Pátek 7. kvìtna 1926

Im übrigen hat sich der Herr Ministerpräsident die Sache sehr einfach gemacht. Er ist darüber, wie über eine nebensächliche Angelegenheit hinweggeglitten. Der Vertreter eines "Kulturstaates", der darauf vergißt, daß alle Kultur mit dem Obdach beginnt! Und wie sieht es mit dieser "Kultur" in der Èechoslovakischen Republik aus? Ich will ein einziges Beispiel sagen, aber es spricht Bände. Die Bezirksverwaltung Eger hat eine Fürsorgeschwester angestellt. Sie hat die Wohnungsverhältnisse im Egerer Gebiet sich ordentlich angesehen und ist mit einem Bericht nach Hause gekommen, daß es einem die Haare zu Berge treibt. "Ratten fressen Kinder an", so schauen die Wohnungsverhältnisse im Egerland aus. (Rùzné výkøiky.) Der Amtsarzt des Bezirkes Eger hat erklärt: "Es wächst eine neues Geschlecht von Menschen heran, ein blutleeres, schwaches, unterernährtes, verkümmertes Geschlecht von Menschen, und das infolge der entsetzlichen Wohnungsverhältnisse, die wir hier haben". Das ist ein Bild des "Kulturstaates" und ich möchte wünschen, daß der Herr Außenminister nicht darauf vergißt, wenn er seine Federn draußen im Auslande schreiben läßt, auch mit solchen Bildern aufzuwarten, damit das Ausland die "Insel der Glückseligen" auch von dieser Seite kennen lernt!

Aber wenn der Herr Ministerpräsident so schnell über die Sache hinweggeglitten ist, das kann er nicht aus der Welt schaffen, was der Herr Minister Engliš vor wenigen Wochen - am 25. Feber - in der Sitzung des sozialpolitischen Ausschusses gesagt hat, wo er erklärt hat: "Wir haben eine Teuerung nicht nur in Ziffern, sondern auch im Wohlleben. Wir sind ärmer, wir leben schlechter und bedrückter als im Frieden, wir verdienen weniger und der Druck der öffentlichen Lasten ist größer". Trotzdem aber bestrebt sich derselbe Minister Dr Engliš, dem schlechterlebenden Volke neue indirekte Lasten aufzubürden und überdies erklärt er in derselben Sitzung noch, daß "der gesamte wirtschaftliche Komplex des Wohnungswesens wieder dem freien Wettbewerb zugeführt werden müsse". Angesichts dieser Wohnungsnot, angesichts des Mangels einer entsprechenden Unterstützung von Wohnungsbauten, des Fehlens jeder Bauförderung - freier Wettbewerb am Wohnungsmarkt! Wir sollen noch ärmer, noch bedrückter werden. (Výkøiky.) Denn freier Wettbewerb heißt ja doch nichts anderes als Freigabe des Wuchers in Bezug auf die Wohnungen.

Wenn die "Prager Presse", das Regierungsblatt, richtig wiedergegeben hat, was im Ministerium für soziale Fürsorge bezüglich des neuen Bauförderungsgesetzes herausgekommen ist, so müssen wir sagen: Wir haben mit einem Bauförderungsgesetz zu rechnen, das nicht halbwegs dem entspricht, was wir billigerweise fordern können. Da wird gesagt: Enteignungsfrist für den Erwerb von Bauplätzen bis 31. Dezember 1926. 100 Millionen Kronen aus der Losanleihe für Bauten von Häusern für Staatsangestellte - nennen wir das Kind beim rechten Namen - für eine ausgesprochene Èechisierungsaktion, staatliche Unterstützung für kleine Wohnungsbauten in dieser oder in jener Form usw.

Wie sah die bisherige Bauförderung aus? Bis jetzt, bis Juli 1925, sind mit staatlicher Unterstützung 54.404 Wohnungen geschaffen worden. Angesichts der Tatsache, daß wir in einem Jahre 100.000 Eheschließungen haben, also einen Zuwachs von 100.000 neuen Haushalten jährlich, in fünf Jahren 50.000 Wohnungen, da werden Sie wohl zugeben, daß das nicht viel mehr als gar nichts ist. Der Gesamtaufwand hiefür wird mit 4029 Millionen Kronen, davon 3.3 Milliarden staatlich garantierte Darlehen und 700 Millionen Kronen aus eigenen Mitteln der Bauwerber angegeben. Die wirklichen Ausgaben für die Bauförderung bis Ende Juli 1925 betrugen zusammen 467,378.622 Kè 84 h. Also noch nicht einmal eine halbe Milliarde. Dagegen ist in derselben Zeit für den Militarismus ein Betrag von annähernd 18 Milliarden ausgegeben worden. Für die Mordkultur sechsunddreißigmal soviel als für die Wohnkultur! 54.000 Wohnungen, und diese sind noch nicht nach dem wirklichen Bedürfnis verteilt! Sie brauchen nur in unser deutsches Gebiet - pardon, verdeutschtes Gebiet - zu gehen, und es wird Ihnen dieser Mangel an neuen Wohnungen gegenüber der Bauförderung im èechischen Gebiet sofort auffallen. Also noch nichteinmal nach den Bedarfsverhältnissen ordentlich verteilt ist dieser Bettel! Wenn wir den erfahrungsmäßigen Kostenpunkt berechnen und das feststellen, was uns der Militarismus kostet, können wir sagen, daß der Moloch Militarismus in sieben Jahren nicht weniger als annähernd zwei Millionen Wohnungen aufgefressen hat!

Mit dem Wachsen des kapitalistischen Einflusses in der Regierung ist alljährlich eine Verschlechterung des Mieterschutzes eingetreten. Seit Jänner 1925 haben wir kein Bauförderungsgesetz. Jetzt wird es wieder für spätere Zeit versprochen. Zwei Bausaisonen sind verloren gegangen, und dabei ist der Entwurf des neuen Bauförderungsgesetzes vom Anfang bis Ende geradezu kulturwidrig. Denn er erklärt vor allem als unterstützungsberechtigt die kleinen Wohnungen von 20 bis 40 Quadratmeter. Eine solche Wohnung von 20 Quadratmetern ist eine Wohnküche, 5 m lang und 4 m breit. Darin sollen Menschen wohnen und schlafen, Frauen und Kinder, zusammen große und kleine Kinder und Eltern. Das ist eine Gefahr nicht nur für die Wohnkultur, sondern auch für die öffentliche Sittlichkeit. Dabei sollen noch - das ist das Interessanteste an der ganzen Sache - die Bauführer aus eigenem 30% aufbringen und auch die Rückzahlung der Unterstützung garantieren, was sich natürlich auch augenblicklich auf den Mietzins in diesen allen Sitten und der primitivsten Wohnkultur hohnsprechenden Wohnlöchern auswirken wird.

Alles in allem, so steht also die Situation: Das Volk hungert. Das Volk trägt die furcht, bare Last der schlechten Wirtschaftspolitik in diesem Staate. Die Massen des Volkes sind arbeitslos und ohne Schutz. Die Massen des Volkes sind ohne eigenes Obdach. Die Regierung bringt dem arbeitenden und hungernden Volk nichs als Teuerung. Sie foppt die Arbeitslosen mit dem Bettel des Genter Systems. Sie denkt dem Volke mit einem vermehrfachten Mietzins zu kommen. Sie ist für keine großzügige Bauförderung zu haben. Die Regierung ist die Regierung des Geldsackes, sie ist eine Regierung gegen das Volk.

Darum muß unsere Parole sein, jetzt hier im Parlamente und morgen, wenn es Not tut, auf der Straße: Kampf gegen diese Regierung, Kampf gegen die allnationale Koalition, Kampf gegen die heutige verschleierte Koalition, Kampf gegen alle Parteien, die dieses System in irgendeiner Weise unterstützen. (Souhlas a potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP