Hohes Haus! Ich fühle mich berufen zu
diesem in Beratung stehenden Gesetze auch einige Worte zu verlieren.
Die Regierung fühlt sich veranlaßt, den Hausierhandel
zu regeln. Die Regelung läuft auf eine Erschwerung des Hausierhandels
hinaus. Auf der einen Seite sehen wir, daß der Staat in
den armen unwirtlichen Gegenden sich bemüht, die Leute an
die Scholle zu fesseln durch Schaffung einer Heimindustrie. Auf
der anderen Seite erschwert der Staat die Absatzmöglichkeiten
der in dieser Heimindustrie geschaffenen Erzeugnisse. Große
und weite Gebiete können von dem Ertrage der armseligen Scholle
nicht leben. Die Leute, die diese Scholle betreuen, sind genötigt,
noch einem anderen Erwerbs zweige nachzugehen. In einigen Familien
wird die Heimarbeit vollzogen, andere Mitglieder der Familie oder
Dorfinsassen haben die Aufgabe diese Erzeugnisse abzusetzen. Das
war so durch Jahrzehnte und ist leider auch heute noch so der
Gang, weil eben eine andere Möglichkeit nicht besteht, diese
Erzeugnisse abzusetzen. Nicht nur das Erzgebirge, sondern auch
Teile des Böhmerwalds und des Adlergebirges sind darauf angewiesen,
durch Hausierhandel Geld ins Land zu bringen, um sich den Lebensunterhalt
zu sichern. Im Erzgebirge haben wir im westlichen und mittleren
Teile die Spitzenindustrie, Stick- und Strickindustrie eingeführt.
Wenn man hier das Wort Industrie nennt, so ist es mehr oder minder
ein falscher Ausdruck, denn er bezieht sich meist nur auf Heimarbeit,
die die Bevölkerung dort leistet. Schon von den jüngsten
Jahren muß das Kind sich in den Dienst der Heimerzeugung
stellen, um der Familie den Lebensunterhalt zu sichern.
Der Staat hat zwar zur besseren Ermöglichung
des Lebensunterhalts in den Erzgebirgsgegenden Spitzenklöppelschulen
errichtet. Durch diese Spitzenklöppelschulen sollte es der
Bevölkerung möglich sein, durch neue Mustergewinnungen
und andere Arbeitsmethoden besser und leichter an den Mann zu
bringende Erzeugnisse zu verfertigen. Diese Spitzenklöppelschulen
hätten aber gar keinen Zweck und würden der Bevölkerung
nichts nützen, wenn nicht ein Hausierer da wäre, der
diese Erzeugnisse absetzen würde. Denn die Waren, die da
erzeugt werden, sind nicht immer derartig, daß man sie in
das kaufkräftige Ausland zum Absatz bringen könnte.
Es sind Waren, die eben im Inlande den Absatz gefunden
haben und auch heute noch finden müssen. Aber durch die Zerschlagung
der österreichisch-ungarischen Monarchie wurde auch das Absatzgebiet
für diese Erzeugnisse zerschlagen und nur auf einem Teil
dieses Staates, der Èechoslovakischen
Republik, ist es Hausierern möglich, diese Erzeugnisse der
Spitzen-, Stick- und Strickindustrie abzusetzen. Sie sehen, wie
schwer diese arme Bevölkerung dadurch getroffen wurde, und
nun noch die Erschwerung in der Absatzmöglichkeit. Aber es
ist noch mehr geschehen, durch den Krieg wurde die Spitzenklöppelindustrie
aus den Erzgebirgsgegenden verschleppt, und zwar nach China und
dort in China werden die Spitzen in großen Massen erzeugt,
zu einem Preis, der es unseren einheimischen spitzenklöppeleibetreibenden
Kreisen unmöglich macht, mit den Chinesen zu konkurrieren.
Das sonst früher so geschätzte Absatzgebiet der Vereinigten
Staaten ist zum großen Teil verloren gegangen. Maßgebende
Kreise der èechoslovakischen Regierung waren sich der Verpflichtung
bewußt, einen Ersatz zu schaffen. Sie suchten diesen Ersatz
derart zu schaffen, daß man die Spitzenklöpplerinnen
veranlassen wollte, wertvollere Stücke in Arbeit zu nehmen,
diese wertvolleren Stücke bedürfen, aber einer viel
längeren Lehrzeit, um ein Stück hervorzubringen, das
tadellose Ware ist. Diese Stücke, die schon ein Kunstprodukt
sind, in der Fremde abzusetzen, ist wohl möglich. Aber nicht
jede Spitzenklöpplerin und nicht jede mit Spitzenklöppeln
sich beschäftigende Person ist in der Lage, ein derartiges
Kunstprodukt hervorzubringen. Dann gehört aber dazu auch
schon ein gewisser Hinterhalt an Geldmitteln, der es den ein solches
Stück verfertigenden Spitzenklöpplern ermöglicht,
vielleicht 5 oder 6 Monate, auch ein Jahr lang leben zu können.
Denn so ein Stück bedarf derart lange Zeit und die Spitzenklöpplerin
bekommt für ihr Erzeugnis den Lohn erst beim Verkauf bezw.
beim Abliefern an den Hausierer oder an den Spitzenhändler.
Diese Erzeugnisse besonders in der Spitzenindustrie unterliegen
auch sehr dem Wechsel der Mode. Dieser Wandel in der Absatzmöglichkeit
bedrückt diese Bevölkerung so furchtbar, daß sie
jede Möglichkeit ergreifen muß, um in solchen schwierigen
Zeitläuften, wie wir sie jetzt durchleben, ihr Produkt absetzen
zu können. Nun möchte ich darauf verweisen, daß
man bei den so geschilderten Umständen den Absatz dieser
Erzeugnisse zu jeder Zeit fördern muß und dieser Förderung
steht der Absatz 2 des § 3 besonders stark entgegen, der
da folgendermaßen lautet: Ebenso können eine Bewilligung
zum Hausierhandel Personen nicht erlangen, die entweder selbst
oder deren Gattin oder Verwandte in direkter Linie überhaupt
oder in der Seitenlinie bis zum zweiten Grad bereits ein Gewerbe
mit einem festen Standort oder ein Marktfierantengewerbe betreiben.
Ich möchte fragen, wie kann man das bestimmen, wo draußen
in den Dörfern die Verwandtschaft doch von Haus zu Haus festzustellen
ist. Es ist überall Verwandtschaft da und nun diese Einschränkungen.
Aber es berührt mich diese Art der Stilisierung dieses Absatzes
2 nicht besonders, sondern das, was man in diesen Absatz hineinlegen
kann und was man den Verwaltungsbehörden überantwortet.
Es steht in diesem Absatz 2 nicht, für welchen Bereich dieses
Verbot gilt, ob es bloß für den Wohnort derjenigen
Person gilt, welche das Hausierbuch anspricht, oder ob
es gilt für den Bezirk, Kreis, Gau, für das Land oder
für das ganze èechoslovakische Staatsgebiet. Sie sehen,
welche Fülle an Mitteln den Behörden überantwortet
wird, um einen solchen Mann oder eine solche Frau, die sich
um ein Hausierbuch bewirbt, zu schikanieren, um es ihr unmöglich
zu machen, in den Besitz eines Hausierbuches zu gelangen. Warum
wurde dieser Absatz nicht derart stilisiert, daß man nicht
den Verwaltungsbehörden die Möglichkeit gibt, eine Sinnesänderung
nach ihrer Willkür durchzuführen. Darum verlangen wir
zur teilweisen Einschränkung der allfällig möglichen
amtlichen Beschränkung der Erteilung des Hausierbuches an
Personen, welche verwandt sind mit einem Gewerbetreibenden nach
§ 2, Abs. 3, daß dieser Absatz und das ist das Gelindeste
was wir fordern können, wenigstens nicht gilt für die
Hausierer nach § 17. Denn dort sind die Gebiete angeführt,
die man als arme Gegenden bezeichnet hat. Im § 4 ist im Abs.
1 enthalten: Die Bewilligung zum Hausierhandel erteilt die politische
Behörde I. Instanz auf ein Jahr. Es wird in einem Abänderungsantrag
die Erteilung für 3 Jahre verlangt. Wir begründen dieses
unser Verlangen damit, daß es nicht angeht, solchen armen
Leuten, die genötigt sind ein Hausierbuch in Anspruch zu
nehmen, unnötigerweise Kosten aufzuerlegen, Kosten an Geld,
Kosten an Zeit und Mühe und an unnötigem Verweilen in
den Vorzimmern der verschiedenen Behörden. Aber wir können
dies auch mit Rücksicht darauf fordern, daß man seitens
der Regierung immer Gewicht darauf legt, die Verwaltung in der
Richtung zu reformieren, daß sie billiger, sparsamer und
schneller arbeitet soll. Damit begründen wir die Erstellung
auf 3 Jahre, damit die Behörde nicht in allzurascher Folge
mit der Anforderung um Ausstellung eines Hausierbuches belästigt
wird. Der § 5 spricht aus, daß die Bewilligung des
Hausierhandels auf den Distrikt des zuständigen Landesgauverbandes,
in Karpathorußland auf das ganze Gebiet von Karpathorußland
sich erstrecken kann. Wenn man hier gewußt hat, auf welches
Gebiet sich die Bewilligung erstreckt, warum hat man es nicht
gewußt bei der Stilisierung des § 3, Abs. 2? Diesen
§ 3 mit § 5 in Einklang zu bringen, wäre daher
eine natürliche Folge um eben den Behörden das Amtieren
zu ermöglichen und ihre kostbare Zeit anderen Verwaltungsaufgaben
zu widmen.
Nun möchte ich, nachdem ich all das, was
meine Kollegen angeführt haben, nicht wiederholen will, nur
darum bitten, daß sich das hohe Haus den maßvollen
Anträgen, die von unserer Seite gestellt werden, nicht verschließe,
die nur dahin zielen, den Leuten eine Erwerbsmöglichkeit
in Gebieten zu geben, wo sie auf diese Erwerbsmöglichkeit
angewiesen sind. Es sind dies Gebiete, die von jeher Notstandsgebiete
waren und es auch in der Èechoslovakischen Republik bleiben
werden. Im Gebiete von Preßnitz, von Platten, Schmiedeberg,
Sebastiansberg können die Leute von dem bißchen Grund
und Boden ihr Leben nicht fristen. Sie sind
auf den Hausierhandel angewiesen, und wie schon das alte Österreich-Ungarn
sich dieser Leute annehmen mußte, sind auch Sie bemüßigt,
sich um das Leben und die Wohlfahrt der Leute, die mit grenzenloser
Liebe an ihrer Scholle hängen, zu kümmern. Sie haben
in Paris und St. Germain diese Gebiete für sich in Anspruch
genommen und haben nun die Verantwortung, für den Lebensunterhalt
der dortigen Leute zu sorgen. Wir verlangen für die Leute
Gleichberechtigung mit jenen Staatsbürgern, die in
den armen Gebieten leben und wohnen müssen, die èechische
oder slovakische Gebiete sind. Wir gönnen diesen all die
Begünstigungen die man ihnen von der einen oder von der anderen
Behörde gewährt. Aber da wir nicht wollen, daß
es in diesem Staate Bürger der einen oder
der anderen Güte und der einen oder der anderen Klasse gebe,
beanspruchen wir für unsere deutschen Gebiete dieselbe Begünstigung
auf allen Gebieten.
Da müssen wir Beschwerde erheben, daß
das Eisenbahnministerium sich dieser Gleichberechtigung verschließt.
Wir haben im vorigen Jahre im Eisenbahministerium vorgesprochen,
daß man diesen Leuten, die Hausierhandel mit Spitzen, Stick-
und Strickwaren betreiben, dieselbe Begünstigung zuteil werden
lasse, wie man sie den Hausierern mit Leinwand aus der Nachoder
Gegend oder auch den Hausierern aus der Slovakei gewährt.
Wenn man es für notwendig hält, den Leuten aus diesen
Gegenden, die gewiß arm sind, Fahrpreisermäßigungen
zu geben, müssen sie auch unsere Leute bekommen. Darum möchte
ich hier bei dieser Gelegenheit den Herrn Eisenbahminister bitten,
daß die mit Erlaß des Eisenbahnministeriums, Z. 54068-III/3
aus dem Jahre 1925 erteilte Begünstigung an die Marktfahrer
und gewisse Hausierer auch an solche gewährt werde, die Hausierbücher
nach den §§ 16 und 17 des vorliegenden Druckes ausgestellt
erhalten. Diese Begünstigung soll man schon für 1926
gewähren.
Gleichberechtigung für alle, insbesondere
für die Armen und Bedrückten, die ihren Lebensunterhalt
sich unter den schwersten Bedingungen erwerben müssen. Diese
Begünstigung beanspruchen wir heute umsomehr, als uns der
Finanzminister angekündigt hat, daß er eine Erhöhung
der Fahrpreise um 22% in Vorschlag bringen müsse. Würde
diese Erhöhung tatsächlich eintreten, so würde
es manchem Hausierer nicht möglich sein, bei seinem kargen
Verdienste noch eine erhöhte Fahrgebühr aufzubringen,
und wenn er sie aufbringen würde, müßte er sie
von dem Verdienste abzwicken, den er dem Heimarbeiter für
die Erzeugung geben muß. Es geht nicht an, daß man
in diesem Staate der Industrie große Begünstigungen
auf allen Gebieten einräumt, ihr große Bauten ermöglicht
u. s. w. (Souhlas na levici.) und diesen Leuten, die ja
kein Geld haben, die nicht in der Lage sind, etwas anderes als
den Hausierhandel zu betreiben, es unmöglich macht, das Wenige,
das sie unter schweren Mühen und Aufwand sehr vieler Zeit
erzeugen, absetzen zu können. Die Aufgabe des Staates liegt
darin, sozial und human gegen alle Bürger des Staates zu
sein, die in diesem Staate leben müssen und von dieser Stelle
verlangen wir für die armen, unter den kümmerlichsten
Verhältnissen lebenden Bewohner des Staates nicht nur Wohlwollen,
sondern auch Förderung und Ermöglichung des Lebens überhaupt.
(Souhlas a potlesk na levici.)
Meine sehr geehrten D amen und Herren! Die
Angelegenheit, die heute hier zur Sprache steht, ist für
unser deutsches Volk, als dessen gewählte Vertreter wir hierher
gekommen sind, von so hervorragender Bedeutung, daß wir
es als unsere heiligste Pflicht betrachten, bei dieser Debatte
von unserem Rechte, als Vertreter unseres Volkes hier frei sprechen
zu können, ausgiebigsten Gebrauch zu machen. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)
Ja, wir wollen uns hier aussprechen, in unserer
Muttersprache wollen wir dem Hause klarlegen, warum wir den in
Rede stehenden Antrag gestellt haben. Nichts wollen wir unerwähnt
lassen, was uns zu diesem Antrag bewogen hat und alle Gründe
für unseren Antrag werden wir hier voll und ganz offen aussprechen,
wie es sich gebührt. Mit aller Entschiedenheit und aller
Deutlichkeit wollen wir hier sagen, daß unser deutsches
Volk im vollsten Grade das Mißtrauen gegen die derzeitige
Regierung trägt und daß die Regierung daraus die entsprechende
Folgerung zu ziehen hat, und daß bei uns Deutschen in diesem
Staate in dieser unserer Stimmung gegen die Regierung auch volle
Einigkeit herrscht.
Der Bericht des Initiativausschusses betont
selbst, daß der vorliegende Antrag von allen deutschen Abgeordneten
ohne Unterschied der Parteien mitunterschrieben ist. Also das
Haus weiß, daß der Antrag die volle Zustimmung aller
deutschen Parteien für sich hat.
Der Bericht stellt aber auch noch fest, daß
der Antrag von Abgeordneten der ungarischen Nationalität
und von den kommunistischen Abgeordneten unterschrieben ist. Diese
sind eben auch für eine gleichberechtigte Behandlung aller
Nationen in diesem Staate.
Mehr als das vorgeschriebene Drittel aller
Mitglieder dieses Hauses billigen unseren Antrag und er verdient
daher die vollste Aufmerksamkeit des Hauses.
In einer anderen Richtung muß ich aber
gegen diesen Bericht Stellung nehmen und Kritik üben. Der
Bericht setzt nämlich an dem Antrage aus, daß die Antragsteller
ihn nicht begründet haben. Nun, die Staatsverfassung hat
es vermieden, daß ein Antrag, der Regierung das Mißtrauen
auszusprechen, auch noch begründet werden müßte.
Eine Begründung zu geben, wäre also für uns nicht
notwendig gewesen. Wir haben aber dennoch ausdrücklich in
dem Antrage erklärt, daß Mißtrauen wolle der
Regierung ausgesprochen werden wegen Verletzung des international
verbürgten Sprachenschutzes der nationalen Minderheiten.
Diese Begründung ist so offen und deutlich, daß wir
uns hätten damit begnügen können. Wir haben aber
noch etwas übriges dazu getan; wir haben in dem schriftlichen
Berichte der Ausschußminderheit an das Haus einzeln dargelegt,
worin wir die Rechte unseres Volkes als nationaler Minderheit
verletzt erachten und ich werde mir gestatten, in meiner Rede
diese Gründe noch ausführlicher darzulegen.
Wir können also dem Berichterstatter versichern
und wollen also das Haus selbst davon überzeugen, daß
wir wahrhaft um Gründe für unser Mißtrauen nicht
verlegen sind.
Dagegen vermissen wir in dem Berichte der Mehrheit
des Initiativausschusses einen Grund überhaupt, warum diese
Mehrheit beschlossen hat, dem Hause zu beantragen, daß über
unseren Antrag zur Tagesordnung übergegangen werde. Den Grund
hiefür uns anzugeben, ist uns also die Mehrheit des Initiativausschusses
schuldig geblieben, es scheint uns, daß der Berichterstatter
und die Mehrheit des Initiativauschusses unseren Antrag damit
bagatellisiert haben wollten, daß sie den Antrag zur Ablehnung
nicht einmal zu begründen trachten. Dagegen müssen wir
uns entschieden verwahren.
Warum hat die Regierung selbst, die doch durch
unseren Antrag in erster und einziger Reihe getroffen wurde, nicht
selbst dazu im Initiativausschuß Stellung genommen? Wir
haben dort keine Gelegenheit gehabt, auch nur vor einem Regierungsvertreter,
viel weniger von einem Mitglied der Regierung zu vernehmen, wie
sich die Regierung zu unserem Antrag stellt. Fand die Regierung
es vielleicht auch nicht für notwendig, zu unserem Antrag
Stellung zu nehmen, so ist es von ihr eben auch eine Bagatellisierung
unseres Antrages und schon deshalb würde die Regierung unser
vollstes Mißtrauen verdient haben.
Über die in dem Berichte geschilderten
Ergebnisse der Debatte im Initiativausschusse, wobei der Bericht
ausstellt, daß wir einige Gründe angeführt haben,
die in keinerlei Verbindung mit der Regelung der Minderheitenfrage
stünden, will ich nur soviel sagen, daß darin lediglich
eine subjektive Auffassung des Berichterstatters niedergelegt
ist. Um diese subjektive Färbung des Berichtes zu vermeiden,
hatten wir beantragt, allerdings ohne Erfolg, daß der Bericht
vorerst dem Initiativausschusse vorgelegt werden sollte. Durch
die jetzige Debatte im Hause selbst wird uns Gelegenheit geboten,
eine Darstellung zu geben, die diese subjektive Auffassung richtigstellen
wird.
Bei dieser Gelegenheit muß ich auch auf
eine Äußerung des Justizministers reagieren, die derselbe
in der Haussitzung am 4. d. M. fallen ließ. Der Justizminister
wollte nämlich uns Deutsche wieder einmal als Querulanten
nackt vor die ganze Welt hinstellen; die Versammlungen unseres
Volkes in Karlsbad und in den vielen anderen Städten seien
bloß Demonstrationen gewesen, er sprach die Ansicht aus,
die Bevölkerung wäre verführt worden, der Justizminister
meint, wir Vertreter der Deutschen in diesem Hause wollten die
Sprachenverordnung durch Demonstrationen auf der Gasse erledigen,
anstatt den Weg der Diskussion zu wählen. Diese polemische
Bemerkung des Ministers läßt sich leicht widerlegen.
Wir als Abgeordnete haben das Recht und die Pflicht, mit unseren
Wählern in Verbindung zu treten, um ihre Stimmung zu erfahren.
Unsere Wähler haben andererseits das Recht, von uns Auskunft
über wichtige Begebnisse zu verlangen und uns ihre Meinung
darüber bekannt zu geben. Um dieses Recht der Wähler
und unsere Pflicht in die Wirklichkeit umzusetzen, bedarf es einer
gegenseitigen Aussprache in Volksversammlungen. Daher haben unsere
Parteien solche Volksversammlungen in allen sudetendeutschen Gegenden
eingeleitet. Dort haben wir Abgeordnete und die Senatoren dem
Volke über die Sprachenverordnung berichtet und unsere Parteien
haben die Entschließung der Wählerschaft eingeholt.
Diesen mit dem parlamentarischen Gebrauch übereinstimmenden
Vorgang als Demonstration zu bezeichnen, kann nicht gestattet
sein, am allerwenigsten darf dies ein Justizminister tun, der
kraft seines Amtes wissen sollte, daß darin keine Demonstration
gelegen sein kann. Die Bevölkerung als verführt hinzustellen,
ist ein noch gröberer Verstoß gegen die Wirklichkeit.
Die Versammlungen haben übrigens, wie sich gezeigt hat, einen
würdigen Verlauf genommen und für uns deutsche Abgeordneten
und Senatoren eine einheitliche Kundgebung unseres Volkes zutage
gebracht, welche in der Entschließung gipfelt, die unseren
Standpunkt billigt, den wir hier in diesem Hause vertreten. Die
überaus zahlreiche Beteiligung unserer Wählerschaft
aus allen unseren Parteilagern und die Anteilnahme der vielen
Versammelten hat uns davon überzeugt, daß unser Volk
in vollständiger Einigkeit den Kampf gegen die gesetzwidrigen
Sprachenverordnungen aufzunehmen bereit ist und von uns erwartet
und verlangt, daß wir gegen die Verkürzung unserer
natürlichen Volksrechte uns mit voller Kraft einsetzen werden.
Wieso kann da der Justizminister von einer
Volksverführung und einer Demonstration auf der Gasse sprechen?
Daß die Versammlung an manchen Orten auf den öffentlichen
Platz verlegt werden mußte, hatte darin seinen Grund, weil
die ursprünglich in Aussicht genommenen Räumlichkeiten
sich für die große Anzahl der Versammlungsteilnehmer
als zu klein herausgestellt haben. Ein Beweis, wie sehr unsere
Bevölkerung ein Gewicht darauf gelegt hat, unseren Bericht
anzuhören und dazu Stellung nehmen zu können. Aus dieser
Einmütigkeit und aus diesem großartigen Verlauf der
Volksversammlungen möge die Regierung ersehen, daß
das ganze deutsche Volk in seinem Innersten durch die ungesetzlich
erlassene Sprachenverordnung aufgerüttelt worden ist und
empfindlich getroffen wurde. Un da wagt es der Justizminister
noch, uns zu sagen, wir wollten den Weg einer Diskussion nicht
gehen? Wir haben den Weg zur Diskussion gesucht, zuerst durch
eine Aussprache mit unseren Wählern und sodann im Initiativausschuß
und jetzt im Hause selbst. Im Initiativausschuß haben die
Mitglieder von unserer Seite eindringlich und ausführlich
die Gründe schon dargelegt, warum wir gegen die Sprachenverordnung
ankämpfen. Wir haben dort, wie der Berichterstatter selbst
anführt, durch mehrere Redner in einer mehr als zweistündigen
Debatte unsere Gründe dargelegt. Wir stellen nun hier noch
einmal fest, daß trotzdem die Minister berechtigt sind jederzeit
an den Sitzungen in allen Ausschüssen teilzunehmen und ihnen
dort das Wort zu erteilen ist, wann immer sie es verlangen, kein
Mitglied der Regierung, kein Minister erschienen ist. Die Regierung
hat sich nicht einmal durch Beamte ihrer Ressorts vertreten lassen.
Der Justizminister wäre gerade derjenige gewesen, der es
für richtig zu erachten hatte, dort das Wort zu ergreifen;
er ist dieser Diskussion ausgewichen. Dagegen hat er sich sogleich
im Hause selbst für das ungerechtfertigte Eingreifen der
Gendarmerie und Staatspolizei eingesetzt. Wo er am Platze gewesen
wäre, dorthin ist er nicht gegangen. Und auch seine Ministerkollegen
haben sich zur Aussprache vor dem Initiativausschuß nicht
eingefunden. Sie wollten alle nicht den Weg der Diskussion wählen,
sondern Gendarmerie und Staatspolizei haben sie in Karlsbad und
an den übrigen Versammlungsorten aufmarschieren lassen. Es
hat sich also an den veralteten österreichischen Metternichschen
Methoden, wie die freie Meinungsäußerung durch Bajonette
und Knittel unterdrückt werden kann, rein gar nichts geändert,
trotzdem wir jetzt in einer freien Republik leben, wo Demokratie
soviel wie Diskussion bedeuten soll.
Es kann hier nicht meine Sache sein, alle juristischen
Einwände gegen die Sprachenverordnung Ihnen darzustellen
und zu begründen. Diese Einwände sind schon von gewiegten
Fachmännern so hinreichend und überzeugend öffentlich
vorgebracht worden, daß es überflüßig wäre,
noch etwas dazu zu sagen. Aber das eine bitte ich zu erwägen:
die Sprachenverordnung ist nicht vom Geiste der Versöhnung
der Völker getragen, der doch inzwischen im Locarnovertrag
seine Neugeburt gefeiert hat; im Gegenteil, die Sprachenverordnung
ist noch erfüllt vom Geiste des Hasses, vom Geiste der Rache
und Herrschsucht und vom Streben nach Unterdrückung, hauptsächlich
gegen uneserer deutsches Volk. Weg mit einer solchen Verordnung,
sie paßt nicht mehr in die jetzige Zeit, sie hat sechs Jahre
gebraucht, bis sie zur Welt gekommen ist und da hat sich inzwischen
ein solcher Wandel in den Anschauungen über die Beziehungen
der Völker zu einander vollzogen, daß sie als Spät-
und Mißgeburt erscheinen muß. Es könnte unserem
deutschen Volke noch einleuchten, wenn ein Staat sprachliche Anforderungen
an diejenigen stellen will, welche die Anstellung im Staatsdienste
suchen. Selbstverständlich müßte auch mit gleichem
Maß unseren Volksangehörigen wie den Angehörigen
anderer Völker gemessen werden, also wenn Zweisprachigkeit
gefordert wird, dann für alle Bewerber um Staatsanstellung.
Es wäre auch noch begreiflich, wenn ein Staat im Gesetze
vorschreiben würde, in welcher Sprache die Staatsbehörden
untereinander korrespondieren sollen, in welcher Sprache der innere
Dienst geführt werden soll; dabei dürfte aber nicht
die Überhebung einer Sprache gefördert werden, sondern
lediglich die Zweckmäßigkeit der Maßnahmen den
Ausschlag geben.
Aber den Staatsbürgern vorzuschreiben,
in welcher Sprache sie sich an die Behörden des Staates,
die für diesen Staatsbürger zuständig sind, wenden
können, den Deutschen in den Gerichtsbezirken, in welchen
sie nicht 20% der Bevölkerung ausmachen, aufzuzwingen,
daß sie sich bei Inanspruchnahme vor ihrer eigenen zuständigen
Staatsbehörde der èechischen Sprache zu bedienen haben,
ist eine aufliegende Ungerechtigkeit. (Posl.
dr Kramáø: My jsme vám to øekli nìkolikráte,
ale vy jste to nechtìli dìlati! -
Odpor na levici, výkøiky.) Und
jetzt machen Sie es in diesem Staate, wo die Demokratie zu Hause
ist. (Výkøiky na levici.) Darin
liegt auch eine Erschwerung und Verteuerung aller derjenigen
Schritte, welche der Staatsbürger nach dem Gesetze bei den
Staatsbehörden zu unternehmen hat. Wenn der Deutsche das
Geld nicht aufbringen kann, einen èechischen Advokaten
oder Dolmetsch zu bezahlen, so ist er geliefert.
Das ist eine Rechtsverweigerung für die wenig oder nicht
bemittelten Schichten des deutschen Volkes, namentlich für
unsere Landwirte, die Gewerbetreibenden und den Arbeiterstand.
Die deutsche Sprache ist - das scheinen die
Machthaber dieses Staates oder die Drahtzieher, welche dahinter
stecken, absichtlich übersehen zu haben - eine in Böhmen,
Mähren und Schlesien heimische und übliche Sprache.
Sie ist nebstdem, wie bekannt, eine Weltsprache, die den meisten
Beamten des Staates bekannt ist und deren auch viele Èechen
selbst sich bedienen. Diese Sprache so zurückzusetzen, daß
sie von Deutschen bei ihren eigenen Staatsbehörden, bei denen
sie zuständig sind, nicht benützt werden darf, ist ein
Zeichen des Hasses gegen diese Sprache und damit auch gegen
das deutsche Volk selbst. Es ist von staatswegen nicht notwendig,
es war direkt eine Bosheit gegen unser deutsches Volk und unsere
deutsche Muttersprache, in der wir erzogen und unterrichtet wurden,
in welcher wir täglich verkehren, die von einem 100 Millionen
Volke als Muttersprache gesprochen wird, sie soweit zurückzusetzen,
daß zahlreiche Angehörige unseres deutschen Volkes
von der Benützung unserer Muttersprache, von dem Gebrauch
dieser Sprache vor den eigenen zuständigen Staatsbehörden
ausgeschlossen sind. In der Verfassungsurkunde ist allen Völkern
dieses Staates die Gleichberechtigung zugesagt worden. Eine Verletzung
dieser Verfassung ist die Sprachenverordnung der Regierung, eine
bewußte Verletzung, eine ab sichtliche seitens derjenigen,
die die Sprachenverordnung geschaffen haben. Das Gefühl eines
jeden Deutschen muß sich aufbäumen, wenn er sieht,
wie in dieser Sprachenverordnung seine Muttersprache behandelt
wird, wie ein Aschenbrödel, das noch im Hause gerade geduldet
wird, eine Sprache, die man am liebsten auf ein Aussterbeetat
setzen würde, eine Sprache, die nicht so viel wert ist, daß
man sie als das behandelt, was sie ist, nämlich eine Weltsprache.