Posl. dr Luschka (pokraèuje):
Es wäre verlockend, die Sprachenverodnungen
auch in anderer Beziehung zu perlustrieren und zwar in Hinsicht
darauf, wie der Parlamentarismus und die Gesetzgebung durch diese
Sprachenverodnung mißachtet worden sind. Die Verordnung
ist nicht nur in ihrem Umfange, sondern auch in ihrem Inhalte
keine Verordnung mehr, sondern ein neues Sprachengesetz, das weit
über den Rahmen des Sprachengesetzes von 1920 hinausgeht
und man hat die Gelegenheit der Verordnung wohl nur deshalb wahrgenommen
und kein Gesetz geschaffen oder wenigstens die Gesetzesform gewählt,
weil das Sprachengesetz nach der Verfassung - das hat die Revolutionsnationalversammlung
gemacht - ausdrücklich ein Bestandteil der Verfassungsurkunde
ist und bekanntlich die Verfassungsurkunde nur mit drei Fünftel
Mehrheit abgeändert werden könnte, diese Mehrheit aber
der Regierung nicht mehr zur Verfügung steht. Da hat man
sich über juristische Bedenken hinweggesetzt und hat alles
in die Verordnung hineingebracht, das zur Verschärfung des
Sprachengesetzes aus dem Jahre 1920 notwendig erschien. Es ist
das leicht zu beweisen. Denn alle Ausführungen des Herrn
Berichterstatters über das Minderheitsvotum haben ja schon
den Beweis geliefert, wie nicht nur im äußeren Umfang,
sondern auch im Inhalt diese Sprachenverordnung über das
Sprachengesetz hinausgeht, Erweiterungen schafft, welche nach
gesetzmäßiger Auffassung hätten nur auf gesetzlichem
Wege geregelt werden können. Die Verordnung maßt sich
z. B. gleich vom Anfang an Auslegungen über den Begriff Behörde,
Gericht, Anstalten an, Auslegung über den Begriff kulturelle
Institutionen an, maßt sich weiter das Recht an, neue Begriffe
zu schaffen, wie etwa, daß Organe der Republik auch autorisierte
Zivilingenieure, Geometer, Dolmetscher usw. sind. Sie maßt
sich an, Auslegungen des Gesetzes zu schaffen, obwohl es das erste
Recht der Gesetzgebung selbst ist, die Gesetze auszulegen, und
nur die Auslegung durch den Gesetzgeber selbst auch rechtsgültig
sein kann. Die Auslegung durch die Bürokratie ist eben der
Eingriff einer fremden Macht, welche dem Parlamentarismus entgegenarbeitet
und nicht berufen ist, die in einem Parlament beschlossenen Gesetze
nach ihrer Art umzumodeln, zu drehen oder zu gestalten, wie sie
es braucht. Für alle Auslegung ist das Parlament zuständig,
das ist aber übergangen worden und aus dieser Absicht nun
sieht man, wie selbst das Parlament durch diese Sprachenverordnung
in den Hintergrund gedrängt und zurückgesetzt wurde.
Die Verordnung ist - und das ist bezeichnend - gleich auch ein
neuer Strafkodex geworden. (Souhlas na levici.) Die Reform
des Strafgesetzes wird sich bald erübrigen, denn es gibt
kein Gesetz und keine Verordnung und wäre es auch die kleinste
Novellierung, welche nicht sorgsam darauf Bedacht nimmt, daß
nur ja Strafbestimmungen sich darin befinden. (Souhlas na levici.)
Die Sprachenverordnung wäre wahrscheinlich den meisten
als eine lex imperfecta erschienen, als eine ganz unzulängliche
Norm, wenn nicht gerade diese Strafbestimmungen wieder Genugtuung
ausgelöst hätten: Ha, das ist wieder eine gesetzliche
Regelung, das ist wieder ein innerer Wert, weil doch wieder Strafbestimmungen
darin sind. Der Geist der Strafen ist es, welcher gegenwärtig
vorherrscht und auch die Sprachenverordnung kann nicht darüber
hinweggehen, selbst wenn das Sprachengesetz eine derartige Ermächtigung
nicht zugelassen hat. Eine Verordnung soll ja nur die Ausführung
zu einem Gesetz sein. Diejenigen können gestraft werden,
welche über ihre Sprachkenntnisse unrichtige Auskünfte
geben und das sind so bezeichnende Bestimmungen wieder für
das System, wie man in der Verwaltung heute den Staatsbürger
nicht als das Objekt ansieht, dem man helfen soll, sondern denjenigen,
den man zu knebeln hat, damit er nicht mukst. Es wurde gesagt,
die Praxis der Sprachenverordnungen werde uns das Gegenteil beweisen,
aus der Praxis werden wir erfahren, daß die Sprachenverordnung
nicht im Geiste des Hasses, sondern der Versöhnung und Verständigung
gemacht wurde und vor allem eine administrative Regelung sein
soll. In der letzten Feberwoche wurde in Krawarn im Hultschiner
Bezirk ein Amtstag abgehalten und der Bezirkshauptmann gab dabei
den Gemeindeverwaltungen den strengsten Auftrag, im Sinne der
Strafenverordnung keine Amtshandlungen oder Eingaben in
deutscher Sprache durchzuführen, bezw. entgegenzunehmen.
Ein anwesender Gemeindefunktionär erlaubte sich dabei die
Anfrage zu stellen, ob es erlaubt sei, den wichtigsten Text der
èechisch geschriebenen Abmeldungen und Heimatscheine ins
Deutsche zu übersetzen, wenn dieselben
für reichsdeutsche Behörden bestimmt sind. Darauf fuhr
ihn der Bezirkshauptmann in folgender Weise schroff an: "Ich
werde Sie mit 1000 Kè bestrafen müssen, damit Sie
für die Zukunft ähnliche Fragen unterlassen." (Hört!
Hört! - Výkøiky
na levici.) Das ist der Geist der Sprachenverordnung.
In dem Sprachengesetz aus dem Jahre 1920 -
und auf das möchte ich noch hinweisen - ist ausdrücklich
auf ein unbedingtes Minderheitenrecht Bezug genommen. In der Sprachenverordnung
des Jahres 1926 ist bereits dieses Minderheitenrecht im Artikel
18 an gewisse Bedingungen geknüpft und nicht mehr unbedingt
für die Minderheitenangehörigen als gültig erklärt.
Erst bis die vier Bedingungen des Artikels 18 erfüllt sind,
kann auch ein Deutscher im deutschen Minderheitsbezirk sich seiner
Muttersprache als gesetzlichen Rechtes bedienen. Das ist eine
Einschränkung gegen das Sprachengesetz; das Sprachengesetz
hat absolut gelten lassen, was die Verordnung nur mehr als relative
Berechtigung der Inanspruchnahme des Minderheitenschutzes gelten
läßt. Der Eingriff in die Geschäftssprache der
Gemeinden widerspricht erst recht dem Geiste des internationalen
Rechtes, das ausdrücklich bestimmt hat, daß in öffentlichen
Kundgebungen jeder Art keine Einschränkungen des Sprachengebrauches
zulässig sein dürfen. Das ist uns auch ein Beweis, wie
man gleich die Gelegenheit benützen wollte, um die Gemeinden
und die Gemeindegesetze neu nach dem Sinne der Regierung, wie
sie es wünscht, zu knebeln und gerade die Gemeindewahlordnung
und Gemeindeordnung auf diesem Wege abzuändern. (Souhlas
na levici.) Es wäre sonst ganz undenkbar, daß
in diese Verordnung eine Bestimmung eingedrungen ist, daß
der Bürgermeister und der Stellvertreter von Städten
mit eigenem Statut die èechische Sprache vollkommen
beherrschen müssen. Damit ist die Wählbarkeit unserer
Gemeindevertretung ein geschränkt, es ist ein Gesetz, die
Wahlordnung abgeändert durch eine Verordnung, zu der nirgends
eine gesetzliche Berechtigung oder die juristische Kompetenz gegeben
ist. Was das bedeutet, daß die vollkommene Beherrschung
der Staatssprache verlangt wird, darüber könnten wir
uns sehr verbreiten.
Daß die volle Beherrschung der Staatssprache verlangt wird,
bedeutet nichts anderes, als daß der Zwang auferlegt wird,
nur èechische Stadtvertretungsmitglieder zu Bürgermeistern
oder ihren Stellvertretern zu wählen. Denn es ist den Deutschen
umöglich, die èechische
Sprache vollkommen zu beherrschen, weil bei der Überprüfung
der Sprachkenntnisse niemand anderer als ein Angehöriger
dieser Sprache selbst das Recht auf Anerkennung der vollkommenen
Beherrschung der Sprache hat und die vollkommene Beherrschung
der èechischen Sprache nur einem
Angehörigen dieser Sprache, wenn sie seine Muttersprache
ist, unbedingt gegeben ist. So ist diese Einschränkung eine
Sekatur in persönlicher Beziehung und nicht zuletzt die irreguläre
Aufhebung der gesetzlichen Bestimmungen, welche
in der Gemeindewahlordnung über die Wahl des Vorstandes einer
Gemeinde festgelegt sind. (Výkøiky na
levici.) Jede andere Begründung ist
überflüssig, denn es könnten die Amtsagenda auch
einem Beamten übertragen werden, wenigstens soweit sie zum
übertrage en Wirkungskreise gehören und die Wirkung
des Statutes als politische Behörde erster Instanz beinhalten.
Niemals darf man aber freigewählte Vertreter der Bevölkerung
dazu zwingen und durch die Sprachenverordnung ihnen Schranken
auferlegen, die die Gesetze nicht zulassen und nicht zulassen
dürfen. Die Leitung der Amtsgeschäfte im Sinne der Sprachenverordnung
wird in der Praxis nur den einen Mißerfolg haben, die Praxis
der Behörden aller Art zu verlangsamen und zu erschweren,
und die Bürgerschaft und die Ämter werden nur umsoweniger
den Vorteil einer raschen und prompten Erledigung ihrer Angelegenheiten
erwarten können als bisher. Es bedeutet das die Häufung
der Arbeit, die Erschwerung des Amtsbetriebes und nicht zuletzt
neue Auslagen, weil neue Kräfte von den Gemeinden für
diese Zwecke angestellt werden müssen. Im Vorjahre wurden
hier große Töne angeschlagen, es müsse gespart
werden, Abbau ist Pflicht und insbesondere auch für alle
öffentlichen Körperschaften. Heute aber heißt
es schon umgekehrt. Da sind schon wieder bei den Steuerämtern
soviele Stellen nachzubesetzen, auch bei Gerichten und was die
Sprachenverordnung an neuen Anstellungen schaffen wird, ist unabsehbar;
damit finanzielle Neubelastungen der Ämter, da nicht abgebaut,
sondern zugebaut werden muß. Die ganze Charakteristik für
die Sprachenverordnung wird ja von allen Faktoren in Wort und
Schrift weiter geführt und es erübrigt sich, auf der
Parlamentstribüne alles anzuführen, zumal ja auch die
Zeit mangelt. Im großen Bilde sehen wir in der Sprachenverordnung
den Kampf gegen das internationale Recht, welches uns den Minderheitsschutz
unbedingt garantiert, wir sehen den Kampf aber auch gegen unsere
Stellung in unserem Staate als Staatsbürger, wir sehen den
Kampf gegen den Parlamentarismus und gegen die Demokratie schlank
weg. Wir sehen in dieser Art Verordnung nur einen Triumph für
das bürokratische Herrschaftsystem, wobei man sich alles
eher als entösterreichert hat, da selbst im alten Österreich
derartige Zustände von Parlamentswegen unmöglich gemacht
worden wären, nicht zuletzt von jenen Herren, welche heute
diese Art von Quasigesetzgebung führen und provozieren. (Výkøiky
na levici.) All die Ursachen dieser Demoralisierung
der Auffassung über Recht, der Auffassungen über Parlamentarismus,
sie haben nicht zuletzt ihre Ursache darin, daß man von
Recht als solchem nichts hält. In der Wollust der Gewalt
gibt es keine Hemmung. Außenpolitisch fürchten die
Herrschaften keine kriegerischen Verwicklungen, innerpolitisch
glauben sie den Völkerbund nach wie vor in der Psyche des
Deutschenhasses, demnach in Schwäche und Uninteressiertheit
gegenüber den Qualen, die Millionen Deutsche als Minderheiten
in fremden Staaten zu erleiden haben. Würde das nicht vorherrschen,
sondern Verantwortungsgefühl für Recht als ewiges und
unabänderliches Produkt der Kultur gelten, so wären
die Gesetze, die geschaffen werden, und im Zusammenhange mit den
Gesetzen nur streng diesen Gesetzen angepaßte Verordnungen,
nur die Anwendung des Rechtes, nicht aber, wie jetzt so oft das
Mittel zum Gegenteil, zum schändlichsten Unrecht, das man
gegen die Völker vollführt.
Ebenso wenig gibt es aber dann auch eine Autorität
des Rechtes. Es ist Tatsache, daß in der Regierungserklärung
nach Zusammentritt des neuen Parlamentes erklärt wurde, daß
in der modernen Demokratie der Wille der Mehrheit die Autorität
ist. Wenn das zum Grundsatz erhoben ist, dann ist dieser Standpunkt
gleichzeitig auch das Überbordwerfen des Rechtes als Selbstzweck
und geheiligte Tradition der zivilisierten Menschheit. Dann kann
man sich nicht wundern, wenn Gesetze oder Verordnungen nichts
anderes sind als scheinheilige Gelegenheitsmache, um Unrecht von
Staatswegen aufzuzwingen. (Souhlas na levici.) Gesetz und
Verordnung werden nicht mehr gemacht, um das Rechtsgefühl
zu verankern, göttliches und menschliches Recht zu sichern
und das Rechtsgefühl zum Gemeingut aller zu machen sondern
nur dazu, um göttliches und menschliches Recht zu verleugnen,
oder wo es geht zu schänden. (Posl. dr Petersilka: Das
ist Macchiavelismus!) Ganz richtig, und was an., Unrecht für
die Betroffenen da noch zu vermehren ist, besorgen eben die Verordnungen
die nicht einmal mehr der Kritik unterworfen werden dürfen,
wie die Sprachenverordnung beweist. Wiewohl der Minister des Innern
Švehla im Jahre 1920 die Vorlage zuerst an den verfassungsrechtlichen
Ausschuß versprochen hat, hat der Ministerpräsident
Švehla diese Zusage im Jahre 1926 nicht gehalten,
sondern ohne Verfassungsausschuß diese Sprachenverordnung
gleich publizieren lassen. (Výkøiky na
levici.) Die Herren von der Gegenseite,
soweit sie sich mit der Materie beschäftigen wollen, werden
einwenden, daß eine eigene Bestimmung in dieser Sprachenverordnung
den Schutz der Minderheiten im Sinne des Sprachengesetzes in dem
Sinne präzisiert, daß Erleichterungen bei. Unkenntnis
der Sprache und Hilfe zur Vermeidung von Rechtsnachteilen garantiert
werden sollen.
Die Bestimmungen des Artikels 95, der ganz
am Schlusse der Verordnung steht, welcher so quasi einen Ausgleich
mit den früheren Bestimmungen herstellen soll, damit sie
nicht allzu gefährlich werden dürfen, sind wert, verlesen
zu werden, damit man so recht erkennt, wieweit dieser Schutz sich
nur erstrecken darf, während die Verfassung noch die Gleichberechtigung
aller Staatsbürger ohne Unterschied der Rasse, der Sprache
und Religion anerkannt hat. Es heißt in diesem Artikel "Schutz
der Parteien"! "Die Gerichte, Behörden und Organe
der Staats- oder Selbstverwaltung sind verpflichtet, die Parteien
zu belehren, damit sie vor Rechtsnachteilen bewahrt werden, die
ihnen aus der Unkenntnis einer Sprache erwachsen könnten.
Parteien, die eine Erledigung in einer Sprache erhalten haben,
die sie nicht verstehen, können das zuständige Gericht,
die zuständige Behörde oder das zuständige Organ
oder das örtlich nächstgelegene Gericht" wie einfach
und bequem das ist, ersehen Sie schon aus der Länge der Bestimmung
(Veselost na levici.) - "die Behörde oder das
Organ dieser Art oder dort, wo ein Gemeinde- oder Distriktsnotär
bestellt ist, diesen um Aufklärung der Sache oder um mündliche
Übersetzung der zugestellten Erledigung ersuchen. Die Gerichte,
Behörden oder Organe, beziehungsweise die Gemeinde- oder
Distriktsnotäre sind verpflichtet, einem solchen Ersuchen
zu entsprechen, soweit ihre Sprachkenntnisse dazu genügen."
Wenn das eine Sicherheit sein soll, frage ich,
wo wirklich der Minderheitschutz garantiert ist. Eine zweite Bestimmung
dieses Artikels heißt: "Wo irgend eine Angelegenheit
dem zuständigen Gericht, der zuständigen Behörde
oder zu dem zuständigen Organe bei der Erledigung beträchtliche
sprachliche Schwierigkeiten bereiten würde, kann in Fällen
besonderer Wichtigkeit und wenn keine andere Abhilfe möglich
ist, von dem zuständigen vorgesetzten Gerichte oder den vorgesetzten
Behörde ein anderes Gericht, eine Behörde oder ein Organ
gleicher Art und Ordnung zur Verhandlung der Sache delegiert oder
angeordnet werden, daß von einer anderen Behörde in
ihrem Sprengel ein Richter, Beamter oder Organ mit der entsprechenden
Sprachenkenntnis entsendet werde, mit der Gelegenheit, bei dem
zuständigen Gerichte oder der zuständigen Behörde
zu verhandeln." Diese Klauseln sind der Schutz der Sprachenverordnung
für die nationalen Minderheiten. Von 101 Artikeln ein einziger.
Daran sieht man den wahren Wert dieser Verordnung für den
wirklichen Schutz der Minderheiten. Wenn wir die Sprachenverordnung
und die vorangegangenen gesetzlichen Maßnahmen, das Sprachengesetz
und die Verfassungsbestimmungen überblicken, stellt sich
heraus, daß ein Krebsgang des Sprachenrechtes bei jeder
Neuerscheinung auf dem Gebiete des Sprachenrechtes zu verzeichnen
ist. (Souhlas na levici.) Es geht zurück, immer um
eine Entrechtung mehr, bis wir eben soweit rechtlos gemacht sind,
daß die Sprache nicht nur des deutschen Volkes, sondern
auch anderer Minderheiten ganz in den Hintergrund gerückt
ist, und das Bild der Fiktion eines Nationalstaates offenkundig
wird. (Hluk na levici.) So ist es auch charakterisch, daß
sich jetzt die Zeitungen und wahrscheinlich auch die Herren Redner
von der Gegenseite immer wieder darauf berufen, daß
in der èechoslovakischen Republik für die Minderheiten
mehr getan worden ist, als nach irgend welchen internationalen
Verpflichtungen hätte getan werden müssen! Ganz charakteristisch,
wenn man den Text jener Bestimmungen sieht, welche ursprünglich
die Voraussetzung waren, daß Millionen von Minderheiten
diesem Staate einverleibt wurden. Das berüchtigte Memoire
III muß zitiert werden, ich muß es in diesem Zusammenhang
erwähnen. "Es ist absolut notwendig," heißt
es dort, "genau zu wissen, wie die Deutschen in dem
èechoslovakischen Staat werden bandelt werden". Vielleicht
wird die Ausrede gefunden, daß diese Sprachenverordnung
von den Deutschen nicht spricht, daß sie wohlweislich überhaupt
keine der Minderheiten bei irgend einer sprachlichen Bezeichnung
faßt. "Die Èechoslovakische Republik ist gegebenenfalls
nicht nur bereit, das gesamte durch die Friedenskonferenz zugunsten
der Minderheiten eingeführte internationale Recht anzuerkennen,
sondern ist auch noch bereit, über ein solches Recht hinauszugehen,
um den Deutschen alle Rechte zu geben, die ihnen zukommen."
Dieser Passus wird immer wiederholt und es ist Ihnen nicht notwendig,
das auch zu beweisen, es genügt schon die Behauptung, wenn
Sie darauf zurückkommen, daß Sie glauben, genug getan,
zu haben. Von unserer Seite muß immer wieder betont werden,
daß unsere Forderungen daraus zu Recht bestehen, weil die
Echtheit dieses Memoires nicht geleugnet wird. Umsomehr dann,
wenn Sie vor der Welt gleichsam als jene glänzen wollen,
welche über das internationale Recht sogar hinausgegangen
sind. (Sehr richtig!)
Es ist auch bezeichnend, daß jetzt überall
publiziert wird, daß Rumänien diese Sprachenverordnung
als Vorbild für die dortige Sprachenregelung nehmen will.
Meine Damen und Herren, wenn es der Ehrgeiz von mitteleuropäischen
Staaten ist, Staaten des Balkans zu führen, so glaube ist,
ist die Tradition unserer Gebiete mißverstanden und verkannt
worden. Wir sind nicht berufen, Schrittmacher für die Methoden
des Balkans zu sein. Diesen Ruhm können wir ruhig anderen
Herrschaften lassen. Damit ist noch nicht bewiesen, daß
die Sprachenverordnung gegen die Minderheiten gerecht ist und
dem Niveau unserer Minderheitenvölker entspricht. Es heißt
weiter im Memoire III: "Die Sprache der Minderheiten wird
überall zugelassen sein." Die Sprachenverordnung
spricht schon anders. "Die Deutschen würden in Böhmen
dieselben Rechte haben wie die Èechoslovaken, die deutsche
Sprache würde die zweite Landessprache werden." (Hört!
Hört!) Nach Bemerkungen über
die Gewalttätigkeiten und über die Ungerechtigkeit
als Ursachen des Untergangs Österreich-Ungarns heißt
es weiter: "Alle Traditionen der Èechoslovakischen
Republik lassen den Schluß zu, daß die neue Republik
die Deutschen in keinerlei Weise unterdrücken wird, daß
sie sich eines Regimes der Freiheit und Gerechtigkeit
erfreuen werden." Seit sechs Jahren sind wir lebendige Zeugen
dieser Gerechtigkeit und Freiheit, die uns versprochen wurde.
Meine Herren, aus diesem Widerspruch heraus ergibt sich auch ein
Großteil der Bitterkeit unseres Gefühls, insbesondere
wenn wir die Sprachenverordnung lesen und vor allem die Interpretation
der Sprachenverordnung durch maßgebende Kreise hören.
Der Minister des Innern hat es nicht für notwendig gefunden,
uns darüber zu beruhigen, er hat im Gegenteil die Gesänge
angeschlagen, die uns hier beweisen, daß die Sprachenverordnung
eine Verschärfung der Sprachenverhältnisse, des Sprachenunrechtes
gegen uns bedeuten wird.
Und schließlich ist Vertrauen oder Mißtrauen eine psychische Sache, eine gefühlsmäßige Angelegenheit, die nicht zuletzt mit der gesamten moralischen Auffassung zusammenhängt, die man auf Grund der Erfahrungen, auf Grund seines Wissens und auf Grund seiner Bildung hat. Und da ist mir erinnerlich, daß bei der letzten Debatte über die Ministererklärung nach dem Zusammentreten des neuen Parlaments ein Herr, der der Gesandte in einem amerikanischen Staat, ich glaube in den Vereinigten Staaten von Amerika war, die Deutschen aufgefordert hat, sich Knigges "Umgang mit Menschen" zu Gemüte zu führen. (Veselost na levici.) Wir wollen freudig feststellen, daß der Herr Kollege damit anerkennt, daß in der deutschen Kultur eine Basis liegt, welche allgemein anerkannt werden kann als Basis für den Umgang mit Menschen. (Sehr gut!) Das ist uns eine große Genugtuung und heute, da unsere Kultur angegriffen worden ist, kommen wir neuerlich und mit Betonung darauf zurück. Der Herr Redner von damals hat aber eines vergessen: Die Abschaffung des Adels. Er hat, indem er diesen alten Adeligen zitiert hat, wohl scheinbar schon vorweggenommen, daß ein neuer Adel geschaffen wird, welcher ebenso wie die alten Raubritter aus der Bodenreform entstanden ist, und daß der alte Adel, der abgeschafft ist, nun durch diesen neuen Adel ersetzt werden soll. (Výkøiky na levici.) Dieser neue Adel wird es sicher als wünschenswert ansehen, den Knigge jetzt dauernd zur Lektüre zu nehmen, denn das ist eine Gebrauchsanweisung. Ich habe mir das Buch kommen lassen. Und da ist auch ein Passus, bezeichnend für die. Berechtigung des Mißtrauensantrages, den wir gegen die Regierung gestellt haben. Wir sind dabei unpersönlich, uns liegt nicht an den Menschen, sondern am System, das wir bekämpfen. Aber Knigge hat auch da eine ganz richtige Anweisung für die Behandlung von Menschen gefunden und ich glaube, da unser Mißtrauensvotum sich moralisch auch auf Knigge stützen kann, der nicht von unserer Seite, sondern von der Gegenseite uns in Erinnerung gebracht wurde. Damit mir nicht der Vorwurf eines fremden Textes gemacht werde, habe ich eine alte Ausgabe gewählt. Auf Seite 135 heißt es: "Haben sie uns aber dennoch einmal hintergangen, so nehme man diese Sache nicht auf einen leichten, scherzhaften Fuß. Man zeige sich über diesen ersten falschen Schritt sehr entrüstet, sei nicht sogleich bereit, denselben zu verzeihen. Und hilft dann all das nicht, und sie fahren fort, uns mit Winkelzügen und Ränken zu hintergehen, so bestrafe man sie durch Verachtung und fortgesetztes Mißtrauen, das man in alles, was sie reden und tun, setzt, bis sie sich bessern. Aber selten kommt der, welchem schiefe Streiche zur Gewohnheit geworden, wieder auf den Weg der Wahrheit zurück." (Veselost na levici. Rùzné výkøiky.)
Mit Knigge begründe ich den Mißtrauensantrag
moralisch und empfehle ihn deshalb auch zur Annahme. (Souhlas
a potlesk na levici.)