Ètvrtek 11. bøezna 1926

6. Øeè posl. Böllmanna (viz str. 619 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ich fühle mich berufen zu diesem in Beratung stehenden Gesetze auch einige Worte zu verlieren. Die Regierung fühlt sich veranlaßt, den Hausierhandel zu regeln. Die Regelung läuft auf eine Erschwerung des Hausierhandels hinaus. Auf der einen Seite sehen wir, daß der Staat in den armen unwirtlichen Gegenden sich bemüht, die Leute an die Scholle zu fesseln durch Schaffung einer Heimindustrie. Auf der anderen Seite erschwert der Staat die Absatzmöglichkeiten der in dieser Heimindustrie geschaffenen Erzeugnisse. Große und weite Gebiete können von dem Ertrage der armseligen Scholle nicht leben. Die Leute, die diese Scholle betreuen, sind genötigt, noch einem anderen Erwerbs zweige nachzugehen. In einigen Familien wird die Heimarbeit vollzogen, andere Mitglieder der Familie oder Dorfinsassen haben die Aufgabe diese Erzeugnisse abzusetzen. Das war so durch Jahrzehnte und ist leider auch heute noch so der Gang, weil eben eine andere Möglichkeit nicht besteht, diese Erzeugnisse abzusetzen. Nicht nur das Erzgebirge, sondern auch Teile des Böhmerwalds und des Adlergebirges sind darauf angewiesen, durch Hausierhandel Geld ins Land zu bringen, um sich den Lebensunterhalt zu sichern. Im Erzgebirge haben wir im westlichen und mittleren Teile die Spitzenindustrie, Stick- und Strickindustrie eingeführt. Wenn man hier das Wort Industrie nennt, so ist es mehr oder minder ein falscher Ausdruck, denn er bezieht sich meist nur auf Heimarbeit, die die Bevölkerung dort leistet. Schon von den jüngsten Jahren muß das Kind sich in den Dienst der Heimerzeugung stellen, um der Familie den Lebensunterhalt zu sichern.

Der Staat hat zwar zur besseren Ermöglichung des Lebensunterhalts in den Erzgebirgsgegenden Spitzenklöppelschulen errichtet. Durch diese Spitzenklöppelschulen sollte es der Bevölkerung möglich sein, durch neue Mustergewinnungen und andere Arbeitsmethoden besser und leichter an den Mann zu bringende Erzeugnisse zu verfertigen. Diese Spitzenklöppelschulen hätten aber gar keinen Zweck und würden der Bevölkerung nichts nützen, wenn nicht ein Hausierer da wäre, der diese Erzeugnisse absetzen würde. Denn die Waren, die da erzeugt werden, sind nicht immer derartig, daß man sie in das kaufkräftige Ausland zum Absatz bringen könnte. Es sind Waren, die eben im Inlande den Absatz gefunden haben und auch heute noch finden müssen. Aber durch die Zerschlagung der österreichisch-ungarischen Monarchie wurde auch das Absatzgebiet für diese Erzeugnisse zerschlagen und nur auf einem Teil dieses Staates, der Èechoslovakischen Republik, ist es Hausierern möglich, diese Erzeugnisse der Spitzen-, Stick- und Strickindustrie abzusetzen. Sie sehen, wie schwer diese arme Bevölkerung dadurch getroffen wurde, und nun noch die Erschwerung in der Absatzmöglichkeit. Aber es ist noch mehr geschehen, durch den Krieg wurde die Spitzenklöppelindustrie aus den Erzgebirgsgegenden verschleppt, und zwar nach China und dort in China werden die Spitzen in großen Massen erzeugt, zu einem Preis, der es unseren einheimischen spitzenklöppeleibetreibenden Kreisen unmöglich macht, mit den Chinesen zu konkurrieren. Das sonst früher so geschätzte Absatzgebiet der Vereinigten Staaten ist zum großen Teil verloren gegangen. Maßgebende Kreise der èechoslovakischen Regierung waren sich der Verpflichtung bewußt, einen Ersatz zu schaffen. Sie suchten diesen Ersatz derart zu schaffen, daß man die Spitzenklöpplerinnen veranlassen wollte, wertvollere Stücke in Arbeit zu nehmen, diese wertvolleren Stücke bedürfen, aber einer viel längeren Lehrzeit, um ein Stück hervorzubringen, das tadellose Ware ist. Diese Stücke, die schon ein Kunstprodukt sind, in der Fremde abzusetzen, ist wohl möglich. Aber nicht jede Spitzenklöpplerin und nicht jede mit Spitzenklöppeln sich beschäftigende Person ist in der Lage, ein derartiges Kunstprodukt hervorzubringen. Dann gehört aber dazu auch schon ein gewisser Hinterhalt an Geldmitteln, der es den ein solches Stück verfertigenden Spitzenklöpplern ermöglicht, vielleicht 5 oder 6 Monate, auch ein Jahr lang leben zu können. Denn so ein Stück bedarf derart lange Zeit und die Spitzenklöpplerin bekommt für ihr Erzeugnis den Lohn erst beim Verkauf bezw. beim Abliefern an den Hausierer oder an den Spitzenhändler. Diese Erzeugnisse besonders in der Spitzenindustrie unterliegen auch sehr dem Wechsel der Mode. Dieser Wandel in der Absatzmöglichkeit bedrückt diese Bevölkerung so furchtbar, daß sie jede Möglichkeit ergreifen muß, um in solchen schwierigen Zeitläuften, wie wir sie jetzt durchleben, ihr Produkt absetzen zu können. Nun möchte ich darauf verweisen, daß man bei den so geschilderten Umständen den Absatz dieser Erzeugnisse zu jeder Zeit fördern muß und dieser Förderung steht der Absatz 2 des § 3 besonders stark entgegen, der da folgendermaßen lautet: Ebenso können eine Bewilligung zum Hausierhandel Personen nicht erlangen, die entweder selbst oder deren Gattin oder Verwandte in direkter Linie überhaupt oder in der Seitenlinie bis zum zweiten Grad bereits ein Gewerbe mit einem festen Standort oder ein Marktfierantengewerbe betreiben. Ich möchte fragen, wie kann man das bestimmen, wo draußen in den Dörfern die Verwandtschaft doch von Haus zu Haus festzustellen ist. Es ist überall Verwandtschaft da und nun diese Einschränkungen. Aber es berührt mich diese Art der Stilisierung dieses Absatzes 2 nicht besonders, sondern das, was man in diesen Absatz hineinlegen kann und was man den Verwaltungsbehörden überantwortet. Es steht in diesem Absatz 2 nicht, für welchen Bereich dieses Verbot gilt, ob es bloß für den Wohnort derjenigen Person gilt, welche das Hausierbuch anspricht, oder ob es gilt für den Bezirk, Kreis, Gau, für das Land oder für das ganze èechoslovakische Staatsgebiet. Sie sehen, welche Fülle an Mitteln den Behörden überantwortet wird, um einen solchen Mann oder eine solche Frau, die sich um ein Hausierbuch bewirbt, zu schikanieren, um es ihr unmöglich zu machen, in den Besitz eines Hausierbuches zu gelangen. Warum wurde dieser Absatz nicht derart stilisiert, daß man nicht den Verwaltungsbehörden die Möglichkeit gibt, eine Sinnesänderung nach ihrer Willkür durchzuführen. Darum verlangen wir zur teilweisen Einschränkung der allfällig möglichen amtlichen Beschränkung der Erteilung des Hausierbuches an Personen, welche verwandt sind mit einem Gewerbetreibenden nach § 2, Abs. 3, daß dieser Absatz und das ist das Gelindeste was wir fordern können, wenigstens nicht gilt für die Hausierer nach § 17. Denn dort sind die Gebiete angeführt, die man als arme Gegenden bezeichnet hat. Im § 4 ist im Abs. 1 enthalten: Die Bewilligung zum Hausierhandel erteilt die politische Behörde I. Instanz auf ein Jahr. Es wird in einem Abänderungsantrag die Erteilung für 3 Jahre verlangt. Wir begründen dieses unser Verlangen damit, daß es nicht angeht, solchen armen Leuten, die genötigt sind ein Hausierbuch in Anspruch zu nehmen, unnötigerweise Kosten aufzuerlegen, Kosten an Geld, Kosten an Zeit und Mühe und an unnötigem Verweilen in den Vorzimmern der verschiedenen Behörden. Aber wir können dies auch mit Rücksicht darauf fordern, daß man seitens der Regierung immer Gewicht darauf legt, die Verwaltung in der Richtung zu reformieren, daß sie billiger, sparsamer und schneller arbeitet soll. Damit begründen wir die Erstellung auf 3 Jahre, damit die Behörde nicht in allzurascher Folge mit der Anforderung um Ausstellung eines Hausierbuches belästigt wird. Der § 5 spricht aus, daß die Bewilligung des Hausierhandels auf den Distrikt des zuständigen Landesgauverbandes, in Karpathorußland auf das ganze Gebiet von Karpathorußland sich erstrecken kann. Wenn man hier gewußt hat, auf welches Gebiet sich die Bewilligung erstreckt, warum hat man es nicht gewußt bei der Stilisierung des § 3, Abs. 2? Diesen § 3 mit § 5 in Einklang zu bringen, wäre daher eine natürliche Folge um eben den Behörden das Amtieren zu ermöglichen und ihre kostbare Zeit anderen Verwaltungsaufgaben zu widmen.

Nun möchte ich, nachdem ich all das, was meine Kollegen angeführt haben, nicht wiederholen will, nur darum bitten, daß sich das hohe Haus den maßvollen Anträgen, die von unserer Seite gestellt werden, nicht verschließe, die nur dahin zielen, den Leuten eine Erwerbsmöglichkeit in Gebieten zu geben, wo sie auf diese Erwerbsmöglichkeit angewiesen sind. Es sind dies Gebiete, die von jeher Notstandsgebiete waren und es auch in der Èechoslovakischen Republik bleiben werden. Im Gebiete von Preßnitz, von Platten, Schmiedeberg, Sebastiansberg können die Leute von dem bißchen Grund und Boden ihr Leben nicht fristen. Sie sind auf den Hausierhandel angewiesen, und wie schon das alte Österreich-Ungarn sich dieser Leute annehmen mußte, sind auch Sie bemüßigt, sich um das Leben und die Wohlfahrt der Leute, die mit grenzenloser Liebe an ihrer Scholle hängen, zu kümmern. Sie haben in Paris und St. Germain diese Gebiete für sich in Anspruch genommen und haben nun die Verantwortung, für den Lebensunterhalt der dortigen Leute zu sorgen. Wir verlangen für die Leute Gleichberechtigung mit jenen Staatsbürgern, die in den armen Gebieten leben und wohnen müssen, die èechische oder slovakische Gebiete sind. Wir gönnen diesen all die Begünstigungen die man ihnen von der einen oder von der anderen Behörde gewährt. Aber da wir nicht wollen, daß es in diesem Staate Bürger der einen oder der anderen Güte und der einen oder der anderen Klasse gebe, beanspruchen wir für unsere deutschen Gebiete dieselbe Begünstigung auf allen Gebieten.

Da müssen wir Beschwerde erheben, daß das Eisenbahnministerium sich dieser Gleichberechtigung verschließt. Wir haben im vorigen Jahre im Eisenbahministerium vorgesprochen, daß man diesen Leuten, die Hausierhandel mit Spitzen, Stick- und Strickwaren betreiben, dieselbe Begünstigung zuteil werden lasse, wie man sie den Hausierern mit Leinwand aus der Nachoder Gegend oder auch den Hausierern aus der Slovakei gewährt. Wenn man es für notwendig hält, den Leuten aus diesen Gegenden, die gewiß arm sind, Fahrpreisermäßigungen zu geben, müssen sie auch unsere Leute bekommen. Darum möchte ich hier bei dieser Gelegenheit den Herrn Eisenbahminister bitten, daß die mit Erlaß des Eisenbahnministeriums, Z. 54068-III/3 aus dem Jahre 1925 erteilte Begünstigung an die Marktfahrer und gewisse Hausierer auch an solche gewährt werde, die Hausierbücher nach den §§ 16 und 17 des vorliegenden Druckes ausgestellt erhalten. Diese Begünstigung soll man schon für 1926 gewähren.

Gleichberechtigung für alle, insbesondere für die Armen und Bedrückten, die ihren Lebensunterhalt sich unter den schwersten Bedingungen erwerben müssen. Diese Begünstigung beanspruchen wir heute umsomehr, als uns der Finanzminister angekündigt hat, daß er eine Erhöhung der Fahrpreise um 22% in Vorschlag bringen müsse. Würde diese Erhöhung tatsächlich eintreten, so würde es manchem Hausierer nicht möglich sein, bei seinem kargen Verdienste noch eine erhöhte Fahrgebühr aufzubringen, und wenn er sie aufbringen würde, müßte er sie von dem Verdienste abzwicken, den er dem Heimarbeiter für die Erzeugung geben muß. Es geht nicht an, daß man in diesem Staate der Industrie große Begünstigungen auf allen Gebieten einräumt, ihr große Bauten ermöglicht u. s. w. (Souhlas na levici.) und diesen Leuten, die ja kein Geld haben, die nicht in der Lage sind, etwas anderes als den Hausierhandel zu betreiben, es unmöglich macht, das Wenige, das sie unter schweren Mühen und Aufwand sehr vieler Zeit erzeugen, absetzen zu können. Die Aufgabe des Staates liegt darin, sozial und human gegen alle Bürger des Staates zu sein, die in diesem Staate leben müssen und von dieser Stelle verlangen wir für die armen, unter den kümmerlichsten Verhältnissen lebenden Bewohner des Staates nicht nur Wohlwollen, sondern auch Förderung und Ermöglichung des Lebens überhaupt. (Souhlas a potlesk na levici.)

7. Øeè posl. Zierhuta (viz str. 639 tìsnopisecké zprávy):

Meine sehr geehrten D amen und Herren! Die Angelegenheit, die heute hier zur Sprache steht, ist für unser deutsches Volk, als dessen gewählte Vertreter wir hierher gekommen sind, von so hervorragender Bedeutung, daß wir es als unsere heiligste Pflicht betrachten, bei dieser Debatte von unserem Rechte, als Vertreter unseres Volkes hier frei sprechen zu können, ausgiebigsten Gebrauch zu machen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)

Ja, wir wollen uns hier aussprechen, in unserer Muttersprache wollen wir dem Hause klarlegen, warum wir den in Rede stehenden Antrag gestellt haben. Nichts wollen wir unerwähnt lassen, was uns zu diesem Antrag bewogen hat und alle Gründe für unseren Antrag werden wir hier voll und ganz offen aussprechen, wie es sich gebührt. Mit aller Entschiedenheit und aller Deutlichkeit wollen wir hier sagen, daß unser deutsches Volk im vollsten Grade das Mißtrauen gegen die derzeitige Regierung trägt und daß die Regierung daraus die entsprechende Folgerung zu ziehen hat, und daß bei uns Deutschen in diesem Staate in dieser unserer Stimmung gegen die Regierung auch volle Einigkeit herrscht.

Der Bericht des Initiativausschusses betont selbst, daß der vorliegende Antrag von allen deutschen Abgeordneten ohne Unterschied der Parteien mitunterschrieben ist. Also das Haus weiß, daß der Antrag die volle Zustimmung aller deutschen Parteien für sich hat.

Der Bericht stellt aber auch noch fest, daß der Antrag von Abgeordneten der ungarischen Nationalität und von den kommunistischen Abgeordneten unterschrieben ist. Diese sind eben auch für eine gleichberechtigte Behandlung aller Nationen in diesem Staate.

Mehr als das vorgeschriebene Drittel aller Mitglieder dieses Hauses billigen unseren Antrag und er verdient daher die vollste Aufmerksamkeit des Hauses.

In einer anderen Richtung muß ich aber gegen diesen Bericht Stellung nehmen und Kritik üben. Der Bericht setzt nämlich an dem Antrage aus, daß die Antragsteller ihn nicht begründet haben. Nun, die Staatsverfassung hat es vermieden, daß ein Antrag, der Regierung das Mißtrauen auszusprechen, auch noch begründet werden müßte. Eine Begründung zu geben, wäre also für uns nicht notwendig gewesen. Wir haben aber dennoch ausdrücklich in dem Antrage erklärt, daß Mißtrauen wolle der Regierung ausgesprochen werden wegen Verletzung des international verbürgten Sprachenschutzes der nationalen Minderheiten. Diese Begründung ist so offen und deutlich, daß wir uns hätten damit begnügen können. Wir haben aber noch etwas übriges dazu getan; wir haben in dem schriftlichen Berichte der Ausschußminderheit an das Haus einzeln dargelegt, worin wir die Rechte unseres Volkes als nationaler Minderheit verletzt erachten und ich werde mir gestatten, in meiner Rede diese Gründe noch ausführlicher darzulegen.

Wir können also dem Berichterstatter versichern und wollen also das Haus selbst davon überzeugen, daß wir wahrhaft um Gründe für unser Mißtrauen nicht verlegen sind.

Dagegen vermissen wir in dem Berichte der Mehrheit des Initiativausschusses einen Grund überhaupt, warum diese Mehrheit beschlossen hat, dem Hause zu beantragen, daß über unseren Antrag zur Tagesordnung übergegangen werde. Den Grund hiefür uns anzugeben, ist uns also die Mehrheit des Initiativausschusses schuldig geblieben, es scheint uns, daß der Berichterstatter und die Mehrheit des Initiativauschusses unseren Antrag damit bagatellisiert haben wollten, daß sie den Antrag zur Ablehnung nicht einmal zu begründen trachten. Dagegen müssen wir uns entschieden verwahren.

Warum hat die Regierung selbst, die doch durch unseren Antrag in erster und einziger Reihe getroffen wurde, nicht selbst dazu im Initiativausschuß Stellung genommen? Wir haben dort keine Gelegenheit gehabt, auch nur vor einem Regierungsvertreter, viel weniger von einem Mitglied der Regierung zu vernehmen, wie sich die Regierung zu unserem Antrag stellt. Fand die Regierung es vielleicht auch nicht für notwendig, zu unserem Antrag Stellung zu nehmen, so ist es von ihr eben auch eine Bagatellisierung unseres Antrages und schon deshalb würde die Regierung unser vollstes Mißtrauen verdient haben.

Über die in dem Berichte geschilderten Ergebnisse der Debatte im Initiativausschusse, wobei der Bericht ausstellt, daß wir einige Gründe angeführt haben, die in keinerlei Verbindung mit der Regelung der Minderheitenfrage stünden, will ich nur soviel sagen, daß darin lediglich eine subjektive Auffassung des Berichterstatters niedergelegt ist. Um diese subjektive Färbung des Berichtes zu vermeiden, hatten wir beantragt, allerdings ohne Erfolg, daß der Bericht vorerst dem Initiativausschusse vorgelegt werden sollte. Durch die jetzige Debatte im Hause selbst wird uns Gelegenheit geboten, eine Darstellung zu geben, die diese subjektive Auffassung richtigstellen wird.

Bei dieser Gelegenheit muß ich auch auf eine Äußerung des Justizministers reagieren, die derselbe in der Haussitzung am 4. d. M. fallen ließ. Der Justizminister wollte nämlich uns Deutsche wieder einmal als Querulanten nackt vor die ganze Welt hinstellen; die Versammlungen unseres Volkes in Karlsbad und in den vielen anderen Städten seien bloß Demonstrationen gewesen, er sprach die Ansicht aus, die Bevölkerung wäre verführt worden, der Justizminister meint, wir Vertreter der Deutschen in diesem Hause wollten die Sprachenverordnung durch Demonstrationen auf der Gasse erledigen, anstatt den Weg der Diskussion zu wählen. Diese polemische Bemerkung des Ministers läßt sich leicht widerlegen. Wir als Abgeordnete haben das Recht und die Pflicht, mit unseren Wählern in Verbindung zu treten, um ihre Stimmung zu erfahren. Unsere Wähler haben andererseits das Recht, von uns Auskunft über wichtige Begebnisse zu verlangen und uns ihre Meinung darüber bekannt zu geben. Um dieses Recht der Wähler und unsere Pflicht in die Wirklichkeit umzusetzen, bedarf es einer gegenseitigen Aussprache in Volksversammlungen. Daher haben unsere Parteien solche Volksversammlungen in allen sudetendeutschen Gegenden eingeleitet. Dort haben wir Abgeordnete und die Senatoren dem Volke über die Sprachenverordnung berichtet und unsere Parteien haben die Entschließung der Wählerschaft eingeholt. Diesen mit dem parlamentarischen Gebrauch übereinstimmenden Vorgang als Demonstration zu bezeichnen, kann nicht gestattet sein, am allerwenigsten darf dies ein Justizminister tun, der kraft seines Amtes wissen sollte, daß darin keine Demonstration gelegen sein kann. Die Bevölkerung als verführt hinzustellen, ist ein noch gröberer Verstoß gegen die Wirklichkeit. Die Versammlungen haben übrigens, wie sich gezeigt hat, einen würdigen Verlauf genommen und für uns deutsche Abgeordneten und Senatoren eine einheitliche Kundgebung unseres Volkes zutage gebracht, welche in der Entschließung gipfelt, die unseren Standpunkt billigt, den wir hier in diesem Hause vertreten. Die überaus zahlreiche Beteiligung unserer Wählerschaft aus allen unseren Parteilagern und die Anteilnahme der vielen Versammelten hat uns davon überzeugt, daß unser Volk in vollständiger Einigkeit den Kampf gegen die gesetzwidrigen Sprachenverordnungen aufzunehmen bereit ist und von uns erwartet und verlangt, daß wir gegen die Verkürzung unserer natürlichen Volksrechte uns mit voller Kraft einsetzen werden.

Wieso kann da der Justizminister von einer Volksverführung und einer Demonstration auf der Gasse sprechen? Daß die Versammlung an manchen Orten auf den öffentlichen Platz verlegt werden mußte, hatte darin seinen Grund, weil die ursprünglich in Aussicht genommenen Räumlichkeiten sich für die große Anzahl der Versammlungsteilnehmer als zu klein herausgestellt haben. Ein Beweis, wie sehr unsere Bevölkerung ein Gewicht darauf gelegt hat, unseren Bericht anzuhören und dazu Stellung nehmen zu können. Aus dieser Einmütigkeit und aus diesem großartigen Verlauf der Volksversammlungen möge die Regierung ersehen, daß das ganze deutsche Volk in seinem Innersten durch die ungesetzlich erlassene Sprachenverordnung aufgerüttelt worden ist und empfindlich getroffen wurde. Un da wagt es der Justizminister noch, uns zu sagen, wir wollten den Weg einer Diskussion nicht gehen? Wir haben den Weg zur Diskussion gesucht, zuerst durch eine Aussprache mit unseren Wählern und sodann im Initiativausschuß und jetzt im Hause selbst. Im Initiativausschuß haben die Mitglieder von unserer Seite eindringlich und ausführlich die Gründe schon dargelegt, warum wir gegen die Sprachenverordnung ankämpfen. Wir haben dort, wie der Berichterstatter selbst anführt, durch mehrere Redner in einer mehr als zweistündigen Debatte unsere Gründe dargelegt. Wir stellen nun hier noch einmal fest, daß trotzdem die Minister berechtigt sind jederzeit an den Sitzungen in allen Ausschüssen teilzunehmen und ihnen dort das Wort zu erteilen ist, wann immer sie es verlangen, kein Mitglied der Regierung, kein Minister erschienen ist. Die Regierung hat sich nicht einmal durch Beamte ihrer Ressorts vertreten lassen. Der Justizminister wäre gerade derjenige gewesen, der es für richtig zu erachten hatte, dort das Wort zu ergreifen; er ist dieser Diskussion ausgewichen. Dagegen hat er sich sogleich im Hause selbst für das ungerechtfertigte Eingreifen der Gendarmerie und Staatspolizei eingesetzt. Wo er am Platze gewesen wäre, dorthin ist er nicht gegangen. Und auch seine Ministerkollegen haben sich zur Aussprache vor dem Initiativausschuß nicht eingefunden. Sie wollten alle nicht den Weg der Diskussion wählen, sondern Gendarmerie und Staatspolizei haben sie in Karlsbad und an den übrigen Versammlungsorten aufmarschieren lassen. Es hat sich also an den veralteten österreichischen Metternichschen Methoden, wie die freie Meinungsäußerung durch Bajonette und Knittel unterdrückt werden kann, rein gar nichts geändert, trotzdem wir jetzt in einer freien Republik leben, wo Demokratie soviel wie Diskussion bedeuten soll.

Es kann hier nicht meine Sache sein, alle juristischen Einwände gegen die Sprachenverordnung Ihnen darzustellen und zu begründen. Diese Einwände sind schon von gewiegten Fachmännern so hinreichend und überzeugend öffentlich vorgebracht worden, daß es überflüßig wäre, noch etwas dazu zu sagen. Aber das eine bitte ich zu erwägen: die Sprachenverordnung ist nicht vom Geiste der Versöhnung der Völker getragen, der doch inzwischen im Locarnovertrag seine Neugeburt gefeiert hat; im Gegenteil, die Sprachenverordnung ist noch erfüllt vom Geiste des Hasses, vom Geiste der Rache und Herrschsucht und vom Streben nach Unterdrückung, hauptsächlich gegen uneserer deutsches Volk. Weg mit einer solchen Verordnung, sie paßt nicht mehr in die jetzige Zeit, sie hat sechs Jahre gebraucht, bis sie zur Welt gekommen ist und da hat sich inzwischen ein solcher Wandel in den Anschauungen über die Beziehungen der Völker zu einander vollzogen, daß sie als Spät- und Mißgeburt erscheinen muß. Es könnte unserem deutschen Volke noch einleuchten, wenn ein Staat sprachliche Anforderungen an diejenigen stellen will, welche die Anstellung im Staatsdienste suchen. Selbstverständlich müßte auch mit gleichem Maß unseren Volksangehörigen wie den Angehörigen anderer Völker gemessen werden, also wenn Zweisprachigkeit gefordert wird, dann für alle Bewerber um Staatsanstellung. Es wäre auch noch begreiflich, wenn ein Staat im Gesetze vorschreiben würde, in welcher Sprache die Staatsbehörden untereinander korrespondieren sollen, in welcher Sprache der innere Dienst geführt werden soll; dabei dürfte aber nicht die Überhebung einer Sprache gefördert werden, sondern lediglich die Zweckmäßigkeit der Maßnahmen den Ausschlag geben.

Aber den Staatsbürgern vorzuschreiben, in welcher Sprache sie sich an die Behörden des Staates, die für diesen Staatsbürger zuständig sind, wenden können, den Deutschen in den Gerichtsbezirken, in welchen sie nicht 20% der Bevölkerung ausmachen, aufzuzwingen, daß sie sich bei Inanspruchnahme vor ihrer eigenen zuständigen Staatsbehörde der èechischen Sprache zu bedienen haben, ist eine aufliegende Ungerechtigkeit. (Posl. dr Kramáø: My jsme vám to øekli nìkolikráte, ale vy jste to nechtìli dìlati! - Odpor na levici, výkøiky.) Und jetzt machen Sie es in diesem Staate, wo die Demokratie zu Hause ist. (Výkøiky na levici.) Darin liegt auch eine Erschwerung und Verteuerung aller derjenigen Schritte, welche der Staatsbürger nach dem Gesetze bei den Staatsbehörden zu unternehmen hat. Wenn der Deutsche das Geld nicht aufbringen kann, einen èechischen Advokaten oder Dolmetsch zu bezahlen, so ist er geliefert. Das ist eine Rechtsverweigerung für die wenig oder nicht bemittelten Schichten des deutschen Volkes, namentlich für unsere Landwirte, die Gewerbetreibenden und den Arbeiterstand.

Die deutsche Sprache ist - das scheinen die Machthaber dieses Staates oder die Drahtzieher, welche dahinter stecken, absichtlich übersehen zu haben - eine in Böhmen, Mähren und Schlesien heimische und übliche Sprache. Sie ist nebstdem, wie bekannt, eine Weltsprache, die den meisten Beamten des Staates bekannt ist und deren auch viele Èechen selbst sich bedienen. Diese Sprache so zurückzusetzen, daß sie von Deutschen bei ihren eigenen Staatsbehörden, bei denen sie zuständig sind, nicht benützt werden darf, ist ein Zeichen des Hasses gegen diese Sprache und damit auch gegen das deutsche Volk selbst. Es ist von staatswegen nicht notwendig, es war direkt eine Bosheit gegen unser deutsches Volk und unsere deutsche Muttersprache, in der wir erzogen und unterrichtet wurden, in welcher wir täglich verkehren, die von einem 100 Millionen Volke als Muttersprache gesprochen wird, sie soweit zurückzusetzen, daß zahlreiche Angehörige unseres deutschen Volkes von der Benützung unserer Muttersprache, von dem Gebrauch dieser Sprache vor den eigenen zuständigen Staatsbehörden ausgeschlossen sind. In der Verfassungsurkunde ist allen Völkern dieses Staates die Gleichberechtigung zugesagt worden. Eine Verletzung dieser Verfassung ist die Sprachenverordnung der Regierung, eine bewußte Verletzung, eine ab sichtliche seitens derjenigen, die die Sprachenverordnung geschaffen haben. Das Gefühl eines jeden Deutschen muß sich aufbäumen, wenn er sieht, wie in dieser Sprachenverordnung seine Muttersprache behandelt wird, wie ein Aschenbrödel, das noch im Hause gerade geduldet wird, eine Sprache, die man am liebsten auf ein Aussterbeetat setzen würde, eine Sprache, die nicht so viel wert ist, daß man sie als das behandelt, was sie ist, nämlich eine Weltsprache.


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