit begründet, daß
z. B. die Umsatzsteuer die Lebensmittel viel mehr verteuere als
die Zölle. Aber er selber war ja seinerzeit für die
Umsatzsteuer gewesen. Und übrigens, wenn wir darauf eingehen
wollen, was er gesagt hat, bitte, wir schlagen vor, daß
Sie, die Sie die Mehrheit haben, erst die Umsatzsteuer abschaffen,
und dann wollen wir über die Zollfrage debattieren!
Die Regierung hat sich heute sehr dunkel ausgesprochen.
Wir würden wirklich Wert darauf legen, daß etwas größere
Deutlichkeit an den Tag gelegt würde. Was stellen Sie sich,
Herr Ministerpräsident, darunter vor, als Sie erklärten,
noch im Laufe der Debatte eine konnkrete Erklärung über
die Zölle abzugeben? Die Debatte, bei der die Redezeit rationiert
wird - was auch bezeichnend ist bei einer so unerhört
wichtigen, so tief in das Leben der ganzen Bevölkerung einschneidenden
Frage, - daß den einzelnen Rednern nur 30 Minuten Redezeit
zugemessen wird - die Debatte ist, ja nahezu abgeschlossen
und es ist der Regierung nicht möglich zu sagen, sie wisse
nicht, worum es sich eigentlich handelt. Der Antrag ist von einer
interessierten Seite eingebracht, - von einer Seite, die die Verteuerung
herbeiführen will. Das weiß die Regierung sehr wohl
rund sie würde besser getan haben, sich um diese Sache nicht
erst herumzudrücken.
Ein einziges Argument ist für die Zölle
in die Wagschale geworfen worden: Immer wieder hat man betont,
daß sie zum Schutze der wirtschaftlich bedrängten Landwirtschaft
notwendig seien. Dabei ist soviel aus der Debatte herausgekommen
- was eine alte Wahrheit ist und immer wieder bestätigt wird
- daß der Zollschutz nur ein Schutz für die Großproduzenten,
aber ein schwerer Schaden für die Kleinbauern ist. Ich möchte
zu dem, was mein Kollege Schweichhart bereits diesbezüglich
vorgebracht hat, ergänzend nur die eine Tatsache hinzufügen,
daß wir einen großen Prozentsatz von Kleinbauern haben,
die ihre Söhne an die Industrie abgeben müssen, deren
Söhne als Bauarbeiter, als Fabriksarbeiter, als kleingewerbliche
Arbeiter sich ihren Unterhalt verdienen müssen, deren Söhne
in die große Armee des industriellen Proletariats hineingestoßen
werden, und daß diese ihre Söhne durch die Einführung
der Zölle, durch die Verteuerung der Lebensmittel dem Hunger
überliefert werden. Die Kleinbauern, die sich für die
Zölle einfangen lassen, die eine Partei unterstützen,
die die Zölle fordert, jagen blind ihre eigenen Leute, ihre
eigenen Kinder ins Elend hinein,, in Jammer und Not!
Der Herr Koll. Hanreich hat heute, ich
möchte sagen mit einem Unterton des Spottes, zur sozialdemokratischen
Seite gesagt: "Sie haben ja bei der kleinen Landwirtschaft
wenig oder nichts zu suchen". Ich möchte doch die Frage
stellen, warum denn, wenn der Herr Hanreich so sicher ist,
daß ihm der Boden unter den kleinen Landwirten nicht zu
schwanken beginnt, und daß die Sozialdemokratie da gar nichts
gegen den Bund der Landwirte ausrichten könnte, warum denn
dieser wütende Kampf, der vom Bund der Landwirte gegen meine,
die sozialdemokratische Partei geführt wird, warum denn dieser
Schrei, daß die Bauern, wenn wir zur Wahlzeit hinaus aufs
Land kommen, uns mit Wolfsgruben, mit Fangeisen empfangen sollen?
Es ist halt doch so, daß die kleinbäuerische Bevölkerung,
wenn wir sie über die tatsächlichen Verhältnisse
aufklären, merkt, woran sie ist, so daß bald der Bund
der Landwirte bei diesen kleinen Landwirten nichts mehr zu suchen
haben wird. (Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Slavíèek.)
Es ist gestern viel über den Profit des
Zwischenhandels gesprochen worden, und zwar sowohl vom Koll. Patzel,
als auch von einigen Herren Landbündlern. Aber es genügt
nicht, daß man sich herstellt und über den Zwischenhandel
schimpft, man muß auch praktisch etwas tun, um den Zwischenhandel
auszuschalten, und die Landbündler, die gegen die Konsumgenossenschaften
wettern, die sich im Schimpfen auf die Verbrauchergenossenschaften
nicht genug tun können, zeigen den Weg dazu wahrlich nicht.
Ich glaube, wenn man daran gehen würde, einmal die Frage
zu studieren, ob es nicht möglich wäre, die Produzenten-
und Konsumgenossenschaften zusammenzubringen, ob man da nichts
Werktätiges für die Landwirtschaft schaffen könnte,
ohne die Masse der Bevölkerung zu belasten. Es steht aber
vor allen Dingen eine Frage nicht nur für uns, sondern ich
glaube für die Gesamtheit im Vordergrund, die Frage nämlich:
Vertragen denn die Arbeiter, die Angestellten, die Gewerbetreibenden
die Lebensmittelteuerung, die notwendig mit der Einführung
der Zölle eintreten müßte? Heute schon ist die
Situation so, daß die Arbeiter dort, wo sie vollständig
beschäftigt sind, höchstens drei Viertel der Friedenslöhne
verdienen. Dazu kommen die Kurzarbeiter in weiten Gebieten. Ich
komme aus Westböhmen. Dort gibt es tausende und abertausende
Bergarbeiter, die seit Jahren arbeitslos sind, die von keinem
Menschen, von keiner Regierung gefragt werden, wovon sie eigentlich
mit Weib und Kind leben. Wir haben hundertmale Notschreie aus
Westböhmen nach Prag gerichtet, haben verlangt, daß
man unseren Revieren entgegenkommt, daß man durch Änderung
der Frachttarife und durch die Erlassung der Kohlensteuer es doch
möglich mache, daß dieses Revier wieder in Arbeit kommt.
Wir haben darauf keine Antwort bekommen. Die Familien können
zugrunde gehen, man schert sich nicht darum, wenn tausende von
Familien dem Verhungern preisgegeben werden. Wir haben einen Notschrei
vor kurzem aus dem Ober-Erzgebirge gehört. Im Bezirke Platten
und im oberen Teile des Bezirkes Neudek ist die Not derart, daß
die Arbeitslosen dieses Gebietes sich an die Regierung wenden
wollten, sie möge im Wege des Auswärtigen Amtes eine
Bewilligung für die Leute erwirken, daß sie in Sachsen
drüben betteln gehen können, weil unser eigenes westböhmisches
Gebiet kein Gebiet mehr ist, bei dem man durch Betteln etwas verdienen
kann, da es schon von Bettlern überschwemmt ist. Die dortigen
Sachsengänger sind infolge der Wirtschaftskrise in Sachsen
in furchtbare Not gekommen. Die Leute sind buchstäblich vor
dem Verhungern. Hier ist das Wort keine Übertreibung, hier
ist das Wort "Hunger" schreckliche Wirklichkeit. Die
Menschen gehen am Hunger zugrunde. Ein Notschrei nach dem anderen
verhallt ungehört. Ich habe vor kurzem die Lage dieser Leute
geschildert und habe dabei den Hilferuf unterstützen wollen,
den die Bergstadt Platten erhoben hat. Doch im Sozialministerium,
wo ich vorgesprochen habe, hat man einfach mit den Achseln gezuckt,
man habe "keine Kredite", um diesen Leuten zu helfen,
sie mögen also ruhig zugrunde gehen, das spielt gar keine
Rolle.
Wir haben vor kurzem die Berichte aus dem Böhmerwald gehört,
wo die Wochenverdienste 40 Kè betragen, dabei sind die
Leute ein halbes Jahr lang überhaupt arbeitslos.
Ich richte die Frage an Sie, meine Herren: Sollen denn unsere
Arbeiter widerspruchslos Hungers sterben? Glauben Sie mir, daß
wir uns zur Wehre setzen werden, mit allen parlamentarischen und
außerparlamentarischen Mitteln, falls man versuchen sollte,
tatsächlich unsere Bevölkerung in den Hungertod zu treiben!
Ich will nicht nur von den Lohnarbeitern reden,
sondern möchte auch ein Wort über die Gewerbetreibenden
verlieren. Ich habe gehört, daß die Gewerbepartei im
Senat bereits für die Zölle votiert hat. Die Gewerbeparteiler
sind also bereit, für einige Mandate, die sie bekommen haben,
die gewerbetreibende Bevölkerung einfach dem Zollwucher auszuliefern.
Dabei muß die Lebensmittelteuerung doch die Kleingewerbetreibenden
sicher zugrunde richten. Die Arbeiter, Lehrer, Angestellten sind
längst nicht mehr in der Lage, sich entsprechend zu kleiden.
Sie sind nicht mehr in der Lage, sich eine neue Hose zu kaufen.
Eine ganze Reihe von Gewerben, wie z. B. das Lackierer- und das
Tapezierergewerbe usw. werden zu Luxusgewerben gestempelt. Sie
sind durchaus nicht imstande, das zu tun, was man ihnen so oft
empfiehlt, nämlich die höheren Lohn-, Material- und
Lebenshaltungskosten auf die Kundschaft abzuwälzen, weil
diese Kundschaft dann einfach ausbleiben würde.
Wir sehen, daß es die breitesten Schichten
der Bevölkerung einfach nicht aushalten, daß sich alle
die Pläne verwirklichen, welche heute die Regierung und die
agrarischen Parteien in ihren Köpfen herumwälzen. Was
wir vorerst von der Regierung verlangen müssen, ist, daß
dieses "Studium", von dem sie gesprochen hat, sich vor
aller Öffentlichkeit, vor der öffentlichen Kontrolle,
abspielt. Wir müssen verlangen, daß über die landwirtschaftliche
Produktion, nach dem Besitzverhältnisse gesondert, ein ordentliches
statistisches Material beigeschafft werde, wir müssen verlangen,
daß der Arbeitsverdienst in allen Berufen und Bezirken des
Staates festgestellt wird. Wir müssen verlangen, daß
man über den Beschäftigungsgrad der Arbeiter in allen
Bezirken genaue Daten beibringe, daß Enqueten in allen Bezirken
einberufen werden, daß alle Berufsschichten einberufen werden
und ärztlich - Gutachten - sagen wir nur der Amts- und Distriktsärzte
- über den Ernährungszustand der Bevölkerung und
vor allem der Kinder eingeholt werden. Wenn Sie das alles haben,
dann wollen wir weiterreden. So stellen wir uns das Studium vor,
von dem hier gesprochen wird. Der Staat hat nicht bloß das
Interesse einer kleinen Schichte zu vertreten, auch wenn diese
kleine Schichte noch so sehr Kravall zu machen versteht und im
Augenblick noch so einflußreich erscheint. Er hat das Interesse
der Volksgesamtheit zu wahren. Aber die Regierung, die wir heute
haben - das hat sich auch heute wieder in der Erklärung des
Herrn Ministerpräsidenten gezeigt - steht teilnahmslos, verständnislos
und direkt feindselig allen Lebensfragen der Arbeiter gegenüber.
Was ist - so erheben wir in diesem Augenblick die Frage - mit
der Versorgung der 60 Jahre alten Personen, was ist mit der Arbeitslosenfürsorge?
Das Beispiel, das ich von Platten gegeben habe, ist dafür
sprechend. Was ist mit der Arbeitsvermittlung, mit der Frage der
gesetzlichen Festlegung der Kollektivverträge? Nichts! Die
Regierung drückt sich um die Frage der Anerkennung Sowjetrußlands,
die Regierung will nicht dazu übergehen, ihre Vertragspolitik
so zu gestalten, daß wir Handelsverträge bekommen,
die der Bevölkerung Beschäftigung geben könnten.
Mit einem Worte: Die großen Massen des Volkes, das ganze
arbeitende Volk, haben von dieser Regierung keine Teilnahme zu
erhoffen. Angesichts der entsetzlichen Lage, in der sich das arbeitende
Volk befindet, ihm mit dieser Provokation der Lebensmittelzölle
zu kommen, das heißt allerdings, die Geduld dieses Volkes
auf eine schwere und harte Probe zu stellen.
Der Herr Ministerpräsident, der Herr Platzhalter
der allnationalen Koalition, pocht auf die heutigen Machtverhältnisse,
er pocht darauf, daß er wohl die Mehrheit für diese
Zölle schon ziemlich sicher beisammen hat und wir haben heute
vormittags eine Rede gehört, die des Kollegen Dr Hanreich,
die einigermaßen schon darauf abgestimmt war, die Frage
zu beantworten: "Wie sage ich es meinem Kinde draußen,
daß ich hier mit der Regierung Èerný
gehe?" Mit Vorwürfen gegen die èechischen Agrarier
hat der Herr begonnen, das Werk des deutschen
Landbundes, das er da im Schilde hat, einzubegleiten, zu maskieren.
Er hat heute zu bemänteln versucht, was der Landbund in der
allernächsten Zeit tun will. Wir wollen es offen aussprechen:
Die Herren sollen draußen in der Bevölkerung ordentlich
Rede stehen! Die Situation ist heute so, daß deutsche Parteien
bereit sind, heute für eine Regierung zu stimmen, die jetzt
daran ist, die letzten deutschen Angestellten aufs Pflaster zu
werfen. Die Situation ist heute so, daß die deutschen Landbündler
bereit sind, für eine Regierung zu stimmen, die als
Fortsetzung der Regierung der "Bodenreform" das deutsche
Land èechisiert und deutsche Landarbeiter in Massen ums
Brot bringt. Die deutschen Christlichsozialen sind daran, dasselbe
zu tun, diese Christlichsozialen, die vergessen,
daß sie bis jetzt immer so ein tönendes Bekenntnis
zum "deutschen Volkstum" abgegeben haben, die auch auf
das Vaterunser vergessen: "Unser tägliches Brot gib
uns heute". Da haben wir die deutsche Einheitsfront, wie
sie im Oktober vorigen Jahres der Schlager gerade unserer Landbündler
gewesen ist. Jetzt feiern sie ihre Triumphe. Selbstbestimmungsrecht,
Autonomie. "christlicher Volksgedanke", alles und alles
wird bedenkenlos dem Geldsackinteresse geopfert. Der Weg zum nationalen
Ausgleich, der hätte beschritten werden müssen, wenn
die Christlichsozialen und die Landbündler nicht auf Švehlas
Pläne eingegang en wären, wird abgegraben. Das Stimmen
für die Zölle bedeutet, daß Èerný
imstande sein soll, Švehlas Wagen über den Berg
hinwegzubringen, daß eine gerechte Lösung der nationalen
Frage auf lange Zeit hinaus wieder verhindert wird, daß
der deutsche Arbeitsplatz weiter schutzlos bleiben wird, daß
Not und Elend des Volkes noch mehr und bis ins Unerträgliche
gesteigert werden soll. Aber diese Stimmen für die Zölle
wird auch bedeuten, daß ein Sturm der Empörung durch
das ganze Volk gehen wird und es wird dazu beitragen, daß
von neuen Hunderttausenden aus dem Volke die Macht des Geldsacks
als unerträglich empfunden werden wird. Dann vergessen Sie
eines nicht: Mit jeder Steigerung der Not des Volkes revolutionieren
Sie dieses Volk! Heute kann der Èerný
gegen das Volk siegen, morgen kann Herr Švehla den
Sieg seines Systems buchen, das Übermorgen, das aus diesem
Sieg hervorgehen wird, das kann danach aussehen, daß ein
für allemal mit allen Èernýs
und Švehlas tabula rasa gemacht wird!
Der Herr Ministerpräsident hat auch etwas
über die Bauförderung angedeutet. Ich habe eine Frage
an den Herrn Ministerpräsidenten und ich möchte nicht
wünschen, daß dieser Frage ausgewichen werde. Ist es
wahr, was wir in der letzten Zeit hören, daß sich die
Regierung mit der Absicht trägt, zugleich eine Mietzinserhöhung
und eine Bauabgabe einzuführen? Wenn ja, dann möchte
ich dem Herrn Ministerpräsidenten gleich sagen, daß
er sich darauf gefaßt machen kann, daß das ganze Land
aufschreien wird. Wenn man die kleinen Mieter, die Arbeiter und
Angestellten, die heute ohnedies in der entsetzlichen Situation
sind, noch in der Weise dem Hauskapital ausliefern will, wenn
man Ihnen auch noch das Obdach unerschwinglich machen will, so
kann das nicht mit ein paar Redensarten abgehen. Der Kampf gegen
die Mietzinserhöhung ist durch die heutige Lebenslage der
Bevölkerung ganz von allein bedingt, und Sie werden einen
Sturm erfahren, den Sie sich vielleicht bis heute nicht träumen
ließen, wenn Sie mit diesen Ideen kommen!