Alle diese widerwärtigen und bedrückenden
Gefühle eines jeden Deutschen beim Lesen dieser Sprachenverordnung
sind nur zu sehr begründet. Aber ich will auch noch auf andere
Fragen hinweisen, das sind die materiellen Fragen. Die Staatsangestellten,
welche vom vorigen Staate in die Dienste des neuen Staates übernommen
wurden, sind materiell durch diese Sprachenverordnung in ihren
wohlerworbenen Rechten verkürzt, ja sogar um dieses Recht
gebracht. Sie werden direkt benachteiligt oder hinausgeworfen.
Selbst die sog. Staatsorgane, es sind das angeblich die Notare
und die beh. autor. Ziviltechniker, Geometer und Ingenieure, sie
alle sind eigentlich in ihrem Berufe Privatleute und genießen
nur eine gewisse öffentliche Beglaubigung, beziehen vom Staate
keine Besoldung und dennoch, auch diese werden, soweit sie Deutsche
sind, von dieser Verordnung schwer betroffen, manche vielleicht
unmöglich oder sogar brotlos gemacht werden, bloß wegen
der Sprache und wegen ihrer Muttersprache. Und dann noch die Eingriffe
in die gemeindeamtliche Selbstverwaltung, welche zufolge der Sprachenverordnung
gesetzwidrig durchgeführt werden sollen. Irgend ein
einziger Èeche, es sind dies meist Hitzköpfe oder
Heißsporne, kann durch seine Anträge die ganze Gemeindeverwaltung
auf den Kopf stellen und den Gang der Gemeindegeschäfte behindern.
Schließlich versteigt sich die Sprachenverordnung
sogar so weit, daß sie mit den Gewerbetreibenden, wie mit
Staatsangestellten umgehen will, nämlich daß ihnen
die Benützung der Staatssprache auferlegt werde. Gewerbetreibende,
die vom Staat rein gar keine Bezahlung haben, sondern im Gegenteil
harte Steuern zahlen müssen und froh wären, wenn
sie nur leben könnten, auch diese und ihre Genossenschaften
sollen unter das èechische Sprachenjoch gezwungen werden.
Bei den Gastwirten hat es die pol. Behörde versucht; das
Verwaltungsgericht hat aber dem Recht zum Siege
verholfen und da versucht es die Sprachenverordnung, auf dem krummen
Wege zu demselben Ziele zu gelangen, das schon als widerrechtlich
erkannt wurde. Der Sprachenzwang, der schon einmal vor einigen
Jahrhunderten in Böhmen gewütet hat, so daß man
ihn schon als Sprachenschreck bezeichnen kann, hat sich nun wieder
eingestellt und sucht unsere deutsche Heimat allerorten auf.
Das von unserem Volke nie anerkannte Sprachengesetz,
welches noch vor dem Zusammentritt gewählter Volksvertreter
in die Nationalversammlung beschlossen worden ist, hat uns zwar
schon einen Wink mit dem Zaunpfahl darüber gegeben, was unser
Schicksal in diesem Staate sein soll, aber die sog. Sprachenverordnung
will darüber hinaus uns mit einem direkten Schlag treffen,
von dem wir uns nicht sobald erholen sollen. Es kommt aber anders
als die Mitglieder dieser Regierung sich gedacht haben; sie glauben
wahrscheinlich, der gute Deutsche läßt sich auch das
noch aufreden, daß selbst diese Maßnahme ihn noch
nicht gefährden werde. Darin nun ist die Regierung einer
grundfalschen Meinung. Aus den massenhaften Versammlungen unseres
Volkes wird sie inzwischen schon die Lehre gezogen haben, daß
man nicht ungestraft an den höchsten Gütern eines Volkes
rütteln darf, auch wenn man sich auf eine allmächtige
Koalition stützen zu können glaubt. Um sachlich zu sein,
will ich dem Hause vorbringen, warum wir, das deutsche Volk in
diesem Staate, gegen einen Sprachenzwang und insbesondere gegen
den staatlichen Sprachenzwang mit Fug und Recht ankämpfen.
Der staatliche Sprachenzwang ist eigentlich
verursacht worden durch die Unaufrichtigkeit, mit welcher bei
den Friedensverträgen vorgegangen worden ist. Man hat den
neuzubildenden èechoslovakischen Staat als einen Nationalstaat
hingestellt, der nur einige wenige Minderheiten
anderer Völker in sich enthalten werde, in Wirklichkeit,
wie wir alle wissen, wie auch Sie meine Herren von den Regierungsparteien
sehr gut wissen, ist die Èechoslovakei ein Staatswesen,
in welchem überhaupt kein Volk die absolute Mehrheit aufweisen
kann, denn die Angehörigen des èechischen Volkes erreichen
in diesem Staate kaum die Hälfte der einheimischen Staatsbewohner
überhaupt. Gleich danach kommen, was die Zahl anbelangt,
die Angehörigen des deutschen Volkes und weiter die Angehörigen
des slovakischen und die des ungarischen
Volkes und schließlich die Karpathorussen und eine Anzahl
von Polen. Das èechische Volk und das slovakische Volk
sind, wie bekannt ist, zwei selbständige Völker, die
Sprachen sind zwei selbständige Sprachen, jede mit einer
eigenen Grammatik und Literatur. Kein Èeche hält sich
für einen Slovaken und kein Slovake für einen Èechen.
Ich glaube, das Haus ist darüber vollständig im klaren,
die Äußerungen der Slovaken in diesem Hause wirken
überzeugend.
Ich will damit nicht gesagt haben, daß
ein Nationalitätenstaat nicht bestehen könnte, aber
es muß einmal bei den Machthabern dieses Staates die Einsicht
kommen, daß dieser Staat eben kein Nationalstaat ist, sondern
ein Nationalitätenstaat, und daß somit jene Voraussetzungen
fehlen, welche in einem Nationalstaate vorhanden sind, vorhanden
sein müssen, damit der Staat wirklich ein Nationalstaat sei.
Von diesem Standpunkte aus halten wir es bestimmt schon für
verfehlt, daß eine Staatssprache überhaupt diktiert
wurde.
Im Friedensvertrage von St. Germain vom 10.
September 1919 ist eine solche Staatssprache überhaupt nicht
gestattet worden, da heißt es wörtlich:
Artikel 7: "Alle èechoslovakischen Staatsbürger
ohne Unterschied der Rasse, der Sprache oder Religion werden vor
dem Gesetze gleich sein und dieselben bürgerlichen
und politischen Rechte genießen.
Den èechoslovakischen Staatsbürgern wird keinerlei
Beschränkung im freien Gebrauche irgend einer Sprache im
Privat- oder Geschäftsverkehr, in Angelegenheiten der Religion,
der Presse oder öffentlicher Kundgebungen
jedweder Art oder in öffentlichen Versammlungen auferlegt
werden.
Unbeschadet der Einführung einer offiziellen Sprache durch
die èechoslovakische Regierung wird den èechoslovakischen
Staatsangehörigen anderer Zunge als der böhmischen
angemessene Möglichkeit des mündlichen und schriftlichen
Gebrauches ihrer Sprache vor Gericht geboten werden." Was
das Wort "Gericht" bedeutet, hat der Berichterstatter
im Nationalkonvent selbst, ich glaube, es war Dr Hnídek,
ja ganz deutlich ausgeführt, daß der englische Sprachgebrauch
darunter eben alle Behörden versteht.
Eine "offizielle" Sprache ist keine
Staatssprache. Es kann überhaupt keine Staatssprache geben,
denn die Sprache ist die Fähigkeit einer physischen Person,
Gedanken mündlich auszudrücken oder als Schriftsprache
aufzusetzen. Der Staat ist keine physische Person. Eine offizielle
Sprache eines Staates, eine solche kann es geben. Ob es zweckmäßig
war, auf eine offizielle Sprache des neuen Staates seinerzeit
sich einzulassen, will ich hier nicht erörtern, aber selbst
beim Bestande einer solchen Möglichkeit hätte man können
und sollen auf die verschiedenen Völker, welche diesen Staat
bewohnen, gebührend Rücksicht nehmen und das Sprachengesetz
der Nationalversammlung überlassen, welche aus den
von den Völkern dieses Staates gewählten Vertretern
sich zusammensetzt. So wurde aber noch vor dieser Versammlung
in der Eile ein Sprachengesetz geschaffen, d. h. uns, den nichtèechischen
Völkern aufgezwungen, das uns nicht befriedigen kann und,
ich bin überzeugt, auch nicht im Sinne
aller jener Nationen gelegen sein kann, welche für die Verträge
garantiert haben.
Und zu diesem Sprachengesetz, welches von uns
nie anerkannt wurde, weil es uns, entgegen dem Friedensvertrage,
in unseren natürlichen Rechten auf unsere Muttersprache verkürzt,
hat nun die jetzige Regierung noch eine sogenannte Sprachenverordnung
hinzugefügt. Das Sprachengesetz hat uns Erleichterungen in
Aussicht gestellt, die Sprachenverordnung hat uns Verschärfungen
gebracht, die Sprachenverordnung ist ungültig, weil sie über
das Sprachengesetz hinausgeht und noch weit bedrückender
vorgeht. Die Sprachenverordnung ist im Widerspruch mit sonstigen
Gesetzen dieses Staates. Eine Verordnung darf den Rahmen eines
Gesetzes nicht überschreiten, eine Verordnung darf gegen
bestehende Gesetze nicht verstoßen, sie darf selbstverständlich
noch weniger gegen internationale Abmachungen gerichtet sein,
wie es die Friedensverträge sind.
Im folgenden werde ich gesetzwidrige Bestimmungen
der Sprachenverordnung aufzählen, wobei ich aber bemerken
muß, daß die Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit
macht:
1. Die Verordnung überschreitet in mehreren
Fällen die ihr im Sprachengesetze erteilte Ermächtigung.
Sie ändert gesetzliche Bestimmungen, z. B. die Bestimmungen
über die Wählbarkeit als Bürgermeister und Bürgermeisterstellvertreter
einer Stadt mit eigenem Statut (Artikel 73, Abs. 1). Damit verstößt
sie gegen den § 55 der Verfasungsurkunde.
2. Die Sprachenverordnung enthält Normen,
auf die sich das bezogene Sprachengesetz überhaupt nicht
bezieht. Obwohl das Sprachengesetz nur den Sprachengebrauch der
öffentlichen Behörden, Ämter, Anstalten, Unternehmungen
und Organe im inneren Dienste, im Verkehre miteinander und im
Verkehre mit den Parteien regelt, dagegen nicht den Sprachengebrauch
in den sonstigen Beziehungen, insbesondere im privaten und im
Geschäftsverkehre, erteilt der Artikel 99 der Sprachenverordnung
den staatlichen Behörden auch die Ermächtigung, in den
Sprachengebrauch des Privatoder Geschäftsverkehres
gebietend und verbietend einzugreifen. Dies widerstreitet sowohl
dem § 55 und 128 der Verfassungsurkunde, als auch dem Artikel
7 des zwischen der Èechoslovakei und den alliierten und
assoziierten Hauptmächten abgeschlossenen Staatsvertrages
von St.-Germain.
3. Die Sprachenverordnung hebt im Falle des
Artikel 42. Abs. 2, Schußsatz, das verfassungsmäßige
Sprachenrecht auf (Arg.: "nach Möglichkeit"); des
weiteren anerkennt sie ohne gesetzliche Grundlage keine Sprachenrechte
im Verkehre der Parteien mit den Gendarmerieorganen (Art. 48).
4. Gesetzwidrig ist die Bestimmung des Artikel
53, Absatz 1, nach welcher bei Nichtübereinstimmung zweier
Texte der Ausfertigung der Text in der Staatssprache entscheidend
sein soll. Hier setzt sich die Regierung über die Rechtsprechung
des Verwaltungsgerichtes einfach hinweg.
5. Die Sprachenverordnung behandelt ohne gesetzliche
Ermächtigung staatlich autorisierte Organe als staatliche
Organe, was sie nicht sind (Artikel 2, Abs. 2).
6. Artikel 56, Abs. 2, überläßt
es der Willkür der Verwaltungsbehörde, ob bei nachträglichen
Matrikeneintragungen auch die Sprache der Minderheit anzuwenden
ist oder nicht.
7. Unzulässig, gesetz- und verfassungswirdig
ist der Eingriff in die Unabhängigkeit des Disziplinargerichtes
im Artikel 67, Abs. 2.
8. Gesetzwidrig ist die gemeinsame Leitung
der Gemeindevertretungssitzung durch den Gemeindevorsteher und
seinen Stellvertreter, wie dies Artikel 80, Abs. 3, vorsieht (vergl.
§ 47 der böhm. Gemeindeordnung).
9. Nach Artikel 14 der Sprachenverordnung
sind unter einer nationalen oder sprachlichen Minderheit im Sinne
des Sprachengesetzes und dieser Verordnung zu verstehen Statsbürger
der Èechoslovakischen Republik, aber einer anderen als
der Staatssprache, von denen nach dem Ergebnisse der letzten
amtlichen Volkszählung wenigstens in einem Gerichtsbezirke
der Republik mindestens 20% wohnen. Damit schließt Artikel
14 der Sprachenverordnung Ausländer von den subjektiven Sprachenrechten
des § 2 des Sprachengesetzes aus. Dies steht aber im Widerspruche
mit der Rechtsprechung des Obersten Verwaltungsgerichtes, nach
welcher auch fremde Staatsangehörige des Minderheitensprachenrechtes
teilhaftig sind, wenn sie Angehörige der bezüglichen
Minderheitssprache sind.
10. Nach § 86 der Sprachenverordnung ist
ein Organ der Gemeindeverwaltung, das bei Ausübung seines
Amtes durch beabsichtigte Handlungen oder beabsichtigte Unterlassungen
gegen diese Verordnung ein Interesse der öffentlichen Verwaltung
gefährdet, nach § 25 des Gesetzes zum Schutze der Republik
vom 19. März 1923, Slg. Nr. 50, zu bestrafen. Diese Bestimmung
der Sprachenverordnung geht aber weit über den § 25
des Schutzgesetzes hinaus, da sich eine Übertretung dieses
§ 25 nur ein Organ der öffentliche Gewalt schuldig machen
kann. Wenn also ein Organ der Gemeindeverwaltung sich eines Verstoßes
gegen das Sprachengesetz oder gegen die Sprachenverordnung in
Fällen schuldig macht, wo es keine Befehlsgewalt ausübt,
dort ist der § 25 des Schutzgesetzes unanwendbar.
11. Die Sprachenverordnung enthält Strafbestimmungen,
ohne daß das Gesetz sie zur Erlassung solcher Bestimmungen
ermächtigen würde. Darin liegt ein Verstoß gegen
den § 111, Abs. 2, der Verfassungsurkunde.
Dazu kommen noch eine Menge gesetzwidriger
Bestimmungen der Sprachenverordnung über das Verfahren bei
den Gerichts- und Verwaltungsbehörden, von denen hier folgende
aufgezählt werden sollen:
Artikel 4, Abs. 3, wornach Eingaben von Parteivertretern
oder von Parteien selbst, welche die Staatssprache kennen, falls
nicht die Staatssprache angewendet wurde, dort wo dies geschehen
soll, zurückgewiesen werden sollen, als ob sie nicht überreicht
wurden widerspricht der Zivillprozeßordnung, laut welcher
Eingaben mit Formgebrechen zur Verbesserung rückgestellt
werden sollen. (Pøedsednictví se ujal
pøedseda Malypetr.)
Artikel 8, Abs. 7, wornach verhörte Personen es ablehnen,
in der Staatssprache, die sie kennen, auszusagen, mit Strafen
bis zu 1000Kè zu zwingen seien, widerspricht der Verfassung
§ 111, da Strafen nur aufgrund von Gesetzen
angedroht und auferlegt werden dürfen. Die hiebei in der
Sprachenverordnung berufene Bestimmung des § 8, Abs. 4 des
Sprachengesetzes enthält keine Strafandrohung und kein Strafausmaß.
Artikel 16, Abs. 3 betreffend die Feststellung
der sprachlichen Zugehörigkeit bei juristischen Personen
und ähnlichen Rechtssubjekten entbehrt einer gesetzlichen
Grundlage. Die Eintragung in dem öffentlichen Register oder
die Sprache der Geschäftsordnung dann - wenn dies auch die
Staatssprache ist, sodaß in solchen Fällen die Staatssprache
für die sprachliche Zugehörigkeit maßgebend sein
soll - als entscheidend anzusehen, ist ungerecht, da juristische
Personen durch dazu gesetzlich oder statutarisch bestimmte Personen
vertreten werden, sodaß deren sprachliche Zugehörigkeit
maßgebend sein muß, denn sonst verstehen sie nicht,
was bei den Behörden verhandelt wird und sind doch dafür
verantwortlich.
Artikel 27, Abs. 2 widerspricht dem Grundbuchsgesetze,
da für die Eintragung im Grundbuche maßgebend ist der
Antrag der Partei.
Artikel 27, Abs. 4 ist ungerechtfertigt dort,
wo die Urkunde in der Minderheitssprache abgefaßt ist, z.
B. Einantwortungsurkunden.
Artikel 38 betreffs der Eintragung in die Grundbücher
widerspricht ebenfalls dem Grundbuchsgesetze.
Eine gesetzwidrige Strafandrohung und
Festsetzung kommt auch noch im Artikel 16, Abs. 4 vor, wornach
den Parteien und anderen Beteiligten und ihren Vertretern Ordnungsstrafen
bis zu 1000 Kè aufzuerlegen seien, wenn sie über die
sprachliche Zugehörigkeit und Kenntnis unwahre
Angaben machen. Die Anführung betreffs Sprachkenntnisse widerspricht
hier dem Gesetze, da für sprachliche Minderheiten von mindestens
20% nur die sprachliche Zugehörigkeit maßgebend ist,
um die Rechte der sprachlichen Minderheit zu erlangen, nicht aber
die Sprachkenntnisse. Letztere können nur in Bezirken unter
20% eine Rolle spielen, aber auch da können nicht Strafen
angedroht und verhängt werden.
Auch diese Aufzählung der Gesetzwidrigkeiten
der Sprachenverordnung ist noch nicht erschöpfend. Fast in
jedem der vollen 100 Artikel dieser mehr als umfangreichen Verordnung
findet sich ein Verstoß gegen die Gesetze dieses Staates.
Auf einen Punkt möchte ich noch im allgemeinen
hinweisen, der unseren Antrag besonders zu begründen vermag.
Dies ist der Umstand, daß die ganze Verordnung, so wie sie
ist, überhaupt ungültig gemacht wurde. Das Sprachengesetz
enthält nur 9 Paragraphen. Im § 9 heißt es am
Schluß: Mit dem Vollzuge des Gesetzes sind alle Minister
betraut. (Hört! Hört!)
Die Sprachenverordnung gibt sich als eine Regierungsverordnung
aus. Wer ist die Regierung? Der Ministerpräsident mit allen
seinen Ministern. Es durfte also die Sprachenverordnung nur durch
die Gesamtheit der Regierung erlassen werden. Wir wissen aber,
daß zwei Minister diese Verordnung nicht unterschrieben
haben, sie kann also überhaupt nicht als Regierungsverordnung
angesehen werden. Sie ist nur eine Verordnung einzelner Minister,
also eine Ministerialverordnung und Ministerialverordnungen dürfen
schon gar nicht soweit gehen, wie es sich diese sog. Regierungsverordnung
angemaßt hat. Auch dafür machen wir die Regierung verantwortlich.
Diese Ministerialverordnung maßt sich
sogar an, in die Angelegenheiten der örtlichen Selbstverwaltung
einzugreifen, obwohl diese Behörden keine staatlichen Behörden
sind Dieser Übergriff ist wohl der größte, den
sich die betreffenden Minister erlaubt haben.
Nebstdem greift die Verordnung auch noch in
die Rechte der öffentlichen Körperschaften ein mit einer
Anmaßung sondergleichen. Sogar einen Eingriff in die kirchliche
Autonomie scheute diese Verordnung nicht, siehe Art. 56.
Die kirchliche Selbstverwaltung ist aber ein
wichtiger Bestandteil unserer Parteigrundsätze, an dem wir
unentwegt festhalten werden. Die kirchliche Selbstverwaltung lassen
wir daher nicht antasten.
Äußerst befremdend ist noch, daß
bei der Anführung der Mittel, mit denen die Kenntnis der
Staatssprache nachgewiesen werden könnte, zwar das Zeugnis
einer öffentlichen Unterrichtssprache mit der Staatssprache
als Unterrichtssprache angeführt ist, aber das Zeugnis einer
staatl. Unterrichtsanstalt mit einer anderen Unterrichtssprache
als der Staatssprache über den erfolgreichen Besuch des Unterrichts
in der Staatssprache an dieser Anstalt als nicht genügend
erachtet wurde. Darin liegt eine augenscheinliche Zurücksetzung
aller Unterrichtsanstalten mit deutscher Unterrichtssprache, in
denen die Staatssprache gelehrt wird, als ob diese Anstalten nicht
imstande wären, die volle Kenntnis der Staatssprache ihren
Schülern beizubringen. Dadurch sollen offenbar die
Anwärter auf Staatsanstellungen in die èechischen
Schulen getrieben werden, damit diese ohnedies schon überfüllten
Schulen sich noch vermehren und die deutschen Schulen veröden.
Wie kann der Unterrichtsminister dies rechtfertigen?
Nun frage ich: wenn man sich dies alles vergegenwärtigt,
darf etwas derartiges eine Regierung machen, ist diese Überschreitung
der Befugnisse einer Regierung nicht auch ein Eingriff in die
Rechte der gesetzgebenden Versammlung? Stellen wir uns vor, in
einem Staate mit einer wahren Demokratie, würde die Regierung
sich so weit vergessen haben, wie hier? Müßte nicht
sofort das Parlament selbst sich der Sache annehmen und die Regierung
als unfähig erkennen und veranlassen, daß sie sich
sofort zurückzieht? Ein Parlament, daß sich seiner
eigenen Rechte gegenüber der Regierung nicht bewußt
wäre und seine Rechte nicht selbst zu wahren imstande wäre,
würde sich diskreditieren. Wir sind hier schon manches gewöhnt,
wir wissen, daß das Volk, nicht bloß die Minderheitsvölker,
sondern auch schon das èechische Volk das vorige
Parlament als eine reine Abstimmungsmaschine hingestellt hat.
In der Presse und in bildlicher Darstellung ist dem vorigen Parlament
dieser Vorwurf nicht erspart geblieben. Will nun das neue auch
sich wieder mit diesem Vorwurf schon belasten?
Aus den Ausführungen des Berichterstatters
der Mehrheit haben wir gesehen, daß es hier absolut nicht
darum zu tun ist, wirklich die Rechte der Völker zu wahren,
sondern daß es hier die Mehrheit abgesehen hat, die anderen
Völker dieses Staates in brutalster Form zu unterdrücken
und sie um ihre natürlichen Volksrechte zu bringen. (Výkøiky
na levici.)
Ich will meine Ausführungen schließen
mit den Worten des Staatsoberhauptes: "Ich halte den Raub
an der Sprache für eine Barbarei des geistlosen Materialismus
und des politischen Mechanismus. Nicht durch Gewalt, sondern friedlich;
nicht durch das Schwert, sondern durch den Pflug; nicht
durch Blut, sondern durch Arbeit; nicht durch den Tod, sondern
durch das Leben zum Leben. Dies ist die Rede des èechischen
Genius." Wo bleibt der èechische Genius? (Potlesk
na levici.)