Ètvrtek 11. bøezna 1926

Hohes Haus! In einer großen Debatte hat auch Präsident Masaryk - es war am 4. Feber 1902 - den Deutschen zugerufen: "Ist denn die deutsche Sprache etwas heiliges, ist sie ein Fetisch", wie kann es gegenüber den Staatsgrundgesetzen gerechtfertigt werden, daß es einem Staatsbürger verwehrt wird, direkt mit den Zentralstellen in seiner Sprache zu korrespondieren?" Und er meinte zum Schlusse: "Sie wollen germanisieren und dazu sollen wir ruhig sein?" Und in seinem Buche "Weltrevolution", welches eine wahre Fundgrube politischen Wissens ist, sagt der Präsident: "Der èechoslovakische Staat wird ein èechoslovakischer sein. Aber der nationale Wert des Staates ist nicht durch die Staatssprache gesichert, die Sprache erschöpft nicht den nationalen Charakter, der nationale Charakter des Staates muß auf der Völkerqualität des konsequent, des nachdrücklich geführten gesamten kulturellen Programmes beruhen."

Da ich die großen Politiker des èechischen Volkes zitiert habe, möchte ich mir auch eine kleine Reminiszenz aus der Wirksamkeit des Dr Kramáø gestatten, der im österreichischen Parlamente ebenfalls am 4. Feber 1902 zu Worte gekommen ist, und der ausgerufen hat: "Meine Herren, Sie müssen, wenn Sie wollen, daß alle Nationen gleichwertig sind und daß alle den Staat gleich lieben, sagen: daß es nicht eine einzige Staatssprache geben kann, sondern daß die Sprache eines jeden Volkes die Staatssprache sein muß." (Souhlas na levici.) Und Herr Doktor Kramáø ist damals mit größter Entschiedenheit dafür eingetreten und hat es in seinem ganz interessanten Buche "Anmerkungen zur Politik" ich gestehe in Parenthese, daß ich es dreimal gelesen habe - gesagt, daß jeder Böhme und jeder Deutsche bei jeder Behörde im Königreich Böhmen in seiner Sprache sein Recht finde und zwar sein volles Recht, nicht etwa mit Zuhilfenahme von Dolmetschen, sondern, wie Herr Abgeordneter Kramáø dort ausführt, vor einem ordentlichen richterlichen Beamten, der bei dem betreffenden Amt zum regelmäßigen Dienst eingesetzt ist. Nicht an einer Stelle, an 5 Stellen spricht er sich als begeisterter Anhänger der Gautschen Verordnung aus und meint, daß nach seiner Auffassung sie die glückliche Lösung sind. (Posl. dr Kramáø: Vždy jsem je dìlal!) Man kann solche Bücher schwer ungeschehen machen.

Nun gestatten Sie mir noch eines zu sagen. Ich möchte dieses Kapitel damit abschießen, wie in ganz schlichten, einfachen und packenden Worten in seinen "Epištoly kutnohorské" Havlíèek den Gedanken, den ich vertreten habe, ausdrückt. Er sagt: "Es versteht sich ganz von selbst, daß wir nicht so unduldsam sein werden, daß wir z. B. den Deutschen Prags keine Schulen, keine Kirche und andere Anstalten zulassen würden, welche sie sich für ihre Zwecke errichten werden, daß wir sie zur Annahme èechischer Schriftstücke zwingen würden. Es läßt sich nicht" - sagt Havlíèek - "alles auf einen letzten Faden ausrechnen, aber genug wenn wir sagen, daß wir Anständigkeit und Gegenseitigkeit, nach barliche Liebe und Verträglichkeit wollen, indem wir uns zum ersten Grundsatz machen: Was du nicht willst, das dir getan werde, das mache auch dem anderen nicht." (Posl. dr Kramáø: Kdybyste byli takoví, mohlo být Rakousko na svìtì!) Es ist mir nicht bang nach Österreich, es ist uns dort nicht so herrlich gegangen. Wir wollen hier gute Verhältnisse, das scheint für uns momentan das aktuelle Problem zu sein. Schon die vorstehend von mir ins Treffen geführten Argumente müssen uns zum vehementesten Angriff auf die Sprachenverordnung berechtigen. Zu diesen Argumenten tritt noch eine ganze Reihe weiterer hinzu. Vor allem, das die Sprachenverordnungen nicht nur dem Sprachengesetze sondern einer ganzen Reihe von Gesetzen, so der Gewerbeordnung, dem Grundbuchgesetz, der Strafprozeßordnung, der Notariatsordnung u. s. w. und weiters auch dem Minderheitenvertrag von St. Germain widerstreiten. Wir haben eine Enquete abgehalten und konstatiert, daß sich nahezu in jeder der vielen Bestimmungen der Sprachenverordnungen nachweisen und in jedem einzelnen Falle aufzeigen läßt, wie leichtfertig die Schöpfer der Sprachenverordnung mit Gesetzen und der Verfassung umgesprungen sind. Sie haben gegen Recht und Gesetz den Gemeinden und Gemeindefunktionären, den zu Staatsorganen ernannten Dolmetschern, Geometern, Ärzten u. s. w. die außerordentlich drückenden sprachlichen Verpflichtungen, die volle Kenntnis der èechischen Sprache, die man sich bekantermaßen nicht leicht anzueignen vermag, auferlegt, haben Hunderttausenden von Menschen durch Androhung von Strafsanktionen und von zivilrechtlichen Versäumnisfolgen den Gebrauch der Muttersprache verleidet und erschwert, Sie haben die deutschen öffentlichen Angestellten den Torturen der Sprachprüfung ausgesetzt, deutschen Anwärtern durch schier unerfüllbare Sprachbedingungen den Weg zur Karriere verlegt und für die gesamte deutsche Bevölkerung... (Posl. dr Kramáø: Nemusili jsme my dìlat nìmeckou zkoušku?) Ne, ne. Man konnte ruhig im Amte bleiben. In dem Matajaerlaß wird ausdrücklich... (Posl. dr Kramáø: O tom Matajovi vám ještì povím, oè jde!) Ich bin neugierig, ich bin gespannt, es wird wohl eine herrliche Reminiszenz werden. Ich freue mich darauf, es zu hören. Ich weiß, dort ist ausdrücklich vorgesehen, daß mit Angestellten, welche sich der Fachprüfung in deutscher Sprache nicht unterzogen haben, die Korrespondenz èechisch geführt wird. Man hat niemanden geköpft, niemanden abgebaut, der die deutsche Sprachprüfung nicht gemacht hat, man hat èechisch korrespondiert. (Výkøiky posl. dr Kramáøe.)

Und jetzt möchte ich mir ein Wort über die Osterbegehrschrift erlauben, von der hier die Rede war. Soweit kennt doch Herr Dr Kramáø und die anderen Kollegen die Verhältnisse, daß sie wissen, daß die deutsche sozialdemokratische Partei mit der Verantwortung für die Osterbegehrschrift nicht belastet ist. Diese Osterbegehrschrift ist überhaupt eine ganz private Sache. Das wissen Herr Kramáø und die anderen. Auf keinen Fall ist diese Osterbegehrschrift.... (Posl. dr Kramáø: Kdybyste to byli vyhráli vy, øckli byste, že jste to byli vy!) Vyhráli? Wir haben nie gewonnen, und Sie haben nicht gewonnen, gewonnen haben die anderen. Die Geschichte hat entschieden, die Weltgeschichte, ich kenne nicht die Schlachtfelder, auf denen der Sieg erfochten worden wäre.

Wir Sozialdemokraten können es uns erlauben, gegen die Sprachenverordnungen in schärfster Weise anzukämpfen da wir immer, im alten Österreich wie auch hier, gegen Deutsche wie gegen Èechen jedwedes nationale oder sprachliche Vorrecht irgend welcher Nation mit größter Entschiedenheit abgelehnt haben und es ist dem Herrn Dr. Kramáø auch bekannt, daß wir im Brünner Nationalitätenprogramm, das wir gemeinsam mit den èechischen Sozialdemokraten ausgearbeitet hatten, expressis verbis das Verlangen nach einer Staatssprache verworfen haben. Darauf können wir uns berufen. Und aus dieser Tatsache, hohes Haus, schöpfen wir unsere Legitimation zum Kampfe gegen das Sprachenprivileg des èechischen Volkes. Und wenn von èechischer Seite behauptet wird - ich wäre der èechischen Presse dankbar, wenn sie diese Feststellung übernähme - daß es uns eigentlich nur darum zu tun ist, der èechischen Bevölkerung, insbesondere der èechischen Arbeiterschaft die Möglichkeit zu rauben, sich überall im Lande bei Geltendmachung ihres Rechtes ihrer Sprache zu bedienen, so erklären wir diese oder ähnliche Behauptungen für eine glatte Fälschung. Im Gegenteil, wir billigen dieses Recht der èechischen Bevölkerung und der èechischen Arbeiterschaft ohne weiters zu, aber wir verlangen, daß das gleiche Recht im gleichen Ausmaß überall im Lande auch der deutschen Bevölkerung, vor allem der deutschen Arbeiterschaft zugebilligt werde. Das ist es, was wir Ihnen sagen. Dieses Recht wird aber Ihrerseits vom èechoslovakischen Nationalismus, von der èechischen Regierung, von den èechischen Koalitionsparteien den deutschen Arbeitern und der deutschen Bevölkerung verweigert, gleichzeitig aber für sich selbst restlos die größten Sicherungen im Gebrauche der èechischen Sprache in Anspruch genommen. Dagegen aber hat sich bisher außer einem Teil des èechischen Proletariates, das stellen wir hiemit fest, keine Stimme im èechischen Lager erhoben und darin erblicken wir, hohes Haus, den Verfall des demokratischen Geistes innerhalb des èechischen Volkes.

Und nun ein Wort über die Aufregung, die die Protestkundgebungen der Minoritäten im èechischen Lager hervorgerufen haben. Es ist ganz merkwürdig, wie Sie sich verändert haben, meine Herren, es ist ganz merkwürdig, was aus Ihnen geworden ist. Ich habe an früheren Stellen in meiner Rede aufgezeigt, daß Sie in Ihrem Kampfe eine geradezu mimosenhafte Empfindlichkeit an den Tag gelegt haben und daß Sie wegen des bloßen Wörtchens "zulässig" beispielsweise das Parlament in die Luft gesprengt haben. Sie selbst aber geh en mit Keulenhieben auf die Opposition los sie unterbinde, ihr jeddolitische und parlamentarische Bewegungsmöglichkeit und wenn sich die Opposition zur Abwehr setzt, sind Sie entrüstet und sprechen von Aufruhr, von Irredenta, von Hochverrat, von Staatsfeindlichkeit oder wie der Herr Innenminister in seinem Exposé gesagt hat von schweren Angriffen der deutschen Bevölkerung auf den Staat und ähnliches.

Aber auch eine weitere Erscheinung, meine Herren, muß das größte Befremden unsererseits erregen. Sie sind es gewesen, meine Herren - das bringe ich den èechischen Politikern von anno dazumal in Erinnerung - die die parlamentarischen Sitten des alten Österreich durch Einführung der technischen, der physischen Obstruktion bereichert, die Obstruktion, welche bis dahin nur auf den Balkan beschränkt gewesen ist, in dieses Land importiert haben. Die erste technische Obstruktion, ich erinnere daran, wurde aus Anlaß der Überreichung einer Vorlage über das Trautenauer Kreisgericht im Jahre 1893 ins Werk gesetzt. Meine Herren, seit dem Jahre 1893 haben Sie sich dieses Kampfmittels unzähligemale bedient und immer im Anschlusse daran die Straße mobilisiert, Sie, die Sie sich darüber beklagen, daß man ihre Minister nicht zum Worte kommen läßt, daß man sie nicht sprechen läßt, Sie haben beispielsweise gleich im Jahre 1893 den damaligen Statthalter und dann im Parlamente vielfach die Minister nicht sprechen lassen und Sie wissen, daß Sie in vielen Fällen die Demission von Ministern durch diese Methoden erzwungen haben. Sie haben bei allen solchen Anlässen immer die Straßen mobilisiert und es ist ihnen gewiß sehr gut bekannt, daß es bei solchen Gelegenheiten nicht immer sehr harmlos zugegangen ist. Heute aber haben Sie bereits alles vergessen, heute werfen Sie sich zum Richter über die andern auf, wenn wir uns in unserem Kampfe auch nur eines Bruchteiles jener Methoden bedienen, mit denen Sie jahrzehntelang ihre Politik bestritten haben. Was würden Sie meine Herren zu einem deutschen Politiker sagen, der es beispielsweise wagen würde, Ihnen zuzurufen: "Jawohl die Obstruktion ist auch wirtschaftlich sehr gefährlich," weil ihre Konsequenzen zur Anarchie führen. Aber gleichwohl ist es für uns inopportun diese Obstruktion einzustellen." Ich frage: Würden Sie nicht unter den heutigen Verhältnissen gegen jeden deutschen Politiker, der derartiges sagen würde die Straße mobilisieren, die Gasse aufrufen? Im alten Österreich war es der gewesene Handelsminister, Abgeordneter Dr Fiedler, der es ruhig sagen durfte, ohne daß er, als er es getan hatte, von deutscher Seite wegen einer solchen Äußerung gesteinigt worden wäre. Sie haben nicht einmal, sondern zahllosemale das Parlament zerschlagen. Aber Sie justifizieren jeden deutschen Funktionär schon wegen eines bloßen schärferen Protestes, schon wegen einer bloßen parlamentarischen Auflehnung und geben dabei vor, Demokraten zu sein, d e Sie zu sein schon längst aufgehört haben. Meine Herren, Sie sind intolerant geworden bis zum Exzeß, Sie dulden überhaupt keinen Widerspruch, Sie haben aus Ihrer Geschichte entweder nichts gelernt oder aber, was das entscheidende ist, schon alles vergessen. (Posl. dr. Kramáø: Ale moc jsme se nauèili, ponìvadž jsme se poznali!) Ich antworte Ihnen darauf, Herr Dr Kramáø, Sie übertrumpfen das alte Österreich, nachdem Sie es jahrelang getreulich kopiert hatten. (Souhlas na levici.) Meine Herren! Sie sehen nicht wohin Sie zusteuern. Bitte - damit der Humor auf seine Rechnung kommt: Treffend hat dies einmal einer der hohen èechischen Funktionäre ausgedrückt, als es einen der èechischen Abgeordneten, der im österreichischen Parlament einer der streitbarsten Obstruktionisten war, in der Èechoslovakei sich aber nicht genug gütlich tun konnte an drakonischen Abwehrmaßnahmen gegen die Deutschen, als er diesem Abgeordneten zurief: "To je vždycky tak, když se z pytláka stane hajný!", das ist immer so, wenn aus einem Wilderer ein Heger wird. (Veselost na levici.) Der Herr Präsident hat in einer ähnlichen Situation einmal erbost ausgerufen ich habe es an früherer Stelle zitiert: "Meine Herren, Sie germanisieren, dazu sollen wir ruhig sein?" und alle haben das Wort begriffen. Hier wird bei einem lauten Protest gleich auf èechischer Seite aufgeschrieen. Ich erinnere Sie an das Wort Mattuš, das dieser Tage einmal der Herr Dr Traub in Erinnerung gebracht hat und das seinen "Pamìti" entnommen ist: Auf die Dauer läßt sich kein selbstbewußtes Volk durch eine fremde Nationsidee beherrschen und geschieht es mit Gewalt, so wird es zur Revolte dazu getrieben, was man anderwärts Hochverrat nennt. Sie wollen das nicht verstehen, Sie sehen nichts, Sie hören nichts, Sie blicken nicht um sich, Sie glauben durch Vergewaltigung der Minderheiten, Sie glauben durch Härte und Druck, also durch alte österreichische Methoden ihr nationalistisches Ziel durchsetzen zu können und Sie übersehen es ganz, meine Herren, daß Sie auf einem Vulkan sitzen und daß Sie den Staat und sich selbst dadurch nur gefährden. (Souhlas na levici.) Vor einigen Tagen zeigte dies die èechische sozialdemokratische "Stráž socialismu" in klarer Weise auf. In einem Artikel, der sich mit der Sprachenverordnung beschäftigte, setzte sie auseinander, daß man durch die bisherige Kampfmethode, durch die bisherige Politik sich nur selbst schade. Sie setzt auseinander, daß man vor allem den Grenzlern bloß die Arbeit erschwere. Sie zeigt an der Hand der Aufschriftenentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, wie schädlich der nationalistische Kampf ist und sagt dann zum Schluß: Kompromittieren wir uns nicht durch eine Aufschriftenkomödie. Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist nur ein Schritt und obwohl wir wissen, daß der Nationalismus vom Wirtshaus in den Saal der Gesetzgebung noch näher hat, wünschen wir nicht, daß in diesem Geiste politische Angelegenheiten erledigt werden. Es ist schwer, eine Satire nicht zu schreiben. (Posl. Špaèek: Schreiben Sie sie also!) Ich werde sie sofort schreiben. Wird man nicht zum Gespött, wenn z. B einem Gastwirt in Reichenberg die Verpflichtung auferlegt wird, ich glaube es ist in der Tuchmachergasse, die Aufschrift auf der Tafel erst in èechischer Sprache anzubringen und wenn dann die Passanten vorbeigehen, lesen sie: "Hostinec u Deutsche Einigkeit". Oder etwa eine ganz interessante Sache, die ich einem èechischen Blatt entnommen habe, damit Sie nicht sagen, daß wir in unserem glühenden Haß ungerecht sind. In einem Artikel der "Zájmy strojvùdcù", einem èechischen Blatte, wird über die Sprachprüfungen der Lokomotivführer Klage geführt und berichtet, daß unter anderem beispielsweise einem Lokomotivführer die Frage vorgelegt wurde: Haben Sie beim Militär ein Mädchen gehabt? Sie begreifen, das ist nicht bloß eine linguistische Frage. Sie werden verstehen, welchen Gewissensqualen der Kandidat ausgesetzt war, da er in seinem Gehirn erwog, was denn der Prüfungskommissär von den beiden Eventualitäten halten mag. Und wenn er sich dann zufälligerweise für das moralische entschieden hat und durchfällt, so schließt er das Kapitel mit der Betrachtung: Oh, hätte ich nur beim Militär ein Mädchen gehabt! Eine andere Sache, die in diesem Zusammenhange dieselbe Zeitung erzählt: Ein Lokomotivführer bekam, beispielsweise die Frage vorgelegt, wie Hufeisen auf èechisch lautet. Ich weiß nicht, ob er durchgefallen ist oder nicht. Das ist auch belanglos. Aber das Blatt fragt: wozu braucht ein Lokomotivführer ein Hufeisen und schließt die Betrachtung mit den Worten: höchstens zum Beschlagen des Sprachenamtsschimmels. Ich sage, das nicht um zu spotten, sondern um die Auswüchse zu zeigen. Wenn einem Kandidaten die Frage vorgelegt wurde, was er dann aus Machar kenne, so wird das hohe Haus mir zugeben, daß man vor zwei Jahren vielleicht mit der Rezitation Machar'schen Gedichte etwas im èechischen Volke aufgesteckt hätte. Heute aber kann man unter Umständen noch dafür eingesperrt werden.

Ich bringe diese Dinge in Erinnerung, ich lasse èechische Stimmen sprechen um zu zeigen, wohin dieser ganze Kampf ausartet und wem vor allem dadurch geschadet wird. Wir legen gegen solche Methoden mit aller Entschiedenheit Verwahrung ein und wir sagen, die Sprachenverordnung, die erlassen wurde, liegt in der Richtung dieser Methoden.. Auch wir sehen ein, daß die chaotischen sprachlichen Verhältnisse dieses Landes nach einer Regelung schreien, wie überhaupt die nationalen Verhältnisse dieses Staates dringend einer Regelung bedürfen, daß diese Regelung um so brennender ist, je schlechter die wirtschaftlichen Verhältnisse dieses Landes sind und je mehr auch diese eine Umgestaltung notwendig machen. Aber diese Regelung darf nicht nach altösterreichischem Rezept, nicht nach neuen èechischen Methoden geschehen, sondern im Wege der Verständigung nicht etwa bloß zwischen den beiderseitigen Bourgoisien, sondern der beiderseitigen Völker vor sich gehen und vor allem auf der Selbstbestimmung der beiden Völker aufgebaut sein. Nur eine solche Regelung würde dem Lande die notwendige Ruhe und dem Proletariat freie Bahn zu ungehinderter sozialer Arbeit geben. Alle bisherigen jahrzehntelangen Bemühungen um den Ausgleich ich glaube kein einziger ist Herrn Dr Kramáø erspart geblieben - mußten naturgemäß scheitern, da sie nur von nationalistisch kapitalistischen Geist beseelt gewesen sind. Sie dienten nur dem Zwecke der kapitalistischen Bourgoisie, der Aufteilung der Beute innerhalb der beiderseitigen Bourgoisien und sind mit vollständiger Ausschaltung des Proletariates durchgeführt worden. In Polen, daß auf gleichen Verhältnissen aufgebaut worden ist und auch mit gewaltigen Minderheiten zu rechnen hat, ist in diesem Augenblick die Sozialdemokratie, die diese ihre Mission in vollem Maße erkannt hat, eben daran eine Lösung der schwierigen nationalen Verhältnisse durchzuführen. Die polnische Sozialdemokratie hat den Eintritt in die Regierung von der Bestellung eines Unterstaatssekretariates zur Vorsorge für die Minderheitsangelegenheiten abhängig gemacht. Die polnische sozialdemokratische Partei hat verlangt, daß ein Ministerkabinett für die Ostfragen und für die Minderheitsfragen bestellt wird. Die polnische sozialdemokratische Partei hat, obwohl sie an der Regierung teilnimmt, einen Antrag eingebracht, der dem ukrainischen Teil der Bevölkerung Galiziens die Autonomie geben soll. Die polnische sozialdemokratische Partei hat einen Antrag auf Errichtung einer ukrainischen Universität eingebracht und sich gegen die nur nationalistischen Zwecken dienenden polnischen utraquistischen Schulen ausgesprochen. Aber noch auf eine andere sozialdemokratische Gruppe möchte ich verweisen. Im Kärntner Landtag - und das wurde geflissentlich in der deutschen und in der èechischen Presse übersehen und auch im Amtsblatt des Herrn Ministers des Äußern, das davon in der letzten Nummer spricht - regten unsere Kärntner Parteifreunde eine Verständigung mit dem slovenisch en Teil der Bevölkerung an. Unser Parteigenosse Dr Zeinitzer hat am 25. Dezember 1925 einen Antrag auf Errichtung einer slovenischen Schulkommission eingebracht und nun suchen die beiden Nationalitäten in gemeinsamer Arbeit den Weg zur Verständigung der beiden Völker zu finden. Nur auf diesem Boden, nur hier in der Èechoslovakei geschieht diesbezüglich gar nichts. Vor einiger Zeit schrieb das Organ der èechischen Sozialdemokratie, wörtlich, daß die Deutschen mit Forderungen kommen müssen, sie ganz ohne Bedenken ja mit aller Ehrlichkeit darlegen und die öffentliche Diskussion herbeiführen. Als ob es in diesem Lande auch nur einen einzigen seriösen Politiker geben würde, der nicht wüßte, was die Deutschen wollen und welches eigentlich ihre Forderungen sind. Im Jahre 1870 im sogenannten böhmischen Fundamental-Landtag haben die Èechen, als sie in diesem Jahre die Majorität erlangten, Verhandlungen mit den Deutschen Schmerling, Banhans und anderen eingeleitet und als sich die Verhandlungen zerschlagen haben, haben die Èechen im Jahre 1871 nicht etwa darauf gewartet, bis die Deutschen ihre Forderungen auf dem Präsentierteller bringen, sondern haben in Abwesenheit der Deutschen ein Nationalitätengesetz beschlossen, das auf der vollen Gleichberechtigung beider Volksstämme, auf nationaler Abgrenzung der Bezirke aufgebaut ist, für den landesfürstlichen und für den autonomen Dienst die Sprache der Mehrheit vorsieht, für den Amtsverkehr die Gleichberechtigung einräumt; die vor allem die beiderseitigen, Rechte der Nationalitäten an ein sogenanntes Kurialvotum bindet, gleichzeitig aber die Absonderung des Landes Böhmen beschlossen hat, was der Anlaß gewesen ist, daß die Deutschen damals dem Gesetze nicht beigetreten sind. Das hat dann dazu geführt, daß die Deutschen die Sanktionierung dieses Nationalitätengesetzes verhindert haben, das bis zum heutigen Tage nicht Gesetzeskraft erlangt hat. Seither haben bis in den Krieg hinein in einem fort Ausgleichsverhandlungen zwischen den beiden Volksstämmen stattgefunden und diese Ausgleichsverhandlungen, die eine schier unerschöpfliche Quelle von Belehrung für jedermann bilden, der die Wünsche und Forderungen der Deutschen bezüglich der Regelung ihrer nationalen Verhältnisse kennen lernen will. Unser Standpunkt, der Standpunkt der deutschen sozialdemokratischen Partei, die von der Selbstbestimmung ausgeht, wurde im Brünner Programm der Neunzigerjahre, das, wie erwähnt, gemeinsam mit der èechischen Partei erarbeitet wurde, festgelegt und nach Konstituierung des èechoslovakischen Staates durch die Beschlüsse von Teplitz weitergebildet. Die Beschlüsse unseres Teplitzer Programmes zeigen den einzig richtigen Weg aus den chaotischen Verhältnissen. Der von der sozialdemokratischen Partei überreichte Schulautonomieantrag bringt die leitenden Gedanken für eine Verständigung auf kulturellem Gebiete. Von der ersten Stunde an, die wir hier verbrachten, waren wir bemüht, den Weg zur Zusammenarbeit der Völker in diesem Lande zu suchen und wir haben uns selbst durch die brutale Behandlung, die unser im Jahre 1923 überreichter Antrag erfahren hat, von der Fortsetzung unserer Bemühungen nicht abbringen lassen. Diesen Weg wollen wir auch in Zukunft gehen. Gerade die grauenhafte nationalistische Überhitzung der derzeitigen politischen Verhältnisse des Landes, machen ein rasches und besonnenes Handeln dringend notwendig. Die Verhältnisse verschärfen sich in diesem Augenblicke von Tag zu Tag. Die nationalen Gegensätze spitzen sich immer mehr zu. Beiderseits wird die Situation als unerträglich empfunden. Wie in den heißesten Tagen des alten Österreich ist der staatliche und parlamentarische Apparat völlig ins Stocken geraten. Alle großen wirtschaftlichen und sozialen Fragen, alle großen Aufgaben müssen immer wieder zurückgestellt werden. Wenn nicht jetzt hohes Haus, gerade in dieser überhitzten Atmosphäre, dann wüßten wir wahrlich nicht, wann der psychologische Augenblick für einen ernsthaften Versuch zur Herbeiführung der Verständigung der Völker dieses Landes gegeben ist. Darum haben wir uns entschlossen, unseren seinerzeitigen Ausgleichsversuch zu erneuern und einen Antrag einzubringen, in welchem wir die Grundsätze für die Regelung der nationalen Verhältnisse dieses Landes aufstellen und die Einsetzung eines Nationalitätenausschusses verlangen, dem eine von der Regierung einzubringende Vorlage zur Berichterstattung zu unterbreiten ist.

Der Antrag, den wir in den nächsten Tagen einreichen werden, lautet: "Die Regierung wird aufgefordert, in der Frühjahrssession 1926 einen Antrag einzubringen, durch welchen die nationalen Verhältnisse in der èechoslovakischen Republik geregelt werden. Hiebei sind folgende Grundsätze zu beachten:

1. Die Verwaltung des Staates ist nach national möglichst einheitlichen Verwaltungsgebieten zu gliedern und innerhalb dieser Gebiete nach den Grundsätzen der vollen demokratischen Selbstverwaltung zu ordnen. 2. Die national-kulturellen Angelegenheiten aller Nationen sind durch jede Nation selbständig, durch autonome Organe zu besorgen. Hiebei sind insbesondere die Grundsätze des Antrages Hillebrand und Genossen über die nationale Schulautonomie zu verwirklichen. 3. Der verfassungsrechtliche Schutz gegen Entnationalisierung ist durch Erlassung der notwendigen Durchführungsbestimmungen wirksam zu machen."

"In formaler Beziehung beantragen wir, es möge gemäß § 22, Abs. 2 der Geschäftsordnung ein 32gliedriger Nationalitätenausschuß eingesetzt und diesem der vorliegende Antrag zur Berichterstattung binnen Monatsfrist übergeben werden."

Dieser Antrag wird von uns in den nächsten Tagen überreicht werden. Hoffen wir, daß ihm nicht dasselbe Schicksal beschieden sein wird, das die Koalition unserem Ausgleichsantrag im Jahre 1923 bereitet hat. Daß zur Durchführung dieser wichtigsten Aufgabe, die wir den beiden Völkern dieses Landes stellen, das jetzige allnationale Regierungssystem und die heutige, durch ihre gewalttätige Minderheitenpolitik kompromittierte Regierung unfähig ist, darüber kann es auch in ernsten èechischen Kreisen keinen Zweifel geben.

Meine Partei wird für den eingebrachten Mißtrauensantrag stimmen, in der festen Überzeugung, damit der gesamten Bevölkerung dieses Landes ohne Rücksicht auf die Nationalität, vor allem aber der Arbeiterklasse aller Nationen einen guten Dienst erwiesen zu haben. (Souhlas a potlesk na levici.)


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