Alle Wünsche Beneš' eine Garantierung der Grenzen
zu erreichen, wurden bekanntlich abgelehnt. Und wenn sich Beneš
trotzdem darauf beruft, daß im Artikel 21 des Schiedsvertrages
der Artikel 10 des Völkerbundpaktes, der die Grenzsicherung
beinhaltet, einbezogen wird, so ist dies nur teilweise richtig,
denn durch die Bezugnahme auf die Bestimmungen des Völkerbundpaktes
ist gleicherweise auch der Artikel 19 des Völkerbundpaktes
einbezogen, welcher vorsieht, daß eine Nachprüfung
veralteter und den Weltfrieden gefährdender Verträge
und Verhältnisse jederzeit möglich ist. Auf diese bedeutungsvolle
Kleinigkeit scheint Dr. Beneš, ob bewußt oder
unbewußt, weiß ich nicht, vergessen zu haben, hinzuweisen.
Bezüglich der Behauptung Beneš', daß Deutschland
seinen èechisch-französischen Sonderpakt zur Kenntnis
genommen hat, will ich nur darauf hinweisen, daß der deutsche
Reichsaußenminister Herr Dr. Stresemann im Reichstage laut
stenographischen Protokolles erklärt hat: "Die Vertreter
der Verbündeten haben den größten Wert darauf
gelegt, daß die Verträge zwischen Frankreich, Warschau
und Prag eingefügt würden in das gesamte Werk von Locarno.
Wir haben das abgelehnt mit der Begründung, daß es
uns, nachdem der Westpakt abgeschlossen sei, gar nicht interessiere,
was Polen und die Èechoslovakei mit Frankreich abzumachen
hätten. Man hätte es, glaube ich, auf der Gegenseite
sehr begrüßt, wenn wir die Verträge zur Kenntnis
genommen hätten. Das war ein Versuch, auch diese Verträge
als einen Teil des Werkes von Locarno hinzustellen. Wir haben
erklärt: "Wir haben den einfachen Schiedsvertrag mit
Polen, was Frankreich sonst noch mit Polen zu tun hat, geht uns
nichts an. Entscheidend ist die Frage, wer als Angreifer bezeichnet
wird. Diese Frage untersteht der Prozedur des Völkerbundes
und ferner der englischen Garantie. Was die Staaten darüber
hinaus unter sich vereinbaren, steht außerhalb des Einspruchsrechtes
irgendeiner anderen Macht."
Diese Widersprüche bedürfen der Klärung und ich
hoffe, daß der abwesende Außenminister Herr Dr. Beneš
Gelegenheit nehmen wird, sich nunmehr das Protokoll vorlegen
zu lassen, um auf diese Widersprüche in seinem Schlußworte
zurückzukommen. Ich bedauere es außerordentlich, daß
über das angezogene Exposé des Herrn Außenministers
im Ständigen Ausschusse im Oktober vorigen Jahres ein stenographisches
Protokoll hier nicht zugänglich gemacht wurde. Ich habe mich
deshalb auch veranlaßt gefühlt, eine Entscheidung des
Hauspräsidiums darüber herbeizuführen, ob über
Verlangen die Vorlage eines solchen stenographischen Protokolles
an die Mitglieder des Hauses nicht Verpflichtung ist.
Wie wir in der letzten Zeit gesehen haben, begnügt sich Beneš
nicht mit dem großen. Geiste von Locarno, sondern wie
er aus mangelndem Vertrauen zur großen Entente sich die
Kleine Entente schuf, ging er auch in Temesburg ans Werk, einen
kleinen Locarnogeist heraufzubeschwören. Seine ganze vorvorgestrige
Rede, die sich unter weiter Ausholung mit den Verhältnissen
bei der ungarischen Frankfälschung beschäftigte, die
dem Berichte eines Untersuchungsrichters alle Ehre gemacht hätte,
sollte nach meinem Ermessen nur den Hintergrund dafür abgeben,
das bisher immer noch widerstrebende Ungarn durch versteckte Drohungen
mürbe und dem kleinen Locarnogeist gefügig zu machen.
Es ist bezeichnend, daß bei den letzten Temesburger Verhandlungen
der Kleinen Entente nicht mehr so scharf gegen die Wiederaufrichtung
des Königtums in Ungarn zu Felde gezogen wurde, sondern,
daß man diese Frage als eine mehr oder weniger interne Angelegenheit
Ungarns anerkannte und daß nunmehr von dem unbedingten Verbote
der Thronbesteigung durch einen Habsburger geredet wurde., Die
èechische Öffentlichkeit war außerordentlich
peinlich berührt, als bei dieser Gelegenheit in der Öffentlichkeit
darauf hingewiesen wurde, daß man in Prag sogar bereit sei,
die Eingliederung Ungarns in die Kleine Entente mit der Abtretung
des magyarischen Gebietes der Südslovakei er kaufen zu wollen.
Schon vor Jahren wurden Äußerungen einer führenden
Persönlichkeit dieses Staates in dieser Richtung ausgelegt
und trotz aller Dementis der Regierung glauben eingeweihte Kreise
mit Recht annehmen zu sollen, daß sich in dieser Richtung
interessante Dinge vorbereiten. Freilich darf man dabei nie das
Janusgericht Dr. Beneš vergessen, der die Außenpolitik
in den Dienst der Innenpolitik und die Innenpolitik in den Dienst
der Außenpolitik stellt. Irregeführt waren bisher immer
jene Gläubigen, die das eine Gesicht für das wahre gehalten
haben. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß man den
slovakischen Machtkitzel, bzw. die sich vorbereitende Einschwenkung
der Slovaken dadurch fördern will, daß man andererseits
die Möglichkeit der Regelung des Verhältnisses zu einem,
befriedigten Ungarn in Aussicht stellt. Außenpolitisch soll
dieser Köder vielleicht wieder in einer anderen Richtung
Dienste tun, u. zw. mithelfen, die Legitimisten in Ungarn brachzulegen,
um einmal das Schreckgespenst wiederkehrender Habsburger auf den
Thron Ungarns für alle Zeiten zu bannen.
All diese Fragen, die ich heute nur kurz einer Erörterung
unterzogen habe, gäben gewiß ein außerordentlich
interessantes Material für ein Exposée des èechischen
Außenministers. Doch wählt bekanntlich Dr. Beneš
für die Mittelung in Fluß befindlicher politischer
Aktionen einen außerhalb der èechischen Republik
gelegenen Ort. Das Parlament wird dazu degradiert, immer erst
nach Abschluß der politischen Aktionen einen trockenen Bericht
über das Ergebnis entgegenzunehmen. Wir wollen der Hoffnung
Ausdruck geben, daß Dr. Beneš durch die Weiterentwicklung
Mitteleuropas bald gezwungen sein wird, vor dem Forum des Parlamentes
und nicht nur hinter den verschlossenen Türen des Außenausschusses
zu all diesen schwebenden Fragen Stellung zu nehmen und hoffen
wir, daß diese Entwicklung dadurch beschleunigt wird, daß
eine Reihe dieser Fragen in nicht allzu ferner Zeit vor dem Völkerbunde
zur Sprache kommen wird. Wohl erwarten wir bei der derzeit herrschenden
Einstellung der Völkerbundmächte keine augenblicklichen
Erfolge, wir glauben aber annehmen zu dürfen, daß bei
fortschreitender Entwicklung und der immer mehr und mehr, reifenden
Erkenntnis der Unhaltbarkeit der Pariser Schandfriedensverträge
doch der Zeitpunkt kommen wird, wo auch uns Sudetendeutschen trotz
aller Not und Pein, trotz aller Drangsalierungen, trotz der von
Regierungswegen geförderten Untergrabung unserer Existenzbedingungen,
aber auch trotz dieses kleinen Locarnogeistes, der ja doch nur
in erster Linie der außenpolitischen Beruhigung und Sicherung
der Staatsgrenzen dienen soll - um im Innern des Staates ohne
Beunruhigung von außen das Werk der Entnationalisierung
mit allen Machtmitteln ungestört vollenden zu können
- es gelingen wird, das Weltgewissen wachzurufen. Schon ist die
erste Bresche in das große Lügenpropagandagebäude
der Verfälschung der öffentlichen Meinung über
die sogenannte Ordnungszelle in Mitteleuropa geschlagen. Mussolinis
Ausspruch über die Vergewaltigung der Sudetendeutschen darf
nicht der Vergessenheit anheimfallen. Lauter denn je müssen
wir unsere Stimme erheben und an die Gerechtigkeit der Welt appellieren,
die es nicht dulden kann, daß 31/2
Millionen Sudetendeutsche hart vor den Toren ihres Mutterlandes
in Schmach und Schande dem Volkstode entgegengehen sollen. Ihrer
Èechisierungspolitik, meine Herren, ist es gelungen, den
friedliebenden deutschen: Bürger dieses Staates mit einem
Geist zu erfüllen, vor dem Ihnen im tiefsten Innern zu bangen
beginnt. Denn alle diese brutalen Vergewaltigungsmaßnahmen
der letzten Zeit beweisen, daß in Ihren Kreisen die innere
Erkenntnis wächst, daß bei dem langsam, aber doch immer
mehr wachsenden Einfluß Deutschlands auf internationalem
Gebiet der Tag kommen wird und kommen muß, an welchem sich
Ihre bisherige Politik schwer rächen wird, wenn es Ihnen
nicht bis dahin gelungen ist, die sudetendeutschen Gebiete und
ihre Bevölkerung èechoslovakisiert zu haben. Ich bin
nicht so kleinmütig zu glauben, daß Ihnen dies je gelingen
wird, aber Sie werden dereinst Rechenschaft ablegen müssen
für diese ungeheuerliche Behandlung unseres armen friedliebenden
und gepeinigten Volksstammes. Ihrem Nationalstaatsgeiste wird
ein Rächer entstehen, für dessen Wirken nur Sie allein
die Verantwortung werden zu tragen haben. Die maßlose Ausrottungspolitik
Mussolinis gegenüber den 250.000 Deutschen Südtirols
hat zum erstenmal ein Echo, und zwar nicht nur in der deutschen
Kulturwelt erweckt. Wir halten uns an die Worte, die namens der
deutschen Reichsregierung Herr Außenminister Dr. Stresemann
gesprochen hat: "Rechtlich hat Deutschland keine Möglichkeit,
unmittelbar in die Verhältnisse Südtirols einzugreifen.
Italien hat auch eine besondere Verpflichtung zu einem besonderen
Schutz der Minderheiten, wie sie von den Nachfolgestaaten übernommen
ist, nicht auf sich genommen. Das ändert aber nichts an der
Gemeinschaftlichkeit deutschen kulturellen Empfindens für
die Staaten deutscher Kultur und für ein Volk, das seit Jahrhunderten
deutsch gewesen ist und bis zur Stunde zur deutschen Kulturgemeinschaft
gehört."
Wir bekennen uns stolz und frei als einen untrennbaren Teil dieser
deutschen Kultur-, Not- und Schicksalsgemeinschaft und wir werden
nie erlahmen, diesem Treuebekenntnis gemäß zu leben
und zu streben. Mögen Sie auch heute noch auf der rechten
Seite dieses Hauses triumphieren, auf Grund der Gewaltmittel,
die es Ihnen erlauben, aller von Ihren geistigen Führern
verkündeten Moral zum Hohn und unter Vorenthaltung unseres
heiligsten Naturrechtes auf Ausübung der Selbstbestimmung
unsere sudetendeutsche Heimat mit Krieg zu überziehen, während
Dr. Beneš draußen den Locarnogeist predigt.
Wir wollen und werden nicht verzagen. Auf unserer Seite steht
das Recht, auf Ihrer Seite heute noch die brutale Gewalt. Die
Demokratie wird in diesem Staate mit Füßen getreten
- wir wollen der wahren Demokratie, die nur fußen kann auf
der freien Ausübung der Selbstbestimmung, den Weg ebnen.
Daran werden uns weder politische Fälscherkunststücke,
noch ihre faszistischen Gewaltmethoden auf die Dauer zu verhindern
vermögen, dieses unser Ziel zu erreichen. (Souhlas a potlesk
na levici.)
Hohes Haus! Nach dem Exposé des Herrn Ministers Beneš
und den Abstimmungen der Koalitionsparteien scheint es heute für
die Regierung und die Koalition keine wichtigere inner- und außenpolitische
Frage zu geben als die ungarische Geldfälscheraffäre.
Solange die Horthybanditen bloß mordeten, gerieten die kapitalistischen
Regierungen nicht in Aufregung; aber Geld ist mehr als Blut und
Menschenleben. Es wäre naiv, sich über diesen Grundsatz
der kapitalistischen Welt zu wundern. Ebenso naiv wäre es,
die moralische Entrüstung dieser durch und durch korrupten
Regierungsparteien ernst zu nehmen. Herr Beneš hätte
als Exponent dieses Regierungssystems und als Mitglied der von
Korruptionsaffären am meisten heimgesuchten Regierungspartei
bei sich zu Hause genug Gelegenheit, sein Reinigungsbedürfnis
zu befriedigen. (Potlesk komunistických poslancù.)
Wenn er zu diesem Zweck ins Ausland geht, so zeigt das nur,
daß die Entrüstung über die ungarischen Geldfälscher
nichts als ein Vorwand für einen Schachzug in der Politik
des Herrn Beneš gegenüber Horthyungarn ist. Wir
hätten gegen einen solchen Schachzug nichts, einzuwenden,
wenn hinter ihm das wirkliche und ernste Bestreben stände,
den arbeitenden Klassen Ungarns im Kampfe gegen ihre Peiniger
zu Hilfe zu kommen. Aber Herr Beneš hegt ganz andere
Absichten. Er gehört nicht zu den Feinden, sondern zu den
Mitverantwortlichen diesen Systems. (Souhlas komunistických
poslancù.) Daß die sozialdemokratisch-kommunistische
Räteregierung in Ungarn mit Hilfe des Herrn Beneš
durch die militärische Intervention Rumäniens und der
Èechoslovakei gestürzt und dadurch die Aufrichtung
der Horthy-Regierung ermöglicht wurde, ist zur Genüge
bekannt. Herr Beneš gehört zu den Hauptarrangeuren
des Genfer Sanierungswerkes, durch welches das Horthy-System finanziell
gestützt und gestärkt wurde. Und das Ziel seiner Politik
ist auch jetzt nicht der Sturz Horthys, sondern der Ausgleich
mit ihm. Er hat ja auch schon eine wohlklingende Parole für
diesen Ausgleich mit Horthy geprägt: Die Parole vom "mitteleuropäischen
Locarno".
Das gleiche Ziel verfolgt die Kleine Entente. Rumänien verhandelt
bereits eifrig mit der ungarischen Regierung und wenn diese Verhandlungen
auch wegen der ungarischen Grenzforderungen zum Stillstand gekommen
sind, so ist doch über die nationale Minderheit bereits ein
Einvernehmen erzielt worden. Die Verhandlungen Jugoslaviens mit
Ungarn sind sogar schon bis zu einer Aussprache über die
Frage der Zollunion gediehen. Und daß Herr Beneš
bereit ist, den Ausgleich mit Ungarn eventuell durch kleine
Grenzberichtigungen zu erkaufen, ist ebenfalls ein öffentliches
Geheimnis. Herr Beneš wollte durch eine scharfe Kampagne
in der Geldfälscheraffäre die ungarische Regierung gefügiger
machen. Aber Paris und London sind ihm dazwischen gefahren und
er mußte seine Pressemeute um ein gutes Stück zurückpfeifen.
England und Frankreich stellen sich eben jedesmal schützend
vor Horthy, wenn ihm Gefahr droht. Die Ursache dieses Verhaltens
ist eine ganz einfache Prozentrechnung. Die ungarische Wirtschaft
ist heute mit ausländischem Kapital vollständig überfremdet
und die Ziffern sprechen eine allzudeutliche Sprache: 40% des
Kapitals sind englischen, 15% italienisch-englischen und 30% französischen
Ursprunges. Daher die Angst Englands und Frankreichs vor einem
Umsturz in Ungarn und wenn dort eine wirkliche Revolution gegen
Horthy ausbräche, so wäre die Entente und in ihrem Dienste
Herr Beneš sofort auf dem Sprunge, Horthy zu retten.
(Souhlas a potlesk komunistických poslancù.)
Wo liegt aber die Wurzel dieses ganzen Geldfälscherskandales?
Sie liegt in dem allgemeinen Verfall, in der allgemeinen Fäulnis
der herrschenden Klassen nicht nur in Ungarn, sondern in der ganzen
kapitalistischen Welt. Die herrschenden Klassen der besiegten
und unterdrückten Nation sind längst nicht mehr imstande,
den Kampf für die Befreiung der Nation zu führen. Dieser
Kampf müßte die höchste moralische Kraftentfaltung
bringen, aber nur dann, wenn die Massen des Volkes zum Kampfe
aufgerufen werden. Das aber können die herrschenden Klassen
in der heutigen Verfallsepoche der bürgerlichen Gesellschaft
nicht mehr wagen. Denn, wenn die Massen einmal in Bewegung geraten
und in den Kampf kommen, dann werden sie sich mit der Niederwerfung
der fremden Unterdrücker nicht begnügen, sondern auch
den herrschenden Klassen der eigenen Nation den Garaus machen.
Das wissen die herrschenden Klassen der im Weltkrieg besiegten
Nationen sehr gut und daraus erklärt sich die moralische
Versumpfung, die erbärmliche Halbheit ihres Kampfes - wenn
dieses gute Wort hier überhaupt verwendet werden darf gegen
das Versailler Friedensdiktat. Und daraus ist auch zu erklären,
daß diese herrschenden Klassen zu solchen Mitteln greifen,
wie in dem aktuellen Fall das verlotterte Betyarengesindel. Daraus
ist aber auch die Sympathie der Deutschnationalen, der deutschen
Christlichsozialen und Hakenkreuzler für die Budapester Mörderund
Verbrecherbande zu erklären. Die deutsche Bourgeoisie befindet
sich eben in ähnlicher Lage wie die herrschenden Klassen
Ungarns. Damit ist aber auch unsere Stellung zu der ganzen Affäre
gegeben. Der todesmutige Kampf unserer ungarischen Genossen, die
mit Rakossi an der Spitze den Folterkammern und Galgen Horthys
Trotz bieten, enthebt uns der Pflicht, den schuftigen Verleumdungen
der käuflichen Pressestrolche der Regierung, als ob unsere
Kundgebung gegen das Exposé des Herrn Beneš
eine Kundgebung für Horthy wäre, irgendwie entgegenzutreten.
Wenn wir die verfaulte Moral der herrschenden Klassen der besiegten
Nationen brandmarken, so wollen wir damit durchaus nicht sagen,
daß die Moral der herrschenden Klassen der Siegernationen
auch nur im geringsten besser wäre. Der Unterschied ist nur
der, daß sie reichlichere Hilfsmittel haben und nicht zu
den Mitteln der Verzweifelung zu greifen brauchen. Sie haben noch
genug echtes Geld, um zu korrumpieren, und brauchen daher noch
keines zu fälschen. (Veselost a potlesk komunistických
poslancù.)
Die èechische Bourgeoisie, unterstützt von den Regierungssozialisten,
ist noch stark genug, mit wenigstens äußerlich legalen
Mitteln ihre Herrschaft über die nationalen Minderheiten
aufrecht zu erhalten. Ein neuer Beweis dafür sind die Sprachenverordnungen,
durch welche das Werk der durch einseitiges Diktat aufgezwungenen
Verfassung und der Staatssprache gekrönt wurde. Herr Beneš
hat durch seine Unterschrift unter diese Verordnung seine eigenen
Redensarten über den "Geist von Locarno" selbst
ad absurdum geführt. (Sehr richtig!) Diese Sprachenverordnung
ist ein Beweis, daß der Ausgleich der èechischen
und der deutschen Bourgeoisie auf dem breiten Rücken der
Massen des arbeitenden Volkes und der Mittelschichten der deutschen
Minderheit abgeschlossen werden soll. Denn diese Massen und nicht
die deutschen Kapitalisten werden die Kosten der Sprachenverordnungen
zu tragen haben. Die Zustimmung der slovakischen Volksparteiler
zu den Sprachenverordnungen, welche die gesetzliche Festlegung
des Diktates der Einheitsnation und der èechoslovakischen
Einheitssprache endgültig bestätigen, beweist nur, wie
weit der Kuhhandel der Hlinkaleute mit der Regierung schon gediehen
ist, und daß dieser Kuhhandel den Verrat am Selbstbestimmungsrecht
des slovakischen Volkes, an seinem Recht auf nationale Eigenart
bedeutet. Diese Sprachenverordnungen zeigen aber auch, was man
von dem gegebenen Wort dieser Regierung und dieser Minister zu
halten hat. Herr Švehla findet nur ein zynisches Lächeln,
wenn er an sein Wort vom Jahre 1920 erinnert wird, was die deutschen
Agrarier nicht hindert, hinter den Kulissen fleißig mit
ihm zu verhandeln. Und Herr Beneš geht mit einer diplomatischen
Geste über die klaren Bestimmungen des Friedensvertrages
von Saint Germain und der Verfassung über die Autonomie Karpathorußlands
hinweg, indem er diesem Lande an Stelle der feierlich zugesicherten
Autonomie die èechische Staatssprache oktroyiert, die dort
überhaupt von niemandem gesprochen wird. Wir reklamieren
das Selbstbestimmungsrecht nicht auf Grund der kapitalistischen
Friedensverträge, aber wir brandmarken die Tatsache, daß
die Unterzeichner dieser Friedensverträge dieselben mit Füßen
treten, wenn sie ihnen nicht in den Kram passen. Und wir stellen
fest, daß man auf das gegebene Wort und die Unterschriften
dieser Herrschaften nichts geben darf.
Warum hat Herr Beneš die Gelegenheit seines Exposés
nicht benützt, um uns zu berichten, welche gewaltigen Fortschritte
die Konsolidierung der internationalen Lage nach Locarno gemacht
hat? Er hat uns ja noch nicht einmal über Locarno an dieser
Stelle Bericht erstattet. Es wäre wahrscheinlich auch seinem
Geschick, mit Worten zu jonglieren, nicht gelungen, die Beweise
für das Vorhandensein des Geistes von Locarno auf den Tisch
des Hauses zu legen. Hätte er vielleicht seinen Freund Mussolini
zitieren sollen, der die Fahne des italienischen Imperialismus
über den Brenner, über die Seealpen, über die Adria
und wer weiß wohin noch tragen will? Die himmelschreiende
Brutalität, mit der die Deutschen im italienischen Südtirol
entnationalisiert werden, übertrifft alle Schandtaten des
österreichischen Regimes im Trentino. Man hat sich auch in
der èechischen Koalitionspresse über das Echo entrüstet,
welches das Unterdrückungssystem Mussolinis erweckt hat.
Aber weder die èechische Patriotenpresse noch Herr Beneš
haben auch nur ein einziges Wort übrig für die Tatsache,
daß die Schandtaten dieses Regimes der nationalen Unterdrückung
nicht nur gegen die deutsche, sondern auch gegen die slavische
Minderheit in Italien geübt werden. Wo ist das Mitgefühl
für die slavischen Brüder geblieben? Das Schweigen der
èechischen Patrioten zu den Leiden der slavischen Minderheit
in Italien beweist, daß die internationale Solidarität
der nationalen Unterdrücker wirksamer ist als die so oft
gerühmte slavische Solidarität. Herr Mussolini steht
ja jetzt unter dem Protektorat des englischen Kapitalismus, der
ihm freie Hand auf dem Balkan und koloniale Eroberungen überläßt,
um einen Verbündeten für seine verbrecherische Unterdrückungspolitik
in Ägypten und Vorderasien zu gewinnen. Wo ist hier etwas
von Konsolidierung, von Friedensgeist und Locarno zu spüren?
Das Bündnis mit England macht den italienischen Imperialismus
frecher, er legt schwerer als bisher seine bewaffnete Faust auf
die Ostküste der Adria, seinen "mare clauso" und
verschärft dadurch den Gegensatz zwischen Griechenland und
Jugoslavien, das umsomehr nach Saloniki schielt, je mehr ihm der
Ausgang aus der Adria versperrt wird. Und um die Komödie
der Intriguen vollzumachen, wirft die englische Diplomatie die
Frage eines "Locarno für den Balkan" auf, das ebenso
wenig ernst gemeint ist, wie das mitteleuropäische Locarno
des Herrn Beneš.
So treiben die diplomatischen Exponenten des europäischen
Kapitalismus ihr Spiel, streuen mit Locarno-Schwindel den Völkern
Sand in die Augen und bereiten, hinter Friedensphrasen versteckt,
den nächsten Krieg vor. Und während sie ihre Intriguen
spinnen, beschlagnahmt der amerikanische Kapitalsriese ein Stück
nach dem andern von den "heiligen Gütern", um die
es in dem ganzen Spiele geht. Denn diese heiligen Güter sind
der Kapitalsbesitz der herrschenden Klassen. Und wenn die Völker
Europas eines Tages werden in den Krieg ziehen sollen für
ihre heiligen Güter, dann werden sie plötzlich gewahr
werden, daß ihnen von all dem fast nichts mehr gehört,
daß sie die Hörigen des amerikanischen Kapitals geworden
sind. Und wissen wir denn von den Ministern und Staatsmännern,
die uns hier Reden halten, wie weit sie schon die Hampelmänner
des Dollarkapitals sind?