Meine Damen und Herren! Der Regierungsantrag
betreffend die Genehmigung des Handelsvertrages mit Japan wurde
von beiden Referenten so kurz und nichtssagend eingeleitet, daß
bereits daraus zu ersehen ist, wie wichtig oder wie wenig wichtig
der ganze Antrag für die Volkswirtschaft dieses Staates ist.
Demnächst werden wir wahrscheinlich einen Handelsvertrag
mit Honolulu oder Tahiti vorgelegt bekommen, aber die wichtigen
Vereinbarungen mit jenen Staaten, die für uns tatsächlich
lebenswichtig sind, die werden verschoben. Ich verweise nur darauf,
daß bis heute die Anerkennung Sowjetrußlands noch
immer nicht durchgeführt ist und ich muß schon sagen,
daß sie für die Wirtschaft dieses Staates, abgesehen
vom politischen Geschmack oder Abneigung gegenüber dem sowjetischen
System, gewiß von eminenter Wichtigkeit wäre, daß
das ehetunlichst nachgetragen werden soll. Ich sehe mich daher
auch gar nicht bemüßigt, auf den Handelsvertrag mit
Japan näher einzugehen, ich bin vielmehr der Ansicht, daß
es notwendig ist, nach den tieferen Ursachen zu schürfen,
wieso es nicht möglich ist, mit den Staaten, die für
die Handelspolitik der Èechoslovakei hauptsächlich
in Betracht kommen, handelspolitische Vereinbarungen zu treffen,
und ich kann mich über die Feststellung der Tatsache nicht
hinwegsetzen, daß zum Großteil die unmöglichen
politischen und die durchaus nicht konsolidierten wirtschaftlichen
Verhältnisse dieses Staates schuldtragend sind.
Seit Jahren haben wir darauf hingewiesen, daß es auf die
Dauer unmöglich sein muß, daß die èechische
allnationale Koalition in der Lage sein wird, eine Politik zu
betreiben, die für Land und Volk von Nutzen sein kann. Die
Ansichten in kulturellen Fragen, die wirtschaftlichen Interessengegensätze
haben immer mehr eine Verschiedenartigkeit der Auffassung gezeigt
und ewige Kompromisse der alten Koalitionsparteien waren die unausbleibliche
Folge. Dies ging, solange es eben gehen konnte, solange auch die
Nachbarstaaten an den Folgen des Krieges gelitten haben, mußte
aber zu unhaltbaren Zuständen führen, sobald die Welt
ringsum uns herum sich darauf besann, daß eine wirkliche
Konsolidierung Platz greifen müsse und daß die Wirtschaft
wieder ihr Recht gebieterisch fordert. Die Führer der alten
Koalition mögen es sich als ein noch so großes politisches
Verdienst anrechnen, daß sie so viele Jahre hindurch
dem Staate ein Regierungsystem im èechischnationalen Sinne
gegeben haben, eine wirklich staatspolitische Errungenschaft ist
dies jedoch nicht gewesen. Vor allem sind die Führer dieses
Systemes nicht imstande gewesen, den Befähigungsnachweis
zu erbringen, daß sie einen Staat, den sie hauptsächlich
der Nachkriegskonjunktur verdanken, auf wirklich gesunde Grundlagen
zu stellen in der Lage sind. Sie haben vor allem den Schweizer
Grundsatz nicht erfaßt, daß man die Liebe zum Staate
nicht bloß im Munde führen dürfe, sondern daß
man diese Liebe praktisch durch Opfer aller Art auch bekräftigen
müsse. Die Schweizer Deutschen, das Mehrheitsvolk, haben
aus Liebe zu der in schweren Kämpfen errungenen eigenen Staatlichkeit
auf den politischen und nationalen Zusammenhang mit dem großen
deutschen Mutterlande verzichtet, sie sind nicht Deutsche, sondern
Schweizer und haben es dadurch den übrigen Minderheitsnationen
ermöglicht, die Schweiz ebenfalls als ihre Heimat betrachten
zu können. Hier in diesem Staate ist die èechoslovakische
Nation als das oberste Ideal hingestellt worden und man hat den
übrigen Nationen zugemutet, dem Staate, der nicht ihr Staat
sein sollte und nicht ihr Staat sein konnte, bloß Opfer
zu bringen, ihm ständig zu geben, ohne
von ihm auch die entsprechenden Gegenleistungen zu empfangen.
Bis es auch hier Staatsmänner von der
Auffassung geben wird, wie es in der Schweiz üblich ist,
dann können wir damit rechnen, daß die politischen
und wirtschaftlichen Grundlagen des Staates geschaffen werden
können, welche allein die Existenz des Staates und das Aufblühen
des Landes ermöglichen.
Obwohl die Wahlen einen deutlichen Beweis erbracht hatten, daß
das alte System der èechischnationalen Koalition ein überspieltes
Klavier ist - Herr Dr. Kramáø
wird mir nicht böse sein, daß ich dieses geflügelte
Wort von ihm wiederhole - hat man dennoch Wochen und Monate versucht,
an diesem überlebten. System festzuhalten. Alle Versuche
haben sich als vergeblich erwiesen und so stehen wir heute in
diesem Parlamente mit einer Beamtenregierung an der Spitze und
diese Beamtenregierung hat bezeichnenderweise keine fest gegründete
Majorität. In den wichtigen Fragen ist eine Einigung im Lager
der alten Koalition nicht möglich. Die Frage der Einführung
der landwirtschaftlichen Zölle hat einen erbitterten Kampf
zwischen bürgerlichen und sozialistischen Parteien auf èechischer
Seite entfacht. Es ist selbstverständlich, daß es nicht
unsere Sorge als Oppositionspartei sein kann, uns darum zu bekümmern,
wie diese Fragen gelöst werden und ich will daher erst einmal
einige Worte zur Erklärung unserer Stellungnahme gerade auf
dem Gebiete der agrarischen Zollfrage vorbringen.
Der Antrag, der im Senate und seit gestern
auch im Abgeordnetenhaus von der èechischen Agrarpartei
eingebracht wurde, ist ein Initiativantrag der Partei, ist keine
Regierungsvorlage und dementsprechend ist unsere Stellungnahme
zu diesem Antrage vor allem von sachlichen Momenten geleitet.
Man hat in letzter Zeit mehrfach von èechischer
und deutscher Seite an unserer Unterstützung des Antrages
der èechischen Agrarpartei Kritik geübt und so glaube
ich, daß es nicht unangebracht ist, wenn ich auf die gewiß
pikante Tatsache verweise, daß es schon Regierungsvorlagen
gegeben hat, für die, obwohl deren
Annahme durch die vereinigte èechische Majorität sichergestellt
war, auch deutsche Parteien ganz überflüssigerweise
gestimmt haben. Kollege Windirsch
hat bereits gestern einige dieser Vorlagen erwähnt. (Výkøiky
posl. Knirsche.) Das waren allerdings Gesetze,
Herr Kollege Knirsch, die hauptsächlich für die
städtische Bevölkerung von Interesse waren und man möchte
uns heute wahrscheinlich mit dem alten Sprichworte abspeisen:
Quod licet Jovi, non licet bovi. (Posl. Knirsch: Das ist ein
großer Unterschied!) Ja, gewiß, dann soll es immer
heißen: "Bauer, das ist etwas anderes." Ja, meine
Herren, auf dem Standpunkt stehen wir heute nicht mehr, unsere
Organisationen haben gewiß das Selbstbewußtsein auch
in die bäuerliche Bevölkerung hineingetragen und
mit diesem Selbstbewußtsein und den sich daraus ergebenden
Konsequenzen wird man eben rechnen müssen. Viel wichtiger
für unsere Stellungnahme ist es jedoch, daß der Antrag
der èechischen Agrarpartei, der nunmehr mit soviel Pomp
aufgemacht wird, nicht auf dem Mistbeet dieser
Partei gewachsen ist, sondern ein getreuer Abklatsch des am 16.
Feber eingebrachten Antrags meines Kollegen Mayer ist,
der bereits die Agrarzölle gefordert und zwar genau derselben
Art. Sie werden sich errinnern, daß wir vom 9. Juni 1923
eine Verordnung der èechoslovakischen Regierung besitzen,
in deren ersten Teile eine wunderbare Fasade aufgemacht worden
ist, den Agrariern zuliebe. Darin wurde ihnen endlich einmal Zollschutz
versprochen, ein, wenn auch nicht gegenüber, so doch immerhin
für uns etwas bedeutender Koeffizient 6 wurde eingeführt
und dann kam die berühmte Methode. Im Art. II wurde der vorläufig
hübsch hoch hinaufgehängt zum Anschauen. Dieser Artikel
II enthält nämlich die gleitenden Zollschutzbestimmungen,
womit für Schieber und ähnliche Börsengrößen
Tür und Tor geöffnet ist, um gute Geschäfte zu
machen, deshalb wurde der Antrag Mayer im Feber eingebracht
und dieser Antrag hat folgenden Wortlaut:
"Die Regierung wird aufgefordert den Art.
II der Regierungsverordnung vom 4. Juni 1925, Slg. d. G. u. V.
Nr. 111, unter Aufrechterhaltung des Art. I dieser Regierungsverordnung
unverzüglich außer Kraft zu setzen."
Und nun kommt Herr Senator Donát
und bringt etwas ganz neues: "Der Regierung wird aufgetragen,
sofort die Bestimmungen des Art. II der Regierungsverordnung vom
4. Juni 1925 aufzuheben und dafür die Zollsätze, die
im Art. I der oben erwähnten Regierungsverordnung festgelegt
sind, in Geltung zu bringen." Sie sehen, die Priorität
des Antrags Donát wird sich schwer beweisen lassen.
Und da gibt es noch einen zweiten Passus darin, daß unverzüglich
unter Heranziehung der wirtschaftlichen Interessenvertretungen
die Vorarbeiten für die Erlassung eines definitiven èechoslovakischen
Zolltarifes begonnen werden - und dasselbe hat Senator
Donát aus dem Antrag Mayer übernommen.
Sie werden begreifen, daß das für uns gewiß eine
kleine Änderung der ganzen Situation beinhaltet, daß
wir selbstverständlich nicht gut das Kind, das unser Kind,
ist, heute verraten und verleugnen können, daß wir
nicht gut den Antrag Meyer heute fallen lassen können,
gerade deswegen, weil die èechischen Agrarier sich es erst
dann überlegen, für eine vernünftige Sache einzutreten,
wenn irgendetwas bei Ihnen gewachsen ist. (Výkøiky
posl. dr Hnídka.)
Ich kann mir nicht helfen, Kollege Hnídek,
solange etwas von uns ausgeht, geht es nicht. Damals war der Koalitionsrummel
noch etwas stark, Sie waren alle in ihm befangen, Euer Flirt war
damals noch stark, so daß Sie noch nicht die Notwendigkeit
begriffen hatten, Sie haben sich noch eingebildet, daß die
Koalition über die Nation, über die bäuerliche
Bevölkerung gestellt werden muß. In einer schwachen
Stunde hatten Sie eine Anwandlung, daß Sie auch etwas besser
machen könnten. Und weil nun diese Anwandlung da ist, können
wir heute nicht von unserem Standpunkte, den wir prinzipiell eingenommen
haben und immer einnehmen werden, ablassen. Gestern hat Kollege
Mašata selbst hier von der Tribüne herunter Reue
und Leid erweckt über Ihr Verhalten Jahre hindurch gerade
in allen agrarpolitischen Fragen. Es ist eine Tatsache,
daß man der èechischen Agrarpartei Vorwürfe,
und zwar Vorwürfe schwerster Art nicht ersparen kann. Ich
möchte einmal fragen: Wer war schuld an dem Fortbestand der
korrupten unwirtschaftlichen und unsozialen Getreidewirtschaft
der Kriegsgetreideverkehrsanstalt auch in den Jahren nach dem
Kriege, wo es doch längst Zeit gewesen wäre, damit aufzuräumen.
Der Patriotismus dieser Herren, der èechoslovakischen Agrarier
hat geglaubt, dem Staate mehr geben zu müssen als er geben
konnte und wie kläglich war doch die Rolle, die er bei der
Aufhebung dieser Zwangswirtschaft gespielt hat. Das Ministerium
Èerný I hat kommen
müssen. Erst mit einer Verordnung, so halb und halb, wurde
die Sache gemacht. Dann haben sie geschimpft, haben sich darüber
entrüstet, daß nur die Hälfte freigegeben wurde
und die Sozialisten haben Èerný
den Buckel vollgedroschen, daß er die Hälfte freigegeben
hat und innerlich waren sie beide froh, daß er in diesem
Falle seine Schuldigkeit getan hatte. Wer ist schuld daran, daß
die Vermögensabgabe in jener schwindelhaften Höhe für
die Landwirtschaft vorgeschrieben wurde gerade für jene,
die nicht wie die Industriebarone sich selbstverständlich
juristische Beiräte halten, die ihre Bilanzen dann dehnen
und strecken können, wie sie wollen.
Warum habt ihr den publizistischen Kampf uns
Jahre hindurch allein überlassen? Ihr habt keinen Finger
gerührt und als die Industriezölle eingeführt wurden,
als man auf einmal von Goldparität sprach, als man Industriezölle
von 20- bis 40facher Höhe gegenüber den Friedenszöllen
einführte, wo waren die èechischen Herren Agrarier,
wo war ihr èechischer Ackerbauminister? Sie waren nicht
zu Hause. Und jetzt möchte ich fragen, was ist denn der Dank
dafür, seitens der anderen nutznießenden Schichten
und Parteien für diese angebliche und eingebildete patriotische
Pflichterfüllung? Daß Ihr euch heute um den notwendigen
Schutz der Landwirtschaft mit Eueren Bettgenossen von gestern
raufen müßt. Wir haben seit dem Jahre 1920 und 1921
ein Zollermächtigungsgesetz. Die Minister für Handel,
Landwirtschaft und Finanzen haben das Recht eingeräumt bekommen,
Zölle einzuführen, aufzuheben, zu erhöhen, zu ermäßigen,
kurzum plein pouvoir. Da muß ich schon sagen, der Handelsminister
hat seine Pficht voll und ganz getan. Wir haben heute noch für
Baumwollwaren einen Koeffizienten von 21 bis 32, für Wirk-
und Webwaren, wozu auch Strümpfe und Socken gehören,
einen solchen von 25 bis 30, für Hüte einen zwanzigfachen
Koeffizienten, für Schuhe einen 21- bis 34fachen, wahrscheinlich
dem Herrn Baa zuliebe, für Seifen- und Wachswaren einen
30- bis 43fachen, für Sensen und Sicheln einen zwanzigfachen,
für landwirtschaftliche Maschinen einen 19- bis 20fachen,
für Elektromotoren einen 36- bis 43fachen Koeffizienten.
Ich weiß ja, ein großer Teil dieser
Herren (obrácen k nìm. soc. demokratickým
poslancùm) wird vielleicht ein Interesse
an den erstgenannten haben. Bei Sensen, Sicheln und landwirtschaftlichen
Maschinen wird Ihr Interesse allerdings aufhören Aber immerhin
ist es interessant, daß sich hier vor allem mein Kollege
Schweichhart über den Koeffizienten für landwirtschaftliche
Produkte aufgeregt hat. Und dann möchte ich den Herrn Kollegen
Hnídek fragen, wo denn, während die Industriezölle
eingeführt worden sind, ihre Partei war, ob sie geschlafen
hat, ich möchte fragen, wo war der Ackerbauminister ihrer
Partei, Herr Stanìk, wo
der Ackerbauminister Hodža.
Wo waren sie? Waren sie denn nicht zu Hause oder haben sie geschlafen,
haben sie gemeint, wir können das ertragen und brauchen nichts?
Die Agrarzölle sind nicht vielleicht eine Erfindung von uns,
ich möchte das vor allem feststellen, daß die Agrarzölle
auch nicht etwas sind, was wir heute justament den bösen
Konsumenten zu trotz einführen wollen. Tatsache ist, daß
die Agrarzölle bereits im alten Österreich und in anderen
Staaten bestanden und auch noch bestehen. Aber es kam der Krieg,
man wollte von außen Lebensmittel hereinbringen, die Agrarzölle
wurden darum aufgehoben, resp. der Koeffizient auf Null herabgesetzt.
Der Krieg war aus, für die Landwirtschaft kamen nicht gerade
rosige Verhältnisse, der Zollkoeffizient Null ist uns aber
geblieben. Das ist etwas, was sich nicht ertragen läßt.
Es ist selbstverständlich, daß wir das Recht haben,
zu fordern, daß eine Parität, eine Gleichmäßigkeit,
eine Gerechtigkeit wieder hergestellt werden muß, und solange
dies nicht der Fall ist, wird unsere Forderung aufrecht bleiben
müssen.
Ich bin selbstverständlich nicht gerade
auf den Zoll eingeschossen. Ich bin kein Zollfanatiker. Ich könnte
mir ohne weiters vorstellen, daß man die Landwirtschaft
mit ganz anderen Mitteln schützen, daß man ihr anders
helfen könnte. Ich bin jederzeit bereit, über solche
Mittel mit mir reden zu lassen und tatkräftig bei deren Verwirklichung
mitzutun. Aber etwas kann ich natürlich nicht zubilligen:
Daß man uns bloß verspricht und nichts gibt. Meine
Herren, mit den großen Themen, die man immer bei solcher
Gelegenheit anschneidet, wenn der Landwirt seine Lebensbedingnisse
sichergestellt wissen will, die aber am Nimmerleinstag erfüllt
werden, davon können wir nicht satt werden. Das ist ausgeschlossen,
ist unmöglich! Auch die Vergleiche mit Verhältnissen
in anderen Staaten hinken, wie ja so viele Vergleiche hinken.
Man hat gesagt, in Dänemark gebe es keinen Zollschutz, weil
die Landwirte ein Interesse daran haben, daß man Futtermittel
einführt, weil das Land ein Vieh-Exportland ist. Stimmt!
Dänemark ist ein kleines Land mit 3 Millionen Einwohnern.
Das ist allerdings nicht viel. Das Land ist verhältnismäßig
einheitlich in seiner Struktur. Dänemark ist ein Land von
außerordentlicher landwirtschaftlicher Bonität, es
hat ein maritimes Klima, eignet sich wunderbar für Futterbau
und vor allem hat das Land vorbildliche landwirtschaftliche Organisationen.
Es hat vor allem keine Slowakei und kein Karpathorußland
und es hat nicht die Differenzen, wie wir z. B. zwischen der Hana
und den schlesischen Bergen. Das ist das erste, worauf man Rücksicht
nehmen muß. Ich kann nicht dasselbe einführen, wenn
oben eine Bergwirtschaft ist, wo kein Kapital vorhanden ist, wo
es keine Organisation gibt, und kann dieses Land nicht vergleichen
mit irgend einer der besten Rübengegenden, wo wir zum Teile
vorbildliche Organisationen haben. Aber noch etwas anderes ist
zu berücksichtigen. Die Dänen haben so übers Wasser
hinüber vor ihrer Nase das große England mit der 8
Millionen-Stadt London liegen. Sie haben sich dementsprechend
auf die Milchproduktion spezialisiert, wie wir südmährischen
Bauern uns auf die Milchproduktion, auf den Gemüsebau, auf
die Ausfuhr jener Artikel spezialisiert haben, die die Großstadt
Wien braucht. Aber, meine sehr verehrten Herren, es ist unmöglich,
daß der karpathorussische Bauer dasselbe machen kann, wie
der dänische. Das ist ausgeschlossen und deswegen ist es
ein Geflunker, wenn man diesen Vergleinch zieht. Der große
Magen Londons kann von Dänemark versorgt werden. Dänemark
hat an London einen sicheren Markt und hat sich dementsprechend
auf die Milchproduktion und Schweinemast spezialisiert. Diese
Sache ist zu machen: das Land ist ein Zuschußland beim Getreide,
bei den Futtermitteln, es ist ein Überschußland bloß
bei den zwei oder drei Produkten, die ich genannt habe. Dänemark
ist ein Land mit vorbildlicher landwirtschaftlicher Kultur- und
dementsprechend ist es bei uns eben unmöglich, Vergleiche
damit zu ziehen, weil die Vorbedingungen bei uns nicht gegeben
sind.
Man kann auch einen Vergleich ziehen mit Rumänien,
Jugoslavien oder Polen. Da wird man uns sagen: Warum können
diese Länder die Schweine so viel billiger hereinliefern?
Meine Herren, der Grund und Boden in diesen Ländern kostet
fast nichts, die Grundrente ist niedrig, das Gemeindeland ungeheuer
groß und der betreffende Landwirt, auch der kleinste, hat
die Möglichkeit, sein Vieh im Frühjahr auf die Weide
zu treiben gegen einen minimalen Zins und am Ende des Jahres ein
ausgezeichnetes Vieh zum Verkauf zu kriegen. Meine sehr geehrten
Herren, ich weiß es ja, daß man mir einwenden wird:
Warum sollten wir es nicht auch so haben? Wenn Sie mir in diesem
Hause hier eine Majorität zusammenbringen, welche nicht nur
über die Stimmen, die Hände verfügt, sondern auch
den materiellen geldlichen Wert in der Hand hat, um bei unseren
Verhältnissen dasselbe durchzuführen, wenn Sie außerdem
eine große Exportgesellschaft für Menschen gründen
wollen, um ein paar Millionen Menschen, die dann hier zu viel
sind, in die Welt zu exportieren, dann können wir zu rumänischen
und jugoslavischen Verhältnissen übergehen. Vorläufig
ist das für uns ohne diese Vorbedingungen eben unmöglich.
Wir können vom intensiven zum extensiven Betrieb nicht mit
der Raschheit übergehen, ohne die schwersten sozialen Gefahren
für das Land heraufzubeschwören. Hunderttausende und
Millionen Menschen würden brotlos werden, Hunderttausende
und vielleicht Millionen würden das Heer der Arbeitslosen
vergrößern. Wenn die Herren glauben, daß man
darauf keine Rücksicht nehmen muß, ist das ihre Sache.
Es wäre auch noch eine andere Möglichkeit,
daß wir uns den Zollschutz ersparen könnten, wenn wir
ein einheitlich organisiertes Land wären, wo Industrie und
Landwirtschaft sich ausgleichen, wenn wir solche soziale Verhältnisse
hätten, daß wir sagen könnten: Wir sind eine Familie,
wo sich die Bedürfnisse im eigenen Rahmen des Staates befriedigen
lassen und wo sich die Verteilung der Güter klaglos vollzieht.
Dann wäre es unter Umständen möglich. Ich erinnere
mich daran, daß ich als Kind zu Hause aus einer Schüssel
mit der ganzen Familie gegessen habe. Es hat nie Streit gegeben,
es war genügend zum Essen da, aber auch so viel Taktgefühl,
daß einer dem anderen nicht das Essen weggenommen hat. Wenn
der Staat noch eine so ideale Familie wäre, wie seinerzeit
unter den alten patriarchalischen Verhältnissen am Lande,
wo einer dem anderen ohne weiters das seinige zubilligte, dann
gewiß würden wir keinen Zollschutz brauchen, dann würden
wir uns gegenseitig vertragen, dann würde der Inlandsverbraucher
zuerst vom Inlandserzeuger kaufen und erst dann, wenn das aufgebraucht
wäre, vom ausländischen. Meine sehr geehrten Herren!
Diese Kollegialität der Schichten, der Klassen des Volkes
ist aber nicht vorhanden. Und wenn Ihr (obrácen
k nìm. soc. demokratickým poslancùm) auf
Eure Interessen pocht, dann werdet Ihr auch uns erlauben müssen,
auf unseren Interessen zu bestehen. Das wird dann den Ausgleich
geben. Es geht aber nicht so, wie die Herren sich einbilden, indem
sie glauben, man könne einfach dekretieren, die einen haben
ständig die Bummern zu sein, haben ständig zu geben
und zufrieden zu sein. Warum, meine Herren, führen wir es
nicht bei den städtischen Restaurants so ein, daß alle
aus derselben Schüssel essen? Wer zuletzt käme, der
würde dann die Schüssel leer finden. Ihr aber möchtet
uns gerne als die letzten Gäste an der leeren Schüssel
sehen. Und damit sollen wir zufrieden sein, sollen noch froh sein,
daß wir am Leben sind, und euch brav und fleißig roboten.
Einen Achtstundentag gibt es für den Bauern nicht, trotzdem
er Gesetz ist. Aber mit Gesetzen kann man ihn eben nicht machen,
sondern der Bauer muß sich eben länger schinden und
plagen. Und was ist der Dank dafür? Daß Ihr sagt: Der
Bauer ist ein Wucherer, ein Gauner! Das ist der Dank dafür.
Schämen Sie sich, daß Sie nichts besseres vorzubringen
wissen.
Auch England hat man schon zum Vergleich herangezogen.
Wenn vielleicht unsere Landwirtschaft das Beispiel Englands nachahmen
sollte, so würde ich unsere ganze Landbevölkerung bedauern.
Grund und Boden in England ist zum großen Teil in der Hand
von ein paar Latifundienbesitzern, die Landwirtschaft ist kein
freier Bauernstand, sondern zum großen Teil Pächterei
und es war ein Hundeelend unter dem Freihandelsystem in England.
Es war unmöglich für einen anständigen Menschen,
der auf sich etwas hält, unter die Knute des Großkapitals
zu kriechen, und ich muß sagen: Der Krieg ist gekommen und
sofort hat man eingesehen, daß dieses System korrupt, veraltet,
miserabel für den Staat ist. Man hat eingesehen, daß
jeder Staat, sei es in Kriegs- oder Krisenzeiten, eine gewisse
Eigenbasis haben muß, wo er die Lebensmittel für sein
Volk bezieht. Deswegen ist auch in England die Umkehr gekommen,
die ganz kolossale Förderung des Getreidebaues. Und, meine
Herren, glauben Sie, daß das große England mit seiner
überwiegend industriellen Produktion, mutwillig und leichterdings
ohne eine innere Nötigung diese Sachen durchgeführt
hat? Das werden Sie den Engluändern gewiß nicht zumuten.
Glauben Sie, daß wir den inneren Markt nicht brauchen? Nur
die Industrie hat das große Interesse, uns als Käufer
zu haben, uns als Markt zu benützen, wir sollen nur die Kolonie
für diese Herren sein? Glauben Sie, daß wir nicht auch
dasselbe Interesse haben, daß wir einen inneren Markt haben,
wo wir unsere Produkte unterbringen können? Das Recht haben
wir und dieses Recht muß uns gewahrt bleiben. (Výkøiky
na levici. Potlesk.) Sie
sagen natürlich: Wir sollen billiger produzieren, so wie
die anderen. Was würden Sie sagen, wenn wir z. B. sagen wollten:
Wir werden konkurrieren mit den übrigen, aber erst müßte
man einmal dem Staate seine ganzen Güter wegnehmen, ohne
sie zu bezahlen, und Hutweiden daraus machen. Was würden
Sie sagen, wenn wir sagen wollten: Die landwirtschaftlichen Arbeiter
sind uns zu teuer (Posl. Schweichhart: Das wäre das erste!)
Verzeihen Sie, Herr Kollege. Das ist genau dasselbe, was Sie
machen. Sie wollen uns die Arbeit unmöglich machen, Sie wollen
es uns nicht möglich machen, daß wir für Euch
produzieren, Ihr wollt nicht, daß wir Eure Arbeiter sind,
daß wir in Euerem Interesse, um Euer Brot zu schaffen, arbeiten.
(Potlesk poslancù strany republikánské
a klubu "Bund der Landwirte".) Das
wollt Ihr uns unmöglich machen. (Rùzné
výkøiky.) Wenn wir sagen
wollten: Gleiches mit Gleichem vergelten, herein mit den Negern,
den chinesischen Kulis u. s. w., weg mit dieser Arbeiterschaft,
da würde es heißen: "Nationaler Verrat, Verbrechertum
u. s. w.", und es ist doch dasselbe, meine Herren, was Sie
uns gegenüber machen. Sie wollen es nicht ermöglichen,
daß wir in unserer Heimat und auf unserem Grund und Boden
für Euch, für die Stadt arbeiten können. (Posl.
Schweichhart: Die typischen unrichtigen Phrasen! - Posl.
Wünsch: Unsinn ist es!) Man kann die Klassifikation "Unsinn"
leicht austeilen, wenn man den Beweis dafür nicht erbringen
muß. Meine Herren! Sie scheinen ganz zu vergessen, daß
die Beschäftigungslosigkeit auch am Lande draußen unter
der Landarbeiterschaft eine ganz bedeutende ist. (Hluk.
Rùzné výkøiky.) Es
gibt gewiß Produkte, die wir ausführen, ohne daß
wir dafür einen Schutz haben. Ich erinnere daran, daß
z. B. die Rübe ein Produkt ist, wo uns ein Zollschutz gar
nichts nützt. Dann die Braugerste, da nützt es uns nichts,
wenn ein Zollschutz eingeführt wird. Die Braugerste müssen
wir ins Ausland exportieren und unter Umständen auch noch
die ausländischen Zollmauern damit übersteigen können.
Ihr glaubt, die patentierten Retter der Kleinlandwirte zu sein,
(Hluk na levici.) aber haben Sie schon einmal darüber
nachgedacht, was da kommen wird, wenn die Rübenproduktion
weiter so zurückgehen wird, wie sie zurückgegangen ist?
Es existiert heute bereits in den Rübengegenden Arbeitslosigkeit
in der Hochsaison der Arbeit. Sie vergessen scheinbar vollständig,
wenn irgendwo ein paar Industrien zugesperrt werden, daß
die betreffenden Arbeiter zum größeren Teil ihre Bekannten
und Verwandten auf dem Dorfe wieder kennen müssen, um zu
ihnen zu gehen und draußen eine Notbeschäftigung zu
finden und ihr tägliches Brot zu haben. (Hluk na levici.)
Sie scheinen ganz zu vergessen, daß die Landwirtschaft
jenes Reservoir ist, wo die Notbeschäftigung gegeben wird
und wo die Hungersnot zum größten Teil wir bannen müssen.
Das haben Sie alles vergessen. Sie scheinen auch ganz zu vergessen,
daß, wenn die ländliche Produktion weiter so zurückgeht
und weiter so unterbunden wird, dann, für das ganze Volk
und vor allem für die Arbeiterschaft in Stadt und Land die
allergrößten Gefahren hereinbrechen. Sie werden natürlich
immer sagen: Die landwirtschaftlichen Produkte verteuern die Lebenshaltung,
die Zölle werden unerträglich sein. Sie vergessen aber,
daß es statistische Erhebungen gibt, wieviel Brot, Mehl,
Gebäck usw. in einer Familie gebraucht wird. (Sehr richtig!)
Die Ausgabe einer Arbeiterfamilie für Gebäck, Mehl
und Brot macht nach den Erhebungen des Statistischen Staatsamtes
13.53%, bei einer Beamtenfamilie bloß 6.12% aus. Das ist
meines Erachtens verhältnismäßig wenig. Selbst
eine Erhöhung um 25% würde das ganze auf 15, 16 oder
17% der Gesamteinnahme des Arbeiters, oder auf 8% der Gesamteinnahme
des Beamten erhöhen. Man muß nun auch einmal annehmen,
was die Ausgaben für Bekleidung, Beschuhung, Wäsche
usw. für eine Familie bedeuten und wenn Sie eine solche 6köpfige
Arbeiterfamilie hernehmen, welche laut Ausweis des statistischen
Staatsamtes pro Jahr für Mehl und Brot 1991 Kronen ausgibt,
und für Bekleidung 500 Kronen pro Kopf annehmen, dann werden
Sie finden, daß die Bekleidung allein etwa 3000 Kè
ausmacht, und da vergessen Sie, Herr Koll. Schweichhart,
zu sagen, daß diese Industriezölle räuberisch
sind, daß sie die Verbraucher unglaublich belasten, mehr
belasten als die Agrarzölle. Aber gerade Sie, Herr Kollege,
als landwirtschaftlicher Vertreter, haben sich nur bemüßigt
gefühlt, gegen die Agrarzölle loszuziehen, (Posl.
Schweichhart: Und gegen die Industriezölle!) und so nebenbei
auch gegen die Industriezölle, ganz nebenbei! (Posl. de
Witte: Machen Sie nicht so, als wüßten Sie nicht, was
Sie im alten Österreich getan haben!) Verzeihen Sie,
da habe ich überhaupt noch nichts gemacht!