Ètvrtek 11. bøezna 1926

9. Øeè posl. dr Keibla (viz str. 664 tìsnopisecké zprávy):

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Initiativausschuß hat es für gut befunden, den von deutscher Seite eingebrachten Antrag, der Regierung das Mißtrauen auszusprechen, abzulehnen, und an das Plenum des Hauses den Antrag zu stellen, daß es über diesen Antrag zur Tagesordnung übergehe. Offenbar war also der Initiativausschuß in seiner Mehrheit der Ansicht, daß unsere Beschwerden grundlos seien und daß die Regierung weder durch die jetzt erlassene Sprachenverordnung noch auch jemals früher gegebene Versprechungen gebrochen oder gar Gesetze verletzt und damit Rechte der sprachlichen Minderheiten, insbesondere der Sudetendeutschen, absichtlich und in böser Absicht geschmälert hätte. Diese Ansicht hat der Berichterstatter in seinem schriftlichen Bericht, Druck 128, nicht weiter begründet. Als mündlichen Bericht hat er lediglich eine gifttriefende Hetz rede gehalten, auf deren Inhalt einzugehen nicht lohnt.

Dem gegenüber will ich in gedrängter Form auf verschiedene Tatsachen hinweisen, die zur Genüge dartun werden, daß der Antrag der Opposition wohl begründet ist. Meine Damen und Herren, gewöhnlich heißt es, daß Rechte aus Rechtsquelen stammen. Man anerkennt als solche Gesetze, Verordnungen, soweit sie im Rahmen von Gesetzen erlassen werden, und internationale Verträge. Aber ich glaube, daß diese wohl für das rein bürgerliche Rechtsgebiet gültige Ansicht für das Gebiet des öffentlichen und insbesondere des Verfassungsrechtes nicht genügt, und daß hier auch noch andere Rechtsquellen bestehen, welche ebenso wie das gesatzte Recht sehr wohl imstande sind, Rechte und Verpflichtungen zu erzeugen und aufzuerlegen.

Wo nimmt denn der Staat überhaupt das Recht her, als solcher, als Träger der Staatsgewalt, zu bestehen und den ihn bewohnenden Menschen vorzuschreiben, was Rechtens sein soll? Denn stets besteht der Staat schon, ehe er dazu kommt, sich durch irgend ein Organ das Verfassungsgesetz zu geben, welches wiederum der Grundstein seiner ganzen künftigen Rechtsordnung sein soll. Es muß demnach etwas geben, was schon vor aller gesetzgebenden Tätigkeit da ist, das als das Ursprüngliche alles Übrige erst zur Folge hat? Damit allerdings verlassen wir das Gebiet der reinen juristischen Schlußfolgerung und Kasuistik und treten in das Gebiet der Rechtsphilosophie, der Geschichte und Politik. Aber dieser Schritt muß getan werden, wenn die von uns aufgeworfene Frage beantwortet werden soll, ob die in einem Staate geltenden Gesetze und Verordnungen sowie ihre Anwendung in der Praxis formell dem Verfassungsgesetz und den völkerrechtlichen Abmachungen entsprechen und dem Geiste, der sie schuf.

Wesentlich für jeden Staat ist die Art seiner Gründung und all das, was sich bei und unmittelbar vor seiner Gründung zugetragen hat.

Die Geschichte lehrt, daß wir von den meisten Staatengründungen so gut wie gar keine Kenntnis haben, daß viele durch Verträge zwischen Herrscherfamilien in früherer Zeit entstanden sind, oder daß politische Gewaltakte wie kriegerische Eroberung oder innere Umwälzung, Revolution, den Anlaß zum Entstehen gaben. Immer aber ist dabei Voraussetzung, daß die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung mit dem neuentstandenen Staate zufrieden ist oder aus irgend einem Grund zufrieden sein muß, daß es möglich ist, im Laufe einer verhältnismäßig kurzen Zeit den Übergang von der Gewalt - denn schließlich ist auch ein in früherer Zeit geschlossener dynastischer Familienvertrag über die Teilung einer Monarchie für die Untertanen ein Gewaltakt - zum Rechtzustand zu finden und das möglich zu machen, was man geschichtliche Staatstradition nennt und womit erst der neue Staat sich im allgemeinen politischen Grundgefühl der Bevölkerung verankert, und so einen consensus omnium hervorzubringen, so daß nach einer oder zwei Generationen kaum mehr an eine Änderung der bestehenden Verhältnisse gedacht wird und der Gewaltakt, der den Staat schuf, sozusagen der Vergessenheit anheim fällt. Erst dann, wenn dies geschehen ist, kann ein Staat als konsolidiert gelten und so kann allerdings auch eine Revolution zur wahren Rechtsquelle werden. Ich muß ergänzend noch hinzufügen, daß es unter den heutigen Verhältnissen zweifellos notwendig ist, daß der neue Staat eine völkerrechtliche Anerkennung findet, weil er sonst nicht imstande ist, sich am allgemeinen Weltverkehr zu beteiligen. Mit der Gründung allein ist der Fortbestand des Staates nicht gesichert. Er muß, wie schon gesagt, in möglichst kurzer Zeit den Übergang von der Gewalt zum Rechtszustand finden. Hiezu genügt es aber nicht, daß sich eine Revolutionsversammlung zusammensetzt und irgendwelche Gesetze ausarbeitet, sondern es ist zweifellos nötig, daß diese Gesetze in Ein klang stehen mit dem, was die ganze gebildete Welt als öffentliche Sitte, als Staatspflicht allgemein empfindet, das, was man früher mit den Ausdrücken "natürliche Rechte" oder "Menschenrechte" bezeichnete. Das allerdings ist nirgends in Paragraphen niedergelegt, es ist aber im allgemeinen Gefühl, wird durch das Blut lebendig, allerdings nicht durch Nachdenken bewußt, ist allerdings zeitlichen und kulturellen Wandlungen unterworfen, aber für eine bestimmte Zeit und für eine bestimmte Kultur allgemein gültig und eine wahre Quelle öffentlichen Rechtes und öffentlicher Verbindlichkeit. Das hat zur Folge, daß derjenige Staat, der sich gegen diesen Grundsatz versündigt, der allgemeinen Verachtung anheim fällt.

Meine verehrten Damen und Herren! Dieser Tatsache haben auch die èechischen Unterhändler in Versailles und auch die èechische Revolutionsversammlung Rechnung getragen. Ich muß wiederholen, was Herr Kollege Dr. Luschka hier schon betont hat, daß das Memoire III ganz genau erklärt hat, wie sich damals die Welt die Regelung jener Zustände dachte, die eben hier als sprachliche Gegensetzlichkeiten tatsächlich bestehen, und ich muß wiederholen, daß das Memoire III ausdrücklich erklärt, daß die Èechoslovakische Republik ein absolut demokratischer Staat sein werde, daß alle Ämter allen Staatsbürgern zugänglich sein werden und daß die Sprachen der Minderheiten überall zugelassen werden. Die Deutschen werden in Böhmen gleich sein mit den Èechen, die deutsche Sprache wird die zweite Landessprache werden, sie würden sich niemals einer vexatorischen Maßnahme gegen die deutsche Bevölkerung bedienen. Das Regime würde ähnlich sein wie in der Schweiz und dieses Regime wird in Böhmen nicht nur deshalb eingeführt werden, weil die Èechen ein tiefes Empfinden für Demokratie, Recht und Gerechtigkeit hätten, sondern auch deshalb, weil sie der. Ansicht seien, daß diese den Deutschen günstige Lösung auch den politischen Interessen ihres eigenen Landes und ihres eigenen Volkes entsprechen. Nach weiteren Beteuerungen der demokratischen Gesinnung und der politischen Ansicht der Èechen, die wüßten, daß Gewalttätigkeit und Ungerechtigkeit die Ursachen des Unterganges Österreich-Ungarns gewesen seien und daß eine ähnliche Politik nur ihrem Staate und ihrem Volke schaden könne, kommt das Memoire zum Ergebnisse, daß alle Traditionen den Schluß zulassen, daß die neue Republik die Deutschen in keiner Weise unterdrücken wird, die sich eines Regimes der Freiheit und Gerechtigkeit erfreuen würden.

Freiheit, Gerechtigkeit, gleiches Recht mit den Èechen, keine vexatorischen Maßnahmen, kurz das gleiche Regime wie in der Schweiz. Die Èechoslovakei sei nicht nur bereit, das gesamte durch die Friedenskonferenz zu Gunsten der Minderheiten eingeführte internationale Recht anzunehmen, sondern sie sei auch noch bereit, über ein solches Recht hinauszugehen und den Deutschen alle Rechte zu geben, die ihnen zukommen. Es ist wesentlich, daß diese Erklärung abgegeben wurde zu einem ganz bestimmten Zweck, um die Friedenskonferenz den èechischen Wünschen gefügig zu machen. Sie war eine Offerte, d e gemacht wurde, und wir wissen ganz genau, daß dieses Versprechen von den Alliierten mit besonderer Anerkennung angenommen wurde und daß man nur unter diesen Voraussetzungen den èechischen Wünschen in vollkommener Weise Rechnung trug. In dieser Annahme liegt aber meines Erachtens etwas mehr als eine bloße diplomatische Floskel, sondern es ist durch diese Annahme der Offerte ein wirklicher rechtsverbindender Vertrag entstanden. (Souhlas na levici.) Dadurch wurden die im Memoire II gegebenen Versprechungen wirkliche Vertragsverpflichtungen und sie haben die Èechen auch über den Minderschutzvertrag hinaus völkerrechtlich gebunden, natürlich soweit die Meinung politisch anständig denkender Menschen überhaupt in Betracht kommt.

In dasselbe Kapitel gehört auch die Einleitung zum ersten Verfassungsgesetz der Republik, welches lautet: "Wir, das èechoslovakische Volk, haben in der Absicht, die vollkommene Einheit der Völker zu befestigen, gerechte Satzungen in der Republik einzuführen, die richtige Entwicklung der èechoslovakischen Heimat zu sichern, dem allgemeinen Wohl aller Bürger dieses Staates zu nützen und die Segnungen der Freiheit den künftigen Geschlechtern zu verbürgen, in unserer Nationalversammlung am 29. Feber 1920 eine Verfassung für die Èechoslovakische Republik angenommen, deren Wortlaut folgt.

Dabei erklären wir, daß wir uns bemühen werden, diese Verfassung und alle Gesetze unseres Landes im Geiste unserer Geschichte, wie im Geiste der in dem Losungsworte der Selbstbestimmung enthaltenen modernen Grundsätze durchzuführen, denn wir wollen uns dem Völkerbunde anschließen als ein gebildetes, friedliebendes, demokratisches und fortschrittliches Mitglied." In unserer Verfassung ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker mit verankert.

Die Èechen wußten demnach bei der Gründung ihres Staates, was die allgemein gültige Meinung über die Rechtstellung der einzelnen Völker in einem mehrsprachigen Nationalitätenstaate war, dessen matter Abklatsch im Minderheitenvertrag vom 10. September 1919, Nr. 508, S. d. G. u. V. v. J. 1921, veröffentlicht und niedergelegt ist.

Doch muß ich auch noch auf den Minderheitenschutzvertrag zurückkommen. In ihm verpflichten sich die Èechen, alle Staatsbürger ohne Unterschied der Rasse, der Sprache oder Religion vor dem Gesetze gleichzuhalten und dieselben alle bürgerlichen und politischen Rechte genießen zu lassen, sowie dazu, daß den èechoslovakischen Staatsbürgern keinerlei Beschränkungen im freien Gebrauch irgendeiner Sprache im Privat- oder Geschäftsverkehr, in Angelegenheiten der Religion, der Presse oder öffentlichen Kundgebungen jedweder Art, oder in öffentlichen Versammlungen auferlegt werden. Unbeschadet der Einführung einer ofiziellen Sprache soll den Staatsangehörigen anderer Zungen als der èechischen angemessene Möglichkeit des schriftlichen und mündlichen Gebrauches ihrer Sprache vor Gericht geboten werden. Die Èechen verpflichten sich, alle diese Bestimmungen als Grundgesetz anzuerkennen und durch kein Gesetz, keine Verordnung und keine Amtshandlung dagegen zu verstossen. Auch erkannten sie an, daß kein Recht, keine Verordnung und keine Amtshandlung ihnen gegenüber Geltung haben sollte. Wie schon erwähnt, hatten die Èechen in ihrem Memoire erklärt, daß sie zugunsten der Deutschen über diese Verpflichtungen hinausgehen würden, daß sie insbesondere in Böhmen die deutsche Sprache zur zweiten Landessprache machen werden und überhaupt ein Regime, ähnlich wie in der Schweiz einführen würden. Aber schon bei der Kodifikation der Verfassung, die sie allein beschlossen, vergassen die Èechen die Versprechungen des Memoires. Sie hielten sich lediglich an den Minderheitenschutzvertrag und schränkten auch diesen in bewußter Weise ein, indem sie im § 128 dem Satze, daß die Staatsbürger im Privat- und Handelsverkehr, in der Presse und in allen Veröffentlichungen oder in öffentlichen Versammlungen, welche Sprache immer frei gebrauchen könnten, die Klausel "innerhalb der Grenzen der Gesetze" beifügten und die Sprachenfreiheit des Sprachengebrauches im öffentlichen Versammlungen auf öffentliche "Volksversammlungen" einschränkte. Sie fügten ferner einen ganzen einschränkenden Absatz bei, des Inhaltes "daß hiedurch" - nämlich durch diese Grundrechte - "die Rechte nicht berührt werden, die den Staatsorganen in diesen Richtungen auf Grund der geltend n oder künftig zu erlassenden Gesetze aus Gründen der öffentlichen Ordnung und der staatlichen Sicherheit sowie der wirksamen Aufsicht zukommen".

Wer erkennt in diesen Einschränkungen nicht den Geist der èechischen Politik? Das Verfassungsgesetz macht aus dem Rechte der Staatsbürger zum freien Gebrauch einer Sprache ein Recht zum freien Gebrauch der Sprache in öffentlichen Versammlungen, was ein großer Unterschied ist, da die Versammlung einer Gemeindevertretung zwar eine öffentliche, aber keine öffentliche Volksversammlung ist und sie schützen sich überdies gegen jede ihnen bedenkliche Auswirkung dieser vertragsmäßig verbrieften Freiheiten durch die allgemeine Klausel "innerhalb der Grenzen der allgemeinen Gesetze" und durch den zitierten Absatz 4 des § 128. Der Schutzvertrag erklärt alle Gesetze, Verordnungen und Amtshandlungen, die ihm entgegen wären, für ungültig, und die Èechoslovakei unterwarf sich diesfalls dem Spruch des Völkerbundrates. Das Sprachengesetz vom 29. Feber 1920, Nr. 122, das ein Verfassungsgesetz ist, beeilte sich vor allem die èechische Sprache als Staatssprache festzulegen. Im § 2 machte es schon Einschränkungen für den Gebrauch einer anderen Minderheitssprache auf Gerichtsbezirke, in welchen nach der letzten Volkszählung wenigstens 20% Angehörige einer anderen als der èechischen Sprache wohnen, ordnete aber im § 8 eine Durchführungsverordnung an, welche zwar im Geiste des Sprachengesetzes erfließen, aber doch auch Erleichterungen für jene schaffen sollte, die gezwungen sind, in reinèechischen Gebiete mit den Staatsbehörden und Organen zu verkehren, ohne der èechischen Sprache selbst mächtig zu sein. Steht schon das Sprachengesetz in den §§ 2 und 4 mit der Einleitung zur Verfassung, dem Minderheitsschutzvetrage, der allgemeinen politischen Moral in Widerspruche, so setzt die eben erlassene Durchführungsverordnung zum Sprachengesetz allem bereits Dagewesenen die Krone auf.

Ich selbst will mich nur auf ganz wenige Stellen beschränken, denn eigentlich verstößt jeder der 101 Artikel gegen die guten Sitten, die öffentliche Moral, die meisten gegen bestehenden Gesetze. Warum werden unter die Organe der Republik im Artikel 2 die autorisierten Zivilingenieure gezählt, welche tatsächlich niemals mehr in die Lage kommen, so wie vielleicht vor Jahrzehnten als staatliche Organe zu fungieren, da fast jede politische Bezirksverwaltung ihre Bauabteilung hat? Mit demselben Rechte hätte man alle konzessionierten Gewerbe bis zum Kanalräumergewerbe als Organe der Republik bezeichnen können, wobei letzteres bei dem Umstande, als ja die èechische politische Häuslichkeit über eine Unmenge von Unrat, Korruption und Schlamperei verfügt, immerhin noch verständlich wäre. Der § 8 des Sprachengesetzes spricht von Erleichterungen, welche z. B. den nur des Deutschen kundigen Parteien in rein èechischem Gebiet zu gewährleisten sind. Enthalten am Ende die Art. 4 bis 12 diese versprochenen Erleichterungen? Diese Artikel erschweren aber der des Èechischen unkundigen Partei nicht nur den Verkehr mit den Staatsbehörden im reinèechischen Gebiet, sondern machen ihn geradezu unmöglich. Es sind Bestimmungen, denen es jeder Laie auf den ersten Blick ansehen muß, daß sie nur dazu da sind, schlechterdings nicht eingehalten werden zu können. Wie kommt man dazu, bei Rückstellungen von Eingaben zur Verbesserung die Tage des Postenlaufes nicht einrechnen zu lassen? Auch dies steht im Widerspruch mit dem allgemeinen Rechtsempfinden, wie es in den analogen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung und der Geschäftsordnung der Gerichte niedergelegt ist. Wo ist eine sachliche Begründung dafür zu finden, daß jeder Rechtsvertreter èechisch können muß, daß auf ihn andere Bestimmungen angewendet werden, als auf seine Partei?

Eine juristische Ungeheuerlichkeit ist es aber, ein geradezu inqu sitorisches Verfahren betreffs der Sprachenkenntnis oder der Zugehörigkeit zu einer Sprachgemeinschaft anzustellen und hier sogar Strafen zu verhängen. Wo hört das Können einer Sprache auf, wo fängt es an? Kann die sprachliche Zugehörig keit nicht gewechselt werden? Wo sind die materiellen Rechtsätze, nach denen solche Verhältnisse beurteilt werden? Es zeugt von einem Tiefstande der öffentlichen Moral der Èechen und ihrer Regierung, daß sie es wagt, jemanden gegen seinen Willen zum Gebrauche einer nicht genehmen Sprache zu zwingen. So etwas greift tief in die Rechte der persönlichen Freiheit, welche angeblich auch die Verfassung dieses Staates im § 107 schützen will und deren analoger Fall im § 123 des ersten Verfassungsgesetzes mit der Bestimmung geregelt erscheint, daß niemand weder unmittelbar, noch mittelbar zur Teilnahme an einer wie immer gearteten religiösen Handlung gezwungen werden kann. Und wenn schon die Èechen ihrem nationalen Haß die Zügel schießen lassen wollten, so hätten sie wenigstens soviel Schamgefühl haben können, dies nicht durch eine Verordnung, sondern durch ein Gesetz zu tun da doch der § 107 Abs. 2 des ersten Verfassungsgesetzes vorschreibt, daß eine Beschränkung oder Entziehung der persönlichen Freiheit nur auf Grund eines Gesetzes möglich ist. Sämtliche Bestimmungen des zweiten und sechsten Hauptstückes der Sprachenverordnung, soweit sie den sprachlichen Minderheiten Rechte zuerkennen, sind nicht zwingendes Recht, es ist in das Belieben jedes èechisch en Fanatikers in selbst ganz untergeordneter Stellung gelegt, diese Rechte der Bevölkerung allergnädigst zukommen zu lassen, oder auch nicht, ohne daß im letzteren Falle eine Rechtsverweigerung stattfinden würde. Der Art. 66 der Sprachenverordnung bestimmt, daß auch ein Richter wegen bloßer Unkenntnis der Staatssprache als dauernd unfähig angesehen wird, seinen Dienstposten zu versehen, und daß seine Weigerung die Sprachprüfung abzulegen oder anders die Kenntnis der Staatssprache nachzuweisen, ein Grund dafür sei, daß ihn der Disziplinarsenat in den Ruhestand versetzt. Diese Bestimmung steht im Widerspruch mit dem heute noch geltenden Richterdienstgesetz. In ihm sind die Gründe, aus denen ein Richter im Disziplinarwege in den Ruhestand versetzt werden kann, taxativ aufgezählt und keine Verordnung ist imstande, hier etwas zu ändern oder zu ergänzen.

Das 14. Hauptstück der Sprachenverordnung bedeudet eine unerhörte Einschränkung und geradezu eine Sekkatur der Selbstverwaltungskörper. Daß nunmehr auch die strafrechtliche Peitsche über sie geschwungen wird, wie die Artikel 83 bis 86 beweisen, nimmt uns schließlich bei der ganzen Tendenz dieses neuesten Erzeugnisses èechischer Übermacht nicht weiter wunder. Aber angenagelt muß vor allem die Bestimmung des Art. 73 werden, welcher festsetzt, daß in Städten mit eigenem Statut der Bürgermeister und sein Stellvertreter vollständig der èechischen Sprache mächtig sein müssen. Hier liegt eine ganz unzweifelhafte Gesetzesverletzung vor, denn nur die betreffenden Gemeindestatute, welche durchwegs Gesetze sind, können bestimmen, wer in der Gemeinde Bürgermeister wird, oder nicht. Ich will auf die vielen Bestimmungen dieses und des 15. Hauptstückes, welche nur danach angetan sind, die Gemeinden zu sekkieren, und ihnen ganz überflüssige Ausgaben zu machen und welche selbst für die Gewerbegenossenschaften eine ganz odiose Fürsorge bekunden, nicht weiter eingehen, um nicht gar zulange zu werden, muß mich aber schließlich noch gegen den Artikel 99 wenden, welcher nichts weiter bedeutet, als daß jeder hergelaufene Bezirkspascha sich einfach über jedes Recht und Gesetz hinwegsetzen und anordnen kann, wozu er gerade Lust hat.

Die Sprachenverordnung wird sich in erster Linie bei den Staats- und Gemeindebehörden auswirken. Sie wird eine ungeheuere Belastung darstellen, unter der gar viele Ämter und Gerichte - ich verweise da nur auf die allgemein geforderte èechische Amtierung in Grundbuchsachen - einfach zusammenbrechen werden. Es ist ganz interessant, sich die Motive zum Sprachengesetz zurückzurufen. In den Motivenberichten zum Sprachengesetz wird darauf hingewiesen, daß das Sprachengesetz den Zweck habe, die Verwaltung zu vereinfachen und dabei zu sparen. Ich sage Ihnen aber, meine Herren, die Sprachenverordnung wird einen ungeheueren Aufwand an Geld und auch an Personal erfordern. Sie wird zwar gewiß im Anfang den Vorwand abgeben, wieder eine Menge tüchtiger deutscher Beamter und Angestellter aus dem Staatsdienste zu jagen, sie wird gleichzeitig der Grund sein, daß eine noch viel größere Anzahl neuer Kräfte wird aufgenommen werden müssen, wobei ich überzeugt bin, daß auf ihre Verwendbarkeit und Fachkenntnis kein sonderliches Gewicht gelegt werden wird. Sie wird einen ungeheuerlichen Geldaufwand erfordern und der Herr Finanzminister kann sich jetzt schon den Kopf zerbrechen, woher er die erforderlichen Millionen nehmen wird. Ich weiß von einer Menge von Gerichten, die heute ganze Stockwerke bereits angefordert haben, lediglich darum, um die neuen Bureaus und Beamten unterzubringen, die notwendig sein werden für die angeordneten doppelsprachigen Ämter. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.)

Durch die Sprachenverordnung hat zweifellos die èechische Innenpolitik dieses Staates die letzte Maske fallen lassen und sie zeigt jetzt ganz unverhüllt ihr wahres Gesicht. Ich möchte den sehen, der jetzt noch von der Möglichkeit eines friedlichen Zusammenlebens zwischen den Èechen und den übrigen Völkern dieses Staates sprechen könnte. Wir sind überzeugt, daß die jetzige Regierung durch die Sprachenverordnung mit Absicht bestehende Gesetze verletzt hat und daß genügend Grund vorhanden ist, die Ministeranklage zu erheben. Nur weil das Durchführungsgesetz hiezu noch nicht fertig ist, wurde als Ersatz das Mißtrauensvotum beantragt. Die Herren Èechen mögen aber nicht glauben, daß wir vielleicht bisher keinen Grund hatten der Regierung zu mißtrauen. Nein, wir haben gleich vom Anfang an den èechischen Staat ganz richtig eingesetzt, sehen wir doch seit reichlich sieben Jahren seine Regierung und sein Parlament an der Arbeit. Alles was hier beschlossen und verordnet worden ist, die gesamte Verwaltung und Exekutive ist von einem Geist beseelt, dem Haß gegen die Minderheitsvölker, insbesondere gegen uns Deutsche.

Mit der Verfassung fing es an, ging über die Bodenenteignung, die verschiedenen Eingriffe in die Gemeindeautonomie, die Behandlung der Kriegsanleihefrage, die Schuldrosselungen, die Beamtenentlassungen bis zur jetzigen Regelung der Sprachenfrage. Und auch da machen Sie nicht halt. Sogar die deutschen Hebammen und Zahntechniker bekommen Ihre Faust zu spüren, da Sie ihnen jede fachliche Ausbildung verweigern. Ihr Haß richtet sich nicht nur gegen Erwachsene, nein bereits Säuglinge und Ungeborene suchen Sie sich aus, um Ihrem politischen Sadismus an ihnen zu fröhnen. Wenn ich alles in allem nehme, so ist es seit sieben Jahren fortgesetzter Versuch eines nationalpolitischen Meuchelmordes, was Sie hier treiben. Und da verlangen Sie von uns Liebe, Loyalität zu ihrem Staate? Sie können und werden unseren Mißtrauensantrag selbstverständlich ablehnen. Sie können unsere Beschwerden bagatellisieren, und uns als Querulanten beschimpfen, für die der Pendrek gut genug ist, aber unsere Gefühle gegen Ihren Staat werden dadurch keine anderen werden. Geben Sie sich keinen Täuschungen hin. Die deutsche Bevölkerung draußen ist gerade durch die Sprachenverordnungen aufgerüttelt und ihr Vollzug wird die Erregung, solange sie besteht, in Fluß erhalten. Draußen finden gerade diejenigen deutschen Parlamentarier den meisten Beifall, welche am schärfsten gegen Ihr System sprechen. Nur so ist es zu erklären, daß der seinerzeitige Stinkbombenwurf allgemeine Begeisterung im deutschen Sprachengebiet erweckte. All das erzeugt ein Grundgefühl, das für Sie nicht gleichgültig sein kann. Sie können und werden ihm mit Gewalt begegnen, aber gerade dadurch werden Sie immer schwieriger von dem Gewalts- zum Rechtszustand in Ihrem Staate finden, den Sie brauchen, bis Sie eines Tages zu Ihrem Entsetzen werden gewahr werden, daß Gewalttätigkeit und Ungerechtigkeit die Ursachen des Unterganges Österreichs und auch Ihres Staates gewesen sind, wie Sie richtig im Memoire III vorausgesehen haben. In Ihrem Staate klaffen, bereits weite Sprünge, nicht nur die in der Minderheit befindlichen Völker sind unzufrieden und von Mißtrauen gegen Ihre Regierung erfüllt, sondern auch weite Schichten Ihres eigenen Volkes. Sehen Sie doch auf die Opposition: Dort sitzt eine große Gruppe, die Kommunisten, die zum größten Teil aus Ihren eigenen Volkszugehörigen besteht. Da muß doch Verschiedenes faul sein in Staate Dänemark. Und zählen Sie alle die zusammen, welche hinter der Opposition stehen, so werden Sie finden, daß es die Mehrheit der Bevölkerung Ihres Staates ist.

Ihr Staat gleicht heute einem bereits zersprungenen Topfe, den ein Drahtbinder zusammengeflickt hat, das Drahtgeflecht sind in Ihrem Falle die Kräfte der äußeren Politik. In dem Augenblicke, da diese in ihrer jetzigen Wirksamkeit sich ändern, zerreißt der Draht, und der Topf fällt auseinander. Wir Deutschnationalen haben kein Ursache, diese wahrscheinliche Entwicklung zu bedauern. Wir wissen längst, daß Ihr mit Deutschenhaß erfüllter Staat uns kein Vaterland sein kann. Unser Vaterland ist größer, es ist Alldeutschland, in das, wenn schon nicht wir selbst, so doch unsere Nachkommen erhobenen Hauptes einziehen werden. Inzwischen aber wollen wir uns an das Wort Nietzsches halten: "Was stürzen will, soll man stoßen". Das wollen wir nach besten Kräften besorgen. (Potlesk na levici.)


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