Die Regierung und die Mehrheitsparteien haben - und das ist besonders festzuhalten - bei ihrem Beginnen, den Mieterschutz abzubauen, willkommene Helfershelfer bei den deutschbürgerlichen Parteien gefunden. Wir haben im Ausschuß schon Gelegenheit gehabt, die Meinung zweier deutschbürgerlichen Parteien zu hören. Ich kann heute nur sagen, daß der Herr Kollege Keibl und der Herr Kollege Fischer im Ausschuß ein anderer war, als im Plenum. So klar, so offen, wie ihre Stellung im Ausschuß war, war ihre Haltung hier im Plenum nicht. Über die Haltung selbst werde ich ja noch einiges zu sagen haben. Die deutsche Nationalpartei hat in einer Sitzung ihres Klubs, an der auch die Vertreter der Reichsparteileitung und der Kreisorganisationen teilnahmen, beschlossen, in der Frage des Mieterschutzgesetzes den Standpunkt des Abbaues der Zwangswirtschaft auf dem Gebiete des Wohnungswesens einzunehmen und daher grundsätzlich für eine entsprechende Erhöhung der Mietzinse und für eine möglichst kurze Befristung des neuen Gesetzes einzutreten, da - und hier beginnt scheinbar die Sehergabe - in absehbarer Zeit wiederum eine neue gesetzliche Regelung im Hinblick auf die schwebende Valuta wird eintreten müssen.
Die Stellung der deutschen Nationalpartei zum Mieterschutz ist begreiflich. Die Nationalpartei ist eine Klassenpartei der Besitzenden. Dieser eine Grundsatz genügt, um ihre Stellung zu verstehen. Sie sind Anhänger des freien Spieles der Kräfte. Der wirtschaftlich Starke soll willkürlich und ohne Einschränkung seine Macht den wirtschaftlich Schwachen fühlen lassen können. Die deutsche Nationalpartei folgt nebenbei einer Strömung eines Teiles der Wählerschaft, der Hausbesitzer. So klar und so offen aber, wie beispielsweise Herr Kollege Fischer von der deutschen Agrarpartei, wagt die Nationalpartei ihre wahre Gesinnung nicht offen zu bekunden. Die Nationalpartei kann dies nicht so ohne weiters. Sie behauptet ja, auch die Interessen der Arbeiter, Angestellten und insbesondere der Beamten zu vertreten. Diese sind nun in ihrer Mehrheit keine Hausbesitzer. Herr Kollege Fischer vertrat im Ausschuß den Standpunkt der gänzlichen und sofortigen Aufhebung des Mieterschutzgesetzes. Ihn läßt die Not, das Elend der Mieter völlig kalt. Hier im Hause erklärte er, daß nur durch Aufhebung der Zwangswirtschaft sowie dadurch, daß die Rentabilität der bestehenden Häuser durch freie Bewirtschaftung hergestellt wird, die Baubewegung gefördert werden kann, da dadurch der Anreiz gegeben wird, neue Wohnhäuser zu bauen. Das ist ein Trugschluß, denn niemand von jenen Menschen, die genügend Kapital haben, um es in neuen Bauten anzulegen, wird heute daran gehindert, und sie sind ja, wenn sie das tun, nicht unter das Mieterschutzgesetz gestellt, sie können sich also die Rentabilität ihres Hauses ermöglichen. Sie werden einreden, daß die Kosten eines Neubaues zu hoch sind, weshalb auch die Mieten eine solche Höhe erreichen würden, daß der Mieter nicht zu finden wäre, der diese Beträge auszulegen vermöchte. Wenn Sie mit dieser Ausrede kommen, so bestätigen Sie nur die Ansicht, daß nicht das Mieterschutzgesetz und all die anderen Dinge, die da seitens der Hausbesitzer eingewendet werden, die Ursache sind, sondern die Wirtschaftskrise im Allgemeinen, die es ja gar nicht ermöglicht, daß solche hohe Mieten gezahlt werden können. Kollege Fischer sieht nur die Unannehmlichkeiten, welche die Hausbesitzer durch das Mieterschutzgesetz ertragen müssen. Die Hausbesitzer sollen nach seiner Ansicht frei von allen Sorgen und Unannehmlichkeiten bleiben, die Opfer, welche die abnormale Zeit heischt, sollen einzig und allein die Mieter tragen. Die Stellungnahme des Herrn Kollegen Fischer ist zweifellos, mindestens soweit er sie im Ausschuß eingenommen hat, brutal und herzlos, aber offen und ehrlich. Herr Kollege Fischer wird keinen Mieter bekehren und politisch irreführen können, wenn er auch außerhalb dieses Hauses seine im sozialpolitischen Ausschuß bekundete Gesinnung ebenfalls so offen äußert. Anders ist es bei den Herren von der Nationalpartei. Jetzt mimen sie den Beschützer des kleinen Hausbesitzers. Sie wollen sich nebenbei aber auch die Gunst der anderen Wählerschaft, der Mieter, nicht verscherzen.
Unsere konsequente Haltung wird gegen uns agitatorisch und in der demagogischesten Weise ausgenützt. Es ist deshalb notwendig, einige Worte zu dieser Tatsache zu sagen. Die Nationalpartei ist grundsätzlich für eine entsprechende Erhöhung der Mietzinse. Es wäre sehr notwendig, wenn die Herren von der Nationalpartei den Begriff "entsprechend" klar definieren würden. Die entsprechende Erhöhung müßte doch so groß sein, daß die Hausbesitzer damit zufrieden sein würden. Nachdem die Herren von der Nationalpartei auch so große Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenfreunde sind, müßte die entsprechende Erhöhung bei dieser Wählergruppe ebenfalls Anerkennung und Zufriedenheit auslösen. Die Herren sollten jedoch die Beamten und Angestellten fragen, welche finanzielle Belastung ihr Haushaltungsbudget nach dem Gehaltsabbau noch erträgt. Sie sollten die Arbeiter fragen, wie sie nach der abnormen Lohnkürzung noch weitere erhöhte Ausgaben auf sich zu nehmen vermögen. Herrn Koll. Keibl sind einige Bestimmungen der Regierungsvorlagen im Ausschuß zu wenig streng gewesen. Er verlangte und beantragte Verschärfungen zu Ungunsten der Mieter. Eines ist bei diesem Vertreter der kleinen Hausbesitzer aber besonders auffällig gewesen. (Posl. Schweichhart: Der kleinen Hausbesitzer?) Ja, der kleinen. Herr Abgeordneter Keibl gibt sich als Vertreter der kleinen Hausbesitzer aus. Die Mieten für die kleinen Wohnungen sollen nach § 9 der Vorlage eine Erhöhung nicht erfahren. Eine Ausnahme wird nur nach Abs. 2, lit. a) des genannten Paragraphen und nur nur bei solchen Wohnungen, auch bei mittleren, gemacht, die nach der Kundmachung dieses Gesetzes neu vermietet werden. Die kleinen Hausbesitzer werden deshalb nur selten ihre Mieteinnahmen erhöhen können. Im § 10 wird aber den großen Hausbesitzern zugestanden, daß sie die Mieten um 120 % erhöhen können bei Mietern, die ein steuerpflichtiges Einkommen von über 60.000 Kronen aben oder eine Erwerbsteuer von einem steuerpflichtigen Erträgnis über 250.000 Kronen vorgeschrieben erhalten. Das ist ein Entgegenkommen an die großen Hausbesitzer; denn Mieter solcher Art wohnen nicht bei kleinen Hausbesitzern. Herr Kollege Keibl hätte als Vertreter der kleinen Hausbesitzer doch die Parität oder noch darüber hinaus verlangen müssen. Warum den großen Hausbesitzern durchwegs eine 120 %ige Erhöhung zuzuerkennen, den kleinen nur in Ausnahmsfällen eine 20%ige? Vielleicht klären die Herren von der Nationalpartei diesen Widerspruch noch auf. Im Ausschuß hat Herr Kollege Keibl es nicht für notwendig gefunden, auf diesen krassen Widerspruch hinzuweisen. Es dreht sich aber allen Vertretern des Hausbesitzes nicht einzig und allein um die Erhöhung des Hauserträgnisses. Auch hier hat Kollege Fischer ein offenes Wort gesprochen. Was nützt eine Mietzinserhöhung, erklärte er, der Fiskus nimmt sie doch zum größten Teil wieder weg. Die Vertreter der Besitzklasse wollen sich des Schutzgesetzes entledigen, sie wollen frei und ungehindert, willkürlich und schrankenlos die abnormale Lage des Wohnungsmarktes für ihre Vorteile ausnützen. Die Notwendigkeit des Tages ist, durch eine großzügige Wohnungsfürsorge Wohnungen zu beschaffen. Die bisherigen Maßnahmen auf diesem Gebiete haben zum größten Teil versagt. Ein schleppender, langwieriger Gang der Erledigung der überreichten Bauansuchen, Mangel an dem notwendigen Baukapital und die grundsätzliche Abneigung, für diese Zwecke überhaupt Kapital herzugeben, sind die Ursachen dieses Versagens.
Vorbildlich ist die Wohnungsfürsorge in Deutschland. Nebst den Staatszuschüssen wird eine Wohnungsabgabe eingehoben, welche zur Schaffung neuer Wohnungen verwendet wird. Letztere bedeutet ebenfalls eine schwere Belastung der Mieter. Diese Belastung fließt aber nicht in die Taschen der Hausbesitzer, auch nicht in die Taschen des Fiskus. Bezeichnend ist ein Ausspruch bei den Verhandlungen im deutschen Reichstag über das Gesetz der Wohnungsabgabe vom Reichsarbeitsminister am 14. Feber d. J. Er sagte, es liege der Regierung ferne, eine derartige Abgabe auf Kosten des Reallohnes entrichten zu lassen. Es verstehe sich ganz von selbst, daß auch diese Ausgaben bei der Feststellung der Kosten der Lebensbedürfnisse eingerechnet werden und daß sie dementsprechend auch bei den Verhandlungen über Löhne und Gehälter geltend gemacht werden müssen. Die Regierung werde bei derartigen Verhandlungen auch in entsprechender Weise Stellung nehmen. Wenn der Geist, der aus diesen Sätzen spricht, auch in diesem Staate Eingang und praktische Verwirklichung finden würde, dann würde auch der Weg gefunden werden, damit auch hier die entsetzlichen und schauderhaften Zustände der Wohnungsmöglichkeit eine annehmbare Milderung erfahren könnten.
Nun noch einige Worte über, die zweite Vorlage, betreffend außerordentliche Maßnahmen der Wohnungsfürsorge. Auch diese Vorlage weist eine rückläufige Bewegung auf. Die geänderten Bestimmungen richten sich in erster Linie gegen die deutschen Angestellten und Bediensteten des Staates. Die Freizügigkeit wird bedeutend eingeschränkt und die Voraussetzung geschaffen, um in die Verhältnisse einzugreifen. Über die Wohnung des versetzten Staatsbediensteten entscheidet fortab seine vorgesetzte Behörde. Er darf seine frühere Wohnung nur mit Zustimmung dieser Behörde kündigen. Er muß die ihm im neuen Dienstort zugesicherte Wohnung nnehmen. Dadurch können und werden den Angehörigen der versetzten Bediensteten die schwersten Schäden entstehen. Die Kinder werden der Schule entrissen und zum Besuche einer fremdsprachigen Schule genötigt werden. Daß die Regierung sich die ersetzungen aus staatspolitischen und nationalen Gründen noch mehr angelegen sein lassen wird, als bisher, ist eine mit Bestimmtheit zu erwartende Selbstverständlichkeit. Wir haben auch bei dieser Vorlage versucht, durch Einbringung von Anträgen die größten Härten zu beseitigen. Es ist nicht gelungen, die Anträge wurden ebenfalls abgelehnt. Uns bleibt deshalb nichts anderes übrig, als von dieser Stelle aus unseren Protest gegen diese Methode und gegen die gesetzliche Verankerung von Beschlüssen zu erheben, welche die Not und die Leiden der werktätigen Bevölkerung nicht bloß stabilisieren, sondern noch vermehren. Wir erheben Einspruch gegen die weitere Knechtung der wirtschaftlich Schwachen und werden im Kampfe gegen den Ansturm der besitzenden Klassen ausharren im Bewußtsein und in der Hoffnung, daß die Zeit kommen wird und muß, in welcher die Vertreterdes werktätigen volkes einig und geschlossen die echte derselben verteidigen werden. (Souhlas a potlesk na levici.)
5. Øeè posl. S. Mayera (viz str. 145 tìsnopisecké zprávy):
Meine Damen und Herren! Ich möchte vor allem feststellen, daß das neue Mieterschutzgesetz in Verbindung mit den zwei Ergänzungsgesetzen eine Abschwächung des Mieterschutzes bedeutet. Nach dieser Feststellung, die, wie ich glaube, keinen Widerspruch hervorrufen wird, möchte ich untersuchen, ob objektive Gründe für eine Abschwächung des Mieterschutzgesetzes vorhanden sind. Hat sich seit der letzten Zeit, seitdem das Mieterschutzgesetz verlängert wurde, vielleicht irgendetwas in diesem Staate derart geändert? Ist die wirtschaftliche Not geringer geworden? Hat die Bautätigkeit in diesem Staate heuer die Wohnungsnot irgendwie gemildert? Ist die Arbeitslosigkeit in diesem Jahre nicht eine größere geworden? Ist die Wirtschaftskrise, die Absat krise, im allgemeinen nicht größer geworden? Wenn ich noch hinzufüge, daß auch die Koalitionsmehrheit dieselbe geblieben ist, die sie im Vorjahr war, als dieses Gesetz verlängert wurde, so frage ich: Welche Gründe sind denn eigentlich bestimmend für die Regierungskoalition, gerade in der Zeit der größten Not, in der Zeit der größten Krise, das Mieterschutzgesetz, den Schutz der Mieter abzuschwächen? Wir wissen, daß in diesem Jahre die arbeitende Bevölkerung einen Lohnabbau über sich ergehen lassen mußte, der die Existenz der Arbeiter und Beamten um ein Vielfaches verschlechtert hat. Wir wissen, daß ganz speziell in der letzten Zeit die Lebensmittel und Bedarfsartikel, die eine zeitlang eine rückgängige Tendenz gehabt haben, in ihren Preisen nicht nur fester geworden sind, sondern auch eine steigende Tendenz haben. Wir wissen, daß z. B. Fleisch und andere Artikel seit dem vorigen Jahre um 20 bis 30% gestiegen sind. Wir können also ganz ruhig behaupten, daß absolut keine Gründe vorhanden sind und waren, den Mieterschutz irgendwie abzuschwächen.
Wenn ich zur Besprechung des Gesetzes selbst übergehe, so muß ich vor allem feststellen, daß gerade die arbeitende Bevölkerung, die Allerärmsten, durch die Erweiterung der Kündigungsmöglichkeiten auf das härteste getroffen wurden. Es ist dem Hausherrn erlaubt, nach Ablauf der 24stündigen Frist durch seinen Rechtsvertreter die Kündigung des Mieters gerichtlich anzufordern. Meine Herren, was das gerade jetzt bedeutet, wo ganz gut bekannt ist, daß es Arbeiter gibt, die nicht ein halbes Jahr, sondern ein Jahr, ja sogar zwei Jahre arbeitslos sind, die ihren letzten Fetzen verkaufen, um ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Wohnungsmiete nachzukommen, was das bedeutet, wenn ein solcher Arbeiter nach Ablauf von 8 Tagen nach der Mahnungsfrist von 24 Stunden nicht die Miete erlegt und dann der Hausherr die Kündigung anfordern kann, das können Sie sich gar nicht vorstellen. Das Gesetz spricht aus, daß, wenn der gekündigte Mieter im letzten Moment vor der Durchführung der Gerichtsverhandlung die Miete bezahlt, der Kündigungsgrund erloschen ist, jedoch der Mieter die Verpflichtung hat, die Gerichts- und die Advokatenspesen zu bezahlen. Nun, meine Herren, welcher Hausherr wird nach dieser Begünstigung dann nicht darauf bestehen, daß am Ersten sein Geld einläuft, wird auch nur eine Woche oder 14 Tage Zahlungsfrist einräumen, wenn die Prozeßspesen auf Kosten des Mieters gehen! Ich frage Sie, wenn Sie diese Sache objektiv behandelt haben: wenn Sie schon dem Vermieter die Möglichkeit gegeben haben, dem Arbeiter zu kündigen, respektive die gerichtliche Kündigung anzufordern, warum haben Sie dann dem Hausbesitzer auch noch dazu diese Erleichterung gegeben, die Gerichtsspesen auf den Mieter, der nicht imstande ist, die Miete rechtzeitig zu bezahlen, abzuwälzen?
Ein noch schwererer Irrtum meines Erachtens - und die Konsequenzen dieser Verfügung konnten vielleicht nicht einmal in den Kommissionen ermessen werden - ist der, welcher die Bediensteten in der Landwirtschaft betrifft, indem man deren Dienstverhältnis mit der Wohnung verquickt. Ich glaube, wenn die ursprüngliche Verordnung des Ministers Meissner, die später zu einem Gesetz wurde, nicht bestünde, gerade in dieser Zeit müßte ihre ursprüngliche Fassung geschaffen werden, um dem ungeheuren Unfug der von den Großgrundbesitzern derzeit gegen die landwirtschaftlichen Bediensteten und Arbeiter geübt wird, zu steuern. Stellen Sie sich einen landwirtschaftlichen Betrieb vor, wo 20 Bedienstete durch 10 und 15 Jahre angestellt sind, ihre Wohnung und Familie haben. Während des Krieges und nach dem Kriege waren sie imstande, sich ein Lohnverhältnis zu sichern, das ihre Existenz erträglich machte. Nun haben wir schon im Vorjahre und auch vor zwei Jahren gesehen, daß gerade jetzt durch das Mittel der Kündigung der Großgrundbesitzer zu dem Bediensteten geht und sagt: "Ich kann Euch die bisher gebotene Konvention nicht zahlen, ich kann Euch den Lohn nicht zahlen, und wenn Ihr nicht einwilligt, bleibt mir eben nichts anderes übrig, als zu kündigen." Bis jetzt, solange eben nicht die Wohnungs- und Lohnverhältnisse verquickt waren, hat eben der Bedienstete einen anderen Arbeitsplatz gesucht und seine Familie ernährt. Nachdem jetzt aber die höchste Frist drei Monate ist, so wird der Großgrundbesitzer und werden die Landwirte schon dafür sorgen, daß der Kontrakt ein solcher wird, daß die Frist nicht einmal drei Monate währt, um ihre Leute obdachlos zu machen. Was bedeutet heute aber, auf dem Lande obdachlos zu werden, wo ja die Verhältnisse schlechter sind als in der Stadt, wo die Wohnungsnot unerträglich ist? Man muß sich das nur vorstellen! Hiemit geben Sie dem Landwirt und dem Großgrundbesitzer ein Machtmittel in die Hand, die Bediensteten bis aufs äußerste auszunützen; und speziell Sie berufen sich immer, wo es sich um die Verteilung irgend welcher Freiheiten handelt, darauf, daß die Slovakei ein besonderes Gebiet ist und daß man eben das und jenes nicht auf die Slovakei erstrecken kann. Bei der Schaffung solcher Gesetze müssen Sie die Verhältnisse auf dem Lande in der Slovakei studieren, um zu wissen, was dort herrscht, müssen Sie wissen, daß Sie den dortigen Großgrundbesitzern, die Jahrzehnte, Jahrhunderte gewohnt waren, bis aufs äußerste die Lohnbediensteten auszunützen, solche Mittel nicht in die Hände geben dürfen, um die Bevölkerung und die Landarbeiter völlig zugrunde zu richten. Ich weiß nicht, auf dieser Seite sitzt eine Reihe von Volksvertretern, die auf dem Lande versprochen haben, daß sie die Interessen der Landarbeiter vertreten werden. Wenn nun die Großgrundbesitzer zu Hunderten die Bediensteten werden delogieren können, weil sie nicht um Knochen und umsonst werden arbeiten wollen - ich bemerke, daß man heute schon um 3 Kronen Taglohn 16 Stunden arbeiten läßt - was wird erst werden, wenn das Gesetz in Kraft tritt? Ich bin neugierig, wie die Herren Volksvertreter das an Ort und Stelle verantworten werden können, daß sie solche Mittel gegen die Arbeiterschaft anwenden lassen.
Meine Herren! Meine Vorredner haben die drei Gesetze, die uns hier vorliegen, genügend behandelt. Wenn ich speziellauf diesen Umstand hingewiesen habe, so deshalb, weil von den Herren dies niemand in entsprechender Weise erwähnt hat. Meine Hauptaufgabe ist, festzustellen, daß für diesen Rückschritt kein objektiver Grund war und daß man zumindest eher eine Erhöhung des Mieterschutzes als eine Einschränkung erwartet hätte und daß wir als Partei dieses Mieterschutzgesetz ablehnen. (Souhlas na levici.)
6. Øeè posl. Kostky (viz str. 146 tìsnopisecké zprávy):
Die Deutschdemokratische Freiheitspartei hat ihren Standpunkt zum Mieterschutzgesetz schon wiederholt an dieser Stelle eindringlich klargelegt. Unser oberstes Ziel muß auch hier die Wiedereinführung der freien Wirtschaft sein, die Aufrechthaltung von Zwang- und staatlicher Gebundenheit darf nur solange und in dem Ausmaße bestehen bleiben, als solche Bestimmungen zum Schutze der Unbemittelten unbedingt notwendig erscheinen. Die Wirtschaftspolitik dieses Staates hat auch in diesen Fragen zu unheilvollen Widersprüchen und Gegensätzen geführt. Enteignungsbestrebungen, übermäßige Beschränkung bei der Mietzinsfestsetzung haben allzulange die freie Entwicklung der Wohnungs- und Baumarktes gehindert, sodaß wir heute unter der gleichzeitigen Nachwirkung der Finanzpolitik dieses Staates, die den Geldwert im Auslande hochhält, die inländische Kaufkraft aber nicht zu erhöhen vermag, vor geradezu unlöslichen Widersprüchen stehen. Fortgesetzter Lohn- und Gehaltsabbau ist mit entsprechender Mietzinssteigerung nicht in Übereinstimmung zu bringen, ohne daß die Beteiligten schwer zu leiden kommen; andererseits ist die im vorliegenden Gesetzentwurf enthaltene zulässige Steigerung der Mietzinse für den Hausbesitz vollständig unzureichend und es vermögen diese Bestimmungen deshalb nichts dazu beizutragen, daß die Bautätigkeit durch erhöhten Kapitalszufluß von selbst belebt werden kann. Wir betonen auch, daß wir diese Probleme solange als unlösbar bezeichnen, solange sich die Regierung und die Mehrheitsparteien nicht dazu entschließen können, die Frage der Kriegsanleihe einer gerechten Lösung zuzuführen. Erst nach Beseitigung dieser Fessel können die Sparkassen ihren altgewohnten und von allen Beteiligten erwünschten Platz als Kreditgeber für die Bautätigkeit wiederum einnehmen. Die Deutschdemokratische Freiheitspartei vertritt den Standpunkt, daß die Umwandlung wenigstens eines Teiles der Kriegsanleihe in Bauanleihe für die hier in Rede stehenden Probleme eine klarere und raschere Lösung bringen würde, als die unbeschränkte Aufrechterhaltung staatlichen Zwanges.
Der vorliegende Entwurf erscheint deshalb unserer Meinung nach vollkommen ungeeignet, den wiederholt ausgesprochenen berechtigten Wünschen des Hausbesitzes auch nur notdürftig zu genügen. Es wir aber auch ganz und gar außerstande sein, die Bautätigkeit günstig zu beeinflußen und dadurch den Wünschen der Mieter entgegenzukommen. Weitergehende Verhetzung und Verbitterung werden die unvermeidlichen Folgen dieses Gesetzes sein, die Wiedereinführung der freien Wirtschaft auch auf dem Wohnungsmarkte wird durch eine solche unzulängliche Gesetzgebung zum Nachteile beider Gruppen immer weiter hinausgeschoben.
Mit Rücksicht auf diese Umstände lehnt es die Deutschdemokratische Freiheitspartei ab, sich an der Beratung und Beschlußfassung über diesen Gesetzentwurf zu beteiligen. Sie lehnt auch jede Verantwortung für dieses Gesetzgebungswerk umsomehr ab, als von vornherein feststand, daß jeder Verbesserungsvorschlag aus politischen Gründen von den Mehrheitsparteien unbeachtet bleibt. Wir werden uns darum auch an der Abstimmung über dieses Gesetz nicht beteiligen. (Potlesk na levici.)
7. Øeè posl. Uhla (viz str. 147 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Es ist bedauerlich, daß ein derartiger Fortschritt, wie es der Mieterschutz war, in so rapider Weise abgebaut werden soll, abgebaut wird und daß dieser wirkliche soziale Fortschritt aus der Gesetzgebung überhaupt verschwinden soll. Die Gesetze, die gegenwärtig das Haus beschäftigen, zeigen dies klar. Das Gesetz, das den Aufschub der exekutiven Räumungen beinhaltet, ist eine Vorlage, die gegenüber den jetzigen Bestimmungen eine bedeutende Verschlechterung bringt, vor allem eine große Erweiterung der Exekutionsmöglichkeit. Durch diese Vorlage wird das letzte bißchen Mieterschutz, das wir bis heute haben, tatsächlich beseitigt. Die Anzahl jener Mieter, die gegenwärtig schon in gekündigtem Zustand sind, ist eine ganz gewaltige; die Anzahl jener aber, die aufgrund der jetzigen gesetzlichen Bestimmungen doch nicht aus der Wohnung gestellt werden können, ist eine sehr große und geht tatsächlich in die Tausende. In verhältnismäßig kleinen Orten gibt es Hunderte von Mietern, die bis jetzt den Schutz der Verordnung vom 25. Juni 1920 genossen haben. Auf einmal hört jedoch dieser Schutz auf. Uns sind Orte mit 10.000, 12.000, 16.000 Einwohnern bekannt, wo hunderte solche Mietparteien wohnen, die in gekündigtem Zustande sind, die aber den Schutz des Gesetzes genossen haben. Für diese Leute wird der Schutz zuende sein, sie werden bald mit der Tatsache rechnen müssen, ihre Wohnungen verlassen und räumen zu müssen, wenn sie nicht exekutiv hinausgestellt werden wollen. Wenn die Vorlage, die das Hauus heute beschäftigt, angenommen wird, so wird diese Annahme verhängnisvolle Folgen für Tausende von Familien haben. Zehntausenden von Familien wird ein Schutz entzogen, der vollständig berechtigt und begründet war. Diejenigen, die diese Vorlage ausgearbeitet und dem Hause unterbreitet haben und sie vertreten, haben sicher nicht darüber nachgedacht, wie die Wirkungen draußen sind. Sie haben sich sicher nicht in das Gefühlsleben jener Mieter hineingedacht, die aufgekündigt sind und nun rechnen müssen, daß in verhältnismäßig kurzer Zeit der Schutz gegen die Exekution aufgehoben ist. Die Mieter, die in gekündigtem Zustande sind, befinden sich ungefähr in demselben Verhältnis wie ein arbeitsloser Arbeiter, der von Fabrikstor zu Fabrikstor rennt und immer wieder abgewiesen wird, der sich um Arbeit bemüht, aber immer wieder keine findet. Genau so geht es den Mietern, die sich bemühen, Wohnungen zu finden, aber immer wieder abgewiesen werden. Uns Sozialdemokraten können eigentlich die Zustände, die nun naturgemäß einreißen werden, recht sein; denn auch viele Angehörige der Mittelschichten empfinden dann erst recht das Unrecht der heutigen Zustände und der heutigen Ordnung an sich selbst. In vielen Fällen wird die Aufhebung des Schutzes gegen die Exekution zur Erpressung eines höheren Mietzinses durch den Hausherrn führen. Das können wir mit Sicherheit annehmen. Wir wissen schon heute und sehen das immer wieder in unzähligen Fällen, welche Wirkungen das auslöst, wie die Hausherren die geänderte Situation für sich auszunützen versuchen, wie die Mietpreise fast automatisch immer und immer wieder steigen und wie gerade das gefürchtete Moment, gekündigt zu werden, die Mieter veranlaßt, den Wünschen des Hausherrn nach Erhöhung des Mietzinses, die oft unbegründet ist, nachzukommen. Tausende von Familien werden dann die Herrlichkeit der jetzigen Ordnung erst recht studieren können, wenn sie mit Weib und Kind durch die Büttel des Staates auf die Straße gesetzt werden.
Vor allem wird eintreten, daß die bestehenden Wohnungen in vielen Häusern dadurch eine Erweiterung erfahren, daß die Hausherren freigewordene Wohnungen zu ihren Wohnungen schlagen, Wohnungen in den Gebäuden selbst vergrößern. Dadurch wird eine Aufhebung der jetzt bestehenden Wohnungen bedingt. Nach den bis jetzt geltenden Verordnungen konnte die Aufschiebung der Exekution bei Fortdauer der Gründe der Aufschiebung ausgesprochen werden. Nach der neuen Vorlage ist eine Frist gegeben, über die hinaus Aufschiebungen der Exekutionen überhaupt nicht mehr möglich sind. Wie es im Gesetz heißt, kann zum dritten- und zum letztenmal auf die Dauer eines Vierteljahres der Aufschub bewilligt werden, wenn die politische Behörde I. Instanz bestätigt, daß in der Gemeinde der erforderliche Ersatz nicht vorhanden ist.
Der § 1 dieses Exekutionsgesetzes weist auch sonst verschiedene Verschlechterungen auf. Vor allem hat man den Begriff "angemessenen Ersatz" gestrichen und umgewandelt in "den Bedürfnissen entsprechenden Ersatz". Es ist das eine Änderung, die zugunsten der Hausherren und zu ungunsten der Mieter ausgelegt werden kann. Wir beantragen die Herstellung der alten Fassung des § 1 der bis jetzt in Geltung gewesenen Verordnung. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Botto.)
§ 2 der Vorlage sagt: "Wenn der Verpflichtete nicht binnen 8 Tagen nach Rechtskraft des Beschlusses des Gerichtes dem Ve rmieter den eventuellen Rest des Mietzinses, den Zins für die Mietperiode bezahlt, verliert er den Schutz des Gesetzes." Auch diese Bestimmung ist brutal, hart und inhuman, gerade heute, wenn man in Betracht zieht, daß eine Unzahl von Menschen in den denkbar traurigsten Verhältnissen leben muß. Wir beantragen daher die Streichung dieses Paragraphen.
Die allerschlimmste Kautschukbestimmung enthält aber der § 3. Dieser Paragraph ist vollständig neu und führt eine Reihe von Bestimmungen ein, für die der Schutz, der in § 1 des Gesetzes ausgesprochen ist, nicht zu gelten hat. So hört der Schutz z. Bsp. bei der Beschaffung einer Ersatzlokalität auf. Wie diese Bestimmung in der Praxis wirken wird, zeigt uns schon die Tatsache, daß das Wort "angemessen" umgewandelt ist in "genügend". Der § 3 sagt weiter: Wenn das Dienstverhältnis eines Angestellten mit unentgeltlicher Wohnung aufgehoben wurde, weil er sich eines Diebstahls oder der Veruntreuung oder einer anderen Handlung, die ihn des Vertrauens des Arbeitgebers unwürdig macht, schuldig macht, hört die Aufschiebung der Exekution, hört der Schutz auf. Wie wird sich das nun inder Praxis machen? "Diebstahl, Veruntreuung oder eine andere Handlung", die den Mieter des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig machen! Nun ist es notwendig, sich doch einigermaßen die Lohn- und Deputatverhältnisse verschiedener Arbeiterschichten ins Gedächtnis zu rufen. Wir haben eine große Schichte von Arbeitern, u. zw. die landwirtschaftlichen Arbeiter, die in einem ganz eigenartigen Lohnverhältnisse stehen. Der Lohn der landwirtschaftlichen Arbeiter setzt sich zusammen aus einem Barlohn und einem Naturallohn. Zum Naturallohn gehört auch die sogenannte unentgel liche Wohnung. Schon dieser Begriff ist falsch, schon dieses Wort ist unrichtig. Denn gerade die Wohnung ist ein int ierender Bestandteil des Lohnes, der Bezüge, die der Arbeiter hat. Bei den landwirtschaftlichen Arbeitern kommt noch eine Reihe anderer Tatsachen in Betracht. Sie beziehen Lebens- und Futtermittel. Wir machen leider sehr häufig die Erfahrung, daß die landwirtschaftlichen Arbeitgeber ihre Arbeiter oft in der niederträchtigsten Art behandeln, wir machen die Erfahrung, daß die landwirtschaftlichen Arbeitgeber ihren Arbeitern häufig nicht die durch den Vertrag vereinbarten Naturalbezüge geben. Wir können sehr häufig die Erfahrung machen, daß den landwirtschaftlichen Arbeitern Lebensmittel und auch durch Vertrag garantierte Futtermittel gar nicht gegeben werden. Was fangen nun diese Menschen an? Sie sind eben gezwungen, dort zu nehmen, wo Lebens- und Futtermittel vorhanden sind, und wer die Praxis auf den Höfen und besonders auf den großen Höfen kennt, wird wissen, wie sich die Verhältnisse nun gestalten werden. Es ist dem landwirtschaftlichen Arbeitgeber die Gelegenheit immer gegeben, einen unliebsamen Arbeiter schon deshalb aus dem Dienstverhältnis entlassen zu können, weil er eine Hand voll Futter oder ein Stückchen Holz genommen hat, weil vielleicht der Unternehmer ihm die Deputatkohle nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt hat. Und schon kann das Arbeitsverhältnis gelöst werden und mit dem Arbeitsverhältnis auch das Wohnungsverhältnis. Da nun der Schutz nicht mehr zutrifft, ist der landwirtschaftliche Arbeiter ganz und gar der Willkür des landwirtschaftlichen Unternehmers ausgeliefert. Solche Anlässe, den Arbeitern unbequem zu werden, Arbeiter um ihre Bezüge zu bringen, sind immer vorhanden und leicht zu finden.