Sehr geehrte Damen und Herren! Der Initiativausschuß
hat es für gut befunden, den von deutscher Seite eingebrachten
Antrag, der Regierung das Mißtrauen auszusprechen, abzulehnen,
und an das Plenum des Hauses den Antrag zu stellen, daß
es über diesen Antrag zur Tagesordnung übergehe. Offenbar
war also der Initiativausschuß in seiner Mehrheit der Ansicht,
daß unsere Beschwerden grundlos seien und daß die
Regierung weder durch die jetzt erlassene Sprachenverordnung noch
auch jemals früher gegebene Versprechungen gebrochen oder
gar Gesetze verletzt und damit Rechte der sprachlichen Minderheiten,
insbesondere der Sudetendeutschen, absichtlich und in böser
Absicht geschmälert hätte. Diese Ansicht hat der Berichterstatter
in seinem schriftlichen Bericht, Druck 128, nicht weiter begründet.
Als mündlichen Bericht hat er lediglich eine gifttriefende
Hetz rede gehalten, auf deren Inhalt einzugehen nicht lohnt.
Dem gegenüber will ich in gedrängter
Form auf verschiedene Tatsachen hinweisen, die zur Genüge
dartun werden, daß der Antrag der Opposition wohl begründet
ist. Meine Damen und Herren, gewöhnlich heißt es, daß
Rechte aus Rechtsquelen stammen. Man anerkennt als solche Gesetze,
Verordnungen, soweit sie im Rahmen von Gesetzen erlassen werden,
und internationale Verträge. Aber ich glaube, daß diese
wohl für das rein bürgerliche Rechtsgebiet gültige
Ansicht für das Gebiet des öffentlichen und insbesondere
des Verfassungsrechtes nicht genügt, und daß hier auch
noch andere Rechtsquellen bestehen, welche ebenso wie das gesatzte
Recht sehr wohl imstande sind, Rechte und Verpflichtungen zu erzeugen
und aufzuerlegen.
Wo nimmt denn der Staat überhaupt das
Recht her, als solcher, als Träger der Staatsgewalt, zu bestehen
und den ihn bewohnenden Menschen vorzuschreiben, was Rechtens
sein soll? Denn stets besteht der Staat schon, ehe er dazu kommt,
sich durch irgend ein Organ das Verfassungsgesetz zu geben, welches
wiederum der Grundstein seiner ganzen künftigen Rechtsordnung
sein soll. Es muß demnach etwas geben, was schon vor aller
gesetzgebenden Tätigkeit da ist, das als das Ursprüngliche
alles Übrige erst zur Folge hat? Damit allerdings verlassen
wir das Gebiet der reinen juristischen Schlußfolgerung und
Kasuistik und treten in das Gebiet der Rechtsphilosophie, der
Geschichte und Politik. Aber dieser Schritt muß getan werden,
wenn die von uns aufgeworfene Frage beantwortet werden soll, ob
die in einem Staate geltenden Gesetze und Verordnungen sowie ihre
Anwendung in der Praxis formell dem Verfassungsgesetz und den
völkerrechtlichen Abmachungen entsprechen und dem Geiste,
der sie schuf.
Wesentlich für jeden Staat ist die Art
seiner Gründung und all das, was sich bei und unmittelbar
vor seiner Gründung zugetragen hat.
Die Geschichte lehrt, daß wir von den
meisten Staatengründungen so gut wie gar keine Kenntnis haben,
daß viele durch Verträge zwischen Herrscherfamilien
in früherer Zeit entstanden sind, oder daß politische
Gewaltakte wie kriegerische Eroberung oder innere Umwälzung,
Revolution, den Anlaß zum Entstehen gaben. Immer aber ist
dabei Voraussetzung, daß die überwiegende Mehrzahl
der Bevölkerung mit dem neuentstandenen Staate zufrieden
ist oder aus irgend einem Grund zufrieden sein muß, daß
es möglich ist, im Laufe einer verhältnismäßig
kurzen Zeit den Übergang von der Gewalt - denn schließlich
ist auch ein in früherer Zeit geschlossener dynastischer
Familienvertrag über die Teilung einer Monarchie für
die Untertanen ein Gewaltakt - zum Rechtzustand zu finden und
das möglich zu machen, was man geschichtliche Staatstradition
nennt und womit erst der neue Staat sich im allgemeinen politischen
Grundgefühl der Bevölkerung verankert, und so einen
consensus omnium hervorzubringen, so daß nach einer oder
zwei Generationen kaum mehr an eine Änderung der bestehenden
Verhältnisse gedacht wird und der Gewaltakt, der den Staat
schuf, sozusagen der Vergessenheit anheim fällt. Erst dann,
wenn dies geschehen ist, kann ein Staat als konsolidiert gelten
und so kann allerdings auch eine Revolution zur wahren Rechtsquelle
werden. Ich muß ergänzend noch hinzufügen, daß
es unter den heutigen Verhältnissen zweifellos notwendig
ist, daß der neue Staat eine völkerrechtliche Anerkennung
findet, weil er sonst nicht imstande ist, sich am allgemeinen
Weltverkehr zu beteiligen. Mit der Gründung allein ist der
Fortbestand des Staates nicht gesichert. Er muß, wie schon
gesagt, in möglichst kurzer Zeit den Übergang von der
Gewalt zum Rechtszustand finden. Hiezu genügt es aber nicht,
daß sich eine Revolutionsversammlung zusammensetzt und irgendwelche
Gesetze ausarbeitet, sondern es ist zweifellos nötig, daß
diese Gesetze in Ein klang stehen mit dem, was die ganze gebildete
Welt als öffentliche Sitte, als Staatspflicht allgemein empfindet,
das, was man früher mit den Ausdrücken "natürliche
Rechte" oder "Menschenrechte" bezeichnete. Das
allerdings ist nirgends in Paragraphen niedergelegt, es ist aber
im allgemeinen Gefühl, wird durch das Blut lebendig, allerdings
nicht durch Nachdenken bewußt, ist allerdings zeitlichen
und kulturellen Wandlungen unterworfen, aber für eine bestimmte
Zeit und für eine bestimmte Kultur allgemein gültig
und eine wahre Quelle öffentlichen Rechtes und öffentlicher
Verbindlichkeit. Das hat zur Folge, daß derjenige Staat,
der sich gegen diesen Grundsatz versündigt, der allgemeinen
Verachtung anheim fällt.
Meine verehrten Damen und Herren! Dieser Tatsache haben auch die
èechischen Unterhändler in Versailles und auch die
èechische Revolutionsversammlung Rechnung
getragen. Ich muß wiederholen, was Herr Kollege Dr. Luschka
hier schon betont hat, daß das Memoire III ganz genau
erklärt hat, wie sich damals die Welt die Regelung jener
Zustände dachte, die eben hier als sprachliche Gegensetzlichkeiten
tatsächlich bestehen, und ich muß wiederholen,
daß das Memoire III ausdrücklich erklärt, daß
die Èechoslovakische Republik ein absolut demokratischer
Staat sein werde, daß alle Ämter allen Staatsbürgern
zugänglich sein werden und daß die Sprachen der Minderheiten
überall zugelassen werden. Die Deutschen werden in Böhmen
gleich sein mit den Èechen, die deutsche Sprache wird die
zweite Landessprache werden, sie würden sich niemals einer
vexatorischen Maßnahme gegen die deutsche Bevölkerung
bedienen. Das Regime würde ähnlich
sein wie in der Schweiz und dieses Regime wird in Böhmen
nicht nur deshalb eingeführt werden, weil die Èechen
ein tiefes Empfinden für Demokratie, Recht und Gerechtigkeit
hätten, sondern auch deshalb, weil sie der. Ansicht seien,
daß diese den Deutschen günstige
Lösung auch den politischen Interessen ihres eigenen Landes
und ihres eigenen Volkes entsprechen. Nach weiteren Beteuerungen
der demokratischen Gesinnung und der politischen Ansicht der Èechen,
die wüßten, daß Gewalttätigkeit und Ungerechtigkeit
die Ursachen des Unterganges Österreich-Ungarns gewesen seien
und daß eine ähnliche Politik nur ihrem Staate und
ihrem Volke schaden könne, kommt das Memoire zum Ergebnisse,
daß alle Traditionen den Schluß zulassen, daß
die neue Republik die Deutschen in keiner Weise unterdrücken
wird, die sich eines Regimes der Freiheit und Gerechtigkeit erfreuen
würden.
Freiheit, Gerechtigkeit, gleiches Recht mit den Èechen,
keine vexatorischen Maßnahmen, kurz das gleiche Regime wie
in der Schweiz. Die Èechoslovakei
sei nicht nur bereit, das gesamte durch die Friedenskonferenz
zu Gunsten der Minderheiten eingeführte internationale
Recht anzunehmen, sondern sie sei auch noch bereit, über
ein solches Recht hinauszugehen und den Deutschen alle Rechte
zu geben, die ihnen zukommen. Es ist wesentlich, daß diese
Erklärung abgegeben wurde zu einem ganz bestimmten Zweck,
um die Friedenskonferenz den èechischen Wünschen
gefügig zu machen. Sie war eine Offerte, d e gemacht wurde,
und wir wissen ganz genau, daß dieses Versprechen von den
Alliierten mit besonderer Anerkennung angenommen wurde und daß
man nur unter diesen Voraussetzungen
den èechischen Wünschen in vollkommener Weise Rechnung
trug. In dieser Annahme liegt aber meines Erachtens etwas mehr
als eine bloße diplomatische Floskel, sondern es ist durch
diese Annahme der Offerte ein wirklicher rechtsverbindender Vertrag
entstanden. (Souhlas na levici.) Dadurch
wurden die im Memoire II gegebenen Versprechungen wirkliche Vertragsverpflichtungen
und sie haben die Èechen auch über den Minderschutzvertrag
hinaus völkerrechtlich gebunden, natürlich soweit die
Meinung politisch anständig denkender
Menschen überhaupt in Betracht kommt.
In dasselbe Kapitel gehört auch die Einleitung zum ersten
Verfassungsgesetz der Republik, welches lautet: "Wir, das
èechoslovakische Volk, haben in der Absicht, die vollkommene
Einheit der Völker zu befestigen, gerechte Satzungen in der
Republik einzuführen, die richtige Entwicklung der èechoslovakischen
Heimat zu sichern, dem allgemeinen Wohl aller Bürger dieses
Staates zu nützen und die Segnungen der Freiheit den künftigen
Geschlechtern zu verbürgen, in unserer
Nationalversammlung am 29. Feber 1920 eine Verfassung für
die Èechoslovakische Republik angenommen, deren Wortlaut
folgt.
Dabei erklären wir, daß wir uns
bemühen werden, diese Verfassung und alle Gesetze unseres
Landes im Geiste unserer Geschichte, wie im Geiste der in dem
Losungsworte der Selbstbestimmung enthaltenen modernen Grundsätze
durchzuführen, denn wir wollen uns dem Völkerbunde anschließen
als ein gebildetes, friedliebendes, demokratisches und fortschrittliches
Mitglied." In unserer Verfassung ist das Selbstbestimmungsrecht
der Völker mit verankert.
Die Èechen wußten demnach bei der Gründung ihres
Staates, was die allgemein gültige Meinung über die
Rechtstellung der einzelnen Völker in einem mehrsprachigen
Nationalitätenstaate war, dessen matter Abklatsch im Minderheitenvertrag
vom 10. September 1919, Nr. 508, S. d. G. u.
V. v. J. 1921, veröffentlicht und niedergelegt ist.
Doch muß ich auch noch auf den Minderheitenschutzvertrag
zurückkommen. In ihm verpflichten sich die Èechen,
alle Staatsbürger ohne Unterschied der Rasse, der Sprache
oder Religion vor dem Gesetze gleichzuhalten und dieselben alle
bürgerlichen und politischen Rechte genießen zu lassen,
sowie dazu, daß den èechoslovakischen Staatsbürgern
keinerlei Beschränkungen im freien Gebrauch irgendeiner Sprache
im Privat- oder Geschäftsverkehr, in
Angelegenheiten der Religion, der Presse oder öffentlichen
Kundgebungen jedweder Art, oder in öffentlichen Versammlungen
auferlegt werden. Unbeschadet der Einführung einer ofiziellen
Sprache soll den Staatsangehörigen anderer Zungen als der
èechischen angemessene Möglichkeit
des schriftlichen und mündlichen Gebrauches ihrer Sprache
vor Gericht geboten werden. Die Èechen verpflichten sich,
alle diese Bestimmungen als Grundgesetz anzuerkennen und durch
kein Gesetz, keine Verordnung und keine Amtshandlung dagegen
zu verstossen. Auch erkannten sie an, daß kein Recht, keine
Verordnung und keine Amtshandlung ihnen gegenüber Geltung
haben sollte. Wie schon erwähnt, hatten die Èechen
in ihrem Memoire erklärt,
daß sie zugunsten der Deutschen über diese Verpflichtungen
hinausgehen würden, daß sie insbesondere in Böhmen
die deutsche Sprache zur zweiten Landessprache machen werden und
überhaupt ein Regime, ähnlich wie in der Schweiz einführen
würden. Aber schon bei der Kodifikation der Verfassung, die
sie allein beschlossen, vergassen die Èechen die
Versprechungen des Memoires. Sie hielten sich lediglich an den
Minderheitenschutzvertrag und schränkten auch diesen in bewußter
Weise ein, indem sie im § 128 dem Satze, daß die Staatsbürger
im Privat- und Handelsverkehr, in der Presse
und in allen Veröffentlichungen oder in öffentlichen
Versammlungen, welche Sprache immer frei gebrauchen könnten,
die Klausel "innerhalb der Grenzen der Gesetze" beifügten
und die Sprachenfreiheit des Sprachengebrauches im öffentlichen
Versammlungen auf öffentliche "Volksversammlungen"
einschränkte. Sie fügten ferner einen ganzen einschränkenden
Absatz bei, des Inhaltes "daß hiedurch" - nämlich
durch diese Grundrechte - "die Rechte nicht berührt
werden, die den Staatsorganen in diesen Richtungen auf Grund der
geltend n oder künftig zu erlassenden Gesetze aus Gründen
der öffentlichen Ordnung und der staatlichen Sicherheit sowie
der wirksamen Aufsicht zukommen".
Wer erkennt in diesen Einschränkungen nicht den Geist der
èechischen Politik? Das Verfassungsgesetz
macht aus dem Rechte der Staatsbürger zum freien Gebrauch
einer Sprache ein Recht zum freien Gebrauch der Sprache in öffentlichen
Versammlungen, was ein großer Unterschied ist, da die Versammlung
einer Gemeindevertretung zwar eine öffentliche, aber keine
öffentliche Volksversammlung ist und sie schützen sich
überdies gegen jede ihnen bedenkliche Auswirkung dieser vertragsmäßig
verbrieften Freiheiten durch die allgemeine Klausel "innerhalb
der Grenzen der allgemeinen Gesetze" und durch den zitierten
Absatz 4 des § 128. Der Schutzvertrag erklärt alle Gesetze,
Verordnungen und Amtshandlungen, die ihm entgegen wären,
für ungültig, und die Èechoslovakei unterwarf
sich diesfalls dem Spruch des Völkerbundrates. Das Sprachengesetz
vom 29. Feber 1920, Nr. 122, das ein
Verfassungsgesetz ist, beeilte sich vor allem die èechische
Sprache als Staatssprache festzulegen. Im § 2 machte es schon
Einschränkungen für den Gebrauch einer anderen Minderheitssprache
auf Gerichtsbezirke, in welchen nach der letzten Volkszählung
wenigstens 20% Angehörige einer anderen als
der èechischen Sprache wohnen, ordnete aber im § 8
eine Durchführungsverordnung an, welche zwar im Geiste des
Sprachengesetzes erfließen, aber doch auch Erleichterungen
für jene schaffen sollte, die gezwungen sind, in reinèechischen
Gebiete mit den Staatsbehörden und Organen zu verkehren,
ohne der èechischen Sprache selbst mächtig zu sein.
Steht schon das Sprachengesetz in den §§ 2 und 4 mit
der Einleitung zur Verfassung, dem Minderheitsschutzvetrage, der
allgemeinen politischen Moral in Widerspruche, so setzt die eben
erlassene Durchführungsverordnung zum Sprachengesetz allem
bereits Dagewesenen die Krone auf.
Ich selbst will mich nur auf ganz wenige Stellen
beschränken, denn eigentlich verstößt jeder der
101 Artikel gegen die guten Sitten, die öffentliche Moral,
die meisten gegen bestehenden Gesetze. Warum werden unter die
Organe der Republik im Artikel 2 die autorisierten Zivilingenieure
gezählt, welche tatsächlich niemals mehr in die Lage
kommen, so wie vielleicht vor Jahrzehnten als staatliche Organe
zu fungieren, da fast jede politische Bezirksverwaltung ihre Bauabteilung
hat? Mit demselben Rechte hätte man alle konzessionierten
Gewerbe bis zum Kanalräumergewerbe als Organe der Republik
bezeichnen können, wobei letzteres bei dem Umstande,
als ja die èechische politische Häuslichkeit über
eine Unmenge von Unrat, Korruption und Schlamperei verfügt,
immerhin noch verständlich wäre. Der § 8 des Sprachengesetzes
spricht von Erleichterungen, welche z. B. den
nur des Deutschen kundigen Parteien in rein èechischem
Gebiet zu gewährleisten sind. Enthalten am Ende die Art.
4 bis 12 diese versprochenen Erleichterungen? Diese Artikel erschweren
aber der des Èechischen unkundigen Partei nicht nur den
Verkehr mit den Staatsbehörden
im reinèechischen Gebiet, sondern machen ihn geradezu unmöglich.
Es sind Bestimmungen, denen es jeder Laie auf den ersten Blick
ansehen muß, daß sie nur dazu da sind, schlechterdings
nicht eingehalten werden zu können. Wie kommt man dazu, bei
Rückstellungen von Eingaben zur Verbesserung die Tage des
Postenlaufes nicht einrechnen zu lassen? Auch dies steht im Widerspruch
mit dem allgemeinen Rechtsempfinden, wie es in den analogen Bestimmungen
der Zivilprozeßordnung und der Geschäftsordnung der
Gerichte niedergelegt ist. Wo ist eine sachliche Begründung
dafür zu finden, daß jeder Rechtsvertreter èechisch
können muß, daß auf ihn andere Bestimmungen angewendet
werden, als auf seine Partei?
Eine juristische Ungeheuerlichkeit ist es aber,
ein geradezu inqu sitorisches Verfahren betreffs der Sprachenkenntnis
oder der Zugehörigkeit zu einer Sprachgemeinschaft anzustellen
und hier sogar Strafen zu verhängen. Wo hört das Können
einer Sprache auf, wo fängt es an? Kann die sprachliche Zugehörig
keit nicht gewechselt werden? Wo sind die materiellen Rechtsätze,
nach denen solche Verhältnisse beurteilt werden? Es zeugt
von einem Tiefstande der öffentlichen Moral der Èechen
und ihrer Regierung, daß sie es wagt, jemanden gegen seinen
Willen zum Gebrauche einer nicht genehmen Sprache zu zwingen.
So etwas greift tief in die Rechte der persönlichen
Freiheit, welche angeblich auch die Verfassung dieses Staates
im § 107 schützen will und deren analoger Fall im §
123 des ersten Verfassungsgesetzes mit der Bestimmung geregelt
erscheint, daß niemand weder unmittelbar, noch mittelbar
zur Teilnahme an einer wie immer gearteten religiösen Handlung
gezwungen werden kann. Und wenn schon die Èechen ihrem
nationalen Haß die Zügel schießen lassen wollten,
so hätten sie wenigstens soviel Schamgefühl haben können,
dies nicht durch eine Verordnung, sondern durch
ein Gesetz zu tun da doch der § 107 Abs. 2 des ersten Verfassungsgesetzes
vorschreibt, daß eine Beschränkung oder Entziehung
der persönlichen Freiheit nur auf Grund eines Gesetzes möglich
ist. Sämtliche Bestimmungen des zweiten und sechsten Hauptstückes
der Sprachenverordnung, soweit sie den sprachlichen Minderheiten
Rechte zuerkennen, sind nicht zwingendes Recht, es ist
in das Belieben jedes èechisch en Fanatikers in selbst
ganz untergeordneter Stellung gelegt, diese Rechte der Bevölkerung
allergnädigst zukommen zu lassen, oder auch nicht, ohne daß
im letzteren Falle eine Rechtsverweigerung
stattfinden würde. Der Art. 66 der Sprachenverordnung bestimmt,
daß auch ein Richter wegen bloßer Unkenntnis der Staatssprache
als dauernd unfähig angesehen wird, seinen Dienstposten zu
versehen, und daß seine Weigerung die Sprachprüfung
abzulegen oder anders die Kenntnis der Staatssprache nachzuweisen,
ein Grund dafür sei, daß ihn der Disziplinarsenat in
den Ruhestand versetzt. Diese Bestimmung steht im Widerspruch
mit dem heute noch geltenden Richterdienstgesetz. In ihm sind
die Gründe, aus denen ein Richter im Disziplinarwege in den
Ruhestand versetzt werden kann, taxativ aufgezählt und keine
Verordnung ist imstande, hier etwas zu ändern oder zu ergänzen.
Das 14. Hauptstück der Sprachenverordnung
bedeudet eine unerhörte Einschränkung und geradezu eine
Sekkatur der Selbstverwaltungskörper. Daß nunmehr auch
die strafrechtliche Peitsche über sie geschwungen wird, wie
die Artikel 83 bis 86 beweisen, nimmt uns schließlich
bei der ganzen Tendenz dieses neuesten Erzeugnisses èechischer
Übermacht nicht weiter wunder. Aber angenagelt muß
vor allem die Bestimmung des Art. 73 werden, welcher festsetzt,
daß in Städten mit eigenem Statut der Bürgermeister
und sein Stellvertreter vollständig der èechischen
Sprache mächtig sein müssen. Hier liegt eine ganz unzweifelhafte
Gesetzesverletzung vor, denn nur die betreffenden Gemeindestatute,
welche durchwegs Gesetze sind, können bestimmen, wer in der
Gemeinde Bürgermeister wird, oder nicht.
Ich will auf die vielen Bestimmungen dieses und des 15. Hauptstückes,
welche nur danach angetan sind, die Gemeinden zu sekkieren, und
ihnen ganz überflüssige Ausgaben zu machen und welche
selbst für die Gewerbegenossenschaften eine ganz odiose Fürsorge
bekunden, nicht weiter eingehen, um nicht gar zulange zu werden,
muß mich aber schließlich noch gegen den Artikel 99
wenden, welcher nichts weiter bedeutet, als daß jeder hergelaufene
Bezirkspascha sich einfach über jedes Recht und Gesetz hinwegsetzen
und anordnen kann, wozu er gerade Lust hat.
Die Sprachenverordnung wird sich in erster
Linie bei den Staats- und Gemeindebehörden auswirken. Sie
wird eine ungeheuere Belastung darstellen, unter der gar viele
Ämter und Gerichte - ich verweise da nur auf die allgemein
geforderte èechische Amtierung in Grundbuchsachen - einfach
zusammenbrechen werden. Es ist ganz interessant, sich die Motive
zum Sprachengesetz zurückzurufen. In den Motivenberichten
zum Sprachengesetz wird darauf hingewiesen,
daß das Sprachengesetz den Zweck habe, die Verwaltung zu
vereinfachen und dabei zu sparen. Ich sage Ihnen aber, meine Herren,
die Sprachenverordnung wird einen ungeheueren Aufwand an Geld
und auch an Personal erfordern. Sie wird zwar gewiß im Anfang
den Vorwand abgeben, wieder eine Menge tüchtiger deutscher
Beamter und Angestellter aus dem Staatsdienste zu jagen, sie wird
gleichzeitig der Grund sein, daß eine noch viel größere
Anzahl neuer Kräfte wird aufgenommen werden müssen,
wobei ich überzeugt bin, daß auf ihre Verwendbarkeit
und Fachkenntnis kein sonderliches Gewicht gelegt werden wird.
Sie wird einen ungeheuerlichen Geldaufwand erfordern und der Herr
Finanzminister kann sich jetzt schon den Kopf zerbrechen, woher
er die erforderlichen Millionen nehmen wird. Ich weiß von
einer Menge von Gerichten, die heute ganze Stockwerke bereits
angefordert haben, lediglich darum, um die neuen Bureaus und Beamten
unterzubringen, die notwendig sein werden für die angeordneten
doppelsprachigen Ämter. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Stivín.)
Durch die Sprachenverordnung hat zweifellos die èechische
Innenpolitik dieses Staates die letzte Maske fallen lassen und
sie zeigt jetzt ganz unverhüllt ihr wahres Gesicht. Ich möchte
den sehen, der jetzt noch von der Möglichkeit eines friedlichen
Zusammenlebens zwischen den Èechen und den übrigen
Völkern dieses Staates sprechen könnte. Wir sind überzeugt,
daß die jetzige Regierung durch die Sprachenverordnung mit
Absicht bestehende Gesetze verletzt hat und daß
genügend Grund vorhanden ist, die Ministeranklage zu erheben.
Nur weil das Durchführungsgesetz hiezu noch nicht fertig
ist, wurde als Ersatz das Mißtrauensvotum beantragt. Die
Herren Èechen mögen aber nicht glauben, daß
wir vielleicht bisher keinen Grund hatten
der Regierung zu mißtrauen. Nein, wir haben gleich vom Anfang
an den èechischen Staat ganz richtig eingesetzt, sehen
wir doch seit reichlich sieben Jahren seine Regierung und sein
Parlament an der Arbeit. Alles was hier beschlossen und verordnet
worden ist, die gesamte Verwaltung und Exekutive
ist von einem Geist beseelt, dem Haß gegen die Minderheitsvölker,
insbesondere gegen uns Deutsche.
Mit der Verfassung fing es an, ging über
die Bodenenteignung, die verschiedenen Eingriffe in die Gemeindeautonomie,
die Behandlung der Kriegsanleihefrage, die Schuldrosselungen,
die Beamtenentlassungen bis zur jetzigen Regelung der Sprachenfrage.
Und auch da machen Sie nicht halt. Sogar die deutschen Hebammen
und Zahntechniker bekommen Ihre Faust zu spüren, da Sie ihnen
jede fachliche Ausbildung verweigern. Ihr Haß richtet sich
nicht nur gegen Erwachsene, nein bereits Säuglinge und Ungeborene
suchen Sie sich aus, um Ihrem politischen Sadismus an ihnen zu
fröhnen. Wenn ich alles in allem nehme, so ist es seit sieben
Jahren fortgesetzter Versuch eines nationalpolitischen Meuchelmordes,
was Sie hier treiben. Und da verlangen Sie von uns Liebe, Loyalität
zu ihrem Staate? Sie können und werden unseren Mißtrauensantrag
selbstverständlich ablehnen. Sie können unsere Beschwerden
bagatellisieren, und uns als Querulanten beschimpfen, für
die der Pendrek gut genug ist, aber unsere Gefühle gegen
Ihren Staat werden dadurch keine anderen werden. Geben Sie sich
keinen Täuschungen hin. Die deutsche Bevölkerung draußen
ist gerade durch die Sprachenverordnungen aufgerüttelt und
ihr Vollzug wird die Erregung, solange sie besteht, in Fluß
erhalten. Draußen finden gerade diejenigen deutschen Parlamentarier
den meisten Beifall, welche am schärfsten gegen Ihr System
sprechen. Nur so ist es zu erklären, daß der seinerzeitige
Stinkbombenwurf allgemeine Begeisterung im deutschen Sprachengebiet
erweckte. All das erzeugt ein Grundgefühl, das für Sie
nicht gleichgültig sein kann. Sie können und werden
ihm mit Gewalt begegnen, aber gerade dadurch werden Sie immer
schwieriger von dem Gewalts- zum Rechtszustand in Ihrem Staate
finden, den Sie brauchen, bis Sie eines Tages zu Ihrem Entsetzen
werden gewahr werden, daß Gewalttätigkeit und Ungerechtigkeit
die Ursachen des Unterganges Österreichs und auch Ihres Staates
gewesen sind, wie Sie richtig im Memoire III vorausgesehen haben.
In Ihrem Staate klaffen, bereits weite Sprünge, nicht nur
die in der Minderheit befindlichen Völker sind unzufrieden
und von Mißtrauen gegen Ihre Regierung erfüllt, sondern
auch weite Schichten Ihres eigenen Volkes. Sehen Sie doch auf
die Opposition: Dort sitzt eine große Gruppe, die Kommunisten,
die zum größten Teil aus Ihren eigenen Volkszugehörigen
besteht. Da muß doch Verschiedenes faul sein in Staate Dänemark.
Und zählen Sie alle die zusammen, welche hinter der Opposition
stehen, so werden Sie finden, daß es die Mehrheit der Bevölkerung
Ihres Staates ist.
Ihr Staat gleicht heute einem bereits zersprungenen
Topfe, den ein Drahtbinder zusammengeflickt hat, das Drahtgeflecht
sind in Ihrem Falle die Kräfte der äußeren Politik.
In dem Augenblicke, da diese in ihrer jetzigen Wirksamkeit sich
ändern, zerreißt der Draht, und der Topf fällt
auseinander. Wir Deutschnationalen haben kein Ursache, diese wahrscheinliche
Entwicklung zu bedauern. Wir wissen längst, daß Ihr
mit Deutschenhaß erfüllter Staat uns kein Vaterland
sein kann. Unser Vaterland ist größer, es ist Alldeutschland,
in das, wenn schon nicht wir selbst, so doch unsere Nachkommen
erhobenen Hauptes einziehen werden. Inzwischen aber wollen wir
uns an das Wort Nietzsches halten: "Was stürzen will,
soll man stoßen". Das wollen wir nach besten Kräften
besorgen. (Potlesk na levici.)