Ètvrtek 11. bøezna 1926

Posl. dr Luschka (pokraèuje): Es wäre verlockend, die Sprachenverodnungen auch in anderer Beziehung zu perlustrieren und zwar in Hinsicht darauf, wie der Parlamentarismus und die Gesetzgebung durch diese Sprachenverodnung mißachtet worden sind. Die Verordnung ist nicht nur in ihrem Umfange, sondern auch in ihrem Inhalte keine Verordnung mehr, sondern ein neues Sprachengesetz, das weit über den Rahmen des Sprachengesetzes von 1920 hinausgeht und man hat die Gelegenheit der Verordnung wohl nur deshalb wahrgenommen und kein Gesetz geschaffen oder wenigstens die Gesetzesform gewählt, weil das Sprachengesetz nach der Verfassung - das hat die Revolutionsnationalversammlung gemacht - ausdrücklich ein Bestandteil der Verfassungsurkunde ist und bekanntlich die Verfassungsurkunde nur mit drei Fünftel Mehrheit abgeändert werden könnte, diese Mehrheit aber der Regierung nicht mehr zur Verfügung steht. Da hat man sich über juristische Bedenken hinweggesetzt und hat alles in die Verordnung hineingebracht, das zur Verschärfung des Sprachengesetzes aus dem Jahre 1920 notwendig erschien. Es ist das leicht zu beweisen. Denn alle Ausführungen des Herrn Berichterstatters über das Minderheitsvotum haben ja schon den Beweis geliefert, wie nicht nur im äußeren Umfang, sondern auch im Inhalt diese Sprachenverordnung über das Sprachengesetz hinausgeht, Erweiterungen schafft, welche nach gesetzmäßiger Auffassung hätten nur auf gesetzlichem Wege geregelt werden können. Die Verordnung maßt sich z. B. gleich vom Anfang an Auslegungen über den Begriff Behörde, Gericht, Anstalten an, Auslegung über den Begriff kulturelle Institutionen an, maßt sich weiter das Recht an, neue Begriffe zu schaffen, wie etwa, daß Organe der Republik auch autorisierte Zivilingenieure, Geometer, Dolmetscher usw. sind. Sie maßt sich an, Auslegungen des Gesetzes zu schaffen, obwohl es das erste Recht der Gesetzgebung selbst ist, die Gesetze auszulegen, und nur die Auslegung durch den Gesetzgeber selbst auch rechtsgültig sein kann. Die Auslegung durch die Bürokratie ist eben der Eingriff einer fremden Macht, welche dem Parlamentarismus entgegenarbeitet und nicht berufen ist, die in einem Parlament beschlossenen Gesetze nach ihrer Art umzumodeln, zu drehen oder zu gestalten, wie sie es braucht. Für alle Auslegung ist das Parlament zuständig, das ist aber übergangen worden und aus dieser Absicht nun sieht man, wie selbst das Parlament durch diese Sprachenverordnung in den Hintergrund gedrängt und zurückgesetzt wurde. Die Verordnung ist - und das ist bezeichnend - gleich auch ein neuer Strafkodex geworden. (Souhlas na levici.) Die Reform des Strafgesetzes wird sich bald erübrigen, denn es gibt kein Gesetz und keine Verordnung und wäre es auch die kleinste Novellierung, welche nicht sorgsam darauf Bedacht nimmt, daß nur ja Strafbestimmungen sich darin befinden. (Souhlas na levici.) Die Sprachenverordnung wäre wahrscheinlich den meisten als eine lex imperfecta erschienen, als eine ganz unzulängliche Norm, wenn nicht gerade diese Strafbestimmungen wieder Genugtuung ausgelöst hätten: Ha, das ist wieder eine gesetzliche Regelung, das ist wieder ein innerer Wert, weil doch wieder Strafbestimmungen darin sind. Der Geist der Strafen ist es, welcher gegenwärtig vorherrscht und auch die Sprachenverordnung kann nicht darüber hinweggehen, selbst wenn das Sprachengesetz eine derartige Ermächtigung nicht zugelassen hat. Eine Verordnung soll ja nur die Ausführung zu einem Gesetz sein. Diejenigen können gestraft werden, welche über ihre Sprachkenntnisse unrichtige Auskünfte geben und das sind so bezeichnende Bestimmungen wieder für das System, wie man in der Verwaltung heute den Staatsbürger nicht als das Objekt ansieht, dem man helfen soll, sondern denjenigen, den man zu knebeln hat, damit er nicht mukst. Es wurde gesagt, die Praxis der Sprachenverordnungen werde uns das Gegenteil beweisen, aus der Praxis werden wir erfahren, daß die Sprachenverordnung nicht im Geiste des Hasses, sondern der Versöhnung und Verständigung gemacht wurde und vor allem eine administrative Regelung sein soll. In der letzten Feberwoche wurde in Krawarn im Hultschiner Bezirk ein Amtstag abgehalten und der Bezirkshauptmann gab dabei den Gemeindeverwaltungen den strengsten Auftrag, im Sinne der Strafenverordnung keine Amtshandlungen oder Eingaben in deutscher Sprache durchzuführen, bezw. entgegenzunehmen. Ein anwesender Gemeindefunktionär erlaubte sich dabei die Anfrage zu stellen, ob es erlaubt sei, den wichtigsten Text der èechisch geschriebenen Abmeldungen und Heimatscheine ins Deutsche zu übersetzen, wenn dieselben für reichsdeutsche Behörden bestimmt sind. Darauf fuhr ihn der Bezirkshauptmann in folgender Weise schroff an: "Ich werde Sie mit 1000 Kè bestrafen müssen, damit Sie für die Zukunft ähnliche Fragen unterlassen." (Hört! Hört! - Výkøiky na levici.) Das ist der Geist der Sprachenverordnung.

In dem Sprachengesetz aus dem Jahre 1920 - und auf das möchte ich noch hinweisen - ist ausdrücklich auf ein unbedingtes Minderheitenrecht Bezug genommen. In der Sprachenverordnung des Jahres 1926 ist bereits dieses Minderheitenrecht im Artikel 18 an gewisse Bedingungen geknüpft und nicht mehr unbedingt für die Minderheitenangehörigen als gültig erklärt. Erst bis die vier Bedingungen des Artikels 18 erfüllt sind, kann auch ein Deutscher im deutschen Minderheitsbezirk sich seiner Muttersprache als gesetzlichen Rechtes bedienen. Das ist eine Einschränkung gegen das Sprachengesetz; das Sprachengesetz hat absolut gelten lassen, was die Verordnung nur mehr als relative Berechtigung der Inanspruchnahme des Minderheitenschutzes gelten läßt. Der Eingriff in die Geschäftssprache der Gemeinden widerspricht erst recht dem Geiste des internationalen Rechtes, das ausdrücklich bestimmt hat, daß in öffentlichen Kundgebungen jeder Art keine Einschränkungen des Sprachengebrauches zulässig sein dürfen. Das ist uns auch ein Beweis, wie man gleich die Gelegenheit benützen wollte, um die Gemeinden und die Gemeindegesetze neu nach dem Sinne der Regierung, wie sie es wünscht, zu knebeln und gerade die Gemeindewahlordnung und Gemeindeordnung auf diesem Wege abzuändern. (Souhlas na levici.) Es wäre sonst ganz undenkbar, daß in diese Verordnung eine Bestimmung eingedrungen ist, daß der Bürgermeister und der Stellvertreter von Städten mit eigenem Statut die èechische Sprache vollkommen beherrschen müssen. Damit ist die Wählbarkeit unserer Gemeindevertretung ein geschränkt, es ist ein Gesetz, die Wahlordnung abgeändert durch eine Verordnung, zu der nirgends eine gesetzliche Berechtigung oder die juristische Kompetenz gegeben ist. Was das bedeutet, daß die vollkommene Beherrschung der Staatssprache verlangt wird, darüber könnten wir uns sehr verbreiten.

Daß die volle Beherrschung der Staatssprache verlangt wird, bedeutet nichts anderes, als daß der Zwang auferlegt wird, nur èechische Stadtvertretungsmitglieder zu Bürgermeistern oder ihren Stellvertretern zu wählen. Denn es ist den Deutschen umöglich, die èechische Sprache vollkommen zu beherrschen, weil bei der Überprüfung der Sprachkenntnisse niemand anderer als ein Angehöriger dieser Sprache selbst das Recht auf Anerkennung der vollkommenen Beherrschung der Sprache hat und die vollkommene Beherrschung der èechischen Sprache nur einem Angehörigen dieser Sprache, wenn sie seine Muttersprache ist, unbedingt gegeben ist. So ist diese Einschränkung eine Sekatur in persönlicher Beziehung und nicht zuletzt die irreguläre Aufhebung der gesetzlichen Bestimmungen, welche in der Gemeindewahlordnung über die Wahl des Vorstandes einer Gemeinde festgelegt sind. (Výkøiky na levici.) Jede andere Begründung ist überflüssig, denn es könnten die Amtsagenda auch einem Beamten übertragen werden, wenigstens soweit sie zum übertrage en Wirkungskreise gehören und die Wirkung des Statutes als politische Behörde erster Instanz beinhalten. Niemals darf man aber freigewählte Vertreter der Bevölkerung dazu zwingen und durch die Sprachenverordnung ihnen Schranken auferlegen, die die Gesetze nicht zulassen und nicht zulassen dürfen. Die Leitung der Amtsgeschäfte im Sinne der Sprachenverordnung wird in der Praxis nur den einen Mißerfolg haben, die Praxis der Behörden aller Art zu verlangsamen und zu erschweren, und die Bürgerschaft und die Ämter werden nur umsoweniger den Vorteil einer raschen und prompten Erledigung ihrer Angelegenheiten erwarten können als bisher. Es bedeutet das die Häufung der Arbeit, die Erschwerung des Amtsbetriebes und nicht zuletzt neue Auslagen, weil neue Kräfte von den Gemeinden für diese Zwecke angestellt werden müssen. Im Vorjahre wurden hier große Töne angeschlagen, es müsse gespart werden, Abbau ist Pflicht und insbesondere auch für alle öffentlichen Körperschaften. Heute aber heißt es schon umgekehrt. Da sind schon wieder bei den Steuerämtern soviele Stellen nachzubesetzen, auch bei Gerichten und was die Sprachenverordnung an neuen Anstellungen schaffen wird, ist unabsehbar; damit finanzielle Neubelastungen der Ämter, da nicht abgebaut, sondern zugebaut werden muß. Die ganze Charakteristik für die Sprachenverordnung wird ja von allen Faktoren in Wort und Schrift weiter geführt und es erübrigt sich, auf der Parlamentstribüne alles anzuführen, zumal ja auch die Zeit mangelt. Im großen Bilde sehen wir in der Sprachenverordnung den Kampf gegen das internationale Recht, welches uns den Minderheitsschutz unbedingt garantiert, wir sehen den Kampf aber auch gegen unsere Stellung in unserem Staate als Staatsbürger, wir sehen den Kampf gegen den Parlamentarismus und gegen die Demokratie schlank weg. Wir sehen in dieser Art Verordnung nur einen Triumph für das bürokratische Herrschaftsystem, wobei man sich alles eher als entösterreichert hat, da selbst im alten Österreich derartige Zustände von Parlamentswegen unmöglich gemacht worden wären, nicht zuletzt von jenen Herren, welche heute diese Art von Quasigesetzgebung führen und provozieren. (Výkøiky na levici.) All die Ursachen dieser Demoralisierung der Auffassung über Recht, der Auffassungen über Parlamentarismus, sie haben nicht zuletzt ihre Ursache darin, daß man von Recht als solchem nichts hält. In der Wollust der Gewalt gibt es keine Hemmung. Außenpolitisch fürchten die Herrschaften keine kriegerischen Verwicklungen, innerpolitisch glauben sie den Völkerbund nach wie vor in der Psyche des Deutschenhasses, demnach in Schwäche und Uninteressiertheit gegenüber den Qualen, die Millionen Deutsche als Minderheiten in fremden Staaten zu erleiden haben. Würde das nicht vorherrschen, sondern Verantwortungsgefühl für Recht als ewiges und unabänderliches Produkt der Kultur gelten, so wären die Gesetze, die geschaffen werden, und im Zusammenhange mit den Gesetzen nur streng diesen Gesetzen angepaßte Verordnungen, nur die Anwendung des Rechtes, nicht aber, wie jetzt so oft das Mittel zum Gegenteil, zum schändlichsten Unrecht, das man gegen die Völker vollführt.

Ebenso wenig gibt es aber dann auch eine Autorität des Rechtes. Es ist Tatsache, daß in der Regierungserklärung nach Zusammentritt des neuen Parlamentes erklärt wurde, daß in der modernen Demokratie der Wille der Mehrheit die Autorität ist. Wenn das zum Grundsatz erhoben ist, dann ist dieser Standpunkt gleichzeitig auch das Überbordwerfen des Rechtes als Selbstzweck und geheiligte Tradition der zivilisierten Menschheit. Dann kann man sich nicht wundern, wenn Gesetze oder Verordnungen nichts anderes sind als scheinheilige Gelegenheitsmache, um Unrecht von Staatswegen aufzuzwingen. (Souhlas na levici.) Gesetz und Verordnung werden nicht mehr gemacht, um das Rechtsgefühl zu verankern, göttliches und menschliches Recht zu sichern und das Rechtsgefühl zum Gemeingut aller zu machen sondern nur dazu, um göttliches und menschliches Recht zu verleugnen, oder wo es geht zu schänden. (Posl. dr Petersilka: Das ist Macchiavelismus!) Ganz richtig, und was an., Unrecht für die Betroffenen da noch zu vermehren ist, besorgen eben die Verordnungen die nicht einmal mehr der Kritik unterworfen werden dürfen, wie die Sprachenverordnung beweist. Wiewohl der Minister des Innern Švehla im Jahre 1920 die Vorlage zuerst an den verfassungsrechtlichen Ausschuß versprochen hat, hat der Ministerpräsident Švehla diese Zusage im Jahre 1926 nicht gehalten, sondern ohne Verfassungsausschuß diese Sprachenverordnung gleich publizieren lassen. (Výkøiky na levici.) Die Herren von der Gegenseite, soweit sie sich mit der Materie beschäftigen wollen, werden einwenden, daß eine eigene Bestimmung in dieser Sprachenverordnung den Schutz der Minderheiten im Sinne des Sprachengesetzes in dem Sinne präzisiert, daß Erleichterungen bei. Unkenntnis der Sprache und Hilfe zur Vermeidung von Rechtsnachteilen garantiert werden sollen.

Die Bestimmungen des Artikels 95, der ganz am Schlusse der Verordnung steht, welcher so quasi einen Ausgleich mit den früheren Bestimmungen herstellen soll, damit sie nicht allzu gefährlich werden dürfen, sind wert, verlesen zu werden, damit man so recht erkennt, wieweit dieser Schutz sich nur erstrecken darf, während die Verfassung noch die Gleichberechtigung aller Staatsbürger ohne Unterschied der Rasse, der Sprache und Religion anerkannt hat. Es heißt in diesem Artikel "Schutz der Parteien"! "Die Gerichte, Behörden und Organe der Staats- oder Selbstverwaltung sind verpflichtet, die Parteien zu belehren, damit sie vor Rechtsnachteilen bewahrt werden, die ihnen aus der Unkenntnis einer Sprache erwachsen könnten. Parteien, die eine Erledigung in einer Sprache erhalten haben, die sie nicht verstehen, können das zuständige Gericht, die zuständige Behörde oder das zuständige Organ oder das örtlich nächstgelegene Gericht" wie einfach und bequem das ist, ersehen Sie schon aus der Länge der Bestimmung (Veselost na levici.) - "die Behörde oder das Organ dieser Art oder dort, wo ein Gemeinde- oder Distriktsnotär bestellt ist, diesen um Aufklärung der Sache oder um mündliche Übersetzung der zugestellten Erledigung ersuchen. Die Gerichte, Behörden oder Organe, beziehungsweise die Gemeinde- oder Distriktsnotäre sind verpflichtet, einem solchen Ersuchen zu entsprechen, soweit ihre Sprachkenntnisse dazu genügen."

Wenn das eine Sicherheit sein soll, frage ich, wo wirklich der Minderheitschutz garantiert ist. Eine zweite Bestimmung dieses Artikels heißt: "Wo irgend eine Angelegenheit dem zuständigen Gericht, der zuständigen Behörde oder zu dem zuständigen Organe bei der Erledigung beträchtliche sprachliche Schwierigkeiten bereiten würde, kann in Fällen besonderer Wichtigkeit und wenn keine andere Abhilfe möglich ist, von dem zuständigen vorgesetzten Gerichte oder den vorgesetzten Behörde ein anderes Gericht, eine Behörde oder ein Organ gleicher Art und Ordnung zur Verhandlung der Sache delegiert oder angeordnet werden, daß von einer anderen Behörde in ihrem Sprengel ein Richter, Beamter oder Organ mit der entsprechenden Sprachenkenntnis entsendet werde, mit der Gelegenheit, bei dem zuständigen Gerichte oder der zuständigen Behörde zu verhandeln." Diese Klauseln sind der Schutz der Sprachenverordnung für die nationalen Minderheiten. Von 101 Artikeln ein einziger. Daran sieht man den wahren Wert dieser Verordnung für den wirklichen Schutz der Minderheiten. Wenn wir die Sprachenverordnung und die vorangegangenen gesetzlichen Maßnahmen, das Sprachengesetz und die Verfassungsbestimmungen überblicken, stellt sich heraus, daß ein Krebsgang des Sprachenrechtes bei jeder Neuerscheinung auf dem Gebiete des Sprachenrechtes zu verzeichnen ist. (Souhlas na levici.) Es geht zurück, immer um eine Entrechtung mehr, bis wir eben soweit rechtlos gemacht sind, daß die Sprache nicht nur des deutschen Volkes, sondern auch anderer Minderheiten ganz in den Hintergrund gerückt ist, und das Bild der Fiktion eines Nationalstaates offenkundig wird. (Hluk na levici.) So ist es auch charakterisch, daß sich jetzt die Zeitungen und wahrscheinlich auch die Herren Redner von der Gegenseite immer wieder darauf berufen, daß in der èechoslovakischen Republik für die Minderheiten mehr getan worden ist, als nach irgend welchen internationalen Verpflichtungen hätte getan werden müssen! Ganz charakteristisch, wenn man den Text jener Bestimmungen sieht, welche ursprünglich die Voraussetzung waren, daß Millionen von Minderheiten diesem Staate einverleibt wurden. Das berüchtigte Memoire III muß zitiert werden, ich muß es in diesem Zusammenhang erwähnen. "Es ist absolut notwendig," heißt es dort, "genau zu wissen, wie die Deutschen in dem èechoslovakischen Staat werden bandelt werden". Vielleicht wird die Ausrede gefunden, daß diese Sprachenverordnung von den Deutschen nicht spricht, daß sie wohlweislich überhaupt keine der Minderheiten bei irgend einer sprachlichen Bezeichnung faßt. "Die Èechoslovakische Republik ist gegebenenfalls nicht nur bereit, das gesamte durch die Friedenskonferenz zugunsten der Minderheiten eingeführte internationale Recht anzuerkennen, sondern ist auch noch bereit, über ein solches Recht hinauszugehen, um den Deutschen alle Rechte zu geben, die ihnen zukommen." Dieser Passus wird immer wiederholt und es ist Ihnen nicht notwendig, das auch zu beweisen, es genügt schon die Behauptung, wenn Sie darauf zurückkommen, daß Sie glauben, genug getan, zu haben. Von unserer Seite muß immer wieder betont werden, daß unsere Forderungen daraus zu Recht bestehen, weil die Echtheit dieses Memoires nicht geleugnet wird. Umsomehr dann, wenn Sie vor der Welt gleichsam als jene glänzen wollen, welche über das internationale Recht sogar hinausgegangen sind. (Sehr richtig!)

Es ist auch bezeichnend, daß jetzt überall publiziert wird, daß Rumänien diese Sprachenverordnung als Vorbild für die dortige Sprachenregelung nehmen will. Meine Damen und Herren, wenn es der Ehrgeiz von mitteleuropäischen Staaten ist, Staaten des Balkans zu führen, so glaube ist, ist die Tradition unserer Gebiete mißverstanden und verkannt worden. Wir sind nicht berufen, Schrittmacher für die Methoden des Balkans zu sein. Diesen Ruhm können wir ruhig anderen Herrschaften lassen. Damit ist noch nicht bewiesen, daß die Sprachenverordnung gegen die Minderheiten gerecht ist und dem Niveau unserer Minderheitenvölker entspricht. Es heißt weiter im Memoire III: "Die Sprache der Minderheiten wird überall zugelassen sein." Die Sprachenverordnung spricht schon anders. "Die Deutschen würden in Böhmen dieselben Rechte haben wie die Èechoslovaken, die deutsche Sprache würde die zweite Landessprache werden." (Hört! Hört!) Nach Bemerkungen über die Gewalttätigkeiten und über die Ungerechtigkeit als Ursachen des Untergangs Österreich-Ungarns heißt es weiter: "Alle Traditionen der Èechoslovakischen Republik lassen den Schluß zu, daß die neue Republik die Deutschen in keinerlei Weise unterdrücken wird, daß sie sich eines Regimes der Freiheit und Gerechtigkeit erfreuen werden." Seit sechs Jahren sind wir lebendige Zeugen dieser Gerechtigkeit und Freiheit, die uns versprochen wurde. Meine Herren, aus diesem Widerspruch heraus ergibt sich auch ein Großteil der Bitterkeit unseres Gefühls, insbesondere wenn wir die Sprachenverordnung lesen und vor allem die Interpretation der Sprachenverordnung durch maßgebende Kreise hören. Der Minister des Innern hat es nicht für notwendig gefunden, uns darüber zu beruhigen, er hat im Gegenteil die Gesänge angeschlagen, die uns hier beweisen, daß die Sprachenverordnung eine Verschärfung der Sprachenverhältnisse, des Sprachenunrechtes gegen uns bedeuten wird.

Und schließlich ist Vertrauen oder Mißtrauen eine psychische Sache, eine gefühlsmäßige Angelegenheit, die nicht zuletzt mit der gesamten moralischen Auffassung zusammenhängt, die man auf Grund der Erfahrungen, auf Grund seines Wissens und auf Grund seiner Bildung hat. Und da ist mir erinnerlich, daß bei der letzten Debatte über die Ministererklärung nach dem Zusammentreten des neuen Parlaments ein Herr, der der Gesandte in einem amerikanischen Staat, ich glaube in den Vereinigten Staaten von Amerika war, die Deutschen aufgefordert hat, sich Knigges "Umgang mit Menschen" zu Gemüte zu führen. (Veselost na levici.) Wir wollen freudig feststellen, daß der Herr Kollege damit anerkennt, daß in der deutschen Kultur eine Basis liegt, welche allgemein anerkannt werden kann als Basis für den Umgang mit Menschen. (Sehr gut!) Das ist uns eine große Genugtuung und heute, da unsere Kultur angegriffen worden ist, kommen wir neuerlich und mit Betonung darauf zurück. Der Herr Redner von damals hat aber eines vergessen: Die Abschaffung des Adels. Er hat, indem er diesen alten Adeligen zitiert hat, wohl scheinbar schon vorweggenommen, daß ein neuer Adel geschaffen wird, welcher ebenso wie die alten Raubritter aus der Bodenreform entstanden ist, und daß der alte Adel, der abgeschafft ist, nun durch diesen neuen Adel ersetzt werden soll. (Výkøiky na levici.) Dieser neue Adel wird es sicher als wünschenswert ansehen, den Knigge jetzt dauernd zur Lektüre zu nehmen, denn das ist eine Gebrauchsanweisung. Ich habe mir das Buch kommen lassen. Und da ist auch ein Passus, bezeichnend für die. Berechtigung des Mißtrauensantrages, den wir gegen die Regierung gestellt haben. Wir sind dabei unpersönlich, uns liegt nicht an den Menschen, sondern am System, das wir bekämpfen. Aber Knigge hat auch da eine ganz richtige Anweisung für die Behandlung von Menschen gefunden und ich glaube, da unser Mißtrauensvotum sich moralisch auch auf Knigge stützen kann, der nicht von unserer Seite, sondern von der Gegenseite uns in Erinnerung gebracht wurde. Damit mir nicht der Vorwurf eines fremden Textes gemacht werde, habe ich eine alte Ausgabe gewählt. Auf Seite 135 heißt es: "Haben sie uns aber dennoch einmal hintergangen, so nehme man diese Sache nicht auf einen leichten, scherzhaften Fuß. Man zeige sich über diesen ersten falschen Schritt sehr entrüstet, sei nicht sogleich bereit, denselben zu verzeihen. Und hilft dann all das nicht, und sie fahren fort, uns mit Winkelzügen und Ränken zu hintergehen, so bestrafe man sie durch Verachtung und fortgesetztes Mißtrauen, das man in alles, was sie reden und tun, setzt, bis sie sich bessern. Aber selten kommt der, welchem schiefe Streiche zur Gewohnheit geworden, wieder auf den Weg der Wahrheit zurück." (Veselost na levici. Rùzné výkøiky.)

Mit Knigge begründe ich den Mißtrauensantrag moralisch und empfehle ihn deshalb auch zur Annahme. (Souhlas a potlesk na levici.)


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP