Støeda 22. listopadu 1922

Noch ein Wort über die Bibliotheken. Die Bibliotheken sind durchwegs in einem schlechten Zustand, nicht nur dem Umfange nach, sondern auch hauptsächlich dem Inhalte nach. Außer den Erbauungsbüchern sind nur ganz alte Schmöker da, durchwegs literarische, schriftstellerische Ha rmlosigkeiten, und doch wäre eine richtige Gefängnisbibliothek ein Erziehungsfaktor par excellence, und wir könnten einen solchen Faktor, der die verbrecherische verwahrloste Jugend erzieherisch beeinflussen könnte, umsomehr gebrauchen, als die leitenden Beamten in unseren Gefängnissen von administrativer Arbeit direkt erdrückt sind. Ihnen bleibt ja keine Zeit dazu, sich mit diesen Dingen zu befassen. Ich weiß nicht, ob alle Leiter unserer Gefängnisse Kriminalisten sind, auf der anderen Seite weiß ich, daß Ordnung ein unbedingtes Erfordernis ist. Aber diese Ordnung muß ermöglicht werden, ohne die Anstaltsleiter ihrer vornehmsten Beschäftigung mit den Gefangenen zu entziehen.

Die Direktoren der Strafanstalten, die Beamten und Aufseher, sie haben sicherlich kein leichtes Leben. Sie teilen ja in vielfacher Hinsicht das Leben der Gefangenen und die Gefangenen sind vermutlich auch nicht leicht zu behandeln, schon in Anbetracht der komplizierten Zusammensetzung, stumpf die einen, oft leidenschaftlich die anderen. Da muß man auch vom Gefangenenaufseher mehr verlangen, als daß er nur Disziplin schaffen und Ordnung halten kann. Aus diesen Voraussetzungen, von dieser Erkenntnis ausgehend, hat die Regierung geplant - vor mehr als Jahresfrist haben wir in einem Artikel einer bürgerlichen Zeitung, im "Prager Tagblatt", davon gehört - Unterrichtskurse für Strafanstaltsaufseher einzuführen. Es war sehr viel Schönes über diese Unterrichtskurse, die drei Monate dauern sollten, in der Zeitung zu lesen und wir hatten uns gefreut. Aber diese Unterrichtskurse haben bisher nicht stattgefunden.

Gestatten Sie noch einige Worte über die vielfach unrationellen, unwirtschaftlichen Arbeitsmethoden in unseren Gefängnissen. Es wäre ungerecht, an dieser Stelle nicht auch zu sagen, daß in unseren Gefängnissen schöne Arbeiten gemacht werden. Aber ich habe Arbeitsmethoden gefunden, wie ich sie seit meiner Kindheit im Heimatdorfe nicht gesehen habe. Da wird Leinwand gewebt, wie zu Großmutters Zeiten, und ebenso werden die Düten geklebt, und Zöpfe, endlose Strohzöpfe werden mit der Hand für Strohmatten geflochten. So wird dort gearbeitet, während draußen in der Welt die maschinelle und technische, die arbeitstechnische Entwicklung vorwärts stürmt. Was sollen diese Leute machen, wenn sie, manche erst nach Jahren, in die Welt wieder hinauskommen, die ihnen solcherweise fremd geworden ist, und die sich ihnen feindselig gegenüberstellt. Niemand ist da, der die Eingliederung in die Gesellschaft vermitteln würde. Die Regierung entzieht sich ihrer Pflicht vollständig. Die private Liebestätigkeit versagt. Wir haben wohl einen Fürsorgeverein für entlassene Sträflinge. Aber der hat nur ganz beschränkte Mittel, und diese Mittel sind überdies in Kriegsanleihe angelegt. Aber nicht nur in der Welt der Arbeit ist der Sträfling ein Fremdling geworden, auch in seiner eigenen Familie. Der Umstand, daß er nur selten Briefe schreiben und solche empfangen kann und auch der Besuch von Weib und Kind nur im Beisein eines Beamten stattfindet, entf emdet ihn natürlich der Familie. Der entlassene Gefangene ist ganz allein auf sich gestellt, und er beginnt den Existenzkampf mit ganz ungeeigneten Mitteln. Er ist stumpf geworden, seine Willenskraft, seine Körperkraft sind herabgemindert. Die Kost in den Gefängnissen, diese suppige, breiige Kost, der Mangel an frischer Luft, der Bewegung an frischer Luft, das alles ist geeignet, auch seine Körperkraft und den Körperzustand ungünstig zu beinflussen. Und wenn nun die entlassenen Sträflinge diesen ungleichen Kampf aufnehmen, viele in diesem Kampfe straucheln, manche wieder unterliegen und versagen, tragen einen gut Teil Schuld daran die Gesellschaft und die Gesetzgebung.

Ich bin am Schlusse meiner Ausführungen angelangt und ich möchte schließen mit den Worten Valentinis: Nicht für Straflosigkeit plädiere ich, aber dafür, daß man strafen möge, ohne das Übel zu vermehren. (Potlesk na levici.)

6. Øeè posl. Beutela (viz str. 843 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! (Hluèné výkøiky na levici.) Der umfangreiche Staatsvoranschlag . . . (Trvalé výkøiky na levici. - Hluk.) . . . der umfangreiche Staatsvoranschlag . . . (Hluk.)

Dieser Bericht des Budgetausschusses ist für uns Deutsche beinahe ein mit mehr als 7 Siegeln verschlossenes Buch. Es kostet vor allen anderen Dingen viel Arbeit und Mühe, sich darin zurechtzufinden.

Nicht der vielen Ziffern wegen, sondern wegen der Unverständlichkeit der Sprache, die Sie uns im geknebelten Zustande, in der Verfassung als Staatssprache aufoktroiert haben, in welcher ausschließlich die Gesetze gemacht werden sollen. Man kann wohl einem Volke eine Verfassung aufoktroieren und sie mit den Mitteln des der Mehrheit zur Verfügung stehenden Zwanges eine Zeitlang erhalten, auf die Dauer ist aber dieser Zustand nicht aufrecht zu erhalten, er ist unhaltbar. Man kann uns eine Verfassung aufzwingen, die uns parlamentarisch in eine scheinbar hoffnungslose Opposition drängt, aber man kann keine gesunde Staatswirtschaft treiben, wenn Finanz- und Wirtschaftspolitik den wirtschaftlich stärksten Teil der Bevölkerung vernachlässigen oder gar, wie wir dies durch den bisherigen Kurs sehen, gegen ihn gerichtet sind.

Trotz allem Bemühen ist es so gut wie ausgeschlossen, aus dem Staatsvoranschlag einen genauen Aufschluß über die wirkliche Höhe z. B. der Staatsschuld zu bekommen. Wir finden zwar im Kapitel 7 unter Titel 1 bis 4 die inneren und äußeren Staatsschulden und die zu leistenden Amortisationen und Zinsen tabellarisch verzeichnet, aber diese Aufstellung über die Staatsschuld, nach deren Prüfung man über die Höhe der Staatsschuld genau so klug ist wie zuvor, mutet einen an, wie die Aufstellung eines fahrlässigen Kridatars. Wir vermögen es nicht zu fassen und mit einer ordentlichen Gebahrung überhaupt nicht in Einklang zu bringen, daß wir nach vierjährigem Bestande dieses Staates über die Höhe der Staatschulden immer noch nicht eine authentische Mitteilung zu erhalten vermochten. Es ist nicht möglich und eine sehr undankbare Sache, sich auf eine ziffernmäßige Darstellung der einzelnen Schuldposten einzulassen, obzwar dies sehr verlockend wäre. In den Zeitungen zum Beispiel können wir lesen, daß die Staatsschuld bis 31. Dezember 1923 2.790,250.194 Kronen gegen 2.079,169.448 Kronen im Jahre 1922 beträgt. Natürlich ist dies falsch. Die Staatsschulden sind bedeutend höher. Ob diese Art von Verlautbarung mit Wissen oder ohne Wissen der Regierung durch ihre Presse in die anderen Zeitungen gelangt, kann ich nicht konstatieren, aber jedenfalls ist es eigentümlich, daß man eine derartige Feststellung fast in allen Zeitungen findet. Schon einer meiner Vor redner, Parteigenosse Heeger, hat bei einem anderen Kapitel gemeint: "Nichts Gewisses weiß man nicht." Das gilt auch bezüglich der Staatsschulden. Denn wenn wir die im Text angeführten Staatsschul den, wovon so manche in englischer, ameri kanischer und anderer Valuta angegeben ist und man also Berechnungen nach dem gegenwärtigen Kurs vornehmen müßte, approximativ zusammenzählt, so erhalten wir 33 Milliarden Staatsschulden. Die in ländischen Anleihen werden mit 4 1/2 bis 5 1/2%, die ausländischen mit 8 bis 10 % verzinst. Nimmt man auf dieser Basis den Durchschnitt an, so ergibt dies eine Staatsschuld von ca. 38 Milliarden. Sie sehen also eine Diffferenz von ca. 5 Milliarden. Dies muß jeden einigermaßen denkenden Menschen verblüffen. Hier Aufklärung dem Hause zu geben, ist also dringende Pflicht des Herrn Finanzministers.

Wir haben aber nicht nur unkontrollierbare Statsschulden, wir haben auch eine Krise, deren Folgen unabsehbar sind. Und so unabsehbar sind scheinbar auch die Schulden. Denn, wenn wir bedenken, daß der Staat sich jetzt im fünften Jahre seines Bestandes befindet, und wir lesen müssen, daß wir die Höhe der eigentlichen Schul den gar nicht kennen, daß bei verschiedenen Kapiteln die Leistungen nicht einmal richtig fixiert sind, dann werden Sie wohl sagen müssen, daß ein solches Vorkomm nis in einer solchen Zeit unentschuldbar ist. Unter solchen Verhältnissen ist es also kein Wunder, wenn unsere Zustände immer unerquicklicher werden und die innere Krise sich immer schärfer gestaltet. Sicher können wir nur Eines konstatieren aus dem uns vorgelegten Budget, das ist, daß wir für dieses Jahr nach dem Voranschlag wieder ein Plus von 711 Millionen an Amor tisationen und Zinsen für die Staatsschuld zu leisten haben neben 80 Millionen Ver waltungsgebühren für diese Schuld, deren Höhe wir gar nicht kennen.

Das sind wahrscheinlich auch die Gründe, weshalb man unsere Anträge auf Aufhebung der alles, Industrie und Arbeiterschaft, so schwer schädigenden Kohlensteuer u. s. w. ablehnen wird. Würde z. B. die Kohlensteuer allein fallen, so würde dies wohl einen Entfall von 1200 Millionen K bedeuten, aber wieviel würde dadurch profitiert, wenn man bedenkt, daß die Produktion gehoben werden würde? Vor allen anderen Dingen scheint man zu vergessen, daß dies erfolgen müßte, denn Handel und Wandel leiden unter dieser Steuer. Die Kohlensteuer erweist sich immer mehr als schweres Hindernis einer industriellen Gesundung und wird wohl dem vereinigten Ansturm - ich glaube, wir werden es bald erleben - von Unternehmern und Arbeitern auf die Dauer kaum Stand halten können. Daß dies angesichts der zunehmenden Krise kommen muß, davon bin ich überzeugt, denn wir reden schließlich und endlich nicht nur mit den Arbeitern, wir haben auch Gelegenheit, mit Unternehmern zu sprechen, und der Zeitpunkt kann nicht mehr fern sein, wo vielleicht die Unternehmer gezwungen sein werden, im Verein mit der Arbeiterschaft gegen derartige Einrichtungen, wie es die Kohlensteuer ist, Sturm zu laufen.

Durch die Krise, die in unserem Staate durch die Politik und Wirtschaft unserer Regierung verschärft wird, sind z. B. im Aussiger Bezirk allein schon mehr als 6000 Arbeiter betroffen, die bereits am Hungertuch nagen und einem traurigen Winter entgegengehen. Tausende könnten arbeiten und ihnen Brot verschafft werden, wenn die in Betracht kommenden Ministerien jene Arbeiten in Angriff nehmen würden, die in den Bezirken projektiert und sofort durchführbar sind. So zum Beispiel die Durchführung der Staustufe der Elbe bei Wannow, die Durchführung der Arbeiten an der Staatsbahnlinie Bodenbach-Aussig am Hafen in Aussig, die Regulierung des Bielaflusses in Aussig, die Regulierung des Kleischbaches in Aussig, die Regulierung des Sernitzbaches bei Prödlitz u. a. Alle diese Arbeiten wären durchzuführen. Sie sind schon im August 1921 und später dem Eisenbahnministerium und anderen Stellen bekanntgegeben und vom Ministerium als notwendig anerkannt worden. Sie harren nur der Inangriffnahme und es ist auch die Bedeckung dafür da. Sache der Regierung ist es also, zur Linderung der Not direkt beizutragen, damit den Arbeitslosen wenigstens etwas geholfen wird. So weit dies aber nicht möglich ist, muß durch aus gebigere Gewährung der Arbeitslosenunterstützung eingegriffen werden. Die von uns in dieser Richtung gestellten Anträge sind der Regierung nicht unbekannt, sie sind auch den Mehrheitsparteien dieses Hause nicht unbekannt und es ist notwendig, sie zu akzeptieren. Die Zahl der Arbeitslosen steigt täglich, die Gefahr der Stillegung von Betrieben wächst von Woche zu Woche. Auch haben meine Klubkollegen, wie Genosse Kaufmann und andere, im Laufe der Debatte zur Genüge auf all dies hingewiesen.

Wir wissen, daß unter den Nachwirkungen des Krieges das Wirtschaftsleben aller Staaten auf das Schwerste gefährdet ist. Die eingetretene Verarmung ganz Europas hat die Konsumfähigkeit des größten Teils der Bevölkerung tief herabgedrückt. Die Folgen der herrschenden Wirtschaftskrise, die eine noch nie dagewesene Ausdehnung erfahren hat, sind der ganzen Entwicklung nach natürlich fast ausschließlich bei der Arbeiterklasse zu spüren. Zu diesen allgemeinen wirtschaftlichen Ursachen der gegenwärtigen Krise bei uns kommen noch besondere Umstände hinzu, die verschlimmernd wirken und infolge dessen sie steigern. Das ist die Entwicklung der die Industrie und das ganze Geschäftsleben hemmenden Tarif- und Steuerpolitik, der wir nachgehen, die künstliche Steigerung unserer Valuta, über welche wohl die Banken und Spekulanten, aber keinesfalls die arbeitende Bevölkerung sich freuen kann. Aller Reichtum des an Naturschätzen reich en Sta ates geht an den Wirkungen dieser Valutawirtschaft zugrunde. Existenz und Betätigung von Industrie und Arbeit werden immer unsicherer, fast kein Teil des Staatsgebietes und keine Berufsgruppe von Arbeitern bleibt von diesen unheilvollen Wirkungen verschont.

Das gleiche gilt für die Gemeinden, zum Teil auch für die Bezirksverwaltungskommissionen. Seit Jänner 1921 heben die staatlichen Steuerämter, um nur ein Beispiel anzuführen, fast in allen Gemeinden die Zuschläge zu den direkten Steueren ein. Nach § 42 des Gemeindegesetzes vom 12. August 1921 erfolgt die Berechnung, Vorschreibung und Einhebung der Gemeindezuschläge zu den Staatssteuern durch die Organe, die mit der Einhebung der bezüglichen Staatssteuern betraut sind, also durch die staatlichen Steuer ämter. Der Vorgang ist folgender: Die Ge meindevertretung beschließt die Höhe des Zuschlagsprozentes, die Bezirksverwal tungskommission bezw. der Landesaus schuß genehmigt, soweit dies notwendig ist, diesen Beschluß. Die Gemeinde teilt hierauf dem Steueramt die Höhe der rechtskräftig bewilligten Gemeindezu schläge mit. Nach Durchführung der Staatssteuervorschreibung für das betreffende Steuerjahr berechnet das Steueramt die Gemeindeumlage, schreibt sie vor und hebt sie ein. Fast alle Gemeinden führen nun Klage darüber, daß ihnen nur ein Bruchteil der veranschlagten Gemeindeumlage von der staatlichen Steuerverwaltung überwiesen wird. Tatsächlich sind die Steuerrückstände erschreckend hoch und reichen teilweise bis in das Jahr 1921 zurück. Es wird eben den Beamten immer mehr Arbeit aufgepelzt und sie können nicht vorwärts kommen. In vielen Fällen erhält die Gemeinde nicht einmal das, was sie zur Bezahlung der Angestelltengehälter benötigt. Um den Gemeindehaushalt be streiten zu können, müssen die Gemeinden teuere Leihgelder aufnehmen. Aber der Kreditweg zur Bedeckung der laufenden Auslagen wird immer schwieriger, so daß viele Gemeinden unmittelbar vor der Zahlungseinstellung, förmlich vor dem Bankerott stehen. Die Steuerbehörden sind vielfach stark im Rückstand mit der Vor schreibung der direkten Steuern, insbeson dere vielen zur öffentlichen Rechnungs legung verpflichteten Unternehmungen ist seit Jahren nicht mehr die besondere Er werbsteuer vorgeschrieben worden. So lange nun die staatliche Steuer nicht vor geschrieben wird, ist der Steuerpflichtige nur verpflichtet, sie nach der letzten, oft jahrelang zurückliegenden Vorschreibung zu entrichten. Inzwischen ist das Unter nehmen oft sehr stark vergrößert worden, hat einen größeren Umsatz und größere Gewinne als früher erzielt. Auch der Steuersatz ist erhöht worden. Aber all das kommt erst zur Auswirkung, wenn die neue Vorschreibung erfolgt. Vorläufig zahlen die Unternehmungen die Steuer im alten Ausmaß, so als ob sich nichts geändert hätte. Solange nun die neue Vorschreibung der Steuer nicht erfolgt, können auch die Gemeinden die Zuschläge nicht neu berechnen und diese können nicht vorgeschrieben werden. Der Steuerpflichtige ist nur verpflichtet, nach dem Ausmaß der letzten Vorschreibung zu zahlen. Daran wird nichts eändert, wenn die Gemeinde beschlossen hat, die Gemeindezuschläge um mehrere 100 % zu erhöhen. Diese Erhöhung kommt erst zur Auswirkung nach der neuen Vorschreibung der Staatssteuer und der Gemeindezuschläge. Die Gemeinde rechnet also beispielweise für das laufende Geschäftsjahr mit einer 400 % igen Umlage. Da aber die neue Vorschreibung nicht erfolgt ist, werden tatsächlich nach der letzten Vorschreibung nur 100 % bezahlt, beziehungsweise eingehoben. Hat also eine Gemeinde mit 4 Mill. K gerechnet, so erhält sie tatsächlich nur 1 Mill. K, wobei noch vorausgesetzt wird, daß die Steuerträger nicht säumig sind. Nun wird eingewendet werden, daß die Gemeinde ja das Plus nach der neuen Vorschreibung der Steuern und Umlagen nachgezahlt erhält. Damit ist aber der Gemeinde für die laufende Gebarung nicht gedient. Um den Ausfall gegenüber dem Voranschlag zu decken, müssen die Gemeinden Darlehen aufnehmen und teuer verzinsen, können ihre Schuldigkeiten nicht abstatten. Es ist aber auch nicht richtig, daß die Gemeinden nach der neuen Vorschreibung den vollen Abgang nachgezahlt erhalten. Denn inzwischen hat die Konjunktur umgeschlagen, ist die Wirtschaftskrise eingetreten und verschärft sich immer mehr. Erfolgt nun endlich die längst fällige Vorschreibung für mehrere Jahre im Nachhinein, so sind die Unternehmer vielfach nicht mehr in der Lage, die für die Jahre der günstigeren Konjunktur während der Wirtschaftskrise bemessenen Steuern und Umlagen auf einmal zu zahlen. Große Abschreibungen und uneinbringliche Fälligkeiten sind unvermeidlich. Die Herabsetzung der Steuer kürzt aber auch in gleichem Verhältnis die Umlagen und geschädigt sind durch die Schlamperei des Staates die Gemeinden.

Die Verrechnung und Einhebung der Steuern und Umlagen bei den Steuerämtern erfolgt kumulativ. Von den auf die direkten Steuern und auf die Zuschläge zu ihnen einlangenden Beträgen nimmt der Staat jeden Monat ein volles Zwölftel der gesamten Jahresschuldigkeit der Steuern für sich vorweg. Von dem, was übrig bleibt, werden die Umlagen der Gemeinden, Bezirke, Handelskammern u. s. w., verhältnismäßig gedeckt. Alle Rückstände gehen also ausschließlich auf Rechnung der Selbstverwaltungskörper. Da die Zuschläge der Gemeinden meist ein Mehrfaches der Staatssteuer betragen, ist es klar, daß diese einseitige, den Staat bevorzugende Aufteilung der Steuereingänge für die Gemeinden ein Unglück sein muß. Richtig wäre eine streng verhältnismäßige Befriedigung des Staates und der Selbstverwaltungskörper aus den Steuereingängen.

Das ist ein Kapitel, über das noch viel gesprochen werden könnte und wo gesagt werden muß, daß sich die Regierung endlich einmal wird damit befassen müssen, wo sie, wie wir bereits in einer Interpellation gesagt haben, vor die Alternative gestellt werden wird, endlich einmal zu bekennen, wie lange diese Wirtschaft noch andauern soll und wie die Regierung denkt, daß dies geändert werden soll. Wenn die Gemeinden zusammenbrechen, dann bricht auch der Staat zusammen. Es ist notwendig, angesichts der Budgetberatung, bei einer so saloppen Budgetierung, wie wir sie bei der Staatsschuld sehen, dies auch in Bezug auf die durch den Staat gefährdete Gemeindeverwaltung zu sagen. Man sieht also: Alles stockt. Nicht nur die Bautätigkeit, die Industrie auch die Gemeinden werden durch diese Staatswirtschaft zum Stocken gebracht. Schon im Juli dieses Jahres haben die Gewerkschaften der Èechoslovakei auf die Verhältnisse in Industrie und Arbeit, auf die Verschärfung der Wirtschaftskrise aufmerksam gemacht und Maßnahmen dagegen gefordert. Das Gleiche geschah auch durch die Interpellation seitens unserer Klubleitung bei Eröffnung dieses Hauses. Aber bei der Regierung ist gegen all das steigende Elend so gut wie kein Empfinden vorhanden, es geschieht einfach nichts und wir gehen genau so wie im alten Österreich pa ragraphenmäßig unseren Trott weiter. Wir meinen, es wäre die höchste Zeit, Maßnahmen zu ergreifen, um diesen unhalt baren Zuständen Einhalt zu gebieten. Hier in diesem Punkte, meinen wir, tut ein Abbau sehr dringend not. Weniger noch als zu den früheren können wir also zu dieser Regierung jetzt Vertrauen haben, angesichts solcher Vorgänge. Eine Regierung, die für Militär und andere unproduktive Zwecke - was wir hier an dieser Stelle schon so oft gehört haben, ich will nicht in Wiederholungen ver fallen - so un geheuer viel ausgibt, eine Regierung, die nicht einmal den Staatsschuldenstand richtig und einwandfrei angeben kann und uns bis heute nicht angegeben hat, eine Regierung, die für die Gemeinden und die Bewohner des Staates fast nichts übrig hat und eine Politik und Wirtschaft treibt, die diesen Staat förmlich an den Abgrund des Verderbens bringen kann, eine solche Regierung hat keinen Anspruch auf Vertrauen. Aus diesem Grunde können wir dieser Regierung weniger noch als den früheren Vertrauen entgegenbringen und werden gegen diesen Staatsvoranschlag stimmen. (Potlesk na levici.)

7. Øeè posl. Witticha (viz str. 857 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Durch die Annahme des dem Hause vorgelegten Staatsvoranschlages wird die Bevölkerung mit Lasten bedacht, die meiner Ansicht nach die Tragfähigkeit der zahlenden Bevölkerung stark übersteigen. Schon jetzt sind Konkurse und Zwangsausgleiche täglich zu konstatieren, fast 50% der Arbeiter sind in manchen Industriegebieten ohne Arbeit und trotz alledem besteht keine Aussicht, daß der schlechte Geschäftsgang in Bälde einer Besserung Platz machen wird. Selbst der Herr Finanzminister Dr. Rašín hat diese Tat sache durch den Ausspruch anerkannt, daß es ca. 20 Jahre dauern werde, bis sich die Menschheit von diesem Zustand der Nachkriegszeit und des Krieges selbst er holt haben wird. Und glauben Sie es nicht, meine Herren, wie es vielfach angegeben wird, daß die Konkurse, die in der Slovakei zu verzeichnen sind, solche Geschäfts inhaber betreffen, die entweder im Krieg oder nach dem Krieg ihr Geschäft errich tet haben; es handelt sich um sehr alte Geschäftshäuser, die bis dahin einen sehr soliden und guten Geschäftsgang zu verzeichnen hatten. Nun sollte man meinen, daß eine Regierung, die, wie man allgemein sagt, aus den besten Köpfen dieses Staates zusammengesetzt ist, diese unhaltbaren wirtschaftlichen Zustände nicht nur erkennen, sondern daß sie auch entsprechende Maßnahmen ergreifen sollte, um eine weitere Verschlimmerung der wirtschaftlichen Zustände zu verhindern und eine Besserung tatsächlich herbeizuführen. Die Finanzpolitik des Staates müßte auf dem Grundsatz aufgebaut sein, billig zu produzieren, damit eine Ausfuhr der erzeugten Güter sichergestellt werde. Wenn aber eine derartige Politik geführt werden soll, ist es notwendig, daß der Abbau der Steuern und staatlichen Abgaben vorgenommen werde, und zwar nicht allein bei den direkten, sondern auch bei den indirekten Steuern. Dafür glauben wir aber vorschlagen zu müssen die Erfassung, u. zw. die kräftige Erfassung jener Schichten der Bevölkerung, die trotz der schlechten Konjunktur in dieser Zeit bedeutende Überschüsse erzielen und sie als Tantiemen unter sich aufteilen.

In der Slovakei wird besondersdrückend die Umsatzsteuer und die Kohlensteuer empfunden. Außerdem sind besonders hinderlich für die Belebung der Industrie die enorm hohen Transportspesen. Von einer Verminderung der Umsatzsteuer wie der Kohlensteuer will bekanntlich der Herr Finanzminister absolut nichts wissen. Anstatt, daß die Regierung mit gutem Beispiel nach dieser Richtung hin vorangeht, leistet sie dem Bestreben der Unternehmer nach einem Lohnabbau Vorschub und glaubt damit den Gipfel staatsmännischer Weisheit erreicht zu haben. Die Regierung vergißt aber dabei, daß sie durch den Abbau der Löhne eigentlich gar nicht dazu beiträgt, die Konkurrenzfähigkeit der Industrie zu steigern. Denn wäre es wahr, daß durch den Lohnabbau die Konkurrenzfähigkeit der Industrie erzielt oder auch nur begünstigt wird, müßte sich doch diese Tatsache in irgend einer Weise zum Ausdruck bringen. Aber wir sehen trotz der Lohnreduzierungen, die im Laufe dieses Jahre vorgenommen wurden und im allgemeinen schon die Summe von 40% erreicht haben, trotz alledem sehen wir, daß die Konkurrenzfähigkeit der Industrie sich um kein Jota gehoben hat, im Gegenteil, trotz des Lohnabbaues eine Verschärfung der Wirtschaftskrise! Das ist jedenfalls nur ein Beweis dafür, daß der Lohnabbau und die Einstellung der Arbeit im allgemeinen die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter untergräbt und dadurch eigentlich mit als Ursache wirkt für die Stagnierung der Wirtschaft. Die Finanzpolitik der Regierung, die auf der These basiert, die Bismarck im Jahre 1870 nach dem siegreichen Abschluß des deutsch-französischen Krieges ausgesprochen hat, er werde in Deutschland Millionäre züchten - diese Politik stößt bei uns Sozialdemokraten auf den entschiedensten Widerstand, weil sie im Endresultat nur bewirkt, daß die Arbeiterschaft den Löwenanteil an den staatlichen Lasten zu tragen hat. Wir fordern daher die unverzügliche Reformierung des Steuerwesens nach dem Grundsatze der Abschaffung aller indirekten Steuern und der Progressi vität unter Berücksichtigung eines angemessenen Existenzminimums. Die Reform des Steuerwesens im angedeuteten Sinne würde gewissermaßen eine Art Reputation der Èechoslovakischen Republik darstellen, da doch die Regierung und alle Faktoren, die diesen Staat bilden, stets vorgeben, daß die Èechoslovakei eine demokratische Republik ist. Nun glaube ich, meine Herren, gerade in Revolutionen, die siegreich abgeschlossen haben, bildet die Reformierung des Steuerwesens und der Steuergesetzgebung einen Grundpfeiler der siegreichen Revolution, weil in dem Steuersystem sich gewöhnlich der Charakter der vorhergehenden herrschenden Klasse ausdrückt, die bis dahin die Macht inne gehabt hat. Wenn daher die Èechoslovakische Republik ehrlich den Anspruch auf den Namen einer demokratischen Republik erhebt, so muß sie auch die Steuergesetzgebung in modernem Sinne reformieren, und zwar in dem Sinne, daß die werktätigen Schichten der Bevölkerung und die wirtschaftlich Schwachen durch das Gesetz geschützt werden. Hingegen müssen die leistungsfähigen Schultern den größeren Teil der Lasten des Staates auf sich nehmen. Aber nicht allein vom Gesichtspunkte der Reputation der Èechoslovakischen Republik ist eine Reform des Steuerwesens notwendig, sondern auch deshalb, weil die richtige Durchführung eines Systems erst den Ländern und einzelnen Städten Lebensmöglichkeit verleiht.

Betrachten wir die Lage in der Slovakei. Bis zum Ausbruch des Krieges hat die ungarische Regierung die Industrie in der Slovakei, sagen wir, künstlich gefördert und zwar dadurch, daß sie die Industrie mit Staatssubventionen und Staatsaufträgen versorgt hat. Durch die Anpassung des Eisenbahnnetzes an die Industriegebiete wurde die Voraussetzung für eine leidliche Prosperität der Industrie geschaffen. Aber die ungarische Regierung hat auch der durch die besonderen territorialen und klimatischen Verhältnisse bedingten Volkswirtschaft und den Lebensbedürfnissen der in derselben tätigen Bevölkerung Rechnung getragen. So ist beispielsweise die Bevölkerung in der Zips außerstande, eine Industrie aufrecht zu erhalten. Sie ist aber auch zufolge der unbeständigen und rauhen klimatischen Verhältnisse außerstande, die Agrikultur in dem Maße zu betreiben, wie dies in den südlicheren Teilen der Republik möglich ist. Die Folge dieses Zustandes ist, daß die landwirtschaftliche Bevölkerung in der Zips mit Vorliebe sich mit Kartoffelbau beschäftigt hat; die ungarische Regierung hat dafür Sorge getragen, daß diese Kartoffeln, die im Überschuß erzeugt wurden, für gewerbliche Zwecke entsprechende Verwendung gefunden haben. So hat also die ungarische Regierung dafür gesorgt, daß sowohl die mit Landwirtschaft als auch die mit Handel und Gewerbe beschäftigte Bevölkerung eine entsprechende Existenz gehabt hat.

Mit der Verschiebung der Landesgrenzen haben sich natürlich auch die Verhältnisse sowohl in der Industrie als auch in der Agrikultur solcher Gebiete der Slovakei, die mit klimatischen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, mit einem Schlage geändert und zwar nicht zum Vorteil, sondern zum Nachteil der Bevölkerung. Man kann ruhig sagen, die Bevölkerung - ich habe hier momentan das Tatragebiet im Auge - kämpft mit einer Not und einem Elend, wie sie es niemals vorher seit vielen Jahrhunderten, seitdem diese braven Deutschen dieses Gebiet mit ihrer Arbeit kultivieren, gekannt hat. Auch die Industrie hat mit einem Schlage ihr altes Absatzgebiet verloren, aber bis auf den heutigen Tag noch kein neues gewonnen.

So sehen wir auf der ganzen Linie dieselbe Erscheinung wie früher: Die Auswanderung aus der Slovakei. Sie könnten sich davon leicht überzeugen, wenn Sie hier in Prag beim amerikanischen Konsulat täglich einige Minuten verweilen würden. Sie würden sehen, daß dort 60 bis 80 Menschen täglich um einen Auslandspaß stehen, um sich in Amerika eine neue Heimat zu gründen.

Meine Herren, ich verschließe mich durchaus nicht der Erkenntnis, daß durch die Verschiebung der Landesgrenzen gewiß auch eine Änderung in der Erwerbsmöglichkeit dieser Schichten eingetreten ist. Aber was zu fordern die Bevölkerung ein Recht hat, ist, daß die Regierung, die auf das Territorium, auf welchem diese Leute wohnen, Anspruch erhoben hat, auch dafür sorgt, daß die Leute nun, wo sie Staatsbürger des Èechoslovakischen Staates geworden sind, auch eine Existenzmöglichkeit haben und daß ihnen dieses Existenzminimum auch gesichert wird. Natürlich glaube ich, daß die Regierung mit Rücksicht darauf, daß sich die Erwerbsverhältnisse den geänderten politischen Verhältnissen anpassen mußten, den Leuten auch entsprechende Anleitungen zu geben hätte. Die Regierung müßte hier mit gutem Beispiel vorangehen. Das tut sie aber nicht. Das industrielle Kapital wandert, wie man sieht, aus der Slovakei aus. Es richtet sich seine Fabriken in Polen, Rumänien, in Ungarn oder Jugoslavien ein. Der Arbeiter kann aber nicht auswandern, noch weniger der kleine Landwirt aus der Zips oder einem anderen Gebiete der Slovakei. Und doch wäre in der Slovakei selbst so viel Kulturarbeit zu verrichten. Bei der Errichtung von Krankenhäusern, Siechenhäusern, Schulen und Wohnungen könnten viele tausende Menschen Beschäftigung finden, wenn nur der Staat die Initiative ergreifen würde. Aber auch eine Regulierung der Flüsse, namentlich im Waag und Marchtale wäre sehr nötig, und ich bin überzeugt, daß die Bevölkerung dieser Gebiete ewig dankbar wäre, wenn die Regulierungsarbeiten vorgenommen würden. Hier hätte die Regierung ein besonders dankbares Tätigkeitsfeld, abgesehen davon, daß es sich hier durchwegs um tatsächlich arme slovakische Kleinbürger und kleine Landwirte handelt. Es muß festgestellt werden, daß durch die Nichtregulierung des March- und Waagtales, durch die fast jährlich sich wiederholenden und nicht nur einmal im Jahre eintretenden Überschwemmungen oft die Arbeit eines ganzen Jahres vernichtet wird. Es muß daher im Interesse der Bevölkerung der Slovakei gefordertrt werden, daß die Regierung fürderhin die Slovakei in Bezug auf produktive Investitionen nicht so stiefmütterlich behandelt, als es bisher der Fall war. Auch in Bezug auf die Vergebung der staatlichen Arbeiten verlangen wir die weitestgehende Berücksichtigung der Industrie in der Slovakei. Auch in Bezug auf die Behandlung der Städte muß eine Remedur eintreten. Die finanzielle Lage der Städte in der Slovakei ist eine katastrophale. Schon zur Zeit der Beendigung des Krieges hatten die Städte nicht mehr ihr finanzielles Gleichgewicht und der totale Mangel an Kleinwohnungen hat es mit sich gebracht, daß die Städte Millionen von Kronen aufwenden mußten, um den zurückkehrenden Menschen Wohnräume und Unterkünfte zu gewähren. Aber auch die Ausgaben für das Armenwesen haben sich bedeutend erhöht. Die Summen für militärische Einquartierungen sind ins riesenhafte gestiegen und sind auch nicht kleiner geworden, seit diese Städte dem Staatsverbande der Èechoslovakei gehören. Die Polizei z. B. wurde schon vor 1 1/2 Jahren verstaatlicht. Und obzwar sie verstaatlicht ist, übernimmt derStaatnicht auch zugleich die Kostenfür ihre Aufrechterhaltung, sondern belästigt auch weiterhin die Städte damit, genau so wie es früher, zur Zeit der städtischen Polizei war. Aber auch zum Teile durch die totale Lahmlegung der Selbstverwaltung durch die Regierungsorgane, die jede Initiative der ortansässigen Bevölkerung lahm gelegt haben, ist es soweit gekommen, daß die Städte derzeit nicht in der Lage sind, auch den primitivsten Anforderungen der Bevölkerung gegenüber gerecht zu werden, und da glaube ich, daß die Regierung, die durch ihre Politik eigentlich mitverantwortrtlich ist, ja noch mehr, die diesen Zustand eigentlich verursacht hat, die Pflicht übernehmen muß, die notleidenden Städte in Stand zu setzen, d. h. mit den notwendigen materiellen Mitteln zu verschen, damit sie ihren Verpflichtungen nachkommen können. Schon mit Rücksicht darauf, daß wir einer sehr ernsten Zeit entgegengehen, - es ist Winter, die Arbeitslosigkeit erzeugt erhöhtes Elend und Not - wäre es geradezu eine Katastrophe, wenn Hunderte von armen und notleidenden Menschen für ihre Kinder nicht einmal die Unterstützung durch den Staat bekämen, auf die sie auf Grund des Armenrechtes Anspruch haben. Wir müssen vom Herrn Finanzminister verlangen, daß er diesbezüglich den Städten gegenüber seine volle Pflicht erfüllt.

Ein ungelöstes aber umso wichtigeres Problem bildet die Frage der Pensionen derjenigen Personen, die während des ungarischen Regimes im Staatsdienst gestanden sind oder sich sonst einen Anspruch auf eine staatliche Pension erworben haben. Und es gibt deren nicht wenige in der Slovakei, die 30 bis 40 Jahre Staatsdienst verrichtet haben, deren Pensionsansprüche aber durch die Regierung nicht anerkannt werden. Da will ich vor allem eine Gruppe von Personen herausheben. Am 12. Feber 1919, hat die sozialdemokratische Partei in Preßburg eine Volksversammlung einberufen, die aber nicht stattfinden konnte, weil noch vor Beginn der Versammlung Militär heranmarschiert kam und ohne Anlaß in die versammelte Menge hineinschoß. Die Versammlungsteilnehmer flüchteten, die Schießerei fand jedoch in allen Straßen Preßburg ihre Fortsetzung und das Resultat derselben waren 8 Tote und mehr als 40 Schwerverwundete. Der damalige Župan, Samuel Zoch, und auch der Herr Minister Dr. Šrobár haben die feierliche Erklärung und das feierliche Versprechen abgegeben, daß der Staat für die Opfer dieser wilden Soldateska sorgen werde. Aber bis auf den heutigen Tag haben diese Opfer oder ihre Angehörigen noch keinen Heller an staatlicher Pension bekommen.

Eine andere Gruppe bilden die Arbeiter und Arbeiterinnen der Tabakfabriken und die Arbeiter- und Angestellten in den staatlichen Betrieben und Ämtern, wie bei den Eisenbahn-, Post-, Steuerämtern etc. Bei den Arbeiterinnen der Tabakfabriken ko mmt es vor, daß sie sich schon längst im Genusse der Pension befinden, ihnen der weitere Bezug derselben aber, weil ihre Männer nicht nach der Èechoslovakei zuständig sind, rücksichtslos eingestellt wird. Bei anderen Staatsangestellten werden andere Einwände erhoben, hauptsächlich der, daß sie keine Staatsbürger sind, oder daß sie sich im Jahre 1919 an dem allgemeinen Streik beteiligt haben. Ich möchte hier ganz besonders an die èechoslovakischen Sozialdemokraten appellieren, die doch, wie ich glaube, grundsätzlich auf dem bedingungslosen Rechte des Streiks stehen und daher nicht gelten lassen können, daß jemand, weil er an einem Tag gestreikt hat, schlechter behandelt werden soll als andere Menschen, die sich an diesem Akt der Solidarität nicht beteiligt haben.

Als dritte Gruppe möchte ich noch die Volksschullehrer erwähnen, welche wohl im Bezug der Pension stehen, deren Höhe aber nicht nach dem Gesetze Nr. 99 vom Jahre 1920 festgesetzt wurde, sondern nach dem alten ungarischen Pensionsgesetz. Nach diesem Gesetz beziehen die Lehrer nach 40jähriger Lehrtätigkeit 2600 K Jahrespension. Das kam dadurch, daß die Regierung in dem erwähnten Gesetze, Nummer 99, die konfessionellen Lehrer nicht gleichgestellt hat mit den Lehrern an staatlichen Schulen. Nach dem ungarischen Gesetze haben auch die konfessionellen Lehrer den gleichen Beitrag in den Pensionsfond entrichtet und damals war nur die Höhe von 2600 Kronen Pension festgesetzt. Würden nun auch diese Lehrer von der èechoslovakischen Regierung anerkannt, werden, müßte ihnen der gleiche Pensionssatz ausgezahlt werden wie den bereits anerkannten staatlichen Lehrern.

Diese brutale Abstoßung alter und hilfloser Lehrer von dem Anspruch auf die Pensionsberechtigung ist nicht nur ungerecht, sondern auch im höchsten Maße un menschlich und wirkt geradezu demoralisierend, nicht nur auf die von der Pension ausgeschlossenen, sondern auch auf alle anderen. Schon aus moralischen Gründen dürfte der Staat nicht mit der Zuerkennung der Pensionen knausern. Wie anders kann sich der Staat ehrliche, rechtschaffene, pflichtbewußte Beamte erziehen, als wenn er in ihnen das Bewußtsein weckt, daß der Staat, wenn sie einmal nach einem Leben, das ausgefüllt war mit fleißiger, gewissenhafter Arbeit, ihnen dann einen möglichst sorgenlosen Lebensabend sichert. Wir verlangen daher von dem Herrn Finanzminister die unverzügliche Regelung der Pensionsansprüche der einstigen ungarischen Angestellten nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und Billigkeit. Wir verlangen ferner die Gleichstellung der konfessionellen Volksschullehrer mit den Lehrern an den staatlichen Schulen inbezug auf die Pension.

Ich resümiere: Die Riesensummen, die die Regierung im diesjährigen Budget an fordert, stehen in keinem Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Steuerträger. Das Budget trägt auffallend das Merkmal einer Klassenherschaft, indem es den größeren Teil der Lasten durch die indirekten Steuereinnahmen auf die Schultern der arbeitenden Bevölkerung überwälzt, aber die Schichten der Reichen, der Nutznießer der durch die Arbeiter erzeugten Güter, verschont. Durch die Wirkung dieser ungleichmäßigen Belastung wird die Lebenshaltung der arbeitenden Bevölkerung nur noch tiefer herabgedrückt und die Arbeiter dadurch in namenloses Elend gestürzt. Für diese Politik können wir Sozialdemokraten keine Verantwortung übernehmen, wir werden deshalb sowohl gegen das Gesamt, wie auch gegen diesen Teil des Budgets stimmen. (Souhlas na levici.)

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