Støeda 22. listopadu 1922

Weiters ist festzustellen, daß die Amtskredite der Polizei im kommenden Jahre nahezu das Doppelte des heurigen Jahres ausmachen sollen. Es sind 23 Mill. für Amtskredite der Polizeibehörden ausgeworfen worden, während im Vorjahr 12 1/2 Mill. hiezu bestimmt wurden. Es ist aber auch in der Zahl der Polizeibeamten und Polizeiangestellten nicht beamtlichen Charakters eine dementsprechende Erhöhung eingetreten, die niemand von uns wundern wird. Im alten Österreich waren in Böhmen, Mähren und Schlesien in der Polizeiverwaltung 174 Beamte und 1719 Polizeiagenten beschäftigt. Das war im Jahre 1913. Bei der vorschreitenden Demokratisierung sind im Jahre 1923 in Böhmen, Mähren und Schlesien 426 Polizeibeamte und 4043 Polizeiagenten tätig. Das sind natürlich nur diejenigen, welche in der Amtsstatistik als solche geführt werden, womit jedoch noch lange nicht das Heer jener erschöpft ist, welche als Aufpasser bestellt sind, denn die Vermehrung der Beamtenposten war ja nur zu dem Zwecke eingetreten, um so und so vielen, welche sich sonstige Verdienste schon erworben haben oder bei den Wahlen oder in der Aufpasser- oder Spitzelarbeit noch leisten können, Beamtenposten zu verschaffen, wodurch die anderen in ihrer Arbeit nicht entlastet, sondern in ihrer Arbeitsleistung noch mehr bedrückt werden, weil die neuen Kräfte nicht im Stande sind, die alten zu ersetzen, geschweige denn, ihnen einen Teil der Arbeit abzunehmen. (Posl. Böhr: Trotzdem steigt die Zahl der Verbrechen und Vergehen!) Ja, sicherlich und gerade im Gebiete von Mähr.-Ostrau hat die allgemeine Unsicherheit bereits einen derartigen Umfang angenommen, daß alle Kreise der Bevölkerung sich mit der Frage eingehend beschäftigen, wieso so viele Polizeiorgane da sein können und gleichzeitig die Unsicherheit in diesem Gebiet so galoppierend zunehmen kann. Uns aber darf das nicht so sehr Wunder nehmen, denn die Organe der Polizei, die offiziellen und inoffiziellen, werden nicht zum Schutze von Leben, Sicherheit und Eigentum der Bürger verwendet, ihre Aufgabe ist vielmehr die politische Polizei, das Spitzeltum aller Art und überall, um diejenigen, welche nicht den Wünschen einzelner Macht haber entsprechen, bloßzustellen, zu denun zieren und ihnen alle möglichen Unannehm lichkeiten auch strafrechtlicher Natur zu zufügen. Dieses Polizeisystem ist das Um und Auf. Darin hat sich seit der letzten Regierung gar nichts geändert, wir merken in der Verwaltung, wie überhaupt im öffentlichen Leben keinen Rückgang die ses Polizeisystems und ich glaube, dem Herrn Ministerpräsidenten widersprechen zu müssen, daß er, wenigstens sagte er es, das Ministerium als ein solches der fortschreitenden Konsolidierung bezeichnen kann.

Wir betrachten diese Spielart der Gewalt, ob sie sich nun in Scheinheiligkeit bis zum Zynismus oder in welcher Form immer äußert, jedenfalls nicht als den richtigen Weg., um zu einer fortschreitenden Konso lidierung zu kommen, im Gegenteil, wir betrachten das als eine fortschreitende Vergiftung des Zwangsdaseins der ge knechteten Minderheitsvölker in diesem Staate. Und niemand kann sich daher wun dern, wenn Gesetze, Verordnungen und Erlässe, welche in diesem Geist erfließen, immer größeren Schmerz in unser ob des Verlustes unserer Freiheit blutendes Herz träufeln und daß wir dem Staatsvoran schlag und der Regierung nicht mit Ver trauen gegenüberstehen können, sondern im Gegenteil, zum Ausdruck unseres größten Mißtrauens, den Voranschlag ab lehnen müssen. (Souhlas a potlesk na levici.)

4. Øeè posl. Schäfera (viz str. 837 tìsnopisecké zprávy):

Geehrte Herren und Frauen! (Hluk. Výkøiky posl. dr. Labaye.)

Místopøedseda Buøíval (zvoní): Pan posl. dr. Labay nemá slova, prosím, aby nevyrušoval.

Posl. Schäfer (pokraèuje): In der Sitzung des Budgetausschusses vom 8. November hat sich der Herr Ministerpräsident Švehla in einer längeren Rede . . . (Hluk. Výkøiky posl. dr. Jurigy.)

Místopøedseda Buøíval (zvoní): Prosím pana posl. dr. Jurigu, aby nevyrušoval. (Hluk.) Prosím pana posl. Schäfera, aby pokraèoval.

Posl. Schäfer (pokraèuje): Dieses Zwischenspiel ist ja auch ein Beweis da für, wie weit wir in diesem Staate dank der Regierungsmethoden, die seit der Gründung dieses Staates üblich sind, gekommen sind.

Ich habe damit begonnen, auf eine Rede des Herrn Ministerpräsidenten im Bud getausschuß vom 8. November hinzuweisen, in der sich dieser mit der Opposi tion auseinandersetzt. In seinen Ausführungen finden wir einige ganz beach tenswerte Gedanken, Gedanken, die auf staatsmännische Erfahrungen schließen lassen sollten. Er erklärte der Opposition gegenüber daß er eine Kritik des Staats voranschlages, eine Kritik der Maßnahmen der Regierung niemals verurteilen werde, daß es aber immer auf die Beweggründe der Kritik ankomme und daß der, welcher bei all seiner Kritik doch mitzuarbeiten bereit ist, immer willkommen sei.

Herr Ministerpräsident Švehla sagte unter anderem, nur eine solche Kritik, die von dieser unausweichlichen Voraussetzung, nämlich loyal mitzuarbeiten, ausgeht, werden wir respektieren, eine Kritik, die aus anderen Gründen hervorgeht, jedoch nicht. Herr Ministerpräsident Švehla hat dann weiter darauf hingewiesen, daß die Èechoslovakei ein junger Staat sei und daher mit ganz gewaltigen Schwierigkeiten zu rechnen habe. Er sagte, gerade eine junge Demokratie müsse ihre Lebensfähigkeit damit beweisen, daß sie die Augen vor keiner Frage verschließt.

Wenn wir uns alle der Reden erinnern, mit denen sich die neue Koalitionsregierung vorgestellt hat, so können wir nicht anders als aussprechen, daß in jenen Programmreden wenig von dem gesprochen worden ist, was die Bevölkerung dieses Staates bewegt. Ja, wir haben sehen müssen, wie die Regierung in ihren Erklärungen den großen Problemen ausweicht. Nun erklärt der Ministerpräsident Švehla bei seiner Vertretung des Budgets im Ausschusse, daß es die Aufgabe der Regierung und der Staatsverwaltung sei - und dieser Aufgabe widme sie sich daß dieser Staat gesichert werde. Er sagt: "Bei allen Problemen werden wir uns aber nach der höchsten Pflicht richten, unseren Staat zu sichern." Nun können die Meinungen, wie man einen Staat sichert, gewiss sehr stark auseinandergehen, und es ist durchaus nach unserer Ansicht verfehlt, alle Einwände gegen die Vorlagen der Regierung, alle Klagen, die bei der Besprechung des Wirkens der Regierung vorgebracht werden, hinzustellen als Absicht, die Schwierigkeiten im Staate zu vermehren. Wir Sozialdemokraten glauben, daß die Sicherheit eines Staates vor allem darin beruhen müsste und sollte, daß alle großen wirtschaftlichen und politischen Fragen nach den Grundsätzen der Demokratie gelöst werden und daß man sich insbesondere in Zeiten der wirtschaftlichen Not den großen wirtschaftlichen Aufgaben eines Staates zuwendet. Eine ganz entgegengesetzte Auffassung ist aber in der Èechoslovakei bisher, auch bei der Koalitionsregierung, maßgebend gewesen oder scheint es zu sein. Sonst wäre es ganz unmöglich, daß man einen so ungeheueren Apparat brauchen würde, um jeder Kritik entgegenzuwirken, daß wir auf die politische Verwaltung von Jahr zu Jahr größere Summen verausgaben, daß wir einen ungeheuerlichen Polizeiapparat haben, daß insbesondere in einigen Gebieten dieses Staates in geradezu unbegreiflicherweise Millionen ausschließlich für Polizeizwecke, für Verwaltungsbehörden, für die Gendarmerie und so weiter ausgegeben werden. Sehen wir uns einmal die Ziffern an, die uns darüber Auskunft geben. Wir sehen da insbesondere, daß die politischen Behörden nach dem Staatsvoranschlag im Jahre 1923 bedeutend mehr kosten werden als im Jahre 1922. In Böhmen sind die Ausgaben für die politische Verwaltung ins Budget eingestellt mit 47,764.640 Kronen, im Vorjahre waren sie um nicht ganz 3 Millionen geringer. Für Mähren sind sie eingestellt mit 13,852.960 Kronen - auch um 1 Million höher als in diesem Jahre. In Schlesien haben wir eine Steigerung von 5,300.930 auf 5,411.550 Kronen. Aber nun kommen wir zur Slovakei. Wir hören in diesem Hause häufig Klagen von slovakischer Seite über die Vernachlässigung dieses Staatsgebietes. Wenn wir uns jedoch die Ziffern betrachten, die Aufschluß darüber geben, was die politische Verwaltung in der Slovakei kostet, so scheint es, als ob man sehr viel Sorgfalt diesem Gebiete der Republik zuwende. Für die Slovakei wurden im Jahre 1922 im Budget für die politischen Behörden veranschlagt 81,340.760 Kronen, im Jahre 1923 steigt die Ausgabe auf 83,523.400 Kronen. Vergleichen Sie nun einmal damit die Ausgaben für die politische Verwaltung in Böhmen. Während in Böhmen für das nächste Jahr rund 47 Millionen veranschlagt sind, sind für die politische Verwaltung in der Slovakei über 83 Millionen eingesetzt. Ähnlich ist es mit Karpathorußland. In Karpathorußland kostet uns die politische Verwaltung 15,054.290 Kronen, ein Beweis, daß der Staat für dieses Gebiet in dieser Richtung mit Ausgaben wirklich nicht zurückhält. Nun wissen wir sehr gut, daß weder die Karpathorußen noch die Slovaken diese Art der Fürsorge mit großer Begeisterung entgegennehmen. Insbesondere wäre es vor allem für die Regierung dieses Staates ein dringliches Erfordernis und würde nur dem entsprechen, daß dieser Staat eine Demokratie sein soll, daß man den Karpathorussen und den Slovaken die Möglichkeit geben würde, sich politisch so auszuleben, wie das in jeder Demokratie einem Volk eingeräumt werden muß. Wir haben aber weder aus Karpathorußland Vertreter hier, noch werden in der Slovakei die Gemeindewahlen durchgeführt. Es wird in diesen beiden Gebieten nach den bisherigen Methoden weiter regiert und man wundert sich dann, wenn die Klagen gegenüber dem Vorgehen der èechoslovakischen Regierung fortwährend zunehmen. Wir haben also eine ganz gewaltige Steigerung der Ausgaben für die politische Verwaltung, eine Steigerung, die uns deutlich zeigt, wo wir bei einer guten demokratischen Regierungsweise und bei einer wirklich großzügigen Wirtschaftspolitik manche Ersparungen vornehmen könnten. Um das im Einzelnen kurz wiederzugeben, möchte ich Ihnen nur Folgendes aufzeigen: In Böhmen sind die Ausgaben für die politischen Behörden gestiegen um 3,417.730 Kronen, in Mähren um 968.120 Kronen, in Schlesien um 407.620 Kronen, in der Slovakei um 1,912.640, in Karpathorußland um 1,956.930 Kronen. Das sind also für die politischen Verwaltungsbehörden in der Èechoslovakei allein gegenüber dem Vorjahre 8,663.040 Kronen mehr. Dabei hat man noch in der Zentralverwaltung Ersparnisse von 465.349 K aufzuweisen. Ich will nicht auf die übrigen Ziffern eingehen und sie nicht im einzelnen anführen. Aber es ist doch nicht zu umgehen, wenigstens mit ganz kurzen Bemerkungen über den Umfang unseres Polizeibudgets zu sprechen. Wir sahen auch da keine Ersparungsmethoden, sondern im Gegenteil, auch hier wird es immer deutlicher klar, daß sich die Èechoslovakei die Sicherung des Staates nicht vorstellt im Wege einer gesunden demokratischen Politik, sondern so vorstellt, daß die Bürger unter eine ausgiebige Polizeiaufsicht gestellt werden. Die Überwachung der Staatsbürger und ihrer politischen Tätigkeit steht in der Èechoslovakei um gar nichts zurück gegenüber der polizeilichen Überwachung, der sich die Staatsbürger einstmals im alten Preußen ausgesetzt sahen.

Es ist auch bei uns noch immer so, wie es im alten Österreich und Preußen war, daß jede politische Betätigung beobachtet wird, daß eine ungeheure Spitzelarmee aufgestellt ist, die jede Tätigkeit des einzelnen Politikers und des einzelnen am politischen Leben sich beteiligenden Menschen überprüft. Und ich erinnere daran, daß wir auf zwei Gebieten noch gar keinen Fortschritt in demokratischer Richtung sehen, das ist auf dem Gebiete der Presse und des Versammlungswesens, (Sehr richtig!) Auf dem Gebiete der Presse, der freien Meinungsäußerung durch das geschriebene Wort, sind wir noch immer weit davon entfernt, ein demokratischer. Staat zu sein. Unsere Staatsanwälte arbeiten genau so rückständig, von den gleichen vormärzlichen Gedanken geleitet, wie im alten Österreich. Es wäre sehr lehrreich, einmal die zahlreichen Konfiskationen aufzuzählen und aufzuzeigen, wegen welch nichtiger Bemerkungen, Artikel und Aufsätze Zeitungen der Beschlagnahme verfallen. Insbesondere - und darauf hat schon mein Vorredner Koll. Jokl hingewiesen - insbesondere hat man es darauf abgesehen, jede freie Meinungsäußerung über den Militarismus zu unterdrücken, und wer es in der Èechoslovakei versucht, in einem Blatt aufzuzeigen, wie stark dieser Staat im Militarismus steckt, kann sicher sein, daß der Staatsanwalt sofort diesem Blatt Schwierigkeiten macht. Wir sehen statt einer großen demokratischen und wirtschaftlich weitausschauenden Politik eine Tätigkeit der Regierung, die von dem Gedanken ausgeht, es könne der Staat gesichert werden, wenn man einen möglichst ausgebauten Polizeiapparat hat, wenn man möglichst viel Gendarmen zur Verfügung hat, wenn die Staatsbürger möglichst wenig politische Freiheit genießen; sonst wäre es undenkbar, daß wir noch das alte Prügelpatent haben, daß wir noch nach dem alten Vereins- und Versammlungsgesetz in der Èechoslovakei Vereine gründen und Versammlungen abhalten müssen, es wäre undenkbar, daß jede einzelne Versammammlung von einem Vertreter der Regierung überwacht wird, damit in ihr ja gar kein kritisches Wort gegen die Regierung und gegen ihre Politik gesprochen werde. Es ist natürlich undenkbar, daß in einer kurzen Zeitspanne alle Ziffern dieses Kapitels besprochen werden können. Wir müssen uns darauf beschränken, nur wenige Zahlen aufzuzeigen. So sehen wir, daß die Ausgaben für die Polizei allein vom Jahre 1922, wo sie 114,350.870 K betrugen, im neuen Voranschlag auf 122,653.550 K gestiegen sind. Die Ausgaben für Gendarmerie sind allerdings zurückgegangen, u. zw. von rund 238 auf 225 Mill. K, dabei darf man aber nicht vergessen, daß diese Verringerung durchaus in keinem Verhältnis steht zu den Veränderungen, die in den Erhaltungskosten überhaupt entstanden sind, so daß man von einer Verringerung der Gendarmerie schlechthin nicht reden kann. Zu denken geben auch die Ziffern für Karpathorußland und die Slovakei. So werden für Karpathorußland 7,076.430 K für Polizei ausgegeben, für Gendarmerie 18,251.973 K. Am klarsten werden wir uns dieser geradezu an das alte Preußen erinnernden Polizeiwirtschaft bewußt, wenn wir bedenken, daß auf den Kopf der Bevölkerung 27 K 64 h an Ausgaben für diese Art der Sicherung des Staates entfallen. Nun, meine sehr verehrten Herren, müssen wir bei der Besprechung der Ausgaben für Polizei und Gendarmerie doch auch eine Frage mitstreifen. Das Personal der Gendarmerie hat schon im alten Österreich eine Art gewerkschaftliche Organisation gehabt. In der Èechoslovakei werden nun den gewerkschaftlichen, Bestrebungen der Gendarmerie die größten Schwierigkeiten bereitet und ihr Blatt, das ihre fachlichen Interessen vertritt, erfreut sich einer ganz besonderen Gunst des Staatsanwaltes, erfreut sich einer sehr eingehenden Beobachtung. Wir glauben, eine demokratische Regierung hätte auch die Pflicht, ihren Angestellten ohne Unterschied, also auch den Gendarmen und Staatspolizisten, die Möglichkeit ihrer beruflichen Vereinigung zu geben, auf dem Wege der Organisation ihre fachlichen Interessen zu vertreten.

Die Staatsverwaltung bricht auch hinsintlich der Selbstverwaltung der Gemeinden mit Grundsätzen, die in keinem demokratischen Staat angezweifelt oder bekämpft werden. Man ninmt gar keine Rücksicht auf die Bedürfnisse und Wünsche der Gemeinden. Ich könnte eine Reihe Fälle anführen, wo über den Kopf der Gemeindevertretungen hinweg die Verlegung aus einem Bezirk in einen anderen vorgenommen werden soll. So zum Beispiel hat die politische Landesverwaltung in Böhmen die Absicht, aus dem Bezirk Arnau die 3 Gemeinden Zvièín, Niederprausnitz und Großborowitz wegzunehmen und sie dem Königinhofer Bezirk anzugliedern. Ich führe das als Einzelfall deswegen an, weil er zeigt, in welcher Richtung die politische Staatsverwaltung eingreift, nämlich in Rechte und Entscheidungen, die eigentlich den Gemeinden obliegen. Dabei dürfen Sie nicht etwa glauben, daß es nur mit deutschen Gemeinden so geschieht!

In einem anderen Bezirke sind es èechische Gemeinden, die sich gegen diese Art der Abtrennung von einem Bezirk und der Hinzuschlagung zu einem anderen zur Wehre setzen. So behandelt man z. B. auch Gemeinden im Bezirke Hoøitz, die nichts davon wissen wollen, daß sie zu einem anderen Bezirk geschlagen werden sollen. Ich erinnere daran, wie sehr die in der letzten Zeit erfolgte Verstaatlichung der Polizei in das Verwaltungsrecht der Gemeinden eingreift. Umsomehr ist es aber zu kritisieren, wenn bei der Übernahme der Polizeiarbeiten einer Stadt oft in der kleinlichsten Weise vorgegangen wird. Zur Charakterisierung., wie man unter Umständen handelt, führe ich folgenden Fall an: In Reichenberg ist die Polizei verstaatlicht worden. Man hat alle Polizeiwachmänner übernommen, bis auf einen, der das Unglück gehabt hat, sich im Dienste einen Unfall zuzuziehen und zwar bei Verfolgung eines Schwerverbrechers, und der unglücklicherweise noch dienstunfähig ist. Es zeugt nicht gerade von Einsicht und Großzügigkeit, wenn man bei Verstaatlichung der Polizei in einzelnen Städten in so kleinlicher Weise handelt.

Wir als Sozialdemokraten können mit dem bisherigen Wirken der Staatsverwaltung und mit der Tätigkeit des Ministeriums des Innern, sowie mit dem Wirken der politischen Verwaltungsbehörden uns keinesfalls einverstanden erklären. Wir sind der Meinung, daß diese Art der politischen Verwaltung mit Demokratie aber auch gar nichts zu tun hat und daß Sie keinen Grund haben, diese unsere Kritik als unberechtigt zu bezeichnen. Sie beklagen sich darüber, daß wir an den Staatsvoranschlag so kritisch herangehen und daß wir die Tätigkeit der Regierung und ihre Einrichtungen abfällig besprechen. Der Ministerpräsident hat im Budgetausschuß gesagt, daß wir loyal mitarbeiten sollen. Sie aber glauben, daß jedes Wort der Kritik zugleich auf eine staatsfeindliche Gesinnung schließen lasse und vergessen dabei, daß Ihre eigenen Einrichtungen zur Kritik herausfordern. Auch ich will, wie andere, auf die Worte hinweisen, die aus èechischem Munde über die Aufgaben eines demokratischen Staates früher gesprochen worden sind. Wenn Sie sich daran erinnern würden, was während des Krieges der heutige Präsident der Èechoslovakischen Republik von dem zukünftigen Europa, das aus dem Weltkrieg geboren werden sollte, gedacht hat, und wenn Sie es damit vergleichen, was aus diesem Staate geworden ist, dann werden Sie zugeben müssen, daß jedes Wort der Kritik, das von den Parteien, die zu dieser Koalitionsregierung in Opposition stehen, ge sprochen wird, berechtigt ist. Der heutige Präsident Masaryk hat seine Gedanken über das neue Europa während des Krieges niedergelegt. Diese Gedanken sind nunmehr in Buchform erschienen und ich würde den Herren von den Mehrheitsparteien empfehlen, dieses Buch nicht nur flüchtig zu lesen, sondern sich die Gedanken, die darin ausgesprochen sind, zu eigen zu machen. Masaryk sagt über das neue Europa: "Die Organisation Europas und der Menschheit ist ein auf einer breiteren Basis aufgebautes allmenschliches Programm, welches im Geiste der Demokratie auf Grund der Selbstbestimmung der Nationen und ohne Militarismus verwirklicht werden soll." Wenn Sie sich diese Aufgabe in Ihrer Staatspolitik nach innen und außen zur Pflicht machen werden, wenn Sie diesen großen Gedanken, der hier ausgesprochen ist, zu verwirklichen suchen werden, dann werden auch die Klagen geringer werden und schließlich verschwinden. Solange Sie aber der Meinung sind, es müßten die Völker dieses Staates nach den altpreußischen und altösterreichischen Methoden regiert werden, solange werden Sie immer und immer von jenen bekämpft werden, die auf dem Boden der Demokratie stehen und die aus diesem Staate eine Demokratie gemacht wissen wollen. (Souhlas a potlesk na levici.)

5. Øeè posl. Blatné (viz str. 840 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wir hatten gehofft, daß die Reformpläne, die die Justizverwaltung mit großer Aufmachung verkündet hatte, irgend einen Niederschlag im Staatsvoranschlag finden würden. Es ist nicht der Fall. Es ist der alte Geist, der da die Zahlen wieder eingesetzt hat, und doch verlangen Strafrecht und Strafvollzug eine Reform. Sie entsprechen längst nicht mehr dem modernen Denken und Empfinden. Meine Herren und Frauen! Kriminalität und Verbrechen wurzeln zu tiefst in den ökonomischen Verhältnissen und in der geistigen und seelischen Verfassung, in die sie die Menschen versetzen. Wer das nicht glauben will, der möge sich nur die Zahlen unserer Kriminalstatistik, die heuer im Juli erschienen sind, ansehen. Jede Wirtschaftsphase spiegelt sich in den Zahlen der Kriminalstatistik. Krieg und Nachkriegszeit haben unsere Gefängnisse überfüllt. Die Folgen der Wirtschaftskrise werden nicht auf sich warten lassen. Es ist auch unpraktisch und unzweckmäßig, den Strom des Übels nur an seiner Mündung abdämmen zu wollen und nicht an seiner Quelle. Sozialpolitische Gesetze wären die besten Schutzmaßregeln gegen das Verbrechen. Vom bürgerlichen Staat fordern wir nichts Grundlegendes. Aber was wir fordern, ist die Versorgung unserer Witwen und Waisen, unserer Invaliden und Arbeitslosen, ist die Versorgung der Greise und Greisinnen, was wir fordern, ist die Sozialversicherung.

Die Wirtschaftskrise hat im ganzen Lande Not und Elend verbreitet, insbesondere aber in den Randgebieten. Ich war unlängst oben im Erzgebirge in einer Versammlung und wurde dort aufgefordert, mich einmal umzuschauen, wie es in den Familien der Kriegswitwen, der Arbeits losen und der Leute aussieht, die drüben in Sachsen Arbeit gefunden haben, deren Verdienst aber durch die valutarischen Verhältnisse in der Heimat nichts mehr bedeutet. Leute, die, wie wir, immer nur in den sogenannten unteren Schichten der Bevölkerung herumkommen, stumpfen all mählich gegen menschliches Leid etwas ab: aber was ich da gesehen habe, das hat mich erschüttert. Verhungernde Greise, greisenhafte Kinder in den Wiegen! Ich bin bei ungefähr 20 Familien gewesen und in all diesen Haushalten ist, trotzdem Mittagszeit war, nirgends gekocht worden. Ich habe gefragt, was sie denn essen. Da haben mir die Leute, da in Körben, dort in Töpfen, altgebackene Brotreste gebracht, von denen sie leben. Und wissen Sie, meine Herren und Frauen, wer dieses Brot zusammenbettelt? Die schulpflichtigen Kinder! Statt in die Schule zu gehen, gehen sie 5 bis 6 Tage weit ins Land hinein, bis in die Luditzer Gegend und betteln das Brot zusammen, von dem die Familien leben. Und die 14- und 15jährigen kommen auch in keine Lehre. Es ist das Notwendigste zum Anziehen nicht da. Sind das nicht erschreckende Verhältnisse? Es ist mir klar geworden, daß soviel Not, soviel Elend schließlich auch das Rechtsempfinden herabmindern muß. (Sehr richtig!) Es ist mir klar geworden, daß insbesondere eine Jugend, die solches mitmachen muß, schließlich alle Mittel ergreift, um dieser Not zu entkommmmen. Ich bin kurze Zeit nachher im Kreisgerichtsgefängnis in Eger gewesen und ich habe dort so recht die Fortsetzung dieser Bäringer Kindertragödie gefunden, jugendliche Häftlinge zwischen 14 und 18 Jahren. Ich habe mich mit jedem einzelnen in ein Gespräch eingelassen und diese jugendlichen Häftlinge waren bis auf eine Ausnahme Kinder von Kriegerwitwen, Kinder von Arbeitslosen, und diese Burschen haben nicht lesen und schreiben können, sie haben mir mühsam aus der Anstaltsfibel vorbuchstabiert, wie Sieben- und Achtjährige. Ich frage: Sind diese Verhältnisse nicht erschreckend? Sie sind auch für uns als Sozialisten er schreckend. Von dem, was da heranwächst, ungesund und unwissend, das ist nicht das Material, das der Sozialismus braucht. Der Sozialismus braucht ganz andere Men schen. Er stellt die höchsten Anforderungen an die Kraft, an die Intelligenz und Sittlichkeit der Menschen, die ihm den Weg bereiten sollen. Aber auch dem Staat müßten diese Dinge zu denken geben. Ein umfassendes Fürsorgesystem, ein Er ziehungssystem, das müßte die Parole des Staates sein inbezug auf die verwahrloste und verbrecherische Jugend. Wir haben ja von Regierungsplänen nach dieser Rich tung gehört. Allein es wäre eine halbe Maßregel, wenn nicht gleichzeitig mit der Reform des Jugendstrafrechtes ein Jugendfürsorgegesetz in Kraft treten würde. Und außerdem hören wir von den Dingen überhaupt nichts mehr. Sehen Sie doch auf andere Staaten, auf die Vereinig ten Staaten von Nordamerika zum Bei spiel, was da in dieser Hinsicht geschieht. Wir wollen nicht sagen, daß alle die Reformen nach dieser Richtung auf unsere Verhältnisse übertragbar wären oder, daß sie alle gut wären, aber, was die Amerikaner in ihrer Reformatory Bill für die verwahrloste und verbrecherische Jugend geschaffen haben, ist richtunggebend. Jugendliche Häftlinge wieder sozial machen ist ihr Ziel. (Souhlas na levici.) Das heißt, sie fähig zu machen, um in der Gesellschaft wieder bestehen zu können, und das Mittel zu diesem Zwecke ist ein umfassendes Jugend- und Fürsorgesystem. In ihren " Reformatories", diesen Jugend strafanstalten, werden die Jugendlichen geistig und körperlich ertüchtigt, werden sie theoretisch erzogen und beruflich gründlich ausgebildet, jeder nach Neigung und Eignung. Und die produktive Arbeit tritt da ganz zurück hinter der instruktiven. Die Mauern zum Beispiel, die dort die jugendlichen Maurer aufrichten müssen, die Fassaden, die Torbögen, werden wieder eingerissen. Das machen die Amerikaner, die sonst nicht als unpraktische Leute bekannt sind, die sonst nicht sentimental sind. Aber sie erweisen sich auch da als ganz gute Rechenmeister, denn von den 60 Jugendlichen, die da durchschnittlich im Monat vorzeitig die Haft verlassen, da sie sich gut verhalten haben, bewähren sich in der Welt im Durchschnitt 50. (Hört! Hört!) - das ist beobachtete Tatsache - und nur 10 von ihnen müssen wieder zurückgeholt werden, um die Strafhaft zu Ende zu verbüßen. Das ist ein Beweis, meine Herren und Frauen, daß durch ein Erziehungs- und Fürsorgesystem nicht allen diesen Jugendlichen geholfen worden kann, aber es ist ein Beweis, daß den meisten geholfen wird. Bei uns? Bei uns ist das Ersparungssystem Rašíns Trumpf, und besonders an den Stellen, wo es notwendig wäre, nicht zu sparen. Denn die wichtigste Ökonomie, meine Frauen und Herren, ist die Menschenökonomie.

Aber auch schon in den sachlichen Erfordernissen, um im Stil zu sprechen, ich will hier nicht von unseren Bezirksgerichtgefängnissen, von den Kreisgerichtsgefängnissen sprechen, das ist ein Kapitel für sich - aber sehen Sie sich einmal unsere Strafanstalten an. Pankrác hat keine Wasserleitung, keine Kanalisation, Øepy hat Petroleumbeleuchtung, Bory hat ein ganz veraltetes Heizsystem, ko mmt der Wind von Westen, bleiben die östlichen Trakte kalt, kommt er von Osten, ist es umgekehrt, drückt die Luft von oben, so ist die ganze Strafanstalt unter Rauch. Das Läutewerk von Bory ist direkt kindisch primitiv. Nur Nikolsburg ist neu und modern. Die anderen Strafanstalten, die weit weg vom Zentrum sind, sind nicht besser, denn die Entfernung ist keine Gebähr für Güte. Aber, meine verehrten Herren und Frauen, so unangenehm diese Dinge sind, so schwer sie empfunden werden, ist es doch nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist die Raumnot. Und die fängt schon an, in den Bezirks- und Kreisgerichtsgefängnissen sich sehr böse auszuwirken. (Sehr richtig!) Die Glieder eines Deliktes müssen auseinandergehalten werden. Dadurch werden die Glieder der verschiede nen Delikte zusammengehalten, so daß einer vom anderen so recht ablernen kann, und so kommen diese Jugendlichen dann verderbter in die Freiheit zurück, als sie eingeliefert wurden (Sehr richtig!) und sie kommen, wie mir von vielen Seiten ge sagt wurde, auch verderbter in die Straf anstalten hinauf. In den Strafanstalten aber fängt das Übel erst recht an. Ich habe keine Strafanstalt gesehen, wo nicht ent gegen allen Vorschriften, entgegen besserem Wissen und Wollen die leitenden Per sonen nur aus den zwingenden Gründen bestrafte mit vorbestraften zusammen gegenben hätten. In Pankrác haben wir die A-, B- und C-Gruppen zusammenarbeitend vorgefunden. Das sind die Erstbestraften, die Vor bestraften und die wegen Verbrechen oft Bestraften. Dadurch sind doch die besseren Elemente ganz rettungslos dem Einfluß der schlechteren preis gegeben. Was tut nun die Regierung, um diesem unmöglichen Zustande, von dem sie doch schließlich Kenntnis haben muß, abzuhelfen? Eine Interpellation, die wir kürzlich eingebracht haben, gibt Ihnen die Antwort darauf. Die Regierung wandelte die Strafanstalt Leopoldau, die 1300 Gefangene beherbergte, in eine Kaserne um. Diese 1300 Sträflinge werden aber in andere ohnedies schon überfüllte Strafanstalten gebracht.


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